WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
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WOHNENPLUS P.b.b. GZ 02Z032231 M, Wohnen Plus, Singerstraße 8/10, 1010 Wien FA C H M A G A Z I N F Ü R D I E Z U K U N F T D E S W O H N E N S 2|2018 Das Haus STANDPUNKT als Energiequelle Anreize fehlen – Bedarf an Wohnraum steigt Erste Schritte zur Energiewende MEIN WOHNEN PLUS Ökostrom als brisantes Thema Mit Leidenschaft beim Das Gebäude entscheidet selbst Wohnen und Arbeiten Unabhängig, umweltfreundlich und komfortabel
WOHNENPLUS FACHMAGAZIN FÜR DIE ZUKUNFT DES WOHNENS 2|2018 4 STANDPUNKT 2 Andreas Pfeiler: Anreize fehlen - Bedarf an Wohnraum steigt WOHNSYMPOSIUM 4 Emsiges Schürfen nach leistbarem Bauland PLUSPUNKTE 8 Kurzmeldungen aus der Wohnbaubranche in Österreich MEIN WOHNEN PLUS 10 Mit Leidenschaft beim Wohnen und Arbeiten 12 THEMA 11 Das Haus als Energiequelle 12 Erste Schritt zur Energiewende 16 „Bewohner mit Spieltrieb sind wichtig“ | Interview mit Gerhard Schuster 17 Ökostrom als brisantes Thema 18 Das Gebäude entscheidet selbst 20 Unabhängig, umweltfreundlich und komfortabel I Reportage Das weltweit erste energieautarke Mehrfamilienhaus PROFIL 24 Villach an der Fernwärme | Kelag Energie & Wärme WOHNEN PLUS TRENDS 26 Planen | Bauen | Wohnen | Innovationen 28 FORSCHUNG 28 Raimund Gutmann: Wird Software wichtiger als Hardware? PROFIL 30 Kompetenz: Kooperation! Drei Projekte der WBV-GPA INTERNATIONAL 32 Paris auf und über Schiene bringen – ein Praxis-Check AUSBLICK 35 Simples Vorhaben, komplexes Unterfangen AVISO 36 Themen und Termine zu zwei Veranstaltungen im Herbst: Praxis-Check „Der smarte Weg zur Leistbarkeit?“ – „Kaufen oder Mieten“ ist Thema beim 62. Wohnsymposium | Impressum 32 Coverfoto: Visualisierung: WBV-GPA/Querkraft/Architekt Moosmann Niedrigenergie-Wohnanlage Oleandergasse „Wohnen am grünen Anger“ mit 133 Wohneinheiten WOHNENPLUS . 2|2018 1
STANDPUNKT Anreize fehlen – Bedarf an Wohnraum steigt Die Konjunktur läuft – die Bau- wirtschaft kann nicht über Mangel an Aufträgen klagen. Fast unbemerkt ist das Thema leistbarer Wohnraum aus den Medien verschwunden. Doch die Brisanz ist geblieben, Anreize für Bauträger fehlen, meint Andreas Pfeiler, Geschäfts- führer Fachverband Steine- Keramik der WKO, im exklusiven Interview. GISELA GARY D ie Wohnbaubewilligungszahlen erreichen einen historischen Foto: Lukas Lorenz Höchstwert, gleichzeitig sinken jedoch die Förderausgaben der Bundesländer auf rund zwei Milliarden Euro. Woran liegt das? Andreas Pfeiler: „Ja, 2017 hatten wir den Hat die aktuelle Politik auf das Thema dert werden, sehe ich auch dafür keine tiefsten Wert seit den frühen 1990er-Jah- leistbaren Wohnraum vergessen? Chancen. Bauen ist immens teuer! Die ren. Ich fürchte, ein wichtiges wohnungs- Pfeiler: „Den Eindruck kann man schon Baukosten müssen unbedingt gesenkt politisches Lenkungsinstrument verliert erhalten, bei der aktuellen Berichter- werden. Einzig die Baustoffpreise sind zunehmend an Bedeutung. Dabei hat stattung. Aber ich denke, es wird schon moderat geblieben. Einerseits sind die die Wohnbauförderung eine wesentliche gesehen, dass dringend leistbarer Wohn- Grundstückspreise und die Errichtungs- wirtschafts- und gesellschaftspolitische raum benötigt wird, aber dass es dazu kosten explodiert, anderseits führen aber Wirkung. Der Wohnbauförderung ist es auch Anreize braucht – dieses Verständ- auch die überbordenden technischen zu verdanken, dass die Neubauleistung nis vermisse ich noch. Ich will nicht die Vorschriften zu Kostenerhöhungen. Diese in den Krisenjahren nach 2008 nicht ein- Politik für alles verantwortlich machen, müssen zurückgenommen werden und gebrochen ist und leistbarer Wohnraum aber für ausreichend günstigen Wohn- mit effizienten Regeln ersetzt werden.“ geschaffen werden konnte. Ich sehe ei- raum, oder zumindest für ein ausgegli- nen massiven Handlungsbedarf. Dazu chenes Verhältnis zu sorgen, das sehe ich Wie können die Baukosten im Wohnbau zählt auch die Vereinheitlichung der schon als ihre Aufgabe.“ gesenkt werden? Bautechnik-Verordnungen. Hier müssen Pfeiler: „Beispielsweise durch beschleu- die Bundesländer endlich einheitliche Nachverdichtung und Überbauungen nigte Bauverfahren im Zusammenspiel Normen ermöglichen. Nur dadurch kann wurden ja im Regierungsprogramm fest- mit den Ländern. Aber auch brauchen wir mehr und vor allem günstigeren Wohn- geschrieben – ein guter Ansatz? Bauland, es kann nicht sein, dass Länder raum – auch im ländlichen Bereich – ge- Pfeiler: „Grundsätzlich ja, wenn jedoch auf Bauland sitzen und warten bis die schaffen werden.“ die Rahmenbedingungen nicht verän- Preise noch mehr steigen. Zudem könnte 2 WOHNENPLUS . 2|2018
STANDPUNKT die Idee, dass es bei Grundstücken der sche mir auch, dass die Bekenntnisse ren Wohnbau, einfach umzuhängen? Ich öffentlichen Hand einfach einen gewis- der Regierung zu heimischen Baustoffen kann nur hoffen, dass hier noch die Ver- sen Teil an Vorbehaltsflächen für den för- im öffentlichen Raum, das Setzen auf nunft siegt.“ derbaren Wohnbau gibt, spielend leicht langlebige, rezyklierbare Produkte und umgesetzt werden. Zudem würde eine die Berücksichtigung regionaler Wert- Sie sind ja häufig in Brüssel – was ist Ihr Vereinheitlichung der Bauordnungen die Eindruck und wie läuft es denn in puncto ” Kosten ebenso senken.“ EU-Gebäuderichtlinie? Ich gehe davon aus, Pfeiler: „Die Überarbeitung der EU-Ge- Bauträger klagen nach wie vor über die bäuderichtlinie ist Teil des EU ´Clean überbordende Kostenentwicklung und dass jene, die die WBIB auf Energy for all Europeans´-Pakets, das dem Gewissen haben, noch nie „ Belastungen durch Normen und vor al- Ende 2016 präsentiert wurde. Das Ziel lem Vorschriften in puncto Ökologie – der Erhöhung der Energieeffizienz durch eine Besserung in Sicht? eine Wohnung suchen Energieeinsparungen wurde unmissver- Pfeiler: „Noch nicht. Aber ich bin guter mussten. ständlich einzementiert. Diese sollen v.a. durch Optimierung der Gebäudehülle Hoffnung. Das Passivhaus war ja auch so eine Idee. Wer will schon passiv woh- bzw. durch Forcierung von thermischer nen? Nein, jetzt im Ernst. Das Passivhaus schöpfung bei der Vergabe öffentlicher Sanierung erreicht werden. Gleichzeitig wird heute vielfach als Stand der Technik Aufträge nun in die Tat umgesetzt wer- wurde wenig später im Rahmen der Ab- angesehen. Das ist insofern unverständ- den – inklusive Nachweispflicht.