HAW-Forschung (be)wirkt! - hlb Hochschullehrerbund
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Ausgabe 01-2020 FÜR ANWENDUNGSBEZOGENE WISSENSCHAFT UND KUNST HAW-Forschung (be)wirkt! Campusnotizen hlb aktuell Aus Wissenschaft Wissenswertes Soziale Arbeit in Indien Datenschutz im & Politik Abweichungsbefugnis Hochschulalltag FH/HAW steigern Anteil von „Dreierliste“ an Erstsemestern 4 21 32 34
2 Inhalt Campusnotizen Titelthema: hlb aktuell 4 Hochschule Ostfalia: Ostfalia- HAW-Forschung 20 Datenschutz im Hochschulalltag: Studierende auf Exkursion in Indien (be)wirkt! Praxishinweise zum Datenschutz Beuth Hochschule: Zukunftsfähige 21 hlb -Kolumne: Digitalisierungs- Stromnetze dilemma | Von Ali Reza Samanpour, 8 Hochschulalltag trifft auf Vizepräsident der hlb Bundesver- 5 Fachhochschule Münster: 30 Jahre Klimaschutz: Das CC4E der HAW einigung Seite an Seite Hamburg | Von Elvira Hinz Die hlb -Bundesvereinigung HAW Hamburg und Universitäts- 12 Herausforderung strategische trauert um ihren ehemaligen klinikum Eppendorf: Hamburg Netzwerke: Von Wunschdenken Vizepräsidenten und Herausgeber richtet neuen Studiengang und Verstetigung | Von Georg der DNH Professor Günther Edler Hebammenwissenschaft ein Overbeck und Prof. Dr. Christian Facchi 6 Hochschule Stralsund: 16 Lehrforschung zum Energiesparen mit neuer App Management von Sozial- und Wissenswertes Hochschule Niederrhein: Gesundheitsbetrieben | Von Prof. Weniger Mikroplastikausstoß beim Dr. Clemens Koob 34 Alles, was Recht ist Textilwaschen 35 Neue Bücher von Kolleginnen 7 Duales Studium: Große und Kollegen Unterschiede zwischen den Fachaufsätze Bundesländern beim dualen Studium 36 Neuberufene 22 An einer Hochschule angestellt – an einer Hochschule Aus Wissenschaft benachteiligt? | Von Prof. Dr. Standards Werner Müller-Geib & Politik 26 Das Hochschulzertifikat 3 Editorial „Modernes Projektmanagement“ 32 Deutschsprachige Studiengänge: 35 Autorinnen und Autoren gesucht | Von Prof. Dr. Holger Timinger, Prof. 25 Jahre erfolgreiche Wissenschafts- & Impressum Dr. Matthias Vieth und Prof. Dr. Harald kooperation mit Mittel- und Osteuropa Wehnes 38 Stellenanzeigen Gemeinsame Wissenschafts- 30 Anspruchsvolle Aufgaben 40 hlb -Seminartermine 2020 konferenz: Personalgewinnung an erfordern Konzentration | Von Fachhochschulen Prof. Dr. Anne Lequy 33 Inklusive Hochschule: Nachteilsausgleiche auch für Studierende mit chronischen Erkrankungen Statistisches Bundesamt: Zahl der Studierenden im WS 2019/2020 erreicht neuen Höchststand 01 | 2020 DNH
Grußwort 3 Der Fachaufsatz ist uns nicht genug An einer HAW zu forschen, bedeutet, die Welt verändern zu wollen. „Forschung ist gewissermaßen der autis- Clemens Koob lässt uns an den Erfah- tische Aspekt des Universitären. [...] Das rungen seiner Studierenden teilhaben, Erfolgskriterium ist die Publikationsfähig- die innerhalb einer Lehrveranstaltung keit und Zitierwürdigkeit.“1 Mit diesen über ihr eigenes zukünftiges Berufsfeld Foto: Fotoladen Wedel Worten beschreibt der Soziologe Armin forschen (Seite 16). Nassehi das Selbstverständnis der Univer- sitäten. Das sehen wir an den Hochschu- Überraschen kann dieser andersartige len für angewandte Wissenschaften für Fokus eigentlich nur diejenigen, die HAW Christoph Maas uns dann doch etwas anders. Natürlich als Möchtegern-Universitäten sehen, die Chefredakteur beteiligen wir uns, wenn wir forschen, den neuen Namen gewählt haben, „um an der Fachdiskussion, aber unsere größ- am Reputationswettbewerb partizipieren te Befriedigung ziehen wir nicht daraus, zu können“ (Nassehi). Keine Bange, wir dass wir unseren Namen in einer Fachzeit- werden unserer DNA treu bleiben. Wir schrift gedruckt sehen, sondern daraus, werden uns weiterhin dem Bildungsauf- dass die Ergebnisse unserer Arbeit in der stieg verpflichtet fühlen (mehr dazu im Welt um uns herum Einfluss haben und nächsten Heft), werden weiterhin Berufs- Veränderungen bewirken. felder, die dafür reif sind, akademisieren und werden weiterhin die Studienangebo- Die Aufsätze zum Titelthema dieses te als Kristallisationskerne der Zusammen- Heftes machen exemplarisch deutlich, arbeit mit den Kolleginnen und Kollegen welcher Antrieb hinter der Forschung an erleben – deren Bewerbungen wir zuvor unseren Hochschulen steckt. auch nicht nach Zitationsstärke vorsor- tiert haben. Elvira Hinz zeigt, wie gerade dadurch, dass in einer länderübergreifenden Nassehi sieht übrigens für die Univer- Modellregion praktische Veränderungen sitäten die einzige schlüssige Ausrich- wirksam werden sollen, Zusammenhänge tung der Lehre in der Ausbildung des ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, wissenschaftlichen Nachwuchses. Da die bei einem rein disziplinären Vorge- bin ich jetzt doch versucht zu fragen: hen wohl unbeachtet geblieben wären Brauchen 30.000 Universitätsprofesso- (Seite 8). rinnen und -professoren dafür tatsäch- 1 Armin Nassehi: Zwischen Schat- lich 2 Millionen Studierende? Wäre tendasein und Achtungsappell, Frankfurter Allgemeine – Hörsaal, Gerhard Overbeck und Christian Facchi dann ein Großteil dieser Studienplätze 24.10.2019, https://www.faz. stellen Netzwerke vor, in denen nicht nur gemessen an den Berufs- und Lebens- net/aktuell/karriere-hochschule/ Partner mit unterschiedlichem Selbstver- zielen der Studierenden nicht vielleicht hoersaal/universitaere-leh- re-muss-ausbildung-des-wissen- ständnis zusammen forschen, sondern in doch besser an einer HAW aufgehoben? schaftlichen-nachwuchses-die- denen der Austausch zwischen wissen- nen-16412615. html, abgerufen schaftlicher und außerwissenschaftlicher Ihr Christoph Maas am 27.01.2020. Welt als „Zweibahnstraße“ ausgestaltet ist (Seite 12). DNH 01 | 2020
4 Campusnotizen Hochschule Ostfalia Ostfalia-Studierende auf Exkursion in Indien Austauschdienstes (DAAD) konnten die Studierenden aus Wolfenbüttel viel über das Bildungssystem in Indien erfahren und auch selbst aktiv werden. Sie wurden eingeladen, ihre Eindrücke in den Soci- al-Media-Kanälen des DAAD zu dokumen- tieren. Foto: Ostfalia Neben den Themen Kindersterblichkeit und Umgang mit Menschen mit Behinde- rungen beschäftigten sich die Studieren- Die Exkursionsgruppe der Fakultät Soziale Arbeit besuchte in Indien unter anderem den Delhi House e. V. den während ihrer Indienreise intensiv mit dem Thema informelle Beschäftigung. Für 18 Studierende der Fakultät Soziale prekären Situationen eine Unterkunft und In Delhi besuchten sie dazu die Deutsche Arbeit in Wolfenbüttel ging es im Dezem- Hilfe finden, konnten wir durchaus Paral- Gesellschaft für internationale Zusam- ber nach Indien, um einen Einblick in den lelen zu uns bekannten Strukturen der menarbeit, die sich unter anderem für Alltag dortiger sozialer Einrichtungen und Sozialen Arbeit