Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD

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Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
Juni 2019
Das VPOD-Magazin erscheint 10-mal pro Jahr

Die Gewerkschaft
Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste

Berufliche Vorsorge in der Krise
Zweite Säule: Entsolidarisierung und Individualisierung greifen um sich
Wie geht es den öffentlichen Vorsorgeeinrichtungen?
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
Mit dem VPOD Krankenkassenprämien sparen
        Dank der Vereinbarung mit der                              Versicherte, welche bereits über eine die-
        Helsana-Gruppe profitieren VPOD-Mit-                       ser Marken der Helsana-Gruppe versichert
        glieder und ihre im gleichen Haushalt                      sind, können die bisherige Krankenversi-
        lebenden Familienangehörigen (Ehe-                         cherung neu in der Vereinbarung mit der
        partner/innen, Lebensgefährt/innen,                        gleichen Deckung weiterführen.
        Kinder sowie Eltern) von attraktiven
        Vergünstigungen und Vorteilen:                             Einzige Änderung neben der tieferen Prämie:
                                                                   Der VPOD ist für das Prämieninkasso zuständig.
        Vereinbarung für die Marken                                Versicherten ausserhalb der Helsana-Gruppe
                                                                   vermitteln wir gerne eine Beratung und/oder Offerte.
        Helsana und Progrès
                                                                                Kontakt und weitere Informationen:
        15% Vergünstigung auf den meisten                                       Zentralsekretariat VPOD
        Zusatzversicherungen dieser Marken                                      Postfach 8279
                                                                                8036 Zürich
                                                                                nicolas.wildi@vpod-ssp.ch
        Partnerschaft mit dem führenden
                                                                                Telefon 044 266 52 65
        Schweizer Krankenversicherer

Helsana_2017.indd 1                                                                                                         19.09.2017 11:19:12

                                                                                   Geflüchtete –
                                                          Bildung, Integration und Emanzipation

                                                                                                                  Fachtagung
                                                                        von VPOD und Solidarité sans frontières
 Die starke Gewerkschaft im Service public
                                                                                    Deutsch und Französisch

                                                                                                    Samstag, 7. September 2019
                                                                                                             8.30 bis 16.30 Uhr
                                                                                                      Campus Muristalden Bern

                                                                                   Für alle Menschen in der Schweiz ist Bildung sowohl ein
                                                                                   Grundrecht als auch ein Grundbedürfnis. Trotzdem bleibt
                                                                                   vielen der Zugang versperrt. Obwohl gerade für Geflüchtete
                                                                                   Bildung die Möglichkeit bietet, anzukommen und Fuss zu
                                                                                   fassen, mangelt es an Angeboten und guten Rahmenbedin-
                                                                                   gungen – Folgen mangelhafter öffentlicher Finanzierung.
                                                                                   Anhand von Inputreferaten, Diskussionen und Workshops
                                                                                   nehmen wir an der Tagung eine kritische Bestandesauf-
                                                                                   nahme vor und diskutieren Beispiele guter Praxis. Gemein-
                                                                                   sam erarbeiten wir Forderungen an die Politik. Ziel der
                                                                                   Tagung ist es auch, zum Aufbau einer Lobby beizutragen.
 Informationen:     www.vpod.ch/fachtagung-gefluechtete-bildung                                                Tagungsbeitrag 100 Franken
 Anmeldung:         online oder vpod@vpod-ssp.ch                                   (für VPOD-Mitglieder 50 Franken) inkl. Essen und Trinken
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
Editorial und Inhalt   |   VPOD

        Themen des Monats

5       Ein Ja zur AHV
        Keine Überraschung: Versüsste Steuersenkungsvorlage
        STAF gutgeheissen

6–7     Frauenstreik 2019: Wenn Frau will . . .
        Was läuft in den VPOD-Branchen?

8       Besserer Übergang                                                                Christoph Schlatter
                                                                          ist Redaktor des VPOD-Magazins
        Bundesrat ergreift Massnahmen gegen die Probleme der
        älteren Arbeitnehmenden

9       Schweiz auf schwarzer Liste                                 Ausgeixt
        100-Jahr-Jubiläum der ILO wird gross gefeiert –             Auf meiner Tastatur ist die X-Taste kaputt. Die Plastikkuppe hat sich
        aber von Peinlichkeit überschattet                          abgelöst, und obwohl Schorsch mit Leim helfend beisprang, liess sich
                                                                    das Ding nicht mehr befestigen. Seither sitzt das X lose; bei heftigem
11–16   Dossier: Krise der beruflichen Vorsorge                     Anschlag wird es gern durch die Gegend geschleudert, dann wird der
        Interview mit Urban Hodel, Geschäftsführer PK-Netz,         Schreibfluss unterbrochen, weil man das Plättli auf dem Teppich su-
        über die Probleme der beruflichen Vorsorge                  chen muss.
        5 Jahre nach der Verselbständigung: Die Situation der       Ich darf mich aber nicht beklagen. Es ist ja nur das X. Der französi-
        öffentlich-rechtlichen Pensionskassen                       sche Schriftsteller Georges Perec hat einen ganzen Roman völlig ohne
                                                                    den Buchstaben E geschrieben! «La disparation», 300 Seiten. Gibt’s
                                                                    auch auf Deutsch, auch ohne E: als «Anton Voyls Fortgang», über-
                                                                    setzt von Eugen Helmlé. Fängt so an: «Kardinal, Rabbi und Admiral,
                                                                    als Führungstrio null und nichtig und darum völlig abhängig vom
        Rubriken                                                    Ami-Trust, tat durch Radionachricht und Plakatanschlag kund, dass
                                                                    Nahrungsnot und damit Tod aufs Volk zukommt.»
4       Gewerkschaftsnachrichten                                    Kunst? Spielerei? Eine Art Sport wie Querfeldein oder Hürdenlauf,
                                                                    extra mit fiesen Erschwernissen? Die Tradition solcher Texte reicht
10      Aus den Regionen und Sektionen                              jedenfalls weit zurück. Im 18. Jahrhundert war’s eine Art Gesell-
                                                                    schaftsspiel, und Casanova schrieb angeblich (vermutlich nicht ohne
17      Sunil Mann: Knopfdruckgefühle (Teil 2)                      Hintergedanken) einer mit dem R-Laut hadernden Schauspielerin
                                                                    (Augen auf bei der Berufswahl) die Rolle um. Vielleicht die Julia, oh-
18      Wirtschaftslektion: Frauen liegen schon beim Start zurück   ne Lerrrche: «Willst du schon gehn? Es ist die Nachtigall, und nicht
                                                                    die Schnepfe . . .»
19      Wettbewerb: Naturfreundin                                   Wenn Franz Rittler schon 1813 den R-losen Roman «Die Zwillinge»
                                                                    zustande brachte («Die seligsten Empfindungen, welche gewöhnlich
20      VPOD aktuell                                                edle Handlungen zu lohnen pflegen, begleiteten die guten Eheleute
                                                                    ins Schlafgemach, wo auch ihnen bald eine süsse Müdigkeit die Augen
21      Hier half der VPOD: Nacht- und Nebelaktion                  schloss.»), dann werden wir doch wohl noch ein VPOD-Magazin ohne
                                                                    X schaffen. Es geht ja hier nicht unentwegt um Marx und um Sex. Und
22      Solidar Suisse: Gegen Gewalt                                schliesslich sind auch sonst inzwischen allerhand Ausdrucksmöglich-
                                                                    keiten versperrt, weil politisch Überkorrekte am Werk sind. Bei LGBT-
23      Menschen im VPOD: Sabina Bättig, Stationsleiterin Innere    QIAP+ einen Buchstaben unterschlagen? Ein Gendersternli zu wenig?
        Medizin/Palliative Care am Kantonsspital Olten              Flüchtlinge statt Geflüchtete geschrieben? Den Othello geschwärzt, die
                                                                    Madame Butterfly auf asiatisch geschminkt?
                                                                    Dabei bewirken derartige Regeln viel eher Ausschluss als Inklusion:
                                                                    Sie trennen in Eingeweihte und Aussenstehende und markieren jene
                                                                    als Deppen*, die nicht schnell genug mitschneiden, wenn wieder et-
                                                                    was neu auf dem Index ist.
        Redaktion /Administration:
        Postfach 8279, 8036 Zürich                                  Und warum hat’s jetzt das X erwischt auf meiner Tastatur? Ausge-
        Telefon 044 266 52 52, Telefax 044 266 52 53                rechnet diesen seltenen, um nicht zu sagen: diskriminierten Buchsta-
        Nr. 5, Juni 2019                                            ben? Ich weiss schon wieso: Das X dient in Kombination mit «Ctrl»
        E-Mail: redaktion@vpod-ssp.ch | www.vpod.ch                 zum Ausschneiden von Elementen. Das scheine ich in der Pra_is häu-
        Erscheint 10-mal pro Jahr                                   fig zu e_erzieren. Und mit ma_imaler Kraft.

                                                                                                                                Juni 2019 3
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
VPOD      | Gewerkschaftsnachrichten

                                                                        SBB: Schmutzzulage gerettet.

                                                                        Arbeitszeit: Deregulierung gebremst.

