125 JAHRE SIHLTALBAHN - 1892-2017 JUBILÄUM - EINE BAHN SCHREIBT GESCHICHTE MOBILITÄT UND INNOVATION IM SIHLTAL - SZU

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125 JAHRE SIHLTALBAHN - 1892-2017 JUBILÄUM - EINE BAHN SCHREIBT GESCHICHTE MOBILITÄT UND INNOVATION IM SIHLTAL - SZU
JUBILÄUM                           67/2017

   125 JAHRE
SIHLTALBAHN
  1892–2017

                   EINE BAHN SCHREIBT GESCHICHTE
                   MOBILITÄT UND INNOVATION
                   IM SIHLTAL
125 JAHRE SIHLTALBAHN - 1892-2017 JUBILÄUM - EINE BAHN SCHREIBT GESCHICHTE MOBILITÄT UND INNOVATION IM SIHLTAL - SZU
EDITORIAL

                                                     125 JAHRE
                                                     INNOVATIV                                        03
                                                     UND OFFEN
Die Sihltalbahn hat mit 125 Jahren
ein stattliches Alter erreicht. Sie                                        1892–1990
hat alle Weichenstellungen in der
                                                                           DIE GESCHICHTE
Bahngeschichte schadlos überstan­
den und steht nach der Fusion mit
der Uetlibergbahn besser da denn
                                                     FÜR NEUES             DER SZU
je. Dies hat sie den typisch schweizerischen Eigen­
schaften der Beteiligten zu verdanken: Bescheiden­
heit, Ideenreichtum und Offenheit für Neues.
                                                                                   GEMEINSAM DIE ZUKUNFT
                                                                           19      PLANEN
Ihren Innovationsgeist stellten die frühen Väter der
Sihltalbahn etwa unter Beweis, als die noch unab­
hängige Uetlibergbahn elektrifiziert wurde. Der Um­
gang mit den jeweils unterschiedlichen Stromsyste­
men war technisch clever: Das Verschieben der Fahr­
leitung für die Züge der Uetlibergbahn nach rechts

                                                                                                      20
zeigte, dass man gemeinsam genutzte Strecken spar­
sam bewirtschaften kann, ohne die Fahrzeuge aus­
wechseln zu müssen.
Vorausschauend war überdies die Anbindung der Bahn
an den Zürcher Hauptbahnhof. Als 1975 – nur zwei                           HEUTE
Jahre nach der Fusion zur Sihltal-Zürich-Uetliberg-
Bahn (SZU) – die Zürcher U-Bahn scheiterte, nutzte                         WIDERSTAND GEGEN
die SZU die Gunst der Stunde. Das bereits gebaute,
nun aber zwecklose Stück U-Bahn-Tunnel wurde zur
                                                                           MODERNISIERUNG
neuen SZU-Endhaltestelle.                                                  UND DOPPELSPUR
Lobend erwähnt sei schliesslich eine personelle Pio-
niertat: 1994 wurde Christiane V. Weibel zur Direkto­
rin gewählt. Sie war die erste Bahndirektorin in der                               DIE SZU ALS IMPULSGEBER FÜR
Schweiz.                                                                   24      DIE STADTENTWICKLUNG
Ich wünsche der SZU in der Zukunft eine unfallfreie
Fahrt und zufriedene Kunden. Möge das Unternehmen                          26      DIE ZUKUNFT WARTET NICHT
weiterhin von kreativen Köpfen geführt werden und
                                                                                   DIE SZU DER ZUKUNFT –
seine wichtige Rolle für den Verkehr in der Agglome­
ration Zürich erfolgreich ausüben.
                                                                           28      WIE KINDER SIE SEHEN

Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements
                                                                                   WAS ZAHLEN ÜBER DIE SZU
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation                             30      VERRATEN
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PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017       03

       DER TRAUM VOM
           ANSCHLUSS
      AN DEN GOTTHARD
Am Anfang stand die Vision einer Sihltalbahn als Transitverbindung
von Zürich nach Zug mit Anschluss an die Gotthardlinie.
Gebaut wurde die Bahn 1892 aber für den Personen- und Güter­
verkehr zwischen Zürich Selnau und Sihlwald.

Texte: Stefan Schneiter // Bilder: Archiv SZU

Weit reichen die Träume für eine Bahnverbin­
dung im Sihltal zurück. Bereits 1860, 13 Jahre
nachdem die Spanisch-Brötli-Bahn 1847 als
erste Bahn in der Schweiz ihren Betrieb aufge­
                                                                                AKTIE DER SIHLTHALBAHN-
                                                                             GESELLSCHAFT AUS DEM JAHR                              1892
nommen hatte, kamen erstmals Ideen für eine       Zürich und Zug via Sihltal durch eine Bahn zu        Anschlusses an die Gotthardbahn vorerst be­
Verbindung auf Schienen von Zürich nach Lu­       ersetzen. Dahinter stand der Wunsch, den An­         graben. Fortan richteten sie ihre Bemühungen
zern durchs Sihltal auf. Nach dem Bau einer       schluss an die Gotthardbahn herzustellen.            nicht mehr auf den grossen Transitverkehr,
Eisenbahnlinie im Knonauer Amt zog aber ab                                                             sondern auf eine Lokalbahn von Zürich nach
1864 diese den Schienenverkehr von Zürich in      «Stiefmütterlich bedachtes Sihltal»                  dem Sihlwald. Dadurch sollte die zweimal täg­
die Innerschweiz an sich. So erfolgte erst 1887   Doch als für die Strecke Zürich – Zug eine Kon­      lich verkehrende Pferdepost zwischen Zürich
die Gründung eines Initiativkomitees mit dem      zession für eine Linie über Thalwil erteilt wurde,   und Langnau ersetzt werden.
Ziel, den Verkehr mit Postkutschen zwischen       mussten die Initianten ihre grosse Vision eines
                                                                                                       Auch der Gütertransport spielte eine wichtige
                                                                                                       Rolle. Ein Initiativkomitee begründete seine
                                                                                                       Forderungen folgendermassen: «Die Sihlthal­
                                                                                                       bahn soll das in seinen Verkehrsverhältnissen
                                                                                                       bisher aufs stiefmütterlichste bedachte Sihl­
                                                                                                       thal mit dem Verkehrszentrum Zürich in eine
                                                                                                       den beidseitigen Interessen und den wirtschaft­
                                                                                                       lichen Verhältnissen überhaupt angemessene
                                                                                                       Verbindung bringen». Wirtschaftlich interes­
                                                                                                       sant war nicht nur der Passagierverkehr, son­
                                                                                                       dern auch die eisenbahntechnische Erschlies­
                                                                                                       sung des holzreichen Sihlwalds, da der Holz­

                                                                                                       Die Station Sihlbrugg
                                                                                                       um das Jahr 1900.
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04

     transport durch das traditionelle Flössen nach
     dem Bau mehrerer Wasserkraftanlagen an der
     Sihl nicht mehr möglich war.
                                                       Im ersten Betriebsjahr
                                                       1892 startet die
                                                       Sihltalbahn mit drei
                                                                                                                                       1888
     Am 27. Juni 1888 erteilte der Bund die Kon­       Dampflokomotiven und
     zession. Als Richtlinie galt: «Die Sihlthalbahn
     soll als normalspurige Secundärbahn gebaut        sechs Bahnwagen,
     werden und sowohl dem Personen- als dem
     Güterverkehr dienen». Im April 1891 – noch vor    welche 280 Sitzplätze
     Eintreffen der Genehmigung durch den Bun­
     desrat – begannen die Bauarbeiten in Sood-        anbieten.
     Oberleimbach. Verschiedene Projektänderun­
     gen und unvorhergesehene Schwierigkeiten
     beim Bahnbau – vor allem über den Kanal der
     Papierfab­rik – führten zu Verzögerungen. So
     erfolgte die Eröffnung der 13 609 km langen
     Bahnstrecke Zürich Selnau – Sihlwald für den
     Personenverkehr am 3. August 1892, für den
     Güterverkehr am 1. Oktober 1892. Budgetiert
     waren Kosten von 2,5 Millionen Franken, effek­
     tiv betrugen die Ausgaben dann gegen 3,3 Mil­
     lionen. Die Mehrausgaben waren vor allem
     bedingt durch höhere Landerwerbskosten so­
     wie höhere Kosten für den eigentlichen Bahn­
     bau und das Rollmaterial.