“ stimmung zur EU-Energieeffizienzrichtli- lich, als das Passivhaus in der Praxis auch nie die Berücksichtigung von erneuerba- rasch an seine Grenzen stößt. Außerdem Das Ende oder der massive Umbau der ren Energien in Gebäuden zur Reduktion ermöglicht der in der OIB-Richtlinie fest- Wohnbauinvestitionsbank, WBIB, hat der Einsparverpflichtung abgelehnt. Ob- gelegte ´duale Weg´ zur Steigerung der viele erschüttert. Was kommt jetzt? wohl es doch so einfach sein könnte wie Energieeffizienz, dass viel Wege nach Pfeiler: „Das ist in der Tat erschütternd. Stefan Schleicher in seiner Studie belegt. Rom führen. Ich glaube nicht, dass ein Vor allem, was ist das Problem? Ich gehe Er ist davon überzeugt, dass der Ansatz, Absolutismus in dieser Richtung sinnvoll davon aus, dass jene, die die WBIB auf nur auf alternative Energie zu setzen, ein ist – und auch deckt er sich meiner Mei- dem Gewissen haben, noch nie eine Unsinn ist. Es braucht drei Ansätze: Der nung nach nicht mit den Anforderungen Wohnung suchen mussten. Und was ist Verkehr muss reduziert werden, Gebäu- an leistbarem Wohnraum.“ das für eine Idee, jetzt den Ländern die- de müssen Teil des Energiesystems wer- se Bank, diese Drehscheibe für leistba- den und wir brauchen integrierte Netze.“ Wie geht es Ihren Mitgliedsunternehmen? Pfeiler: „Der Blick auf das wirtschaftli- che Umfeld der Baustoffindustrie schaut Mio. Euro Ausgaben der Bundesländer für Wohnbauförderung derzeit durchaus gut aus. Das Jahr 2017 kann zusammengefasst als zufriedenstel- lend bezeichnet werden, wenngleich der Blick in die Details leider auch Verlierer ausfindig macht. So dürfen sich die In- dustriezuliefer-Branchen zu den Gewin- nern zählen. Doch der Preisdruck- und -kampf ist auch hier angekommen.“ Welche Maßnahmen empfehlen Sie der Politik – wünschen Sie sich? Pfeiler: „Auf die Bedürfnisse der Men- schen, der Unternehmen, auf deren Emp- fehlungen und Ideen zu hören – und vor allem auf die erfahrenen Wohnbauträger. Und den leistbaren Wohnbau als Priorität Quelle:: Förderungsstellen der Länder, BMF, Grafik IIBW. Nummer Eins zu betrachten. Ich wün- WOHNENPLUS . 2|2018 3
WOHNSYMPOSIUM Emsiges Schürfen nach leistbarem Bauland Kommunen verfügen über einen gut bestückten Werkzeugkasten zur Mobilisie- rung von benötigtem Bauland. Spitze Instrumente kommen jedoch kaum zum Einsatz. 2 Derzeit dominieren örtliche Verhandlungstaktik, die Nutzung vorhandener Grund- stücksreserven und die Aufwertung des Wohnungs- bestandes unter dem Stichwort Fotos: Robert Newald „Nachverdichtung“, ergab das jüngste Symposium zur 1 3 Zukunft des Wohnens. P rinzipiell firmiert der Komplex Bo- zügliche Modelle in Südtirol oder Mün- dennutzung und Raumordnung chen. Nicht eruierbar sind sogenannte ERNST KOCH als rechtliche Querschnittsmaterie. „Zwangsmaßnahmen“ zur Eindämmung Dem Bund obliegen Entscheidun- von Grundstücksspekulation, die Einlö- gen über öffentliche Bereiche – wie etwa sung von Sanktionen bei Nichterfüllung Verkehrswege, Kasernenareale, Bundes- von Verträgen oder gar Enteignungen (ge- 1 / „Rechtliche Querschnittsmaterie“: forste u.ä. – und „alles, was nicht Bun- gen Entschädigung). Rechtlicher Knack- Verfassungsjurist Heinz Mayer dessache ist, ist Landessache“, bringt es punkt ist hierbei laut Heinz Mayer die 2 / „Gutes Werzeugkisterl“: Verfassungsjurist Heinz Mayer auf eine fö- Abwägung zwischen Eingriffen in private Athur Kanonier, TU Wien derale Kurzformel. Der Gesetzgeber habe Eigentumsrechte und der Begründung ei- 3 / Unterschiede im ländlichen Raum: „absoluten Vorrang“ etwa bei Widmungs- nes „erheblichen öffentlichen Interesses“. Gerlind Weber, ehem. Boku Wien verfahren oder begleitenden Vertrags- Ein erster in diese Richtung weisender 4 / Auch positive Beispiele: raumordnungen, heißt es. In der Praxis Passus im Bodenbeschaffungsgesetz aus Gerda Maria Embacher, Neue Heimat Tirol überantworten die Rahmenbedingungen anno 1974 kam nie zur Anwendung, da 5 / „Beachtliche Ressourcengewinne“: der Länder den Gemeinden ganz gut be- das „Verhältnismäßigkeitsprinzip“ seither Wolfgang Schön, WAG Linz stückte „Werkzeugkisten“ (A. Kanonier), als zu problematisch angesehen wird. 6 / Neuer Kommunalbau: deren Instrumente jedoch stark variabel Stadträtin Elke Kahr, Graz zum Einsatz kommen. Weite Themenbreite 7 / Beträchtlicher Polster: Einflussmöglichkeiten von Kommu- Der skizzierte Handlungsspielraum von Michaela Trojan, Wohnfonds Wien nen auf Baulandbeschaffung kursieren Ländern und Gemeinden beinhalte „vie- 8 / Enorme Chancen im Bestand: seit Jahrzehnten und lauten auf Begriffe le Konjunktive“, bestätigt Arthur Kanonier Thomas Ritt, AK Wien wie befristete Widmungen, Rückwid- von der TU Wien. In der Regel werden 9/ Leicht optimistischer Blick: mungen, Um- und Zusammenlegungen, Transaktionen und Preisbestimmungen Josef Ostermayer, Sozialbau und GBV Wien anteilsmäßige Zweckwidmungen für ge- durch Vertragsverhandlungen und ört- 10 / Tischrunden im Schutzhaus Zukunft. förderten Wohnbau, Vorbehaltsflächen, liche Kommunikation gehandhabt. Die 11 / Debatte der Politikerinnen Elke Kahr und An- und Rückverkauf durch Gemeinden, eigentliche Bodenbeschaffungspolitik sei Michaela Steinacker, mit Moderator Eric Frey. gerne ins Spiel gebracht werden diesbe- dabei zwar ein wesentlicher Bestandteil, 4 WOHNENPLUS . 2|2018
WOHNSYMPOSIUM 4 5 6 die Situation bedürfe jedoch weiterer Ziel- Weber Dringlichkeiten von Wachstums- bereiche, sodass sich die Einladungspoli- definitionen in Bereichen wie Bestands- gemeinden mit hoher Bauplatznachfrage tik zum 61. Wohnsymposium im Wiener verdichtung, Leerstandsmanagement u.ä. und steigendem Wohlstandsniveau he- Schutzhaus zur Zukunft als Rundblick auf Eine Themenliste, die von Gerlind Weber raus, demnach situiert an Speckgürteln aktuelle Maßnahmen und Entwicklungen (Raumforschung und Raumplanung an oder leistungsstarken Verkehrsrouten, oder urbaner Hot-Spots erweitern konnte. Als der Boku Wien) gleich erweitert wurde: von einer zwei-saisonalen Tourismus- etwas unerwartete inhaltliche Innovation um den enormen Versiegelungsgrad in form geprägt. Ein enormer Überhang von stellte sich im Laufe des Nachmittags eine Landregionen, um die Präferenz zu geför- bis zu 35 Prozent ungenutztem Bauland argumentative Trennung von Notwen- derten Einfamilienhäusern, um die wach- werde an diesen Orten registriert, wäh- digkeiten im Wohnungsneubau und von sende Konkurrenz durch (oftmals leer- rend die Knappheit keineswegs in allen Perspektiven zur optimierten Nutzung der stehende) Anlegerwohnungen und um Landregionen ein Thema ist: „40 Prozent „Bestandsverhältnisse“ heraus. Unsicherheiten betreffend eine erhöhte der Gemeinden wachsen nicht. Von die- Beispiel Innsbruck, wo Grund- Immobiliensteuer. sen ist hier nicht die Rede.“ Sehr wohl stückspreise in lichte Höhen – in einem Auf der Basis einer Studie über Kom- beschäftigt die akute Wohnungsnachfra- genannten Fall bis auf 5.400 Euro pro munen im ländlichen Raum – städtische ge und Preisentwicklung vor allem die Quadratmeter – steigen: Die NHT-Ma- Ballungszentren ausgenommen – filtert Landeshauptstädte sowie deren Einzugs- nangerin Gerda Maria Embacher führte Flexibel und verlässlich: Gemeinsam Raum zum Leben schaffen: Mit der Raiffeisen Großprojektfinanzierung. www.bausparen.at/grossprojektfinanzierung Raiffeisen Bausparkasse Gesellschaft m. b. H., FN 116309v, Mooslackengasse 12, 1190 Wien WOHNENPLUS . 2|2018 5
