Wunder Energie Wo Menschen Kraft tanken So wird das Büro zur Energiequelle - N 73 2021
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MAGAZIN FÜR WOHNEN N°73 2021 UND ARBEITEN FOKUS Wunder Energie SEITE 16 Wo Menschen Kraft tanken SEITE 20 So wird das Büro zur Energiequelle
Elektrisierende Zahlen: 55,7 Mrd. Kilowattstunden Strom haben die Schweizer 2020 verbraucht. 880 Haushalte werden mit Strom von Solaranlagen der Liegenschaften der Alfred Müller AG versorgt. 76 % des Stroms aus Schweizer Steckdosen stammten 2020 aus erneuerbaren Energien.
Editorial Energie ist der Motor unseres Seins: Das gilt für den Menschen als Individuum genauso wie für die Gesell- schaft als Ganzes. Sie ermöglicht Leistungen, ist die Basis für Entwicklung und erleuchtet uns – im wahrs- ten Sinne des Wortes. Grund genug, die aktuelle Ausgabe des Forums dem vielfältigen Thema Energie zu widmen. Liebe Leserinnen und Leser 50 Kilojoule: So viel Energie benötigen Sie ungefähr für die Lektüre dieses Textes. Zur Einordnung: Ein erwachsener Mann braucht im Schnitt rund 10 500 Kilojoule, um seinen Tag zu bestreiten, eine Frau etwa 8400. Damit sind wir schon mitten im Thema. Energie ist in unserem Leben allgegenwärtig. Ohne sie würde unser Alltag stillstehen. Als Individuen brauchen wir Energie, um körperlich und geistig leistungsfähig zu sein. Als Gesellschaft nutzen wir sie seit jeher für unsere Entwicklung und unser Überleben. Im Fokusartikel definieren wir den Begriff der Energie und befassen uns damit, wie sie die Menschheitsgeschichte beeinflusst hat – von der Nutzbarmachung des Feuers bis zum Plusenergiehaus. Wir hinterfragen unseren Umgang mit Energie. Wie gewinnen wir sie nachhaltig? Wie nutzen wir sie effizient? Wie regeln wir unseren Verbrauch? Themen, die gerade in den Bereichen Wohnen und Arbeiten und damit für die Alfred Müller AG immer wichtiger werden. Erfahren Sie, welche Rolle Gebäudehüllen für die Erzeugung von Solarstrom spielen, wie man Gebäude dank Free Cooling nach- haltig kühlt und warum es sich in mehrfacher Hinsicht lohnt, Öl- oder Gasheizungen zu ersetzen. Wenn wir das Licht anknipsen oder den Herd einschalten, wird Energie sicht- und spürbar. Das geschieht auch in anderen Situationen, etwa an geschichtsträchtigen Orten oder in besonderen Räumen. Das wissen die Innenarchitektinnen von Lilarosso. Ihr Credo lautet darum: Arbeitsräume schaffen, die inspirieren. Wie ihnen das gelingt, verraten sie im Interview. Und bei einem Besuch des Industrieareals Lauématt in Möriken-Wildegg spürt man bis heute Energie, die einer alten Kraft entspringt. Nun hoffen wir, dass Sie sich voller Elan der Lektüre des Forums widmen, und wünschen Ihnen dabei viel Vergnügen. Christoph Müller Michael Müller Präsident Präsident des Verwaltungsrates der Alfred Müller Stiftung
Inhalt Zum Coverbild FOKUS Ob Licht, Wärme Energie fürs Leben oder Motivation: Energie bereichert unser Leben in vielerlei Hinsicht. Wir tanken Energie, 4 wir verbrauchen Ohne sie geht nichts: Energie brauchen wir in allen Lebensbereichen. sie und wir nutzen Doch woher kommt sie? Wie lässt sich genügend Energie für heutige sie für andere Bedürfnisse erzeugen? Und wie können wir sie sinnvoll nutzen? wichtige Bereiche unserer Gesellschaft. Foto Getty Images, Dmitry Kuznetsov Atmosphäre im Fokus 20 Der Arbeitsort soll inspirieren, so das Credo des Innenarchi- tekturbüros Lilarosso. Im Interview ver- rät Mitinhaberin Corinne Ott, was es dafür braucht. Foto Unsplash/Mike Kononov 2|3 Forum | N°73 | 2021
Solarenergie Smarte SCHLÜSSELÜBERGABE im Aufwind Energie 32 Das restaurierte Praxiszentrum Lauématt in Möriken-Wildegg empfängt Patientinnen und Patienten in stilvollen und freundlichen Räumen des 12 Um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen, wird dank technologischen Fortschritten vermehrt 26 Jederzeit erreichbar, immer informiert – mit einem Mobiltelefon kein Problem. Doch ist das nun Fluch einstigen Fabrikgebäudes. auf Solarenergie gesetzt. Auch die oder Segen? Und wie sieht es mit der (per- ANLAGEKLASSE Alfred Müller AG rüstet ihre Liegen sönlichen) Energieeffizienz aus? Darüber schaften mit Photovoltaikanlagen auf. sinniert Nik Hartmann in unserer Kolumne. 36 Welche Alternativen gibt es, wenn die alte Heizung ersetzt werden muss? Persönliche MEIN ARBEITSPLATZ 38 Unter der Leitung von Patrick Kraftorte Inderkum betreibt die Baarer Info- Guard ein Cyber Defence Center, das Unternehmen vor Cyberangriffen schützt. 16 Vier Mitarbeitende der Alfred Müller AG verraten, wo sie am liebsten Energie tanken – und was sie dabei tun. KNOW-HOW 42 Energiegewinnung aus Wasserkraft hat auf dem Areal Lauématt eine lange Tradition. Nun hat die Alfred Müller AG dem geschichtsträchtigen Werk ein neues Leben geschenkt. Free Cooling LIVE 28 Mit diesem Konzept lässt sich das Raumklima in Innenräumen ökologisch und energieeffizient steuern. 46 Für rund 120 Mitarbeitende der Alfred Müller AG ging es auf dem traditionellen Geschäftsausflug in die Zentralschweiz. SPEZIAL 47 Die Allmig in Baar produziert mit einer grossen Photovoltaik- anlage Solarstrom. VORFREUDE 48 In Entstehung: Bauprojekte und Konzepte der Alfred Müller AG. Kuriose Energiefakten 24 Was macht morgens munter? Oder wie viel Energie verbraucht das Internet? Spannende Fakten und faszinie- rende Zahlen rund um das Thema Energie. ONLINE-FORUM Eine Auswahl an Forum-Artikeln erscheint im neuen Online-Magazin. Spannend aufbereitet, werden sie ergänzt mit Videos, Fotos und Interviews. alfred-mueller.ch/forum
Energie Energie ist überall! Ohne Energie geht nichts. Wir brauchen sie in allen Lebens bereichen. Doch sie ist keine Erfindung der Neuzeit. Was hat sich im Lauf der Menschheits geschichte verändert, und wie erzeugen und Foto Plainpicture, Topi Ylä-Mononen nutzen wir Energie heute? 4|5 Forum | N°73 | 2021
1 Was ist Energie? D er Begriff Energie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie «wirkende Kraft». Konkret bedeutet Energie die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten, Wärme abzugeben oder Licht auszustrahlen. Es ist also nicht zu hoch gegriffen, Energie als eine Triebfeder unse- rer Zivilisation zu bezeichnen. Wichtigste Energiequelle aller Lebewe- sen ist die Nahrung. Um unseren Körper und Geist leistungsfähig zu erhalten, brau- chen wir die in unserer Nahrung enthaltene Energie. Jeder Mensch hat einen soge- nannten Grundumsatz. Diesen messen wir in Kalorien. Dazu kommt der Leistungsum- satz, der je nach Intensität der körperli- chen Betätigung tiefer oder höher ist. Die Nahrung war wichtig für die Weiterent- wicklung unserer Vorfahren. Je energierei- cher das Nahrungsangebot war, desto leis- tungsfähiger wurde die Gesellschaft. Die Erfindung besserer Werkzeuge machte die Jagd einfacher. Und der Mensch konnte immer mehr Zeit darauf verwenden, sich das Leben einfacher zu machen. Eine zentrale Rolle spielte dabei eine weitere wichtige Energiequelle: das Feuer. Es spendet Licht und Wärme und verfei- nerte das Nahrungsangebot, indem Spei- sen nun gekocht und gebraten werden konnten. Schnell kamen unsere Vorfahren auch auf die Idee, das Nahrungsangebot zu kultivieren, anstatt nur von Gejagtem und Gesammeltem zu leben. Die Erfindung der Landwirtschaft war ein kultureller Mei- lenstein. Und auch hier spielte Energie wie- der eine bedeutende Rolle: in Form von Arbeit. Sie wurde zu einem wichtigen Fak- tor. Im Verlauf der Geschichte erlangte die Arbeitsteilung immer grössere Bedeutung. Neben der körperlichen wurde so auch geistige Arbeit möglich, Menschen bilde- Foto Plainpicture, Arne Eichhof ten Gemeinschaften und entwickelten Staaten. Mit der Zeit entwickelte sich ein Gesellschaftssystem, in dem die Arbeit gegen Bezahlung einen immer grösseren Stellenwert einnahm. Parallel dazu stieg die Bedeutung der Energie.
