DIGITALISIERUNG DOSSIER - Projektträger Jülich

 
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DIGITALISIERUNG DOSSIER - Projektträger Jülich
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DOSSIER

DIGITALISIERUNG
DIGITALISIERUNG DOSSIER - Projektträger Jülich
PROJEKTTRÄGER FÜR DAS
DIGITALISIERUNG DOSSIER - Projektträger Jülich
DIGITALISIERUNG DOSSIER - Projektträger Jülich
Stefan Demuth und Dr. Christian Stienen

Liebe Leserinnen und Leser,

2015 jährte sich die deutsche Wiedervereinigung    Forschungsförderung heranzuführen und sie bei
zum 25. Mal – ein Anlass, der in ganz Deutsch­     der Integration in die gesamtdeutsche Forschungs­
land gefeiert wurde. In diesem Zusammenhang        landschaft zu begleiten. Seitdem ist die Berliner
steht auch ein wichtiges Jubiläum des Projekt­     Geschäftsstelle kontinuierlich gewachsen und hat
trägers Jülich. Ebenfalls 1990 eröffneten wir      sich auch thematisch immer breiter aufgestellt.
im Auftrag des Bundesforschungsministeriums        Ende 2015 setzten 366 Mitarbeiterinnen und
als erster Projektträger eine Geschäftsstelle in   Mitarbeiter am Standort Berlin die Forschungs- und
Berlin. Am Anfang stellten sich 25 Kolleginnen     Innovationsförderprogramme der Bundesregierung
und Kollegen aus West- und Ostdeutschland der      aus unseren vier Geschäftsfeldern Schlüsseltechno­
Aufgabe, die ostdeutschen Unternehmen und          logien, Energie, Nachhaltiges Wirtschaften und
Forschungseinrichtungen an das Instrument der      Technologieoffene Innovationsförderung um.
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Wir erkennen Trends. Vor 25 Jahren haben wir              Wir fördern Forschung und Innovation. Dabei agieren
unsere Auftraggeber bereits bei der Entwicklung           wir als wichtige Schnittstelle zwischen unseren
von Förderprogrammen unterstützt. Damals sollten          Auftraggebern und den Zuwendungsempfängern
sie am speziellen Bedarf der neuen Länder aus­            aus Unternehmen, Hochschulen und außeruniversi­
gerichtet sein, wie beispielsweise die Programm­          tären Forschungseinrichtungen. So sorgen wir dafür,
familie Unternehmen Region. In der heutigen               dass geförderte Vorhaben den forschungs- und
Förderpolitik gilt es, die gesellschaftlichen Bedarfs­    innovationspolitischen Zielen der Bundesregierung
felder abzudecken, die die Bundesregierung unter          entsprechen.
anderem in der neuen Hightech-Strategie formuliert.
Mit unserer langjährigen Expertise können wir auf         Dabei setzen wir vor allem auf eine kompetente
diese Herausforderungen reagieren. Wir haben              Beratung. Mit der gemeinsamen Veranstaltung
die aktuellen Entwicklungen in Forschung und Inno­        Blaues Wachstum im November 2015 informierten
vation ebenso im Blick wie neue Technologien und          Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bei uns ange­
Märkte. Deshalb waren wir auch im Jahr 2015               siedelten Nationalen Kontaktstellen Umwelt, Lebens­
ein wichtiger Partner unserer Auftraggeber bei der        wissenschaften sowie Schifffahrt und Meeres­technik
Entwicklung neuer Förderprogramme und -initiativen.       Interessierte beispielsweise über die Fördermöglich­
                                                          keiten im marinen und im maritimen Bereich des
Im März 2015 hat Bundesforschungsministerin               europäischen Rahmenprogramms für Forschung
Johanna Wanka das neue Programm Vom Material              und Innovation Horizont 2020.
zur Innovation der Öffentlichkeit vorgestellt, das
die programmatische Grundlage für die nächsten            Einer neuen Herausforderung in der Forschungs­
zehn Jahre der Werkstoffförderung legt und das            förderung stellten wir uns bereits 2014. Seitdem
wir, wie schon das Vorgänger-Programm Werk­               setzen wir gemeinsam mit dem Projektträger
stoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft          Energie, Technologie, Nachhaltigkeit (ETN) als
(WING), gemeinsam mit dem VDI Technologie­                LeitmarktAgentur.NRW die Leitmarktwettbewerbe
zentrum umsetzen. Das neue Konzept haben wir              NRW um. 2015 sind die ersten Leitmärkte in den
maßgeblich mitgestaltet.                                  Themenfeldern Medien- und Kreativwirtschaft,
                                                          Neue Werkstoffe, Maschinen- und Anlagenbau/
Gleiches gilt für die Förderinitiative Starke Fachhoch­   Produktionstechnik, Life Sciences sowie Informations-
schulen – Impuls für die Region (FH-Impuls). Mit          und Kommunikationswirtschaft erfolgreich gestartet.
dieser Maßnahme fördert das BMBF seit Juni 2015
regionale Forschungs- und Innovationspartnerschaften      Die Fördermaßnahme Internationalisierung von
von Fachhochschulen mit der Wirtschaft. Wir waren         Spitzenclustern, Zukunftsprojekten und vergleich­
an der Konzeption der Maßnahme beteiligt, die             baren Netzwerken unterstützt die Entwicklung von
auch unter dem Namen „kleine Exzellenzinitiative“         Internationalisierungskonzepten und die Zusammen­
von sich Reden gemacht hat.                               arbeit innovationsstarker Cluster und Netzwerke
                                                          aus Deutschland mit weltweiten Partnern. Wir
Neben der Konzeption sind wir auch im Bereich             setzen die Initiative im Auftrag des BMBF um. 2015
der Koordination gefragt. Im Auftrag des Bundes­          wurden die Gewinner der ersten Ausschreibungs­
ministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi)            runde durch ein unabhängiges Auswahlgremium
koordinieren wir seit der Gründung Ende 2014              bekannt gegeben. Darüber hinaus waren wir an
das Forschungsnetzwerk Energie in Gebäuden                der Organisation der dritten internationalen Cluster­
und Quartieren. 2015 hat uns das BMWi dann                konferenz in Berlin im Sommer 2015 beteiligt.
auch mit der Koordination seiner Forschungsnetz­
werke Systemanalyse und Stromnetze betraut. Die           Wir gestalten Zukunft. Im Rahmen von Veranstal­
Forschungsnetzwerke sollen Forschung, Praxis und          tungen, wie der Clusterkonferenz, aber auch der
Politik zusammenbringen und so die Transparenz            i-WING-Konferenz oder der Statustagung Maritime
im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms               Technologien, unterstützen wir den Transfer von
erhöhen. Darüber hinaus sollen die Beteiligten            Forschungsergebnissen in die Fachöffentlichkeit
gemeinsam neue Fördermaßnahmen entwickeln.                und die Gesellschaft. Auch Veröffentlichungen im
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Zuge der Fachkommunikation wie die BMBF-Broschüre           Die Digitalisierung steht auf der politischen Agenda
Nahrung für Milliarden, die neu aufgelegte Website          weit oben. Sie verändert nahezu alle Bereiche
systembiologie.de oder der Film Nachhaltiges                des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.
Landmanagement in Forschung und Praxis zahlen               Expertinnen und Experten bezeichnen diese
auf dieses Ziel ein. Mit der Kommunikation von              Entwicklung auch als vierte industrielle Revolution,
Erfolgsgeschichten wollen wir zeigen, welchen               kurz Industrie 4.0. Die Digitalisierung soll vor allem
Beitrag die Projektförderung zur Bewältigung der            eine Erleichterung und Vereinfachung darstellen.
gesellschaftlichen Herausforderungen leisten kann.          Durch den Wandel entstehen aber auch große
                                                            Datenmengen, die es wiederum zu vernetzen und
Bei der Einwerbung neuer Aufträge waren wir                 auszuwerten gilt. Dafür müssen neue Geräte und
ebenfalls erfolgreich. Das BMWi hat 2015 erst­              Prozesse etabliert werden. An diesem Punkt setzt
mals die Projektträgerschaft Schaufenster intelligente      die Förderpolitik an, indem neue Förderprogramme
Energie – Digitale Agenda für die Energiewende              zu verschiedensten Themen auch den Aspekt
(SINTEG) vergeben. Mit dem Förderprogramm                   der Digitalisierung berücksichtigen. Um unsere
fördert das Ministerium Modellregionen, die                 Auftraggeber dabei ideal zu unterstützen, bündeln
Lösungen für eine klimafreundliche, effiziente und          wir unsere Expertise dazu im Kompetenzfeld Digi­
sichere Energieversorgung mit hohen Anteilen                talisierung. In unserem Dossier geben wir Ihnen
erneuerbarer Energien entwickeln und großflächig            in diesem Jahr einen Einblick in von uns betreute
demonstrieren. Da wir seit über 40 Jahren Energie­          Projekte aus den Bereichen Gesundheit, Energie,
programme umsetzen, freuen wir uns besonders,               Gründung und Ressourceneffizienz, bei denen
dass wir auch hierfür den Zuschlag erhalten haben.          die Digitalisierung schon seit Jahren eine entschei­
Damit ist SINTEG einer von mehreren Aufträgen,              dende Rolle spielt.
die das Thema Digitalisierung integrieren.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und interessante Gespräche mit unseren Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, wo immer sie Ihnen begegnen mögen.