WOHNSYMPOSIUM 7 8 9 positive Projekte in Kooperation mit der wohnerschaft im Vordergrund stünden. der Perspektive „Nachverdichtung“. In der Stadtgemeinde an, die ihre Bodenpolitik Voraussetzungen dafür seien ausführli- Bundeshauptstadt stehen nicht nur über weiterentwickelt, es mit Anteilsflächen che Untersuchungen für jedes Vorhaben, 600.000 Sozialwohnungen, es offerieren für geförderten Wohnbau sowie mit der intensive Beschäftigung mit den Mietern sich darüberhinaus viele ungenutzte öf- Unterstützung von Verdichtungs- und (vor der viele Akteure zurückscheuen) fentliche Flächen etwa an aufgelassenen Sanierungsmaßnahmen angeht, auch und das kooperative Einvernehmen mit Märkten und vielem mehr. Deren Verwer- im Leerstandsbereich sei „einiges gelun- der Gemeinde. tung ohne neuen Grundbedarf erfolge gen“. Herzeige-Projekte dafür sind Süd- Neue Wege für die Steirische Landes- jedoch – so Ritt mit Bezug auf eine Stu- tirolersiedlungen, die altersgerecht und hauptstadt skizzierte die Grazer Stadträ- die aus 2018 – „zu wenig, zu unsystema- barrierefrei (Lifte) modernisiert werden, tin Elke Kahr (KPÖ). Erstmals sei es dem tisch“. Als große Chance betrachtet wird wobei zusätzliche Wohnangebote zu ge- Wohnbau-Ressort gelungen, Grundstücke die Aufmöbelung von großen Anlagen winnen sind – selbstredend in engster selbst zu erwerben und zu bebauen, auf aus den 1960-er und 1970-er Jahren mit Abstimmung mit der ansässigen Bewoh- der Agenda stehen 1.000 neue und zu- ihrem Sanierungsbedarf und teils zu groß nerschaft. künftig nochmals so viele Einheiten auch gewordenen Wohnungen. Insgesamt eine in Stadtteilen, wo bislang kein kommu- Schiene, die auch auf Zuspruch der Sym- Rückgang von Einfamilienhäusern naler Wohnraum entstanden war. In der posiums-Teilnehmer stieß – siehe die in Für das Land Tirol versicherte Embacher, politischen Schlussdiskussion mit Michaela Tischgesprächen entwickelten Vorschläge sozialer Wohnbau wäre selbst in Touris- Steinacker (ÖVP) brachte Kahr zudem an die Politik. musgemeinden wie Kitzbühel möglich: den Aspekt eines reformierten Mietrechts Einen „gewissen optimistischen Blick“ „Beim Wohnungsneubau hängt alles vom mit Obergrenzen aufs Tapet (siehe hiezu erkennt trotz der hohen Neubau-Notwen- Bürgermeister ab.“ Als Tiroler Gegentrend die Beilage Standard-Wohnen). digkeiten auch Josef Ostermayer, Sozial- ist ein massiver Rückgang beim Bau von bau-Chef und Obmann der Wiener Ge- Einfamilienhäusern zu registrieren: „Jeder Wiener Potenziale meinnützigen. „Wie geht Wien mit seinen will es haben. Man kann es sich aber nicht Die Bundeshauptstadt – dies berechnen eigenen Gründen um“, lautet seine Frage, mehr leisten.“ sämtliche Analysten und Praktiker – ist und welche Faktoren hätten den hohen Für die Stadt Linz, in der auf anderer mit einem Bedarf von zusätzlichen 9.000 Nachholbedarf in der stark wachsenden Ebene einige Hochhausplanungen im pu- bis 10.000 leistbaren Wohnungen jähr- Metropole erzeugt? blizistischen Disput stehen, präsentierte lich belastet. Unbestritten und von allen Zuallerst: Es seien, wie bereits er- WAG-Vorsitzender Wolfgang Schön eben- „Playern“ auf dem Wohnungsmarkt viel- wähnt, viele Flächen vorhanden, die auf falls Projekte im Sinne von Baulandmo- fach publiziert, sind die Bau- und Grund- ihre Widmung warten. Ursacher hiefür bilisierung im Bestand. In concreto: In stückskosten um ein Vielfaches gestiegen finden sich unter anderem in „überschies- Linz-Oed ermöglicht eine „städtebauliche und somit Hauptverursacher des mas- send gehandelten“ UVP-Verfahren, in ho- Gesamtentwicklung“ durch Nachverdich- siven Nachholbedarfes. Etwas überra- hen Anforderungen an Infrastruktur und tung und Dachgeschoßaufbauten 241 neue schend stellten dennoch gleich mehrere deren Kosten, die zu einer Widmung erst Wohnheiten, was einem Plus von zehn Pro- Exponenten die Nutzungsmöglichkeiten dann führen, wenn technisch und sozial zent entspricht. Das Pilotprojekt Linz-Bin- des „Vorhandenen“ in den Vordergrund: rundum vorgesorgt ist. Zukünftige Per- dermichl hat in einer Arbeitersiedlung der Michaela Trojan, Gechäftsführerin des pektiven sieht Ostermayer in einem aus- ehemaligen Hermann-Göring-Werke die Wohnfonds Wien verwies auf die Ver- gebauten System von Baurechten, das Aufstockung des Bestandes von 154 um fügbarkeit von 2,7 Millionen. Quadratme- eine Limitierung von Grundstückskosten 48 Wohneinheiten sowie die Ausstattung tern Baugrund – ein „Superpolster, der ermöglicht – im übrigen auch bei Ver- mit barrierefreien Liften und privaten, Log- allerdings auf Dauer nicht reichen wird“. längerungen im Altbestand, für welchen gia-ähnlichen Freiflächen zum Ziel. Für den Konzentrieren wolle man sich derzeit „auf dann Sanierungs/Modernisierungsprojek- gesamten Stadtteil sieht man ein Potenzial jene Flächen, die gewidmet sind“, auf te forciert werden könnten. Gesetzlich von rund 650 zusätzlichen Wohnungen – neue städtebauliche Verträge und „Boden- und in der Praxis sei an der Optimierung ein Plus von 33 Prozent. umlegungsverfahren“. Auf der Agenda städtebaulicher Verträge und an der Fixie- Mögliche Ressourcengewinne – so bleiben soll zudem der auf 4.000 Ein- rung von Anteilsreservierungen für den bilanziert Schön – seien „quantitativ wie heiten präliminierte Bau von neuen Ge- geförderten Wohnbau zu arbeiten. Erste qualitativ beachtlich“, wobei die soziale meindewohnungen. Nachweisbeispiele gebe es hiefür bereits Durchmischung und die Verbesserung Ein enormes, unterschätztes Potenzial – und dass Wien weiterhin rasant wächst, der Wohnqualität für die bestehende Be- sieht Thomas Ritt (Ökonom AK Wien) in daran besteht wohl kein Zweifel. 6 WOHNENPLUS . 2|2018
WOHNSYMPOSIUM Neue Schiene Nachverdichtung Weder Anreize noch sonderliche Eingriffe empfahlen die traditionellen Tischrunden der Politik auf die Frage, auf welchen Wegen diese neues Bauland für den Wohnbau mobilisieren könne. In den Vordergrund rückte etwas unerwartet Fotos: Robert Newald eine Besinnung auf die Wirkungsweise optimierter Bestandsnutzung ohne neue Grunderfordernisse. 10 Tisch 6 | 13 Punkte Tisch 4 | 9 Punkte Tisch 8 | 8 Punkte Platz 1, Platz 2, Slogan: Platz 3, Slogan: Siegerslogan: Öffentliches Baurecht Leistbarer Wohnbau Widmungskategorie statt Enteignung als Pflicht soziale Nachverdichtung Präsentation: Präsentation: Präsentation: Andreas Dominko, Gilbert Pomaroli, Alexandra Koller, Gewog - Neue Heimat NÖ-Landesregierung Alpenland Tisch 2 | 2 Punkte Tisch 1 | 3 Punkte Tisch 5 | 3 Punkte Slogan: Slogan: Slogan: Vom Baurecht zum Der geförderte Gebt den „Freiland“ Wohnbau ist DAS Wohnungssuchenden öffentliche Interesse eine Stimme Präsentation: Präsentation: Präsentation: Dietmar Steiner, Andreas Weikhart, Gabriele Aigner-Tax, früher AzW Wien-Süd Wohnservice Wien Tisch 9 | 6 Punkt Tisch 3| 3 Punkte Tisch 10 | 7 Punkte Slogan: Slogan: Slogan: Mitwirkungspflicht für Baulandmobilisierung Bestand statt Freiland Grundeigentümer über politische Grenzen Präsentation: Präsentation: Präsentation: Klaus Wolfinger, Michael Wildmann, Arch. Gerda Maria Embacher, Consulting/Bauträger grundstein Neue Heimat Tirol Tisch 7 | 1 Punkte Tisch 11 | 1 Punkte Slogan: Slogan: Nachverdichtung Schutzzonen auf den Dächern aufweichen Präsentation: Präsentation: Xaver Marschalek, Norbert Gschöpf, Architekt FOAM ZT Wien-Süd 11 WOHNENPLUS . 2|2018 7
