Zukunftsstrategie Life Sciences und Pharma standort Österreich

Die Seite wird erstellt Robert Henkel
 
WEITER LESEN
Zukunftsstrategie
Life Sciences und Pharma­­
standort Österreich

                     www.bmwfw.gv.at
Zukunftsstrategie
Life Sciences und Pharma­­
standort Österreich
Vorwort
              Die Life Sciences haben sich als Wissenschaftsfeld, aber auch als
              wirtschaftlicher Sektor über die letzten fünfzehn Jahre mit einer
              enormen Dynamik weiterentwickelt. Verbesserte bildgebende
              Verfahren ermöglichen immer mehr Aufschluss über kleinste
              Strukturen in Körperzellen, Hochdurchsatzgeräte generieren
              Genom- bzw. Proteindaten in immer kürzerer Zeit, modernste
              Computer- und ­Informationstechnologien erlauben die Integration
              und Auswertung dieser großen Datenmengen und führen zu
              neuen Erkenntnissen. All diese Entwicklungen tragen insbeson-
              dere zum Fortschritt in Molekularbiologie, Medizin, Pharmazie und
              Medizintechnik bei und dienen in weiterer Folge dem Wohl und der
              Gesundheit der Bevölkerung.

              Diese rasanten Entwicklungen sind auch dafür verantwortlich,
              dass der Biotech- und Pharmasektor eines der konstant und
              empirisch belegbar wachsenden Wirtschaftssegmente darstellt.
              Der Life Sciences Sektor ist im Vergleich zu anderen innovativen
              Sektoren der mit Abstand innovationsfreudigste, weist mit 14,4%
              die höchste Forschungsquote auf und trägt mit 2,8% des BIP
              maßgeblich zur nationalen Wertschöpfung bei.

              Insbesondere eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich
              bedarf einer Fokussierung auf zentrale Stärkefelder. Bei der
              Entwicklung zu einem lebendigen Biotech-, Medizintechnik und
              Pharmastandort haben die Investitionen der öffentlichen Hand
              in akademische Forschung und tertiäre Bildung maßgeblich bei-
              getragen. Nicht nur wurden die Universitäten durch Stei­gerung
              der Budgets, Investitionen und durch Profilbildung in den letzten
              Jahren gestärkt, sondern es wurden auch neue Kapazitäten im
              außeruniversitären Forschungsbereich aufgebaut. Am Vienna
              Biocenter Campus in St. Marx in Wien ist ein zentraler Cluster
              entstanden, der mit den internationalen Major Players mithalten
              kann und Leuchtturm-Charakter besitzt.

              Österreich hat 2016 mit ca. 11.000 F&E Mitarbeiterinnen und
              Mitarbeitern im akademischen Bereich eine sehr gute Basis, um
              aus der Life Sciences Forschung maximalen gesellschaftlichen
              und wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Dass Entscheidungen
              zu Gunsten des Ausbaus der Forschung richtig waren, zeigen
              unter anderem die Investitionen am Standort, die durch größere

2   VORWORT
Unternehmen in den letzten Monaten entschieden wurden. Der
Standort Österreich kann heute das ernten, was in den letzten
Dekaden gesät wurde.

Darüber hinaus ist uns bewusst, dass es den Blick auf weitere
Standortpotenziale zu legen gilt. Wichtig wären die deutliche
Anhebung der Fördermittel für kompetitive Grundlagenforschung,
insbesondere beim österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF),
eine Anpassung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes im
Hinblick auf die medizinischen Universitäten sowie die Diskussion
um die aus Sicht der Industrie restriktiven Erstattungsverfahren
bei innovativen Produkten wie etwa Biologicals und Biosimilars.
Die Vorschläge, die wir dafür im Strategieprozess erhalten haben,
bieten eine wertvolle Basis für fortgesetzte politische Über­
legungen.

Unser Dank gilt den Stakeholdern aus Wissenschaft und
Wirtschaft, die sich in mehreren Phasen des partizipativen
Erstellungs­prozesses konstruktiv eingebracht haben. Die
vorliegende Strategie wird nun zur weiteren Stärkung des
Forschungs-, Innovations- und Wirtschaftsstandortes im Bereich
Life Sciences und Pharma Österreich beitragen – lassen Sie uns
diese gemeinsam umsetzen.

Dr. Reinhold Mitterlehner                      Dr. Harald Mahrer
Vizekanzler und Bundesminister für             Staatssekretär im Bundesministerium für
Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft         Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

                                                                                         3
4
Inhaltsverzeichnis
Executive Summary. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Executive Summary in Englisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Kapitel 1:
Das Zukunftsfeld Life Sciences. .  .  .  .  . 15
Kapitel 2:
Life Sciences in Österreich. .  .  .  .  .  .  .  .  . 23
2.1. Der Life Sciences und Pharmastandort Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                        24
2.2. Der österreichische Life Sciences Sektor im internationalen Vergleich. . . . . . . . . . . . .                                                       33
2.3. Förderung der Life Sciences in Österreich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                             38
2.4. SWOT Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      43

Kapitel 3:
Zukunftsstrategie Life Sciences
und Pharmastandort Österreich .  .  .  . 45
3.1. Grundlagenforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.2. Forschungsinfrastrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.3. Big Data. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.4. Personalisierte Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
3.5. Klinische Forschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.6. Wissenschafts – Wirtschaftskooperation und Translation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.7. Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3.8. Produktion und Markt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.9. Dialog Wissenschaft – Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Übersicht der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

                                                                                                                                                                  5
Executive Summary
Der Life Sciences und Pharmastandort Österreich
            Mit international sichtbaren Forschungs­           Exzellente Grundlagenforschung ist ein
            leistungen der heimischen Universitäten und        wichtiges Element einer qualitativen, for-
            außeruniversitären Forschungseinrichtungen,        schungsgeleiteten Lehre und die Basis für
            mit einer sehr gut ausgebauten und viel-           neuartige Erkenntnisse. Die Leistungen der
            schichtigen Hochschullandschaft und einem          heimischen Universitäten, Fachhochschulen
            gut funktionierenden Zusammenspiel von             und außeruniversitären Forschungseinrich-
            forschenden, produzierenden, zuliefernden          tungen in Lehre und Forschung sind daher
            und vertreibenden Unternehmen im Biotech-,         ein essentieller Beitrag für ein innovatives
            Pharma- und Medizintechnikbereich hat Öster-       wirtschaftliches Ökosystem am Life Sciences
            reich einen dynamischen und innovativen Life       und Pharmastandort Österreich und stellen
            Sciences und Pharmastandort vorzuweisen.           ein bedeutendes Glied am Anfang der Wert-
                                                               schöpfungskette dar.