Dr. Christian Stienen                                    Stefan Demuth

Leiter Projektträger Jülich                              Stellvertretender Leiter Projektträger Jülich,
                                                         Geschäftsbereichsleiter Zentrale Dienstleistungen,
                                                         Entwicklung, Qualität
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2015 EINGEWORBENE UND
VERLÄNGERTE AUFTRÄGE
Neue Aufträge
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi):
•   Angebots- und Bedarfsanalyse der Institutionen, Strukturen und Netzwerke in der maritimen Wirtschaft
•   Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende (SINTEG)

Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern
•   Wissenschaftliche Begleitung und Unterstützung bei der Vergabe von Zuwendungsmitteln

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
•   Evaluierung von zwei Zentren für angewandte Forschung in Baden-Württemberg (Themenbereiche Leicht­
    baumaterialien sowie Ambient Assisted Living)
•   Evaluierung von Forschungsprojekten im Rahmen der Förderung der Forschung an der Dualen Hochschule
    Baden-Württemberg (DHBW)

Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
•   Forschungsinfrastrukturen
•   Betreuung von Förderprojekten im Rahmen der Forschungsagenda des Forschungsinstituts für gesell­
    schaftliche Weiterentwicklung (FGW) in den Jahren 2016 – 2019 (Integrierende Stadt­entwicklung,
    Industrie 4.0, Neues ökonomisches Denken, Vorbeugende Sozialpolitik)
•   Organisation und Durchführung von Bewertungs-, Begutachtungs- und Auswahlverfahren für Projekt­
    förderungen im Rahmen der FH-Forschungs­programme des MIWF
•   Unterstützung bei der Umsetzung von Fördermaßnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen im Bereich
    der institutionellen Förderung der Wissensgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. (WGL) und von
    Mitgliedseinrichtungen der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft e. V. (JRF) sowie bei der Umsetzung
    des NRW-Rückkehr­programms

Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen
•   Unterstützung bei der Vorbereitung und Planung der Fördermaßnahmen DWNRW-Networks und
    DWNRW-Hubs im Rahmen der Initiative Digitale Wirtschaft NRW

Verlängerte Aufträge
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
•   System Erde

Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen
•   Digitales Medienland

Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
•   FH-Extra (2. und 3. Call)
•   SusChemSys
•   PerMed.NRW
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INHALT

10 Das Geschäftsjahr 2015
12 Menschen beim Projektträger Jülich
14 25 Jahre Projektträger Jülich in Berlin

                                             DIGITALI-
                                             SIERUNG
                                             DOSSIER 2015

                                                              16
                                             18 Mitten im Wandel
                                             24 Vernetzte Gesundheit
                                             28 Voraussetzung für die Energiewende
                                             34 Lebenselixier der Wirtschaft
                                             38 Potenziale erkennen
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GESCHÄFTS-
LEISTUNGS- FELDER
PORTFOLIO BILANZ 2015
HIGHLIGHTS 2015

               42 66                         68 Bewirtschaftete Fördermittel 2013 – 2015
44 Trends erkennen                           70 Projektförderung 2015
     Fokusthema: Das Kompetenzzentrum
     Analysen, Studien, Strategien
                                             72 Kompetenzfelder
52 Forschung und Innovation fördern          74 Geschäftsfeld Schlüsseltechnologien
                                                  Fokusthema: Vom Material zur Innovation
     Fokusthema: Nationale Kontaktstellen
     Fokusthema: Förderberatung              78 Geschäftsfeld Energie
     „Forschung und Innovation“ des Bundes
                                                  Fokusthema: Neues Förderprogramm SINTEG
60 Zukunft gestalten                         82 Geschäftsfeld Nachhaltiges Wirtschaften
                                                  Fokusthema: Kommunalrichtlinie

                                                  Geschäftsfeld
                                             86 Technologieoffene Innovationsförderung
                                                  Fokusthema: Förderung im Auftrag des
                                                  Landes Nordrhein-Westfalen
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1.407,4
                                                       1.420,8
                                                                                 1.333,0
    1.259,2                1.242,8

                                                            2013

                                                                                       2014
      2011

                                2012

                                                                        Entwicklung des Fördervolumens
                                                                                in Mio. Euro 2011 – 2015

                               DAS GESCHÄFTSJAHR

               Im Geschäftsjahr 2015 betreute der Projektträger     sowie für das Bundesministerium für Verkehr und
               Jülich (PtJ) ein Fördervolumen in Höhe von rund      digitale Infrastruktur (BMVI) 415 Vorhaben und
               1,41 Milliarden Euro und insgesamt 16.993            ein Fördervolumen von 62,0 Millionen Euro.
               laufende Vorhaben. 16.223 Vorhaben mit einem
               Fördervolumen von rund 1,33 Milliarden Euro          Für die Programme der Bundesländer Bayern,
               entfielen auf Programme des Bundes. Für das          Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und
               Bundesministerium für Bildung und Forschung          Mecklenburg-Vorpommern betreute PtJ insgesamt
               (BMBF) betreute PtJ im Berichtsjahr 6.282 Vorhaben   770 Vorhaben mit einem Fördervolumen von
               und ein Fördervolumen von 685,4 Millionen            rund 74,3 Millionen Euro.
               Euro, für das Bundesministerium für Wirtschaft
               und Energie (BMWi) 5.345 Vorhaben und ein            Das BMBF ist mit 48,7 Prozent des betreuten Förder-
               Fördervolumen von 490,4 Millionen Euro, für das      volumens Hauptauftraggeber von PtJ, gefolgt vom
               Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau       BMWi mit 34,8 Prozent, dem BMUB mit 6,8 Prozent
               und Reaktorsicherheit (BMUB) 4.181 Vorhaben          und dem BMVI mit 4,4 Prozent. Die Länder haben
               und ein Fördervolumen von 95,3 Millionen Euro        einen Anteil von 5,3 Prozent.

8     9   10         Das Geschäftsjahr 2015
FÖRDERVOLUMEN ANTEILIG NACH AUFTRAGGEBERN IN MIO. €

          685,4 BMBF

                                          62,0 BMVI

                                           490,4 BMWi
                74,3 Länder   95,3 BMUB

FÖRDERVOLUMEN ANTEILIG NACH GESCHÄFTSFELDERN IN MIO. €

            547,9
            Energie

                                           174,5
                                           Schlüssel-
                                           technologien

                 317,3
                 Technologieoffene
                                           367,7
                                           Nachhaltiges
                 Innovationsförderung
                                           Wirtschaften

                                               Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015   11   12   13
MENSCHEN BEIM
 PROJEKTTRÄGER JÜLICH
               2015 ist der Projektträger Jülich weiter gewachsen: Zum 31. Dezember 2015 beschäftigte
               er 952 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – 85 mehr als im Vorjahr. Das entspricht einem
               Zuwachs von 9,8 Prozent.