PLUSPUNKTE PLUS ROBERT KOCH / MARIETTA ADENBERGER PUNKTE Foto: PID Wien wird Musterstadt Michael Ludwig und Christoph Chorherr zeigen stolz führerin der Alpenland Wohnbau- und Der Entwurf zur Novelle der Wiener Bau- den Entwurf zur neuen Wiener Bauordnung, die leistbares Wohnbetreuungs-GmbH: „Unser Netzwert ordnung liegt auf dem Tisch. Ein ganzes Wohnen und Klimaschutz forciert. ist für alle Unternehmen der Wohnungs- Bündel an Maßnahmen soll einerseits wirtschaft offen. Es ist ein Signal an die Verfahren entkomplizieren und ande- kert werden, so Gemeinderat Christoph Frauen, mehr Mut zu Bewerbungen für rerseits Bauland für geförderte Wohnun- Chorherr. In Neubauten solle es künftig Führungspositionen zu haben”. Eine, die gen mobilisieren, wie Wohnbaustadtrat etwa keine Öl- und Gasetagenheizungen es auch geschafft hat, ist Martina Haas, die Michael Ludwig bei der Präsentation im mehr geben, Ladeplätze für Elektroautos mit Jänner 2018 in die Geschäftsleitung April betonte. Ein Beispiel ist die flexib- mitbedacht werden. Die Novelle wird der GWS Gemeinnützige Alpenländische lere Stellplatzverordnung. Nicht benötig- voraussichtlich am 18. September 2018 in Gesellschaft für Wohnungsbau und Sied- te Pflichtgaragenplätze können künftig der Landesregierung zur Beschlussfas- lungswesen m.b.H. – wo 62 Prozent Frau- etwa in Einlagerungsräume umgewandelt sung vorgelegt und am 25. Oktober vom en arbeiten – berufen wurde. Sie zeichnet oder an Bewohner anderer Anlagen wei- Landtag beschlossen. neben Johannes Geiger für den kaufmän- tervermietet werden. Weitere Eckpunkte nischen Bereich, Marketing und Vertrieb der Novelle: Ein vereinfachtes Verfahren verantwortlich. für Bauvorhaben im Gartensiedlungsgbiet Frauen im Aufstieg und das Wegfallen der mündlichen Bau- Um Frauen beim Aufstieg in Führungs- verhandlung unter bestimmten Bedingun- positionen der stark männerdominierten Stadt leistbar weiterbauen gen. Ein wichtiger Punkt ist das Verbot gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zu Die hohen Bodenpreise bereiten dem von kurzfristigen Vermietungen zu Beher- unterstützen, wurde Ende 2016 die Initi- geförderten Wohnbau in der Stadt Pro- bergungszwecken wie etwa Airbnb, damit ative „Netzwert“ der Arge Eigenheim ins bleme. Im Rahmen einer AK-Studie zur soll die gewerbliche Nutzung von Woh- Leben gerufen. Nun ist die Plattform samt Frage der Baulandmobilisierung stellten nungen vermieden werden. Gebäude mit Role Models und aktivem Mentoring gut die Studienautoren Raimund Gutmann Baujahr vor 1945 sollen außerdem besser in der Branche angekommen, obwohl und Ernst Gruber von wohnbund:consult geschützt werden. In Punkto Umwelt- es noch immer wenige Frauen in obe- Ideen vor, wie bereits bebaute und be- schutz soll Wien zur Musterstadt werden, ren Positionen gibt, so das Resümee der wohnte Gebiete in Wien weiterentwickelt erstmals Klimaschutz neben leistbarem Netzwert-Vorsitzenden Isabella Stickler, werden können. Die Strategien lauten Wohnen als Ziel der Stadtplanung veran- Prokuristin der Alpenland und Geschäfts- Nachverdichtung, Aufstockungen und Bestandsadaptierung im Zuge von Sanie- rungen. Etwa die Überbauung von Gara- gen und Nahversorgern. Mit erschwinglichem und gesundem Wohnbau beschäftigte sich im April auch die von Stadt Wien und der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (UNECE) veranstaltete Wiener Konferenz „Zugang zu leistbarem Wohn- raum für alle“. Bei der Veranstaltung wur- de die Umsetzung der Genfer UN-Char- Netzwert-Frauen in ta für nachhaltiges Wohnen sowie Best Führungspositionen Practices aus verschiedenen Ländern dis- (v.re.): Martina Haas, kutiert. Ein Schwerpunkt der Veranstal- Isabella Stickler und tung lag auch auf den Auswirkungen der Michaela Steinacker, „Sharing Economy“ und der Frage, wie Abg.z.NR und Online-Plattformen für private touristi- Foto: Neumayr AR-Vorsitzende der sche Vermietung den Wohnungsmarkt in Alpenland. Städten verändern. 8 WOHNENPLUS . 2|2018
PLUSPUNKTE Premiere für Digitalausgabe Ab sofort widmet die deutsche On- line-Plattform für die Wohnungswirtschaft dem digitalen Wandel in unserer Gesell- schaft regelmäßig eine eigene Ausgabe. Das erste „Wohnungswirtschaft heute. di- gital“ ist im April erschienen und kommt nun jeweils am dritten Mittwoch eines Mo- nats im Wechsel mit „Wohnungswirtschaft Einladung zum heute. energie“ heraus. Beide Themen feierlichen Spatenstich werden journalistisch betrachtet, Neues für das neue Wohnheim Foto: Klaus Pichler vorgestellt sowie Fakten und Lösungen der Arge Wien durch die präsentiert. Die Themen der ersten Aus- Wohnbauvereinigung gabe waren etwa ein mobiles Büro für für Privatangestellte. Objektbetreuer, Digitalisierung als Helfer, digitale Vermietung und eine digitale Ge- diesen Jahres der feierliche Spatenstich. Einstieg – und macht damit die Zielrich- meinschaftswaschmaschine. Wie gewohnt Als Ehrengast war auf Einladung der tung klar. Es geht um weitaus mehr als können auf der Website www.wohnungs- Wohnbauvereinigung für Privatangestell- das durchaus respektable Planer-Port- wirtschaft-heute.de auch die Artikel von te auch Bezirksvorsteher Georg Papai folio, welches an 19 Projekten verortet WohnenPlus abgerufen werden. anwesend. Auf dem Areal in Floridsdorf wird. „Präzise Urbanitätsmaschinen“ be- lässt die Gemeinnützige Privatstiftung titelt Maik Novotny seine Würdigung der “Prosandler” in Zusammenarbeit mit der Wohnbauten von Lorenz plus Atelier. Der Ist und Soll beim Neubau ARGE Wien 50 von CPP Architektur ZT auch WohnenPlus-Lesern bestens be- Exakt 17.010 Wohnungen – elf Prozent KG geplante Heimplätze für ehemals ob- kannte Architekturkritiker publiziert zwei mehr als im Jahr zuvor – konnten die Ge- dachlose Menschen errichten. sehr interessante Interviews: „Wien war meinnützigen Bauvereinigungen in ganz lange eine Insel der Seligen“, fasst Wil- Österreich 2017 übergeben. Mit leichten helm Zechner seine langjährigen Erfah- Rückgängen in Kärnten und Oberöster- Raumbild für Vorarlberg rungen bei der Sozialbau AG zusammen, reich. Laut den aktuellen Zahlen zeigt Bei der “Raumbild-Konferenz 2030” in und Gesiba-General Ewald Kirschner