Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau

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Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
Zeitschrift der
             Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau,
                      Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
B 20 769 E

                                                   bau intern

                                                      September/Oktober 2015
Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
Inhalt

Zeitschrift der                                  4   Stephan Lintner, Anita Guthy
Bayerischen Staatsbauverwaltung                      Leitfaden „Die barrierefreie Gemeinde“
für Hochbau, Städtebau,                              Erfahrungsschatz der Modellgemeinden
Wohnungsbau, Verkehr,
Straßen- und Brückenbau                          8   Franz Langlechner
                                                     Nachhaltige Entwicklung funktionaler Räume
                                                     Die EFRE-Förderperiode 2014–2020 in Bayern
Herausgeber
Oberste Baubehörde im                           10   Sigrid Gottwald-Jäger
Bayerischen Staats­ministerium des                   Universitätsklinikum Erlangen
Innern, für Bau und Verkehr
                                                     Sanierung und Erweiterung der Kinderklinik

Redaktionsleitung                               12   Karl Schumacher
Astrid Drebes, M.A.                                  Flughafen München
Oberste Baubehörde im                                Partnerschaftliche Zusammenarbeit in einer
Bayerischen Staatsministerium des
Innern, für Bau und Verkehr                          Wachstumsregion
Franz-Josef-Strauß-Ring 4
80539 München                                   15   Rainer Köstler
Tel. 089 2192 3471, Fax 089 2192 13471               Schutz gegen Fluglärm in Bayern
E-Mail: astrid.drebes@stmi.bayern.de
                                                     Das Fluglärmgesetz

Die mit dem Namen des Verfassers                18   Michael Frühholz
gezeichneten Artikel stellen nicht unbedingt         Biologische Flugsicherheit
die Meinung des Herausgebers oder der
Redaktion dar.                                       an den Flughäfen München und Nürnberg

                                                20   Johannes Ziegler
Verlag / Druck                                       Radschnellwege
Gebr. Geiselberger GmbH
Martin-Moser-Straße 23                          23   Anatol Kiesel-Peiker
84503 Altötting
Tel. 08671 5065-0,                                   Erneuerung der Main-Donau-Kanalbrücke
Fax: 08671 5065-68                                   im Bereich der Bundesautobahn A 3
E-Mail: mail@geiselberger.de
                                                25   Tobias Häberle, Matthias Amann
Verantwortlich für den Anzeigenteil                  Augsburger Knoten
Michael Tasche                                       Verflechtungen von Städtebau und Verkehrsplanung
Tel. 08671 5065-51
                                                     beim Umbau des Königsplatzes

Erscheint als Zweimonatszeitschrift.            27   Johann Eicher
Bezugspreis je Heft Euro 4,20,                       Etwas grau, aber moderner denn je: Beton
Jahresabonnement Euro 22,50
zuzüglich Versandkosten.
                                                29   Sabine Frohnmüller
Bestellung direkt beim Verlag.                       Neue Richtlinie für Hochhäuser
Das Jahresabonnement verlängert sich um
ein Jahr, wenn es nicht vor Ablauf des Jahres
schriftlich beim Verlag gekündigt wird.         29   Stephan Beck
                                                     Die Hauptschwerbehindertenvertretung
                                                     als Partner der Obersten Baubehörden
Für unverlangt eingesandte Manuskripte
wird keine Gewähr übernommen.                   30   Interview mit Helmut Schütz
Nachdruck – auch auszugsweise –
nur mit Genehmigung des Herausgebers.
Alle Rechte, auch das der Übersetzung,          32   Personalien
vorbehalten.
                                                     Titelbild
                                                     Innenhof der Kinderklinik, Universitätsklinikum Erlangen
                                                     © Sascha Michel, Staatliches Bauamt Erlangen-Nürnberg

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Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
Leitfaden „Die barrierefreie Gemeinde“
Erfahrungsschatz der Modellgemeinden

Stephan Lintner                                 tung aller Regionen eine thematische            Einzelmaßnahmen, stellen jedoch si-
Anita Guthy                                     Spreizung, um die regionalen Be-                cher, dass im Rahmen einer sukzes-
                                                sonderheiten und unterschiedlichen              siven Umsetzung alle späteren Einzel-
                                                strukturellen Ausgangsbedingungen               projekte sinnvoll ineinandergreifen und
Der öffentliche Raum kann seine viel-           möglichst umfassend abbilden zu kön-            ein möglichst durchgängiger Abbau
fältigen Aufgaben nur erfüllen, wenn            nen.                                            von Barrieren im öffentlichen Raum
er für alle zugänglich und nutzbar ist.            Ausgewählt wurden Gemeinden                  geschaffen werden kann.
Deshalb ist es der bayerischen Staats-          unterschiedlicher Größe und Einwoh-                 Im Dialog mit Bürgerinnen und
regierung ein wesentliches Anliegen,            nerzahl in allen Landesteilen Bayerns           Bürgern, Planern, Experten und Be-
die Städte und Gemeinden bei der                mit spezifischen örtlichen Herausfor-           hindertenverbänden sowie mit fach-
Schaffung von Barrierefreiheit für alle,        derungen, die typischerweise in vielen          licher Begleitung der Regierungen
unabhängig von Alter, Art oder Um-              Gemeinden Bayerns auftreten: bei-               haben die teilnehmenden Städte und
fang eines Handicaps, zu unterstüt-             spielsweise stark bewegte Topografie,           Gemeinden rund ein halbes Jahr ge-
zen. Ziel ist es, allen Menschen eine           stark befahrene Durchgangsstraßen               meinsam bauliche Barrieren identifi-

Staatsminister Joachim Herrmann überreichte den Vertretern der Modellgemeinden am 09.07.2015 die ersten Leitfäden.

umfassende und selbstbestimmte                  oder unter Ensembleschutz stehende              ziert, die im öffentlichen Raum oder
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben            Altstädte. In manchen Fällen liegen in          in öffentlichen Gebäuden den Alltag
zu ermöglichen.                                 den Gemeinden auch besondere Ein-               erschweren. Sie haben Maßnahmen
    Die Oberste Baubehörde im Baye-             richtungen für Menschen mit Behinde-            erarbeitet, um diese abzubauen und
rischen Staatsministerium des Innern,           rung, für Rekonvaleszenz, Gesundheit            örtliche Fahrpläne aufgestellt, wie
für Bau und Verkehr hat daher im Jahr           oder Pflege, was zusätzliche Anforde-           sie allen Bürgerinnen und Bürgern
2014 im Rahmen des von Herrn Mini-              rungen mit sich bringt.                         eine barrierefreie Mobilität, selbstbe-
sterpräsident Seehofer im November                  Im Rahmen des Modellvorhabens               stimmte und aktive Lebensführung
2013 initiierten Programms „Bayern              erarbeiteten die Teilnehmergemein-              und Teilhabe am öffentlichen Leben
barrierefrei“ das Modellvorhaben „Die           den bis Anfang 2015 sog. "gemeind-              ermöglichen können.
barrierefreie Kommune“ gestartet.               liche Aktionspläne". Diese sollen den               Im Rahmen des Modellprojekts
    Gemeinsam mit den kommunalen                „roten Faden“ während der anschlie-             wurde folglich ein besonderes Augen-
Spitzenverbänden wurden sechzehn                ßenden Schaffung von Barrierefreiheit           merk auf den durchgängigen Abbau
Städte und Gemeinden aus allen Re-              in den Gemeinden darstellen. Sie sind           von Barrieren im öffentlichen Raum
gierungsbezirken für das Modellvor-             städtebauliche Konzepte, die den ört-           gelegt. Barrieren sollen zudem vor-
haben ausgewählt. Entscheidend für              lichen Handlungsbedarf abbilden. Sie            rangig in Bereichen abgebaut werden,
die Auswahl war neben der Vertre-               umfassen keine Detailplanungen von              wo hohe Frequenzen vorliegen oder

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Wahlmöglichkeiten zur Nutzung ande-      lange möglichst weitgehend berück-           nommen sind, können bereits in die-
rer Angebote fehlen.                     sichtigen. Sie müssen von Anfang             sem Jahr die ersten Maßnahmen der
    Besondere Bedeutung wurde der        an konstruktiv gemeinsam entwickelt          Aktionspläne im Rahmen der Städte-
Information und der umfassenden Be-      werden.                                      bauförderung realisiert werden.
teiligung der Betroffenen, der Verbän-      Die Modellgemeinden haben die                Auch für alle anderen Förderge-
de, aller Bürgerinnen und Bürger einer   in ihren Aktionsplänen aufgelisteten         meinden gilt, dass bauliche Maßnah-
Gemeinde sowie sonstigen Akteuren        Maßnahmen priorisiert und jeweils            men zur Beseitigung von Barrieren
der Gemeinde, wie z. B. Einzelhandel,    zwei bis drei Leuchtturmprojekte defi-       grundsätzlich im Rahmen der ver-