                                                               Im Unternehmenssektor sind es insbesondere
                                                               die heimischen Niederlassungen großer
                                                               internationaler Pharmakonzerne, die als
Life Sciences und Pharma sind                                  Leitbetriebe den Life Sciences und Pharma­
­Stärkefelder des österreichischen                             standort Österreich wirtschaftlich prägen.
 Wissenschafts-, Forschungs- und                               Darüber hinaus hat sich über die letzten zwei
                                                               Jahrzehnte im Biotech- und Medizintechnik-
 Wirtschaftsstandorts.                                         bereich ein dynamisches Start-Up Segment
                                                               entwickelt. Die noch junge Sparte ist geprägt
                                                               von forschungsintensiven kleinen und mittle-
                                                               ren Unternehmen, die im Vergleich zu anderen
                                                               Ländern trotz des sehr risikobehafteten
            Im akademischen Life Sciences Bereich sind         Innovationsfeldes eine hohe Überlebensrate
            17 österreichische Universitäten, 14 Fach-         aufweisen. 2014 erwirtschafteten 823 Unter-
            hochschulen sowie 6 große außeruniversitäre        nehmen in den Subsektoren Biotechnologie,
            Forschungsinstitute für hochqualitative            Pharma und Medizintechnik einen Gesamt­
            Ausbildung und wissenschaftliche Forschung         umsatz von 19,11 Mrd. €, wovon 61% auf den
            aktiv tätig mit einer Konzentration im Groß-       Biotechnologie- und Pharmasektor, und 39%
            raum Wien sowie in Innsbruck und Graz. Als         auf den Medizintechniksektor entfallen.
            ein Indikator zur Messung der Wettbewerbs-
            fähigkeit der Grundlagenforschung in Europa        Der gesamte Bruttowertschöpfungsanteil
            wird oft das Einwerben von renommierten            der Biotech-, Pharma- und Medizintechnik-
            Preisen des European Research Council (ERC)        branche liegt unter Berücksichtigung von
            herangezogen. Bezogen auf die Bevölkerung          Folgeeffekten mit 9,6 Mrd. € bei 2,8% des
            liegt Österreich mit Stichdatum April 2016         österreichischen BIP und leistet mit etwa
            bei der Anzahl an eingeworbenen ERC Life           63.000 Personen einen Beitrag von rund 1,7%
            Sciences Grants an hervorragender vierter          zur Gesamtbeschäftigung. Alleine hinsichtlich
            Stelle, gleich hinter der Schweiz und Israel und   der direkten Wertschöpfung trägt die Bio-
            fast gleichauf mit Dänemark.                       tech-, Pharma- und Medizintechnikbranche

6           EXECUTIVE SUMMARY
mit 4,7 Mrd. € mehr zum BIP bei als etwa die       Infrastruktur. Mit der geopolitischen Lage
       Branchen Gastronomie oder Beherbergung.            in Zentraleuropa und seiner Geschichte hat
       Die Umsatzzahlen, die hohe Wertschöpfung           Österreich nach wie vor eine spezielle Rolle als
       und die hohe Zahl an Arbeitsplätzen für quali-     Drehscheibe zu mittel- und osteuropäischen
       fiziertes Personal unterstreichen die volkswirt-   Ländern inne. Für Unternehmen fällt weiters
       schaftliche und sozioökonomische Relevanz          positiv ins Gewicht, dass in Österreich eine
       des Life Sciences Unternehmenssektors.             durch die Sozialpartnerschaft geprägte hohe
                                                          Zufriedenheit der Arbeitnehmerinnen und
       Während im Grundlagenforschungsbereich             Arbeitnehmer herrscht.
       die Stärkefelder in den Life Sciences breiter
       aufgestellt sind, stechen im Unternehmens-         Insbesondere Gründerinnen und Gründer
       sektor insbesondere die Schwerpunkte               sowie forschungsintensive Unternehmen pro-
       Onkologie, Immunologie und Hämatologie             fitieren von einem guten und wirkungs­vollen
       hervor. Entsprechend prominent am heimi-           Förderportfolio für die Unternehmensland-
       schen Unternehmenssektor vertreten sind            schaft bzw. der Option der Kapitalaufstockung
       daher Forschung und Entwicklung an neuen           durch entsprechende Fonds (Gründerfonds,
       Impfstoffen, Forschung, Entwicklung und            Mittelstandsfonds, Business Angels Fonds)
       Produktion von Biologicals und Biosimilars,        und von den hohen steuerlichen Forschungs-
       sowie die Entwicklung und Produktion von           incentives (Forschungsprämie 12%). Eine
       Plasmaprodukten. Ebenso bedeutend ist              Wirkungs­analyse der durch die öffentliche
       der Medizinproduktesektor, der mit einer           Hand vergebenen Fördermittel auf die Mo-
       Spezialisierung auf hochtechnologische und         bilisierung von privatem Kapital zeigt im Life
       Nischenprodukte den zweiten Subsektor im           Sciences Sektor eine Hebelwirkung von 1 : 8.
       dynamischen und innovativen österreichischen
       Life Sciences Ökosystem darstellt.                 Zu den spezifischen Faktoren zählt insbeson-
                                                          dere die am Life Sciences und Pharmastand-
       Allgemeine und spezifische Faktoren tragen         ort Österreich vorhandene kritische Masse an
       zur Attraktivität des Life Sciences und            hochqualifizierter Expertise und Kompetenz,
       Pharmastandortes bei. Zu den allgemeinen           die positive Resonanz und Interaktion in unter­
       Faktoren zählen die hohe Lebensqualität und        schiedlicher Form zwischen akademischem
       Sicherheit des Landes, exzellente Versorgung       und Unternehmenssektor und innerhalb des
       mit Ressourcen wie beispielsweise Energie          Unternehmenssektors selbst zulässt und
       und Wasser sowie das Vorhandensein von             damit ein bestimmender Vorzeigefaktor dieses
       gut ausgestatteter und funktionierender            Ökosystems ist.

Vision und Strategie
       Die Vision ist, durch Verbesserung von             Vorliegende Strategie berücksichtigt nur ein
       spezifischen Rahmenbedingungen bzw.                spezifisches Segment der Life Sciences, nämlich
       durch das Schaffen von Synergien unter             jenes im Kontext von Gesundheit, Medizin und
       Aus­nützung von Komplementaritäten das             Pharma, da parallel eine Bioökonomiestrategie
       ­österreichische Life Sciences Ökosystem           entwickelt wird. Insofern richtet sich der Fokus
        noch zu verbessern und die Standortattrak-        dieses Strategiedokuments auf Forschung,
        tivität nachhaltig zu stärken und auszubauen,     Entwicklung, Produktion und Anwendung in der
        um im inter­nationalen Wettbewerb erfolg-         medizinischen und molekularen Biologie und
       reich mitzuhalten und die Innovations- und         Biotechnologie (rote Biotechnologie), (Bio-)
       Wertschöpfungskraft des Life Sciences              Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie und
       Sektors weiter zu steigern.                        Medizintechnik.

                                                                                                         7
Die öffentliche Hand hat über die letzten zwei
                                                               Jahrzehnte gezielt in den Aufbau der Life
Die vorliegende Strategie ist ein                              Sciences, des Biotechnologie-, Pharma- und
politisches Bekenntnis zur Weiter­                             Medizintechniksektors investiert, damit eine
entwicklung des Life Sciences und                              positive Entwicklung angestoßen und die
                                                               entsprechende kritische Masse geschaffen,
Pharmastandortes Österreich                                    sodass der Life Sciences und Pharmastand-
                                                               ort Österreich heute dieses bereits erwähnte
                                                               leistungsfähige, erfolgreiche und dynamische
                                                               Ökosystem darstellt. Jedoch trotz internati-
                                                               onal konkurrenzfähiger Wissenschafts- und
            International betrachtet wächst der Life           Forschungsaktivitäten auf nationaler Ebene
            Sciences Sektor stark. Abgesehen von               sowie einem wachsenden Unternehmens-
            den traditionell in diesem Segment stark           sektor mit Umsatzsteigerungen von rund
            auftretenden Staaten wie den USA, dem              8% im Zeitraum 2012 – 2014 unterliegt der
            Vereinigten Königreich, Deutschland, Schweiz,      österreichische Life Sciences und Pharma­
            den Niederlanden und den skandinavischen           standort sowohl im Wissenschafts- als auch
            Ländern ist weltweit ein Trend zur Intensivie-     im Unternehmensbereich einem starken
            rung der Aktivitäten im Life Sciences Bereich      internationalen Konkurrenzdruck.
            zu erkennen.
                                                               Die vorliegende Strategie des BMWFW
            Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass          dient dazu, ein politisches Bekenntnis zur
            die rasante Technologieentwicklung in den          Weiterentwicklung des Life Sciences und
            Life Sciences, aber auch sich verändernde          Pharmastandortes zu geben und dessen
            recht­liche und wirtschaftliche Rahmenbe­          Vorzüge zu verdeutlichen. Zahlreiche Akteu-
            dingungen zu einer Modifikation der For­           rinnen und Akteure haben sich in Round Table
            schungskulturen führen, auf die es gilt, sich      Diskussionen und in einer Online Konsultation
            durch entsprechen­de Anpassungen best­             in den Strategieprozess mit Expertise und
            möglich einzu­stellen.                             Vorschlägen eingebracht.