                                                                               sonstige
                                                                               Mitarbeiter/innen

               wissenschaftlich-technische
               Mitarbeiter/innen

                                                                               betriebswirtschaftliche
                                                                               Mitarbeiter/innen

                                WISSENSCHAFTLICH-TECHNISCHE MITARBEITER/INNEN

                                     BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE MITARBEITER/INNEN

                                                 SONSTIGE MITARBEITER/INNEN

10   11   12       Menschen beim Projektträger Jülich
Mitarbeiter/innen am Standort Jülich: 536

Mitarbeiter/innen am Standort Berlin: 366

Mitarbeiter/innen am Standort Rostock: 31

Mitarbeiter/innen am Standort Bonn: 19

                                            Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015   13   14   15
25             FÜR EIN GESAMTDEUTSCHES WISSENSCHAFTSSYSTEM:
               25 JAHRE PROJEKTFÖRDERUNG AM STANDORT BERLIN
                                                                           JAHRE
                                                                           PROJEKTTRÄGER
                                                                           JÜLICH IN BERLIN

               Vor 25 Jahren – am 1. November 1990 – nahm der Projektträger Jülich (PtJ) seine Arbeit
               am Standort Berlin auf. Ziel des Bundesforschungsministeriums und des Projektträgers war
               damals, die ostdeutschen Forschungseinrichtungen und forschenden Unternehmen bei der
               Integration in die gesamtdeutsche Forschungslandschaft zu unterstützen. Gemeinsam mit
               Auftraggebern, Partnern sowie ehemaligen und aktuellen Beschäftigten beging PtJ im ver-
               gangenen November dieses Jubiläum mit einem Festakt in Berlin.

               Mit 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den     für Bildung und Forschung (BMBF) sowie das Förder-
               alten und den neuen Bundesländern hatte Dr. Hanns-   programm Existenzgründungen aus der Wissen-
               Joachim Neef, 1990 erster Leiter der Berliner PtJ-   schaft (EXIST) des Bundesministeriums für Wirtschaft
               Geschäftsstelle, die Aufgabe, die ostdeutschen       und Energie (BMWi) umsetzt.
               Wissenschaftler an das westdeutsche System der
               Forschungs­förderung und damit an das Instrument     Am Standort Berlin verantwortet PtJ heute darüber
               der Projektförderung heran­zuführen. Darüber         hinaus im Geschäftsfeld Nachhaltiges Wirtschaften
               hinaus hat PtJ seine Auftraggeber auch bei der       unter anderem auch das BMBF-Programm Forschung
               Entwicklung neuer Programme beraten, die auf         für Nachhaltige Entwicklung und die Nationale Klima-
               die besonderen Herausforderungen in den neuen        schutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt,
               Ländern zielten: technologieoffene Innovations­      Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).
               förderprogramme wie die Programmfamilie Unter-
               nehmen Region.
                                                                             Schnelle Reaktionszeiten und
               Mittlerweile bündelt der Projektträger seine Kom-             gute Beratung des Auftrag­gebers
               petenzen auf dem Gebiet der technologieoffenen       insbesondere im politisch brisanten Umfeld
               Innovationsförderung in einem eigenen Geschäfts-
                                                                    zeichnen PtJ aus.
               feld, in dem er auch bundesweite Maßnahmen
                                                                    Ministerialdirigent Berthold Goeke, Leiter der Unterabteilung
               wie den Spitzencluster-Wettbewerb und das            Klimaschutzpolitik im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
               Programm Forschungscampus des Bundesministe­riums    Bau und Reaktorsicherheit

12   13   14        25 Jahre Projektträger Jülich in Berlin
FESTAKT IN DER KALKSCHEUNE
IN BERLIN-MITTE
Auf die erfolgreiche Entwicklung des Berliner
Standortes blickte PtJ mit rund 300 geladenen
Gästen, darunter zahlreiche Auftraggeber, Partner
                                                                                          Mit Unternehmen Region hat das
sowie ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen und
                                                                                          BMBF in den vergangenen 15 Jahren
Mitarbeiter der Berliner Geschäftsstelle, zurück. Nach
einleitenden Worten von Karsten Beneke, stellver-                              wiederholt neuartige Förderkonzepte erprobt
tretender Vorstandsvorsitzender des Forschungs­                                und erfolgreich umgesetzt, die zwischenzeit-
zentrums Jülich, und Dr. Christian Stienen, Leiter                             lich in andere bundesweite Maßnahmen des
des Projektträgers Jülich, dankten in ihren Gruß-                              BMBF eingeflossen sind. Der Projektträger Jülich
worten Thomas Rachel (MdB), Parlamen­tarischer                                 ist seit dem Start des Programms InnoRegio mit
Staatssekretär im BMBF, Iris Gleicke (MdB),
                                                                               der Begleitung und Umsetzung beauftragt und
Parlamentarische Staatssekretärin im BMWi und
Berthold Goeke, Leiter der Unterabteilung Klima-
                                                                               hat das BMBF im starken Maße bei der Weiter-
schutzpolitik im BMUB, den Beschäftigten der                                   entwicklung unterstützt.
                                                                               Thomas Rachel, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundes-
Berliner PtJ-Geschäftsstelle für ihre herausragende                            ministerium für Bildung und Forschung
Arbeit und die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Gemeinsam mit Dr. Jörn Gessner vom IGB Berlin,
Thomas Kimme, Geschäftsführer der LASERVORM
GmbH, und Dr. Andreas Sichert, Vorstandsvorsit-
zender der Orcan Energy AG,
warfen die Gäste im Anschluss
einen Blick auf erfolgreiche Bei­­-
spiele aus der Projekt­förderung.
Danach präsentierten vier Mit­
arbeiterinnen und Mitarbeiter
ausgewählte Förder­instrumente,
die PtJ in den vergangenen Jahren
zusammen mit seinen Auftragge-
bern gestaltet hat – darunter der
Masterplan 100% Klimaschutz
des BMUB, eine Erweiterung des
                                       Das 25-jährige Jubiläum seiner Berliner Geschäftsstelle beging PtJ
Nationalen Innovations­programms gemeinsam mit Auftraggebern, Partnern, politischen Gästen, Vertre-
Wasser­stoff und Brennstoffzellen-     terinnen und Vertretern des Forschungszentrums Jülich sowie seinen
                                       Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
technologie (NIP) des Bundesminis-
teriums für Verkehr und digitale
Infrastruktur (BMVI), r+Impuls des BMBF sowie
die Internationalisierung deutscher Hightech-
                                                                                           Bereits seit 16 Jahren arbeitet das
Start-ups des BMWi. Den Abschluss des Bühnen-                                              BMWi mit dem Projektträger Jülich im
programms bildete unter dem Titel „Gemeinsam                                Programm EXIST zusammen. Der Projektträger
statt einsam: Innovationskooperationen in Ost-                              Jülich hat die rasante Entwicklung von EXIST
und Westdeutschland“ der Festvortrag von                                    maßgeblich mitbetreut und inhaltlich zusammen
Prof. Dr. Jutta Günther, Professorin für Volkswirt-
                                                                            mit dem BMWi geprägt: von den ersten,
schaftslehre an der Universität Bremen. Abgerundet
                                                                            kleinen Anfängen bis zu einem Programm
wurde die Jubiläumsveranstaltung von einer inter­-
aktiven Ausstellung, die zahlreiche Exponate                                von über 50 Millionen Euro pro Jahr.
                                                                            Iris Gleicke (MdB), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister
aus den von PtJ in Berlin betreuten Programmen
                                                                            für Wirtschaft und Energie und Beauftragte der Bundesregierung für die
präsentierte.                                                               neuen Bundesländer, für Mittelstand und Tourismus

                                                                             Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015            15      16         17
DIGITALI-
SIERUNG

DOSSIER 2015
MITTEN IM WANDEL
               Die Erwartungen sind hoch. Digitalisierung gilt als einer der Megatrends und Inno-
               vationstreiber des 21. Jahrhunderts. Neue Arbeits- und Lernformen, neue Produktions-
               techniken, verändertes Konsumverhalten, neue Geschäftsmodelle – nahezu allen
               Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft eröffnen sich neue Möglichkeiten. Wirt-
               schaftsexperten sprechen von der zweiten Moderne oder der vierten industriellen
               Revolution, kurz Industrie 4.0. Und sie warnen: Wer den Trend verpasst, wird abge-
               hängt. Entsprechend spielt Digitalisierung eine wichtige Rolle in der Forschungs-
               und Innovationsförderung. Der Projektträger Jülich (PtJ) begleitet die Entwick-
               lung bereits seit vielen Jahren.