                         Sechzehn Städte und Gemeinden haben am Modellvorhaben teilgenommen.
                         © Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München

Gastronomie oder ÖPNV gegeben.           niert. Es handelt sich dabei um für die      fügbaren Haushaltsmittel mit Mitteln
Denn Erfolg und Akzeptanz eines Pro-     Modellgemeinden bedeutsame, meist            der Städtebauförderung unterstützt
jekts hängen wesentlich von einem        größere Vorhaben mit besonderer              werden können – vorausgesetzt, die
gelungenen Dialog ab.                    Ausstrahlung, die mit ihrer Signalwir-       Maßnahmen liegen in einem städte-
   Häufig treffen bei der Erarbeitung    kung vor Ort für das Thema Barriere-         baulichen Erneuerungsgebiet und sie
des kommunalen Konzepts unter-           freiheit werben sollen. Sie stellen ei-      dienen den städtebaulichen Erneue-
schiedliche Sichtweisen und Interes-     nen besonderen „Meilenstein“ in der          rungszielen.
sen aufeinander. Die besten Lösungs-     Umsetzungsphase dar.                            Die Ergebnisse der Modellgemein-
ansätze für mögliche Konflikte sind in       Da alle sechzehn Modellgemein-           den wurden ausgewertet und sind in
der Regel Kompromisse, die alle Be-      den in die Städtebauförderung aufge-         einen Leitfaden für alle bayerischen

                                                                                               bau intern September/Oktober 2015 5
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© Dr. Hartmut Holl, Würzburg

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Städte und Gemeinden eingeflossen.            Der Werkbericht wird im Rahmen            fachlich kompetente Ansprechpart-
Herr Prof. Dr. Franz Pesch, Architekt      einer Veranstaltung am 8. Oktober            ner mit einer langjährigen Erfahrung.
und Stadtplaner mit Büros in Stuttgart     2015 in Starnberg zur Verfügung ge-          Sie haben Wissen über Gemeinden
und Dortmund, hat uns mit seinem           stellt. Die sechzehn Modellgemeinden         mit ähnlichen Herausforderungen und
Team bei der Auswertung der Arbei-         geben im Rahmen der Veranstaltung            über aktuelle Probleme und spezielle
ten der sechzehn Modellgemeinden
fachlich unterstützt.
    Herr Staatsminister Herrmann
stellte den Leitfaden „Die barrierefreie
Gemeinde“ bei der gleichnamigen
Veranstaltung am 9. Juli 2015 in der
Modellgemeinde Neumarkt in der
Oberpfalz einer breiten Öffentlichkeit
vor und übergab die ersten Exemplare
der druckfrischen Broschüre an die Mo-
dellgemeinden. Die Veranstaltung stieß
auf reges Interesse bei Kommunalpoli-
tikern, Beauftragten für die Belange von
Menschen mit Behinderung der Städte,
Gemeinden und Landkreise, Behinder-
tenvertretern, Sozial- und Wohlfahrts-
verbänden und Fachplanern.
    Über das Broschüren-Bestellportal
der Staatsregierung kann der Leitfaden
kostenfrei bezogen werden. Auf den
Seiten des bayerischen Innenministe-
riums steht zudem eine barrierefreie
Version des Leitfadens zum Down-
load unter http://www.stmi.bayern.de/
assets/stmi/sug/die_barrierefreie_ge-
meinde_barrierefrei.pdf bereit.
    Der Leitfaden soll den Städten und
Gemeinden Hilfestellung geben, wenn
sie sich der Herausforderung stellen,
in ihrem Ort Schritt für Schritt Barrie-
ren abzubauen:
    Er beinhaltet Hinweise zur fach-
lichen Erarbeitung, die insbesondere
                                                         Tafel am Marktstand in Neumarkt in der Oberpfalz:
anhand der Beispiele der Modellge-                       Bürger geben wertvolle Informationen.
meinden gemeinsam erarbeitet und er-                     © raum+prozess, Hamburg und BIP, Berlin
gänzt wurden. Er gibt übertragbare An-
sätze für häufige Herausforderungen,
Übersichten für mögliche Beteiligungs-     als Experten interessierten Kommu-           Situationen vor Ort. Aufgrund der Bün-
formen in den verschiedenen Phasen         nalvertretern, Vertretern für die Be-        delungsfunktion als staatliche Mittel-
des Prozesses und eine Zusammen-           lange von Menschen mit Behinderung           behörden können die Regierungen
stellung aller relevanten Akteure, mit     und Planern ihre Erfahrungen aus der         zudem umfassend und ressortüber-
denen erfahrungsgemäß im Rahmen            Modellphase weiter. Im Rahmen eines          greifend zu den verschiedenen Förder-
der Erarbeitung Kontakt aufgenom-          Workshop-Verfahrens ist ein intensiver       möglichkeiten beraten.
men werden sollte. Die wichtigsten         fachlicher Austausch vorgesehen.
Aussagen sind in praktischen Über-             Mit dem Leitfaden „Die barrie-
sichten zusammengestellt.                  refreie Gemeinde“ und dem beglei-
    Die einzelnen Aktionspläne der Mo-     tenden Werkbericht, der über die             Autoren
dellgemeinden werden zudem in einem        verschiedenen Lösungsansätze der
eigenen Werkbericht dokumentiert           Modellgemeinden informiert, will die         Dipl.-Ing. Stephan Lintner
werden. Dargestellt werden darin die       Staatsbauverwaltung den bayerischen          Ministerialrat
wesentlichen Aspekte der sechzehn          Städten und Gemeinden Hilfestellung          Oberste Baubehörde
Arbeiten, die individuellen Schwer-        geben bei der Herausforderung, Bar-          stephan.lintner@stmi.bayern.de
punktsetzungen und Besonderheiten.         rierefreiheit im öffentlichen Raum zu
Die Dokumentation der vielfältigen Pro-    schaffen.                                    Dipl.-Ing. Anita Guthy
jekte kann Gemeinden und Planern bei           Die Kolleginnen und Kollegen in          Bauoberrätin
ähnlichen Problemstellungen als Bei-       den Sachgebieten für Städtebau an            Oberste Baubehörde
spiel und Impulsgeber dienen.              den sieben Regierungen sind hierbei          anita.guthy@stmi.bayern.de

                                                                                                 bau intern September/Oktober 2015 7
Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
Nachhaltige Entwicklung funktionaler Räume
Die EFRE-Förderperiode 2014–2020 in Bayern