Strategische Maßnahmen
            Im Zuge der Strategie-Erstellung wurden 27         In der Grundlagenforschung steht das An-
            Maßnahmen identifiziert, die in den nächsten       stoßen strategischer Kooperationen und das
            ein bis zwei Jahren bzw. mittelfristig umge-       Heben von Synergien in Lehre und Forschung
            setzt werden sollen. Darüber hinaus gilt es, die   im universitären und außeruniversitären Life
            Rahmenbedingungen kontinuierlich entspre-          Sciences Bereich im Vordergrund, um mit der
            chend der durchgeführten SWOT-Analyse              internationalen Forschungsdynamik mitzuhal-
            mittel- und langfristig anzupassen.                ten und maximale internationale Sichtbarkeit
                                                               zu erreichen.
            In folgenden strategischen Leitlinien wurden
            konkrete Maßnahmen ausgearbeitet und               In den Handlungsfeldern Forschungs­
            stehen vor der Umsetzung:                          infrastrukturen und Big Data sind wichtige

8           EXECUTIVE SUMMARY
Ziele, den Zugang zu modernster, hochtech-          Partner der österreichischen Universitäten
nologischer Forschungsinfrastruktur durch           und außeruniversitären Forschungseinrich-
Beteiligung an europäischen Forschungs-             tungen soll das Translational Research Center
infrastrukturen sowie durch Ausbau und              die Aufgabe übernehmen, Ergebnisse der
synergistische Nutzung von Core Facilities          Grundlagenforschung, die ein vielversprechen-
zu sichern bzw. ein zukunftsweisendes,              des Potenzial für die Entwicklung marktfähiger
nachhaltiges Konzept für e-Infrastrukturen          innovativer Arzneimittel besitzen, zu identifi-
und Datenmanagement in den Life Sciences            zieren, diese nach industriellen Maßstäben zu
umzusetzen.                                         validieren und die Frühphase der Produktent-
                                                    wicklung einzuleiten. Damit soll die Lücke,
Auf nationaler Ebene und im Zusammenhang            die es im Transfer von Erkenntnissen aus der
mit internationalen Initiativen soll eine bessere   Grundlagenforschung in die Anwendung im
Koordination von Forschungsaktivitäten              Life Sciences Bereich gibt, besser geschlos-
und –strukturen im Bereich Personalisierte          sen werden.
Medizin erreicht werden.
                                                    In den Handlungsfeldern Unternehmen bzw.
Die Attraktivität des klinischen Forschungs­        Produktion und Markt sind die Hauptanliegen
standortes Österreich soll durch eine mit allen     das Schaffen von exzellenten Rahmenbedin-
Akteuren abgestimmte Prozessoptimierung             gungen für die Gründung und Kapitalaufsto-
gesichert werden. Einer der Leuchttürme             ckung junger Biotech-Unternehmen sowie
dieses Maßnahmenpaketes ist die Einrichtung         für die Produktionsstätten der in Österreich
einer gemeinsam durch BMWFW und BMGF                niedergelassenen Pharmaunternehmen.
koordinierten Arbeitsgruppe zu klinischen
Studien unter Einbindung aller Stakeholder zur      Hervorzustreichen ist in diesem Zusam-
Stärkung des klinischen Forschungsstandor-          menhang die geplante Einführung von
tes Österreich. Durch Informationsaustausch         Verwaltungsvereinfachungen. Hoher
und Diskussion zu Schwerpunktthemen wie             Bürokratieaufwand, der sich durch teilweise
beispielsweise die anstehende Umsetzung             überfrachtete gesetzliche Bestimmungen
der neuen EU Clinical Trials Regulation, der        und Verordnungen ergibt, belastet in Summe
Vertragsgestaltung oder Ausbildung sollen           österreichische Unternehmen und verringert
Schnittstellenfunktionen verbessert und die         deren Wettbewerbsfähigkeit. Zur Identifi-
komplexen Abläufe der klinischen Forschung          zierung bürokratischer Hemmnisse ist das
optimiert und damit für alle beteiligten Akteu-     Einsetzen einer gemischten Arbeitsgruppe
rinnen und Akteure in Academia und Industrie        (Stakeholder, Sozialpartner und Ministerien)
leichter handhabbar werden.                         vorgesehen, die die für den Sektor relevanten
                                                    Materien zusammenträgt.
Essentiell für den Innovationsstandort Öster-
reich ist das Ziel, die Wissenschafts-Wirt­         Ein aktiver Dialog Wissenschaft – Gesell­
schaftskooperation zu fördern und die               schaft ist als horizontales Thema für alle
Translation von Erkenntnissen aus der Life          Handlungsfelder von Bedeutung, um breite
Sciences Grundlagenforschung in die Anwen-          Akzeptanz der Gesellschaft für die prioritäre
dung effektiv und effizient zu gestalten.           Rolle von Wissenschaft, Forschung und
                                                    Innovation in den Life Sciences für Lebens-
Ein weiteres Leuchtturmprojekt ist die Errich-      qualität und Gesundheit sowie für Sicherung
tung eines Translational Research Centers mit       von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand zu
Fokus auf medizinische Biotechnologie. Als          erreichen.

                                                                                                    9
Executive Summary
The Austrian life sciences and
pharmaceutical sector
             Austria exhibits a dynamic and innovative          Excellent basic research is an important
             life sciences and pharmaceutical landscape         element for high quality, research-oriented
             with regard to the high research profile of its    teaching and is the basis for new discoveries.
             universities and non-university research insti-    The achievements of the Austrian universities,
             tutions, its well developed and diverse tertiary   universities of applied sciences and non-uni-
             sector and its effective ecosystem of biotech,     versity research institutions in teaching and
             pharmaceutical and medtech companies with          research are therefore an essential contribu-
             diverse portfolios in research, production,        tion to the innovative ecosystem within the
             supply and distribution.                           biotech and pharmaceutical sector. Moreover,
                                                                they represent a significant element at the
                                                                start of the value chain.

                                                                In the business sector there are primarily the
                                                                subsidiaries of large international pharma-
                                                                ceutical enterprises which act as flagships in
Life sciences and pharma are                                    the Austrian life sciences and pharmaceutical
core areas within Austria’s science-,                           sector. In addition a dynamic start-up seg-
research- and business location.                                ment in biotech and medical technology has
                                                                developed over the last twenty years. Still
                                                                young, these sectors are characterised by
                                                                research-intensive small and medium-sized
                                                                companies which feature a relatively high
                                                                ­survival rate compared to other countries
             17 universities, 14 universities of applied         despite the high risk associated with this
             sciences and 6 large non-university research        innovative field. In 2014, 823 companies in
             institutes are actively engaged in high             the subsectors biotechnology, pharmaceuti-
             quality teaching and scientific research in         cals and medical technology generated a
             the academic life sciences field, the majority      total turnover of 19.11 billion euros, with the
             of which located in the Vienna region as well       biotechnology and pharmaceutical sector
             as in Innsbruck and Graz. The number of             accounting for 61%, and the medical techno-
             the prestigious European Research Council           logy sector for 39%.
             (ERC) grants awarded is often used as an
             indicator for measuring the competitiveness        At 9.6 billion euros of gross added value,
             of basic research in Europe. By reference date     taking indirect and secondary effects into
             April 2016 counting the number of ERC Life         account, the biotech, pharmaceutical and
             Sciences Grants based on the population            medical technology sector amounts to 2.8%
             sizes, Austria excellently ranks fourth right      of the Austrian GDP and with a workforce of
             behind Switzerland and Israel and almost level     around 63,000 people makes up about 1.7%
             with Denmark.                                      of the overall employment. Looking only at