                                                                        80-Stunden-Wochen möglich gemacht hätten, werden sistiert. Bereits
                                                                        früher wurde das Vorhaben auf Eis gelegt, die Arbeitszeiterfassung
                                                                        für einen Drittel der Beschäftigten abzuschaffen. Anhörungen und
                                                                        Studien, die jetzt folgen sollen, werden die gesundheitlichen Auswir-
                                                                        kungen einer solchen Entgrenzung deutlich machen. Der SGB fand
                                                                        das Vorhaben von Beginn weg unnötig: In der Schweiz wird bereits
                                                                        heute zu viel gearbeitet, und das Schweizer Arbeitsrecht ist sehr fle-
                                                                        xibel. | sgb (Foto: slt)

                                                                        PostAuto sagt Frankreich Adieu
                                                                        Die Syndicom begrüsst den Rückzug von PostAuto aus ihrem Toch-
                                                                        tergeschäft in Frankreich (die Post will ihre Tochter CarPostal France
                                                                        an die Kreolis S.A. verkaufen, eine Tochtergesellschaft der Staatsbahn
                                                                        SNCF). Erfreulich: Das Unternehmen wird so seiner sozialen Verant-
                                                                        wortung vor Ort gerecht und kann sich gleichzeitig wieder vermehrt
                                                                        auf sein Kerngeschäft konzentrieren: den Service public im Schweizer
                                                                        Markt. Hier stehe PostAuto nach wie vor in der Pflicht, die offenen
                                                                        Baustellen anzugehen und eine nachhaltige Personalpolitik zu garan-
                                                                        tieren. Aus Sicht der Gewerkschaft geht es jetzt darum, die betriebli-
                                                                        che Mitwirkung der Arbeitnehmenden zu konkretisieren und auszu-
                                                                        bauen, die einen unverzichtbaren Bestandteil einer funktionierenden
Kontrollen bringen Verstösse ans Licht                                  Sozialpartnerschaft darstellt. | syndicom
Der Bericht zu den flankierenden Massnahmen zeigt: Wo kontrol-
liert wird, werden Verstösse aufgedeckt. In jedem vierten Schweizer     Schädliche Konzentration
Betrieb und in jedem fünften Entsendebetrieb finden sich Verstösse,     Eine in Aarau zentralisierte Mantelredaktion kostet bei CH Media
häufig zu tiefe Löhne oder Scheinselbständigkeit. Die ausländischen     weitere Stellen – ein Abbau von 200 insgesamt ist angekündigt. Jetzt
Betriebe halten sich zu 83 Prozent an die Aufforderung, die Löhne an-   wurden 5 Entlassungen und 20 Stellenstreichungen bekanntgegeben.
zupassen, die Schweizer Betriebe nur zu 51 Prozent. Der SGB betont      Die Konzentration – die Standorte Luzern und St. Gallen leiden be-
die Bedeutung der Flankierenden für den Lohnschutz: «Müsste die         sonders – geht aus Sicht der Syndicom auf Kosten der publizistischen
Schweiz aufgrund des Rahmenabkommens die Zahl der Kontrollen            Vielfalt. Die Gewerkschaft fordert weiterhin Einblick in den gesamten
reduzieren, hätte das gravierende Auswirkungen.» | sgb                  Abbauplan. | syndicom/slt

Temporär = prekär                                                       SBB: Schmutzzulage bleibt
Der SGB beklagt, dass das Phänomen Temporärarbeit in der Schweiz        Die SBB wollten den Beschäftigten der Zugreinigung die Arbeitser-
beunruhigende Ausmasse angenommen hat: Seit 1995 hat sich der           schwerniszulage – im Volksmund bekannt als «Schmutzzulage» – für
Anteil dieser potenziell prekären Beschäftigungsform auf 2,6 Pro-       das Reinigen von WCs und für das Ablaugen von Graffiti streichen.
zent verfünffacht. Diese Zunahme ist besorgniserregend, obwohl seit     Dank der Mobilisierung des betroffenen Personals, unterstützt durch
2012 ein GAV besteht. Temporäre sind gegenüber Festangestellten im      die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV, und dank der öffent-
Nachteil: Sie verdienen oft weniger, haben ein höheres Unfallrisiko     lichen Empörung konnte eine Lösung gefunden werden, jedenfalls
und weniger Entwicklungsmöglichkeiten im Job. Auch SGB-Präsi-           für das laufende Jahr. Der Arbeitgeber kann die Ansprüche offenbar
dent Pierre-Yves Maillard will die Temporärarbeit eindämmen. | sgb      aus technischen Gründen nicht mehr auf die einzelne Mitarbeiterin
                                                                        herunterbrechen. Daher wird 2019 bei den Zulagen auf die Vorjahre
Deregulierung abgebremst                                                abgestellt; alle bekommen so viel, wie sie im für sie besseren Jahr
Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) steht bei den          2017 oder 2018 an Zulagen erhalten haben. Für Neue gilt ein Durch-
vorgesehenen Verschlechterungen des Arbeitnehmerschutzes auf die        schnittswert. Wie die Zulage ab 2020 ausgerichtet wird, soll bis im
Bremse: Pläne zur Deregulierung der Arbeitszeiten, welche etwa die      September ausgehandelt sein. | slt (Foto: Keystone)

4 Juni 2019
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
Politik   |   VPOD

Keine Überraschung: Versüsste Steuersenkungsvorlage STAF gutgeheissen

Ein Ja zur AHV
Der VPOD bedauert den Ausgang der Volksabstimmung über die STAF-Vorlage. Den Ausschlag zum Ja gab
die Finanzspritze für die AHV. Der Kampf gegen kantonale Spar- und Abbaupakete geht weiter.
| Text: VPOD (Foto: Gortincoiel/Photocase.de)

«Es war die AHV, du Dummkopf»: So lässt            Die Versüssung mit
sich das Zweidrittel-Ja zur AHV-Steuervorlage         AHV-Milliarden
                                                    brachte die Steuer­
STAF erklären. Steuersenkungen, die noch
                                                      senkungsvorlage
vor einem Jahr Schiffbruch erlitten hatten,                  durch die
wurden mit den 2 Milliarden mehrheitsfähig         Volksabstimmung.
versüsst und über die Hürde der Volksab-
stimmung gelupft. Der VPOD war eine der
massgebenden Kräfte des Referendums und
hatte entscheidend zum Zustandekommen
der Unterschriften beigetragen.

Eine Armee von Goliaths
Die Zustimmung an der Urne erklärt sich für
den VPOD aus zwei Gründen. Das Ja-Lager
umfasste nicht nur alle Arbeitgeber- und
Wirtschaftsverbände, sondern auch fast al-
le politischen Parteien, dies unter aktivster
Unterstützung durch den Bundesrat. Die Be-
fürworterschaft konnte mindestens 100 Mal
höhere Mittel für das Referendum einsetzen.
Eine flächendeckende Ja-Kampagne mit un-
zähligen Plakaten, Inseraten, Videobotschaf-       verankert ist. Dies wiederum gibt dem VPOD         Die STAF-Vorlage bringt für die AHV eine
ten und Online-Werbung überzog das Land.           Mut für den Kampf gegen die angekündigten          längst fällige und fast unumstrittene Zusatz-
Selten gab es in einer Abstimmungskampag-          Verschlechterungen, die in der Neuauflage          finanzierung. Auf der anderen Seite wer-
ne ein ähnlich krasses Ungleichgewicht der         der Altersreform zu erwarten sind, wie sie der     den jetzt allerdings Milliardengeschenke an
eingesetzten Mittel. Es war ein Kampf Davids       Bundesrat im Herbst präsentieren will. Dort        Grosskonzerne und Aktionärinnen und Akti-
gegen eine Armee von Goliaths.                     ist unter anderem erneut eine Erhöhung des         onäre verteilt. Die grosse Mehrheit der Bevöl-
Zweiter und Hauptgrund war aber die Koppe-         Frauenrentenalters vorgesehen. «Wir werden         kerung bekommt nichts und kann sich auf
lung mit der AHV-Finanzierung. Dass diese          Verschlechterungen in der Altersvorsorge ent-      neue Spar- und Abbaupakete gefasst machen.
Verknüpfung so gut funktionieren konnte,           schieden bekämpfen», sagt VPOD-Präsiden-           Stefan Giger, VPOD-Generalsekretär, kündigt
zeigt auf, wie fest die AHV in der Bevölkerung     tin Katharina Prelicz-Huber.                       Widerstand an: «Der VPOD wird in den kom-
                                                                                                      menden Auseinandersetzungen die Leistun-
                                                                                                      gen des Service public und die Anstellungs-
Wegweisende Entscheide                                                                                bedingungen des Personals verteidigen.»
Dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger          sind ähnliche Kürzungsvorhaben in der Pipe-
des Kantons Bern massive Kürzungen in der          line. – Hoffnungsfroh stimmt, dass im Kanton       Ein Ja zu Europa
Sozialhilfe verworfen haben, ist aus VPOD-Sicht    Solothurn eine kantonale Unternehmenssteuer-       Erfreulich ist für den VPOD die sehr deutli-
erfreulich. Es war befürchtet worden, dass ein     reform verworfen wurde, die eine Senkung der       che Zustimmung zum neuen Waffenrecht.
eigentlicher Dammbruch stattfinden könnte,         Sätze von 21 auf 13 Prozent und damit Steuer-      Und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen
wenn der erste Kanton sich von den SKOS-Richt-     ausfälle in der Grössenordnung von 90 Millionen    wird damit die Sicherheit im öffentlichen
linien verabschiedet. Jetzt ist das Schlimmste     Franken jährlich gebracht hätte. In Genf wurde     Raum verbessert; davon profitieren auch die
einstweilen verhindert (allerdings wurde der       eine mit sozialen Wohltaten versüsste Senkung      Beschäftigten im Service public, die Sozial-
Volksvorschlag, der eine Erleichterung für älte-   der Unternehmenssteuern dagegen gutgeheis-         arbeiterin oder der Buschauffeur, die häufig
re Sozialhilfebeziehende gebracht hätte, eben-     sen. Das baselstädtische Stimmvolk entschied,      mit Gewalt oder Gewaltdrohung konfrontiert
falls abgelehnt). Ausruhen kann sich der VPOD      die Steuern für Topverdienende anzuheben –         sind. Und zweitens ist das Ja auch ein Votum
nicht: In Kantonen wie Aargau und Baselland        auch das entspricht der Politik des VPOD. | vpod   für Europa, das klarste seit längerer Zeit.