Franz Langlechner                          werden können. Deshalb ist mit dem              Frauen und Männern, die Umweltbe-
                                           FORUM Bremen eine externe Begleit-              auftragte und Vertreter der Landesent-
                                           forschung beauftragt, den gesamten              wicklung.
Die Förderlandschaft wird insgesamt        Auswahlprozess zu beschreiben und
zunehmend durch die EU geprägt. De-        zu evaluieren. Diesem oblag zudem               Methodischer und zeitlicher
ren Verfahrensweisen finden immer          die Vorprüfung und Bewertung der                Aufbau
mehr Eingang auch in nationale Förde-      eingereichten interkommunalen Ent-              Der gesamte Wettbewerb gliederte
rungen, wie etwa in die Städtebauför-      wicklungskonzepte nach einem ein-               sich in eine Bewerbungsphase, die
derung des Bundes. Deshalb gilt es,        heitlichen Kriterienkatalog.                    der Interessensbekundung und der
diese Entwicklung aufmerksam und                                                           Auswahl voraussichtlich geeigneter Al-
kritisch zu begleiten.                     IRE-Auswahlgremium breit                        lianzen diente, in eine Entwicklungs-
                                           aufgestellt                                     phase zur Aufstellung und Einreichung
Ausgangslage                               Eine Besonderheit liegt darin, dass             integrierter Konzepte und in eine Quali-
Das Operationelle Programm des Frei-       neben dem den Fonds verwaltenden                fizierungsphase zur Weiterentwicklung
staats Bayern 2014-2020 im Europä-
ischen Fonds für regionale Entwicklung
(EFRE) umfasst im Ziel „Investitionen
in Wachstum und Beschäftigung“ ins-
gesamt fünf Förderbereiche bzw.
Prioritätsachsen, darunter auch die
„Nachhaltige Entwicklung funktionaler
Räume“. In diesem Rahmen sollen
die Herausforderungen, die sich aus
wirtschaftlichen, ökologischen, klima-
tischen, sozialen und demografischen
Problemstellungen, insbesondere in
strukturschwachen Gebieten erge-
ben, gezielt auf breiter Basis angegan-
gen werden. Schließlich unterschei-
den sich die Handlungsmöglichkeiten
und Ansatzpunkte in Bayern je nach
geografischer Lage, Regionalstruktur,
funktionaler Verknüpfung und Akteurs-      Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung funktionaler Räume in der Prioritätsachse 5
konstellation erheblich. Ziel muss es      des Operationellen EFRE-Programms Bayern 2014–2020 © Oberste Baubehörde
sein, die entsprechenden Aufgaben in
überörtlicher und fachübergreifender       Wirtschaftsministerium mit dem In-              der Konzepte und zur Qualifizierung
Zusammenarbeit leichter und nachhal-       nen-, dem Umwelt- und dem Wissen-               der darin enthaltenen Maßnahmen.
tiger bewältigen zu können.                schaftsministerium gleich vier Ministe-         Die Bewerbungen waren dabei auf fol-
                                           rien aktiv an der Umsetzung beteiligt           gende fünf Dimensionen auszurichten:
Erstmals interkommunales                   sind und auch das Landwirtschafts-              Wirtschaft, Ökologie, Klima, Soziales,
Wettbewerbsverfahren                       (ELER) und das Sozialministerium                Demographie. Bei der Umsetzung
Erstmals werden die zu fördernden          (ESF) eingebunden waren, um Bezüge              der Konzepte sollte unter den fünf Di-
EFRE-Maßnahmen (vgl. Abbildung)            zu den anderen EU-Fonds zu sichern.             mensionen eine Schwerpunktsetzung
im Rahmen eines mehrstufigen, be-          Das erforderte und förderte eine hohe           stattfinden. Mindestens zwei der fol-
gleiteten Wettbewerbsverfahrens aus-       Bereitschaft zu einer konstruktiven in-         genden sieben Handlungsfelder waren
gewählt, das sich ausschließlich an        terministeriellen Zusammenarbeit.               inklusive der jeweils zugehörigen Maß-
interkommunale Kooperationen rich-             Ein Novum hat die starke Einbezie-          nahmen vertieft darzustellen:
tet (vgl. Beitrag in „bau intern“ 11/12    hung der kommunalen Ebene und ins-              1. Aktivierung von Innenentwicklungs-
2013). Dieses soll nicht nur für die ak-   besondere deren Gewicht bei der Ent-               potenzialen, z. B. Brachflächen,
tuelle Förderperiode, sondern auch in      scheidung dargestellt. Gemeindetag,                Baulücken, belasteten Flächen, Leer-
der Langzeitperspektive Grundlage für      Städtetag und Landkreistag hatten im               ständen in ländlichen Ortskernen
integrierte räumliche Entwicklungs-        Auswahlgremium in der Summe das                 2. Quartiere mit Integrationsbelas-
maßnahmen (IRE) in funktional verbun-      gleiche Stimmengewicht wie die sechs               tungen
denen Räumen sein. Es soll beispiel-       unmittelbar beteiligten Ministerien zu-         3. Energieeffizienz, -einsparung und
haft zeigen, wie derartige Maßnahmen       sammen. Beratend mitgewirkt haben                  -versorgung
ausgewählt, qualifiziert und mit nach-     die Antidiskriminierungs-Beauftragte,           4. Kultur- und Naturerbe, auch touri-
haltigen Ergebnissen durchgeführt          die Leitstelle für die Gleichstellung von          stische Anziehungspunkte

8   bau intern September/Oktober 2015
Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
5. Schaffung und Optimierung grüner        vertiefen sowie entsprechend förder-            Fazit
   Infrastruktur einschließlich Grün-      fähige Projekte daraus zu entwickeln.           Eine Weiterentwicklung der regio-
   und Erholungsanlagen                       Im Laufe der Entwicklungsphase               nalen Förderpolitik ist auf nachprüf-
6. Wirtschaftsstrukturelle Entwicklung     haben aus unterschiedlichen Gründen             bare Ergebnisse angewiesen. Nicht
7. Integration von Forschung               zwei Allianzen ihre Bewerbungen zu-             nur wegen der entsprechenden Vor-
                                           rückgezogen, weitere vier Allianzen ga-         gaben der EU für die aktuelle und für
Beteiligung an der Bewerbungs-             ben kein IRE ab. Daher gelangten von            zukünftige Förderperioden hat sich
phase                                      den ursprünglichen 42 Bewerbungen               die Oberste Baubehörde zum Ziel ge-
Mit dem Aufruf vom 14. August 2013         nur 36 in die endgültige Auswahlrunde           setzt, ihre Interventionen im Rahmen
waren in Bayern vor allem Kommunen         des IRE-Gremiums. Diese endgültige              von Wettbewerben und Modellvorha-
aus besonders vom demographischen          Auswahl traf das IRE-Gremium anhand             ben in einem prozessbegleitenden Di-
und wirtschaftsstrukturellen Wandel        eines Kriterienkatalogs auf Vorschlag           alog mit den staatlichen Stellen, den
betroffenen Gebieten aufgefordert, bis     der OBB am 17. April 2015. Es wurden            Kommunen und weiteren Akteuren
Ende Dezember 2013 mittels eines Be-       zunächst 20 Regionen entsprechend               vor Ort laufend weiterzuentwickeln.
werbungsbogens ihr Interesse an ei-        der von der Begleitforschung aufge-             Entsprechende Erkenntnisse sollen
ner Beteiligung am Wettbewerb zu be-       stellten Rangfolge für die Qualifizie-          aus dem laufenden Wettbewerbsver-
kunden. Das Echo war überraschend          rungsphase ausgewählt. Weiteren 10              fahren, seinen Informationsflüssen,
groß. Nach mehreren regionalen Infor-      Regionen wurde eine spätere Auswahl             Beteiligungsstrukturen und Zeitläufen
mationsveranstaltungen wurden bis          für den Fall in Aussicht gestellt, dass         gewonnen werden. Das Monitoring
zum Jahresende 2013 immerhin 82 In-
teressensbekundungen von interkom-
munalen Allianzen eingereicht.
    Am 27. Januar 2014 fand die erste
Ausscheidungsrunde der Bewerbungs-
phase durch das IRE-Auswahlgremi-
ums statt. In dieser Runde sind 22
Interessensbekundungen ausgeschie-
den, die insbesondere die Mindest-
kriterien nicht erfüllten oder nicht den
vorgegebenen Zielsetzungen und den
beschränkten Fördermöglichkeiten des
EFRE entsprachen. Wegen vielfacher
Überschneidungen und Unklarheiten
in den Interessensbekundungen wurde
zusätzlich eine Beratungs- und Verhand-
lungsrunde (OBB und Regierungen)
eingeschaltet. Nach flächendeckenden
Regionalkonferenzen, bei denen auch        Wesentliche Bausteine integrierter räumlicher Entwicklungskonzepte (IRE) © OBB
Einzelgespräche mit einem ersten
Feedback zu den Interessensbekun-
dungen angeboten wurden, bestand           die Fördermittel durch die bereits aus-         bzw. die prozessbegleitende Evalu-
die Möglichkeit, bis Ende April 2014 die   gewählten Regionen nicht gebunden               ierung wird den hier skizzierten Pro-
Interessensbekundungen nochmals zu         werden können. Sechs Regionen sind              zessnutzen mit einer Reihe von spe-
aktualisieren und zu präzisieren.          endgültig aus dem Wettbewerb aus-               zifischen Fragestellungen aus dem
    Die zweite Ausscheidungsrunde          geschieden.                                     Verfahren heraus ermitteln und für
der Bewerbungsphase fand am 15.                                                            die Weiterentwicklung der Förderland-
Mai 2014 statt. Hierbei sind 18 Inte-      Qualifizierungsphase                            schaft in Bayern aufbereiten.
ressensbekundungen ausgeschieden,          Die ausgewählten 20 interkommu-                     Weitere Informationen zur EU-Struk-
die vor allem durch regionale Zusam-       nalen Kooperationen wurden umge-                turfondförderung unter: http://www.
menlegungen oder durch den Rückzug         hend über die Auswahlentscheidung               innenministerium.bayern.de/buw/sta-
aus dem Bewerbungsverfahren gegen-         informiert. Dabei erging an die ent-            edtebaufoerderung/foerderprogramme/
standslos geworden waren.                  sprechenden Kooperationen die Auf-              eustrukturfoerderung/.
                                           forderung, ihre Leit- und Schlüsselpro-
Entwicklungsphase                          jekte ggf. neu zu priorisieren und dann
Die verbliebenen 42 Interessensbe-         umgehend zur Antragsreife weiterzu-
kundungen wurden umgehend infor-           entwickeln. Die Qualifizierungsphase
miert, dass sie die Entwicklungsphase      dauert gegenwärtig noch an. Ein Zwi-            Autor
erreicht haben, und aufgefordert, bis      schenfazit über den Auswahlprozess
Ende Dezember 2014 ein integriertes        und den Stand der Projektentwicklung            Dipl.-Ing. (FH) Franz Langlechner
räumliches Entwicklungskonzept (vgl.       und –realisierung wird auf der diesjäh-         Baudirektor
Abb.) aufzustellen, die vorgesehenen       rigen Fachtagung der Städtebauförde-            Oberste Baubehörde
Handlungsfelder zu präzisieren und zu      rung am 26. Oktober 2015 gezogen.               franz.langlechner@stmi.bayern.de