     Die Sihltalbahn ermöglichte nun der erho­         Die Station Sihlwald um das Jahr 1892, Fahrtenplan der Sihlthalbahn vom 1. Mai 1893.
     lungsbedürftigen Stadtzürcher Bevölkerung
     einen leichteren Zugang zum Sihlwald. Der
     Andrang überstieg offenbar das Angebot, hielt     beförderte Personen und 54 000 Tonnen Gü­            schluss des Sihltals an die Verbindungen nach
     doch der erste Geschäftsbericht fest: «Es         ter, vor allem Holz aus dem Sihlwald sowie           Zug und in die Zentralschweiz. Für diesen An­
     ist zweifels­ohne, dass in den Monaten August     Rohmaterialien für die Textilindustrie und de­       schluss musste die Strecke ab Sihlwald um
     und September (1892) weit mehr Passagiere         ren Fertigprodukte.                                  4 km bis nach Sihlbrugg erweitert werden. Just
     zu befördern gewesen wären, wenn man ge­                                                               am selben Tag wie die Strecke Thalwil – Zug
     nügendes Roll­material gehabt hätte». An Roll­    Doch noch Anschluss an die Gotthardbahn              der Nordostbahn, am 31. Mai 1897, wurde die
     material standen im ersten Betriebsjahr drei      Im Sihltal war man fürs Erste froh, anstelle         Strecke Sihlwald – Sihlbrugg der Sihltalbahn
     Dampflokomo­tiven und sechs zweiachsige           der angestrebten Transitbahn wenigstens eine         eröffnet. Der Gotthardbahn-Anschluss war da­
     Bahnwagen zur Verfügung. 1893 verzeichnet         gut funktionierende Lokalbahn erhalten zu ha­        mit gewährleistet, die Passagierzahlen für die
     die Statistik für die Sihltalbahn über 343 000    ben. Doch hoffte man weiterhin auf einen An­         neue Strecke blieben aber enttäuschend. ▪

                                                                                 ACHTUNG VELOFAHRER!
                                                                                 Probleme ergaben sich in den Anfangsjahren der Sihltalbahn mit
                                                                                 Velofahrern. Immer wieder machten sich einige von ihnen
                                                                                 einen Spass daraus, auf den parallel zu den Geleisen angelegten
                                                                                 Strassen mit ihren Fahrrädern zum Wettkampf mit den Zügen
                                                                                 anzutreten. Fussgänger hörten wegen des Zuglärms die Glocken­
                         Bild: Stadtarchiv Zürich
                                                                                 signale der Velofahrer nicht. Einmal fuhr ein Velofahrer derart
       BAUARBEITER AUF DEM                                                       nah neben dem Zug her, dass er von den Wagentritten erfasst wurde.
           NEU ERRICHTETEN
       TRASSEE ENTLANG DER
                SIHL IM JAHR                        1896                         In der Folge untersagten Verbotstafeln solche Wettfahrten
                                                                                 und das Sich-Anhängen an die Züge.
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PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017         05

                 AUFSCHWUNG
           DURCH ELEKTRISCHEN
                      BETRIEB
      FEIER ZUR ERÖFFNUNG
DES ELEKTRISCHEN BETRIEBS
      AM 31. MAI IN ADLISWIL               1924
     Der steigende Kohlepreis im           Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914            für eine eventuell notwendig werdende Lohn-
                                           brachte die Sihltalbahn – wie viele andere         oder Personalreduktion gewapp­net zu sein. Zu
Ersten Weltkrieg brachte die Sihl­
                                           Transport­unternehmen – in Bedrängnis. Die         Entlassungen kam es dann aber nicht. Doch
       talbahn in Schwierig­keiten.        Passagier­zah­len gingen massiv zurück, die Koh­   am allgemeinen Landesstreik im November
                                           le verteuerte sich, Fahrleistungen und Bahn­       1918 beteiligte sich auch das Personal der
  Die Umstellung auf elektrischen
                                           unterhaltsarbeiten wurden drastisch zurück­        Sihltalbahn.
      Betrieb erlaubte nach 1924           gefahren. So fuhr etwa an Sonntagen kein Zug
                                           mehr durchs Sihltal. Im Oktober 1914 kün­          Der nach wie vor bestehende Mangel an Kohle
  einen massiven Ausbau des An­
                                           digte die Geschäfts­leitung gar vorsorglich        liess 1919, nach dem Ende des Ersten Welt­
                            gebots.        alle Anstellungsver­träge auf Ende Jahr, um        kriegs, erste Diskussionen zur Elektrifizierung
                                                                                              aufkommen. Eine Studie kam damals zum
                                                                                              Schluss: «Da die gegenwärtigen Betriebsmit­
                                                                                              tel der Dampftraktion in kürzester Zeit ohne­
                                                                                              hin einer notwendig werdenden kostspieligen
                                                                                              Erneuerung entgegensehen, ist es gegeben, die
                                                                                              Elek­trifikationsarbeiten zu beschleunigen».

                                                                                              In der Folge sank der Kohlepreis wieder, die
                                                                                              Elektrifizierungspläne wurden vorerst schub­
                                                                                              ladisiert. Doch als 1922 die Preise für Elektri­
                                                                                              fikationsmaterialien sanken, stieg das Interes­
                                                                                              se an einer Elektrifizierung wieder an. Im No­
                                                                                              vember 1922 bat die Sihltalbahn den Bund um

1924
                                                                                              ein Darlehen von 2,2 Millionen Franken für ei­
                              Titelblatt
                                                                                              nen Umbau auf elektrischen Betrieb. Der Bund
                         des Fahrplans                                                        übernahm die Hälfte, der Kanton Zürich einen
                             von 1924.                                                        Viertel, den restlichen Viertel berappten die
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                                                                                                                           1925
                                                                                                 Wagenputzfrau der Sihltalbahn,
                                                                                                 Aufnahme um 1923.

     Die Station Langnau-Gattikon um 1925.
                                                                                                 Stadt Zürich sowie die Gemeinden Adliswil,
                                                                                                 Langnau, Thalwil und Horgen. Am 31. Mai 1924
                                                                                                 konnte die Aufnahme des elektrischen Be­
                                                                                                 triebs ge­feiert werden, unter grosser Anteil­
          1920 WURDEN 935 000
      PERSONEN TRANSPORTIERT,
            1,48 MIO. WAREN ES                     1930                                          nahme von Behörden und Bevölkerung.

                                                                                                 Eisenbahntechnisches Unikum
                                                                                                 Schon im Juni 1923 hatte die Uetlibergbahn
                                                                                                 auf elektrischen Betrieb umgestellt – aller­
                                                                                                 dings mit Gleichstrom. Für die Sihltalbahn
                                                                                                 kam hin­gegen nur Wechselstrom in Frage, da
                 1920                                                                            sie das­selbe Stromsystem wie die SBB (Span­
                                                                                                 nung von 15 000 Volt Wechselstrom, Frequenz
                                                                                                 von 16²⁄₃ Hertz) wollte, um die Stromlieferung
                                                                                                 und den Austausch von Bahnfahrzeugen zu
                 1930                                                                            erleichtern. Darum musste auf der gemein­
                                                                                                 sam genutzten Strecke Selnau – Giesshübel
                                                                                                 im Abstand von 1,3 m eine Gleichstromleitung

     TOLLKÜHNE UND UNFLÄTIGE BAHNFAHRENDE
      Auf den fahrenden Zug aufspringende Passagiere, abrupte Zug­         17.Juni 1936: «Bei der Ausfahrt von Zug 316 sprang obgenannter
      stopps wegen Pferdekutschen, Autos und Velos, die auf den            (Eduard Fürrer) auf die Plattform des zweiten Anhängerwagens
      Gleisen standen, gefährliche Situationen wegen Menschen, wel­        auf. Er rutschte dabei aus, hielt sich aber mit der einen Hand
      che geschlossene Barrieren ignorierten – Bahnpolizei-Meldun­gen      am Treppengeländer fest, sodass er ca. 10 bis 12 Meter nachge­
      aus den 1930er und 1940er Jahren zeigen, mit welchen Pro­            schleppt wurde. Ein Unfall wurde dadurch verhütet, dass
      blemen sich das Bahnpersonal der Sihltalbahn herumzuschlagen         Abonnent Bruhin Hch. der sich schon im Zug befand, Fürrer am
      hatte. Drei Beispiele im Originaltext:                               Arm auf die Treppe zog.» (Busse 5 Fr.)
      24. Feb. 1934: «Bütler Adolf ist in Adliswil auf den ausfahrenden    10. Jan 1933: «Seit ca. 14 Tagen kommt Frau Peter mit ihrem
      Zug 29 aufgesprungen. Da er nicht im Besitze eines Fahraus­          ca. 1 jährigen Kind in den Wartsaal vor Zug 4 und jeden
      weises war, habe ich die Taxe mit 50 Cts. Zuschlag erhoben. Bütler   Morgen nässt das Kind den Bank im Wartsaal, sodass derselbe
      hat sich hierauf unflätig aufgeführt und das Personal aufs           den Glanz verloren hat, da ich denselben jeden Morgen ab­
      gröbste beschimpft.» (Übertretung von Art. 6 des Bundesgesetzes      waschen muss. Eine mündliche Mahnung vom letzten Samstag
      betr. Handhabung der Bahnpolizei vom 18. Februar 1878, Busse         nützte nichts, denn heute geschah dasselbe wieder.»
      10 Fr. für den Fehlbaren)                                            (Busse 3 Fr.)
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PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017        07

                                                                           Güterzugslokomotive De3/4
                                                                           in Adliswil, ca. 1931.