wiederfinden“, sagt Exkur- eine bessere Unterstützung von Menschen ihrer Herausforderungen zu bekommen. sionsteilnehmerin Marie Hinze. Es sei aber starkmacht, die in Indien ohne Arbeits- Unter der Leitung von Prof. Dr. Kolhoff deutlich geworden, dass die Finanzierung vertrag als Tagelöhner, Landarbeiter ohne besuchten die Studierenden unter ande- Sozialarbeitende in Indien vor besondere Grundbesitz oder als Kleinhändler infor- rem eine Organisation, die Obdachlose Herausforderungen stellt. mell beschäftigt sind. „Ziel des Programms betreut und Bildungsangebote für Kinder ist es, ein System der sozialen Sicherung aus einem benachbarten Slum organisiert, In Jaipur besuchten die Studierenden für informell Beschäftigte und ihre Fami- eine Wäscherei am Fluss und eine Einrich- die Organisation „Chatra Pathashala“, die lien auf den Weg zu bringen“, berichtet tung für Menschen mit Behinderungen. eine Schule in einem Slum betreibt. Diese Prof. Dr. Kolhoff. Auch der Besuch einer Schule für taube Schule wurde schon mehrmals von Studie- und schwerhörige Kinder sowie eines länd- renden der Ostfalia besucht. „Während die Für die Studierenden bleibt die Exkursi- lichen Krankenhauses standen auf dem Kinder vor einigen Jahren noch unter frei- on eine wichtige Erfahrung. „Der Blick über Programm. em Himmel auf dem Boden sitzen muss- den Tellerrand erweitert den Horizont – dies ten, sind jetzt Räume, Tische und Stühle haben wir hier in Indien wieder und wieder „Bei den Besuchen der sozialen Einrich- vorhanden. Eine sehr erfolgreiche Entwick- erlebt“, sagt der Studierende Philipp Eisfeld. tungen, beispielsweise dem ‚Delhi House‘, lung“, stellt Prof. Dr. Kolhoff fest. Im Regi- in dem kranke, bedürftige Menschen aus onalbüro des Deutschen Akademischen Hochschule Ostfalia Beuth Hochschule Zukunftsfähige Stromnetze Für eine erfolgreiche Energiewende einer optimalen Steuerung des Strom- Industriepartnern im BMBF-geförderten braucht es ein gut funktionierendes netzes, um beispielsweise auf schwanken- Forschungsprojekt „Monalisa“. Ein inte- Stromnetz. Das Verbundprojekt „Mona- de Stromerzeugung aus Wind und Solar- griertes Betriebsmittel-Monitoring soll lisa“ macht Stromtrassen sicher: Auf der energie effektiv reagieren zu können, mit einer Online-Diagnostik eine umfas- Basis optischer Technologien entwickeln hat auch das sorgfältige Überwachen sende Schadensfrüherkennung liefern. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- der Betriebsmittel von Hochspannungs- Kleinste Stromimpulse (Teilentladun- ler ein Frühwarnsystem, um Störungen und Mittelspannungsanlagen essenzielle gen) können auf Fehler in den Anlagen- schneller aufspüren zu können. Bedeutung. Denn so können Komponen- teilen des Netzes hinweisen. Diese tenausfälle bzw. komplette Anlagenaus- werden aber durch andere elektrische Der Anteil von Strom, der aus erneuer- fälle vermieden werden. Signale überlagert und sind darum kaum baren Energien gewonnen wird, nimmt messbar. Daher greifen die Forsche- zu. Damit dieser schließlich auch in An einer Fehler-Früherkennung rinnen und Forscher zu einem Trick: Steckdosen landet, muss eine sichere und arbeiten Berliner Hochschulen, darun- Nicht die elektrischen Signale, sondern günstige Stromversorgung gewährleistet ter die Beuth Hochschule, und die die optischen Signale der gleichzei- sein – und dafür sind viele neue Strom- Bundesanstalt für Materialforschung tig entstehenden Lichtimpulse sollen trassen in Deutschland nötig. Neben und -prüfung (BAM) gemeinsam mit gemessen und so für die Überwachung 01 | 2020 DNH
5 genutzt werden. Dazu integrieren die Damit die Lichtimpulse erfasst werden dem abgeschirmten Hochspannungslabor Projektpartner unterschiedliche opti- können, muss das Material durchsich- gut in den Projektverbund einbringen, sche Sensoren in Anlagenteilen und tig sein – bisher war aber nur undurch- weil wir hier die kleinsten elektrischen Komponenten künftiger Versorgungs-, sichtiges Material im Hochspannungs- Impulse störungsfrei messen können“, Verteilungs- und Übertragungsnetze. netz erprobt. so Professor Pepper. Im Hochspannungslabor der Beuth Weiterhin untersuchen Prof. Pepper Beuth Hochschule Hochschule wird unter der Leitung und sein Team, ob mit den Sensoren von Prof. Dr.-Ing. Daniel Pepper die genug Licht erfasst werden kann, um auch Link zum Projekt: elektrische Stabilität der neuen Isolie- kleine Störungen erkennen zu können. https://www.sichere-stromnetze- rung der Kabelverbindungen überprüft. „Die Beuth Hochschule kann sich mit durch-monitoring.de/beuth.php Fachhochschule Münster 30 Jahre Seite an Seite Bereits seit 30 Jahren arbeitet der Fach- von Kooperationsfeldern mit der UEK bereich Wirtschaft der FH Münster nun zusammenzuarbeiten.“ Foto: Piotr Malec mit der Cracow University of Economics (UEK) zusammen. Anlässlich des Jubilä- Um den hohen Stellenwert dieser ums veranstalteten die beiden Partner- Verbindung zu verdeutlichen, nahmen hochschulen in Krakau eine Konferenz an der Tagung neben Prof. Baaken und Prof. Dr. Ute von Lojewski (Präsidentin der FH zum Thema „Management sciences and seinem Team auch die Präsidentin der Münster, r.) und die Kooperationsbeauftragte challenges of digitalization“. FH Münster, Prof. Dr. Ute von Lojews- Dr. Kerstin Kurzhals (FH Münster, l.) tauschen sich ki, der Kanzler der FH Münster, Guido mit den polnischen Partnern aus „Die Digitalisierung ist in aller Munde, Brebaum, sowie der Dekan des Fachbe- deshalb haben wir dieses spannende reichs Wirtschaft, Prof. Dr. Dirk Kiso, teil. Und es gibt noch eine weitere Erneue- Thema als Schwerpunkt für die Konfe- Einen Höhepunkt stellte die Unterzeich- rung. Prof Baaken, der bislang für die Zusam- renz ausgewählt“, berichtet Nachwuchs- nung des gemeinsamen Agreements der menarbeit verantwortlich war, übergibt die professorin Dr. Kerstin Kurzhals, die das Hochschulverantwortlichen dar. Kurz- Kooperation in neue Hände an Nachwuchs- Event seitens des Science-to-Business hals erklärt: „Ein Kooperationsvertrag ist professorin Kurzhals. „Ich freue mich, dazu Marketing Research Centres maßgeb- sonst nur für fünf Jahre gültig, da aber beizutragen, dass die Kooperation auch lich organisiert hat. Dem bisherigen die Zusammenarbeit in diesem Fall ein weiterhin so lebendig und erfolgreich beste- Kooperationsbeauftragten, Prof. Dr. solches Erfolgsmodell darstellt, unter- hen bleibt, und finde es spannend, mit inter- Thomas Baaken, war diese Konferenz zeichneten unsere Präsidentin und der nationalen Studierenden an der Völkerver- eine Herzensangelegenheit: „Es ist etwas Vize-Rektor der UEK nun einen Vertrag ständigung zu arbeiten“, sagt Kurzhals. „Die ganz Besonderes, wenn die Zusammenar- für einen unbegrenzten Zeitraum – für Zusammenarbeit ist also auch für die nächs- beit bereits seit 30 Jahren so erfolgreich uns ein besonderer Ausdruck dieser lang- ten Jahre gesichert“, so Baaken. funktioniert. Wir sind sehr stolz darauf jährig erfolgreichen und vertrauensvol- und freuen uns, in einer solchen Vielzahl len Partnerschaft.