                                                                                                                                         Juni 2019 5
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
VPOD      | Frauenstreik

Was läuft in den VPOD-Branchen?

Wenn Frau will . . .
Frauenstreik konkret: Was läuft am 14. Juni in den VPOD-Branchen? Und welche Ziele verfolgen die Aktivistinnen in
ihrem Bereich? Versuch einer Übersicht . . . | Text: Natascha Wey, VPOD-Zentralsekretärin (Foto: Annette Boutellier)

Sehr aktiv werden am 14. Juni der Kinderbe-      bis Oberstufe wird an verschiedenen Orten       Personal und bessere Betreuungsschlüssel.
treuungs- und der Bildungsbereich sein: In       gestreikt. Teilweise übernehmen männliche       Auch in Basel und im Aargau werden ver-
Bern etwa wollen die Betreuerinnen in meh-       Lehrkräfte den Schulunterricht, oder Klassen    schiedene Einrichtungen am Nachmittag
reren Tagesschulen streiken, ihre Schichten      werden zusammengelegt. Der VPOD Zürich          ihre Tore schliessen, um auf die Unterfinan-
werden von Männern aus anderen Tages-            hat ein Streikpaket entworfen, das Streikko-    zierung und die fehlende Wertschätzung im
schulen übernommen. Diese Frauen haben           mitee Bildung der Region Zürich ruft zur        Bereich der Kinderbetreuung aufmerksam zu
sich aufgrund des VPOD-Online-Aufrufs ge-        Teilnahme am Streik auf und hat einen offe-     machen.
meldet und sich zu einer aktiven Gruppe zu-      nen Brief an die Bildungsdirektion verfasst.    Auch das Gesundheitswesen ist in Bewe-
sammengeschlossen. Ihre Hauptforderung:                                                          gung. In mehreren Spitälern sind Protest-
Lohntransparenz! Es soll erkennbar sein, wer     Feierabend um 15.24 Uhr                         pausen geplant, Streikcafés werden eröffnet.
wie eingestuft wird und wie die jährlichen       Ähnlich argumentieren die Fachpersonen          Einiges wird allerdings erst am Tag selber
Lohnerhöhungen verteilt werden. Zudem            aus den Zürcher Kitas und Horten, die sich      kommuniziert. Sicher ist, dass die Frauen in
stimmen die Löhne insgesamt nicht mit der        zu einem grossen Treffen in der Bäckeranla-     der Psychiatrie Münsingen streiken werden.
Verantwortung überein, welche die Beschäf-       ge versammeln werden. An vielen Orten in        Dort übernehmen ebenfalls Männer ihre
tigten in dieser Branche tragen. Es braucht      Zürich werden am Nachmittag die Kitas und       Schichten. Sie werden gut sichtbare Solidari-
eine Aufwertung der Betreuungsarbeit. Dafür      Horte geschlossen; für Kinder, welche nicht     täts-Aufkleber tragen mit der Aufschrift «Ich
gibt es auch in Basel und in Zürich Streiks      früher abgeholt werden können, wird ein Mi-     arbeite, damit meine Kollegin streiken kann».
in der schulergänzenden Kinderbetreuung.         nimaldienst aufrechterhalten. Um 15.24 Uhr      Im Demenzzentrum Schönberg ist ein Aus-
Natürlich ist auch dort überall dafür gesorgt,   wird in der Bäckeranlage Zvieri gegessen. Die   flug geplant – mitsamt den Patientinnen geht
dass die Kinder nicht unbetreut bleiben.         Betreuerinnen fordern eine bessere Finan-       es zu einem Streiktreffpunkt.
Bei den Lehrpersonen in Zürich ist eben-         zierung durch die öffentliche Hand, bessere     Der VPOD hat sich auch mit Briefen an die
falls vieles in Bewegung. Von Primarschule       Rahmen- und Arbeitsbedingungen für das          Gesundheitsdirektionen und verschiedenen

6 Juni 2019
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
Frauenstreik      |   VPOD

Spitalleitungen gewandt, um nachzufragen,        sind Frühpensionierungsmöglichkeiten ab         Hochschulmitarbeiterinnen, Verwaltungs-
welche Gleichstellungsmassnahmen für die         60 ohne Rentenkürzung zu schaffen.              angestellte, Lehrpersonen. Dabei geht auch
besonders belasteten Berufe der Pflege und                                                       uns der Überblick fast ein wenig verloren . . .
Betreuung geplant sind. Klar ist: Es braucht     Schickt Bilder!                                 Wir sind also selber sehr gespannt, was am
mehr Wertschätzung, die sich durchaus auch       Täglich erreichen uns weitere Mails mit Infos   14. Juni alles abgehen wird. Schickt uns auf
in Geldwert ausdrücken muss. Es braucht ge-      von Frauen, die in ihrem Betrieb eine Aktion    jeden Fall eure Infos und Bilder, damit wir
zielte Massnahmen für eine bessere Verein-       oder einen Streik planen: Hebammenschü-         daran teilnehmen und darüber online und im
barkeit von Beruf und Familie. Ausserdem         lerinnen, Spitexfrauen, Bibliothekarinnen,      nächsten Magazin berichten können!