                                                                           Die Aufnahme des elek­tri­-
                                                                           schen Betriebs 1924 ermög-
                                                                           lichte eine Anhebung der
                                                                           Höchstgeschwindigkeit von
                                                                           35 auf 50 km/h.
mit 1200 Volt für die Uetlibergbahn und dane­
ben eine Wechselstromleitung mit 15 000 Volt
für die Sihltalbahn eingerichtet werden – ein
eisenbahntechnisches Unikum, das bis heute
Bestand hat!

Der elektrische Betrieb brachte neben der Redu­
zierung der Fahrzeiten – die Höchstgeschwin­
digkeit konnte nun von 35 auf 50 km/h herauf­
gesetzt werden – einen starken Fahrplanaus­
bau mit einer Verdoppelung der Fahrten: 32
statt 16 Züge an Werktagen, 30 statt 18 Züge
an Sonntagen. Auch an Nachtschwärmer wurde
gedacht: Neu verkehrte nach 23 Uhr ein Zug
ab dem Bahnhof Selnau ins Sihltal.

Pläne für eine Albisbahn
Neu gab es auch Eilzüge. Dank ihnen konnten
Arbeitnehmer in Zürich während der Mittags­
pause nach Hause ins Sihltal essen gehen.
Generell stiegen die Benutzungsfrequenzen         Der Bahnhof Zürich Giesshübel 1927 mit Niveauübergang Manessestrasse.
rasch: Hatte die Sihltalbahn 1920 noch rund
935 000 Personen transportiert, waren es 1930
deren 1,48 Millionen. Auch der Güterverkehr       1939, die «Landi», an der die Sihltalbahn die
legte von 1920 bis 1930 massiv zu, vor allem      legendäre Luftseilbahn über den Zürichsee
dank zahlreichen rund um den Bahnhof Giess­       betrieb, brachte nicht den erhofften Auf­
hübel angesiedelten Industriebetrieben. Die       schwung.
Weltwirtschaftskrise ab 1929 und die steigen­
de Arbeitslosigkeit in der Schweiz bescherten     1932 war noch nicht 1973. Noch war die Zeit
danach aber Jahre der Stagnation. 1940 be­        nämlich nicht reif für eine Fusion von Sihltal­
förderte die Sihltalbahn nur noch 1,46 Millio­    bahn und Uetlibergbahn. Die beiden Bahnbe­
nen Personen. Auch die Landesausstellung          triebe lagen sich immer wieder in den Haaren,
                                                  etwa wegen der Mitbenützungsgebühr für die
                                                  zunächst durch die Uetlibergbahn betriebene
                                                  Station Selnau und die Gemeinschaftsstrecke.

1934
                                                  Doch 1932 kam es zu einer Annäherung: die
                                                  Sihltalbahn übernahm die Direktion der Uetli­
                                                  bergbahn. Das ermöglichte gewisse Rationa­        Blieb eine Vision: Eine Werbebroschüre zeigte
                                                  lisierungsschritte, etwa beim Personal. Einem     1934, wo die Albisbahn hätte durchführen sollen.
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                                                                                                                   1939
                                                                                          Zusammenstoss eines Personenzugs mit einem
                                                                                          Dienstzug im Sihlwald am 16. Mai 1939.

                  STATION BRUNAU, UM       1942
                                           vollständigen Zusammenschluss standen finan­   Grosse Pläne hegte die Sihltalbahn – zusam­
                                           zielle Probleme gegenüber, da die Uetliberg­   men mit der Baufirma Hatt-Haller AG in Zürich
     Werbeplakat der Sihltalbahn, als      bahn als lokale Touristenbahn finanziell von   und der Von Roll’schen Giesserei in Bern – in
     Holz­relief gefertigt, wie es
                                           der Stadt Zürich und der Gemeinde Uitikon      dieser Zeit für den Bau einer 2,2 km langen
     1951 in Zürich in einer Bankverein-
     Filiale aus­ge­stellt war.
                                           abhängig war, derweil die Sihltalbahn als      Standseilbahn vom Bahnhof Langnau auf den
     Bild: Geschichts­verein Adliswil,     Bahn des allgemeinen Verkehrs Geldmittel       Albis hinauf. Es begann vielversprechend.
     Franz Sommer                          vom Bund und Kanton Zürich erhielt.            Der Bund erteilte 1933 die Konzession dafür,
                                                                                          1934 stimmte eine Gemeindeversammlung
                                                                                          in Langnau oppositionslos der Zeichnung von
                                                                                          30 000 Franken in Form von Aktien zu. Die
                                                                                          Baukosten wurden auf eine Million Franken
                                                                                          veranschlagt. Die Vision einer Albisbahn erlitt
                                                                                          danach aber bald Schiffbruch. Zweifel an der
                                                                                          Rentabilität der Bahn kamen auf, ebenso ent­
                                                                                          standen ernsthafte Finanzierungsprobleme. Als
                                                                                          1935 eine Albis-Postautolinie ihren Betrieb
                                                                                          aufnahm, erlosch das Interesse der Initianten
                                                                                          endgültig.

                                                                                          Im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) fuhr die
                                                                                          Sihltalbahn zeitweise nach reduzierten Kriegs­
                                                                                          fahrplänen. Dennoch verdoppelte sich die Zahl
                                                                                          der Passagiere zwischen 1940 und 1950 auf
                                                                                          2,93 Millionen. Hierzu trugen der massive
                                                                                          Rückgang des Motorfahrzeugverkehrs während
                                                                                          der Kriegsjahre und der starke Wohnungsbau
                                                                                          im Sihltal nach dem Krieg bei. ▪
125 JAHRE SIHLTALBAHN - 1892-2017 JUBILÄUM - EINE BAHN SCHREIBT GESCHICHTE MOBILITÄT UND INNOVATION IM SIHLTAL - SZU
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017          09

              AUS ZWEI MACH
              EINS: DIE SZU
 Die Sihltalbahn geht 1954 in     Waren die Pläne für eine Standseilbahn auf         ihr Trassee vom linken auf das rechte Sihlufer.
                                  den Albis in den 1930er-Jahren noch geschei­       Der Grund hierfür: Der stetig wachsende Au­
    die Luft, wechselt später
                                  tert, so war die 1954 gebaute Luftseilbahn         toverkehr erforderte einen Ausbau der Sihl­
 die Flussseite, fusioniert mit   Adliswil-Felsenegg (LAF) von Anfang an ein         strasse. Strasse und Bahnlinie kamen sich in
                                  Erfolg. Bereits 1961 war der einmillionste         gewissen Streckenabschnitten gegenseitig in
       der Uetlibergbahn und
                                  Fahrgast zu verzeichnen. Die Sihltalbahn hat­      die Quere, auch kreuzten sie sich zweimal auf
 schafft die Kondukteure ab.      te von Anfang an die operative Geschäfts­          Niveauübergängen. So entschied der Kanton,
                                  leitung der LAF inne. 1957 – 1959 verlegte die     die Bahnlinie auf die andere Uferseite zu ver­
                                  Sihltalbahn zwischen Langnau und Sihlwald          legen. Die 1959 fertiggestellte Strecke war