Energie Wie wurde Energie zum Motor unserer Gesellschaft? D er Mensch wurde sich des Wertes der Energie immer bewusster. Er ersann Möglichkeiten, um sich diese noch besser zunutze zu machen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die benötigte Energie neben menschlicher und tierischer Kraft in der Schweiz auch durch Wasserkraft erzeugt. Weitere bekannte Energiequellen waren Dampf- und Windkraft. Letztere stand jedoch nur standortabhängig zur Verfügung. Wenn wir heute von Energie sprechen, meinen wir oft Elektrizität. Aus gutem Grund: Strom ist der «Treibstoff», ohne den unsere industriellen Gesellschaften heute nicht existieren würden. Elektrizität ist aber keine Erfindung im herkömmlichen Sinn, denn sie ist seit jeher vorhanden, sie ist ein Naturphänomen. Den Siegeszug der Nut- zung des Stroms haben wir Forschern zu verdanken, wissbegierigen Gelehrten, die ab dem 18. Jahrhundert den Geheimnissen der Elektrizität auf die Spur kommen woll- ten. Grundlagenforschung nennt man das heute. Denn Geräte, die man mit dieser Elektrizität betreiben hätte können, gab es noch nicht. Dennoch baute der Italiener Alessandro Volta bereits 1775 die erste Bat- terie. Ihm folgten weitere kluge Köpfe, die von der Welt der Elektrizität und ihren Möglichkeiten fasziniert waren. Doch der Weg zur Nutzung des Stroms in allen Lebensbereichen war noch weit. Anfangs wurde die Elektrizität zur Beleuch- tung von Strassen genutzt. 1879 wurde in Berlin die erste elektrische Strassenbe- leuchtung installiert. Mit der Erfindung der Kohlefadenlampe zog das elektrische Licht aber bald auch in private Haushalte ein. Als Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Kraft- werke gebaut wurden, stand Elektrizität in immer grösseren Mengen zur Verfügung. Das förderte die Erfindung vieler neuer Foto Plainpicture, LPF strombetriebener Maschinen in der Indus- trie und zunehmend auch für Privathaus- halte. Das Zeitalter der Elektrizität hatte begonnen. 6|7 Forum | N°73 | 2021
Wie produzieren wir unsere benötigte Energie? E nergie in Form von Elektrizität ist lich: Im Sommer haben wir einen Über- gieträger sowie zu einem kleinen Teil aus heute die Voraussetzung für das schuss und wir können Strom exportieren. nicht überprüfbaren Quellen (Quelle: Bun- Funktionieren einer modernen Im Winter verbrauchen wir mehr Strom, als desamt für Energie). Die Tage der Kernener- Gesellschaft. Der Verbrauch wächst immer wir selber produzieren, und müssen ihn gie sind jedoch – Stand heute – gezählt. weiter. Eine der zentralen Fragen, vor denen importieren. Die Energiestrategie 2050 des 2017 hat sich das Schweizer Stimmvolk mit wir im 21. Jahrhundert stehen, ist also die Bundes sieht einen starken Ausbau der dem Ja zur Energiestrategie 2050 dafür nach der Erzeugung, Speicherung und Ver- erneuerbaren Energien vor. Strom aus Solar- entschieden, dass keine neuen Anlagen teilung unserer Energie. Um den Energie- energie, Wind- und Wasserkraft, das soll die mehr gebaut werden dürfen. Das heisst, hunger unseres Lebensstils zu stillen, ist Zukunft sein. Dazu müssen innovative Spei- dass mit dem Ablauf der Betriebsbewilli- Innovationskraft gefragt. Denn die Auswir- chertechnologien die Abhängigkeit von gungen der noch bestehenden Kernkraft- kungen auf unseren Lebensraum sind mas- Stromimporten verringern. werke die Schweiz kein Strom mehr aus Foto Plainpicture, Judith Haeusler siv, und die natürlichen Ressourcen, welche 2020 stammte der Strom aus Schweizer Kernkraft produzieren wird. die Menschheit so selbstverständlich Steckdosen zu rund 76 Prozent aus erneu- anzapft, sind begrenzt. Neue Technologien erbaren Energien: 66 Prozent aus Gross- sind gefragter denn je. wasserkraft, rund 8,4 Prozent aus Photovol- Übers Jahr gesehen, produziert die taik, Wind, Kleinwasserkraft und Biomasse. Schweiz bereits heute genug Strom. Die sai- Der Rest entfällt auf Kernenergie (19 Pro- sonale Verteilung ist allerdings unterschied- zent), Abfälle (2 Prozent) und fossile Ener-
4 Energie Wie viel Energie verbrauchen wir eigentlich? W enn wir vom Energieverbrauch sprechen, denken wir zuerst an unseren Stromverbrauch. 2020 haben wir in der Schweiz rund 55,7 Milliar- den Kilowattstunden Strom verbraucht. Diese Menge verteilt sich grob zu je einem Drittel auf Haushalte, Verkehr und Indus trie/Dienstleistungen. Zwar haben in den letzten Jahren Wirtschaftswachstum, Bevölkerungswachstum und mehr Heiz- tage den Stromverbrauch gesteigert. Dies wurde aber durch Effizienzmassnahmen kompensiert. So blieb der Gesamtver- brauch in den letzten Jahren stabil, wäh- rend der Pro-Kopf-Verbrauch gar einen Rückgang verzeichnet (Quelle: VSE). Doch wir verbrauchen nicht nur Strom, sondern auch noch andere Energieträger. Das sind neben der Elektrizität Erdölpro- dukte, Gas, Kohle und Fernwärme. Gemes- sen wird dieser Verbrauch in Joule. (Für technisch Interessierte: Ein Joule erwärmt 1 Gramm Luft um 1 Grad.) Der Endenergieverbrauch der Schweiz lag 2020 bei 747 400 Terajoule. Gegenüber dem Vorjahr ist er um 10,6 Prozent gesun- ken. Der Grund dafür ist nicht schwer zu erraten: Die Covid-19-Pandemie trägt die Hauptverantwortung. Aber auch die milde Witterung im letzten Jahr trug zum gesun- kenen Verbrauch bei (Quelle: Bundesamt für Energie). Doch dieser Trend wird sich wieder umkehren – trotz immer effiziente- ren Technologien. Denn die dadurch erreichten Einsparungen werden durch immer mehr strombetriebene Geräte wie- der aufgefressen. Und damit sind wir wieder bei unserem Anfangsgedanken. Unser Energiever- brauch wird immer mehr zum Stromver- brauch. Fossile Energieträger sollten aus Klimaschutzerwägungen möglichst ver- Foto Plainpicture, Helge Sauber mieden werden. E-Mobilität statt Verbren- nungsmotor, Wärmepumpe statt Ölhei- zung, Smart Home statt alles manuell regeln. Strom für alle diese Anwendungen klimafreundlich und wirtschaftlich zu erzeugen, wird die grosse Herausforde- rung unserer Energiezukunft. 8|9 Forum | N°73 | 2021
Welche Rolle spielt Energie im Hausbau? D as Thema Energie spielt auch bei Betrieb elektrischer Geräte – all das macht Doch auch Bestandsbauten sollen ener Immobilien eine zentrale Rolle. Der ein Gebäude erst sinnvoll nutzbar. gieeffizienter werden. Zahlreiche Förder Mensch baut Gebäude, damit er vor Energieeffizientes Bauen ist heute das programme von Bund, Kantonen und Ge- der Witterung geschützt ist, einen sicheren dominierende Thema. Die Entwicklung ver- meinden sowie Energieversorgern sollen Rückzugsort hat und dort alles vorfindet, läuft schnell. Während man vor wenigen Hausbesitzerinnen und -besitzer dazu was er braucht. Die Bedürfnisse unterschei- Jahrzehnten erst begonnen hat, durch ermuntern, ihre Gebäudehüllen zu isolieren, den sich aber je nach Nutzung. Und bereits geeignete Massnahmen wie etwa Däm- fossil betriebene Heizungen durch umwelt- die Planung und der Bau selbst sind eine mung den Energieverbrauch im Haus zu freundlichere Systeme zu ersetzen und energieintensive Angelegenheit. senken, sprechen wir heute bereits nicht beim Kauf neuer Geräte auf möglichst Foto Plainpicture, Jan Håkan Dahlström Am Anfang steht immer eine Idee. Wozu mehr nur von Nullenergiehäusern, sondern energieeffiziente Modelle zu achten. Das möchte man ein Haus bauen? An ein Büro- sogar von Plusenergiehäusern. Diese sollen Thema Energie ist also gerade beim Haus- gebäude werden andere Anforderungen durch entsprechende Technologien zur bau aktueller als je zuvor. bezüglich Energie gestellt wie an ein Wohn- dezentralen Stromerzeugung mehr Energie haus. Eine Werkstatt benötigt Einrichtun- erzeugen, als verbraucht wird. Das Haus Text Irene M. Wrabel gen, die sich von denen eines Fabrikgebäu- wird also zum Kraftwerk, und das Plus an des stark unterscheiden. Doch allen ist sauber erzeugtem Solarstrom kann für die gemein, dass sie Energie brauchen. Heizen, Elektromobilität genutzt oder an das öffent- Kühlen, Beleuchten, Kommunikation, der liche Stromnetz abgegeben werden.