Lohn, Zeit, Respekt: Auf zum Frauenstreik!
Kanton Aargau                        10.30 Uhr Kinderwagenumzug          Weckruf (bringt                                   vität en für alle,
Aarau. 11 Uhr Rathaus Verkün-        zum Bundesplatz (Treffpunkt         Kissen). Ab 12 Uhr                                Reden. Ab 15 Uhr
dung Manifest, bis 15.30 Uhr         Bär*innengraben). 11 Uhr Lärm       Streik*küche. 15.24                               treffen die Frauen*
Reden, Präsentationen, Bas-          gegen Gewalt an Frauen* (Treff-     Uhr Fairer Feier-                                 aus Olten und Gren-
teln, Streik*zmittag. 15.30 Uhr      punkt Aarberggasse). 11–23 Uhr      abend.                                            chen ein. 15.24 Uhr
Schlossplatz Sitzstreik, Glocken-    Grosse Schanze Reden, Musik                                                           Auftakt mit Pfeifen,
geläut. 17.15 Uhr Demoumzug          und Poetry Slam. 15 Uhr Kleine      Kanton                                            Pfannendeckeln
ab Schlossplatz, 18 Uhr Kundge-      Schanze Picknick (selber mitbrin-   ­Schaffhausen                                     und dergleichen.
bung, ab 19 Uhr Musik, Essen,        gen). 15–17 Uhr Programm auf        Schaff hausen. Ab                                 Singen. 17.30 Uhr
Trinken.                             dem Bundesplatz. 16 Uhr Heilig-     10.30 Uhr Fron-                                   Kreuzackerplatz Ab­
Bad Zurzach. 11–15.30 Uhr            geistkirche Frauen*kirchenstreik.   wagplatz. 12 Uhr                                  schlussrede.
Streik*zmittag, Musik, Spiele,       17.30 Uhr Demo. 18.30 Uhr           Rede Nella Ma-
Manifest, Kinderbetreuung.           Kundgebung. Weitere Aktionen        rin (VPOD). 13 Uhr Rhybadi          Kanton St.Gallen
Baden. 7.30 Uhr Ref. Kirch-          in den Quartieren.                  Equal-Pay-Schwumm (mit dem          St. Gallen. 11 Uhr Marktgasse
gemeindehaus Sonnengrüs-             Kehrsatz. 10 Uhr Blumenhof          Pussyhat das Mannehägli hi-         Startaktion. 11–19 Uhr Zelt, Bar,
se. 10 Uhr Sternmarsch aus           Streik*treffpunkt. 13.30 Uhr Um-    nunterschwimmen). 14 Uhr            Essen, Programm. Ab 14.51
den Quartieren. 11 Uhr Stadt-        zug durchs Dorf.                    Fronwagplatz T heater zum           Marsch zum Marktplatz/Vadian-
haus Übergabe Manifest. 12           Köniz. 9–11 Uhr Heitere Fahne       Frauen*streiktag. 14.45 Uhr Rede    platz. 15.24 Uhr Beginn Kundge-
Uhr Ref. Kirchgemeindehaus           Wabern Brunch, danach gemein-       Doris Schüepp (VPOD). 15.15 Uhr     bung.
Streik*zmittag.                      sam nach Bern. 9–11.30 Uhr Lie-     Rede Susi Stühlinger (AL, ehem.
Brugg. 11.30–15 Uhr Neumarkt-        befeldpark Streik*picknick.         VPOD-Kolumnistin). 15.40 Uhr        Kanton Thurgau
platz und Odeon Männer kochen        Langenthal. 11–15 Uhr Marktgasse    Demo durch die Altstadt zum         Frauenfeld. 12 Uhr vor Regie-
Streik*suppe. Musik, Rede, Mani-     Reden, Unterhaltung und Ver-        Mosergarten, dort Info- und Ver-    rungsgebäude Übergabe der
festverlesung.                       pflegung, danach gemeinsam          pflegungsstände, Spiele, Singen,    Botschaften an Regierungsrat.
Lenzburg. 11–14 Uhr Metzgplatz       nach Bern.                          Austausch, Aktion.                  Marsch zum Bahnhof. 13.12 Uhr
Streikzmittag, Spaziergang, Mu-      Neuenegg. 6.45 Uhr Dorfplatz                                            Abfahrt nach Weinfelden.
sik, Aktivitäten.                    Trottoirkaffee. Tassen und Klapp-   Kanton Schwyz                       Weinfelden. 13.30 Uhr Marktplatz
Rheinfelden. 13.30–18 Uhr Markt-     stühle mitbringen.                  Ibach. 16.30 Uhr Verenasaal Frau-   Treffpunkt. 14.05 Abfahrt nach
gasse und beim Rathaus Mani-         Wohlen bei Bern. 14 Uhr Kipfer-     enparlament und Übergabe For-       St.Gallen.
fest, Kaffeepause, Tanz, Film,       haus Hinterkappelen Besamm-         derungskatalog an Regierungsrat.
Lesung (ohne Essen!).                lung mit Apéro. 16 Uhr Postauto     17.30 Uhr Tischmesse mit kant.      Kanton Wallis
Rudolfstetten. 11–15.30 Uhr Pfar-    zum Bundesplatz.                    Frauenorganisationen. 18 Uhr        Brig. Programm folgt.
reizentrum Streik*kafi. Glocken-                                         Frauenbier und Abendessen. 19–
geläut.                              Kanton Glarus                       24 Uhr Frauen*fest mit Live-Acts.   Kanton Zürich
Wittnau. 11–14 Uhr Gemeinde-         Glarus. 11 Uhr Volksgarten Mu-      Schwyz. Ab 11 Uhr I de Fabrik       Zürich. Ab 12 Uhr wird der Helve-
haus Streik*zmittag, Wähen tei-      sikalischer Empfang. 12 Uhr         Streik*suppe. 13.15 Uhr «Em-        tiaplatz bespielt und bestreikt. Ab
len, Sitzstreik, offenes Mikrofon,   Reden: Zita Küng u. a. 13.30 Uhr    brace» (Film). Ab 15 Uhr Be-        15 Uhr Bühnenprogramm (Re-
Diskussion Manifest.                 Übergabe der Forderungen an         sammlung Hauptplatz. 15.30 Uhr      den, Musik, Streik*lieder usw.).
Wohlen. 10–16 Uhr Bleichi            den Regierungsrat.                  Kundgebung. 15.45 Uhr Gemein-       16.30 Uhr Spaziergang zum
Streik*zmittag, Reden u. v. m.                                           samer Marsch nach Schwyz.           Hauptbahnhof. 17 Uhr Haupt-
Zof ingen. 11–15 Uhr Markthalle      Kanton Graubünden                                                       bahnhof Demonstration zum
Streikprogramm und Risotto.          Chur. 10–20 Uhr Alexanderplatz      Kanton Solothurn                    Helvetiaplatz. Ab 18 Uhr Helve-
                                     Verpflegung, Musik und Stras-       Grenchen. 10–15 Uhr Märet           tiaplatz Reden, Konzerte, Aktio-
Kanton Basel-Stadt                   sentheater. 15.30 Uhr Kornplatz     Frauen*streikstand. 14 Uhr Ab-      nen.
Basel. 11 Uhr dezentrale Aktio-      Start Frauenpower-Marsch. 17        fahrt nach Solothurn.               Stadelhoferplatz Gemeinsame
nen. 15.24 Uhr Arbeitsniederle-      Uhr Alexanderplatz Aktionsstun-     Olten. Ab 11 Uhr Kirchgasse Pin-    Aktion von Autorinnen und
gung, Besammlung Theaterplatz.       de.                                 kes Risotto oder eigenes Picknick   Buchhändlerinnen, Protestpause,
17 Uhr Demo ab Theaterplatz.         Domat-Ems. 11.45 Uhr Sentupada      (Geschirr mitbringen). Offenes      Kurzlesungen, musikalische Akti-
19 Uhr Afterparty im Humbug.         Frauen*zmittag auf dem Dorf-        Mikrofon, Aktivitäten für alle.     on «Der literarische Kanon».
                                     platz, anschliessend gemeinsam      13 Uhr Frauen*kraftlieder singen    Klitoriswanderung ab Hardbrü-
Kanton Bern                          nach Chur.                          mit Claudia Böni Glatz. 15.02 Uhr   cke.
Bern. 9 Uhr Innenstadt Stern-                                            Abfahrt nach Solothurn.             8 Uhr Bucheggplatz Wir menst-
marsch der Berner Kulturins-         Kanton Luzern                       Solothurn. Ab 11 Uhr Kreuz­         ruieren auf das Patriarchat (Akti-
titutionen. 9 Uhr Mittelstrasse      Luzern. Ab 10 Uhr Besammlung        ackerplatz Chaosbuffet (Essen       on mit Kreide von aktivistin.ch)
43 Streik*zmorge. 9–14.30 Uhr        auf dem Theaterplatz (liegt be-     und Geschirr mitbringen). Sieb-
Bundesplatz Aktion Weltentuch.       quem, bringt Kissen). 11 Uhr        druck, offenes Mikrofon, Akti-      Alles aktuell unter www.14juni.ch

                                                                                                                                     Juni 2019 7
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
VPOD      | Arbeitsmarkt

Bundesrat ergreift Massnahmen gegen die Probleme der älteren Arbeitnehmenden

Besserer Übergang
Der SGB und der VPOD anerkennen: Wichtige Fortschritte für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat der
Bundesrat jetzt auf den Weg gebracht. Ein Teil der Massnahmen ist aber zu zaghaft.
| Text: SGB und VPOD (Foto: wichianduangsri/iStock)

Von den neuen Massnahmen des Bundes-
rates stösst namentlich die Überbrückungs-
rente auf den Beifall der Gewerkschaften:
Sie gibt älteren ausgesteuerten Arbeitslosen
neu eine gewisse Sicherheit und verhin-
dert deren Abgleiten in die Sozialhilfe. Und
sie sorgt dafür, dass die Betroffenen nicht
schon vor dem ordentlichen Rentenalter auf
ihre Altersvorsorgeguthaben zurückgreifen
müssen.
Der SGB bedauert allerdings, dass diese
Massnahme erst ab 60 und nicht bereits ab
58 Jahren gilt und dass der Bundesrat beim
Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmen-
de keine Verbesserungen vorschlägt. Immer-
hin: Die Überbrückungsrente trägt dazu bei,
dass weniger Menschen in der Sozialhilfe
landen, die dort nicht hinpassen, weil für sie
die Wiederintegration ins Erwerbsleben nur                                                  Eine Brücke – hier die goldene Brücke von Đà Nẵng, Vietnam –
noch theoretischer Natur ist.                                                                               will der Bundesrat älteren Beschäftigten bauen.

Richtige Richtung                                 von Aus- und Weiterbildungen, Impulspro-           2024 befristete Paket gehört in den Kontext
Weitere Massnahmen im Bereich der Ver-            gramm, Ausbau der RAV-Beratung, besserer           der Stärkung des inländischen Arbeitskräf-
mittlung und der Aus- und Weiterbildung           Zugang zu Bildungs- und Beschäftigungs-            tepotenzials und ist damit auch ein Stück
gehen, wenn auch zu zaghaft, in die richtige      massnahmen für Ausgesteuerte.                      Europapolitik. Die Massnahmen kosten rund
Richtung, die auch von der VPOD-Verbands-         Wie der Bundesrat bekanntgibt, lassen sich         300 Millionen Franken. Der SGB ergänzt
kommission Sozialbereich skizziert wurde:         die Massnahmen – mit Ausnahme der Über-            sein Communiqué um die Feststellung, dass
kostenlose Standortbestimmung, Potenzial-         brückungsrente – ohne Gesetzesänderung             das Rahmenabkommen trotz dieses sozialpo-
analyse und Laufbahnberatung für Arbeit-          realisieren (zur Überbrückungsleistung gibt        litischen Entgegenkommens weiterhin abge-
nehmende ab 40, konsequente Anrechnung            es eine Vernehmlassung). Das gesamte, bis          lehnt wird.