1954
                                                          Liebevoll gestaltete Grafik, mit       gezeichnet. Zwischen dem Haupt-
                                                          welcher die Sihltalbahn nach 1954      bahnhof und der Station Selnau
                                                          warb. Sie stammt vom bekannten         sind als Orientierungshilfe die Tram-
                                                          Zürcher Grafiker Otto Martin Müller.   verbindungen detailliert einge­
                                                          Die Felseneggbahn ist bereits ein­     zeichnet.
125 JAHRE SIHLTALBAHN - 1892-2017 JUBILÄUM - EINE BAHN SCHREIBT GESCHICHTE MOBILITÄT UND INNOVATION IM SIHLTAL - SZU
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     AKTIENANTEIL (UNVERÄNDERT BIS HEUTE)
                                                                  1959
     Anliegergemeinden   Private   Stadt Zürich
     6,8 %               9,0 %     32,6 %

                                                    ALS WEICHENSTELLEN

                Aktienkapital
                  der SZU
                                                     NOCH WÄHRSCHAFTE
                                                        HANDARBEIT WAR:
                                                  STELLWERK GIESSHÜBEL       1954
                 9,723 Mio.
                  Franken

     Kanton Zürich        Bund
     23,8 %               27,8 %

                                                                  Eröffnungsfeier in
                                                                  Langnau-Gattikon am
                                                                  3. Oktober 1959
                                                                  nach dem Umbau der
                                                                  Strecke.
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017    11

                                                                                                                      Güterhalle in
                                                                                                                      Zürich Giesshübel,
                                                                                                                      Foto um 1967.

um 250 Meter kürzer als der bisherige Ab­
schnitt auf dem linken Ufer.

1932 hatte die Sihltalbahn den Betrieb und die
Verwaltung der Bahngesellschaft Zürich-Uet­
liberg (BZUe) von der Stadt Zürich übertragen
erhalten. Finanziell ging es der Uetlibergbahn
zu Beginn der 1970er-Jahre nicht gut. Als sie
1971 den Bund und den Kanton Zürich um eine
Übernahme der Defizite ersuchte, kam ein
deutlicher Bescheid von Bundesseite: «Es gibt
zwar Geld, aber nur bei der Fusion der Sihltal­
bahn mit der Uetlibergbahn». Und zu diesem
Schritt kam es in der Folge, am 1. Januar 1973.
Die Sihltalbahn-Gesellschaft übernahm die
Aktienmehrheit an der BZUe. Gleichzeitig än­
derte sie ihren Namen in Sihltal-Zürich-Uetli­
berg-Bahn (SZU). Da eine gemeinsame Direk­
tion schon seit 1932 bestanden hatte, war die
                                                                                        PENDELZÜGE DER
                                                                                           SIHLTALBAHN,
                                                                                        AUFNAHMEN VON                 1967
Zusammenführung der beiden Bahnunterneh­
men fast eine rein juristische Angelegenheit.

Die erfolgreiche Fusion regte einen damaligen
                                                  WEINPROBE ALS BAHNAMTLICHE HANDLUNG
Regierungsrat an, gleich noch einen Schritt
weiterzugehen: Er wollte die SZU mit den Ver­     In früheren Jahren hatten Mitarbeiter der    Wagen nur noch schwer zu bremsen ge­
kehrsbetrieben Zürich (VBZ) zusammenlegen.        Sihltalbahn auch sogenannte offizielle       wesen wäre. Unten ange­kommen, ver­
An der ersten Generalversammlung der SZU          «Bahnamtliche Handlungen» auszuführen.       langte der Kellermeister der Weinhand­
1974 musste er jedoch den dagegen vorge­          Eduard Müller, Gruppenleiter Leitstelle      lung, dass man Muster zog – das war
brachten Einwand anerkennen. Argumentiert         und seit über 45 Jahren bei der SZU,         eine bahnamtliche Handlung. Also klet­
wurde nämlich, die unterschiedliche Träger­       erinnert sich an die frühen 1970er-Jahre:    terten wir auf die Zisternenwagen, liessen
schaft – VBZ als kommunaler Verkehrsbe­           «In Leimbach wurden damals mit dem           ein 3dl-Fläschchen an einer Schnur
trieb, SZU als von Bund, Kanton und Anlieger­     Güterzug Weine aus der Westschweiz, aus      in den Wein hinunter. Das gefüllte Fläsch­
gemeinden getragenes Bahnunternehmen –            Frankreich oder Spanien in Zisternenwa­      chen wurde verkorkt und mittels über
lasse eine Fusion nicht zu. So kam es zu          gen zum Anschlussgleis der Weinhand­         einer Kerze erhitztem Wachs und Siegel­
keinem weiteren Zusammenschluss. Die GV           lung Egli gefahren. Während der Güterzug     stempel versiegelt. Das diente der
lehnte auch einen Vorschlag zur Vereinheitli­     weiterfuhr, liessen wir die mit Handbrem­    Qualitätskon­trolle des Weins, um nach­
                                                  sen versehenen Zisternenwagen das            weisen zu können, dass der Wein ohne
                                                  Gleis hinunter rollen. Dabei mussten wir     Schaden zu nehmen transportiert worden
                                                  aufpassen, nicht ruckartig zu bremsen,       war. Die Fläschchen mit den Weinproben

1969
                                                  um den Wein – rund 15 000 Liter – nicht in   wurden viele Jahre lang im Bahnhof
                                                  Schwingung zu versetzen, da sonst der        Leimbach eingelagert.»
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                                                                                                        1976
                                                                            chung der beiden Stromsysteme zwischen
                                                                            Selnau und Giesshübel ab.

                                                                            «Integrale Fahrgastselbstbedienung»
                                                                            Zum Fahrplanwechsel 1976 hin erfolgte bei
                                                                            der SZU die Einführung des kondukteurlosen
                                                                            Betriebs. «Integrale Fahrgastselbstbedienung»
                                                                            lautete der Fachbegriff dazu. Damit konnten
                                                                            neun Zugbegleiter eingespart werden. Zug­
                                                                            führer und Kontrolleure absolvierten damals
                                                                            einen eintägigen Kurs des Instituts für ange­
                                                                            wandte Psychologie, um möglichst reibungs­
                                                                            lose Stichkontrollen durchführen zu können.

                                                                            Mit dem Fahrplanwechsel steigerte die SZU
                                                                            ihr Zugsangebot um gut 25 Prozent, dank der
                                                                            Beschleunigung des Zugsumlaufs, dem aus­
                                                                            schliesslichen Einsatz von Pendelzugskompo­
                                                                            sitionen und einem den Tageszeitfrequenzen
                                                                            angepassten Taktfahrplan. So verkehrten die
                                                                            SZU-Züge morgens und abends zu Spitzenzei­
                                                                            ten im 10-Minuten-Takt. ▪

                     BAHNHOF
                ZÜRICH SELNAU        1970er
       1976 führt die
            SZU den
     kondukteurlosen
          Betrieb ein.

                                                                            «Nimm’s gmüetli uf de Uetli», ein legendärer
                                                                            Werbespruch aus den 1970er-Jahren.

                         Originelles Plakat, mit dem in den 1970er-Jahren
                         für die Wandergebiete Uetliberg und Sihlwald
                         vor den Toren der Stadt Zürich geworben wurde.
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017      13

                  ENDLICH:
                  VERLÄNGERUNG IN DEN
                  HAUPTBAHNHOF
Fast hundert Jahre dauerte es nach der Gründung
der Sihltalbahn, bis die SZU endlich die lang­
ersehnte Verbindung in den Hauptbahnhof reali­sie­
ren konnte. 1990 wurde der Anschluss ans
SBB-Netz Tatsache.

                  Die ersten Jahre der SZU ab 1973 verliefen
                  trotz des Ausbaus des Zugsangebots harzig.
                  Das hatte seinen Grund im Ölschock 1973
                  und in der nachfolgenden Rezession, die der
                  Schweiz zu schaffen machte. 1973 lehnte die
                  Zürcher Bevölkerung den Bau einer U- und S-
                  Bahn ab. Andere Vorortsbahnen rund um Zü­
                  rich verzeichneten trotz der schwierigen Um­
                  stände Frequenzsteigerungen. Es wurde im­
                  mer deutlicher, wo das Problem für die SZU
                  lag: Noch immer endete die Bahnstrecke im
                  Bahnhof Selnau. Wer vom Sihltal aus per Bahn
                  nach Bern, Basel oder St. Gallen reisen wollte
                  oder seinen Arbeitsplatz im Kern von Zürich
                  erreichen wollte, der musste einen län­ge­ren
                  Fussmarsch in Kauf nehmen oder umständli­
                  che und zeitraubende Umwege hinnehmen.
                  Auch eine direkte Tramverbindung zwischen
                  Selnau und HB existierte damals nicht.