“ Fachhochschule Münster HAW Hamburg und Universitätsklinikum Eppendorf Hamburg richtet neuen Studiengang Hebammenwissenschaft ein Die Medizinische Fakultät der Universi- akademische Berufsqualifizierung auf anderem forschungsbezogene Erfahrun- tät Hamburg am Universitätsklinikum der Basis neuester Erkenntnisse aus der gen und Praxiserkenntnisse von Hebam- Hamburg-Eppendorf (UKE) und die Hoch- Forschung. men, Ärztinnen und Ärzten sowie schule für Angewandte Wissenschaften Best-Practice-Modelle aus dem In- und (HAW) Hamburg richten gemeinsam Hebammen müssen zunehmend Ausland. Die wissenschaftsbezogenen und den hochschulübergreifenden Bache- auch über umfassende wissenschaft- berufspraktischen Inhalte nehmen die lor-Studiengang Hebammenwissenschaft liche Erkenntnisse verfügen und gesamte Betreuungsphase von Familien- ein. Der duale Studiengang kombiniert komplexe physiologische und psychi- planung bis zum ersten Lebensjahr des wissenschaftliche und berufspraktische sche Prozesse begleiten. Das vom UKE Kindes in den Blick. Ausbildungsangebote miteinander und und der HAW Hamburg entwickel- ermöglicht in sieben Semestern eine te Studienkonzept berücksichtigt unter BWFG Hamburg DNH 01 | 2020
6 Campusnotizen Hochschule Stralsund Energiesparen mit neuer App Ein um 20 Prozent geringerer Stromver- entwickelt, um Nutzer zum Energiesparen entwickelt worden ist. Das Spiel hilft brauch ist das Ergebnis der von der Hoch- zu bewegen, indem sie ihnen Informatio- ihnen, Kenntnisse über das Energiespa- schule Stralsund mit entwickelten Ener- nen, Tipps und interaktive Visualisierun- ren zu sammeln. giespar-App MyEnCOMPASS. In einem gen ihres Verbrauchs anbietet. Pilotprojekt wurde sie an zwei deut- Innerhalb der zwölf Monate, in denen schen Schulen getestet. Die App wurde 14 Klassen der Jean-Paul-Grundschule die App getestet wurde, hat die Schu- innerhalb des EU-Projekts enCOMPASS Wunsiedel und acht Klassen des Schul- le in Wunsiedel ihren Stromverbrauch hauses im Nassachtal in Haßfurt um 20,1 Prozent reduziert, während die testeten die enCOMPASS-App zum Schule in Haßfurt 18,1 Prozent weniger Energiesparen ab November 2018. Energie verbraucht hat. Die App ist zum einen mit Smart- metern verbunden und zeigt Echt- Jasminko Novak, Professor für Wirt- zeit-Daten zum Stromverbrauch in schaftsinformatik an der Hochschule den zwei Schulgebäuden. Schü- Stralsund: „Das sind sehr vielversprechen- ler und Lehrer nutzen die App de Ergebnisse, die das Potenzial von digi- wöchentlich. Sie können interak- talen Technologien zeigen und Schüler für tiv visualisierte Information über energieeffizientes Verhalten im Alltag sensi- ihren Energiekonsum sehen und bilisieren. Dadurch trägt die App zur Förde- Screenshot: Hochschule Stralsund erhalten personalisierte Tipps rung von nachhaltigen Lebensstilen bei.“ zum Energiesparen. Passend dazu spielen die Schüler das FUNERGY Hochschule Stralsund Spiel, das ein Kartenspiel mit einer App kombiniert und auch inner- halb des enCOMPASS-Projekts Hochschule Niederrhein Weniger Mikroplastikausstoß beim Textilwaschen Das Forschungsinstitut für Textil und der Produktion stammende lose Faser- Bekleidung der Hochschule Niederrhein fragmente im Produkt befinden, die erst forscht daran, wie beim Waschen von bei der Haushaltswäsche ausgetragen synthetischen Textilien der Ausstoß von werden“, sagte Professorin Ellen Bendt. Partikeln, die kleiner als fünf Millime- Ein möglicher Lösungsansatz könnte ein ter sind, verringert werden kann. Denn der Herstellung unmittelbar angeschlosse- diese auch Mikroplastik genannten Parti- ner Verarbeitungsschritt (z. B. Vorwäsche Foto: Octavian Carare kel können über den Weg der Wäsche in oder Vortrocknung) sein. Eine Vortrock- die Kläranlagen, Klärschwämme und nung hätte mehrere Vorteile: Die für den Oberflächengewässer in die Weltmeere Verkauf wichtige Haptik und das Volu- gelangen. Jetzt haben Forscherinnen aus men der neuen Kleidungsstücke würden Mönchengladbach auf einer Konferenz weniger stark beeinflusst als bei einer Professorin Ellen Bendt bei ihrem Vortrag in Brüssel in Brüssel erste Ergebnisse vorgestellt. Wäsche. Diese Lösung würde zu Beginn des Produktlebenszyklus greifen. Die Hochschule Niederrhein forscht Auf dem Campus Mönchengladbach nicht nur an den Ursachen für Mikro- der Hochschule Niederrhein ist ein Auch für Verbraucher während der plastikverlust, sondern auch an der Entwick- Wasch- und Filterlabor aufgebaut, mit Nutzungsphase gibt es Tipps. Einer ist: lung von Sport- und Outdoortextilien, die dessen Hilfe der Einfluss des Waschver- Die Waschmaschine immer so voll wie von Anfang an einen geringeren Mikroplas- haltens auf den Mikroplastikausstoß möglich zu beladen. „Der niedrigste tikausstoß aufweisen. Das vom Bundesmi- untersucht wird. Ein Ergebnis: Während Eintrag von Mikroplastik in die aquati- nisterium für Bildung und Forschung geför- der ersten Waschgänge eines neuen sche Umwelt lässt sich bei einer voll bela- derte Verbundprojekt Textile Mission läuft Kleidungsstücks werden die meisten denen Waschmaschine und anschließen- noch bis September 2020. Mikropartikel freigesetzt. „Dies deutet der Trocknung im Trockner beobachten“, darauf hin, dass sich häufig noch aus erklärte Ellen Bendt. Hochschule Niederrhein 01 | 2020 DNH
7 Duales Studium Große Unterschiede zwischen den Bundesländern beim dualen Studium Das duale Studium in Deutschland boomt zwar, aber nicht in jedem Bundesland. Während im Saarland rund 30 Prozent und in Baden-Württemberg rund 14 Prozent der Studienanfänger in einem dualen Studiengang eingeschrieben sind, trifft dies in Sachsen-Anhalt und in Bremen nur auf rund ein Prozent zu. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersu- chung des CHE Centrum für Hochschul- entwicklung, die erstmals die Entwick- lung des dualen Studiums in allen 16 Bundesländern vertieft analysiert. Infografik: CHE Die Zahl der Studierenden, die paral- lel an einer Hochschule und in einem Betrieb lernen, ist zwischen 2005 und 2017 um das Elffache angestiegen. Aktu- ell sind fast 105.000 Studierende in einem es in Bayern, Nordrhein-Westfalen und ob Studienangebote zu Recht die Bezeich- der rund 1.100 dualen Studiengänge an Baden-Württemberg. Hier können Studi- nung ‚dual‘ tragen. Hier haben Hochschu- einer deutschen Hochschule eingeschrie- eninteressierte unter bis zu 200 entspre- len und Politik eine Verantwortung, für ben. „Dennoch ist das duale Studium in chenden Angeboten wählen. Eine rela- mehr Transparenz und Verlässlichkeit zu Deutschland mit einem durchschnittli- tiv neue Entwicklung ist das Angebot sorgen“, erklärt Sigrun Nickel, Koautorin chen Erstsemesteranteil von aktuell 5,3 dualer Masterstudiengänge, welches sich der Studie und Leiterin Hochschulfor- Prozent und einem Studierendenanteil an Bachelorabsolventinnen und -absol- schung beim CHE. Nach wie vor gibt es von 3,7 Prozent noch keine Massenbewe- venten richtet, die sich parallel zu ihrer etliche Studienangebote, die das Etikett gung, sondern ein sehr exklusives Ange- Berufstätigkeit weiterqualifizieren möch- „dual“ verwenden, obwohl die notwendi- bot“, so Lisa Mordhorst, die gemeinsam ten. Hier weisen Berlin (37), Baden-Würt- ge enge Verzahnung zwischen hochschu- mit Sigrun Nickel die Untersuchung temberg (33) und Bayern (31) bundesweit lischer und betrieblicher Bildung nicht durchgeführt hat. Allerdings zeigt ein die meisten Studienangebote auf. gegeben ist, so ein Fazit der Studie. genauerer Blick auf die einzelnen Bundes- länder, dass diese beim dualen Studium „Die Entwicklung des dualen Studiums CHE zum Teil sehr unterschiedlich aufgestellt in Deutschland ist trotz großer regiona- sind. ler Unterschiede eine Erfolgsgeschichte“, Mordhorst, Lisa; Nickel, Sigrun: Gren- bilanziert Frank Ziegele. „Es ist richtig und zenloses Wachstum? Entwicklung des So liegt das Saarland mit einer landes- wichtig, dass sich immer mehr Anbie- dualen Studiums in den Bundeslän- bezogenen Erstsemesterquote so weit ter von akademischer und beruflicher dern, Gütersloh, CHE, ISBN 978-3- über dem Bundesdurchschnitt wie kein Bildung nicht als Konkurrenz, sondern 947793-04-4, ISSN 1862-7188. anderes Bundesland. Hier entschei- als Kooperationspartner bei der nach- https://www.che.de/wp-content/ det sich ein Drittel aller Studienanfän- schulischen Bildung verstehen“, so der uploads/upload/CHE_AP_212_duales_ ger für ein duales Studienangebot. Auch CHE-Geschäftsführer. Ein weiterer zen- Studium_Bundeslaendervergleich.pdf Baden-Württemberg (14,3 Prozent), Berlin traler Faktor für die Unterschiede beim (7,2 Prozent) und Thüringen (6 Prozent) dualen Studium ist die wirtschaftliche überschreiten mit ihren Anfängerquoten Situation in den Bundesländern. Diese hat im dualen Studium mehr oder weniger Einfluss auf die Zahl der Unternehmen, deutlich das statistische Mittel. Alle ande- die in Kooperation mit den Hochschu- ren Bundesländer liegen mit ihrem Wert len ein duales Studium anbieten können. jeweils unter dem Bundesdurchschnitt. Führend ist hier Baden-Württemberg mit aktuell rund 4.500 Unternehmen, die sich Diese deutlichen Unterschiede hängen im dualen Studium engagieren. Dagegen dabei wesentlich mit der unterschiedli- sind es in Mecklenburg-Vorpommern oder chen Angebotsdichte in den einzelnen Bremen nicht einmal 100 Betriebe. Eine Bundesländern zusammen: Im Saarland bundesländerübergreifende Herausforde- Die Meldungen in dieser Rubrik, soweit ist jeder dritte Bachelorstudiengang ein rung bleibt weiterhin die Qualitätssiche- sie nicht namentlich gekennzeichnet duales Angebot. Die größte Auswahl rung der dualen Studienangebote: „Für sind, basieren auf Pressemitteilungen an dualen Bachelorstudiengängen gibt Studieninteressierte ist häufig nicht klar, der jeweils genannten Institutionen. DNH 01 | 2020
8 Titel: HAW-Forschung (be)wirkt! Hochschulalltag trifft auf Klimaschutz: Das CC4E der HAW Hamburg Seit über 10 Jahren beweist die HAW Hamburg mit dem Competence Center für erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E), dass anwendungsorientierte Forschung zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen an einer Fachhochschule gut aufgehoben ist. | Von Elvira Hinz Im Jahr 2008 als eine fakultätsübergrei- mit erneuerbaren Energien und die intel- fende wissenschaftliche Einrichtung ligente Vernetzung verschiedener Syste- gegründet, hat das CC4E an der HAW me aufzeigen. Mit dem deutschlandweit Hamburg die Aufgaben, die Kompeten- einzigartigen Konzept des Forschungs- zen im Bereich der erneuerbaren Energien windparks Curslack, der in einem Kilo- und Energieeffizienz über die verschiede- meter Entfernung zum Energie-Cam- Foto: privat nen Fakultäten und Departements hinaus pus erbaut und im Jahr 2017 in Betrieb hochschulintern zu bündeln. Das überge- genommen wurde, ist tagesaktuelle ordnete Ziel dabei ist es, Lösungen für die Forschung im Realbetrieb zur Versor- Elvira Hinz, M. Sc. Energiewende zu entwickeln und damit gung und Netzeinspeisung mit grünem Referentin für Öffentlichkeitsarbeit u. Klimaschutz aktiv voranzutreiben. Mit der Strom durchführbar. Veranstaltungsmanagement Zeit haben sich die Aufgaben weiterent- wickelt und seit einigen Jahren realisiert HAW Hamburg, Alexanderstr. 1 das CC4E eigenständig Projekte in unter- Windenergie 20099 Hamburg schiedlichen Bereichen der erneuerbaren Energien. Die Kompetenzen liegen dabei Im Forschungsbereich Windenergie elvira.hinz@haw-hamburg.de sowohl in Projektmanagement, Marke- werden Projekte zur Lebensdauer und www.haw-hamburg.de ting und Administration als auch in der Optimierung von Windenergieanla- inhaltlichen Gestaltung und Durchfüh- gen sowie ihrer Betriebskonzepte durch- www.cc4e.de rung von Projekten aus den Bereichen geführt. Ein Leuchtturm ist dabei das Windenergie, Sektorkopplung, Wärme Multirotor-Projekt, das statt der klassi- und Gesellschaft & Akzeptanz. Eine solch schen dreiblättrigen Windenergieanla- breit ausgelegte inhaltliche Ausrichtung ge die Funktion verschiedener Multiro- gebündelt an einer Institution führt tor-Modelle berechnet und erprobt. Im zu einer ganzheitlichen Sichtweise auf nächsten Schritt soll die vielverspre- Energie-Themen, die für eine erfolgrei- chendste Variante als Labormodell für che Realisierung der Energiewende von Versuche hergestellt und getestet werden großer Bedeutung ist. (Abbildung 2). Ein weiteres Projekt dieses Forschungsbereiches nennt sich FatWake Mit dem Technologiezentrum Ener- und untersucht mittels LiDAR-Systemen gie-Campus, das im Jahr 2015 in im Windpark Curslack den Nachlauf Hamburg-Bergedorf eröffnet wurde, hat von Windenergieanlagen, der die Lasten Foto: Isabela Pacini_CC4E das CC4E einen zusätzlichen Standort von nachfolgenden Anlagen beeinflus- zur technologischen Erprobung und sen kann. Mit den Ergebnissen sollen die Erforschung der Energiewende errich- Leistungs- und Ertragsprognosen durch ten können (Abbildung 1). Das Gebäude eine verbesserte Windparkplanung erhöht ist mit innovativen Anlagen ausgestattet, werden. Abbildung 1: Technologiezentrum die modellhaft die Gebäudeversorgung Energie-Campus des CC4E in Hamburg- Bergedorf 01 | 2020 DNH