sich zwar weiterhin ein gleichbleibendes Feldkirch wurde im April darüber nach- erklärt „Wir brauchen Vorreiterprojek- Fertigstellungsniveau mit einem leichten gedacht, wie Vorarlberg in gut zwölf te“. Die im Buch dokumentierten Wohn- Anstieg auf 17.300 für 2019, wie bei der Jahren aussehen soll. 200 Menschen aus bauten von Peter Lorenz verdienen die- Bilanzpräsentation des GBV-Verbandes zu unterschiedlichen Interessensgruppen, se Bezeichnung. Wer es nachlesen will, erfahren war. Dennoch fehlen in Öster- die Landesräte Karlheinz Rüdisser und schreibt an office@lorenz-ateliers.at. reich hochgerechnet pro Jahr 7.000 leist- Johannes Rauch sowie der Harder Bür- bare Wohnungen. Der Baukosten-Anstieg germeister Harald Köhlmeier, Präsident bringe den geförderten Wohnbau immer des Gemeindeverbandes, waren vor Ort, Treffpunkt Eisenstadt mehr in Bedrängnis. Im letzten Quartal um an einem räumlichen Entwicklungs- Bauen mit sozialer Verantwortung stand 2017 betrug die Jahressteigerung der Bau- konzept zu arbeiten. Das Ziel: Eine lang- im Mittelpunkt des Verbandstages der preise 3,2 Prozent gegenüber jener des fristige Planung für die Bereiche Siedlung gemeinnützigen Wohnungswirtschaft am Verbraucherpreisindex mit 2,2 Prozent. In und Mobilität, Freiraum, Landwirtschaft, 13. Juni 2018 in Eisenstadt. Nach den üb- Wien warten daher baureife Projekte für Wirtschaft und Tourismus. Im vergange- lichen Ansprachen ging es um „Wohn- mehr als 1.500 Wohnungen auf akzeptable nen Vierteljahrhundert sind 50.000 neue raum für Menschen, die besonderer Be- Kostenangebote, weil die Baupreise nicht Haushalte entstanden und 40.000 Ar- treuung und Unterstützung bedürfen“. mehr unterzubringen sind, so GBV-Ob- beitsplätze geschaffen worden, was kons- Beispiele aus der Praxis beschrieben mann Karl Wurm: „Das Segment der leist- truktive Konzepte notwendig macht. Das Alfred Kollar aus Oberwart, Stephan Grö- baren Wohnungen kann nicht ausreichend Raumbild, das im Herbst fertig sein soll, ger aus Salzburg und Markus Pollo aus bedient werden.“ ist richtungsweisend für das neue Raum- Tirol. Der bekannte Datenschutz-Aktivist Für Wien wird der Ausblick dennoch planungs-, Bau- und Grundverkehrsge- Max Schrems widmete sich dann noch vorsichtig positiv bewertet: Falls keine un- setz. Derzeit haben 70 der 96 Vorarlberger dem „Datenschatz“. erwarteten Verzögerungen eintreten, dürf- Gemeinden ein Entwicklungskonzept, an Tags zuvor wurde der „Interne Ver- te 2019 wieder die 5.000-Wohnungen-Mar- das sie sich dann auch halten müssen. bandstag“ mit einer Exkursion eingeleitet, ke geknackt werden. gab es Berichte und diverse Beschlüsse, Statements und Ehrenzeichen, schließlich Verantwortung für Wohnen „Satirisches zum Ausklang“ und den gro- Dach über dem Kopf Auf dem Buchdeckel steht „wohn raum ßen Empfang im Schloß Esterhazy. Zelte und Regenschirme braucht es auf werk“, nobel in Großbuchstaben schwar- Mit einer Fachveranstaltung über der Baustelle in der Brünnerstraße 116 zer Prägung. In dem 276 Seiten starken „Potenziale und Strategien für den ge- nun bald nicht mehr. Die künftigen Be- Band geht es um das Werk von Peter meinnützigen Wohnbau“ startete der wohner des Wohnheim Arge Wien wer- Lorenz in Triest, Innsbruck und vor al- Verein für Wohnbauförderung in die den ab März 2019 ein Dach über den lem Wien. „Über unsere Verantwortung Treffpunkt-Woche. Über die Highlights Köpfen haben, erfolgte doch im Jänner für Wohnen“ schreibt der Architekt zum berichtet WohnenPlus im nächsten Heft. WOHNENPLUS . 2|2018 9
MEIN WOHNEN PLUS Mit Leiden- schaft beim Wohnen und arbeiten Fotos: beigestellt 2 1 / Gerald Koller bei seiner zweiten Leidenschaft, Gerald Koller, bekannt als dem kochen - die erste ist das Geronimo, ist Karikaturist. Er ist Karikaturen zeichnen. ein deklarierter Fan der „Neue 2 / Geronimos Atelier befindet sich im 400 Jahre alten Eisenstädter“ – denn der ehemaligen Armenhaus mitten Bauträger bietet ihm alles, was 1 am Rathausplatz in Rust. er braucht. Er wohnt in einer einfach liegen gelassen – da habe ich sie te stand es leer und diente als illegale Par- Wohnung nahe am Wasser und mir geschnappt und mir Rust mal näher tylocation. Der Eigentümer, die Gemeinde arbeitet in einem 400 Jahre angeschaut.“ Und sofort verliebt – also zu- Rust, beauftragte die Neue Eisenstädter als erst in die Wohnung. Knapp 80 Quadrat- Generalunternehmer mit der Sanierung. altem Haus – direkt am Rathaus- meter mit Balkon und Blick auf die Wein- Die Lage – das Atelier ist keine 200 Meter platz in Rust. Für ihn ist sein berge, bewohnt Gerald Koller mit seinem von der Wohnung entfernt – aber auch 15jährigen Sohn. „Die Pubertät ist bei uns die „alte“ Architektur, begeisterten Koller Wohnen-Arbeiten-Paket mehr nun auch voll eingezogen, aber wir ha- sofort: „Ich liebe das alte Holz, die dicken, als Inspiration und einfach sein ben Platz genug – also so als Zweimann- alten Mauern und die geweisselten Wän- Zuhause. betrieb“, schmunzelt Geronimo – so sein de – was gibt es Schöneres?“ Der Denk- Spitzname seit ewig schon. Seit einem malschutz verzögerte das Sanierungsvor- Jahr gibt es eine neue Frau in Geronimos haben ein wenig. Doch Koller berichtet GISELA GARY Leben – doch vom Zusammenziehen ist fasziniert von Architekt Johann Schandl, noch lange keine Rede. der mit viel Liebe zum Detail das Haus Die Miete ist günstig und die Wohn- renovierte, gemeinsam mit Bernhard hausanlage angenehm und bestens be- Gritsch, dem Restaurator. Auf dem Dach treut – auf seiner Stiege gibt es 20 weitere gibt es bereits ein junges Storchenpaar Wohnungen. „Es ist einfach wunderschön mit zwei Jungen – ein gutes Zeichen. „Die hier, wir fühlen uns sehr wohl“, so Koller. Armenhäuser waren immer in Richtung Die Wohnung ist nun schon 20 Jahre alt, Kirche gebaut, mit Löchern in der Mauer, D er geborene Stöttera, Bezirk es gibt eine Kaufoption, die Koller sich damit die bettlägrigen Bewohner auch die Mattersburg, war in seinem ers- zurzeit ernsthaft überlegt. Die Aufteilung Messe verfolgen konnten“, erzählt Koller, ten Leben Polizist und wohnt der Räume ist für ihn perfekt wie auch die er hat die Historie des Hauses längst stu- Zeit seines Lebens im Burgen- Größe, Helligkeit und Ruhe – und natür- diert. Heuer gibt es ein großes Fest – 20 land. Seit über 20 Jahren lebt er jedoch für lich die Nähe zum Wasser. Jahre Geronimo-Karikatur – und das wird seine Passion: Dem Karikaturen zeichnen, im neuen Atelier stattfinden. und das in Rust am See. Er wollte schon Hochprofessioneller Bauträger Koller spaziert täglich zu Fuß in die als junger Mann Künstler werden, doch für Mit der Gemeinnützigen Neue Eisen- „Arbeit“, Besucher sind willkommen – die Mutter stand fest, der Bub wird Polizist städter hatte Koller schon früher einmal und zahlreich, an manchen Tagen darf – ein sicherer Job. Doch gezeichnet hat er Kontakt, als quasi Bauherr. „Wir haben man dem Karikaturisten sogar beim Ar- trotzdem immer. „Nach meiner Scheidung die neue Polizeistation in Eisenstadt ge- beiten über die Schulter schauen. Klima- habe ich lange nach einer neuen Woh- baut, das war spannend – und ich hab tisiert im Sommer – „das braucht wirklich nung in der Nähe vom Wasser gesucht. bereits in dieser Zeit Vertrauen zu dem lange, bis die Hitze reinkommt“ und ge- Ich hab schon als Kind immer am oder im Bauträger gewonnen, die arbeiten ein- mütlich im Winter, so beschreibt Koller Wasser gespielt, gefischt oder bin Fähre fach hochprofessionell.