                  «Nur einen Fehler hat die SZU»                   «Pro Sihltal» das Fehlen des Bahnanschlus­      Bei der Abstimmung
                  Forderungen nach einer Verlängerung der Bahn­    ses in den HB als «grosses Handicap», das zur   zur Verlängerung der
                                                                                                                   SZU wurde auch
                  strecke vom Bahnhof Selnau in den Zürcher        «Schicksalsfrage für die SZU» geworden sei.
                                                                                                                   auf unkonventionelle
                  Hauptbahnhof waren schon Jahrzehnte zuvor
                                                                                                                   Art für ein Ja ge­
                  gestellt worden. Konkrete Pläne dazu waren       Auf dem Weg zur Realisierung der für die SZU    worben.
                  jedoch nie über ein Anfangsstadium hinausge­     wichtigen Verlängerung waren mehrere Schrit­
                  langt. 1982 schrieb Hans Tempelmann, SZU-        te notwendig. 1980 genehmigte der SZU-Ver­

1980
                  Direktor 1973 – 1990, in der Eisenbahn-Revue:    waltungsrat das Projekt «Sihl-Tief-Hauptbahn­
                  «Nur einen Fehler hat die SZU: Sie führt für     hof». Im November 1981 sagte die Zürcher
                  viele Leute nicht an den richtigen Ort!». Zehn   Bevölkerung klar Ja zur S-Bahn-Vorlage und
                  Jahre später, 1992, bezeichnete er im Heft von   zu einem Staatsvertrag von 523 Millionen
1983
14

                                                                  Bauarbeiten 1986 bei der Station
                                                                  Zürich Selnau für die Verlängerung
                                                                  der SZU in den Hauptbahnhof.

                                                                                                                                       Franken. Am 27. Februar 1983 hiess sie mit
                                                                                                                                       67,5 Prozent Ja auch einen 72,4-Millionen-
                                                                                                                                       Kredit gut für die Verbindung Selnau – Zürich
                                                                                                                                       HB. Am gleichen Tag stimmten zudem die
                                                                                                                                       Stadt Zürich, Adliswil und Langnau zusätz­
                                                                                                                                       lichen Beiträgen für den Ausbau des SZU-
                                                                                                                                       Streckennetzes zu.

                                                                                                                                       Bautechnisch galt es verschiedene Heraus­
                                                                                                                                       forderungen zu bewältigen. Oberirdisch hätte
                                                                                                                                       eine direkte Verbindung zwischen Selnau und
                                                                                                                                       HB durch dicht überbautes Stadtgebiet – un­
                                                                                                                                       ter anderem durch die Kasernenanlagen der
                                                                                                                                       Armee – führen müssen. Auch hätte sie drei
                                                                                                                                       Tramspuren kreuzen müssen. Eine oberirdi­
                                                                                                                                       sche Führung im Bereich der Sihl kam aus
                                                                                                                                       Gründen des Landschaftsschutzes nicht in
             Am 27. Februar                                                                                                            Frage. Einem ebenerdigen Anschluss standen
                                                                                                                                       auch Platzprobleme beim HB entgegen. Gegen
          1983 heissen die                                                                                  Tunnel zwischen
                                                                                                       HB und Zürich Selnau.
                                                                                                                                       eine Tunnelverbindung sprach ein zu jener Zeit
                                                                                                                                       noch vorgesehener Vollausbau der städtischen
              Stimmberech­                                                                                                             Nationalstrasse unter dem Flussbett der Sihl.
                                                                                                                                       Als dann 1978 entschieden wurde, die Strasse
          tigten im Kanton                                                                                                             unter der Sihl zu redimensionieren, machte
                                                                                                                                       dies den Platz frei für einen zweispurigen Bahn­
             Zürich den An-                                                                                                            tunnel. Für die Option Tunnel sprach auch, dass
                                                                                                                                       im HB planerisch ausreichend Raum für eine
           schluss der SZU
            ans S-Bahnnetz
             mit 67,5 % gut.                                                                                                 AM 4. MAI WURDE
                                                                                                                                 DER TUNNEL
                                                                                                                         FEIERLICH ERÖFFNET                     1990
     LÄNGENPROFIL TUNNELSTRECKE SELNAU – ZÜRICH HB                                                                                     U-Bahnstation ausgespart worden war, die
                                                                                                                                       Stimmbürger 1973 aber den Bau einer U-Bahn
                                                                                                                                       abgelehnt hatten. Nun stand für die neue End­
                       Stauffacherbrücke

                                                                                                     Schanzengraben,
                                                                                     Gessnerbrücke

                50 ‰                                                                                                                   station der SZU unter der Fussgängerpassage
                                                                     Militärbrücke

                                                                                                     Gessnerallee
                                                     Sihlbrücke

                                                                                                                                       des ShopVille ein idealer Platz zur Verfügung.

                                                                                                                                       Der Spatenstich für die Bauarbeiten erfolgte
                                                                                                                       ShopVille
                                                                                                                                       im März 1986. Am 4. Mai 1990 wurde das Bau­
                                     Zürich Selnau                                                                     Zürich HB
                                                                                                                                       werk feierlich eingeweiht. Tags darauf rollten
                                                                                                                                       erstmals Züge der SZU fahrplanmässig bis in
     km   1,5                                  1,0                                   0,5                                           0   den HB. ▪
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017    15

ALS S-BAHN ZU
NEUER DYNAMIK

                     AM 27. MAI BEGINNT
                DAS S-BAHNZEITALTER IM
                        KANTON ZÜRICH           1990
                          SZU – AUCH
                          AUF DER STRASSE
                           Seit 1995 ist die SZU marktverantwort­
                           liches Verkehrsunternehmen für das
                           Gebiet Zimmerberg, zu dem alle Gemein­
                           den des Bezirks Horgen ausser Kilch­
                           berg und Rüschlikon gehören. Als solches
                           ist sie für die Angebotsplanung (Fahr­
                           plangestaltung und -optimierung) sowie
                           für die betriebliche Beratung der mit
                           den Transportleistungen beauftragten
                           Unternehmen zuständig. Sie hat zudem
                           Einsitz in Verkehrskommissionen auf
                           Gemeindeebene. Sie nimmt auch Koordi­
                           nationsaufgaben mit angrenzenden
                           Gemeinden im Kanton Schwyz sowie bei

1990
                           den Linien 184 (VBZ Zürich) und 240
                           (PostAuto Zürich) wahr.
1995
16

                                                                                                      Mit der Integration in den Zürcher Verkehrsverbund wandelt sich
                                                                                                      die SZU 1990 mit einem Schlag von der eher beschaulichen
                                                                                                      Vororts- und Ausflugsbahn zu einer stark frequentierten Pendler­
                                                                                                      bahn. Die Passagierzahlen steigen in ungeahntem Ausmass.