               E
                      igentlich ist Digitalisierung nichts Neues.     an: bei Gasturbinen, in der Produktion von Autos
                      Automatisierte Industrieroboter, digitale       oder Lebensmitteln, beim Arztbesuch. Diese Daten­
                      Speichermedien oder Computersimula­             mengen werden sich im Zuge der Vernetzung
               tionen – alles das gibt es bereits seit Jahrzehnten.   sogar noch vervielfachen. Gefragt sind die Werk­
               In den letzten Jahren hinzugekommen sind jedoch        zeuge, mit denen Daten zusammengetragen und
               neue technische Möglichkeiten, um Geräte und Pro-      analysiert werden können, um wichtige Zusammen-
               zesse zu vernetzen sowie die anfallenden Daten         hänge und Informationen sichtbar zu machen.
               zu erfassen und auszuwerten. „Nicht ohne Grund
               ist immer wieder von Daten als dem Gold des            Die Zukunft könnte dann so aussehen: Intelligente
               21. Jahrhunderts die Rede“, sagt Dr. Christian         Fabriken stellen Produkte schneller und effizienter her,
               Stienen, PtJ-Leiter. Daten fallen heute fast überall   da nicht nur Maschinen untereinander kommu­nizieren,

16   17   18         Mitten im Wandel
BESSERE DIAGNOSEN
                                                     UND INDIVIDUELLE
                                                     THERAPIEN

                                                     E
                                                            in Beispiel ist die Gesundheitsforschung
                                                            mit der Medizininformatik. Das Bundes­
                                                            ministerium für Bildung und Forschung
                                                     (BMBF) hat 2015 ein umfassendes Förderkonzept
                                                     vorgestellt, an dem PtJ maßgeblich mitgewirkt
                                                     hat. „In das Konzept ist die Expertise eingeflossen,
                                                     die wir in den vergangenen 15 Jahren in Sachen
                                                     Informationstechnologie und Biologie beziehungs­
                                                     weise Medizin aufgebaut haben“, berichtet
                                                     Dr. Bernhard Gilleßen, der neben seiner Funktion
                                                     als Leiter des PtJ-Bereichs BioMedizin auch die
                                                     Leitung des neu eingerichteten Kompetenzfeldes
                                                     Digitalisierung übernommen hat. Angefangen hat
                                                     es um die Jahrtausendwende mit der Förderung
                                                     der Systembiologie. Diese Fachrichtung verfolgte
                                                     einen neuen Ansatz: Ergänzend zu klassischen
                                                     Experimenten wurden mathematische Modelle
                                                     von biologischen Vorgängen entwickelt, um aus
                                                     Computersimulationen neue Erkenntnisse zu
sondern alle Akteure miteinander vernetzt sind –     gewinnen. Bereits frühzeitig beschäftigten sich
vom Rohstoffhersteller über den Zulieferer bis       die PtJ-Experten daher auch intensiv mit IT-
zum Kunden. In den eigenen vier Wänden sorgen        Infrastrukturen und Standards für die Erfassung
ausgeklügelte IT-Systeme für ein ressourcen-         und den Austausch von Daten.

                                                     I
sparendes Energiemanagement. Selbstfahrende
Autos bringen uns sicher von Ort zu Ort.                 n den folgenden Jahren begann auch der
                                                         Aufbau der System­medizin, die Simulationen
Einiges wird allerdings erst in zehn oder mehr           und mathematische Methoden in die alltägliche
Jahren Realität sein. Passende Technologien          Arbeit von Kliniken einführen soll. „Die Medizin­
fehlen oder sind noch in der Entwicklung. Es gilt,   informatik ist der nächste logische Schritt: Wir
gemeinsame Standards festzulegen. Datenschutz        müssen die vielfältigen Daten aus der Forschung
und -sicherheit müssen gewährleistet werden.         und die Daten aus der Patientenversorgung
Dennoch: „Der digitale Wandel hat längst begonnen,   so zusammenführen, dass alle Beteiligten den
das sehen wir in allen von uns betreuten Förder­     größtmöglichen Nutzen davon haben“, beschreibt
bereichen“, so Christian Stienen, „Digitalisierung   Bernhard Gilleßen das Ziel. Eine breitere Daten­
wird nicht nur mit speziell auf Informations- und    basis und neue IT-Lösungen könnten etwa die
Kommunikationstechnologie (IKT) ausgerichteten       Forschung beschleunigen sowie bessere Diagnosen
Programmen gefördert. Von der Energieforschung       und individuelle Therapien ermöglichen.
über Unternehmensgründung bis hin zu den
Lebenswissenschaften: In zahlreichen von uns
betreuten Projekten spielt Digitalisierung eine
bedeutende Rolle.“

                                                           Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015     19   20   21
WEGBEREITER DER                                       Ein ähnliches Konzept verfolgt das neue Förder­
               ENERGIEWENDE                                          programm SINTEG des BMWi – und zwar für

               A
                                                                     die Energiewende. Hier entwickeln und erproben
                         uch in der Energieforschung wurden in       fünf Modellregionen innovative Ansätze für eine
                         der Vergangenheit über die Forschungs­      effiziente und sichere Versorgung mit Wind- und
                         förderung immer wieder digitale Lösungen    Sonnenenergie. „Durch die Energiewende hat
               entwickelt, etwa im Rahmen der E-Energy-Initiative,   die Entwicklung von IT-Lösungen für den Energie­
               die das Bundesministerium für Wirtschaft und          sektor an Bedeutung gewonnen. Denn eines ist
               Energie (BMWi) 2007 gemeinsam mit dem Bundes­         klar: Nur mit einer gezielten Digitalisierung kann
               ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und          die Energiewende gelingen“, betont Dr. Martin
               Reaktorsicherheit (BMUB) gestartet hat. Damals        Weber, Mitarbeiter im PtJ-Bereich Erneuerbare
               wurden in sechs Modellregionen IT-Lösungen            Energien. Ein Schwerpunkt sind intelligente Netze,
               für Verbraucher und Kraftwerke entwickelt, auf        auch Smart Grids genannt. Sie sind notwendig, um
               denen heutige Ansätze beruhen, insbesondere für       die komplexere Energieversorgung von morgen sicher­-
               die Energieversorgung durch erneuerbare Energie­      zustellen. Denn künftig werden noch mehr dezentrale
               träger.                                               Erzeuger den Strom direkt in die Verteilernetze
                                                                     einspeisen – und das nicht gleichmäßig, sondern

               DIGITALER WANDEL –
               DAS SAGT DIE POLITIK

               D
                       ie Bundesregierung sieht in der Digi-
                       talisierung die Chance, dauerhaftes
                       Wachstum, hohe Beschäftigung und
               eine steigende Lebensqualität zu erreichen.
               Ihre Politik wird in zwei Papieren deutlich:
               der Digitalen Agenda 2014 – 2017 vom August
               2014 und der Digitalen Strategie 2025, die im
               März 2016 vorgestellt wurde. Im Mittelpunkt
               stehen insbesondere Netzausbau, Cyber­
               sicherheit und die Förderung der digitalen
               Wirtschaft. Vorgesehen sind beispielsweise
               der Ausbau des Breitbandnetzes, die Unter-
               stützung von Unternehmensgründungen
               sowie gezielte Förderprogramme etwa für
               Autonomik, Big Data, Cloud Computing und
               Mikroelektronik. Das Digitale Investitions-
               programm Mittelstand soll darüber hinaus
               die Einführung neuer Geschäftsmodelle
               ermöglichen. Die Digitalisierung soll aber
               auch in der öffentlichen Verwaltung sowie
               in Bildung und Wissenschaft vorangetrieben
               werden.