9 „Um alle Ebenen der Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen zu können, muss weit mehr als nur die Stromversorgung bedacht werden. Von hoher Relevanz sind vor allem die Sektoren Industrie, Mobilität und Foto: Denphumi Jaisue/123rf.com Wärme.“ Sektorkopplung durchgeführt. Mit dem Speicherregelkraftwerk im Windpark Curslack werden beispielsweise Möglich- Um alle Ebenen der Energieversorgung auf erneuer- keiten zur Systemintegration erneuerbarer Energien bare Energien umstellen zu können, muss weit mehr praxisnah erforscht (Abbildung 3). Im Projekt READi- als nur die Stromversorgung bedacht werden. Von PtL wird ein verfahrenstechnischer Prozess entwi- hoher Relevanz sind vor allem die Sektoren Indus- ckelt, mit dem aus Altfetten und -ölen ein alternati- trie, Mobilität und Wärme. Dieser Herausforderung ver Dieselkraftstoff hergestellt werden kann. Und im nimmt sich das CC4E im Forschungsbereich Sektor- EU-geförderten Projekt mySMARTLife werden digi- kopplung an. Dort werden Projekte zu den unter- tale Lösungen für städtische Herausforderungen in schiedlichsten Themen von Speicherung über die den Bereichen Zusammenleben, Mobilität, Produkti- Nutzung von alternativen Kraftstoffen bis zur nach- on und Konsum erarbeitet – und direkt im Hambur- haltigen Versorgung von ganzen Wohnquartieren ger Bezirk Bergedorf umgesetzt. Foto: Steffi Grimme_HAW Hamburg Abbildung 2: Multirotor-Modell des Verbundprojektes X-Energy DNH 01 | 2020
10 Titel: HAW-Forschung (be)wirkt! Foto: Daniel Reinhardt_NEW 4.0 Abbildung 3: Speicherregelkraftwerk im Windpark Curslack in Hamburg-Bergedorf Wärme die Potenziale der Energiewende im Norden näher- bringt (Abbildung 4). Da die Wärmeversorgung einen großen Anteil des Energieverbrauchs ausmacht, ist es dringend notwen- Diese Schlaglichter zeigen die Breite der inhalt- dig, an dieser Stelle eine nachhaltige und umwelt- lichen Ausrichtung der Forschungsprojekte am schonende Versorgung herzustellen. Im Forschungs- CC4E. Sie geht einher mit einer Vielzahl an fachli- bereich Wärme des CC4E laufen aktuell die Projekte chen Disziplinen der Mitarbeiterinnen und Mitar- Smart Heat Grid Hamburg und Smart Pro HeaT. Diese beiter sowie der Professorinnen und Professoren. Vorhaben beschäftigen sich mit der Entwicklung Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ingeni- intelligenter Konzepte für alle Ebenen des Wärme- eur-, Sozial- und Umweltwissenschaften gewähr- netzes. Deren Wirksamkeit wird durch umfangreiche leistet verschiedene Blickwinkel auf die wichtigsten Feldtests im Nahwärmenetz Hamburg-Wilhelmsburg Themen der Energiewende. Eine weitere Besonder- getestet. In Smart Pro HeaT gehen die Wissenschaftle- heit: Die Forschungsvorhaben werden immer mit rinnen und Wissenschaftler noch einen Schritt weiter Partnerschaften zu Unternehmen, Behörden, Verbän- und untersuchen, wie mit intelligenten Wärmeab- den und anderen Forschungseinrichtungen durch- nehmern die Gesamtsystemeffizienz und der Anteil geführt, woraus sich praxisnahe Ansätze und Lösun- erneuerbarer Strom- und Wärmeerzeugung erhöht gen ergeben. Die Durchführung und die Ergebnisse werden kann. Dabei werden Flexibilitätspotenziale in der Projekte werden außerdem in die Lehre der HAW Gebäuden identifiziert und durch geeignete Konzep- Hamburg eingebracht, sodass auch die Studierenden te nutzbar gemacht. hautnah an der angewandten Forschungsarbeit teil- haben können. Gesellschaft & Akzeptanz Für die Zukunft hat das CC4E noch viel vor: Weite- re Großprojekte stehen in den Startlöchern – z. B. das In seinem vierten Forschungsbereich fokussiert sich Norddeutsche Reallabor, das momentan in der Voll- das CC4E auf die Betrachtung gesellschaftlicher antragsphase für eine Förderung des BMWi steckt. Aspekte. Denn die Akzeptanz der Bevölkerung ist für Eine Erweiterung des Energie-Campus in Bergedorf eine erfolgreiche Realisierung der Energiewende von ist mit dem „Demonstrationszentrum Sektorkopp- höchster Relevanz. Um diese Akzeptanz zu steigern, lung“ geplant, das sich unter anderem mit Wasser- werden am CC4E verschiedene Ansätze verfolgt. Im stoff als zukünftigem Energieträger beschäftigen Feld der Akzeptanzforschung gibt es beispielsweise will. In diesem Zusammenhang wird aktuell in einer in Teilprojekten von NEW 4.0 und X-Energy diver- engen strategischen Partnerschaft mit dem Fraun- se Umfragen zur Wahrnehmung und Umsetzung der hofer Institut für Windenergiesysteme (IWES) das Energiewende. Ebenso wird Forschung zu den Risi- Anwendungszentrum „Integrierte Lokale Energiesys- ken von Windenergieanlagen für Fledermäuse betrie- teme für die Sektorkopplung“ (ILES) aufgebaut. In ben, um diese in Zukunft minimieren zu können. diesem werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zur gezielten Förderung der öffentlichen Akzeptanz des CC4E und des Fraunhofer IWES gemeinsam an ist das Projekt NEW 4.0 außerdem mit einer eigens praxisnahen Lösungsansätzen für die immer komple- konzipierten Roadshow unterwegs – ein 4 x 2 Meter xeren Fragestellungen der Energiewende und der großes Exponat, das die Modellregion Hamburg und zunehmenden Dezentralität der Energieerzeugung Schleswig-Holstein darstellt und interessierten Bürge- arbeiten – ein weiterer Gewinn für die norddeutsche rinnen und Bürgern mithilfe von Augmented Reality Forschungslandschaft. 01 | 2020 DNH
11 Foto: Daniel Reinhardt_NEW 4.0 Abbildung 4: Die NEW 4.0-Roadshow Aktuell laufende Forschungsprojekte am CC4E NEW 4.0 – Norddeutsche Energiewende Smart Heat Grid Hamburg Projektziel: Möglichkeiten aufzeigen, wie die Projektziel: Integration eines maximalen Anteils Modellregion bis 2035 zu 100 % mit regenerati- erneuerbarer Energien bei der Wärme- und Strom- vem Strom versorgt werden kann produktion durch intelligente Nutzung der Förderlaufzeit: 2016–2020 gesamten Wärmenetzinfrastruktur Partner: ca. 60 Partner aus Wirtschaft, Wissen- Förderlaufzeit: 2017–2020 schaft und Politik Partnerzahl: 3 Partner Mittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft Mittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Energie Modellregion: Hamburg und Schleswig-Holstein Modellregion: Hamburg-Wilhelmsburg Informationen: www.new4-0.de Information: www.haw-hamburg.de/cc4e/c4dsi/projekte mySMARTLife Projektziel: Smarter Einsatz von Energie im urba- Smart Pro HeaT nen Lebensraum in drei europäischen Leucht- Projektziel: Untersuchung der wärmenetzdienli- turmstädten (Nantes, Helsinki & Hamburg), um chen Integration von Verbrauchern und dezentra- Energieverbrauch und ökologischen Fußabdruck len Erzeugungsanlagen, um die Gesamtsystemef- zu reduzieren fizienz und den Anteil erneuerbarer Strom- und Förderlaufzeit: 2016–2021 Wärmeerzeugung zu erhöhen Partner (Hamburg): 14 Partner aus Stadt, Wirt- Förderlaufzeit: 2018–2021 schaft und Wissenschaft Partnerzahl: 5 Partner Mittelgeber: Europäische Union Mittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft Modellregion: Hamburg-Bergedorf und Energie, Zweite Deutsch-Finnische Förder- Informationen: initiative www.mysmartlife.eu/cities/hamburg/ Modellregion: Hamburg-Wilhelmsburg Information: X-Energy www.haw-hamburg.de/cc4e/c4dsi/projekte Projektziel: Die Metropolregion Hamburg als führendes Innovationszentrum für Windener- gie, Systemintegration und Speicher aufbauen Förderlaufzeit: 2017–2021 Partnerzahl: 16 Unternehmenspartner Mittelgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung Modellregion: Norddeutschland Information: www.haw-hamburg.de/cc4e/x-energy DNH 01 | 2020