Energie Schonender Christoph Müller: Bei einem Bau spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle. Bei den gedämmt ist. Die Lüftung kann ihren Betrieb ebenfalls herunterfahren, wenn sich über Umgang mit Materialien muss nicht nur die Energie be Mittag oder ab 17 Uhr weniger Personen im den Ressourcen trachtet werden, die für die Produktion eines Gebäude aufhalten und es für sie nur noch Bauteils oder Werkstoffs aufgewendet wird. wenig Luftwechsel braucht. Das Gebäude muss Wichtig ist der gesamte Lebenszyklus. Fassa also auf sehr unterschiedliche Zustände be den beispielsweise sollen gut dämmen, aber darfsgerecht reagieren. Um eine möglichst Rund 45 Prozent der Lebenszyklus auch langlebig sein. Brauchen sie wenig Un hohe Energieeffizienz zu erreichen, müssen die kosten eines Gebäudes – die Bilanz von terhalt, ist das positiv für die Gesamtenergie Systeme im Gebäude gut eingeregelt sein der Erstellung bis zum Rückbau – ent bilanz. Unter diesem Gesichtspunkt haben und die Wirksamkeit der Anlagen kontinuier fallen auf die Energie. Die Optimierung verschiedene Materialien ihre Berechtigung. lich überwacht werden. des Verbrauchs lohnt sich für die Umwelt und das Portemonnaie. Christoph Müller Was braucht es, damit ein Gebäude Was sind Kennzahlen, die für die Optimie und Christoph Glockengiesser zeigen, energieeffizient wird? Hat die Architektur rung in Betracht gezogen werden? wie Nachhaltigkeit bei der Alfred Müller AG darauf einen Einfluss? Christoph Glockengiesser: Beim Energie umgesetzt wird und welche Rolle das Christoph Müller: Ja, aber das Gebäude monitoring ist der spezifische Energiever Energiemonitoring dabei spielt. muss auch den Kundenwünschen und Bedürf brauch ein wichtiger Gradmesser, also die nissen entsprechen. Ein Geschäftshaus Energie, die pro Quadratmeter verbraucht wird. mit einer sehr guten Dämmung, aber nur sehr Durch diese Kennzahl lassen sich Gebäude Hat ein Umdenken bezüglich Res- kleinen Fenstern wird auf wenig Interesse gleicher oder ähnlicher Nutzung untereinander sourcen beim Bau von Wohnungen und stossen. Es gilt die Balance zu finden zwischen vergleichen. Im Neubau lässt sich aber auch Geschäftsflächen stattgefunden? «ästhetisch, modern» auf der einen und «ener überprüfen, ob der Verbrauch bzw. die Effizienz Christoph Müller: Ja, der schonende Um gieeffizient» auf der anderen Seite. einer Anlage im Betrieb tatsächlich den Plan gang mit Ressourcen ist ein Thema, und es ist Christoph Glockengiesser: Gelungene vorgaben entspricht. Falls nicht, sind allenfalls unser Bestreben, dass unsere Gebäude mög Architektur berücksichtigt immer mehrere Nachbesserungen bis zur Zielerreichung erfor lichst wenig Energie verbrauchen und nur Faktoren, zum Beispiel wie das Gebäude auf derlich. geringe Emissionen verursachen. Bei jedem der Parzelle liegt oder wie die Verkehrsanbin unserer Bauvorhaben klären wir heute dung ist. Bezüglich Energie stellen sich zusätz Hat das Energiemonitoring auch die Frage nach der besten und nachhaltigsten liche Fragen: Wie ist die Fassade gegen Süden einen positiven Effekt in Bezug auf Energieversorgung. Dabei gibt es verschie ausgerichtet und gestaltet? Gibt es Bauele die CO2-Reduktion? dene weitere Punkte, die wir mitberücksichti mente, die im Sommer die Sonneneinstrahlung Christoph Müller: Das hat es. Das Monito gen müssen, beispielsweise die Vorgaben ins Gebäude möglichst minimieren und es ring dient zwar in erster Linie der Optimierung des Gesetzgebers. gleichzeitig offen und transparent wirken las des gesamten Systems und der Reduktion des sen? Kann im Winter die Sonne ins Gebäude Verbrauchs. Sinkt der Verbrauch, resultieren als Entspricht der schonende Umgang mit dringen, damit weniger Kunstlicht benötigt wird positive Effekte tiefere Nebenkosten und ein Ressourcen einem Kundenbedürfnis? und die solare Wärme genutzt werden kann? geringerer CO2-Ausstoss. Sind Mieter und Käufer sensibler gewor den in Bezug auf Energieeffizienz? Wichtig für die Umsetzung der Nachhal Wie sieht Ihr optimales Haus in Bezug Christoph Müller: Wir stellen schon fest, tigkeit bei der Alfred Müller AG ist auf Energieverbrauch aus? dass die Leute umweltbewusster sind. Nied das Energiemonitoring: Sie überwachen Christoph Müller: Ich würde es umdrehen. riger Energieverbrauch und tiefe Emissionen und optimieren damit den Energie Wir bauen Gebäude, die möglichst optimal sind ein willkommenes Plus, aber nicht das verbrauch von Geschäftshäusern. Wie ganz verschiedenen Bedürfnissen entsprechen, erste Kriterium für unsere Kundinnen und Kun funktioniert das? zum Standort passen, ein gutes Preis-Leistungs- den. Die Lage, der Grundriss und der Preis Christoph Müller: Wir statten alle Gebäude Verhältnis aufweisen, hohe Arbeits- und Wohn stehen nach wie vor im Vordergrund. im Portfolio und auf Wunsch auch für Dritte mit qualität bieten – und optimieren auch den Zählern für Wasser, Gas, Wärme, Fernwärme Verbrauch. Räume voller Leben entstehen durch Wie beeinflussen Nachhaltigkeitsüberle und Elektrizität aus. Die Verbrauchswerte die Optimierung möglichst vieler Faktoren. gungen das Bauen? Gibt es Materialien werden im 15-Minuten-Rhythmus erfasst. Für Christoph Glockengiesser: Für mich wird oder Systeme, die nicht mehr eingesetzt die Verbrauchsoptimierung ist es wichtig, dass das optimale Haus mit einem Minimum an werden? die Daten ausgewertet werden, dass man die Ressourcen erstellt und betrieben. Zukünftig Christoph Glockengiesser: Wir befinden Lehren daraus zieht und Massnahmen ergreift. werden die Gebäude sogar mehr Energie uns mitten in einer Transformationsphase. Bei Christoph Glockengiesser: Ein energie produzieren, als sie brauchen. Zudem bietet ein Neubauten wird heute auf Nachtspeicher, Öl- effizientes Gebäude stellt so viel Energie zur solches Haus durch das Jahr hindurch ein oder Gasheizungen verzichtet. Es hat sich viel Verfügung, wie die Benutzer brauchen, um sich Innenklima, in dem man sich wohlfühlt. Energie verändert in der Baubranche, und es gibt in wohlzufühlen. Das bedeutet beispielsweise, effizienz wird im Sommer nicht erschwitzt und allen Bereichen ressourcenschonende Lösun dass bei Arbeitsbeginn am Montagmorgen im Winter nicht erfroren. Energieeffizient heisst, gen. In unserem Geschäftshaus Quadrolith früh angenehme Temperaturen herrschen. Das dass genau die erforderliche Menge Energie in Baar haben wir beispielsweise eine Hybrid sollte so bleiben bis am Abend. Die Heizung zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht. anlage mit Energiepfählen installiert, mit kann sich aber durchaus schon um 16 Uhr ab der man erneuerbar heizen oder kühlen kann. schalten, wenn das Gebäude entsprechend Interview Othmar Bertolosi | Fotos Selina Meier 10 | 11 Forum | N°73 | 2021