18   19   20         Mitten im Wandel
stark schwankend. Das stellt die Verteilernetze      VON DER IDEE ZUM
vor große technische Herausforderungen. In den       UNTERNEHMEN

                                                     D
intelligenten Netzen sollen Sensoren den aktuellen
Zustand im Verteilernetz erfassen und Steuer­                er große IKT-Anteil in den von PtJ
elemente für einen reibungslosen Betrieb sorgen.             betreuten Vorhaben spiegelt sich auch
Davon sollen auch die Stromkunden profitieren,               bei den Gründerstipendien im EXIST-
die mithilfe von Datenauswertungen ihren Strom­      Programm wider. Das Programm des BMWi
verbrauch gezielter steuern können. „Mit Unter­      fördert Unternehmensgründungen an Hochschulen
stützung der Projektförderung ist die Digitali­      und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
sierung im Energiebereich den Kinderschuhen          Etwa drei Viertel der rund 200 Stipendien, die
entwachsen. Bis zu einer 80-prozentigen Versorgung   pro Jahr vergeben werden, gehen an Vorhaben
durch erneuerbare Energien bleibt aber noch          aus dem IKT-Bereich. Aus Sicht von Dr. Thomas
viel zu tun“, erläutert Martin Weber. So müssen      Großmann vom PtJ-Bereich EXIST-Gründungs­
beispielsweise neue Mess- und Regelgeräte besser     kultur, Gründerstipendien hat das zwei Gründe:
miteinander kommunizieren, um die stärkeren          „Die Förderdauer von zwölf Monaten reicht in der
Schwankungen ausgleichen zu können.                  Regel aus, um etwa eine Softwareprogrammierung
                                                     abzuschließen. Hinzu kommt, dass in der Branche
                                                     gerade viel passiert und Innovationen zum Teil
                                                     innerhalb weniger Monate entstehen.“ Entsprechend
                                                     gäbe es hier viele Gründerideen.

                                                     Er und seine Kollegen haben aber auch beob­
                                                     achtet, dass sich der IKT-Anteil in anderen
                                                     Fachgebieten wie etwa im Maschinenbau stetig
                                                     erhöht. „Das liegt daran, dass beispielsweise der
                                                     Softwareanteil bei Maschinen und Geräten immer
                                                     größer wird“, erklärt er. Neue Fördermaßnahmen
                                                     sollen den jungen Unternehmern helfen, sich auch
                                                     international zu etablieren. Die Fördermaßnahme
                                                     German Accelerator unterstützt beispielsweise
                                                     gezielt Unternehmen der IKT-Branche dabei, ihre
                                                     Produkte auf dem US-amerikanischen Markt zu
                                                     platzieren.

                                                           Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015   21   22   23
SPAREN UND SCHONEN

               D
                       igitalisierung kann darüber hinaus ein       Auch neue Onlinedienste, die auf „Teilen statt
                       Weg sein, Kosten zu sparen, Ressourcen       Kaufen“ setzen, können dazu beitragen, Ressourcen
                       zu schonen und den Energieverbrauch zu       zu schonen. Dazu zählen Angebote zum Carsharing
               senken. „Im Mittelpunkt stehen hier die Green IT     und zum Tauschen oder Verleihen von Spielsachen
               und Green by IT“, sagt Dr. Jean-François Renault,    oder Kleidung. Allerdings sollte hier im Einzel­
               der das Kompetenzfeld Ressourceneffizienz bei PtJ    fall genau hingesehen werden. „Mehr IT heißt
               koordiniert. Dabei geht es um zwei sich ergänzende   nicht zwingend, dass etwas grüner wird“, warnt
               Ansätze: Einerseits wird betrachtet, wie IKT über    Jean-François Renault. Unter Umständen spart
               deren gesamten Lebenszyklus hinweg umwelt-           ein digitales Angebot zwar bestimmte Ressourcen
               und ressourcenschonend gestaltet werden kann –       ein, verbraucht jedoch gleichzeitig mehr Energie.
               vom Entwurf über die Produktion bis zum Recy­        Am Ende fällt die Gesamtbilanz negativ aus.
               cling. (Green IT). Andererseits kann IKT helfen,     „Solche Betrachtungen werden jedoch bislang
               Rohstoffe und Energie zu sparen – etwa mittels       kaum angestellt“, so der PtJ-Experte. Aber er ist
               Datenbanken, vernetzter Sensoren (Internet der       optimistisch: Über kurz oder lang werde es hier
               Dinge) oder Smartphone-Apps (Green by IT).           Standards geben, nach denen Vorhaben bereits
                                                                    im Vorfeld eingeschätzt werden können.

               UMFASSENDER STRUKTURWANDEL

               W
                          eitere Beispiele lassen sich in allen     „Der Austausch über die verschiedenen Geschäfts­
                          PtJ-Geschäftsfeldern finden. „Wir         felder hinweg ermöglicht es uns, übergreifende
                          haben es hier mit einem umfassenden       wie spezifische Lösungen für die von uns betreuten
               Strukturwandel zu tun. Ein Wandel, der um            Fachprogramme zu entwickeln. Wir behalten
               einiges rasanter abläuft als etwa die Industria­     stets die technologischen, wirtschaftlichen und
               lisierung im 19. Jahrhundert oder die Automati­      forschungspolitischen Entwicklungen im Blick –
               sierung im 20. Jahrhundert. Darauf wollen auch       sowohl in den Themenbereichen unserer Geschäfts­
               wir als Projektträger reagieren“, fasst Christian    felder als auch im Querschnittsbereich der IKT-
               Stienen zusammen. So bündelt PtJ künftig im          Anwendungen. Unsere Stärke ist dabei, die ver­
               Kompetenzfeld Digitalisierung seine Expertise        schiedenen Welten miteinander zu verzahnen und
               in diesem Bereich.                                   daraus passgenaue Instrumente und Strategien
                                                                    zu konzipieren“, verdeutlicht der PtJ-Leiter.
                                                                    Ziel sei es, die Auftraggeber in allen Fragen von
                                                                    Forschung und Innovation rund um das Thema
                                                                    Digitalisierung kompetent zu beraten und zu
                                                                    begleiten. Im Rahmen der 2015 gestarteten
                                                                    Strategie Digitale Wirtschaft NRW des Landes
                                                                    Nordrhein-Westfalen übernimmt der Projektträger
                                                                    eine solche Aufgabe bereits.

                                                                    Ansprechpartner:
                                                                    Dr. Bernhard Gilleßen
                                                                    Tel.: 02461 61-2723
                                                                    E-Mail: b.gillessen@fz-juelich.de

20   21   22        Mitten im Wandel
UMDENKEN
IST GEFRAGT
Mit Industrie 4.0 kennt sich Wolfgang
Dorst bestens aus. Der Bereichs-
leiter Industrial Internet, 3D-Druck
im Digitalverband Bitkom hat sich
schon zu Beginn seiner Berufslauf-
bahn vor knapp 40 Jahren mit der
Digitalisierung in der Metallver-
arbeitung beschäftigt. Es folgten
verschiedene Aufgaben in der IT-
und Kommunikationsbranche. Als
Experte in zahlreichen Initiativen,
Gremien und Arbeitskreisen unter-
stützt er den digitalen Wandel.