12 Titel: HAW-Forschung (be)wirkt! Herausforderung strategische Netzwerke: Von Wunschdenken und Verstetigung Komplementär zur klassischen Forschung und Lehre sowie den bekannten Innovations- und Wertschöpfungsketten kommt neuen, institutionsübergreifend angelegten Netzwerken speziell an forschungsintensiven Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAW) zuneh- mende Bedeutung zu. Die Herausforderungen und Chancen sind groß, insbesondere im Zuge der in den letzten Jahren speziell aufgelegten Förderprogramme auf Bundesebene. | Von Georg Overbeck und Prof. Dr. Christian Facchi Nicht zuletzt im Zuge der Bund-Län- die o. g. DAAD-Ausschreibung Strategi- der-Förderinitiative Innovative Hoch- sche Partnerschaften und Thematische schule haben sich umfangreiche und auf Netzwerke geförderte Brasilienprojekt Verstetigung angelegte Netzwerkprojek- Applied Network on Automotive Re- te mit HAW als Koordinatorinnen fest search and Education (AWARE), über dessen etabliert. Wurden im Jahr 2016 in der für Projekttitel sich die THI als einzige geför- HAW vorgehaltenen Nische „Forschung derte Institution mit dezidiert angewand- Foto: THI an Fachhochschulen“ bzw. im Programm tem Profil positionierte. Bemerkenswert FH-Impuls nur zehn ausgewählte HAW war dabei, dass die THI in der ersten Georg Overbeck, MBA bzw. deren Forschungskooperationen Förderrunde des Programms als eine von Dipl.-Kulturwirt (Univ.) gefördert, waren es 2018 im Rahmen der zunächst zwei, in der zweiten Förderrunde Dipl.-Verwaltungswirt (FH) Förderinitiative Innovative Hochschule als einzige HAW zum Zuge kam, während bereits 35 HAW, die derzeit gemeinsam ansonsten ausschließlich Universitäten Kaufmännischer Leiter des Zentrums für und im Wettbewerb mit Universitäten gefördert wurden. In diesem Rahmen Angewandte Forschung der Technischen und anderen Akteuren neue Transfer- liefen ab 2013 erste größere Kooperatio- Hochschule Ingolstadt netzwerke insbesondere im breiten gesell- nen zu verkehrssicherheitsthematischen schaftlichen Kontext spannen. Für inter- Forschungsfragen sowie Automotive-Dou- nationale Netzwerke legte der DAAD im ble-Degree-Programmen an. Zentrale Ziel- Jahre 2012 das Förderprogramm Strate- setzung war von Anfang an die Entwick- gische Partnerschaften und Thematische lung eines primär anwendungsbezogenen Netzwerke auf. Netzwerks insbesondere mit Unterneh- men, Politik sowie den beiden Landesfor- schungsstiftungen der südbrasilianischen Foto: THI Netzwerke an der THI Bundesstaaten und Automotive-Regio- nen Paraná und Santa Catarina. Damit Diese und weitere öffentliche Förderlini- verschoben sich die Koordinaten des Prof. Dr. rer. nat. Christian Facchi en ermöglichten der Technischen Hoch- HAW-Selbstbildes vom vornehmlich Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums schule Ingolstadt (THI) in den vergan- regionalen Innovationsmotor zu einem für Angewandte Forschung der genen Jahren den gezielten Aufbau international vernetzenden, thematisch Technischen Hochschule Ingolstadt von drei großen strategischen Netzwer- und zunehmend geografisch vielseitigen ken. Darin fungiert die THI jeweils als Akteur. Bislang nahmen über 500 geför- Anker und verbindendes Element und derte Personen über Gastvorträge und baut gleichzeitig ihre Position als Mobi- -professuren, Praktika und Forschungs- litätshochschule weiter aus. Nach sechs aufenthalte (Master Doppelabschluss und Jahren öffentlicher Förderung wird nun PhD), Summer Schools sowie Vernet- das erste dieser drei Netzwerkprojekte zungs- und Transferveranstaltungen am verstetigt. Es handelt sich um das über Austausch teil. AWARE warb (exklusive 01 | 2020 DNH
13 Foto: Prudencio Alvarez/123rf.com der Forschungsvolumina der an der THI forschenden Netzwerk entlang der Themenfelder Innovative Mobi- Gastwissenschaftler) rund 3 Mio. Euro ein. Diesem lität, Digitale Transformation, nachhaltige Entwick- Umstand wird nun Rechnung getragen, indem lung und Bürgerschaftliches Engagement auf. Die AWARE als THI-internes Bavarian Center for Applied aktive Öffnung gegenüber der breiten Gesellschaft Research and Technology with Latin America institu- ist bidirektional angelegt – nicht nur der Wissens- tionalisiert wird. In dem neuen Rahmen werden das transfer aus dem Hochschulbereich in die Gesell- aufgebaute Erfahrungswissen sowie die Landes- und schaft wird gefördert, sondern es werden explizit auch Regionenexpertise künftig auch anderen bayerischen Impulse aus dem fachlichen und zivilgesellschaftli- Einrichtungen zur Verfügung stehen. chen Umfeld bewusst durch Transferformate gesucht und gefördert. Fruchtbar ist in diesem Kontext auch Im Zeichen des regionalen Kompetenzaufbaus steht die Verzahnung der beiden Hochschulen mit ihren das zweite Netzwerkprojekt Safety for all – Innovati- unterschiedlichen Profilen und Kulturen. Entspre- ve Research Partnership on Global Vehicle and Road chend neuartige Transferformate sowie ein erweiter- Safety Systems (SAFIR). Dieses startete im Jahr 2017 ter, technologische und gesellschaftliche Innovati- im Verbund mit der städtischen Wirtschaftsförde- onen gleichermaßen erfassender Innovationsbegriff rung sowie rund 20 Unternehmenspartnern als eines verankern die beiden Hochschulen noch stärker in von bundesweit zehn Vorhaben, die über die o. g. der Mitte der Gesellschaft. Förderlinie FH-Impuls finanziert werden. SAFIR setzt dabei auf den Arbeiten des THI-eigenen Forschungs- Den drei genannten Netzwerken ist gemein, dass und Testzentrums CARISSMA sowie dessen Fernziel sie ihre jeweilige Perspektive bei der Lösung gesell- von null Verkehrstoten, der „Vision Zero“, auf. Aus schaftlicher Herausforderungen komplementär zuei- CARISSMA als Nukleus heraus wird mit SAFIR ein nander einbringen, von der Mobilität für morgen projektgetriebenes strategisches Forschungsnetzwerk über die Künstliche Intelligenz bis hin zur gesell- mit regionalen Partnern aufgebaut. Ähnlich wie in schaftlichen Teilhabe an dem, was an der Hochschu- AWARE erfolgt derzeit die Bewerbung um eine zwei- le passiert. Die Synergiepotenziale zwischen den te Förderrunde, die sogenannte Intensivierungspha- Projekten waren und sind