                                                                                                    bau intern September/Oktober 2015 9
Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
Universitätsklinikum Erlangen
Sanierung und Erweiterung der Kinderklinik

Sigrid Gottwald-Jäger                      nikgewerken, die dem Baualter ent-               bisher etwa 2.400 m² große C-Bau um
                                           sprechend verbraucht und marode wa-              etwa 1.300 m² erweitert werden. Hier-
                                           ren. Erhebliche Flächendefizite galt es          zu wurde der Baukörper vollständig
Seit der Gründung des „Universitäts-       mit der anstehenden Baumaßnahme                  entkernt, schadstoffsaniert und um ein
krankenhauses“ im Jahr 1824 ent-           ebenfalls zu beseitigen. Mit der Ent-            Vollgeschoss (OG 3) aufgestockt. Die
wickelte sich das Klinikum auf dem         wurfs- und Ausführungsplanung, der               Zentrale der Lüftungstechnik wurde
innerstädtischen Stammgelände in di-       Ausschreibung und Bauleitung hat das             um eine Ebene in Form eines Staffel-
rekter Nachbarschaft zum historischen      Staatliche Bauamt Erlangen-Nürnberg              geschosses nach oben verlegt (OG 4).
Schlossgarten. Das in den 1960er- und      das Architekturbüro Eckl+Partner Ar-             Nach Norden zur Loschgestraße for-
70er-Jahren in drei Bauabschnitten –
Bettenbau (A-Bau), Behandlungstrakt
(B-Bau) und Isoliergebäude (C-Bau) –
entstandene Gebäude der Kinderklinik
liegt eingebettet im Grünen am Bota-
nischen Garten mit dessen Gewächs-
häusern und altem Baumbestand.
    Die Sanierung und der Ausbau des
C-Baus der Kinder- und Jugendklinik
des Universitätsklinikums Erlangen bil-
det mit einem Bauvolumen von rund
25 Mio. € den Abschluss der Renovie-
rungsmaßnahmen der Pädiatrie und
fügt sich in das zukunftsweisende
Baukonzept des Universitätsklinikums
Erlangen ein. Alle Betten der konser-
vativen und operativen Kindermedizin
werden in einem Gebäudekomplex (A-,
B- und C-Bau) der Kinder- und Jugendkli-
nik mit separaten operativen Stationen
zusammengeführt. Im C-Bau werden
künftig 52 % der vollstationären Betten
der Kinder- und Jugendklinik unterge-      Die Kinderklinik, Ansicht Loschgestraße © Sascha Michel, Staatliches Bauamt Erlangen-Nürnberg
bracht. In den Gebäuden A und B ver-
bleiben die Kinderkardiologische Stati-
on, Neonatologische Stationen und die                                                       muliert ein zwei geschossiger Anbau
Pädiatrische Intensivstation, sowie die                                                     eine klare Kante zur Erschließungs-
Kinderchirurgische Station.                                                                 seite des Grundstücks. Diese Erwei-
                                                                                            terung wurde auf die bestehende Tief-
Erweiterungs- und                                                                           garage, unter Berücksichtigung des
Sanierungsbedarf                                                                            bestehenden Konstruktionsrasters
Im Oktober 2001 wurde im Rahmen                                                             und der statischen Erfordernisse, auf-
der routinemäßigen Überprüfung öf-                                                          gesetzt.
fentlicher Gebäude auf eine mögliche                                                            Der neue Baukörper schließt im
PCB-Belastung im C-Bau der Klinik für                                                       Osten und Westen mit den Fluchten
Kinder und Jugendliche eine Raumluft-                                                       des Bestandes ab und ermöglicht
PCB-Belastung mit Messwerten weit                                                           durch seine Anordnung die zusätzliche
oberhalb des anzustrebenden Sanie-                                                          Belichtung der Räume und Erschlie-
rungswertes erhoben.                       Lageplan © Staatl. Bauamt Erlangen-Nürnberg      ßung in Form eines Lichthofes. Durch
     Eine mehrstufige Probesanierung                                                        die Transparenz in der Materialwahl
ergab, dass diese hohe Schadstoff-                                                          – Stahl-Glasfassade – bewirkt der In-
belastung nur durch die Rückführung                                                         nenhof eine optische Verbindung zwi-
des Baus auf das Rohbauniveau be-          chitekten und Ingenieure aus Regens-             schen dem alten Bestands- und dem
seitigt werden kann. Zudem wies das        burg beauftragt.                                 neuen Erweiterungsbau.
Gebäude größere Schäden an der Be-                                                              Der neue C-Bau nimmt nunmehr
tonfassade auf, und stand im Kontext       Konzept und Entwurf                              62 Betten der Kinder- und Jugend-
von dringend notwendigen weiteren          Bedingt durch den erhöhten Nutzflä-              klinik auf. Ebenenweise finden die
Sanierungsmaßnahmen in den Tech-           chenbedarf musste der bestehende,                Stationen funktional ihre Zuordnung.

10   bau intern September/Oktober 2015
Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Straßen- und Brückenbau
So beinhaltet das Erdgeschoss des         pen- und S2-Laboren, ist im C-Bau                   Resümee
Altbaus die Station der Innern Me-        auf verhältnismäßig geringer Fläche                 Der Ausbau des C-Baus bildet den
dizin, im 1.OG befindet sich die On-      ein hochtechnisiertes Gebäude ent-                  Schlussstein im Versorgungskonzept
kologische Station und im zweiten         standen.                                            des Universitätsklinikums Erlangen
Obergeschoss die Infektionspflege.            Durch die Nutzung der Räume                     im Bereich Pädiatrie – Kinderzentrum
Die Laborflächen stellen eine isolierte   der alten Medizinischen Klinik als In-              und gibt der klinischen Versorgung
Funktionseinheit im Betrieb dar, fol-     terimsgebäude für die Auslagerung                   neue Entwicklungsmöglichkeiten.
gerichtig sind sie im dritten Oberge-     der Kinderklinik während der Bau-                      Das Klinikum hat mit diesem Bau-
schoss des Altbaus mit direkter An-       phase, konnten umfangreiche und                     vorhaben eine nachhaltige und wirt-
bindung an die vertikale Erschließung     kostenträchtige Umbaumaßnahmen                      schaftliche Kombination aus Sanie-
verortet. Für die Einrichtung der On-     zur Auslagerung vermieden werden.                   rung, Rückbau, Umbau und baulicher
kologischen Tagesklinik hat das Uni-      Zudem erfolgte die Umsetzung der                    Erweiterung erhalten. Die Kinderklinik
versitätsklinikum Erlangen Spenden-       Sanierung und des Ausbaus des C-                    kann in ihrem neuen Zuhause gut auf-
gelder durch Fördervereine der Klinik     Baus in einem engen zeitlichen Rah-                 gestellt in die Zukunft blicken.
und der José Carreras Leukämie-Stif-
tung e. V. eingeworben.