Herr Dorst, Industrie 4.0 ist ein            es bei manchen kleinen und mittleren              gerade junge Unternehmen Wagnis­
oft verwendetes Schlagwort, was              Unternehmen, die meist über gute Pro­             kapital. Und wir müssen neue
genau verbirgt sich dahinter?                dukte und zufriedene Kunden verfügen.             Geschäftsmodelle entwickeln. Das
                                             Oft verspüren sie nicht den Druck, sich           kann der Verkauf von Lizenzen oder
Es kursieren über 130 Definitionen.          verändern zu müssen. Beispielsweise               Services sein oder auch das Teilen
Einfacher ist es zu sagen, was Indus­­       liegt in Deutschland der Schwerpunkt              von Inhalten und Dingen über Inter­
trie 4.0 nicht ist: nämlich die Einführung   auf Automatisierungslösungen. Neue                netplattformen.
des Computers oder die Digitalisierung       Geschäftsmodelle und Services auf
der Produktion. Das ist Industrie 3.0.       Basis datengetriebener, vernetzter                Was bedeutet das für die
Heute geht es um den Einzug des Inter­-      Anwendungen sind noch in der Minder-              Forschungsförderung?
nets in die Produktion und die Nutzung       heit. Industrie 4.0 benötigt Investitionen,
von Daten – und zwar von Daten, die          neue Kompetenzen und Partner. Die                 Die Expertenkommission Forschung
sowohl bei Entwicklung und Herstel­          Umsetzung dauert Jahre. Viele sehen               und Innovation (EFI) hat das in ihrem
lung als auch bei der Nutzung eines          eher die Risiken als die Chancen. Hier            Jahresgutachten 2016 treffend zu­
Produkts anfallen, wenn es die Fabrik        besteht durchaus die Gefahr, dass einige          sammengefasst. Die Digitalisierungs­
verlassen hat.                               den Anschluss verpassen.                          förderung in Deutschland ist zu ein­-
                                                                                               seitig auf Effizienzsteigerungen in der
Mit der Umsetzung scheint es                 Was brauchen wir, um das zu                       Produktionstechnik fokussiert. Neue
jedoch zu hapern, zumindest ist              vermeiden?                                        Geschäftsmodelle müssen viel stärker
häufig zu lesen, dass Deutschland                                                              gefördert werden. Das entspricht genau
mehr Tempo machen müsse.                     Es geht nicht nur um Technik, sondern             dem, was unter anderen wir als Bitkom
Teilen Sie diese Ansicht?                    vor allem ums Umdenken. Digitalisierung           bereits gefordert haben. Steuerliche
                                             ist ein Trend, der nicht aufzuhalten ist.         Anreize bei Investitionen und Patenten
Man muss genau hinsehen. Große               Das bedeutet, ein Unternehmen muss                gehören ebenfalls dazu. Wenn diese
wie Siemens, Bosch, ThyssenKrupp             sich seine Geschäftsprozesse genau an­            Dinge umgesetzt werden, wäre das ein
oder auch der Automobilzulieferer ZF         sehen und bei jedem einzelnen Element             großer Schritt nach vorne.
haben längst erkannt, dass hier starke       überlegen, ob und wie dieses Element
Umwälzungen im Gange sind, denen             mit Internetdiensten effizienter, besser          Herr Dorst, vielen Dank für das
man sich stellen muss. Schwieriger ist       oder schneller wird. Außerdem benötigen           Gespräch!

                                                                Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015      23     24     25
VERNETZTE
          GESUNDHEIT
          Vielfältig, innovativ, mit Perspektive und Potenzial – die Digitalisierung im Gesundheits-
          wesen nimmt rasant an Fahrt auf. Mithilfe neuer Technologien werden riesige Daten-
          mengen gewonnen, deren Analyse und Nutzung der Wissenschaft und Gesellschaft große
          Chancen bieten – beispielsweise eine individualisierte Medizin, eine verbesserte Arzt-
          Patienten-Kommunikation oder auch die Aus- und Weiterbildung in Form von e-Learning-
          Angeboten. Ausgehend von den neusten technischen Fortschritten in der Datenerhebung
          und Analyse sowie der stärkeren Vernetzung von Datenquellen können wir in den nächsten
          Jahren bedeutende Fortschritte in der Gesundheitsforschung erwarten. Um langfristig ein
          leistungsfähigeres, digital vernetztes Gesundheitssystem zu entwickeln, setzt der Projekt-
          träger Jülich im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verschiedene
          Förderkonzepte um.

               DIE LEBER –
               EINE NETZWERKERIN

               G
                       rausam: In der griechischen Mythologie         der Projektträger Jülich (PtJ) die Förderinitiative
                       hackt ein Adler Prometheus täglich einen       für das Bundesministerium für Bildung und
                       Teil seiner Leber heraus, der bis zum          Forschung (BMBF) betreut. Basis für das Projekt
               nächsten Tag nachwächst. Tatsächlich ist die           ist die Systembiologie, also das Wechselspiel von
               Leber in der Lage, sich schnell zu regenerieren. Bis   Beobachtung, Modellierung und Experiment.
               zu 70 Prozent ihrer Masse kann der menschliche         „Zunächst mussten innerhalb jeder Organisations-
               Körper nach einer Schädigung wiederherstellen.         stufe die Experimentatoren mit den Theoretikern
               Als zentrales Stoffwechselorgan ist sie nicht nur      kommunizieren und versuchen, experimentelle
               für die Nährstoffaufnahme zuständig, sondern           Ergebnisse gemäß vorher definierter Fragestel-
               entgiftet auch das Blut.                               lungen mithilfe von Modellen zu erklären“, sagt
                                                                      Dr. Dirk Drasdo von der Universität Leipzig. Der
               Die Leber ist eine intelligente Netzwerkerin.          Systembiologe war an dem Projekt maßgeblich betei-
               Netzwerk Virtuelle Leber heißt konsequenter­           ligt – als Modellierer, Projektleiter und Mitglied im
               weise jenes Projekt, in dem 70 deutsche Forscher-      Lenkungsausschuss. Darauf aufbauend entwi-
               gruppen sowie weitere internationale Teams von         ckelten die Wissenschaftler dynamische Modelle,
               2010 bis 2015 die Organisationsebenen der Leber        welche die Physiologie, Morphologie und Funktion
               untersucht haben: vom Organ über die Leberläpp-        der Leber auf verschiedenen Organisationsebenen
               chen als funktionelle Einheit auf Gewebeebene bis      modellhaft abbilden.
               hin zur molekularen Ebene. Von deutscher Seite hat

22   23   24         Vernetzte Gesundheit
A
Eine typische Fragestellung, in die Drasdo                 ufbauend auf den Erkenntnissen ist
involviert war: Wie regeneriert sich eine durch            inzwischen ein Projekt gestartet, bei dem
Schmerzmittel-Überdosierung akut geschädigte               Drasdo wieder dabei ist: Das Forschungs-
Leber? Immerhin ist eine Paracetamol-Überdosis     netz Systemmedizin der Leber – eine Initiative,
der häufigste Grund für akutes Leberversagen       die PtJ erneut für das BMBF administriert –
in den USA und England. „Wir haben ein Multi­      berücksichtigt verstärkt die klinische Anwendung.
skalenmodell für die Organisations- und Funk-      Auf Basis von systembiologischen Ansätzen wollen
tionsebenen entwickelt“, erklärt Drasdo. Durch     Ärzte, Molekularbiologen und Bioinformatiker
die Iterationen von Experiment und Modellierung    übergreifende Schlüsselprozesse identifizieren,
wurden die Modelle zunehmend besser und genauer.   die zur Entstehung von Lebererkrankungen führen.
Und auf Basis der Modellsimulationen wurden        Basierend auf aktuellen Fortschritten in der
informative Experimente gezielter ausgewählt       klinischen Leberforschung soll mit diesem Ansatz
und damit der Einsatz von Ressourcen optimiert.    eine Einordnung der Patienten in Risikogruppen
Immer mehr Phänomene ließen sich simultan          ermöglicht sowie optimierte Behandlungsverfahren
erklären. „Uns ist damit ein Ansatz gelungen,      entwickelt werden.
der künftig helfen könnte, Menschen mit akutem
Leberversagen, besser zu behandeln“, erklärt       Weitere Informationen zum Netzwerk Virtuelle
Drasdo. Die Einblicke in die Leberregeneration     Leber: network.virtual-liver.de/de
versprechen darüber hinaus neuartige Therapie-
Ansätze bei Zirrhose und anderen Schädigungen
der Leber.