                                                                                                      Nur wenige Tage nach der Eröffnung der SZU-                                                      Die S-Bahn verlieh dem öffentlichen Verkehr
                                                                                                      Verlängerung in den HB erfolgte am 27. Mai                                                       im Kanton Zürich einen enormen Schub. Auch
                                                                                                      1990 der Start der Zürcher S-Bahn und des                                                        bei der SZU explodierten die Passagierzahlen:
                                                                                                      Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV). Für die diver­                                                   Im Sihltal stiegen sie zwischen 1989 und 2015
                                                                                                      sen daran beteiligten Verkehrsbetriebe be­                                                       um mehr als 250 Prozent, auf der Uetliberg­
                                                                                                      deutete das, dass sie nicht mehr als einzelne                                                    strecke gar um fast das Fünffache.
                                                                                                      Unternehmen mit eigenem Tarif und einem
                                                                                                      klar abgegrenzten Gebiet funktionieren, son­                                                     Schon im Hinblick auf die Integration der SZU
                                                                                                      dern als Teil eines grossen Ganzen. Der ZVV                                                      in die Zürcher S-Bahn waren auf 1990 hin
                                                                                                      definiert seither die strategischen Ziele und                                                    zahlreiche Streckenabschnitte und Haltestel­
                                                                                                      Stossrichtungen, trägt die Finanzverantwor­                                                      len ausgebaut und erneuert worden. 1991
                                                                                                      tung und übernimmt das Marketing. Die Ver­                                                       folgte als weiterer wichtiger Schritt der Dop­
                                                                                                      kehrsunternehmen sind aber nach wie vor für                                                      pelspurausbau zwischen Saalsporthalle und
                                                                                                      die eigentlichen Verkehrsleistungen zuständig.                                                   Brunau, um ein Kreuzen der Züge zu ermög­
                                                                                                                                                                                                       lichen. Auf den gewaltigen Anstieg der Pas­sa­
     Werbeflyer für MüXXi's Märlitage.                                                                Passagierzahlen explodieren                                                                      gierzahlen reagierte die SZU auch mit Erneue­
     Illustration: SZU                                                                                Auch für die SZU begann damit eine neue                                                          rungen und Erweiterungen des Fahrzeugparks.
                                                                                                      Epoche: Mit der baulichen Verlängerung vom                                                       Ab 1992 setzte sie – zum Hundertjahr-Jubilä­
                                                                                                      Selnau in den HB war der direkte Anschluss                                                       um der Sihltalbahn – als erste Privatbahn der
                                                                                                      beider Linien ans S-Bahn- und ans SBB-Netz                                                       Schweiz Doppelstockwagen ein. Dieser Schritt
                                                                                                      vollzogen. Die Sihltalbahn wurde, 98 Jahre                                                       war aus Platzgründen notwendig, denn SZU-
                                                                                                      nach ihrer Eröffnung, zur S4 der Zürcher S-                                                      Zugskompositionen dürfen wegen der be­
                                                                                                      Bahn, die Uetliberglinie, 115 Jahre nach ihrem                                                   schränkten Perronlängen im HB und im Sel­
                                                                                                      Start, zur S10.                                                                                  nau maximal 125 m lang sein.

                                                                                                                                                                                                       Eine erfolgreiche Kampagne lancierte die SZU
     FAHRGASTZAHLEN SZU                                                                                                                                                                                1995 mit MüXXi. In einem speziell dekorierten
     1989 – 2015                                                                                                                                                                                       Märli-Zug fuhr MüXXi, das Waldeichhörnchen
     16 Millionen                                                                                                                                                                   S4          S10
                                                                                                                                                                                                       vom Uetliberg, im Sommer Kinder – und auch
                                                                                                                                                                                                       Erwachsene – vom HB auf den Zürcher Haus­
     14                                                                                                                                                                                                berg. Im Zug und oben unter freiem Himmel
                                                                                                                                                                                                       bekamen die Kinder Märchen zu hören. Der
     12                                                                                                                                                                                                Erfolg war mit über 6000 Teilnehmern derart
                                                                                                                                                                                                       gross, dass schon in der Vorweihnachtszeit in
     10                                                                                                                                                                                                einem geheizten Zelt beim Restaurant Uto­
                                                                                                                                                                                                       Kulm eine MüXXi-Winteraktion folgte. Und in
      8
                                                                                                                                                                                                       den folgenden Jahren fanden auf dem Uetli­
                                                                                                                                                                                                       berg immer wieder MüXXi’s Märlitage statt, ab
      6
                                                                                                                                                                                                       2003 dann im Sihlwald.
      4
                                                                                                                                                                                                       Am 22. Juni 2005 kam es zu einem schweiz­
      2                                                                                                                                                                                                weiten Bahnstromausfall. Die SBB und ande­
                                                                                                                                                                                                       re Bahnen verwandelten sich am Abend ab
      0                                                                                                                                                                                                17.35 Uhr in Geisterbahnen. Kein einziger Zug
                                                                                                                                                                                                       fuhr mehr, 200 000 Reisende sassen fest, aus­
                                                                                       2000

                                                                                                                   2004

                                                                                                                                                      2009
                                                                                                                                 2006

                                                                                                                                               2008
                                                                                                            2003

                                                                                                                          2005
                                                                                                     2002

                                                                                                                                        2007
                                                                                              2001

                                                                                                                                                             2010

                                                                                                                                                                                         2014
                 1990

                                                                                                                                                                                  2013

                                                                                                                                                                                                2015
                                             1994

                                                                                                                                                                           2012
                                                                                1999
                                                           1996
          1989

                                                                         1998
                                      1993

                                                    1995

                                                                                                                                                                    2011
                               1992

                                                                  1997
                        1991

                                                                                                                                                                                                       gelöst durch eine Überlastung an einer Über­
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017     17

tragungsleitung der SBB zwischen Amsteg und         wegen des Einkaufszentrums und nicht we­
Rotkreuz. Eine ganze Reihe von Fehlern, Fehl­       gen der Saalsporthalle ein- und aussteigen.
planungen und falschen Verhaltensmustern            Der Verzicht auf einen Namenswechsel hat
führten zum mehrstündigen Bahnausfall – wäh­        einen triftigen Grund: Die Bezeichnung von
rend vier Stunden war das gesamte Netz der          Bahnstationen mit kommerziellen Namen ist
Normalspurbahnen lahmgelegt. Davon betrof­          gemäss Bahnverordnung nicht zulässig. Die
fen war auch die SZU. Die Unterstützung unter       SZU kommt jedoch den Kundenbedürfnissen
den Verkehrsunternehmen aber funktionierte.
So fuhren Busse der VBZ für die vom Strom­
ausfall betroffene S4 der SZU, bis der Bahn­
betrieb wieder möglich war.

Sihlwald – Sihlbrugg eingestellt
Am 9. Dezember 2006 wurde mit dem Fahr­
planwechsel der durchgehende 20-Minuten-
Takt von Montag bis Sonntag eingeführt. In
                                                                             SIHLWALD – SIHLBRUGG WIRD
                                                                             EINGESTELLT UND NUR NOCH
                                                                                 SPORADISCH BEFAHREN                       2006
den Hauptverkehrszeiten verkehren die Züge
seither noch häufiger, im 10-Minuten-Takt.
Dieses Datum markiert auch das Ende der
fahrplanmässigen Personenzüge, die bis da­
hin zwischen Sihlwald und Sihlbrugg verkehr­
                                                                  ORKAN LOTHAR WÜTET
ten. In den vorangehenden Jahren hatte die
Strecke allerdings nur noch ein Randdasein                        Am 26. Dezember 1999 fegte der Orkan Lothar mit verheerenden Auswirkun­
gefristet. Während bis Sihlwald die Zahl der                      gen über die Schweiz. Er traf auch die SZU massiv. Betroffen von umgestürzten
beförderten Passagiere kontinuierlich ange­                       Bäumen war vor allem die Uetliberglinie. Gleich zweimal wurde sie zwischen
stiegen war und deshalb laufend zusätzliches                      Triemli und Uetliberg verwüstet. Die Räumung der Schienen ging zwar
Wagenmaterial eingesetzt werden musste,                           relativ rasch vonstatten, so dass immerhin schon bald einmal Dieselloks ver­
fuhren von Sihlwald nach Sihlbrugg zuletzt                        kehren konnten; die Reparatur der Fahrleitungen dagegen nahm über einen
gerade mal noch acht Züge pro Tag. Nun wur­                       Monat in Anspruch. Die Uetlibergstrecke war von allen Schweizer Bahnstrecken
de der Betrieb dieser 4,2 km langen Teilstrecke                   diejenige, welche am längsten gesperrt war – 33 Tage lang, bis am
gestrichen, um Fahrzeuge für die Fahrplan­                        28. Januar 2000.
verdichtung der S4 freizustellen. Die Strecke
blieb aber betriebsfähig erhalten; sie wird seit­
her sporadisch von Dampfzügen der Zürcher
Museumsbahn und Extrazügen befahren.

Im Hinblick auf die Eröffnung des Einkaufs-
und Unterhaltungszentrums Sihlcity 2007 wur­
de der Streckenabschnitt zwischen Giesshübel
und Saalsporthalle auf Doppelspur erweitert
und die Haltestelle Saalsporthalle völlig neu
gebaut. Deren Name blieb bis heute erhalten,
obwohl dort wesentlich mehr Bahnpassagiere

2007
                                        Die Aufräum- und Re-
                                       paraturarbeiten auf der
                                           Uetliberglinie nach
                                          Orkan Lothar zogen
                                                sich lange hin.
2008
18

                    Eine S4 überquert die Sihlbrücke
                 zwischen den Stationen Manegg und
                             Leimbach. Bild: Pino Ala

                                                                                      LUFTAUFNAHME DES
                                                                                     GIESSHÜBEL-AREALS
                                                                                MIT DER SZU-VERWALTUNG   2013

     insofern entgegen, als auf den Bildschirmen in
     den Zügen neben «Saalsporthalle» auch der
     Zusatz «Sihlcity» angezeigt wird.