Gebäudehülle
Durch die Integration der Bestands-
balkone in die Gebäudehülle gelang
es, zusätzlich Raum zu gewinnen. Die
nun tieferen Patientenzimmer fangen
die Bestandsdefizite auf und lassen
eine flexiblere Funktionalität im Ab-
lauf des Pflege- und Betriebsdienstes
erwarten.
    Die Fassade sollte neue und be-
stehende Bauteile einerseits ablesbar
machen, andererseits auch möglichst
homogen zusammenführen. Die zum
Innenraum gewordenen vormaligen
Balkone im Süden und der Anbau im
Norden sind mit einer farblich gestal-
teten Elementfassade – Keramikplat-
te – versehen und verzahnen sich
dadurch visuell mit der weißen Putz-
oberfläche des Bestandsbaukörpers.        Innenhof der Kinderklinik. Die individuell gestalteten Sitzsteine für Kinder wurden eigens für dieses
Gleichwohl bleiben dadurch die addi-      Projekt entworfen. © Sascha Michel, Staatl. Bauamt Erlangen-Nürnberg
tiven Erweiterungen ablesbar. Die in
unterschiedlichem Rhythmus wech-
selnden grünen Farbnuancen der Fas-
sadenplatten korrespondieren zum
alten Baumbestand des Botanischen
Gartens und greifen dessen Farbspiel
auf. Die Stahlfassade des Technikge-
schosses des Altbaus tritt durch seine
zurückgesetzte Lage und Farbwahl in
den Hintergrund.

Technik
Die technische Gebäudeausrüstung
war vollständig überaltert. Um die
geltenden Anforderungen an Hygi-          Links: Leuchtende Farben beleben den Arbeitsbereich der Krankenschwestern.
ene und Sicherheit zu erfüllen, war       Rechts: Die offene Laborstruktur der Mikrobiologie
                                          © Sascha Michel, Staatliches Bauamt Erlangen-Nürnberg
ein Austausch der gesamten tech-
nischen Bestandteile erforderlich.
Entsprechend der divergierenden           men, da die Räume der Interimsnut-                  Autorin
und räumlich stark verdichteten Nut-      zung für die Verlagerung der neuen                  Dipl.-Ing. Sigrid Gottwald-Jäger
zungsanforderungen, wie beispiels-        Baumaßnahme „Operatives Zentrum                     Bauoberrätin
weise Knochenmarktransplantations-        (OPZ) Neubau Funktionsbau“ bereits                  Staatliches Bauamt Erlangen-Nürnberg
und Isolierstation, Patientenzimmer,      im Herbst 2015 wieder zur Verfügung                 sigrid.gottwald-jaeger@stbaer.bayern.de
sowie Forschungsflächen mit Isoto-        stehen müssen.

                                                                                                      bau intern September/Oktober 2015 11
Flughafen München
Partnerschaftliche Zusammenarbeit in einer Wachstumsregion

Karl Schumacher                                tinationen in hoher Frequenz ermög-        Das außerordentliche Wachstum
                                               licht. Die Zahl der Passagiere wuchs    des Flughafens und seines Umlands
                                               von 12 Millionen Passagieren im Jahr    beeinflussen zwangsläufig die Ent-
Der Flughafen München Franz-Josef-             1992 auf 39,7 Millionen im Jahr 2014.   wicklung der Flughafenregion. Ar-
Strauß hat seit seinem Umzug ins Er-           Das ist ein Anstieg von mehr als 230    beitsplätze und Bevölkerung haben
dinger Moos eine eindrucksvolle Er-            Prozent. Die Flugbewegungen haben       weit über den Landesdurchschnitt
folgsgeschichte geschrieben. Seine             sich in demselben Zeitraum fast exakt   zugenommen. Flughafen und Umland

Beide Fotos: Der Flughafen München © Flughafen München Gesellschaft

Existenz- und Leistungsfähigkeit ha-           verdoppelt. Dieser eindeutige Trend     sind Gestalter, Betroffene, Treiber und
ben aber auch erheblichen Einfluss             ist ungebrochen.                        Nutznießer von Änderungen der Sied-
auf die Attraktivität des gesamten                 Alle verfügbaren Prognosen und      lungsstrukturen, Optimierungen des
Wirtschafts- und Investitionsstand-            Studien zur Entwicklung des Luftver-    Straßen- und Eisenbahnnetzes oder der
orts Flughafenregion und weit darü-            kehrs lassen eindeutig erkennen, dass   Wahrung der ökologischen Funktionen
ber hinaus. Die bayerische Wirtschaft          der Luftverkehr welt-, europa- und      und Naturschönheiten. Als Nachbarn
– und die bayerischen Bürger – ver-            deutschlandweit auch in den nächsten    sind sie gefordert, den Dialog über
fügen über ein „Tor zur Welt“, das die         Jahren und Jahrzehnten weiter dyna-     die weitere Entwicklung der Region
erforderliche Mobilität zu vielen Des-         misch wachsen wird.                     zu führen. Als gute Nachbarn können

12   bau intern September/Oktober 2015
sie gemeinsame Interessen erken-               hafens München und der regionalen               mellen Gesprächen Initiativen und Ein-
nen, formulieren und durchsetzen. Als          Wirtschaft diskutieren mit dem baye-            richtungen für die partnerschaftliche
sehr gute Nachbarn können sie unter-           rischen Verkehrsminister und themen-            Zusammenarbeit in der Wachstumsre-
schiedliche Interessen anerkennen,             bezogen wechselnden Vertretern der              gion Flughafen München gewachsen
koordinieren und ausgleichen.                  Staatsministerien aktuelle und dauer-           sind, die sonst zumindest in dieser
   Mit dem Flughafen-Forum wur-                hafte Fragestellungen für die Entwick-          Form wohl nicht entstanden wären.
de eine wichtige Plattform für den             lung des Flughafenumlands.                          In Jahren 2002 und 2003 wurde un-
Dialog der Nachbarn vom damaligen                  Schon in den ersten Jahren stan-            ter der Lenkung des Flughafenforums
Verkehrsminister Dr. Otto Wiesheu              den Themen wie Wohnungsbau und                  ein Struktur- und Verkehrsgutachten
bereits im Jahr 2000 initiiert. Seine          Verbesserungen der Verkehrsanbin-               zum Flughafenumland ausgearbeitet.
Nachfolger haben die Initiative fortge-        dung im Mittelpunkt des Diskurses im            Untersucht wurde die Struktur- und
führt.                                         Flughafenforum. Dazu kamen Erörte-              Verkehrsentwicklung des Flughafen-

Mitgliedsgemeinden im Flughafenforum und im Nachbarschaftsbeirat 2006 © Flughafen München Gesellschaft

   Derzeit lädt Staatsminister Joachim         rungen zum Flächenbedarf und zur Ent-           umlandes Münchens bis 2015 mit
Herrmann halbjährlich die Landkreise           wicklung des Landschaftsbildes aber             dem Ziel einer optimalen Vernetzung
Erding und Freising, die Flughafen-            natürlich wurde auch über die weitere           der Planungen von Region und Flug-
gemeinden, die Flughafen München               Entwicklung des Flughafens selbst               hafen.
Gesellschaft (FMG) und die regionalen          diskutiert. Von Beginn an hat sich das             Das Strukturgutachten umfasste
Kammerorganisationen der Wirtschaft            Flughafenforum im Interesse eines               eine Analyse der Entwicklungen im
zum informellen Informations- und              offenen Dialogs als informelles Gremi-          Flughafenumland, eine Bestandsauf-
Meinungsaustausch ein. Landräte, Bür-          um verstanden. Die Entwicklung hat              nahme des potenziellen Flächenan-
germeister, Verantwortliche des Flug-          gezeigt, dass aus den offenen, infor-           gebots sowie eine Prognose des