10           EXECUTIVE SUMMARY IN ENGLISH
the direct added value at 4.7 billion euros,      water, and the presence of well-equipped
       the biotech, pharmaceutical and medical           and efficient infrastructure. Due to its history
       technology sector contributes more to the         and geopolitical position in central Europe,
       GDP than e.g. the segments of catering or         Austria still is a hub for central and eastern
       accommodation. The high turnover as well as       European countries. Moreover, companies
       the added value and the considerable number       also appreciate the high level of satisfaction
       of posts for highly qualified staff underscore    amongst employees as a result of Austria's
       the economic and socioeconomic relevance of       social partnership.
       the life sciences business sector.
                                                         Start-up companies and research-intensive
       While the core areas of basic research within     companies in particular benefit from a
       the life sciences are more diverse, the key       well-structured, effective funding portfolio
       fields in the industrial sector are oncology,     and the option of recapitalisation through
       immunology and haematology. Consequently          appropriate funds (start-up funds, SME ­
       research, development and production of new       funds, business angels’ funds) and from the
       vaccines, biologicals and biosimilars as well     considerable tax incentives for research ­
       as development and production of plasma           (12% Tax Credit). An analysis of the impact of
       products feature prominently in the domestic      public funding on the mobilisation of private
       business sector. With specialisation in high      capital shows a leverage effect of 1 : 8 in the
       tech and niche products the medical devices       ­life sciences sector.
       sector represents the second subsector in
       Austria's dynamic and innovative life sciences    The most prominent specific factor which in
       ecosystem.                                        particular enables positive resonance and
                                                         interactions both between the academic and
       General and specific factors contribute to        business sectors and within the business
       the appeal of Austria as a location for the       sector itself is the critical mass of highly
       life sciences and pharmaceutical industry.        qualified expertise and competence available
       General factors include the country’s high        in Austria in this field and is therefore a
       quality of life, safety and security, excellent   distinctive determining factor of the national
       provision with resources such as energy and       life sciences and pharma ecosystem.

Vision and strategy
       The vision and thus basis for the present         The present strategy only relates to a specific
       strategy document is to further improve the       segment of the life sciences field, the health­
       Austrian life sciences ecosystem and to en-       related life sciences, since a bio-economy
       hance or, respectively, sustain the attractive­   strategy is being developed in parallel.
       ness of the location in order to succeed in the   Consequently this strategy document focuses
       strong international competition and to further   on research, development, production and
       increase innovation and added value of the life   application in medical and molecular biology
       sciences sector. This vision shall be achieved    and biotechnology (red biotechnology), (bio-)
       by improving relevant framework conditions        medicine, veterinary medicine, pharmacy and
       and by creating synergies by exploiting           medical technology.
       complementarities.

                                                                                                        11
Over the past twenty years Austrian public
                                                                 authorities have been considerately support­
The present strategy is a political                              ing the establishment and strengthening of
commitment for the further                                       the life sciences, biotechnology, pharma and
development of the life sciences                                 medical technology sectors, resulting in a
                                                                 corresponding critical mass and expertise
and the pharmaceutical sector in                                 and thus guaranteeing today’s efficient,
Austria.                                                         successful and dynamic Austrian life sciences
                                                                 and pharmaceutical ecosystem. Irrespective
                                                                 of internationally competitive, excellent
                                                                 science and research at national level and
                                                                 a growing business sector showing an 8%
             From an international perspective the life          increase in turnover between 2012 and 2014,
             sciences sector is thriving. In addition to the     Austrian life sciences and pharmaceutical
             countries traditionally prominent in this sector    enterprises and research institutions are
             such as the USA, the United Kingdom, Ger-           subject to strong international competitive
             many, Switzerland, the Netherlands and the          pressure.
             Scandinavian countries, there is a worldwide
             trend towards intensifying activities in the life   Therefore this present strategy developed
             sciences area.                                      by the Federal Ministry of Science, Research
                                                                 and Economy (BMWFW) serves to provide a
             Additionally the increasingly rapid techno-         political commitment to further develop and
             logy-development and turnover in the life           strengthen Austria's position as an excellent
             sciences as well as changing legal frameworks       and internationally competitive location for
             and the economic environment cause trans-           life sciences and the pharmaceutical sector.
             formations of established research cultures.        Numerous stakeholders have taken part in the
             It is therefore important to duly consider the      strategy process through round table discus-
             developments and implement appropriate              sions and an online consultation contributing
             provisions and measures.                            their expertise and suggestions.

Strategic measures
             During the strategy process 27 tangible             The focus in basic research is on initiating
             short and medium term measures have been            strategic cooperations and increasing syner-
             identified. Moreover, it is also essential to       gies in teaching and research in the university
             continuously adapt framework conditions in          and non-university life sciences area in order
             the medium and long term following the SWOT         to keep up with the international research
             analysis results on the Austrian life sciences      dynamics and to maximise the international
             and pharma landscape.                               visibility.

             Concrete measures were devised and are              The areas research infrastructure and
             ready to be implemented in the following            big data are targeted to guarantee access
             strategic areas:                                    to state-of-the-art, high-tech research

12           EXECUTIVE SUMMARY IN ENGLISH
infrastructures by participating in European         of Austrian universities and non-university
research infrastructures and by further              research institutions, the Translational
development and increased synergistic use of         Research Centre’s tasks will be the identifica-
core facilities. Another goal is the implementa-     tion of basic research results with promising
tion of a forward-looking, sustainable concept       potential for the development of marketable
for e-infrastructures and data management in         innovative medicinal products, their validation
the life sciences.                                   using industry standards and the initiation of
                                                     early-stage product development. This shall
Research activities and structures in the area       better bridge the still existing translation gap
of personalised medicine are to be better            from basic research to industrial development
coordinated at national level and aligned with       in the life sciences.
international initiatives.
                                                     The main objective in the areas business,
A coordinated process optimisation shall con-        production and market is the development
tribute to sustain Austria’s attractiveness as a     of excellent framework conditions for the
location for clinical research. To achieve this,     founda­tion and recapitalisation of young
a stakeholder task force jointly coordinated by      biotech companies and for the production
the Federal Ministry of Science, Research and        facilities of pharmaceutical companies
Economy (BMWFW) and the Federal Ministry             established in Austria.
of Health and Women’s Affairs (BMGF), will be
implemented with the aim to improve inter­           In this context the intended streamlining of
faces and to optimise the complex procedures.        administrative procedures is an important
The task force will serve as discussion and          measure. The considerable administrative
exchange platform for primary subject matters        burden resulting from partially excessive
such as the pending implementation of the            statutory provisions and regulations limits
EU clinical trials regulation, contract design or    Austrian companies and reduces competi-
training and education.                              tiveness. In order to identify administrative
                                                     barriers a task force (stakeholders, social
The goal of promoting cooperation between            partners and ministries) will be established
science and industry and translating                 and collate all relevant matters and facts.
discoveries from basic life sciences research
into applications efficiently and effectively is     An active dialogue between science and
essential for Austria’s position as a location for   society as important cross-cutting theme
innovation.                                          shall result in a broad societal acceptance
                                                     for the pivotal roles of science, research and
Another flagship project is the establishment        innovation in the life sciences to assure quality
of a Translational Research Centre focus-            of life and health as well as competitiveness
sing on medical biotechnology. As partner            and prosperity.

                                                                                                     13
14   DAS ZUKUNFTSFELD LIFE SCIENCES
K A P I T E L 1:

Das Zukunftsfeld
Life Sciences

Life Sciences                                Strategie
Die Life Sciences sind ein F&E intensives­   Das BMWFW hat gemeinsam mit den be­
­Zukunftsfeld von hoher Relevanz für         troffenen Akteurinnen und Akteuren eine
G­ esellschaft und Wirtschaft.               ­Strategie entwickelt, um den Standort Öster-
                                             reich im Bereich der Life Sciences zu stärken.