«Energieeffizienz wird im Sommer nicht erschwitzt und im Winter nicht erfroren.» Christoph Glockengiesser (rechts) Energie- und Nachhaltigkeitsbeauftragter Portfolio «Bei jedem unserer Bauvorhaben klären wir heute die Frage nach der besten und nachhaltigsten Energieversorgung.» Christoph Müller (rechts) Präsident des Verwaltungsrates
Energie 12 | 13 Forum | N°73 | 2021
Gebäude sind entscheidend für die Solaroffensive D ie Energie der Sonne ist bei- und vor zehn Jahren viermal, sagt Andreas Theoretisch könnte nahe grenzenlos. Und an Haller vom Zürcher Metallbauunternehmen sich die Schweiz mit Gebäuden gibt es enorme Flächen, um sie aufzunehmen. Ernst Schweizer AG. Aktuell koste eine Anlage für ein Einfamilienhaus rund Solarstrom von Ge- 67 Terawattstunden Strom 20 000 Franken. Nach etwa acht Jahren sei können produziert werden, wenn an sie in der Regel amortisiert. «In den letzten bäudehüllen komplett Schweizer Dächern und Fassaden konse- zwei Jahren hat die Nachfrage deutlich versorgen. Auch die quent Solarmodule installiert werden. Dies zugelegt. Auch wegen der Pandemie wol- zeigen Berechnungen des Bundesamtes len viele Privatleute ihren eigenen Strom.» Alfred Müller AG setzt für Energie. Das ist mehr, als in der Schweiz Neuste Solarmodule haben einen Wir- bei ihren Bauten auf zurzeit verbraucht wird. 2020 wurden rund 56 Terawattstunden (56 Milliarden Kilo- kungsgrad von über 20 Prozent. «Vor zehn Jahren waren es erst 15 Prozent», sagt Solaranlagen, um wattstunden) Strom konsumiert. David Stickelberger, Geschäftsleiter des nachhaltigen Strom Klar ist: Will die Schweiz die Ziele der Energiestrategie 2050 und der Klimapolitik Branchenverbands Swissolar. Der Wir- kungsgrad gibt an, wie viel Prozent der zu produzieren. erreichen, ist ein gewaltiger Zubau an theoretisch verfügbaren Sonnenenergie Solarenergie nötig. Dazu will auch die effektiv genutzt wird. Dabei sind Solarmo- Alfred Müller AG einen Beitrag leisten. «Wir dule nicht zu verwechseln mit Sonnenkol- installieren bei unseren Neubauten in der lektoren, die Wärmeenergie produzieren. Regel eine Photovoltaikanlage auf dem Die Solartechnik zur Stromerzeugung Dach», sagt Michael Müller, Leiter Portfolio ist seit Jahrzehnten dieselbe. In der Zelle, und Produktionsbetriebe. Insgesamt ver- die meist aus Silizium besteht, wird aus fügt mehr als ein Viertel aller Liegenschaf- Sonnenlicht direkt Gleichstrom produziert. ten der Alfred Müller AG über Solaranla- Die Zellen sind untereinander zu Modulen gen. Zusammen produzieren sie Strom für verbunden und in Glasscheiben verpackt. 880 Haushalte. Die grösste Anlage befin- Bevor der Gleichstrom aus der Zelle det sich bei der Kompost- und Ökostrom- genutzt werden kann, muss er in einem anlage Allmig in Baar. Sie versorgt rund elektrischen Gerät, dem Wechselrichter, zu 400 Haushalte mit Ökostrom. Wechselstrom umgewandelt werden. Ein- gespeist in einen Haushalt wird der Strom Die Wohnsiedlung Reuss perle der Alfred Müller AG Preise stark gesunken via Tableau, das die Stromzufuhr regelt. in Buchrain verfügt über Die Solartechnik hat sich in den letzten Produziert die Solaranlage zu wenig, wird eine eigene Photovoltaikan- Jahren rasant entwickelt – sowohl beim zusätzlich Strom aus dem Netz bezogen. lage. Die 69 Haushalte Preis wie bei der Effizienz. Vor 30 Jahren Besitzer von Solaranlagen müssen sich beziehen einen Teil ihres Stroms davon. seien Photovoltaikanlagen für die Endkun- nicht um ihr Strommanagement kümmern, den 100-mal so teuer gewesen wie heute, das regelt das System. Heutige Anlagen
Energie haben eine Lebensdauer von mindestens 25 Jahren. Wartung brauchen sie wenig. Und was ist bei einem Stromausfall? Dann funktioniert auch die Solaranlage nicht – ausser man installiert zusätzlich eine Bat- terie als Speicher und rüstet das ganze System notstromtauglich aus. Grosse Siedlungen im Vorteil Wenn Private eine Solaranlage installieren, steht meist die Selbstversorgung im Vor- dergrund. Der Strom vom eigenen Dach ist in der Regel günstiger als der aus der Steckdose. Überschüssigen Strom ans Elektrizitätswerk zu verkaufen, lohnt sich hingegen oft nicht, da die Preise dafür tief sind. Hoch sei das Potenzial in Mehrfamili- enhäusern oder Gewerbebauten, wo der «Wir installieren bei unseren Strom zeitgleich im Gebäude verbraucht werden könne, sagt Stickelberger. Neubauten in der Regel Auch grosse Siedlungen eignen sich eine Photovoltaikanlage auf zur Sonnenstromproduktion. Eines der neusten Projekte der Alfred Müller AG ist dem Dach.» die Wohnsiedlung Reussperle in Buchrain. Michael Müller Die 69 Haushalte beziehen einen Teil ihres Leiter Portfolio und Produktionsbetriebe Stroms von der eigenen Photovoltaikan- lage. Diese liefert insgesamt sogar mehr Elektrizität, als die Mieter konsumieren. Wenn die Sonneneinstrahlung hoch ist, herrscht Überschuss – Strom wird ins Netz abgegeben. Am Abend dagegen beziehen die Bewohner Netzstrom. «Wenn man APROPOS Solaranlagen betreibt, ist die Optimierung des Eigenverbrauchs das A und O», sagt Das meiste Michael Müller. Daher kann jeder Reuss- Material wird bühl-Mieter via App seinen Stromver- brauch kontrollieren. Empfohlen wird, dann rezykliert Strom zu brauchen, wenn es am meisten gibt und er am günstigsten ist. Bei Photo- Solarmodule haben aktuell eine Lebens- voltaik sind das in der Regel die Mittags- dauer von rund 25 Jahren. Sie bestehen stunden. Dann lohnt es sich, die Waschma- laut der Recyclingorganisation Sens schine oder den Geschirrspüler laufen zu eRecycling zu 85 Prozent aus Glas und lassen oder das Elektrofahrzeug an die zu 10 Prozent aus Metallen. Nicht mehr Ladestation anzuschliessen. funktionstüchtige