                                                                                                         bau intern September/Oktober 2015 13
Wohn- und Gewerbeflächenbedarfs            Freising und Erding und der FMG ein        neben den genannten Plattformen,
bis 2015. Im Verkehrsgutachten wur-        im Vergleich zum Flughafen-Forum           Einrichtungen und Grundlagen von wei-
de insbesondere untersucht, ob die         erweiterter Kreis von Umlandgemein-        teren Dialogforen und regionalen Koo-
vorliegenden Verkehrsplanungen für         den und Wirtschaftsvertretern sowie        perationen gefördert und getragen. Die
die künftig zu erwartenden Verkehrs-       der Regionale Planungsverband und          offene, verlässliche und faire Zusam-
belastungen ausreichen. Aufgrund der       einige Bürgerinitiativen zusammen. Im      menarbeit von Umland und Flughafen
prognostizierten verkehrlichen Auswir-     Nachbarschaftsbeirat wurde zunächst        ist trotz vielfach unterschiedlicher Inte-
kungen des Flughafens München auf          über Grundfragen des Flughafenaus-         ressenlage gut etabliert. Der notwen-
sein Umland wurde dann der Hand-           baus diskutiert.                           dige Ausbau von Infrastrukturen wie
lungsbedarf zur regionalen Erschlie-           Obwohl eine Mehrheit des Nach-         Verkehrswegen, des Flughafens selbst
ßung mit dem motorisierten Individual-     barschaftsbeirats eine dritte Start- und   oder von Wohn- und Gewerbegebieten
verkehr und dem Öffentlichen Verkehr       Landebahn ablehnte und die Bürgeri-        muss allen Interessen weitmöglich ge-
formuliert.                                nitiativen mehrheitlich die Plattform      recht werden. Regionale Zusammen-
    Im Anschluss an die Struktur- und      wieder verließen, wurde die inhalt-        arbeit ermöglicht die gemeinsame Ori-
Verkehrsgutachten folgte in einer          liche Arbeit der Initiative insbesonde-    entierung aller Akteure und im besten
zweiten Stufe ein Dialogprozess für        re zu „Nicht-Startbahn-Themen“ fort-       Fall die Definition von Handlungsricht-
die Ausarbeitung eines zukunftsori-        gesetzt. Es gelang vor allem in Fragen     linien für eine insgesamt verträgliche
entierten Entwicklungskonzepts. Ziel       der Schienen- und Straßenanbindung         Entwicklung in der Wachstumsregion.
war es, auf Basis der gutachterlichen      der Flughafenregion gemeinsame In-         Die Staatsregierung unterstützt diesen
Ergebnisse der ersten Stufe durch die      teressen zu formulieren. Anfang 2013       Prozess.
beteiligten Kommunen und regionalen        hat der Nachbarschaftsbeirat die Aktu-
Akteure des Untersuchungsgebiets           alisierung des Struktur- und Verkehrs-
ein abgestimmtes Leitkonzept für die       gutachtens aus 2002 angestoßen.            Autor
räumliche Verteilung der zu erwar-             Nachdem der Prognosehorizont des
tenden zusätzlichen Einwohner- und         ersten Struktur- und Verkehrsgutach-       Karl Schumacher
Arbeitsplätze im Flughafenumland           tens zum Flughafen München und             Ltd. Ministerialrat
unter Berücksichtigung der bis 2015        dessen Umland erreicht ist, haben der      Oberste Baubehörde
voraussichtlich realisierten Verkehrsin-   Freistaat Bayern, vertreten durch das      karl.schumacher@stmi.bayern.de
frastruktur zu erarbeiten.                 Staatsministerium der Finanzen, für
    Parallel zur Ausarbeitung und zum      Landesentwicklung und Heimat und
Diskurs des Struktur- und Verkehrs-        die Oberste Baubehörde im Baye-
gutachten bildeten sich weitere Foren      rischen Staatsministerium des Innern,
und Einrichtungen der regionalen Zu-       die Landkreise Erding und Freising,
sammenarbeit.                              die Flughafen München GmbH die
    Die FMG etablierte bereits 2002        Anregung des Nachbarschaftsbeirats
eine „Stabsstelle Regionalbüro“. Das       aufgegriffen und ein Folgegutachten in
Regionalbüro versteht sich als Koordi-     Auftrag gegeben.
nierungsstelle und Brücke zwischen             Das Gutachten von 2002 soll fort-
dem Flughafen und der Region: Die          geschrieben werden. Hierzu sollen die
Stabsstelle informiert Gemeinden und       im Struktur- und Verkehrsgutachten
Bevölkerung in der Region frühzeitig       2002/2004 aufgeworfenen Untersu-
über neue Vorhaben und andere wich-        chungsgebiete aufgegriffen und im
tige Themen. Mit der Beteiligung an        Hinblick auf den neuen Prognoseho-
der konzeptionellen Lösung von Ver-        rizont 2030 fortentwickelt werden.
kehrsproblemen sowie einer ganzen          Damit wird die Flughafenregion eine
Palette weiterer Maßnahmen beteiligt       neue und aktuelle Datengrundlage für
sich der Flughafen aktiv an der Ent-       die weitere Entwicklung von Siedlung,
wicklung des Flughafenumlandes. Das        Wirtschaft und Verkehr erhalten. Um
Regionalbüro arbeitet insbesondere an      eine breite Akzeptanz bei allen regio-
der systematischen Vernetzung des          nalen Akteuren zu erreichen sollen die
Flughafens mit der Region auf den un-      Ergebnisse anschaulich und leicht ver-
terschiedlichsten Ebenen und leistet       ständlich aufbereitet werden.
dadurch wichtige Beiträge zur Weiter-          Wie das alte soll auch das neue
entwicklung der Region und des Flug-       Gutachten als gemeinsame Planungs-
hafens.                                    und Entscheidungshilfe in der Flugha-
    Ungefähr zeitgleich mit dem FMG-       fenregion für Gemeinden, Landkreise
Gesellschafterbeschluss zur Planung        und sonstige Planungsträger dienen.
einer dritten Start- und Landebahn am      Ergebnisse, die auch konkrete Hand-
Flughafen München entstand 2005            lungsempfehlungen enthalten, werden
der „Nachbarschaftsbeirat“. Im Nach-       Anfang 2016 erwartet.
barschaftsbeirat fanden sich schnell           Die partnerschaftliche Zusammen-
neben den Landräten der Landkreise         arbeit in der Flughafenregion wird

14   bau intern September/Oktober 2015
Schutz gegen Fluglärm in Bayern
Das Fluglärmgesetz

Rainer Köstler                                  sondern die Oberste Baubehörde im           Fluglärm unterscheidet sich von
                                                Bayerischen Staatsministerium des        anderen Geräuschimmissionen wie
                                                Innern, für Bau und Verkehr wahr. Die    etwa dem Straßenverkehrslärm. Wäh-
Um Anwohner von Flugplätzen vor Ge-             Oberste Baubehörde ist dabei insbe-      rend durch Straßenverkehr weitge-
fahren, erheblichen Nachteilen und Be-          sondere für den Vollzug des Gesetzes     hend gleichbleibende Geräuschimmis-
lästigungen durch Fluglärm zu schüt-            zum Schutz gegen Fluglärm zustän-        sionen verursacht werden, zeichnet
zen, hat der Deutsche Bundestag                 dig und erstellt hierzu federführend     sich Fluglärm im Wesentlichen durch
bereits im Jahr 1971 das Gesetz zum             die Entwürfe für die Rechtsverord-       unregelmäßige, intervallartige Einzel-
Schutz gegen Fluglärm (im Folgenden:            nungen.                                  schallereignisse aus. Fluglärm hat in-
Fluglärmgesetz) verabschiedet. Auf                                                       termittierenden Charakter, kurze starke
der Grundlage des Gesetzes in sei-              Definition und Beurteilung               Lärmereignisse wechseln sich mit Ru-
ner aktuellen Fassung vom 31. Okto-             von Fluglärm                             hephasen ab.
ber 2007 ist nun für bestimmte Flug-            Von Fluglärm umfasst sind nicht nur         Zur Beurteilung der Gesamtbelas-
plätze ein Lärmschutzbereich durch              die Geräuschentwicklungen eines          tung werden bestimmte (teilweise
Rechtsverordnung der Bayerischen                Luftfahrzeugs während des Fluges         gesetzlich geregelte) Beurteilungs-

Übersichtskarte eines Lärmschutzbereichs am Beispiel von Nürnberg © StMI

Staatsregierung neu bzw. erstmalig              (vor allem bei An- und Abflügen), son-   größen herangezogen. Dies sind übli-
festzusetzen.                                   dern auch Immissionen, die durch         cherweise energieäquivalente Mitte-
   Seit der Neuordnung der Geschäfts-           bodengebundene Operationen, bei-         lungspegel, die für einen definierten
bereiche der Bayerischen Staatsre-              spielsweise bei Rollbewegungen auf       Beurteilungszeitraum ermittelt werden.
gierung im Oktober 2013 nimmt die               dem Flugplatz, beim Betrieb von Hilfs-   Rechnerisch entspricht ein solcher Mit-
Aufgabe des Schutzes gegen Fluglärm             turbinen oder bei Triebwerksprobeläu-    telungspegel einer konstanten Lärmbe-
nicht mehr das Wirtschaftsressort,              fen, erzeugt werden.                     lastung, die (energie-)äquivalent zu der