Gutachten belegt: Arbeitsgesetz gilt auch im Privathaushalt
Im Auftrag des VPOD hat der Basler Rechtspro-     Seit Jahren kämpft der VPOD mit seinem Netz-       sozialer Isolation führt. Tägliche verbindliche
fessor Kurt Pärli die Frage nach der Anwend-      werk Respekt für würdige Arbeitsbedingungen        Ruhezeiten ohne Rufbereitschaft und eine faire
barkeit des Arbeitsgesetzes auf Arbeitstätig-     in der Betagtenbetreuung in Privathaushalten.      Entlöhnung der Arbeits- und Präsenzzeiten sind
keiten in Privathaushalten begutachtet. Sein      24-Stunden-Betreuung ist hochproblematisch,        für würdige Arbeitsbedingungen elementar. Laut
Fazit: Personalverleiher, die Arbeitnehmende      weil sie die Betreuenden zeitlich und damit auch   Kurt Pärli müssen sich Personalverleiher, die Ar-
in Privathaushalte schicken, müssen sich an das   körperlich und psychisch überbeansprucht. Typi-    beitnehmende in Privathaushalte vermitteln, an
Arbeitsgesetz halten.                             scherweise sind die Betreuerinnen – häufig aus     das Arbeitsgesetz halten. Dies würde verbindli-
Der Grossteil der Arbeitsverhältnisse in der      Ostmittel- oder Osteuropa stammende Frauen –       che Ruhe- und Höchstarbeitszeiten bedeuten.
24-Stunden-Betagtenbetreuung verletzt also        mehrere Wochen lang rund um die Uhr für die        Der VPOD ist erfreut, dass nun auch rechtlich be-
das Arbeitsgesetz. Auch das Nachrichtenmaga-      betagten Menschen im Einsatz. Während dieser       stätigt wird, was er seit Jahren einfordert. Das
zin «10 vor 10» berichtete jüngst über die ver-   Zeit werden ihnen in der Regel lediglich 4 bis     Gutachten hat Signalwirkung und bringt bessere
breiteten Missstände.                             5 Stunden Freizeit pro Woche gewährt, was zu       Arbeitsbedingungen in Griffnähe! | vpod

8 Juni 2019
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
Arbeitsrecht       |   VPOD

100-Jahr-Jubiläum der ILO wird gross gefeiert – aber von Peinlichkeit überschattet

Schweiz auf schwarzer Liste
Die älteste UNO-Organisation, die ILO (International Labour Organisation) wird 100. Die Schweiz als
Erstunterzeichnerin und Gaststaat feiert mit (siehe Kasten). Und gerät selber auf eine schwarze Liste mit Ländern
wie Weissrussland und Sierra Leone. | Text: Luca Cirigliano, SGB-Zentralsekretär (Briefmarke: Schweizerische Post)

100 Jahre Völkerrecht für die Arbeitnehmen-        zu ändern, weil die dortige                                           wie Sierra Leone, Tadschikis-
den: Die Internationale Arbeitsorganisation        Bestimmung der ILO-Kon-                                               tan und Weissrussland befin-
ILO (oder IAO) feiert dieses Jahr Geburts-         vention 98 nicht entspricht.                                          det, ist aus der Sicht des SGB
tag. Die Schweiz war bei der Gründung nach         Die heute maximal möglichen                                           eine Blamage. Bundesrat und
dem Ersten Weltkrieg mit dabei. Und sie ist        mickrigen 6 Monatslöhne an                                            Parlament sind aufgefordert,
Gaststaat, denn die ILO hat ihren Sitz in Genf     Entschädigung reichen nicht                                           nun rasch Abhilfe zu schaf-
und ist dort die grösste UN-Arbeitgeberin der      für einen effektiven Schutz                                           fen. Die Vorlage des Bun-
Stadt. Die Schweiz bewirbt sich dieses Jahr        der Arbeitnehmenden aus. In                                           desrats zu Whistleblowing
um das Präsidium der Arbeitskonferenz,             der Realität sind es oft nur 2                                        bringt, wie auch eine ILO-
wo es um sehr viel gehen wird. Kurz: Die           bis 3 Monatslöhne, die grösse-                                        Vertreterin der Rechtskom-
Schweiz engagiert sich stark im Rahmen des         re Firmen aus der Portokasse                                          mission des Nationalrats er-
Jubiläums (siehe Kasten).                          zahlen können. Die ILO verlangte damals, die          läuterte, keine Verbesserung, im Gegenteil.
                                                   maximale Entschädigung auf 12 Monatslöh-              Die Kommission nimmt diese Einschätzung
Aus der Portokasse                                 ne anzuheben und für extreme Fälle auch die           ernst und will die Vorlage nun versenken,
Umso wichtiger ist es, dass die Schweiz das        Wiedereinstellung vorzusehen.                         was erfreulich ist.
Völkerrecht, die Grundrechte, welche von der       Nichts geschah. Jetzt, kurz vor dem Jubilä-           Der Handlungsbedarf aber bleibt. Es darf
ILO statuiert werden, auch umsetzt. Das ist        um, ist die Schweiz auf die schwarze Liste            nicht sein, dass die Schweiz von ihr ratifizier-
bis heute nicht der Fall – im Gegenteil: Die       mit den 40 bedenklichsten Fällen von Verlet-          te Menschenrechte und ILO-Empfehlungen
ILO hat die Schweiz bereits 2004 aufgefor-         zungen der ILO-Konventionen gesetzt wor-              jahrzehntelang ignoriert. Höchste Zeit für
dert, den Schutz vor missbräuchlicher Kün-         den. Dass die Schweiz auf diese Liste geraten         Bundesrat und Parlament, über die Bücher
digung in Art. 336a des Obligationenrechts         ist, wo sie sich in Gesellschaft von Ländern          zu gehen.

Bäume und Briefmarken
Mit einem feierlichen Akt im Beisein der Sozial-   heiten der ILO in Auftrag gegeben worden ist.         Uber, die ihr Businesss-Modell und ihre astro-
partner hat die Schweiz im Mai der ILO ihr of-     Deren Fazit: Es braucht mehr Rechte für Arbeit-       nomischen Gewinnversprechen nur einhalten
fizielles Jubiläumsgeschenk übergeben: einen       nehmende und einen stärkeren Kampf gegen              können, wenn sie Arbeitnehmende nicht ver-
Platz mit Bäumen. Letztere symbolisieren den       die digitale Schwarzarbeit. Arbeitgeber wie           sichern, haben keine Zukunft. | sgb (Foto: sgb)
Schutz, der in Zeiten von Globalisierung und
Digitalisierung so wichtig ist wie eh und je. Am                       Feiern 100 Jahre ILO (von links): Luca Cirigliano (SGB), Alessandro Pelizzari (Gewerk-
Festakt anwesend waren unter anderen auch                              schaftsbund Genf), Adrian Wüthrich (Travail Suisse), Antonio Guterres (UNO-General-
                                                                            sekretär), Pierre-Yves Maillard (SGB-Präsident), Guy Ryder (ILO-Generaldirektor).
der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, der
ILO-Generaldirektor Guy Ryder sowie der neue
Präsident des SGB, Pierre-Yves Maillard.
Die Schweiz schenkt aber nicht nur die Piazza,
sondern auch eine Jubiläumsbriefmarke der
Schweizerischen Post (Bild oben). Das Post-
wertzeichen stellt den Tripartismus dar, also
die gleichberechtigte Zusammenarbeit von
Gewerkschaften, Arbeitgebern und staatlichen
Organen bei der Gestaltung der Arbeitswelt.
Um Tripartismus geht es auch in einer Studie,
welche von der Schweiz und der Eidgenössi-
schen Tripartiten Kommission für Angelegen-

                                                                                                                                                Juni 2019 9
Berufliche Vorsorge in der Krise - Die Gewerkschaft - VPOD
VPOD      | Aus   den Regionen und Sektionen

                                                                         Von St. Gallen lernen? Elektronische Steuererklärung.

                                                                         Von Zürich lernen? Umkleidezeit ist Arbeitszeit.

                                                                         In Zürich wird Umkleidezeit Arbeitszeit . . .
                                                                         Die Forderung des VPOD, dass Umkleidezeit in den Spitälern end-
                                                                         lich als Arbeitszeit angerechnet wird, setzt sich zunehmend durch.
                                                                         Am Universitätsspital Zürich (USZ) hat der VPOD bisher für 100 An-
                                                                         gestellte Lohnforderungen für die letzten 5 Jahre erhoben. Das USZ
                                                                         hat derweil einen Vorschlag gemacht, wie eine Regelung ab 1. Januar
                                                                         2019 aussehen könnte. Eine Mitgliederumfrage wird Aufschluss ge-
                                                                         ben, in welcher Form der VPOD darauf eintritt. Das Kantonsspital
                                                                         Winterthur dürfte seine Praxis mit dem USZ koordinieren. Weniger
                                                                         rasch geht es bei den Regionalspitälern Limmattal und Bülach, die
                                                                         sich vorerst taub stellen. Bei den Umkleidezeiten fällt häufig, zumal
                                                                         in weitläufigen Anlagen, auch die interne Wegzeit stark ins Gewicht,
                                                                         die bisher ebenfalls nicht angerechnet wurde. | vpod