     2006 nahm die SZU den behindertengerech­
     ten Umbau all ihrer Haltestellen in Angriff.
     Dieser Schritt erfolgte im Sinne des 2004 in
     Kraft getretenen Behindertengleichstellungs­
     gesetzes, wonach Benachteiligungen für Be­
     hinderte beim Zugang zu einem Fahrzeug des
     öffentlichen Verkehrs zu beseitigen sind.

     Im Dezember 2007 erfolgte die Aufnahme
     der Verbindung zwischen HB und Langnau ins
     ZVV-Nachtnetz. Als SN4 verkehren jeweils
     Freitag/Samstag, Samstag/Sonntag sowie in
     Festtagsnächten stündlich Bahnen nach Mit­
     ternacht für Nachtschwärmende.

     Alles unter einem Dach
     Ein für die Fahrgäste kaum spürbarer, aber
     dennoch wichtiger Entwicklungsschritt folg­
     te Ende 2008: Seither werden alle Strecken
     der SZU von der Leitstelle im Giesshübel
     ferngesteuert. Einen direkt wahrnehmbaren
     Nutzen können die SZU-Kunden hingegen da­
     raus ziehen, dass die SZU-Haltestellen 2010
     mit optischen Haltestellenanzeigen ausgerüs­
     tet wurden.

     2013 bezog die SZU die neue Bahnleitstelle im
     Giesshübel-Areal. 40 Jahre nach der Fusion
     der Sihltalbahn mit der Uetlibergbahn wurde
     damit erstmals die gesamte Verwaltung unter        Bild: Manfred Richter
     einem Dach vereint. ▪
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017        19

                                                            GEMEINSAM DIE
       Seit 1990 ist die SZU Teil des Zürcher
             Verkehrs­verbunds. Die S4 gehört
     zu den wachstums­stärksten Linien des

                                                            ZUKUNFT PLANEN
           Verbundgebiets – und wird es auch
                                     inskünftig sein.

                                                                                                  um dem ganzen Verbund zu Gute, denn sie
                                                                                                  leitet das strategische Geschäftsfeld für Frei­
                                                                                                  zeitverkehr im ZVV.

                                                                                                  Wachstum setzt sich fort
                                                                                                  Die beachtliche Entwicklung dieser anfangs
                                                                                                  kleinen Unternehmung zu einer leistungsfähi­
                                                                                                  gen Pendler- und Tourismusbahn belegt auch
                                                                                                  eine eindrückliche Zahl: Nach der Inbetrieb­
                                                                                                  nahme des Sihltunnels vervierfachten sich die
                                                                                                  Passagierzahlen innert 25 Jahren. Heute ist
                                                                                                  die Verbindung zwischen Zürich Selnau und
                                                                                                  dem Hauptbahnhof eine Selbstverständlich­
                                                                                                  keit, die grosse Auswirkungen auf die Sied­
                                                                                                  lungsentwicklung im dynamischen Marktge­
                                                                                                  biet der SZU hat. Gemessen am Wachstum
                                                            Die SZU ist Teil des flächen­
                                                                                                  gehört die S4 zu den erfolgreichsten Linien im
                                                            deckenden ZVV-Angebots im             Verbundgebiet – und daran wird sich so rasch
                                                            Kanton Zürich. Bild: ZVV              nichts ändern: Die Entwicklungsprognosen bis
                                                                                                  2030 sehen nochmals ein grosses Wachstum
                                                                                                  vor. Das stellt die SZU und den ZVV vor Her­
Text: Franz Kagerbauer,                         Region direkt mit dem wichtigsten öV-Knoten­      ausforderungen. Die Pläne, um ihnen zu be­
Direktor Zürcher Verkehrsverbund                punkt des Kantons vernetzt. Die SZU war nicht     gegnen, sind unter dem Arbeitstitel «Gesamt­
                                                zuletzt dank dieses Ausbaus von Anfang an         schau SZU» bereits vorhanden. Anders als
Mit der SZU dürfen wir als Zürcher Verkehrs­    ein wichtiger Teil des ZVV und das partner­       vor 27 Jahren wird es keinen einzelnen Befrei­
verbund ZVV seit gut 27 Jahren zusammenar­      schaftliche Verhältnis gestaltet sich bis heute   ungsschlag wie den Sihltunnel geben. Viel­
beiten. Was für uns gleichbedeutend mit der     kooperativ.                                       mehr braucht es gezielte Eingriffe in die In­
Dauer unseres Bestehens ist, steht bei der                                                        frastruktur an verschiedenen Stellen im Stre­
SZU nur gerade für ein gutes Fünftel ihrer      Exemplarisch für den ZVV                          ckennetz sowie die Beschaffung von neuem
125-jährigen Geschichte. Und doch ist diese     Die SZU ist auch ein kleiner ZVV punkto Viel­     Rollmaterial. Die Kapazitäten werden erhöht
jüngste Zeitperiode für die SZU eine ganz be­   falt und Vernetzung. Sie bietet in ihrem Markt­   und die Fahrpläne im städtischen Bereich ver­
sondere. Zeitgleich mit der Gründung des ZVV    gebiet sowohl Bahn- als auch Busleistungen        dichtet. Gleichzeitig wird dadurch auch der
katapultierte sie sich nämlich im Mai 1990,     an und betreibt überdies die einzige konzessi­    Betrieb zuverlässiger und stabiler. Damit rüs­
fast 100 Jahre nach ihrer Gründung, in eine     onierte Luftseilbahn im Kanton Zürich. Auch       tet sich die SZU für die Zukunft und behauptet
neue Ära: Die SZU wurde mit der Einweihung      die Zusammensetzung der Fahrgäste ist ex­         sich auch weiterhin als Rückgrat des öffentli­
des Sihltunnels an den Hauptbahnhof ange­       emplarisch für den ganzen Verbund: Während        chen Verkehrs in der Region.
schlossen. Ganz im Sinne des neu gegrün­        die Jubiläumslinie der Sihltalbahn hauptsäch­
deten Verbunds wurde dadurch eine ganze         lich Pendler transportiert, wird die Uetliberg­   Wir sind froh, dass wir diesen Weg gemeinsam
                                                bahn ab dem Triemli vor allem von Touristen       mit der SZU gehen können. Dank der partner­
                                                und Ausflüglern genutzt. Dasselbe gilt auch       schaftlichen Beziehung bin ich davon über­
                                                für den ganzen ZVV. Die Bewohner des Gross­       zeugt, dass wir diese Herausforderungen ge­

2015
                                                raums Zürich profitieren sowohl in den Haupt­     meinsam meistern werden. Ich gratuliere der
                                                verkehrszeiten als auch in ihrer Freizeit von     SZU im Namen des gesamten Zürcher Ver­
                                                einem attraktiven öffentlichen Verkehrsange­      kehrsverbunds zu ihrem stolzen Jubiläum und
                                                bot. Die Vielseitigkeit der SZU kommt wieder­     freue mich auf die gemeinsame Zukunft. ▪
2016
20

                                           WIDERSTAND
                                           GEGEN MODERNISIERUNG
                                           UND DOPPELSPUR
          Im Zuge der Modernisierung und der Straffung der Vertriebsstruk­                                      Text: Stefan Schneiter