enorm: Der Impuls zum se. Die bisherigen Förderumfänge betragen inkl. der Aufbau von AWARE lief zeitlich parallel zur Bewer- Barmittel der Partner rund 7,4 Mio. Euro. bung von CARISSMA um den bundesweit ersten Forschungsbau an einer HAW. Beide Bewerbungen Als drittes großes Netzwerkprojekt konnte die THI profitierten stark voneinander: CARISSMA von dem zusammen mit der Katholischen Universität Eich- in der Entstehung begriffenen Brasiliennetzwerk, stätt-Ingolstadt in der Bund-Länder-Initiative Innova- AWARE von der Strahlkraft des neuen Forschungs- tive Hochschule mit der Innovationsallianz Mensch und Testzentrums. Entsprechendes galt ebenso für in Bewegung (MiB) rund 15 Mio. Euro einwerben. Die die Netzwerke SAFIR und MiB, sodass etwa Test- Partner bauen ein ebenfalls regionales, forschungsba- stellungen im Bereich des Autonomen Fahrens siertes, im Unterschied zu den beiden anderen Netz- mangels geeigneter Laboreinrichtungen nur mit werken jedoch auf Transferaktivitäten ausgerichtetes der Infrastruktur von CARISSMA realisierbar waren. DNH 01 | 2020
14 Titel: HAW-Forschung (be)wirkt! Umgekehrt konnte CARISSMA sein eigenes Netz- werk über die beiden genannten Vorhaben konkret um weitere Hochschul- und Unternehmenspartner erweitern. Speziell für die Vision Zero entwickelt SAFIR die CARISSMA-Forschungsprogrammatik weiter, schafft Anwendungsszenarien und berei- tet somit den Weg für Transfer-Fragestellungen im Rahmen von Mensch in Bewegung (MiB). Speziell MiB leistet als Transferprojekt einen gewichtigen Beitrag in kontrovers diskutierten Themen (z. B. Autonomes Fahren, Nachhaltige Wirtschaft und Wirtschaftswachstum, Faktor Mensch und Digita- lisierung), weil sich diesen nicht nur mittels tech- nischer, sondern auch gesellschaftlicher Fragestel- lungen bzw. Innovationen angenähert werden kann. Herausforderungen in der Antragstellung Tabelle 1: Strategische THI-Netzwerke mit der Keimzelle Mobi- lität und den großen gesellschaftlichen Herausforderungen als übergreifendes Leitthema Mit Blick auf die spätere Projektdurchführung hat sich in allen drei Netzwerken gezeigt, dass die im Prozess der Antragstellung herausgebildeten Chan- Antragstellung ist essenziell, dass der Antragsteller cen und Risiken sich meist als Stärken und Schwä- genügend Forschungserfahrung sowie Erfahrung im chen im Projekt manifestieren. Was die drei genann- Projektmanagement mitbringt, um zu belegen, dass ten Netzwerke anbetrifft, so war die Unterstützung das Vorhaben umgesetzt werden kann. Perspekti- durch die Hochschulleitung eine der großen Stär- visch erfolgte vor diesem Hintergrund die interne ken. Diese reichte von maßgeblichen Impulsen für Erweiterung des Netzwerks durch die Einbindung die Antragstellung über die Gewinnung von Netz- neuer Kollegen, die wiederum zunehmend mehr werkpartnern in SAFIR bis hin zu Reisen zu Projekt- Verantwortung übernahmen. Aufgrund der strategi- partnern und Fördermittelgebern (AWARE und MiB). schen Bedeutung von SAFIR und MiB lag die Feder- Als eine der größten Stärken im AWARE-Antragsstel- führung beim MiB-Antrag sowie beim SAFIR-Stra- lungsprozess ist zu vermerken, dass in der Endpha- tegieantrag jeweils beim Hochschulpräsidenten. se des Vollantrags (zweistufiges Antragsverfahren) Zudem leitet der Vizepräsident Forschung und Trans- fünf THI-Professoren mobilisiert werden konnten, fer diese beiden Netzwerkprojekte. Dem kommt eine Explorationsreise nach Brasilien zu unterneh- entgegen, dass eine interdisziplinäre, überfachli- men. Ziel und Zweck der Reise war es, unter unmit- che Qualifikation des Leiters dem Kerngedanken telbarem Eindruck der parallel laufenden Koopera- eines Netzwerkprojekts entspricht und von hohem tionsgespräche mit den brasilianischen Partnern Nutzen ist. die eigenen Themenfelder in den Antrag einzu- bringen. Dadurch erfuhr der Antrag eine qualita- tive Aufwertung. Eine weitere Stärke im Antrags- Herausforderungen im Projektverlauf verfahren bestand darin, dass die dem Vollantrag vorgelagerte Skizze in Bezug auf Partnerauswahl und Zentral für ein erfolgreiches, in Richtung Netz- -struktur bereits partizipativ mit dem Hauptpartner werkverstetigung laufendes Projekt ist sicher- UFPR gestaltet wurde. Insbesondere die Offenheit lich die Auswahl eines geeigneten Koordinators. und Motivation der Partner, im Sinne des Gesamt- Entscheidend ist hier eine gleichermaßen initiativ vorhabens mitzudenken, zeichnet die Arbeitswei- und integrativ wirkende Persönlichkeit im Drei- se des AWARE-Netzwerks bis heute aus. Freilich eck zwischen Wissenschaft, Hochschulverwaltung bleibt angesichts der zeitintensiven Überseereise sowie den jeweiligen Netzwerkpartnern, mithin von fünf Professoren zu konstatieren, dass es an der im sogenannten „Third Space“. Die drei großen THI seinerzeit intern keine „Konkurrenz“ zu ande- Netzwerke haben gezeigt, dass dieser Third Space ren Netzwerkprojekten gab. Umso deutlicher zeig- tatsächlich in der Form von Handlungsräumen ten die beiden anderen Netzwerkanträge die Ratio von Wissenschaft und Verwaltung besteht und zwischen deren Erfolg und der internen Ressour- diesen Richtung Netzwerkpartner erweitert. Dazu cenmobilisierung: An der THI haben sich insbe- gehört insbesondere, dass die wissenschaftliche sondere in den Antrags- und Anlaufphasen regel- Leitung bestimmte operative Aufgaben wie etwa mäßig bereits forschungsaktive Professorinnen und die regelmäßige Pflege von Partnerkontakten weit- Professoren engagiert. Mit der Zeit kristallisierte sich gehend an den Koordinator abgeben kann. Indem immer mehr heraus, dass diese Lasten von mehre- der jeweilige Koordinator eine Brücke zur Verwal- ren Teams getragen werden müssen, ohne Austausch tung schlägt, erfährt diese eine Aufwertung von und Synergien zu gefährden. Insbesondere bei der einer ursprünglich eher vollziehenden in Richtung 01 | 2020 DNH