                                                                                              15
Bedeutung der Life Sciences für
Gesellschaft und Wirtschaft
            Noch nie waren die Life Sciences so span-        wickelt, in klinischen Studien getestet oder
            nend wie im postgenomischen Zeitalter.           kommen bereits zur Anwendung. Diese und
            Seit der Sequenzierung des menschlichen          weitere Entwicklungen tragen unter anderem
            Genoms zur Jahrtausendwende hat nicht nur        zur Etablierung der Personalisierten Medizin
            in der Sequenziertechnologie ein enormer         bei, deren Ziel es ist, basierend auf individu-
            Fortschritt stattgefunden, sondern auch          eller biologischer Konstitution die optimale
            in anderen Methoden und Technologien             Behandlung und Therapie zu finden.
            der Life Sciences, etwa in der Weiterent­
            wicklung von bildgebenden Verfahren, in der      Neben diesen direkten Effekten der Life
            Aufklärung von Proteinstrukturen oder im         Sciences für Gesundheit und Wohlergehen
            Kultivieren von Zellen. Dadurch lassen sich      des Individuums sind gesellschaftliche und
            immer mehr Erkenntnisse über Abläufe in der      volkswirtschaftliche Aspekte zu nennen.
            Zelle, in Geweben und Organen bis hin zum        Wenn durch innovative Ansätze oder Produkte
            gesamten Organismus gewinnen und tragen          zielgenaue, effektive Therapien zum Einsatz
            so zum Verständnis für das komplexe System       kommen, erfolgt der Heilungsprozess schnel-
            Leben bei.                                       ler bzw. können chronische Beschwerden
                                                             gelindert und damit Behandlungszeiten,
                                                             Krankenhausaufenthalte und Pflegeaufwand
                                                             reduziert werden. Weiters ergibt sich dadurch
                                                             auch eine positive Rückkoppelung durch
                                                             Verminderung der Krankenstandstage. Somit
Forschung und Entwicklung in                                 leisten die Life Sciences einen bedeutenden
den Life Sciences sind die Basis                             Beitrag in der Bewältigung der großen
                                                             gesellschaftlichen Herausforderung Gesund-
für Fortschritt in der Medizin                               heit und Lebensqualität, auch im Kontext des
und ­generieren positive                                     demografischen Wandels.
­volkswirtschaftliche Effekte.
                                                             Die (Weiter)Entwicklung zu innovativen
                                                             marktfähigen Produkten und Dienstleistun-
                                                             gen auf Basis von Erkenntnissen, die in der
                                                             Grundlagen- und anwendungsorientierten
            Das wachsende Wissen über molekulare             Forschung gewonnen werden, erfolgt
            Abläufe des Lebens, vor allem wenn diese         letztendlich durch den Unternehmenssektor.
            außer Funktion geraten, ist die Basis für Ent-   Erfolgreiche Entwicklungen, Markteinführun-
            wicklungen in Medizin und Pharmazie. Neue        gen und Gewinne sind für einen gesunden
            Erkenntnisse eröffnen Ideen und Potenzial für    Unternehmenssektor wesentlich und gene-
            innovative Präventions-, Diagnose- und Thera-    rieren positive volkswirtschaftliche Effekte,
            pieansätze. So werden derzeit etwa Immun-,       insbesondere in Hinblick auf Beschäftigten-
            Zell- bzw. Stammzell- oder Gentherapiean-        zahlen, Dienstleistungen und Reinvestitionen
            sätze intensiv durch die Forschung weiterent-    in Forschung und Entwicklung.

16          DAS ZUKUNFTSFELD LIFE SCIENCES
Der Begriff Life Sciences im
Strategieverständnis
           Das hier verwendete Begriffsverständnis von                               Medizin, der Pharmazie und Medizintechnik.
           Life Sciences fokussiert vorwiegend auf den                               Die abgebildeten Aktivitätsfelder erstrecken
           Gesundheitsaspekt und somit auf Forschung,                                sich entlang der gesamten Wertschöpfungs­
           Entwicklung und Anwendung in der me-                                      kette von der erkenntnisgetriebenen Grund­
           dizinischen und molekularen Biologie und                                  lagenforschung über translationale und
           Biotechnologie (rote Biotechnologie), (Bio-)                              angewandte Forschung bis hin zu Produktion
                                                                                     und Markt.

                                                                                     Der im vorliegenden Strategiepapier ver-
                                                                                     wendete Begriff Life Sciences ist bewusst
Die Strategie fokussiert auf die                                                     eingeschränkt definiert und umfasst nicht alle
Life Sciences im Gesundheitsbereich                                                  Wissenschafts- und Forschungsbereiche, die
                                                                                     allgemein unter der Bezeichnung Life Sciences
und somit auf Forschung,                                                             verstanden werden.
Entwicklung und Anwendung in
der medizinischen und molekularen                                                    Diese Fokussierung wurde deshalb unter-
                                                                                     nommen, weil derzeit auch eine Bioökonomie
Biologie und Biotechnologie,                                                         Strategie entwickelt wird, die unter anderem
(Bio-)Medizin, der ­Pharmazie und                                                    die Agrar- und industrielle Biotechnologie in
Medizintechnik.                                                                      Zusammenhang mit nachhaltiger Ressour-
                                                                                     cenverfügbarkeit sowie Ernährungs- und
                                                                                     Energiesicherheit abdeckt.

Die Vision
           Österreich ist ein aktiver und weltweit top                               Verbesserung von spezifischen Rahmen-
           gereihter Life Sciences Standort mit inter­                               bedingungen bzw. durch das Schaffen von
           national sichtbarer, exzellenter Wissenschaft                             Synergien unter Ausnützung von Komplemen-
           und Forschung sowie einer wachsenden                                      taritäten das ö
                                                                                                   ­ sterreichische Life Sciences
           Unternehmenslandschaft. Der Life S  ­ ciences­                            Ökosystem noch zu verbessern und die
           Sektor ist im Vergleich zu anderen innovativen                            Standortattraktivität nachhaltig zu stärken
           Sektoren der mit Abstand innovationsfreu-                                 und auszubauen, um im internationalen
           digste, weist die höchste Forschungsquote                                 Wettbewerb erfolgreich mitzuhalten und die
           auf und trägt maßgeblich zur nationalen                                   Innovations- und Wertschöpfungskraft des
           Wertschöpfung bei1. Die Vision ist, durch                                 Life Sciences Sektors weiter zu steigern.

           1 EU (2015): The 2015 EU Industrial R&D Investment Scoreboard;
           Haber, G. (2016): Life Sciences und Pharma: Ökonomische Impact Analyse.

                                                                                                                                 17
Die Mission
      Die genannten gesundheits-, gesellschafts-      den Aktionsplan Biotechnologie3) den Sektor
      und wirtschaftsrelevanten Effekte sind          wissenschaftlich und wirtschaftlich systema-
      die Gründe für ein starkes Bekenntnis des       tisch aufgebaut und damit im internationalen
      Bundesministeriums für Wissenschaft,            Vergleich stark positioniert.
      Forschung und Wirtschaft (BMWFW) zur
      Weiterentwicklung und Stärkung des Life         Weitere Akzente zur Stärkung der
      Sciences Standortes Österreich, das durch       Grundlagenforschung, Verbesserung der
      die vorliegende Zukunftsstrategie unter­        Rahmenbedingungen für die translationale
      mauert wird.                                    Forschung sowie zur stärkeren Beteiligung
                                                      an relevanten aktuellen Strömungen der Life
      Die für Wissenschaft, Forschung und Tech-       Sciences tragen dazu bei, die Exzellenz und
      nologie zuständigen Ressorts der österrei-      die internationale Sichtbarkeit noch weiter
      chischen Bundesregierung haben bereits          zu erhöhen und die Basis für Innovationspro-
      in den 1990er Jahren die Bedeutung dieser       zesse in den Life Sciences zu festigen. Zudem
      Effekte und damit des Zukunftsfeldes der Life   stellen Maßnahmen zur Verbesserung der
      Sciences erkannt und durch eine Reihe von       unternehmerischen Rahmenbedingungen ein
      Maßnahmen (u.a. das Österreichische Genom-      klares politisches Bekenntnis für den Bio-
      forschungsprogramm GEN-AU, den Auf- und         tech-, Pharma- und Medizintechnikstandort
      Ausbau der Life Sciences Forschungsinstitute    Österreich dar. Hier gilt es insbesondere auf
      der Österreichischen Akademie der Wissen-       stabile Konditionen und die Planbarkeit des
      schaften (ÖAW), durch Profilbildung an den      österreichischen Heimmarktes zu achten, um
      Universitäten, das Biotechnologiememoran­       die Akteure zu motivieren, in den Standort zu
      dum zwischen den damals noch getrennten         investieren und den Sektor als Innovations­
      Wissenschafts- und Wirtschaftsministerien,      motor weiterzuentwickeln.
      das Life Science Austria Programm LISA2, und