                                                                         . . . in St. Gallen noch nicht
                                                                         In St. Gallen zeigt sich die Regierung nicht bereit, auf das Thema
                                                                         «Umkleidezeit ist Arbeitszeit» einzutreten, das von Kantonsrätin und
                                                                         VPOD-Kollegin Monika Simmler (SP) auf den Tisch gebracht wurde.
                                                                         Es sei «keine gelebte Praxis», begründet die Regierung ihre Antwort.
Schaffhausen: Steuern nicht privat scannen                               Sie gibt damit offen zu, dass sie das Arbeitsgesetz eher als nette Emp-
Auch im Kanton Schaffhausen soll man künftig die Steuererklärung         fehlung denn als zwingende Bestimmung auffasst. Auch der Pflege-
elektronisch abgeben können. Das ist Service public und gut so. We-      verband SBK stärkt peinlicherweise der Arbeitgeberseite den Rücken:
niger gut war die Idee, die Umsetzung mit gewinnorientierten Privat-     Die Forderung sei kurzfristig und isoliert. Kurzfristig? Die St. Galler
unternehmen zu planen. Das Scanning der Akten (das nötig ist, weil       Spitäler sind seit 2002 dem Arbeitsgesetz unterstellt . . . Der VPOD
viele Steuerpflichtige trotzdem noch Papier abgeben) war ausgeschrie-    wird sich auch im Kanton St. Gallen für eine gesetzeskonforme Lö-
ben worden, nachdem eine erste Einschätzung vom Aufbau eines kan-        sung einsetzen. | vpod (Foto: Vladimir Zapletin/iStock)
tonalen Scanningcenters abgeraten hatte. Der VPOD hat umgehend
protestiert: Es handelt sich um eine hoheitliche und äusserst sensible   Basel: Kein Fortschritt in Praktikumsfrage
Aufgabe, die nicht in die Hände von Privaten gehört. Schon gar nicht     In Basel gibt es zwar ein neues Kita-Gesetz, aber in der Frage der
in die Hände einer Branche, aus der Temporäranstellungen und Ar-         Praktikantinnen bleibt alles beim Alten. Einmal mehr zeigt sich, dass
beit auf Abruf bekannt sind. Wenn Schaffhausen zu klein ist für ein      der Ausbau der Tagesbetreuung von den bürgerlichen Parteien über-
eigenes Zentrum, kann es sich mit einer grösseren Stadt oder einem       all zulasten des Personals geplant wird. Die Unterfinanzierung der
Kanton in der Nachbarschaft zusammentun. Mit seiner Warnung –            Branche soll offenbar auch in Basel weiterhin durch unausgebildete
auch davor, dass einmal Ausgelagertes dereinst nur schwer in die öf-     und empörend schlecht entschädigte Praktikantinnen und Praktikan-
fentliche Hand zurückgeführt werden kann – hatte der VPOD im Kan-        ten aufgefangen werden, die mit der vagen Hoffnung auf eine Ausbil-
tonsrat Erfolg. Dieser hat eine Denkpause verfügt und das Geschäft an    dungsstelle ausgebeutet werden. | vpod
die Kommission zurückgewiesen. | vpod (Foto: Ennio Leanza/Keystone)
                                                                         Waadt: Mehr Lohn im Gesundheitswesen gefordert
Bundespersonal verlangt mehr Reallohn                                    Im Kanton Waadt fordern fast 7000 Personen – das ist ein Drittel der
Die Verhandlungsgemeinschaft Bundespersonal VGB, darin: der              Beschäftigten – eine Anhebung der Löhne im Gesundheitsbereich.
VPOD, hat sich mit Bundespräsident Ueli Maurer zu einer Ausspra-         Kritisiert wird, auch vom VPOD, insbesondere die Situation in den
che getroffen. Für 2020 fordert sie wenigstens 2 Prozent mehr Lohn       Altersheimen und in den Regionalspitälern. «Ist es normal, dass eine
für das Bundespersonal – und damit endlich wieder einmal ein Plus        Pflegehelferin in einem Heim brutto nur 3748 Franken verdient – für
beim Reallohn. Die ausgezeichnete Finanzlage des Bundes gibt dem         einen Vollzeitjob?», fragt die Petition rhetorisch. Von den Tieflöhnen
Bundesrat ausreichend Spielraum, den langjährigen problematischen        sind überwiegend Frauen betroffen. Damit reiht sich der Aufruf auch
Abwärtstrend jetzt endlich zu korrigieren. | vgb                         in die allgemeine Mobilisierung zum Frauenstreik ein. | slt

10 Juni 2019
Dossier: Krise der beruflichen Vorsorge

Interview mit Urban Hodel, Geschäftsführer PK-Netz, über die aktuellen Probleme der beruflichen Vorsorge

«Die zweite Säule nicht preisgeben»
Höhere Beiträge, tiefere Renten: Die Pensionskassenwelt ist im Umbruch. Mit Urban Hodel, Geschäftsführer des
gewerkschaftlichen PK-Netzes, erörtert das VPOD-Magazin Ursachen für und Strategien gegen die aktuelle Entwicklung.
| Interview: Christoph Schlatter (Fotos: zVg und thomas-bethge/iStock)

VPOD-Magazin: Die Renten aus der zweiten                     Urban Hodel (33),
Säule sinken, gleichzeitig muss immer mehr                 Betriebs­ ökonom, war
                                                   ursprünglich Zimmermann
einbezahlt werden. Das macht Sorgen.
                                                  und ist seit der Lehre aktiver
Urban Hodel: Ein Desaster mit Ansage! Das        Gewerkschafter. Seit 4 Jahren
Kapitaldeckungsverfahren versinkt immer               ist er Geschäftsführer des
mehr in der Krise. Zu Recht setzen wir auf gewerkschaftlichen PK-Netzes.
eine starke AHV. Trotzdem können wir die
politischen Realitäten nicht ignorieren: Die
mittleren Einkommen leben im Alter zur
Hälfte aus der Pensionskasse. Hier stehen
wir in der Verantwortung, die Interessen un-
serer Mitglieder auch in der zweiten Säule zu
verteidigen – jetzt mehr denn je.
Schritt 1: Ursachenforschung. Als man
die Pensionskassen erfand und als
man 1985 das Obligatorium einführte,
war mit Tiefzinsen, wie wir sie heute
kennen, also mit dem Ausfall des «dritten
Beitragszahlers», nicht zu rechnen.
Die Tief- und Negativzinsen gehören zu den
Massnahmen, mit denen die Nationalban-
ken die Finanzkrise von 2008 zu bewältigen
suchten. Aber es war zu keiner Zeit absehbar,
dass der Zustand derart lange – nun schon
mehr als ein Jahrzehnt – anhalten würde.
Die Strategie ist aus der Optik der Geldpolitik
nachvollziehbar. Aber sie hat inzwischen die Spätfolgen der Finanzkrise zahlen lassen                 Der stärkste Aufbau von Alterskapital findet
berufliche Vorsorge in eine existenzielle Krise will. Da ist schon Zündstoff drin.                    im letzten Jahrzehnt vor der Pensionierung
manövriert. Und ich glaube, dass die Politik Es gibt ja zwei Elemente, die die                        statt. Früher ging man davon aus, dass sich
die Dramatik der Lage noch nicht in der gan- Rentenaussichten verdüstern. Der Aufbau                  das Kapital – Beiträge, Zins und Zinseszins
zen Tragweite erkannt hat.                      des Alterskapitals verlangsamt sich. Und              eingerechnet – in den letzten 10 Jahren ver-
Die protestierenden Massen auf der              die Umwandlungssätze sinken. Letzteres                doppelt. Wenn aber statt 4 nur noch 1 Prozent
Strasse sehe ich allerdings nicht.              hat allerdings eher mit der steigenden                Zins dazukommt, flacht sich der Zinseszins-
Es zeichnet sich ab, dass                                                  Lebenserwartung zu tun     effekt dramatisch ab. Bei der Pensionierung
jene Generation, die in                                                    als mit dem schlechten     ist also deutlich weniger Geld vorhanden.
d e n n ä c h s t e n Ja h r e n
                                   «Dass die Beschäftigten                 Zinsertrag, oder?          Und diese kleinere Summe wird dann auch
in Pension gehen wird,             allein für die Spätfolgen               Die steigende Lebens-      noch zu einem kleineren Umwandlungssatz
deutlich tiefere Renten            der Finanzkrise zahlen                  erwartung ist ein Fakt.    in Rente verwandelt.
                                                                                                      Es schleckt es keine Geiss weg, dass derzeit
bekommen wird, als ihr
                                  sollen, stösst zunehmend Aber die krasse Sen-
über Jahre versprochen                                                     kung der Umwand-           eine systemfremde Umverteilung in der
worden sind. Sie werden              auf Unverständnis.»                   lungssätze, wie wir sie    zweiten Säule stattfindet: Heute Aktive
es sich im Alter nicht                                                     heute erleben, ist nur     zahlen für Rentnerinnen und Rentner,
so gut gehen lassen können wie geplant. zu einem geringen Teil darauf zurückzufüh-                    statt ihr eigenes Kapital aufzubauen.
Ich bin überzeugt, dass es zunehmend auf ren, dass die Leute älter werden. In erster                  Ein grosser Teil dieser Umverteilung ist rein
Unverständnis stossen wird, dass man die Linie ist sie dem unsicheren Anlageumfeld                    buchhalterisch und basiert auf sehr defensi-
Arbeitnehmenden allein die Zeche für die geschuldet. Die Rechnung ist an sich einfach:                ven Expertenannahmen. Ausserdem ist das