15 einer gestaltenden Funktion. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass komplementär zu den inhaltlich ingenieurwissenschaftlich ausgerichte- ten Netzwerkprojekten AWARE und SAFIR deren Koordination durch Geisteswissenschaftler erfolgt und diese ihre dadurch bereichernden Denkwei- sen und interkulturellen Kompetenzen einbringen können. Weiter ist für einen erfolgreichen Projekt- verlauf erforderlich, dass das jeweilige Netzwerk möglichst weitere „Anstifter“ und „Mittäter“ an sich bindet. Bei AWARE war der Vorteil, dass sich die Aktivitäten breit auf Forschung, Lehre sowie Hochschulverwaltung und -governance verteilten. Herausforderungen im Hinblick auf die Verstetigungsphase Allerspätestens in der Verstetigungsphase ist die vormals personen- und projektgebundene Ausrich- tung des Netzwerks in eine nachhaltig institutionelle Verortung zu überführen. Damit werden insbesonde- re die mit dem Weggang von Hauptakteuren verbun- denen Risiken gepuffert. Im Rahmen dieser instituti- onellen Verortung personell in die Breite zu gehen, fördert nicht nur frisches Denken; es ist auch eine Grafik 1: Aggregierte SWOT-Analyse ausgewählter Aspekte aus Frage der gelebten Kultur: Wie offen ist das jeweilige den drei Netzwerken Netzwerk, wie breit ist es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Hochschule verwurzelt? Schlaglichtar- tig zeigen die Erfahrungen aus AWARE: Der Anstoß kam von der Kaufmännischen Leitung des hoch- schulinternen Zentrums für Angewandte Forschung und die folgenden Antragsaktivitäten wurden stark „Nicht nur der Wissenstransfer aus vom Hochschulpräsidenten unterstützt. Durch eine rasche Verbreiterung von einigen wenigen Initiato- dem Hochschulbereich in die Gesellschaft ren zu sehr vielen Akteuren erreichte das Netzwerk wird gefördert, sondern es werden auch rasch die für eine Verstetigung kritische Masse. Hilf- reich waren dabei weiterhin regelmäßige Formate Impulse aus dem fachlichen und zivilgesell- und feste „Rituale“. Beispiel AWARE: Regelmäßig zwischen Deutschland und Brasilien rollierende schaftlichen Umfeld durch Transferformate Workshop-Formate mit Hochschul- und Industrie- partnern wie ein U4I-Workshop (Universities for gesucht und gefördert.“ Industries) bringen Studierende, Partnerhochschu- len, Unternehmen, Stiftungen und Politikgestalter zusammen. Ein weiteres derartiges Format ist die Netzwerks durch alle Stakeholder stellen unseres nun bereits zum zweiten Mal erschienene gemein- Erachtens die Grundlagen für den Erfolg dar. Und same AWARE-Publikation, die sämtliche Instituti- Wettbewerb belebt bekanntlich das Geschäft. Somit onen und Kooperationsprojekte bis 2019 auf 180 drängt sich bei den drei Projekten AWARE (2012), Seiten vorstellt – jeweils eingebettet in die Hoch- SAFIR (2016) und MiB (2018) die Assoziation von schulorganisationsformen sowie die Forschungs- Geschwisterbeziehungen zwischen den Polen „Indi- und Förderlandschaft beider Länder. So entsteht viduation“ und „Verbundenheit“ auf. So gibt es ein transparenter Überblick über sämtliche Netz- zwischen AWARE und SAFIR sich überschneiden- werkaktivitäten, welchen ein Einzelpartner nicht de Forschergruppen, ebenso werden brasilianische in vollständigem Ausmaß haben könnte. Promovierende als wissenschaftliche Mitarbeiter in SAFIR eingesetzt. Letztendlich muss sich jedes Netzwerkprojekt jedoch die kritische Frage nach Resümee dem eigenen Mehrwert bzw. Alleinstellungsmerk- mal stellen. Dem AWARE-Netzwerk als neuem Zen- Fundierte strategische Positionierung, kondensier- trum, dessen Nukleus auf dem Spannungsfeld bzw. te und zielführende Partnergespräche sowie ein den Faktorkombinationen Grundlagenforschung fortlaufender partizipativer Abgleich von Stärken, und Anwendung speziell in den Mobilitätstechno- Schwächen und der Zielerreichung des jeweiligen logien aufbaut, ist dies überzeugend gelungen. DNH 01 | 2020
16 Titel: HAW-Forschung (be)wirkt! Lehrforschung zum Management von Sozial- und Gesundheitsbetrieben Wie sich Qualifizierung, Erkenntnisgewinn und Praxisnutzen verbinden lassen. | Von Prof. Dr. Clemens Koob Hochschulen stellen als Organisationen Im Idealfall trägt forschendes Lernen eine strukturelle Kopplung von Bildungs- aber nicht nur zum Bildungsauftrag bei, und Wissenschaftssystem her (vgl. sondern berücksichtigt, dass Hochschu- Luhmann 2019). Als Teil des Bildungs- len „zugleich zur Forschung und zur Erzie- systems zählt es zu ihren gesellschaftli- hung beitragen sollen“ (Luhmann 2019, Foto: KSH München chen Aufgaben, akademisch qualifizier- S. 186): Auch der Erkenntnisgewinn ist ein ten Nachwuchs auszubilden, der sein wesentliches Anliegen der Lehrforschung. Wissen in anderen Typen von Organi- Die studentischen Forschungsteams des sationen, wie Sozial- und Gesundheits- Masterstudiengangs „Management von Prof. Dr. Clemens Koob betrieben, anwenden kann (vgl. Nassehi Sozial- und Gesundheitsbetrieben“ haben Professor für Management 2019). Nassehi (2019, S. 8) weist darauf in dieser Hinsicht in den zurückliegenden Katholische Stiftungshochschule München hin, dass „diese Ausbildung forschungs- Semestern einige Forschungsergebnisse Preysingstraße 83 nah erfolgen [soll], damit die Absolventen generiert, die für die Managementpraxis 81667 München auch lernen, dass Wissen nicht einfach und Fachöffentlichkeit interessant sind. vorhanden ist, sondern in seiner Gene- clemens.koob@ksh-m.de se von Voraussetzungen abhängig ist“.1 Arbeitsengagement in Sozial- und Ge- sundheitsbetrieben als Rahmenthema Ziele des forschenden Lernens Thematischer Schwerpunkt des forschen- Eine Möglichkeit dazu bietet die Lehr- den Lernens war das „Arbeitsengage- forschung bzw. bieten Lehrforschungs- ment von Mitarbeitenden in Sozial- und projekte. Im Modul „Empirische Sozi- Gesundheitsbetrieben“. Arbeitsengage- alforschung“ des Masterstudiengangs ment wird in der Forschung grundsätz- „Management von Sozial- und Gesund- lich verstanden als positiver, erfüllender heitsbetrieben“ der Katholischen Stif- arbeitsbezogener Motivationszustand, der tungshochschule (KSH) München relativ überdauernd ist (vgl. Schaufeli et werden die Studentinnen und Studen- al. 2002). Engagierte Mitarbeitende setzen ten mit Anleitung selbst forschend sich mit ihren körperlichen, emotionalen tätig. Sie gestalten, erfahren und reflek- und kognitiven Ressourcen ein (vgl. Rich tieren den kompletten Forschungspro- et al. 2010). Sie zeigen ein hohes Ener- zess mit seinen einzelnen Phasen, von gielevel, mentale Stärke und Ausdauer der Entwicklung der Forschungsfrage auch bei Herausforderungen (Vitalität), und Hypothesen über die Konzeption empfinden Inspiration, Begeisterung und des Untersuchungsdesigns bis hin zur Stolz beim Arbeiten (Hingabe) und arbei- Auswertung, Darstellung und Einord- ten konzentriert und vertieft (Absorbiert- nung der Ergebnisse. Dieses forschende heit) (vgl. Schaufeli et al. 2017). Eine Viel- Lernen trägt dazu bei, eine wissenschaft- zahl an Studien (für einen Überblick vgl. liche Grundhaltung auszubilden, inhalt- Christian et al. 2011, Kim et al. 2013) liches Wissen aufzubauen, methodische bestätigt, dass engagierte Mitarbeitende Kompetenzen zu erwerben und persona- eine überlegene Arbeitsleistung erbringen le Kompetenzen (z. B. Verantwortung, und sich darüber hinaus für ihre Organi- Gewissenhaftigkeit, Reflexivität, Team- sation einsetzen. Bekannt ist aus diesen und Kommunikationsfähigkeit) zu stär- Untersuchungen auch, dass das Arbeits- ken (vgl. Huber 2014, Weidemann 2010, engagement von mannigfachen organi- Hiß/Schulte 2016). sationalen Faktoren (z. B. Arbeitstätigkeit, 01 | 2020 DNH
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