      2 Life Science Austria [21.06.2016]             3 BMWFJ (2013): Aktionsplan Biotechnologie des Bundesministeriums für
                                                      Wirtschaft, Familie und Jugend

18    DAS ZUKUNFTSFELD LIFE SCIENCES
Hintergründe, Wechselwirkungen und
übergeordnete Ziele
                   Der Life Sciences Sektor wächst nicht nur                                   anzupassen gilt. Ziel ist es, alle Akteure auf diese
                   in Österreich, sondern auch international                                   geänderten Rahmenbedingungen bestmöglich
                   entgegen den Trends anderer Sektoren                                        einzustellen und neue Prozesse, Strukturen und
                   überdurchschnittlich und auf hohem Niveau.                                  Formen von Kooperation zu etablieren.
                   Trotz konkurrenzfähiger Wissenschafts- und
                   Forschungsleistungen auf nationaler Ebene                                   Das Innovationssystem in den Life Sciences
                   und Umsatzsteigerungen von rund 8% allein                                   zeichnet sich nicht nur durch eine enge
                   in den Jahren 2012-2014 unterliegt der Sektor                               Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft
                   in Österreich sowohl im Wissenschafts- als                                  entlang des gesamten Innovationsprozesses
                   auch im Unternehmensbereich einem starken                                   aus. Es gibt darüber hinaus vielfältige Wech-
                   internationalen Konkurrenzdruck. Besonders                                  selwirkungen mit dem Gesundheitssystem
                   stark zeigt sich dies z.B. beim Wettbewerb um                               und regulatorischen Behörden, die teilweise
                   die „besten Köpfe“ und bezüglich der besten                                 auf unterschiedlichen Interessen fußen und zu
                   Rahmenbedingungen für den Forschungs-                                       Zielkonflikten führen können.
                   und Unternehmensstandort. Ziel ist es daher,
                   die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs-                                    Insbesondere innovative Therapieansätze sind
                   und Unternehmensstandortes zu festigen.                                     gerade zu Beginn der Markteinführung kosten-
                                                                                               intensiv. Das österreichische Gesundheitssys-
                   Zudem bewirken die rasante Technologieent-                                  tem ist bestrebt, allen Menschen in Österreich
                   wicklung in den Life Sciences sowie geänderte                               eine qualitativ hochwertige medizinische, the-
                   rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbe-                                    rapeutische und pflegerische Betreuung und
                   dingungen (z.B. die Clinical Trials Regulation4                             gleichzeitig einen fairen und gleichen Zugang
                   oder die General Data Protection Regulation5                                zum Gesundheitssystem zukommen zu lassen.
                   der Europäischen Union) Veränderungen in                                    Die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems
                   den akademischen und unternehmerischen                                      ist dabei ein essentieller Aspekt, der eine prä-
                   Forschungskulturen, an die es sich entsprechend                             zise Abwägung von Nutzen, Wirkungen, Kosten
                                                                                               und Umsetzbarkeit verlangt. Damit stehen das
                   4 European Union, DG Health and Food Safety: Clinical trials - Regulation   Wohlergehen der Patientinnen und Patienten,
                   EU No 536/2014 [21.06.2016]
                   5 European Union, DG for Justice and Consumers: Regulation (EU)
                                                                                               die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems,
                   2016/679 [21.06.2016]                                                       die Entwicklungen von Innovationen durch
                                                                                               Unternehmen sowie deren Abgeltung in einem
                                                                                               von der öffentlichen Hand geregelten aber
Abbildung 1: Wechselwirkungen und Zielkonflikte                                                auch finanzierten Markt in Wechselwirkung
Aufgrund einer vollständigen Vernetzung von Interessens-                                       und zum Teil in einem Spannungsfeld zueinan-
lagen bedarf das Zusammenspiel der in den Life Sciences                                        der (vgl. Abbildung 1)
­Agierenden einer Steuerung
                                                                                               In diesem komplexen Gefüge aus positiven
                                             Gesundheitsausgaben                               und negativen Wechselwirkungen, Effekten
                                                                                               und Interessenslagen gilt es – auch mittels
                                                                                               des vorliegenden Strategiedokuments – das
                                                                                               Ziel der Weiterentwicklung des österreichi-
       Forschung                                                Wohlergehen
                                                                                               schen Life Sciences und Pharma Standortes
                                                                                               im internationalen Wettbewerb in den Mit-
                                                                                               telpunkt zu stellen und gleichzeitig zu einem
                                                                                               Verständnis für das Gesamtsystem beizutra-
Quelle: Eigene
                                                                                               gen und zu einer ausbalancierten Haltung der
Darstellung
                 Markt                                   Innovation                            beteiligten Interessengruppen zu gelangen.

                                                                                                                                                19
Die Strategie
                        Auf Grund aller genannten Faktoren und                              • der Forschungsaktionsplan2, der die
                        unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung                                 Umsetzung der FTI Strategie in bestimmten
                        der Life Sciences für den Wissenschafts-,                             Themenbereichen (u.a. Karrieremöglich­
                        Forschungs- und Wirtschaftsstandort                                   keiten in der Wissenschaft) weiter voran­
                        Österreich wurde vom Bundesministerium                                treiben soll,
                        für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
                        die Erarbeitung der „Zukunftsstrategie Life                         • die Gründerlandstrategie3 mit speziellem
                        Sciences und Pharmastandort Österreich“                               Fokus auf die Rahmenbedingungen für
                        initiiert. Unter Einbindung aller relevanten                          Unternehmensgründungen und die Entwick-
                        Stakeholder wurden Themenfelder entlang                               lung von Unternehmensstrukturen,
                        der gesamten Wertschöpfungskette (siehe
                        Abbildung 2) zur Stärkung der Life Sciences                         • sowie Ressort-übergreifende Strategien,
                        identifiziert und bearbeitet. Dabei wurde auch                        wie die Open Innovation Strategie der
                        die prioritäre Zielsetzung der „FTI Strategie“1,                      Bundesregierung4, die sich der verstärkten
                        nämlich die Potenziale von Wissenschaft,                              Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern
                        Forschung, Technologie und Innovation in                              in den Forschungs- und Innovationsprozess
                        Österreich weiter zu entfalten und gesamt-                            widmet.
                        haft zum Einsatz zu bringen, berücksichtigt.
                                                                                            Die vorliegende Strategie betont nun die
                        Darüber hinaus sind auch eine Reihe von                             Sektor-spezifische Ausrichtung unter
                        Umsetzungsstrategien des BMWFW relevant                             Be­rücksichtigung aller Stadien der Wert­
                        für den Life Sciences Bereich, z.B.                                 schöpfungskette.