                                                                                                                                       Juni 2019 11
Dossier: Krise der beruflichen Vorsorge

Bild, das derzeit in der Öffentlichkeit und den    der Deutschschweiz längst erfolgt ist           Das Bundesgericht hat klar gesagt, dass vari-
Medien gezeichnet wird, schief. Die armen          (und in der Westschweiz jetzt diskutiert        able Renten nicht zulässig sind. Daher ver-
Jungen würden die reichen Pensionierten            wird), war ein Schritt in diese Richtung.       suchen jetzt versicherungsnahe Kreise, die
subventionieren? Falsch! Wirklich betroffen        Absolut richtig. Das war, vor ungefähr 10, gesetzlichen Grundlagen zu verändern und
sind die Arbeitnehmenden in den letzten            15 Jahren, die erste Welle der Individualisie- damit die letzten Garantien in der zweiten
Jahren ihres Arbeitslebens, dann, wenn sie         rung. Die ursprüngliche Sichtweise – zuerst Säule abzuschaffen. Als Hort dieser Idee gilt
ein paar Hunderttausend Franken in der Pen-        definiert man ein Leistungsziel, also eine das sogenannte Vorsorgeforum, ein Alther-
sionskasse liegen haben. Wenn wir also von         Ersatzquote, danach un-                                              renclub aus Banken-,
Umverteilung sprechen, dann läuft die von          tersucht man, wie man                                                Versicherungs- und Ar-
den Älteren zu den Alten . . .                     dorthin gelangt – wird                 «In einer derart              beitgebervertretern. Prä-
Du beklagst aber ganz allgemein einen              nur noch von wenigen                  individualisierten             sident ist Toni Bortoluzzi
Abbau von Solidarität in der zweiten Säule.        Kassen gelebt. Heute               Landschaft spielen die            (SVP); er sitzt auch im
Kadervertreter aus SVP, FDP und GLP ha-            tut man vielerorts so,                                               Initiativ-Komitee. Min-
ben Lunte gerochen: Sie nutzen die Krise der       als ob man vollkommen
                                                                                   Solidaritäten nicht mehr.» destens ebenso gefähr-
Tiefzinsphase für eine eigentliche Entsolida-      machtlos den Wogen der                                               lich sind die neuen Kon-
risierungswelle. Sie wollen jetzt noch die letz-   Kapitalmärkte ausgesetzt sei und keinerlei strukte, die immer grössere Teile der zweiten
ten kollektiven Errungenschaften im System         Instrumente zur Kurskorrektur besitze. Die Säule infiltrieren. Ich spreche von den bank-
beseitigen. Sie wollen separate Vorsorgeplä-       richtige Frage ist aber: Wer zahlt, wenn es und versicherungsnahen Sammelstiftungen.
ne für die Spitzenverdienenden. Sie wollen         so, wie’s geplant war, nicht reicht? Wer stopft Sie bieten kleinen und mittleren Unterneh-
Wackelrenten fürs Volk, die vom Börsengang         die Löcher?                                     men extrem individualisierte Vorsorgepläne
abhängig sind. Aus einer Sozialversicherung        Derzeit debattiert wird die erwähnte            an und versprechen ihnen das Blaue vom
soll ein privates Sparkässeli werden, getreu       Wackelrente, welche die Rentenhöhe              Himmel. Das tun sie nicht aus Nächstenlie-
dem Motto «Jeder für sich».                        von der Börse abhängig machen würde.            be, sondern weil sie Geld verdienen wollen,
Aber die Entwicklung von einer                     Dafür gibt es einen parlamentarischen           und sie verdienen mehr, je individualisierter
kollektiven zu einer individuellen Sicht           Vorstoss des GLP-Nationalrats Thomas            alles ist. Damit bekommen wir eine so klein-
ist ja nicht neu. Schon der Wechsel vom            Weibel. Zugleich werden Unterschriften          teilige Landschaft, dass die Solidaritäten gar
Leistungs- zum Beitragsprimat, der in              für eine Volksinitiative gesammelt.             nicht mehr spielen können. Wenn alle unter-

Broker-Unwesen: Bundesrat will endlich eingreifen
Der Bundesrat anerkennt, dass es bei der heu-      (Risikoselektion) in der beruflichen Vorsorge      se Prämien bemessen sich meistens nach dem
tigen Entschädigung der Vermittlerinnen und        noch verstärken.»                                  Vertragsvolumen (Beschäftigtenzahl, versicher-
Vermittler von Pensionskassen grosse Inter-        Das PK-Netz begrüsst diese Stellungnahme und       te Lohnsumme), und in vielen Fällen sind es
essenkonflikte gibt. In seiner Antwort auf eine    hält fest, dass Retrozessionen bei der priva-      keine einmaligen Zahlungen: Oft erhalten die
Interpellation von Nationalrat Mathias Reynard     ten Vermögensverwaltung vom Bundesgericht          Maklerinnen und Makler während der ganzen
(SP, Wallis) schreibt er: «Im Gegensatz zu an-     längst untersagt worden sind. Nur im Vorsor-       Vertragsdauer jedes Jahr Geld – aus dem Ver-
deren Versicherungsbranchen sind die in der        gegeschäft läuft die Praxis munter weiter: Bro-    mögen, das eigentlich den Versicherten gehört.
beruflichen Vorsorge an Versicherungsmakler        ker werden nicht etwa durch die Arbeitgeber        Jahr für Jahr fliessen so rund 300 Millionen
gezahlten Kommissionen tatsächlich problema-       bezahlt, die sie beauftragen, sondern leben        Franken aus dem System ab.
tisch. Denn dadurch können auch Fehlanreize        von Prämien, welche die Pensionskassen als         Urban Hodel, PK-Netz-Geschäftsführer, betont:
entstehen, die die bestehenden Verzerrungen        Folge der Vertragsunterzeichnung zahlen. Die-      «Unabhängig kann nur beraten, wer auf Hono-
                                                                                                      rarbasis entschädigt wird. Der heutige Basar,
                                                                     Aus der zweiten Säule werden     wo Versicherte an den Meistbietenden verscha-
                                                                     jährlich 300 Millionen Franken   chert werden, ist einer Sozialversicherung un-
                                                                     durch Broker abgezweigt.
                                                                                                      würdig.» Hodel fordert die Politik auf, rasch zu
                                                                                                      handeln. Anzupassen wäre namentlich Artikel
                                                                                                      48k der BVV 2. Aus der Praxis kommt beispiels-
                                                                                                      weise der Vorschlag, volumenabhängigen Ent-
                                                                                                      schädigungen oder Kommissionen zulasten der
                                                                                                      Vorsorgeeinrichtungen allgemein zu verbieten,
                                                                                                      wenn ein Versicherungsmakler im Namen des
                                                                                                      Arbeitgebers handelt. Der Bundesrat scheint in
                                                                                                      diese Richtung gehen zu wollen. | vpod (Foto:
                                                                                                      Yurchello108/iStock)

12 Juni 2019
Dossier: Krise der beruflichen Vorsorge

Immer individueller, immer weniger kollektiv:
Der Charakter einer Sozialversicherung geht der zweiten Säule zunehmend verloren.

schiedlich aufgestellt sind, unterschiedliche          können. Die geldpolitische Grosswetterlage     Um eine Umlagekomponente kommen wir
Anlagestrategien gefahren, unterschiedliche            können wir schwerlich beeinflussen.            auch in der beruflichen Vorsorge nicht her-
Risiken eingegangen sind, wird das kollektive          Nirgends sind die Mitsprachemöglichkeiten um. Das gäbe uns auch die Chance, die Um-
Prinzip unterminiert.                                  grösser als in der beruflichen Vorsorge. Wir verteilung sozialpolitisch besser zu steuern.
Kommt dazu, dass auch die Parität nicht mehr           müssen sie nur nutzen – und so die Kontrol- Denn heute profitieren die hohen Einkom-
richtig funktioniert. Und dass geldlüsterne            le zurückgewinnen. Wir können den Mitglie- men auf der ganzen Linie.
Broker werbend durch die Lande ziehen.                 dern in den Betrieben aufzeigen, dass sich Du hast es eingangs schon gesagt:
Es werden masslos Gebühren und Gewinne                 kollektives Handeln lohnt, gerade hier. Wir Die Forderung nach einer Stärkung der
abgezweigt. Und ja, die Versicherungsver-              können und müssen in den Vorsorgekom- ersten Säule bleibt richtig. Viele
mittler, die sogenannten Broker, «beraten»             missionen Sozialpolitik betreiben und dort Beschäftigte, die auf ihrem Lohnausweis
Arbeitgeber, die auf der Suche nach der rich-          das fiese Prinzip «Wer hat, dem wird gege- die Abzüge für die AHV und die Abzüge für
tigen Pensionskassenlösung sind. Dieses Pro-           ben» durchkreuzen, et-                                            die Pensionskasse sehen,
blem ist schon lange bekannt; jetzt will der           wa indem wir uns gegen                                            würden lieber
Bundesrat endlich intervenieren.                       die Diskriminierung von «Eine Umlagekomponente all dieses Geld per
Aber es war halt von Anfang so angelegt,               Teilzeitarbeit einsetzen.                                         sofort in die AHV
                                                                                       lässt sich in der zweiten
dass die Privatassekuranz auf dieser                   Vielen Leuten ist gar                                             stecken. Was sagen
Pensionskassenparty mitmachen und                      nicht bewusst, dass wir         Säule nicht vermeiden.            wir ihnen?
auch private Gewinne abzweigen darf.                   da auch auf der Ebene Aber sie bietet auch sozial- Die Stärkung der AHV
Man ist davon ausgegangen, dass die paritäti-          Betrieb kämpfen kön-              politische Chancen.»            ist und bleibt eine richti-
sche Entscheidungsfindung hier ein Korrek-             nen. Wir müssen uns                                               ge Forderung, auch wenn
tiv darstellt. Und den VPOD kann ich da auch           auch schützend vor die                                            die Bürgerlichen mehr-
aus voller Brust loben: Er kämpft wie ein Lö-          Pensionierten stellen und klarmachen: Nicht fach armierte Betonwände errichtet haben ge-
we für eine starke Vertretung in der berufli-          sie sind das Problem. Schuld an der Misere gen jeglichen Ausbau. Trotzdem dürfen wir
chen Vorsorge. In anderen Branchen steht es            sind vielmehr die Kapitalmärkte und die Poli- die zweite Säule nicht kampflos preisgeben.
weniger gut. Oft besteht eine Scheinparität:           tik. Letztere sucht ihre Lösungen noch immer Wir müssen dort unseren Einfluss nutzen,
Es sitzen Personalchefs und andere Direkti-            viel zu billig auf dem Rücken der Versicher- um den Pensionskassen ihren ursprüngli-
onsmitglieder als angebliche Arbeitnehmer-             ten. Dagegen müssen wir antreten.              chen Charakter als Sozialversicherung zu-
vertretungen in den Stiftungsräten.                    Konkreter?                                     rückzugeben, und wir müssen neue soziale
Damit sind wir jetzt bei der Frage, was                Es sind auch unorthodoxe Massnahmen nö- Fortschritte einbauen. Das ist eine unserer
wir Gewerkschaften denn überhaupt tun                  tig, damit sich das Rentenniveau stabilisiert. Kernaufgaben als Gewerkschaften.