“ sein Arbeitsreich, das zugleich auch Ga- gefahren. Durch einen lustigen Zufall kam Das Atelier ergab sich vor rund einem lerie und Ausstellungsraum ist. Gearbeitet ich zu meiner jetzigen Wohnung und vor Jahr. Das Haus ist 400 Jahre alt, direkt am wird ausschließlich im Atelier, denn seine einem Jahr dann auch zu meinem Atelier: Rathausplatz und steht unter Denkmal- Technik „staubt“, er malt mit Pastellkrei- Der Exmann meiner Schwester hat bei schutz. Es war das ehemalige Armenhaus, den. Und so bleiben Arbeit und Privat seinem Auszug die Pläne der Wohnung gegenüber war das Bürgerspital. Jahrzehn- schön getrennt. 10 WOHNENPLUS . 2|2018
THEMA Visualisierung: WBV-GPA/Querkraft/Architekt Moosmann Strom selbst erzeugen – ein ganzes Haus als Kraftwerk oder zumin- dest als Energiequelle zu nützen, sind zukunftsträchtige Innovationen, Das Haus als Energiequelle die auch im mehrgeschossigen Wohnbau auf zunehmendes Interesse stoßen. Einmal mehr erweisen sich gemeinnützige Bauträger als Vor- reiter, als mutig, experimentierfreudig und erfinderisch. Mittlerweile ermöglicht die kleine Ökostromnovelle den Einsatz von erneuerbaren Energien im mehrschossigen Wohnbau – eine Chance, die Österreich- weit genützt wird. Das Ziel ist einerseits, die nachhaltige Energiebereit- stellung gewährleisten zu können, andererseits die Betriebskosten für Mieter entscheidend zu senken und langsam Energieautark zu werden. Spannend dabei ist, dass bestehende Wohnhausanlagen ebenso nachgerüstet werden können – und so zur Energiequelle werden. WOHNENPLUS . 2|2018 11
THEMA Erste Schritte zur Energiewende Die kleine Ökostromnovelle erleichtert die Anwendung erneuerbarer Energien im Geschosswohnbau. Das heißt: die Zeichen stehen auf Innovation – wenn auch immer mit einem Auge auf die Kosten. MAIK NOVOTNY Foto: Dietmar Mathis 1 W ie viele Gebäudevarianten tungskosten, sondern um die gesamten untersucht man für gewöhn- Lebenszykluskosten über 50 Jahre.“ lich, bevor es an die Planung, Um hier das definitive Optimum zu Ausschreibung und Ausfüh- ermitteln, wurden mehrere Konstruktions- rung geht? Eine, zwei, eine Handvoll? arten untersucht (Massivbau, Mischbau, Etwas mehr als eine Handvoll Varianten Holzbau), mehrere Heizsysteme (Pellets, waren es, welche die Vogewosi für ihr Fernwärme, Hackgut, Wärmepumpe und Wohnhausprojekt in Feldkirch-Tosters Gasheizung), und dies jeweils in Kombi- untersuchte, nämlich 147.000. Immerhin nation mit Solar- und Photovoltaikanlagen wurden diese schnell auf einen handli- in drei verschiedenen Größen. „Zu beach- cheren Umfang von 60.000 reduziert, wie ten waren natürlich auch die Förderungen, Alexander Pixner, Leiter der technischen die je nach Wahl des Haustechniksystems Abteilung bei der Vogewosi, beim Praxis- ganz unterschiedlich ausfallen“, so Pixner. Check von der Wohnen Plus Akademie trocken anmerkte. Rekordverdächtig lan- Nahezu Passivhausstandard 1 / Inklusive Lebenszykluskosten auf 50 Jahre: ge Excel-Listen wurden gefüllt. Dabei zeigte sich, dass Passivhaushülle Das Pilotprojekt in Feldkirch-Tosters, ein klimagerechter, Ein Aufwand, den man in Vorarlberg und hocheffiziente Fenster in den meisten nachhaltiger Wohnbau, von der Vogewosi. nicht aus Lust und Laune treibt, denn es Fällen wirtschaftlich sind, dass die Erd- 2 / Pionierleistung beim Gesiba-Wohnbau in der Schellen- handelte sich um ein Pilotprojekt. Unter reich-Wärmepumpe der wirtschaftlichste seegasse: Das „Powerhaus“, geplant von Architekt Reinberg, dem Namen KliNaWo (klimagerechter, Wärmeerzeuger ist, und dass mehr als 95 mit Photovoltaik-Elementen am Dach und thermischen nachhaltiger Wohnbau) hatte man sich Prozent der 60.000 gerechneten Varianten Kollektoren an der Südfassade. gemeinsam mit dem Energieinstitut Vor- in ihren Errichtungskosten unter der Kos- 3 / Betreutes Wohnen und Photovoltaik – ein Pilotprojekt der arlberg, der Arbeiterkammer und AlpS auf tengrenze der Wohnbauförderung lagen; Waldviertler in Gerersdorf.. die Suche nach dem optimalen Gebäu- die schließlich ausgewählte Variante un- 4 / Experimentierfreudig: Wohnbau Mühlgrundgasse/ destandard gemacht. „Wir haben versucht, terschreitet diese um mehr als 100 Euro Fahngasse in Wien 22., mit thermischer Bauteilaktivierung, ein kostenoptimales Gebäude zu entwi- pro Quadratmeter Nutzfläche. Niedertemperatur-Deckenheizung mittels Sole-Wasser- ckeln unter der Betrachtung der maxima- Die Gewinnerin aus den 60.000 Va- Wärmepumpen und 30 Erdwärme-Tiefensonden. len energetischen Qualität“, erklärt Pixner. rianten wurde schließlich ein Massivbau Die Wärmepumpen werden mit Windenergie betrieben. „Dabei ging es nicht nur um die Errich- mit 24 Zentimeter Wärmedämmung, Ener- 12 WOHNENPLUS . 2|2018
THEMA gieversorgung über Sole-Wärmepumpe und Fußbodenheizung mit zusätzlichen Heizkörpern; mit 22 kWh/m2a erreicht man nahezu Passivhausstandard. Der Baustart für den dreigeschossigen Bau mit 18 Wohneinheiten (Architektur: Wal- ser + Wehrle) erfolgte am 31. März 2016, die Übergabe im November 2017, bei Ge- Foto: Rupert Steiner/Gesiba samterrichtungskosten von 3,3 Millionen Euro und einer Miete von 9,50 Euro in- klusive Nebenkosten. Nach der Übergabe startete ein Monitoring-Prozess, der etwa 2 zwei bis drei Jahre dauern wird. „Das ist im Grunde der wichtigste Teil“, so Pixner, „denn die tatsächlichen Verbräuche sind das, was zählt.