Module werden Eine der Herausforderungen beim gesammelt und rezykliert. Bisher sind Solarstrom ist die Speicherung: Um die die Sammelmengen in der Schweiz Überschüsse aus der hohen Sonnenein- klein: 2020 waren es 208 Tonnen. Das strahlung nutzbar machen zu können, Recycling findet grösstenteils im Aus- muss die Elektrizität gespeichert werden. land statt. Glas wird in Deutschland zu Herkömmliche Batterien sind noch teuer Glaswolle oder Flachglas verarbeitet, und haben eine begrenzte Lebensdauer. die Metalle werden in Hütten wiederver- Die Alfred Müller AG arbeitet daher an wertet. Das Silizium wird bisher nicht neuen technischen Lösungen wie Press- wiederaufbereitet. luftspeicherung. In der Regel werden Solarmodule – auch bei den Bauten der Alfred Müller AG – als Aufsatz montiert. An Bedeutung gewinnt gebäudeintegrierte Photovoltaik: beispielsweise Module in Ziegelform, die Weitere Informationen zur Photovoltaik finden gleichzeitig die Schutzfunktion der Dach- Sie auf sonnendach.ch 14 | 15 Forum | N°73 | 2021
bedeckung erfüllen. Sie sind von aussen kaum als Solarmodule wahrnehmbar, da sie «Wenn man Solaranlagen Teil der Hülle sind. Laut David Stickelberger betreibt, ist die Optimierung von Swissolar sind Schweizer Firmen bei gebäudeintegrierter Photovoltaik weltweit des Eigenverbrauchs das Leader. Viele Architekten seien aber noch A und O.» nicht so weit, diese einzusetzen. «Hier gibt Michael Müller es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.» Leiter Portfolio und Produktionsbetriebe Doch an den Architektur-Hochschulen sei diesbezüglich einiges im Gang. Vorzeigebau für Solarfassaden- Architektur Heute werden nur rund 4 Prozent des Schweizer Stroms aus Sonnenenergie pro- duziert. Dank der Nutzung von Gebäude- hüllen ist eine 40-mal höhere Solarstrom- produktion möglich. Dabei spielen auch die Fassaden eine wichtige Rolle. Bei einem Gesamtpotenzial von 67 Terawattstunden Solarstromproduktion an Gebäuden könn- ten theoretisch 17 Terawattstunden mit speziellen Modulen an der Fassade erzeugt werden. Dort kann auch im Winter, wenn die Sonne flach steht, vergleichsweise viel Strom generiert werden. Effektiv genutzt werden Fassaden aber noch kaum. Einer der Gründe ist, dass es an Solarexperten für die gesamte Gebäudehülle fehlt, wie Andreas Haller von Ernst Schweizer sagt: «Dach und Fassade werden von unter- schiedlichen Fachleuten bedient. Nur wenige haben ein System für das gesamte Gebäude.» Das liege auch daran, dass für Fassaden andere Regeln und Normen gel- Die Energie für die Herstellung der Photovoltaikmodule (hier bei einem solarthermischen Kraftwerk) stammt oft noch aus fossilen Quellen. ten als für Dächer. Dank neuer Gebäude- Foto iStock, AerialPerspective Works modellierungssoftware werde die Zusam- Auch Solarenergie menarbeit zwischen den verschiedenen Fachleuten künftig aber einfacher. Zu den Vorzeigebauten für Solararchi- tektur gehört ein Mehrfamilienhaus in Affoltern am Albis, das die Alfred Müller AG belastet die Umwelt als Totalunternehmer realisiert hat. Nicht Insgesamt ist der ökologische Fussabdruck der Solartechnik zuletzt dank seiner terrakottaroten Solar- weniger gut, als viele glauben. Die Mehrheit der Module wird in fassade produziert das Haus mehr Energie, China produziert, wo die dafür benötigte Energie für die Her- als es verbraucht. Auch darauf legt die stellung der Module oft aus fossilen Quellen stammt. Allerdings Alfred Müller AG Wert: Bei Neubauten wird wird die Energieproduktion sauberer, dadurch verbessert sich die Betriebsenergie so weit wie möglich die Ökobilanz laufend. Solarstrom in der Schweiz verursacht reduziert und Heizsysteme sind fossilfrei. laut den Ökobilanzexperten des Schweizer Unternehmens treeze Ziel ist es, Gebäude sparsam und möglichst 42 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde Strom. Besser ohne CO2-Emissionen zu betreiben. schneiden Wasserkraft mit 8, Kernenergie mit 15 und Windener- gie mit 17 Gramm ab. Viel höher sind die Emissionen von Erdöl Text Daniel Bütler | Fotos Stefan Dubach mit 771 Gramm. Klimaschädliche Emissionen sind nicht die einzige ökologi- sche Gefahr. Die gesamten negativen Auswirkungen auf die Umwelt lassen sich mit Umweltbelastungspunkten modellieren. Hier steht die Solarenergie mit 68 Umweltbelastungspunkten besser da. Zum Vergleich: Wasserkraft 19 Umweltbelastungs- punkte, Windenergie 38, Kernenergie 369, Erdöl 563. Die Zahlen von treeze beziehen sich auf das Jahr 2018.
Energie Einblicke in persönliche Kraftorte So vielfältig wie die Menschen, so unterschiedlich sind die Praktiken, Energie zu tanken. Vier Mitarbeitende der Alfred Müller AG geben Einblicke in ihre persönlichen, kräftigenden Rituale und Aktivitäten. Text Mélanie Ryser | Foto Philipp Hurni PHILIPP HURNI PROJEKTLEITER PROJEKTENTWICKLUNG Wie tankst du Energie? Auf dem Weg zur Arbeit mache ich oberhalb von Zürich halt und übe eine halbe Stunde Tai-Chi. Es ist für mich das perfekte Morgenritual, das meinen Geist und meinen Körper in Schwung bringt und mir Kraft und Ausgeglichenheit für den Tag verleiht. Gibt es einen persönlichen Kraftort? Der Ort bei der Hasenrainhütte, wo ich meistens praktiziere, ist wunderschön! Mit Blick auf die Stadt, die Berge und die aufgehende Sonne. Ein magischer Moment. Wie lange übst du schon Tai-Chi? Tai-Chi praktiziere ich schon seit 18 Jahren, fast jeden Morgen im Freien. Derzeit übe ich an drei Formen: der 24er- und der 42er-Peking-Form sowie an der Schwertform. 16 | 17 Forum | N°73 | 2021
Text Mélanie Ryser | Foto Yves Widmer YVES WIDMER BAU-/PROJEKTLEITER Wie tankst du Energie? Das Feeling, über das Wasser zu fliegen, ist fantastisch! Kitesurfen ist für mich Leidenschaft pur. Mit den Elementen Wasser und Wind zu spielen, ihre Kräfte optimal zu nutzen, egal in welcher Jahreszeit – dabei tanke ich Kraft und finde den Ausgleich, den ich für den Alltag brauche. Wo praktizierst du dieses Hobby? Dort, wo es Wind hat! So lässt sich meine Passion bestens mit Reisen und Ferien verbinden. Meine letzten Destinationen waren Australien, die Niederlande und Dänemark. Aber auch die Schweiz bietet einige coole Spots, um an Wochenenden Energie zu tanken und eine gute Zeit zu haben.