                                                                                                                                       Juni 2019 13
Dossier: Krise der beruflichen Vorsorge

5 Jahre nach der Verselbständigung: Die Situation der öffentlich-rechtlichen Pensionskassen

Unwirtliches Umfeld
Die öffentlich-rechtlichen Pensionskassen wurden mit ungenügender Kapitalausstattung in die Selbständigkeit
entlassen. Dafür mit einigen Altlasten. | Text: Jorge Serra, VPOD-Zentralsekretär (Foto: tomazl/iStockphoto und Ahkka/Photocase.de)

Seit 2014 gelten für die öffentlich-rechtlichen    Deckungsgrad von lediglich 80 Prozent vor.        nanzierung, weil das einfach zu teuer schien,
Pensionskassen grundsätzlich die gleichen          Seit 2014 gilt das neue Recht.                    und hoffte in der Folge auf ein Wunder an den
Vorschriften und Auflagen wie für die privat-      Was ist seither geschehen? Und wo stehen die      Finanzmärkten. Damit begingen Bundesrat
rechtlichen. Sie müssen bei Unterdeckung           öffentlich-rechtlichen Kassen heute? Über 70      und Parlament die gleichen Fehler, die sie zu-
Sanierungsmassnahmen ergreifen, und sie            öffentlich-rechtliche Pensionskassen wurden       vor den unselbständigen öffentlich-rechtlichen
sind gezwungen, ihre Grundlagen (Um-               in die Selbständigkeit entlassen, meistens        Kassen vorgeworfen hatten, nämlich die Haus-
wandlungssatz und technischer Zinssatz) an         wurden Stiftungen gegründet. Diese werden         aufgaben nicht zu machen und nur auf wohl-
das aktuelle Zinsumfeld und die steigende          seither paritätisch verwaltet, was ein Vorteil    wollende Finanzmärkte zu hoffen.
Lebenserwartung anzupassen. Das hört sich          ist und die Sozialpartnerschaft stärkt. Zuvor
einfach an, ist aber eine Herkulesaufgabe.         waren, wegen der bestehenden Staatsgaran-         Auch 100 Prozent reichen nicht
Denn bis vor wenigen Jahren galt für die öf-       tie und der Integration in die Verwaltung, die    Fairerweise sei gesagt, dass viele Kantone und
fentlich-rechtlichen Pensionskassen ein ganz       politischen Behörden (meistens Exekutive)         Gemeinden viel Geld in ihre Vorsorgewerke
anderes Regime.                                    abschliessend zuständig. Und diese hatten         einschossen. Die BVK des Kantons Zürich
                                                   bei der Verwaltung der Vorsorgemilliarden         erhielt 2 Milliarden Franken, im Kanton So-
10 oder 40 Jahre Zeit?                             nicht nur das Wohl der Versicherten und der       lothurn floss 1 Milliarde, der Kanton St. Gallen
Bis Ende 2013 konnten öffentliche Kassen,          Pensionierten im Auge. In den 1990er Jah-         brachte 300 und die Stadt Winterthur 150 Mil-
wenn ihr Deckungsgrad unter 100 Prozent            ren, als es an der Börse nur aufwärts ging,       lionen Franken auf. All diese Beträge wurden
sank, anders als die privatrechtlichen auf Sa-     griff so manche Exekutive in «ihre» prallge-      im Verlauf des Jahres 2013 an Urnengängen
nierungsmassnahmen verzichten. Grund: die          füllte Pensionskasse, um ihre klamme Staats-      mit teilweise deutlichem Mehr angenommen.
sogenannte Perennität, also die Annahme,           kasse zu sanieren. Ein unrühmliches Beispiel      Mit diesen finanziellen Einmaleinlagen ka-
dass die Verwaltung ewig bestehen werde und        ist die BVK, die «Beitragsferien», also die Fi-   men per 1. Januar 2014 viele – aber nicht al-
die öffentliche Hand nicht in Konkurs gehen        nanzierung der Beiträge durch die Kasse sel-      le – Kassen auf einen Deckungsgrad von 100
könne. Die meisten öffentlich-rechtlichen          ber statt durch Arbeitgeber- und Arbeitneh-       Prozent. Was notabene ungenügend ist, weil
Pensionskassen in der Westschweiz strebten         merbeiträge, einführte – und diese Praxis viel    eine Kasse – um genügende Risikofähigkeit zu
deshalb gar keine volle Deckung an, während        zu lange weiterführte, bis es der Kasse eben      erlangen – auch noch über Wertschwankungs-
ihre Pendants in der Deutschschweiz eigent-        nicht mehr gut ging.                              reserven und damit über einen Deckungsgrad
lich das Ziel der vollen Deckung verfolgten,                                                         von 110 bis 120 Prozent verfügen muss.
aber situativ, etwa wenn’s an den Börsen ab-       Ausbleibendes Wunder                              In der Folge wartete aber noch eine weitere
wärts ging, auch darauf verzichteten, Sanie-       Es gab noch andere kreative Ideen, so in          nur schwer zu bewältigende Aufgabe auf die
rungsmassnahmen zu ergreifen.                      St. Gallen die Verrechnung von völlig überhöh-    finanziell knapp gehaltenen öffentlich-recht-
Eine bürgerliche Motion aus dem Jahr 2003          ten Vermögensverwaltungskosten durch den          lichen Pensionskassen: Sie mussten eine
setzte diesem Spezialregime ein Ende. Die          Kanton. Die Entpolitisierung der öffentlich-      korrekte Bewertung der Verpflichtungen vor-
aus diesem Vorstoss hervorgegangene BVG-           rechtlichen Pensionskassen war also durch-        nehmen. Was heisst das? Ein Beispiel: Auf-
Revision vom 17. Dezember 2010 verlangte           aus sinnvoll. Beim Übergang in die Selbstän-      grund der anhaltend tiefen Zinsen und der
nicht nur die Gleichbehandlung aller Kas-          digkeit wurden aber auch Fehler begangen.         nach wie vor steigenden Lebenserwartung
sen, sondern auch die Verselbständigung der        Korrekterweise hätten Bund, Kantone und           braucht es für eine Rente von 30 000 Fran-
bis anhin unselbständigen und innerhalb der        Gemeinden gezwungen werden müssen, ihre           ken im Alter 65 aktuell ein Kapital von rund
Verwaltungen geführten Kassen. Das hiess           jeweilige Kasse vor der Verselbständigung kor-    600 000 Franken. Bei vielen Kassen waren
grundsätzlich, dass die öffentlich-rechtlichen     rekt auszufinanzieren. Sie hätten sie auf das     aber pro 30 000 Franken Rente nur 450 000
Pensionskassen ihre Unterdeckung innert 10         Niveau der privatrechtlichen Kassen stellen       Franken vorhanden. Woher die fehlenden
Jahren zu beheben hatten. Im Wissen, dass          müssen, hatte man doch inskünftig die glei-       150 000 Franken nehmen, wenn man aus
viele (vor allem die welschen) dazu nicht in       chen Auflagen zu erfüllen. Und die Unterde-       einer Unterdeckung kommt? Viele privat-
der Lage waren, wurde die Möglichkeit ge-          ckung, wo sie bestand, war nicht die Folge von    rechtliche Kassen konnten diese auch für sie
schaffen, das System der sogenannten Teil-         Misswirtschaft, sondern – wie oben dargelegt      notwendigen Massnahmen (Anpassung der
kapitalisierung zu wählen. Dieses sieht lange      – teilweise gewollt oder gar provoziert. Man      Parameter wie Senkung Umwandlungssatz
Übergangsfristen (40 Jahre) für einen Ziel-        verzichtete aber auf diesen Zwang zur Ausfi-      und technischer Zinssatz) besser bewältigen,

14 Juni 2019
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