                                                                                            2 BMWFW (2015): Aktionsplan für einen wettbewerbsfähigen
                        1 Österreichische Bundesregierung (2011): Strategie der Bundes­     Forschungsraum
                        regierung für Forschung, Technologie und Innovation – Der Weg zum   3 BMWFW (2015): Land der Gründer
                        Innovation Leader                                                   4 BMWFW & BMVIT (2016): Open Innovation Strategie für Österreich

Abbildung 2: Die Wertschöpfungskette
Innovationen bauen auf Ergebnissen der Grundlagenforschung auf und erbringen erst durch die erfolgreiche
Markteinführung gesellschaftlichen Nutzen

          Forschung                       Entwicklung                      Produktion                 Marketing                      Gesellschaft

Quelle: Eigene Darstellung nach Konzept der WKÖ

20                      DAS ZUKUNFTSFELD LIFE SCIENCES
Der Strategieprozess                                 Abbildung 3: Themen- und Handlungsfelder
                                                     Die neun in der Strategie aufgegriffenen
                                                     Handlungsfelder

      Als Grundvoraussetzung für eine fruchtbare
      und erfolgreiche Strategie­entwicklung wurde
      neben einer breiten Standortanalyse des
      Wissenschafts- und Unternehmenssektors
      das Einbinden von Expertinnen und Experten
      zur Identifizierung von relevanten Hand-
      lungsfeldern gesehen. Entlang der so defi-
      nierten Themen- und Handlungsfelder wurde              Grundlagen­               Forschungs­
      ein breit angelegter Diskussionsprozess                 forschung               infrastrukturen
      ge­startet und die Meinungen von über 250
      Stakeholdern ­(Vertreterinnen und Vertreter
      der Universitäten und Fachhochschulen,
      außeruniversitärer Forschungseinrichtungen,
      Forschungs­trägerorganisationen, Unter-
      nehmen, Industrie, Förderagenturen, regu-
      latorischen Stellen, Ministerien, des Rates
      für Forschung und Technologieentwicklung
      und des Wissenschaftsrates) erhoben und
                                                                Big Data          Personalisierte Medizin
      systematisiert. Vertiefende Diskussionen zu
      spezifischen Fragestellungen vervollständig-
      ten und rundeten den Prozess ab.

      Mit der Absicht, durch eine noch breitere
      Beteiligung relevanter Stakeholder das
      erarbeitete Bild zu prüfen und noch weiter
      zu entwickeln, wurde eine Online-Konsul-
      tation zu ausgewählten Fragestellungen
      durchgeführt, wodurch die Akteurinnen und                  Klinische            Wissenschafts-­
      Akteure der gesamten österreichischen Life               ­Forschung         Wirtschafts­kooperation
      Sciences Landschaft adressiert und weitere
      144 Expertisen eingeholt werden konnten.

      Die diskutierten Themen lassen sich in die
      neun Handlungsfelder übersetzen, die in
      Kapitel 3 behandelt werden (siehe Abbil-
      dung 3)

       Im Folgekapitel wird zunächst eine Stand­­-
                                                            Unternehmen            Produktion & Markt
       ort­beschreibung und -analyse des ein­
       schlägigen Wissenschafts- und Unter­
       nehmenssektors vorgenommen. Darauf
       und auf den Ergebnissen des Diskussions­
       prozesses aufbauend werden in Kapitel 3
      ­Ziele, Aus­gangslagen, Herausforderungen
       und Maßnahmen zu den einzelnen Hand-
       lungsfeldern dargelegt.
                                                               Dialog ­Wissenschaft – Gesellschaft
                                                     Quelle: Eigene Darstellung

                                                                                                        21
22   LIFE SCIENCES IN ÖSTERREICH
K A P I T E L 2:

Life Sciences in
Österreich

Life Sciences Standort                        SWOT Analyse
Österreich ist ein exzellenter und inter­-    Das BMWFW hat gemeinsam mit Akteurinnen
national konkurrenzfähiger FTI Standort mit   und Akteuren der Life Sciences den österrei-
viel Potenzial.                               chischen FTI Standort analysiert.

                                                                                         23
2.1. Der Life Sciences                                                                    damit ein Basiseffekt zu berücksichtigen ist.
                                                                                          Die F&E Ausgaben werden als Indikator für

und Pharmastandort                                                                        einen maßgeblichen und nachhaltigen Input
                                                                                          einer innovativen Wirtschaft bewertet, auch
                                                                                          wenn sie als isolierte Größe nicht geeignet
Österreich                                                                                sind, Effizienz, Qualität und Effektivität der
                                                                                          eingesetzten Mittel im F&E Bereich wieder­
                                                                                          zugeben3. Bezüglich der F&E Quote per
                                                                                          capita befand sich Österreich 2014 weltweit
                         Der österreichische FTI Standort                                 an fünfter Stelle, unmittelbar nach Schweden
                         allgemein in Zahlen                                              und vor Dänemark4. In der kompetitiven
                                                                                          Grund­lagenforschung macht ein Vergleich
                         Österreich ist heute ein innovatives und                         mit anderen europäischen Ländern jedoch
                         forschungsintensives Land, das 2016 bei                          deutlich: Während in Öster­reich pro Einwoh-
                         einer Forschungsquote von 3,07%1 hält. Damit                     nerin bzw. Einwohner 24,9 € für den FWF
                         hat Österreich sehr gut an die Innovation                        aufgewendet werden, sind es in Deutschland
                         Leader angeschlossen (Abbildung 4). Die                          35,5 € (für die Deutsche Forschungsgemein-
                         Forschungsquote stieg von 1995 bis 2013 um                       schaft, DFG) und in der Schweiz sogar 96,6 €
                         1,42 Prozentpunkte2, was die größte Wachs-                       (für den ­Schweizer­Nationalfonds)5.
                         tumsrate in der EU darstellt. Im Vergleich dazu
                         liegen die Wachstumsraten beispielsweise
                         von Deutschland bei 0,72 und der Schweiz                         Der akademische
                         bei 0,51. Eine ähnliche aber doch deutlich
                         geringere Rate als Österreich weist mit 1,27%                    Life Sciences Sektor
                         nur Dänemark auf, wobei in beiden Ländern
                         auch der relativ geringe Anfangswert und                         Österreich hat ein sehr vielschichtiges Spek-
                                                                                          trum an akademischen Einrichtungen im Life
                         1 Statistik Austria (Globalschätzung) [01.06.2016]
                                                                                          Sciences und Medizinbereich zu bieten. Als die
                         2 WIFO (2015): Forschungsquotenziele 2020: Aktualisierung 2015   wichtigsten Life Sciences Ausbildungs- und
                                                                                          Grundlagenforschungsstandorte in Österreich
                                                                                          sind der Großraum Wien (inklusive Klosterneu-
                                                                                          burg), Innsbruck und Graz hervorzuheben, wo
Life Sciences in Zahlen                                                                   jeweils ein Zusammenspiel mehrerer Univer-
Akademischer Life Sciences Sektor in Österreich                                           sitäten, Fachhochschulen und außeruniversi-
                                                                                          tärer Forschungseinrichtungen gegeben ist.

31                                           59.000
                                                                                          Akademische Life Sciences Standorte kleinerer
                                                                                          Größenordnung finden sich zudem in Salzburg,
                                                                                          Linz, Krems, Tulln und Wiener Neustadt. Fach-
Universitäten und                            Studierende                                  hochschulausbildungen im Gesundheitswesen
Fachhochschulen                                                                           werden in Österreich sehr flächendeckend, und
                                                                                          abgesehen von den zuvor genannten Standor-
                                                                                          ten, zusätzlich auch in Vorarlberg, Kärnten und

20.000 1,4 Mrd. €
Angestellte                                  Jährliches Gesamtbudget
                                                                                          dem Burgenland angeboten.