Energie Text Mélanie Ryser | Foto Vanessa John VANESSA JOHN IMMOBILIENBEWIRTSCHAFTERIN Wie tankst du Energie? Sportliche Leistung kombiniert mit Natur, das ist meine Glücksformel zum Energiegewinn. Am liebsten befahre ich im Morgengrauen Schweizer Pässe mit dem Renn- velo, wenn der Verkehr noch ruhig ist. Auf der Passhöhe innehalten, die Sonnenaufgänge be- wundern und den Fernblick geniessen – das gibt mir Kraft, beflügelt mich und bringt mich zum Strahlen. Hast du einen persönlichen Kraftort? Da gibt es einige. Die Bergwelt per se bietet mir in den frühen Morgen- oder dämmernden Abendstunden immer wieder Momente, die mir Kraft verleihen. 18 | 19 Forum | N°73 | 2021
Text Mélanie Ryser | Foto Pirmin Bürgi PIRMIN BÜRGI BAUFÜHRER GARTENBAU Wie tankst du Energie? Mein Hobby Fischen hat etwas zutiefst Meditatives. Ich geniesse das leise Schaukeln des Bootes, die absolute Stille, bevor der Tag erwacht, und das Beobachten der Wetterverhältnisse. Ich kann auf dem See abschalten und entspannen, bis der nächste Biss kommt: «Was zappelt da wohl an der Angelrute?» Was machst du mit deinem Fang? Ich angle nur so viel, wie ich auch verwerten kann. Ein schönes Gefühl, abends mit der ganzen Familie den Fang zu zelebrieren. Wo liegt die Faszination beim Eisfischen? Das ist Fitness und Abenteuer zugleich: laufen, bohren, laufen, bohren: Oft muss man 15–20 Löcher bohren und den See ablaufen, bis man die richtige Stelle mit den Fischen gefunden hat. Wohlverstanden mit Schnee schuhen, Eisbohrer und Schneeschaufel. Ein Fischfang ist dann Freude pur.
Interview Wie das Büro zur Energie wird Lilarosso wurde 2012 von den Innenarchitektinnen Corinne Ott (hier im Bild) und Claudia Züst gegründet. Das Unternehmen ent- wickelt individuelle Raumkon- zepte und Einrichtungen für Büros, Ladenlokale, die Gastronomie und Private. Alle Konzepte verei- nen Atmosphäre und Funk tionalität. Für die Alfred Müller AG richtete Lilarosso unter anderem das .kuia.office. in Baar ein. 20 | 21 Forum | N°73 | 2021
Der Arbeitsort soll inspirieren. So lautet das Credo des Innen architekturbüros Lilarosso aus Zürich. Mitinhaberin Corinne Ott quelle erklärt im Interview, warum eine durchdachte Bürolandschaft für die Motivation von Mitarbeitenden und die Identifikation mit dem Un ternehmen zentral ist. Worauf kann heute in einem Büro nicht mehr verzichtet werden? Das Wichtigste ist eine angenehme Atmosphäre und Umgebung, die Mitarbeitende zu optimalen Leistungen anregt und den Austausch zwischen den unterschiedlichen Disziplinen fördert, ohne die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen zu ver nachlässigen. Gute Licht- und Luftverhältnisse gehören ebenso dazu wie eine Akustik, die den je weiligen Bedürfnissen angepasst ist. Warum ist Atmosphäre so wichtig? Die Mitarbeitenden von heute haben höhere An sprüche an Qualität und Design als früher. Deshalb sind eine attraktive Arbeitsumgebung und eine angenehme Atmosphäre wichtig, um qualifizierte Talente gewinnen zu können. Schliesslich halten wir uns im Schnitt acht Stunden am Arbeitsplatz auf. Eine inspirierende Umgebung wirkt sich nicht nur positiv auf die Befindlichkeit aus, sondern auch auf die Produktivität. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich Mitarbeitende stark über die Büroausstattung mit einem Unternehmen identifizieren und sich wertgeschätzt fühlen, wenn ihre Bedürfnisse be rücksichtigt werden. Wie sieht denn das richtige Raumkonzept aus? Das hängt von der jeweiligen Philosophie und Kul tur eines Unternehmens ab. Diese zu verstehen, ist die Grundlage unseres Arbeitens. Bevor wir uns an ein Projekt herantasten, hören wir aufmerksam und unvoreingenommen zu. Im Gespräch mit den Entscheidungsträgern klärt sich, wie sich das Un ternehmen präsentieren möchte. Unsere Ideen und Raumkonzepte leiten sich also direkt von der Vision eines Unternehmens ab. Das oberste Ziel ist es, Räume so zu gestalten, dass alle Mitarbeiten den inspiriert, effizient und ihren Bedürfnissen entsprechend arbeiten können. Ein Büro sollte un terschiedliche Ansprüche abholen und räumlich umsetzen. Das fördert nicht nur das Arbeitsklima, sondern auch die Produktivität. Für die Firma Selecta entwickelten Sie in Cham das neue Raumkonzept. Wie gingen Sie vor? In der Vision des Unternehmens stehen Dynamik und Transparenz an oberster Stelle. Der Wunsch
Interview war es, dass das neue Raumkonzept dieser Vision stühle an der verglasten Innenfassade ermögli Rechnung trägt und spannende Bürolandschaften chen den Blick in den Aussenraum. Unterschied geschaffen werden, die Begegnung und einen offe liche Teppiche, Vorhänge, eine Tapete und ein nen Austausch ermöglichen. Gleichzeitig galt es, individuelles Beleuchtungskonzept verleihen das Kerngeschäft von Selecta – vielseitige und hoch dem Raum eine wohnliche Atmosphäre. Zudem wertige Büroverpflegung und Kaffee – attraktiv wird der Raum akustisch und technisch höchsten erlebbar zu machen. Für Kundinnen und Kunden ge Anforderungen gerecht. nauso wie für die Mitarbeitenden. Für Lilarosso stand fest, dass ein Open-Space-Konzept diesen Bei Selecta steht das Kaffeeerlebnis im Zentrum. Wunsch nach Kommunikation und Austausch Wie wichtig ist dieses in Büros allgemein? am besten übersetzt. Um den unterschiedlichen An Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass sprüchen an Licht und Akustik gerecht zu werden, gewisse Arbeiten relativ problemlos zu Hause definierten wir Zonen, die effizientes und konzen funktionieren. Die Kommunikation über digitale triertes Arbeiten genauso möglich machen wie Kanäle begünstigt Homeoffice – bis zu einem angeregte Gespräche zwischen den Teams oder gewissen Grad. Im Büro sind die Kommunikations mit Kundinnen und Kunden. Sämtliche Arbeitsplätze wege meist doch kürzer und unkomplizierter. sind entlang der Fassade angeordnet und verfügen Und nicht jeder mag es, wenn die Grenzen zwi über direktes Tageslicht. Im Herzen der Bürofläche schen Arbeit und Privatleben verschwimmen. befindet sich die einladende Cafeteria als zen Was viele im Homeoffice jedoch wirklich ver traler Ort für Austausch, Pausen und individuelles misst haben, war der soziale Austausch. Sprich: Arbeiten. Zwischen Cafeteria und Arbeitsplätzen die gemeinsame Kaffeepause. Viele Unterneh- dienen verglaste Meetingräume als Raumtrenner. men haben das lange unterschätzt. Nun findet Auf der gesamten Bürofläche finden sich zudem di ein Umdenken statt. Zudem wird der wohlige verse offene Besprechungsmöglichkeiten. Gastro-Charakter die Büroeinrichtungen in Zu kunft noch stärker prägen. Die Grenzen zwi- Eine offene Bürolandschaft und konzentriertes schen Kaffeepause und inspiriertem Arbeiten Arbeiten: Widerspricht sich das nicht? werden weiter verschwimmen. Mit den richtigen Materialien und einem durch dachten Raumkonzept lassen sich trotz Open Space unterschiedliche akustische Zonen schaffen. Dafür sorgen absorbierende Elemente an den Decken, Wänden, Böden und am Mobiliar. Rückzugsorte sind «Wer qualifizierte Talente für ein weiteres wichtiges Element. Unser Ziel war es, Unbeschwertheit in das Arbeitsleben zu integrieren. sich gewinnen will, muss Im weitesten Sinn erinnert der Aufbau an ein Dorf heute als