“ Schon jetzt lässt sich feststellen, dass mit diesem Pilotprojekt ein großer Schritt gewagt wurde, um die Front der auch un- ter gemeinnützigen Bauträgern verbreite- ten Skepsis gegenüber Passivhäusern zu ” Wir haben versucht, ein kostenoptimales Gebäude zu entwickeln, unter Betrachtung der maximalen „ Foto: Waldviertler energetischen Qualität. Alexander Pixner 3 durchbrechen – dank der Gemeinschafts- komplette Energiewende, aber zumindest Mobilität und Ökologie arbeit mit dem „Passivhaus-lastigen“ Ener- ein Schritt dahin. Bis 2030 soll der Strom- Nachgerüstet wird auch bei der WBV- gieinstitut und der eher Passivhaus-skep- bedarf in Österreich komplett aus erneu- GPA: Gemeinsam mit Wien Energie wird tischen Wirtschaftskammer. erbaren Energiequellen bestritten werden, eine bestehende Wohnhausanlage in der Wobei die Gemeinnützigen schon ein ambitioniertes Unterfangen. Lavaterstraße im 22. Bezirk mit 400 Qua- länger Pionierarbeit geleistet haben. Be- Noch herrscht zwar vorsichtig opti- dratmetern PV-Elementen versehen – für reits 2008 wurde in der Schellenseegasse mistisches Abwarten, doch nicht wenige die Bewohner, die sich zur Nutzung die- in Wien das sogenannte „Powerhaus“ von Bauträger planen bereits die nächsten ses hauseigenen Ökostroms bereit erklärt der Gesiba, geplant von Architekt Rein- Pilotprojekte. Ernst Bach, Vorstand der haben, gibt es einen eigenen Tarif. Wien berg, errichtet, ein früher Versuch, die Sozialbau AG, verglich unter dem Thema Energie plant, errichtet und wartet die An- Passivhaustechnologie in den finanziellen „Gemeinschaftliche Nutzung von Strom- lage und übernimmt auch die Aufteilung Grenzen des geförderten Wohnbaus zu re- erzeugungsanlagen“ die Optionen für des Stroms auf die einzelnen Parteien und alisieren. Photovoltaik-Elemente am Dach PV-Anlagen: Entweder als Gemeinschafts- die Abrechnung. „Die Möglichkeit, Solar- und thermische Kollektoren an der Südfas- einrichtung oder als Betreibermodell, mit strom unter den Hausparteien aufzuteilen, sade zeigten schon nach außen, dass hier jeweils Vor- und Nachteilen. Fünf Be- eröffnet uns ganz neue Geschäftsmodelle, Außergewöhnliches versucht wurde. Das standsobjekte will man bei der Sozialbau mit denen wir den Photovoltaik-Ausbau Ergebnis unterbot den damaligen Passiv- in einem ersten Testdurchgang umstruk- in Wien enorm voranbringen werden“, so hausstandard von 120 kWh Primärenergie- turieren. Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien bedarf mit 66 kWh um fast 50 Prozent. Schon in Betrieb ist ein Pilotprojekt Energie. der Neuen Heimat Tirol (NHT): Seit Jän- Auch beim Neubau betritt die WBV- Ambitioniertes Unterfangen ner 2018 können 38 Mietparteien an der GPA neues, buchstäblich grünes Terrain. Die Tür zu mehr Innovation im Wohn- Reichenauer Straße in Innsbruck Strom Im Norden Wiens entsteht zurzeit die bau steht seit Juni 2017 etwas weiter of- aus 133 Solarmodulen beziehen. Bis zu 20 Wohnanlage Oleandergasse unter dem fen. Denn damals wurde mit der „klei- Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs Motto „Wohnen am grünen Anger“ mit nen“ Ökostromnovelle einige rechtliche können dadurch abgedeckt werden. Die 133 Wohneinheiten, die im Herbst die- Hindernisse auf dem Weg zur Nutzung Installation erfolgte in Kooperation mit ses Jahres fertiggestellt wird (Architek- erneuerbarer Energien, sprich: Photovol- der Innsbrucker Kommunalbetriebe AG tur: querkraft und Architekt Moosmann). taikanlagen am Dach, im mehrgeschos- (IKB), die rund 40.000 Euro investierte. Hier wird einerseits in puncto Mobilität sigen Wohnbau ausgeräumt. Noch keine Siehe dazu auch den Artikel auf Seite 17. auf Ökologie gesetzt und jeder Stellplatz WOHNENPLUS . 2|2018 13
THEMA Grafik: TU Wien Das TU-Gebäude am Getreidemarkt in Wien verfügt über Österreichs größte gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage – ein Vorzeigebeispiel für den mehrschossigen Wohnbau. für E-Fahrzeuge ausgerüstet. Vor allem Photovoltaik kommt auch hier zum mit 30 Prozent erneuerbarer Energien. Wir aber ist der grüne Anger Teil eines kol- Einsatz: Der PV-Strom soll zum Betreiben würden sehr gerne öfter innovative Ener- laborativen Pilotprojekts, das gemeinsam der Wärmepumpe eingesetzt werden und giekonzepte anwenden, aber es ist eben mit der Sozialbau AG, dem Austrian In- den Allgemeinstrombedarf des Gebäu- eine Kostenfrage. Außerdem operieren stitute of Technology (AIT), der FH Wels des decken. Überschüssiger Strom soll manche Technologien, etwa Batteriespei- und dem Joanneum bestritten wird. Ziel für die unterstützende Warmwasserberei- cher, bisher noch nicht wirtschaftlich ge- des Forschungsvorhabens ist die Umset- tung verwendet werden. Alle technischen nug.“ Auch beim grünen Anger war der zung von Mieterstrom-Modellen. Für die Anlagen werden als Gemeinschaftsanla- realisierte Grad an Innovation nur mög- WBV-GPA ein Experimentierfeld: „Eine gen errichtet und aus den Baukosten mit lich, weil aufgrund der Grundstücksgrö- Fußbodenheizung haben wir bisher nur Wohnbauförderungsmitteln finanziert. Alle ße auf Unterkellerung verzichtet werden bei einem Kindergarten angewendet, hier Wünsche ließen sich damit jedoch nicht konnte und alle Stellplätze ebenerdig er- tun wir es zum ersten Mal im Wohnbau“, erfüllen, wie Franz Pranckl einräumt. „Das richtet werden. erläutert Franz Pranckl, Geschäftsführer Ansinnen der MA 20, Tiefensonden ein- der GPA-PG Planungsgesellschaft, „Auch zubauen und komplett auf erneuerbare Günstige Windenergie eine Luft-Wasser-Wärmepumpe haben wir Energien zu setzen, konnte aus Kosten- Ein weiteres Indiz, wie die kontinuierliche bisher nur dezentral in einem Studenten- gründen nicht umgesetzt werden. Jetzt ha- Drehung der Energiewende bei Bauträ- wohnheim verwendet.“ ben wir sozusagen eine „Schmalvariante“ gern zur Lust an Innovationen führt, ist 14 WOHNENPLUS . 2|2018
THEMA Dass solche Kooperationen zwischen Netzbetreibern, Forschungsinstitutionen und Bauträgern eine große Zukunft ha- ben, liegt auf der Hand. „Die Energiewen- de bedeutet eine Systemwende und Strom spielt dabei die zentrale Rolle“, ist auch Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Österreichs Energie, der Interessenvertre- tung der E-Wirtschaft, anlässlich der Smart Energy Systems Week Austria im Mai, Foto: Neues Leben/M2plus Immobilien GmbH überzeugt. Klar ist auch, dass die Bau- träger dabei ein wichtiger Teil einer ge- samtgesellschaftlichen Entwicklung sind. Dabei stehen noch einige Umdrehungen Richtung Energiewende bevor. 4 2019 ebenfalls im 22.Bezirk zu besichtigen. rechtem Wohnen diverse Betreuungsleis- Hier errichtet die „Neues Leben“ in Koope- tungen bietet, und dass in Passivhausstan- Welches Haus was kann ration mit der M2plus Immobilien GmbH dard. Fokus der Begleitforschung dieses eine Anlage mit 155 Wohnungen, bei der Projekts war die Optimierung der Solar- Niedrigenergiehaus: die thermische Bauteilaktivierung Einzug strahlungsversorgung durch tageslichtopti- Gebäude mit einem Heizwärmebe- in den Wohnbau hält. Die Wohnhausanlage mierte Grundrisse, einen höheren Glasan- darf von weniger als 50 kWh/m2 Mühlgrundgasse/Fahngasse ist ein Pilotpro- teil und hochtransparenter Verglasung. Passivhaus: jekt, an dem auch der Wiener Magistrat und Das Tageslicht erfüllt hier die Doppel- Gebäude ohne konventionellem das Umweltministerium beteiligt sind. Hier funktion als „Medizin“ zur Demenzpräven- Heizsystem. Der Heizwärmebedarf wird eine Niedertemperatur-Deckenhei- tion und als Energiequelle. In der Gebäu- beträgt maximal 15 kWh/m2, der zung mittels Sole-Wasser-Wärmepumpen detechnik setzte man auf eine „einfache Gesamtenergiebedarf maximal 42 und 30 Erdwärme-Tiefensonden betrieben, und robuste“ Lösung mit minimierten Wär- kWh/m2. Die Wärme stammt über- welche in 150 Metern Tiefe im Boden ein- meverlusten, hier wurde auf die Erfahrun- wiegend aus „passiven“ Quellen gebracht werden. Diese Wärmepumpen gen der WAV bei Heizungs- und Lüftungs- wie der Sonne. wiederum werden mit günstiger Windener- technik zurückgegriffen und Varianten in Nullenergiehaus: gie betrieben. (Siehe auch Seite 27.) Bezug auf Gesamtenergiebilanz, Ökologie Gebäude, das keine externe Ener- Nicht nur in Wien, Tirol und Vorarl- und Kosten verglichen. Die gewählte Va- gie benötigt – und seine Energie berg wird am Rad der Energiewende ge- riante setzt auf 85 Prozent Erdwärme und selbst erzeugt. dreht, auch die NÖ Wohnbauforschung Photovoltaik, der Rest wird aus (erneuer- Plusenergiehaus: und die NÖ Wohnbauförderung öffnen bar erzeugtem) Netzstrom gedeckt. Die Gebäude als Kraftwerk – ein Pas- Wege in die grüne Zukunft. Ein Pilotpro- Wärmeerzeugung erfolgt mittels zentraler sivhaus, das jedoch mehr Energie jekt für energiesparendes Bauen ist in Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Tiefenboh- erzeugt, als es verbraucht, es ist Gerersdorf zu besichtigen. Dort errichte- rungen, die Raumheizung mit Fußboden- emissionsneutral; das Plus an Ener- te die Siedlungsgenossenschaft Waldvier- heizung. Auch hier ist ein Energiemonito- gie stammt aus Windturbinen und tel (WAV) eine Anlage unter dem Motto ring inbegriffen, das von der HTL Karlstein Solarzellen. „Betreutes Wohnen“, die neben altersge- an der Thaya durchgeführt wird. Mag. Michael Swoboda, Leiter Großwohnbau e: Ihre Finanzierungs-Hotlin BESTE FINANZIELLE LÖSUNGEN FÜR T. 05 90 910! IHRE PROJEKTE. ICH BIN FÜR SIE DA. michael.swoboda@hyponoe.at www.hyponoe.at Diese Marketingmitteilung wurde von der HYPO NOE Landesbank für Niederösterreich und Wien AG, Hypogasse 1, 3100 St. Pölten, erstellt und dient ausschließlich der unverbindlichen Information. Irrtum und Druckfehler vorbehalten. Stand 2/2018. Werbung WOHNENPLUS . 2|2018 15
THEMA/INTERVIEW „Bewohner mit Spieltrieb sind wichtig“ Gerhard Schuster, Vorstands- Fernwärme, mit einer lokalen Insellösung mit hohem Anteil erneuerbarer Energie vorsitzender der Wien 3420 oder einer Zwischenlösung; Je nach un- aspern Development AG, verrät ternehmenspolitischer Tendenz ordnen sie sich einer der Varianten zu und suchen sich erste Details über das smarte das entsprechende Baufeld aus. So bieten Energie-Testlabor in der wir einen guten Angebotsmix für alle.“ Seestadt Aspern. Die zweite Fünf-Jahres-Forschungsphase ASCR 2.0 wurde vor kurzem bewilligt. Wie MAIK NOVOTNY konkret sind die Planungen dafür? Schuster: „Wir gehen momentan von ei- nem Baubeginn der dafür vorgesehenen Objekte in den Jahren 2018 und 2019 und Fertigstellungen 2020 oder Mitte 2021 aus. D Foto: Ludwig Schedl ie erste Phase der Aspern Smart So hat die ASCR noch ausreichend Zeit für City Research (ASCR), an der Monitoring und die anderen Forschungsak- die Wien 3420 aspern Develop- tivitäten. Inhaltlich planen wir verschiedene ment AG beteiligt ist, geht 2018 Use-Cases, bei denen u.a. auch das Thema zu Ende. Auf dem Baufeld D12 wurden fragung zeigt, wie die Haltung der Bewoh- Haus als Energieproduzent verstärkt unter- die Bewohner zu „Smart Usern“ und kön- nerschaft zu dieser Technologie ist.“ sucht werden soll. Auch die E-Mobilität soll nen mit einer App ihren Energieverbrauch verstärkt eingebunden werden. Wir sind im überwachen und steuern. Wie gestalten sich die Berührungspunkte Moment dabei, mit der ASCR die Objekte mit den Wohnbauträgern, was innovative auszuwählen, die dann entsprechend aus- Welches Feedback haben Sie von den Be- Energiekonzepte betrifft? Wie offen sind sie gestattet werden. Für das Quartier im Nor- wohnern bekommen? für Experimente? den sind auch kleine Cluster angedacht, in Gerhard Schuster: „Auf dem Baufeld D12 Schuster: „Das kommt auf den Bauträ- denen mit einem Niedrigtemperaturnetz haben sich 111 Haushalte bereiterklärt, ger an. Aktuell sind die Bauträger so kos- eine mehr oder weniger autarke Versor- gemeinsam mit der ASCR an der Ener- tensensibel wie fast nie zuvor. Das hängt gung möglich wäre.“ giezukunft zu forschen. Die Analyse der damit zusammen, dass Förderungen redu- App-Nutzungsdaten, großangelegte Nut- ziert wurden und die Grundpreise enorm Das heißt, es ergeben sich neue Nutzungs- zerbefragungen und intensive Workshops gestiegen sind. Man versucht also, bei den mischungen? mit den Bewohnern haben folgende erste Baukosten zu kompensieren, auch bei der Schuster: „Ja – und genau diese unter- Ergebnisse gebracht: Mehr als 30 Prozent Haustechnik. Es gibt daher oft einen ge- schiedlichen Nutzungen wollen wir auch der Bewohner steuern die Klimabedin- wissen Widerstand gegen technische Lö- in der Seestadt: Produktion, Dienstleistung, gungen in der Wohnung regelmäßig über sungen, die zwar Umweltvorteile haben, Handel. Diese kombinieren wir mit den die App. Über 80 Prozent der Mieter ste- aber noch keine spürbaren Kostenredukti- Wohnungsquartieren, deren Bedarf wir hen einem Smart Home positiv gegenüber. onen verzeichnen.“ sehr gut kennen. Zum Beispiel zeichnet Mehr als 50 Prozent haben einen positiven sich ab, dass die Bewohner nicht nur im Eindruck von der App und verwenden sie Wie kann man den Bauträgern diese Winter heizen wollen, sondern in den län- alle zwei bis drei Tage oder häufiger für Ängste nehmen? geren und heißeren Sommern auch kühlen. im Durchschnitt eine Stunde pro Woche.“ Schuster: „Man muss sie von vornherein Daraus ergibt sich die Chance für spannen- überzeugen, dass der Mehraufwand gering de Kombinationen, die kostengünstig und Die 111 beteiligten Haushalte haben sich oder null ist, wenn innovative Lösungen energieeffizient sind.“ freiwillig gemeldet. Man kann also da- schon zu Beginn in die Planung einfließen. von ausgehen, dass sie schon ein gewisses Daher versuchen wir, die Bauträger schon Gerhard Schuster, geb. 1959 in Salzburg. Studium Grundinteresse haben. frühzeitig einzubinden und ihnen einen der Rechtswissenschaften, Referent für Arbeits- Schuster: „Ja, wobei die ASCR schon ge- Standard zu garantieren, auf den sie sich und Sozialrecht bei der Arbeiterkammer Nieder- nau differenzieren möchte zwischen de- verlassen können. Sie können sich also österreich, Leitungsfunktionen im Bundesdienst in verschiedenen Ministerien. Von 1996 bis 2013 war nen, die aktiv damit umgehen und denen, schon vor dem Grundstückskauf überle- Schuster Geschäftsführer der Buwog – Bauen und die zwar offen für die Technologie sind, gen, wie sie diese energetischen Zielvorga- Wohnen GmbH. Seit 2014 ist er Vorstandsvorsitzen- sie aber weniger intensiv nützen. Die Be- ben erreichen wollen: mit konventioneller der der Wien 3420 Aspern Development AG. 16 WOHNENPLUS . 2|2018
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