                                                                                               bau intern September/Oktober 2015 15
im Beurteilungszeitraum schwanken-              sog. Datenerfassungssystem. Dieses               der Bundeswehr (AFSBw) auch die
den Lärmbelastung ist. Allgemein lässt          besteht im Wesentlichen aus Tabellen             Aufgaben des Flugplatzhalters.
sich sagen, dass eine Verdopplung               und kann – je nach Größe des Flug-                  Bei der Prüfung und Qualitätssiche-
der Flugbewegungen im Beurteilungs-             platzes – einen Umfang von mehre-                rung der umfangreichen und komple-
zeitraum zu einem Anstieg des Mitte-            ren hundert Seiten erreichen. Die im             xen Datengrundlagen wird die Oberste
lungspegels von 3 dB(A) führt.                  Datenerfassungssystem enthaltenen                Baubehörde von den Luftämtern Nord-
    Das Fluglärmgesetz berücksichtigt           Daten und fachlichen Annahmen be-                und Südbayern sowie von externen
bei der Beurteilung der Lärmbelastung           schreiben den Flugbetrieb an einem               Gutachtern unterstützt.
in der Nacht neben dem Dauerschall-             Flugplatz, wie er in zehn Jahren, dem               Aufgrund der vorgelegten Daten
pegelkriterium auch ein Häufigkeits-            Prognosejahr, zu erwarten ist.                   werden anschließend die jeweiligen
Maximalpegelkriterium. Die Verwen-                  Die notwendigen Informationen                Fluglärmpegel für das Prognosejahr
dung dieses Kriteriums zielt darauf ab,         für die Prognose, insbesondere Daten             berechnet.

Schematische Darstellung der Abläufe zum Erlass einer Lärmschutzverordnung, hier am Beispiel des Lärmschutzbereichs Nürnberg © StMI

Störungen des nächtlichen Schlafs, na-          zu Flugverfahren, Flugstrecken sowie             Zweck und Instrumente
mentlich fluglärmbedingte erinnerbare           Flugbewegungszahlen werden der                   des Fluglärmgesetzes
Aufwachreaktionen zu vermeiden, da              Obersten Baubehörde vom jeweiligen               Das Fluglärmgesetz bezweckt, durch
diese maßgeblich von der Pegelhöhe              Halter des Flugplatzes und von der mit           bauliche Nutzungsbeschränkungen in
und der Häufigkeit der Lärmereignisse           der Flugsicherung beauftragten Stel-             der Umgebung von Flugplätzen die
abhängen.                                       le (regelmäßig bei zivilen Plätzen von           Siedlungsentwicklung zu beeinflussen
                                                der Deutschen Flugsicherung GmbH)                und ist als eine Maßnahme der vor-
Prognose, Datenerfassung und                    zur Verfügung gestellt. Bei den militä-          beugenden Konfliktbewältigung anzu-
Berechnung des Fluglärms                        rischen Plätzen übernimmt seit dem               sehen. Im Fluglärmgesetz sind dazu
Die Erfassung und Vorlage der Daten-            30. Juni 2015 das Luftfahrtamt der               verschiedene Regelungen enthalten.
grundlagen für die Ermittlung eines             Bundeswehr (LufABw) anstelle des                 Diese reichen von Bauverboten und
Lärmschutzbereichs erfolgt mit einem            bisherigen Amtes für Flugsicherung               Beschränkungen der baulichen Nut-

16   bau intern September/Oktober 2015
zung, Erstattung von Aufwendungen          schutzbereiche festgesetzt, für den         Vorhersage des individuellen Lärm-
für bauliche Schallschutzmaßnahmen         Flughafen München hat das umfang-           empfindens.
bis hin zu Entschädigungsregelungen        reiche Verfahren für die Festsetzung           Das Fluglärmgesetz bildet daher
für Bauverbote und Beeinträchtigun-        eines Lärmschutzbereichs begonnen.          ein wichtiges Element innerhalb des
gen des Außenwohnbereichs.                 Aufgrund der Auswirkungen auf baye-         gesamten Fluglärmschutzes. Dane-
   Soweit die gesetzlichen Voraus-         risches Staatsgebiet wurde auch für         ben sollten in einem laufenden Opti-
setzungen vorliegen, ist der jeweilige     den Flughafen Salzburg ein Verfahren        mierungsprozess jedoch auch weitere
Flugplatzbetreiber verpflichtet die Ent-   zur Festsetzung eines Lärmschutzbe-         Maßnahmen zugunsten des Lärm-
schädigungen bei Bauverboten, die          reichs eingeleitet; dieses steht kurz       schutzes untersucht und umgesetzt
Aufwendungserstattungen und die Au-        vor dem Abschluss.                          werden (z. B. Reduzierung der Lärm-
ßenwohnbereichsentschädigungen zu              Neben den zivilen Flughäfen ist         emissionen am Flugzeug).
zahlen.                                    ebenso die Festsetzung der Lärm-
   Weitere Schallschutzmaßnahmen,          schutzbereiche für die militärisch ge-
insbesondere die des aktiven Schall-       nutzten Flugplätze in Neuburg an der        Autor
schutzes, sind anderen Regelungen          Donau und Ingolstadt/Manching be-
vorbehalten.                               reits abgeschlossen. Für den militä-        Rainer Köstler
                                           rischen Flugplatz Lechfeld sowie den        Ministerialrat
Festsetzung von                            Hubschrauberlandeplatz Ansbach-Kat-         Oberste Baubehörde
Lärmschutzbereichen                        terbach wird dies derzeit vorbereitet.      rainer.koestler@stmi.bayern.de
für bayerische Flugplätze
Ein Lärmschutzbereich wird in Gebie-       Das Fluglärmgesetz
ten außerhalb des Flugplatzgeländes,       als wichtiges Element
in denen der berechnete Fluglärmpe-        des Schutzes gegen Fluglärm
gel den gesetzlich festgelegten Wert       Die im Fluglärmgesetz normierten
übersteigt, eingerichtet. Je nach dem      Grenzwerte regeln zugleich die sog.
Maß der Lärmbelastung gliedert sich        fachplanerische Zumutbarkeits-
der Lärmschutzbereich in zwei Schutz-      schwelle, also die Schwelle, ab der
zonen für den Tag und in eine Schutz-      Belastungen durch Fluglärm in Folge
zone für die Nacht. Aufgrund der           eines Baus oder einer Erweiterung
Differenzierung zwischen Tag- und          eines Flughafens nach deutschem
Nacht-Schutzzonen ist es möglich,          Fachplanungsrecht nicht ohne Schutz-
verschiedenen schützenswerten Be-          vorkehrungen oder Entschädigungen
langen Rechnung zu tragen.                 hingenommen werden müssen.
    In den Tagstunden von 6 bis 22         Dementsprechend ist die fachplane-
Uhr sollen gesundheitsrelevante Be-        rische Zumutbarkeitsschwelle dann
lastungen vermieden und erhebliche         erreicht bzw. überschritten, wenn ein
Belästigungen verringert werden, in        Gebiet innerhalb der Tag-Schutzzo-
den Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr          ne 1 oder der Nacht-Schutzzone ge-
steht die Vermeidung von Störungen         mäß Fluglärmgesetz liegt. Das Flug-
des Nachtschlafs ebenfalls mit Blick       lärmgesetz regelt somit objektive
auf die gesundheitsrelevanten Aus-         Lärmbelastungsgrenzwerte, ab deren
wirkungen im Vordergrund.                  Überschreitung Betroffene Schutzvor-
    Die Festsetzung der Lärmschutz-        kehrungen und Entschädigungen ver-
bereiche erfolgt – wie oben erwähnt        langen können.
– durch Rechtsverordnung der Staats-           Die gängigen Regelwerke aus dem
regierung. Karten und Pläne, die Be-       Bereich des Umweltrechts, so auch
standteil der Verordnung sind, werden      das Fluglärmgesetz, gehen dabei vom
dadurch verkündet, dass diese bei der      Durchschnittsempfinden eines Betrof-
örtlich zuständigen Amtsstelle der Bay-    fenen aus. Ab welcher Lärmbelastung
erischen Vermessungsämter zu jeder-        sich ein Mensch (erheblich) belästigt
manns Einsicht archivmäßig gesichert       fühlt, ist nicht allein auf physikalische
niedergelegt werden (Übersichtskar-        Größen zurückzuführen. Zahlreiche
ten im Maßstab 1:50.000 sowie Detail-      lärmpsychologische Aspekte spielen
karten im Maßstab 1:5.000).                dabei ebenfalls eine entscheidende
    Darüber hinaus können interes-         Rolle für das Lärmempfinden eines
sierte Bürgerinnen und Bürger die          Individuums. So kann auch eine Lärm-
Übersichts- und Detailkarten auf der       belastung unterhalb der gesetzlich nor-
Homepage des Bayerischen Staats-           mierten Grenzwerte subjektiv als be-
ministeriums des Innern, für Bau und       lästigend empfunden werden. Damit
Verkehr abrufen.                           sind die gesetzlich festgelegten Grenz-
    Für die Flughäfen Nürnberg und         werte für die Behörden bindende, aber
Memmingen wurden schon Lärm-               nicht immer hinreichende Größen zur