attraktiver Arbeit und deckt die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Mitarbeitenden ab. geber auftreten.» Welche Materialien und Farben kamen zum Einsatz? Unser Anspruch war es, die warme Atmosphäre eines Kaffeehauses im gesamten Büro umzusetzen. Welche Einflüsse haben mobiles Arbeiten und Schon beim Eintreten hat man nicht das Gefühl, Homeoffice auf die Büroeinrichtung? in einem Büro zu sein, sondern wird mit warmen, Von den Materialien her gleichen sich Wohn- sogar teilweise relativ dunklen Farben empfan- und Büroräume zwar immer mehr an. Das Zu gen. Sie bilden einen spannenden und inspirieren hause ist aber immer noch eher auf das Privat den Kontrast zur komplett verglasten Aussenfas leben fokussiert. Das Büro hingegen erfüllt sade des Büros. Beim Rundgang durch die Räume einen öffentlichen Zweck. Das Homeoffice wird sorgen unterschiedliche Farbakzente für Spannung das Büro nicht ersetzen, sondern eine praktische und Abwechslung, und kleine Nischen bieten Alternative bleiben. Ein Shared-Desk-Konzept dem Betrachter Einblick in die neusten technischen innerhalb von Büros sehe ich weniger zukunfts Geräte und Produkte. Das Erlebnis ist zentral und weisend. Die Realität zeigt, dass der Mensch ermöglicht den Mitarbeitenden, sich mit der Firma gewisse Routinen braucht und einen eigenen, in zu identifizieren. Hier darf man auf seinen Arbeits- dividuellen Arbeitsplatz bevorzugt. Ob sich ein ort stolz sein und schöpft Motivation und Energie. Mitarbeiter wertgeschätzt fühlt, wirkt sich meiner Selbst der Boardroom sieht nicht wie ein klassi Meinung stark auf das Klima und die Effizienz sches Sitzungszimmer für die Geschäftsleitung aus, aus. Ich vermute, dass geteilte Arbeitsplätze inner sondern widerspiegelt den Charakter eines ein halb eines Unternehmens eher weniger dazu ladenden Cafés. Die Tische lassen sich dynamisch beitragen. Mobiles Arbeiten in externen Co-Wor und flexibel verschieben. Eine Theke und Bar king-Spaces ist wiederum etwas anderes. 22 | 23 Forum | N°73 | 2021
APROPOS Sieben Tipps für mehr Energie im Leben Die Cafeteria im Herzen der Büro- landschaft erlaubt den offenen Blick zu den Arbeitsbereichen mit Tageslicht. 1 Wasser ist ein Lebenselixier. Der Mensch braucht täglich rund 2 Liter Flüssigkeit, damit der Organis- mus reibungslos funktioniert. 2 Eine ausgewogene Ernährung ist der Schlüssel zu mehr Dynamik und Energie. In Powerfood finden sich besonders viele wichtige Mineral- und Ballaststoffe sowie Vitamine. 3 Schlaf unterstützt die Regeneration des Körpers, das Gedächtnis und das Wohlbefinden. Lilarosso, das sind Sie und Ihre Unternehmenspartne- 4 rin Claudia Züst. Sind Sie sich bei Ihren Ideen immer Regelmässige Spaziergänge an der einig? Wo gibt es Differenzen, wo ergänzen Sie sich? frischen Luft sorgen für mehr Sauerstoff, Bei Lilarosso steht der gemeinsame Austausch im fördern die Entspannung und Zentrum. Claudia und ich haben das Unternehmen reduzieren Stress und Anspannung. zwar ins Leben gerufen, arbeiten aktuell aber zu viert im Team. Jede ist in alle Projekte involviert, und es ist nie nur eine Person, die ein Projekt 5 vorantreibt. Wir alle haben einen reichen Fundus Sportliche Aktivitäten bringen den an Ideen und Inspirationen. Je vielseitiger die Körper in Schwung und mobilisieren Perspektiven sind, desto stärker das Resultat. Wir die körpereigenen Abwehrkräfte. tauschen uns oft, unkompliziert und auf Augen- höhe aus und denken vernetzt. So wachsen unsere Projekte mit der Zeit. Als Quellen der Inspiration 6 dienen Reisen, Restaurant- und Barbesuche, Filme, Lachen setzt Glückshormone frei und ver Ausstellungen, Farben, Materialien und vieles mehr. sorgt die Körperzellen mit mehr Sauer stoff. Noch mehr Spass macht Lachen unter Worauf kann ein Büro heute getrost verzichten? Freunden und in der Familie. Auf uninspirierende Räume, die dem Austausch nicht förderlich sind. Auch Cubicals, wie wir sie aus älte- ren amerikanischen Filmen kennen, sind ein Auslauf 7 modell. Sie erschweren die Kommunikation und Pausen können Wunder wirken. Bereits ein verbreiten eine triste und anonyme Stimmung. Die Power Nap von 10 Minuten ist ein wahrer Zukunft setzt auf Identität und Zugehörigkeit. Energiebooster. Text Sarah Schumacher | Foto Vera Hartmann Weitere Bilder zum Artikel Weitere Informationen zu Lilarosso finden Sie auf alfred-mueller.ch/forum auf lilarosso.ch
ENERGIE-CHAKREN Die jahrtausendealte Chakra- Lehre beschäftigt sich mit unsichtbaren Energiezentren im menschlichen Körper. Bekannt sind vor allem die sieben Haupt- Chakren, die entlang der Wir- belsäule liegen und miteinander verbunden sind. Jedes Chakra ist einem bestimmten Körperbe- reich zugeordnet. Vereinfacht gesagt nehmen Chakren Energie von aussen auf und geben sie an das menschliche Energiesys- tem weiter. Sind Chakren blo- ckiert, behindert das den Energie fluss im Körper, was physische und psychische Probleme verur- sachen kann. Quelle: utopia.de Fakten und Faszinierendes Kurioses und Spannendes rund um Energie Körpergewicht, Intensität, Fitnesslevel, Geschlecht: Wie viele Kalorien eine Trainings- einheit verbrennt, hängt von vielen Faktoren Süsses ab. Natürlich auch von der Sportart selbst. Mit High Intensity Interval Training (HIIT) lassen Erwachen sich während einer 30-minütigen Trainingsein- heit durchschnittlich 350 bis 400 Kalorien verbrennen. Ebenfalls vorne liegt Schwimmen: Bis zu 350 Kalorien verbrennt man während Bei Energy Drinks ist einer halben Stunde Brustschwimmen. Beim der Name Programm: Kraulen können es sogar bis zu 500 Kalorien sein. Die süssen und mit Quellen: fitforfun.de, fitmacher.de Koffein angereicherten Bild: Getty Images Getränke versprechen, E die Leistungsfähigkeit IEN V RBRE zu steigern und die R N O Müdigkeit zu vertrei- L NE KA ben. Eine 250-Milli- N liter-Dose enthält rund 27,5 Gramm Zucker. Das sind neun Stück Würfelzucker. Quelle: Welt.de 24 | 25 Forum | N°73 | 2021
KOMPLEXES MINING Um Bitcoins zu schürfen, müssen Computer komplexe Rechenaufgaben lösen. Dabei verbrauchen sie Strom. Je höher der Kurs, desto begehrter die Kryptowäh- rung und umso höher der Stromverbrauch. Durch die Wertsteigerung ist das Mining so komplex geworden, dass es riesige Serverfarmen braucht, um die Rechen- leistung aufzubringen. Der jährliche Bitcoin-Strom verbrauch liegt bei etwa 127 Terawattstunden. Quellen: finanzen.ch, br.de Energiewunder Photosynthese Wie der Mensch brauchen auch Pflanzen Energie, um zu wachsen. Die Nahrung, die sie dafür benöti- gen, produzieren Pflanzen selbst. Bei diesem wichtigen Stoffwechselprozess, der Photosynthese, nutzen Pflanzen die Lichtenergie der Sonne, um Wasser aus dem Boden und Kohlendioxid aus der Luft in etwas Neues umzuwandeln: in Zucker und Stärke, sprich Kohlenhydrate. Eine entscheidende Komponente in diesem Prozess ist Chlorophyll, der Stoff, der die Blätter grün erscheinen lässt. Selbst Quellen: swr.de, energie-tipp.de Bild: Getty Images heilender «Energie ist in allen Dingen, Beton auch in der leichtesten Feder, wenn Die Kräfte der Selbstheilung machte sich der Mikrobio diese leise zur Erde sinkt!» loge Hendrik Marius Jonkers Gabriele Ende (*1950), von der Technischen Uni- deutsche Lyrikerin und Autorin versität Delft in den Nieder- landen zunutze. Er entwi- ckelte einen «Bio-Beton», der spannungsbedingte Ris- se selbständig schliessen Energiehungriges Internet kann. Dazu fügte Jonkers der Betonmischung Bakte riensporen hinzu. Die Sporen sind in kleinen Tonpellets Jede einzelne Google-Suchanfrage verbraucht eingekapselt, in denen sie 0,3 Wattstunden. 20-mal googeln hat einen ähnlichen bis zu 200 Jahre überleben. Energieverbrauch wie eine Energiesparlampe in Erst wenn im Beton Risse entstehen und Wasser ein- einer Stunde. Rund 80 Prozent des gesamten Strom- dringt, erwachen die Bak verbrauchs im Netz werden aber durch Video terien zum Leben. Sie ernäh- streaming verursacht. Die Energie, die beim Datenver- ren sich von Kalziumlaktat und produzieren als Abfall- kehr eines 10-minütigen Youtube-Videos verbraucht produkt Kalkstein, der die wird, reicht dazu aus, fünf Stunden lang ununterbro- Risse im Beton verschliesst. chen E-Mails mit Anhängen zu versenden. Quellen: ingenieur.de, architektenwelt.com Quellen: swrfernsehen.de, tagesspiegel.de