                                                         Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015   25   26   27
werden kann. Auch in der Gesundheits­
                                                                                      forschung, also für klinisch relevante
                                                                                      Fragestellungen, wurden erste Modelle
                                                                                      erstellt und getestet.

                                                                                      Existieren auch schon systemmedi-
                                                                                      zinische Ansätze?

                                                                                      Es gibt erste Projekte, in denen Wissen­
                                                                                      schaftler mithilfe mathematischer
                                                                                      Modellierung die Möglichkeit einer
                                                                                      personalisierten Behandlung von Krebs­-
                                                                                      patienten untersuchen. Ein Beispiel ist
                                                                                      das Verbundprojekt „Treat20plus“,
                                                                                      das PtJ für das Bundesministerium
                                                                                      für Bildung und Forschung (BMBF)
                                                                                      betreut. Die Forscher setzen ein Com-
                                                                                      putermodell ein, mit dem vorhergesagt
                                                                                      werden kann, wie verschiedene Wirk-

DATENNUTZUNG ZUM
                                                                                      stoffe bei einem Patienten individuell
                                                                                      wirken. Das macht eine maßgeschnei-

WOHLE DES PATIENTEN                                                                   derte Krebstherapie möglich, da für
                                                                                      jeden einzelnen Patienten die jeweils
                                                                                      passenden Wirkstoffe identifiziert
                                                                                      werden können.
Die Digitalisierung eröffnet               Welche Rolle spielt die System-
im Gesundheitswesen neue                   medizin in der Gesundheits­                Gehört der Systemmedizin die
Wege und Chancen: Daten, die               forschung?                                 Zukunft?
bisher nicht oder nur einge-
schränkt verfügbar sind, lassen            Die Systemmedizin gewinnt allmäh­­-        Ihre vollständige Rolle für Medizinan-
sich berücksichtigen, um neue              lich an Bedeutung. Entwickelt hat sie      wendungen, einschließlich der perso-
Diagnose- und Therapieansätze              sich aus der Systembiologie, die als       nalisierten Therapie, ist noch nicht ab-
zu entwickeln. Auch die System-            Forschungsansatz in Deutschland in         zuschätzen. Auch wenn erste Ansätze
medizin zielt auf die verbesserte          den letzten Jahren etabliert und weiter-   erfolgsversprechend sind – bis der Arzt
Datennutzung, um Krankheits-               entwickelt wurde. Sie zielt darauf         Entwicklungen aus der Systemmedizin
prozesse mithilfe mathemati-               ab, das dynamische Zusammenspiel           am Patientenbett einsetzt, ist es noch
scher Modelle zu analysieren,              möglichst aller Komponenten eines          ein weiter Weg. Dennoch wird es meiner
zu simulieren und ihren Verlauf            biologischen Systems zu beschreiben,       Meinung nach ohne Systemmedizin
vorherzusagen. Ein Interview               um ein ganzheitliches Bild zu erhalten.    nicht möglich sein, komplexe Krank-
mit Dr. Gisela Miczka vom                  Hierzu werden biologische Vorgänge mit     heitsprozesse zu analysieren und zu
Geschäftsbereich Lebenswissen-             mathematischen Modellen beschrieben.       beschreiben. Der Einsatz von mathe-
schaften, Gesundheit, Fach-                Wissenschaftler überprüfen diese           matischen Modellen und Computer­
hochschulen des Projektträgers             Modelle anhand experimenteller Daten       simulationen ist dabei essenziell, um
Jülich (PtJ) über Perspektiven             und verbessern sie in iterativen Zyklen    Vorhersagen zum Krankheitsverlauf und
und Herausforderungen.                     von Laborexperiment und computer­-         zur Wirksamkeit von Arzneimitteln und
                                           basierter Modellierung. Inzwischen wurde   Therapien für den gesamten Gesundheits-
                                           gezeigt, dass der systembio­­lo­gische     bereich zu erzielen.
                                           Forschungsansatz in verschie­denen
                                           Bereichen erfolgreich angewendet

    24    25   26        Vernetzte Gesundheit
Im Zeitalter der Digitalisierung
werden immer mehr Daten in                 MIT E-LEARNING
immer weniger Zeit produziert.
Wie lässt sich die Datenflut
                                           TIERE SCHÜTZEN
bewältigen?

Sowohl die Bio- als auch die Medizinin-
formatik übernehmen hier einen wich-
tigen Part. PtJ betreut beispielsweise
für das BMBF das Deutsche Netzwerk
für Bioinformatik-Infrastruktur.
In dem Netzwerk de:NBI werden
Ressourcen und Expertisen zur Ver-
waltung, Bereitstellung und Nutzung
großer Datenmengen gebündelt und
als Dienstleistung für die gesamten
Lebenswissenschaften angeboten.
Darüber hinaus hat das BMBF 2015
die Förderung der Medizininformatik
bekannt gegeben. Das mit 100 Millionen

                                           T
Euro ausgestattete interdisziplinäre
                                                   ierversuche lassen sich in der Wissenschaft
Forschungsfeld wird von PtJ und dem
                                                   nicht vollständig vermeiden. Doch gibt es Wege,
DLR Projektträger betreut. Die Maß-
                                                   sie auf ein Minimum zu reduzieren: „Wissen schützt
nahme zielt darauf ab, die Gesundheits-
                                            Tiere“ lautet das Motto einer e-Learning-Plattform, die
versorgung und die Forschung mithilfe
                                            Dr. Nicole Linklater gemeinsam mit Prof. Gerhard
digitaler Lösungen besser zu vernet-        Heldmaier und Dr. Cornelia Exner von der Philipps-
zen, so dass eine Datennutzung zum          Universität Marburg aufgebaut hat – gefördert vom
Wohle des Patienten erfolgen kann:          Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Eine digitale Schnittstelle soll helfen,    und betreut durch den Projektträger Jülich. Anfangs
den Austausch von Daten zu optimie-         war Versuchstierkunde online als deutschsprachiges
ren. Forscher erhalten anonymisierte        Informationsmodul für Studierende gedacht, inzwischen
Daten für ihre Unter­suchungen, umge-       hat sich daraus der dreisprachige Webauftritt Laboratory
kehrt gelangen neueste Erkenntnisse        Animal Science (LAS interactive) entwickelt. Er ver­-
aus der Forschung in die Versorgung.        bindet das weiterhin kostenfreie Portal und das kosten-
                                           ­pflichtige Schulungsportal Laboratory Animal Science
Wie steht Deutschland im interna-           Campus (LAS Campus). Dort haben Menschen, die mit
tionalen Vergleich da?                      Versuchstieren arbeiten, die Möglichkeit, sich in der
                                            Theorie aus-, fort- und weiterzubilden – mit einem
Deutschland bildet gemeinsam mit            entsprechenden Abschluss. Multimediale Elemente
Großbritannien europaweit die Spitze der    wie Videos und interaktive Lernhilfen zeigen auf, wie
systemmedizinischen und systembio-          die Anzahl der Versuchstiere und ihre Belastungen auf
logischen Forschung. Das spiegelt sich      ein Minimum reduziert werden können. Künftig will
                                            Linklater den Webauftritt zu einer europaweiten
unter anderem in der umfangreichen
                                            Plattform ausweiten, um die Aus- und Fortbildung
Beteiligung deutscher Forscher an den
                                            für das Personal bei Tierexperimenten zu harmonisieren.
Fördermaßnahmen der EU-Kommission
                                            Wer beispielsweise plant, in einem anderen Land zu
wider, die PtJ koordiniert. Eine dieser
                                            arbeiten, erfährt bei LAS interactive, welche Auflagen
Maßnahmen ist ERACoSysMed, das
                                            er erfüllen muss.
erste systemmedizinisch orientierte
ERA-Net in Europa.