                                                                                               bau intern September/Oktober 2015 17
Biologische Flugsicherheit
an den Flughäfen München und Nürnberg
Eine gemeinsame Aufgabe der Flugplatzbetreiber und der Behörden

Michael Frühholz                          Sicherheit des Luftverkehrs abzuweh-        Nr. 139/2014). Die Flugplatzbetreiber
                                          ren (§ 29 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz).       können dieser Verpflichtung derzeit
                                          Gleichzeitig ist es Aufgabe des jewei-      nur nachkommen, soweit ihre dazu
Der Begriff „biologische Flugsicher-      ligen Flugplatzbetreibers als Teil seiner   ggf. erforderlichen Eingriffs- und Be-
heit“ bezieht sich auf den Teil der       Betriebssicherungspflicht gemäß § 45        tretungsrechte reichen.
Flugsicherheit, auf den wildleben-        Abs. 1 Luftverkehrs-Zulassungs-Ord-             Die Flughäfen München und Nürn-
de Tiere Einfluss nehmen. Tierkollisi-    nung, das Risiko von Vogelschlägen          berg betreiben seit langem und mit
onen und insbesondere Kollisionen         durch geeignete Maßnahmen zu mini-          Erfolg umfassende Programme, um
zwischen Luftfahrzeugen und Vögeln        mieren. Wie im Einzelnen zu verfahren       das Vogelschlagrisiko zu minimieren.
(sog. Vogelschläge) stellen mögliche      ist und welche Aufgabenbereiche die         Grundlage für die Vorkehrungen und
Gefahren für die Sicherheit des Luft-     Flugplatzbetreiber bzw. die Luftfahrt-      Maßnahmen der beiden Flughafenbe-
verkehrs sowie für die öffentliche Si-    behörden betreffen, hat das damalige        treiber sind die vom DAVVL erstellten
cherheit durch die Luftfahrt dar.         Bundesministerium für Verkehr in den        Biotopgutachten, welche Empfeh-
    Der Deutsche Ausschuss zur Ver-       Richtlinien zur Verhütung von Vogel-        lungen zur Gestaltung potentiell flug-
hütung von Vogelschlägen im Luftver-      schlägen im Luftverkehr vom 13. Fe-         sicherheitsrelevanter Teile der Flug-
kehr e. V. (DAVVL) fordert bundesweit     bruar 1974 sowie mit Schreiben vom          hafenanlage und der Umgebung der
ein verstärktes Engagement aller Be-      3. April 1986 festgelegt.                   Flughäfen, insbesondere der An- und
teiligten, um das Risiko von Vogel-           Zwischenzeitlich sind europäische       Abflugsektoren, enthalten.
schlägen an deutschen Flughäfen zu        Vorschriften für die Zivilluftfahrt in          Die Vogelschlagbeauftragten der
verringern.                               Kraft getreten, die eine Überarbeitung      Flughäfen München und Nürnberg
    Der DAVVL, der seit dem Jahr 1964     der nationalen Regelungen erfordern.        sorgen für eine konsequente Umset-
als Expertengremium und nationales        Nach Artikel 8a Abs. 3 der Verordnung       zung der Empfehlungen und sam-
Vogelschlag-Komitee eingerichtet ist,     (EG) Nr. 216/2008, die mit Verordnung       meln zudem Informationen über das
hat die Aufgabe, Flugplatzbetreiber und   (EG) Nr. 1108/2009 um Anforderun-           Auftreten von Vögeln auch außerhalb
Behörden über Maßnahmen zur Erhö-         gen an die Anlage und den Betrieb von       der Flughäfen. Die Maßnahmen der
hung der biologischen Flugsicherheit      Flugplätzen erweitert wurde, müssen         Vogelschlagbeauftragten auf dem
zu beraten. Er sammelt die Meldungen      die Mitgliedstaaten für Vorkehrungen        Flughafengelände beziehen sich vor
der Piloten deutscher Luftfahrtunter-     sorgen, um Flugplätze vor Handlun-          allem auf die Gestaltung der Vegeta-
nehmen über Vogelschlagereignisse         gen und Entwicklungen in deren Um-          tion, der Gebäude und technischen
und führt eine nationale Vogelschlag-     gebung zu schützen, die inakzeptable        Einrichtungen, die Pflege der Grün-
datenbank. Sofern ein einzelner Vogel-    Gefahren für Luftfahrzeuge hervorru-        flächen (Flächenmanagement) sowie
schlag eine flugbetriebliche Störung      fen können. Die Durchführungsverord-        eine ganzjährige intensive Kontrolle
oder den Unfall eines Luftfahrzeugs       nung (EU) Nr. 139/2014 konkretisiert        der Verkehrsflächen „Flugbetrieb“ auf
verursacht, wird das Ereignis auch in     dies wie folgt:                             das Vorhandensein von Vögeln und
einer Statistik des Luftfahrt-Bundes-         Es sind Konsultationen vorzusehen       sonstigen Tieren.
amtes (LBA) erfasst.                      hinsichtlich der Tätigkeit von Men-              Anlassbezogen findet auch eine
     Aktuell warnt der DAVVL vor einer    schen und hinsichtlich der Flächennut-      Vergrämung von Vögeln und sonstigen
weiteren Zunahme der Vogelschlä-          zungen in der Umgebung von Flugplät-        Tieren statt, wobei die Vogelschlag-
ge. Anlass für diese Warnung ist die      zen einschließlich der Schaffung von        beauftragten dann insbesondere die
Anzahl der beim DAVVL gemeldeten          Flächen, die zu einer Zunahme des           Anforderungen des Jagdrechts, des
Vogelschlagereignisse, an denen Luft-     Wildaufkommens führen können.               Waffenrechts, des Natur- und Arten-
fahrzeuge deutscher Luftfahrtunter-           Das Monitoring der Flugplatzumge-       schutzrechts und des Tierschutzrechts
nehmen bei Flügen im Inland betei-        bung hinsichtlich unannehmbarer Ge-         sowie der dazu erteilten Erlaubnisse
ligt waren. Mit deutschlandweit 766       fahren für die Sicherheit der Luftfahrt     beachten müssen. Sofern die Vogel-
solcher Vorkommnisse im Jahr 2014         obliegt gemäß Art. 8a Abs. 4 VO (EG)        schlagbeauftragten im Einzelfall von
handelt es sich laut DAVVL um den         Nr. 216/2008 dem Flugplatzbetreiber.        Entwicklungen außerhalb des Flugha-
höchsten Stand der letzten fünf Jah-      Der Flugplatzbetreiber muss – neben         fengeländes Kenntnis erlangen, treten
re. Auch die vom LBA veröffentlichte      seinen Vorkehrungen zur Verringe-           Sie mit der Luftfahrtbehörde oder un-
Zahl flugbetrieblicher Störungen durch    rung des Risikos von Tierkollisionen        mittelbar mit dem Grundstücksberech-
Vogelschläge an Luftfahrzeugen deut-      auf dem Flugplatzgelände – das Vo-          tigten in Kontakt.
scher Luftfahrtunternehmen bei Flü-       gelschlagrisiko in der Umgebung des             Die Oberste Baubehörde (Sach-
gen im In- und Ausland lag im Jahr        Flugplatzes bewerten und die zustän-        gebiet IIE7) steht als Genehmigungs-
2014 mit 413 Störungen deutlich über      dige Behörde informieren, wenn eine         behörde für die Flughäfen München
den Zahlen der Vorjahre.                  Beurteilung der Situation ergibt, dass      und Nürnberg in engem Kontakt mit
    Es ist Aufgabe der Luftfahrtbehör-    eine solche Gefahr besteht (ADR.            den Vogelschlagbeauftragten und
den, betriebsbedingte Gefahren für die    OPS.B.020 in Anhang IV der VO (EU)          greift deren Hinweise auf relevante

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