Kolumne Smarte Energie zu verstauen? Ich bin schon so weit, dass ich mich wei- gere, eine elektrische Zahnbürste zu benutzen – ich will keine zusätzliche Ladestation mehr in meinem Haushalt. Dann lieber Karies. Alles hat einen Akku, und dabei vergesse ich, regel- Das Handy ist unweigerlich mit dem mässig meine eigenen Batterien aufzuladen. Netflix begleitet einen bis unter die Bettdecke, und allzu oft Thema Energie verknüpft. Nik Hartmann erwache ich durch den Aufprall des Smartphones auf über Segen und Fluch des smarten meiner Stirn, es ist mir aus den Händen über meinem Kopf gefallen. Geräts und warum «unplugged» sinn- Manager treiben vor, zwischen und nach den Out- voll, aber kaum mehr realistisch ist. look-Einträgen Sport. Das habe ich nie verstanden. Warum quält sich der CEO eines Autoimporteurs noch stundenlang auf dem Fahrrad, rennt der Spitzenkoch an Aha, da war offensichtlich eine Premiere, und ich war seinem einzigen freien Tag über die Kleine Scheidegg? nicht eingeladen. Seit Minuten swipe ich mich durch die Ich weiss jetzt, warum (ich bin nun nämlich auch Mana- Storys meiner Instafreundinnen und -freunde. Alle waren ger): Man lädt beim Fettverbrennen Energie in den Tank. offenbar dort. Auf den Bildern der herausgeputzten Der Körper wird gefordert und der Geist befreit. Ein Menschen ist die Welt noch in Ordnung. Alle lächeln: Waldlauf nach 134 Calls wirkt bei mir Wunder: Er gibt #bestpartyever #friends #healthyfood. Bei mir hinge- mir Energie und ordnet die Gedanken. Und da sich mein gen sieht es anders aus. Habe ich um 11 Uhr nur noch Smartphone in 38 Minuten voll aufladen lässt, steht es 34 Prozent Akku, werde ich langsam nervös und suche mir nach der Dusche auch wieder voll geladen zur Ver- eine Steckdose. Es ist das eindeutige Zeichen dafür, fügung. Was natürlich gelogen ist, denn ich habe es bei dass ich bereits am Vormittag ungeheuerlich viel Ener- meinen Läufen ja immer dabei. Es zeichnet meine gelau- gie verbraucht habe, aber trotzdem nicht wirklich pro- fene Strecke und die Vitaldaten auf. duktiv gewesen sein muss. Die Ablenkung ist gross. In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts Nik Hartmann, 49, Meine Konzentrationsfähigkeit am Bildschirm mit funk- hat der Musiksender MTV einmal allen Instrumenten den Autor, Moderator und tionierendem Netz entspricht häufig der einer Blattlaus. Stecker gezogen und die Unplugged-Konzerte erfunden. TV-Produzent, wurde Ohne die Blattlaus beleidigen zu wollen. Wo war ich? Ich Das macht heute nicht mehr viel Sinn, seit selbst der durch diverse Sen- drehte mich offenbar wieder seit Stunden in der bekann- Staubsauger kein Kabel mehr benötigt. Ich weiss nicht, dungen beim Schwei- zer Fernsehen (SRF) ten Endlosschlaufe: Instagram, WhatsApp, Mail (und ob das nur mir so geht, aber der Wunsch, mich abzuka- bekannt. Seit No- dann wieder von vorn). beln, frei von allen Verbindungen und Vernetzungsop vember 2020 ist er Es ist ein Fluch, dieses Smartphone. Es ist der Heils- tionen zu sein, wird immer grösser. Ich habe mir fürs bei den nationalen bringer, der uns schneller Dinge kaufen lässt als je zuvor, Erste vorgenommen, zweimal täglich ohne Smartphone TV-Sendern von CH Media unter ande- der unsere Meinung an Gruppen verschickt, die grösser aufs WC zu gehen. Die Druckstellen meiner Ellenbogen rem verantwortlich sind, als eine durchschnittliche Schweizer Stadt Einwoh- auf den Knien drohten chronisch zu werden. Ich musste für «Sing meinen ner zählt, der das Kino und den Plattenladen ersetzt und handeln. Vielleicht schaffe ich es zeitnah auch, morgens Song – Das Schwei- der uns mit all den Erleichterungen ganz viel Zeit wieder zuerst aufzustehen und mich nicht gleich in der zer Tauschkonzert», oder er bereist schenkt. Energie ist Arbeit mal Zeit. Wenn also, rein phy- Smartphone-Endlosschleife zu verlieren. Auch nach der zusammen mit dem sikalisch, weniger Arbeit anfällt, braucht das weniger zwölften Überprüfung innert 90 Sekunden hat mir um Comedian Claudio Energie, oder wenn wir weniger Energie brauchen, 6.30 Uhr nämlich immer noch niemand eine Mitteilung Zuccolini in «Aben- haben wir mehr Zeit. Aber wir wissen alle: Vergiss dä! zugestellt. Okay, spannend ist natürlich schon die Frage, teuerlustig» die Welt. Ich war sowieso nie gut in Mathematik und verliess mich warum Kuno noch um 2.30 Uhr das letzte Mal online war Illustration schon immer auf meine Gefühle. (hat der Schlafprobleme, ein Puff zu Hause?). Es geht Kornel Stadler Ich spüre es: Ich müsste meinen Smartphonekon- auch anders. Die Digitalisierung hat uns in sämtlichen sum drastisch reduzieren. Ich habe mal Buch geführt, Lebensbereichen viel Erleichterung gebracht. Die um mir vor Augen zu führen, wie viel Zeit ich damit Geschwindigkeit, mit der man Dinge zu jeder Tages- und «verdubble», unnütze Apps aufzurufen, mich immer Nachtzeit erledigen kann, hilft uns, Energie für analoge latent neidisch (Aha, schon wieder Ferien) oder mit Dinge freimachen zu können. Emotionen lassen sich zynischen Gedanken (Oh, der hat aber zugenommen) nicht digitalisieren. Nie. Gefühle kann man nicht per Klick durch die Freundeaccounts auf den Socialmediakanälen bestellen. Sie geschehen und benötigen Zeit, damit sie zu quälen und dabei Energie zu verlieren: Ich kam mit entstehen. Und sie laden jeden Akku im Nu. Zählen nicht nach, hätte aber mit an Sicherheit grenzen- Um einen Text dieser Länge zu schreiben, benötige der Wahrscheinlichkeit in der aufgewendeten Zeit gera- ich übrigens normalerweise vier Tage und würde mich deso gut auch ein Studium in Atomphysik inklusive Dok- in diesen 96 Stunden während 94 Stunden im Dreieck torarbeit abschliessen können. Instagram, WhatsApp, Mail drehen. Ich schrieb diese Der Energieverbrauch bei uns wird bis 2050 etwa Kolumne voller Energie in vier Stunden im Flieger. 20 Prozent höher sein als heute. Diese Zahl habe ich Unplugged. kürzlich im Radio gehört. Mussten Sie auch bereits ein neues Möbel kaufen, um all die Netzteile und Ladegeräte Text Nik Hartmann | Illustration Jamie Aspinall 26 | 27 Forum | N°73 | 2021
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