                                                      Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015   27   28   29
VORAUSSETZUNG FÜR
          DIE ENERGIEWENDE
          Wind- und Sonnenenergie statt Atomkraft und fossiler Brennstoffe – Deutschland setzt
          auf die Energiewende. Die Digitalisierung beschleunigt diese Wende nicht nur, sie ist eine
          Voraussetzung, damit sie überhaupt gelingt. Denn die Energieversorgung wird komplett
          umgekrempelt: weg von einem konventionellen System mit wenigen großen Kraftwerken
          hin zu einem dynamischen System mit vielen kleinen Erzeugern, die Strom aus erneuerbarer
          Energie eher unregelmäßig liefern. Dadurch wird die Versorgung wesentlich komplexer.
          Gefragt sind nicht nur neue Speichermethoden, sondern auch intelligente Netze, die mit-
          hilfe digitaler Technik die Energieversorgung überwachen und steuern. In den zahlreichen
          Förderprojekten, die der Projektträger Jülich unter anderem für das Bundesministerium
          für Wirtschaft und Energie betreut, entstehen die Konzepte und Lösungen für die Energie-
          versorgung von morgen.

               EINE INSEL BIETET SICHERHEIT

               T
                      ief im Süden Deutschlands liegt das Dorf       Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und
                      der Strompioniere. Wildpoldsried im bay-       Energie (BMWi) geförderte Vorhaben läuft seit
                      erischen Allgäu setzt seit über 15 Jahren      2014. Es untersucht, wie ein verlässlicher und
               auf regenerative Energie. Mittlerweile erzeugen       kosteneffizienter Netzbetrieb der Zukunft aussehen
               die lokalen Wind-, Solar- und Biomasse-Anlagen        könnte. Hierbei spielt insbesondere Stabilität eine
               mehr als dreimal so viel Strom, wie in der Gemeinde   wichtige Rolle. So muss beispielsweise die Spannung
               verbraucht wird. Alles, was im Zuge der Energie­      in den angeschlossenen Haushalten bei fast exakt
               wende zu erwarten ist, lässt sich dort finden: ein    230 Volt gehalten werden oder die Frequenz
               bunter Energiemix, zahlreiche dezentrale Strom­       eines Stromnetzes auch bei Kraftwerksstörungen
               erzeuger sowie eine schwankende Stromeinspeisung.     konstant bleiben. Diese sogenannten System­
               Für das Projekt Zukunftsfähige Netze für die          dienstleistungen liefern heute konventionelle Kraft-
               Integration regenerativer Energiesysteme, kurz        werke. Damit das auch mit erneuerbaren Energien
               IREN2, sind das perfekte Voraussetzungen.             funktioniert, müssen neue Lösungen entwickelt

26   27   28         Voraussetzung für die Energiewende
werden. Die Projektpartner von IREN2 – die              in ein Mikronetz umwandeln. Für die komplexe
Siemens AG, die Hochschule Kempten, die RWTH            Steuerung wird ein neues Regelungssystem ent­
Aachen, die AllgäuNetz GmbH & Co. KG als Netz-          wickelt, am Computer simuliert und dann im
betreiber und das IT-Unternehmen ID.KOM – setzen        realen Netz in Wildpoldsried getestet. Mithilfe
hierfür auf Mikronetze. Das sind kleine, intelligente   zusätzlicher Komponenten wie etwa Batterie­
und klar abgegrenzte Netze zur Stromverteilung.         speichern, Blockheizkraftwerken und Diesel-
Ihr Vorteil: Sie können nicht nur Strom in ein          generatoren wollen die Partner das Mikronetz
Hauptnetz einspeisen, sie können sich auch vom          außerdem so modifizieren, dass es die genannten
Hauptnetz abkoppeln, wenn dort ein Fehler auf-          Systemdienstleistungen übernehmen kann. „Diese
tritt, und dann als Inselnetz die jeweiligen Nutzer     doppelte Form der Betriebsführung unter Berück-
autark mit Strom versorgen.                             sichtigung der Wirtschaftlichkeit ist so noch nicht

D
                                                        untersucht worden“, betont Dr. Martin Weber
        ank IRENE, dem Vorgängerprojekt von             vom PtJ-Geschäftsbereich Erneuerbare Energien.
        IREN2, existiert in der Gemeinde bereits        Gelingt das Vorhaben, profitiert nicht nur das
        ein intelligentes Stromnetz, das für Stabi-     Dorf der Strompioniere. Auch in anderen Regionen
lität im Netz sorgt. Dieses Netz wollen die Partner     Deutschlands könnten Mikronetze nach dem Vorbild
                                                        von IREN2 entstehen.

                                                              Projektträger Jülich | Geschäftsbericht 2015    29   30   31
ENERGIEMANAGEMENT
MACHT SPASS!
Alles aus einer Hand:                          Der Leiter der Gruppe Energiemanage-
OGEMA 2.0 erleichtert Haus-                    ment-Software am Fraunhofer-Institut

besitzern das Leben. Die Soft-                 für Windenergie und Energiesystem-
                                               technik IWES weiß, wovon er spricht:
ware übernimmt das gesamte
                                               Der Elektrotechniker hat OGEMA 2.0
energetische Gebäudemanage-                    mit Wissenschaftlern vom Fraunhofer-
ment. Der Verbraucher spart                    Institut für Solare Energiesysteme
nicht nur Geld, sondern leistet                ISE in Freiburg und für Integrierte
auch noch einen Beitrag zum                    Schaltungen IIS in Erlangen program-
Klimaschutz.                                   miert. Das Projekt wurde vom
                                               Bundes- ministerium für Wirt-
„Ab in die Badewanne!“, ruft Dr. David         schaft und Energie bis
Nestle seinen zwei Kindern energisch zu.       Ende 2015 gefördert
Binnen Sekunden hat sich das vorge-
heizte Badezimmer in ein Schlachtfeld
verwandelt: Strümpfe, Pullover und
Hosen verteilen sich auf dem Boden.
„Schön warm ist es hier“, ruft die Vier-
jährige und hüpft in die Badewanne.
20 Minuten später ist der feucht-
fröhliche Spaß beendet. Schnell noch           und
das Fenster auf Kipp und ab ins Bett           vom Projekt-
mit den Kleinen. Nur die Heizung               träger Jülich betreut.
vergisst Nestle auszustellen. Früher
hätte sich der 39-Jährige Stunden später       OGEMA steht für
über ein überhitztes Badezimmer bei            Open Gateway Energy
offen stehendem Fenster geärgert.              Management Alliance.
Heute reguliert eine Energiemanage-            Dahinter verbirgt
ment-Software seine Heizung auto-              sich ein quelloffenes
matisch: Ein Sensor im Badezimmer              Software-Framework,
übermittelt die Temperatur und Luft-           das auf einem App-
feuchtigkeit an OGEMA 2.0. Daraufhin           Konzept basiert, ähnlich
reguliert das Betriebssystem per Funk          dem von Smartphones. Und
über ein Heizungsventil die Heizung            da die Plattform modular aufgebaut
nach Bedarf hoch oder runter. Die              ist, können verschiedenste Systeme
Hardware dahinter ist überschaubar:            und Applikationen für Energie- und
Ein handelsüblicher „Minicomputer“,            Gebäudemanagement implementiert
auf dem das Betriebssystem installiert         werden. „OGEMA 2.0 funktioniert wie
wird, ist das Herzstück. „Dieses Käst-         ein Dolmetscher, der viele Sprachen
chen lässt sich wie ein Internetrooter         beherrscht“, erklärt Nestle. Der Ver-
zu Hause installieren“, erklärt Nestle.        braucher muss nur noch ein einziges

    28     29    30          Voraussetzung für die Energiewende
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