                                                                                          3 RH (2016): Bericht des Rechnungshofes: Forschungsfinanzierung in
                                                                                          Österreich
                                                                                          4 OECD: Science and Technology Indicators [02.05.2016]
                                                                                          5 FWF-Jahrespressekonferenz 2015.
                                                                                          https://www.fwf.ac.at/fileadmin/files/Dokumente/Downloads/­fwf-
Quelle: AWS (2015): Life Science Report Austria 2015                                      zahlen-fakten-2014.pdf [29.08.2016]

24                       LIFE SCIENCES IN ÖSTERREICH
Abbildung 4: Anschluss der Forschungsquote an die Innovation Leader
Die Forschungsquote im internationalen Vergleich von 1996 bis 2014 in Prozent des BIP

  4

                                                                                                                               2014
3,5                                                                                                                             3,16 Schweden

                                                                                                                                3,07 Österreich

  3                                                                                                                             3,05 Dänemark

                                                                                                                                3,00 Schweiz

2,5                                                                                                                             2,90 Deutschland

                                                                                                                                2,75 USA

  2                                                                                                                             1,95 EU-28

1,5
       1996                            2000                           2005                         2010                 2014

Quelle: OECD (2016): Main Science and Technology Indicators. http://stats.oecd.org/ [05.09.2016]

                         Alles in allem wird die tertiäre Ausbildung in den                        das Institute of Molecular Pathology (IMP /
                         Life Sciences, der Medizin und im Gesund­­-                               Boehringer Ingelheim), das Austrian Insti-
                         heitswesen in Österreich von 17 Universitäten                             tute of Technology (AIT) sowie die Ludwig
                         (inklusive 4 Privatuniversitäten) und 14 Fach­-                           Boltzmann Gesellschaft (LBG) zu nennen.
                         hochschulen mit mehr als 59.000 inskribierten
                         Studierenden und an die 8.000 Studienab-                                  Der Life Science Report 20157 weist für den
                         schlüssen pro Jahr getragen6. Im internationa-                            akademischen Life Sciences Sektor rund
                         len Vergleich verantworten sie eine ausgeprägt                            20.000 Angestellte aus, wobei mehr als die
                         hohe Zahl an Absolventinnen und Absolventen,                              Hälfte in Forschung und Entwicklung tätig sind.
                         welche die Basis für Forschung, Innovation,
                         Wirtschaft und Dienstleistung in den Life                                 Das jährliche Gesamtbudget des akade-
                         Sciences und dem Gesundheitswesen bilden.                                 mischen Life Sciences Sektors macht rund
                                                                                                   1,4 Mrd. € aus, wobei der Großteil davon
                         Hinsichtlich Forschung wird der Hoch-                                     über institutionelle Finanzierung und ca. 27%
                         schulbereich durch 25 außeruniversitäre                                   (386 Mio. €) durch Drittmittel aufgebracht
                         Forschungseinrichtungen, allerdings sehr                                  werden. Sowohl die institutionelle Finanzie-
                         unterschiedlicher Größenordnung, ergänzt.                                 rung als auch die Bereitstellung von öffentlich
                         Als bedeutendste außeruniversitäre                                        vergebenen Drittmitteln erfolgen größtenteils
                         Forschungsträger in den Life Sciences                                     durch den Bund bzw. dessen nachgeordnete
                         sind die Österreichische Akademie der                                     Förderagenturen. Ungefähr 40% der insge-
                         Wissenschaften (ÖAW), das Institute of                                    samt eingeworbenen Drittmittel kommen von
                         Science and Technology Austria (IST Austria),                             industriellen Partnern.

                         6 AWS (2015): Life Science Report Austria 2015                            7 Ibid.

                                                                                                                                                  25
Ein Hot Spot der Life Sciences hat sich im                      für Molekulare Medizin der ÖAW (CeMM), die
            Großraum Wien entwickelt, der mittlerweile                      Universität für Bodenkultur insbesondere mit
            weit über die Grenzen Österreichs bekannt ist:                  dem Vienna Institute of BioTechnology (VIBT),
                                                                            die Veterinärmedizinische Universität Wien,
            Der Campus Vienna Biocenter8 in St. Marx im                     zu kleinen Anteilen die Technische Universität
            3. Wiener Gemeindebezirk entstand rund um                       Wien, die Christian Doppler Labors, sowie das
            das am Ende der 1980er Jahre gegründete                         Kompetenzzentrum für Virtual Reality und
            und von Boehringer Ingelheim finanzierte                        Visualisierung (VRVis). Auch das Institute of
            Institute of Molecular Pathology (IMP).                         Science and Technology Austria (IST Austria)
            Davon ausgehend wurde der Campus Vienna                         in Klosterneuburg mit den dort etablierten
            Biocenter durch die Ansiedelung von Instituten                  Life Sciences Forschungsgruppen ist dem
            der Universität Wien und der Medizinischen                      akademischen Life Sciences Cluster Großraum
            Universität Wien (seit 2005 als Joint Venture                   Wien zuzurechnen.
            Max F. Perutz Laboratories geführt), von
            Instituten der Österreichischen Akademie                        Am Standort Graz wurde durch die Etablie-
                                                                            rung von BioTechMed-Graz eine Initiative zur
                                                                            Kooperation und Vernetzung der Universität
                                                                            Graz, der Medizinischen Universität Graz
                                                                            und der Technischen Universität Graz an der
                                                                            Schnittstelle von biomedizinischen Grund-
Akademische Hot Spots in den Life                                           lagen, technologischen Entwicklungen und
Sciences sind der Großraum Wien,                                            medizinischen Anwendungen geschaffen. Die
                                                                            Biobank Graz mit über 4 Mio. humanen Proben
Graz und Innsbruck.
                                                                            stellt eine einzigartige Ressource für medizi-
                                                                            nische Forschung, u.a. in der Personalisierten
                                                                            Medizin dar und war ausschlaggebend für die
                                                                            Etablierung des Koordinationssekretariats
                                                                            der europäischen Biobanken Forschungs-
            der Wissenschaften (Institut für Molekulare                     infrastruktur BBMRI-ERIC in Graz. Weiters
            Biotechnologie [IMBA] und Gregor-Mendel-In-                     beherbergt bzw. koordiniert der Standort
            stitut für Molekulare Pflanzenbiologie [GMI]),                  Graz die Life Sciences relevanten Kompetenz­
            von Studienlehrgängen der Fachhochschule                        zentren für Industrielle Biotechnologie (ACIB)
            Campus Wien, einer gemeinsam betriebenen                        und für Biomarkerforschung (CBMed) – beide
            Forschungsinfrastruktur, der Vienna Bio-                        mit Zweigstellen in Wien – und für Pharma-
            center Core Facilities GmbH (VBCF), sowie                       zietechnologie (RCPE) sowie das Zentrum
            mittlerweile 16 Biotechnologie Unternehmen                      für Wissens- und Technologietransfer in der
            weiterentwickelt. Derzeit arbeiten ca. 1.400                    Medizin (ZWT) an der Medizinischen Univer-
            Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und                    sität Graz, die Projekte an der Schnittstelle
            700 Studierende aus 40 Nationen am Campus.                      Wissenschaft-Wirtschaft weiterentwickeln.

            Den Cluster komplettieren die weiteren                          Bezüglich des Life Sciences Standortes Tirol
            akademischen Einrichtungen im Großraum                          sind insbesondere die Medizinische Universi-
            Wien. Dazu zählen der Campus der Medizini-                      tät Innsbruck und die Universität Innsbruck zu
            schen Universität Wien im Zusammenschluss                       nennen, die unter anderem durch das ge-
            mit den Universitätskliniken im Allgemeinen                     meinsam betriebene Centrum für Chemie und
            Krankenhaus und dem Forschungszentrum                           Biomedizin (CCB), sowie die translationalen
                                                                            Forschungszentren Oncotyrol für Persona-
            8 Vienna Biocenter. http://www.viennabiocenter.org/index.html   lisierte Krebsmedizin und das Austrian Drug

26          LIFE SCIENCES IN ÖSTERREICH
Sie können auch lesen