                                   turen konzentrierte die SZU 2016 ihren Bahnreiseservice in
                                                                                                                Im Sommer 2015 gab die SZU bekannt, sie wer­
             Adliswil. Die Schliessung des Billettschalters Langnau-Gattikon                                    de auf den kommenden Sommer hin den be­
                                                                                                                dienten Ticketschalter im Bahnhof Langnau
                                                                             sorgte im Dorf für Empörung.
                                                                                                                schliessen. Dieser Schritt erfolge aus wirt­
                                                                                                                schaftlichen Gründen. Über drei Viertel aller
                                                                                                                Billette würden via Selbstbedienungsautoma­
                                                                                                                ten verkauft, viele weitere über Internet oder
                                                                                                                Callcenter, gab das Unternehmen bekannt. Be­
                                                                                                                diente Verkaufsstellen verlören dadurch im­
                                                                                                                mer mehr an Bedeutung. Zwei Bahnreisezent­
                                                                                                                ren in Adliswil und Langnau zu unterhalten,
                                                                                                                die nur sechs Minuten Fahrtzeiten voneinander
                                                                                                                entfernt seien, rentiere nicht. Da der Bahnhof
                                                                                                                Adliswil besser frequentiert ist, nahm die SZU
                                                                                                                dort die Einrichtung eines modernen ZVV-Con­
     Verkauf und Beratung in                                                                                    tact-Kundenberatungscenters in Angriff.
     modernem Ambiente:
     Das im November 2016                                                                                       Was folgte, war ein Sturm der Entrüstung in
     eröffnete ZVV-Contact-
                                                                                                                Langnau. Während Monaten erschienen in der
     Kundencenter in Adliswil.
                                                                                                                Lokalzeitung «Sihltaler» empörte Leserbriefe.
     Bild: Urs Benz
                                                                                                                Eine Schliessung sei «völlig inakzeptabel»,

     STRECKENPROFIL
              Höhe/km

                                         Zürich HB

                                                      Selnau
                                                     398/91,0
                                                                414/91,2

                                                                           Giesshübel
                                                                               418/1,1

                                                                                              Saal-
                                                                                         sporthalle
                                                                                            420/1,8

                                                                                                      Brunau
                                                                                                      422/2,7

                                                                                                                          Manegg
                                                                                                                           431/4,1

                                                                                                                                         Leimbach
                                                                                                                                           435/4,7

                                                                                                                                                              Sood-
                                                                                                                                                       Oberleimbach
                                                                                                                                                             443/6,4
                        396/90,0

                                          396/90,2

                                                       Kopfbahnhof
                                                       ehemaliger

                                                       und km 0

                          Brücken
                        Doppelspurausbau
                        Spurwechselausbau
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017         21

   hiess es etwa. Bahnbenützer, vor allem älte­                       Zürich und Winterthur ist das Kundencenter       die SZU benötigt für den geplanten Ausbau
   re, würden brutal vor den Kopf gestossen.                          das dritte seiner Art im Kanton Zürich. In mo­   zusätzliches Land. An einer Informationsver­
   Die Interparteiliche Konferenz Langnau (IPK)                       dernem Interieur werden Kunden nicht mehr        anstaltung setzte die SZU im Mai 2016 die
   sammelte 3000 Unterschriften gegen eine                            an einem schwarz-grauen Schalter durch           Anwohner über ihre Pläne ins Bild, noch ohne
   Schlies­sung des Schalters. Selbst die Ge­                         Glastrennscheiben hindurch bedient, sondern      genau sagen zu können, wie viel zusätzliches
   meinde Langnau intervenierte und prüfte die                        an einer offenen und geräumigen Verkaufs-        Land für die zweite Bahnlinie tatsächlich not­
   Option eines eigenen Bahnschalters. Sie ver­                       und Beratungstheke. Verkauft werden natio­       wendig sein wird.
   warf dieses Ansinnen allerdings schnell, an­                       nale und internationale öV-Tickets und Abon­
   gesichts der jährlich zu erwartenden Kosten                        nements, SBB RailAway-Kombi-Angebote usw.        Im November kam es zu einem weiteren Tref­
   von 600 000 Franken.                                               Hinzu kommen Geldwechsel sowie die Annah­        fen zwischen einer Anwohnerdelegation, Lang­
                                                                      me von Reisegepäck. Das Kundencenter trägt       nauer Gemeinderäten sowie SZU-Vertretern.
   Auf eine Anfrage im Kantonsrat hin verteidigte                     auch dem nach wie vor verbreiteten Bedürfnis     Die SZU legte dabei dar, sie habe ein Vorpro­
   auch der Regierungsrat die geplante Schlies­                       nach persönlicher Information Rechnung, in­      jekt in Auftrag gegeben, über das sie im Som­
   sung, ebenfalls mit Verweis auf die fehlende                       dem es eine umfassende Beratung zu allen         mer 2017 genauer informieren könne. Auch
   Wirtschaftlichkeit des Bahnschalters in Lang­                      Bahnfragen garantiert, und das an 365 Tagen      beteuerte sie gegenüber den Anwohnern, da­
   nau. Die IPK gab jedoch nicht auf. Anfang 2016                     im Jahr.                                         rauf zu achten, möglichst wenig Privatland in
   versuchte sie, Kantonsräte aus verschiedenen                                                                        Anspruch zu nehmen. Die Gegenseite präsen­
   Parteien zur gewinnen, um eine Motion im                           Aufregung wegen Doppelspur                       tierte demgegenüber einen eigenen Vorschlag:
   Kantonsrat gegen die Schliessung einzurei­                         Nicht nur die Schliessung des Bahnschalters,     Um Land im Gartendörfli zu verschonen, soll
   chen. Doch vergeblich. Ende Juli 2016 war das                      sondern auch ein geplanter Doppelspuraus­        für die zweite Gleisspur die Sihltalstrasse ver­
   Ende des SZU-Schalters in Langnau Tatsache.                        bau sorgte 2016 in Langnau für Aufregung.        schmälert werden. Das Trottoir sowie der Rad­
                                                                      Die SZU plant den Ausbau des Streckenab­         streifen könnten in diesem Abschnitt aufgeho­
   Im November erfolgte die Eröffnung des ZVV-                        schnitts zwischen dem Gartendörfli und der       ben werden. Ein aus Sicht der SZU prüfens­
   Contact-Kundencenters im Bahnhof Adliswil,                         Tennishalle, unmittelbar bei der Station Wild­   werter Vorschlag, der nun in Gesprächen mit
   das nach viermonatiger Umbauzeit das ehe­                          park-Höfli, auf Doppelspur. Das wiederum be­     dem Kanton als Eigentümer der Sihltalstrasse
   malige SZU-Bahnreisezentrum ersetzte. Nach                         unruhigt die Anwohner im Gartendörfli, denn      weiterverfolgt wird. ▪

   Streckenabschnitt beim Gartendörfli. Bild: Zürichsee Zeitung

                                                                                               KEINE EXPANSION INS LIMMATTAL
                                                                                               2015 reichte die SZU eine Offerte zum Betrieb der Limmattalbahn
                                                                                               ein. Diese soll ab 2022 zwischen Altstetten und Killwangen
                                                                                               ihren Betrieb aufnehmen. Im Frühling 2016 entschieden sich aber
                                                                                               die Kantone Aargau und Zürich sowie das Bundesamt für
                                                                                               Ver­kehr für eine andere Bewerberin: Den Zuschlag erhielt die
                                                                                               BDWM Transport AG (Verkehrsbetrieb Bremgarten-Dietikon-
                                                                                               Wohlen-Meisterschwanden), ein Unternehmen, das hauptsächlich
                                                                                               im Aargau tätig ist. Neben der SZU hatten sich auch die VBZ
                                                                                               beworben.
Adliswil
 452/7,3

                     Sihlau
                    456/8,3

                                  Wildpark-Höfli
                                        458/9,5

                                                   Langnau-Gattikon
                                                           468/10,7

                                                                                             Sihlwald
                                                                                             488/13,2

                                                                                                                                                       Sihlbrugg
                                                                                                                                                         514/17,3
22

     STIMMEN VON INNEN
     Aufgezeichnet: Stefan Schneiter // Bilder: Maria von Gunten

     PETER WIEDEMANN                                        MARION MONNET                                     RENATO ARPAGAUS
     LOKOMOTIVFÜHRER (45)                                   FAHRDIENSTLEITERIN (35)                           GRUPPENLEITER FAHRLEITUNG (46)

     «Ich bin gelernter Landschaftsgärtner, wech­           «Meine Aufgabe als Fahrdienstleiterin besteht     «In einem Dreierteam, zusammen mit einem
     selte aber 2001 zu der SZU, als Lokomotiv­             in der Überwachung des Zugverkehrs. Ich habe      Transportchauffeur und einem Monteur, bin ich
     führer gesucht wurden. Ich suchte eine neue            auf einen reibungslosen Ablauf zu achten, da­     dafür zuständig, dass die Fahrleitung auf dem
     Herausforderung. Bei diesem Job bin ich in             rauf, dass immer alles rund läuft. Gibt es Pro­   gesamten SZU-Streckennetz intakt bleibt. Zu­
     meiner Führerkabine für mich allein und mein           bleme, einen Störungsfall etwa, habe ich so zu    vor war ich bei der SBB, nun bin ich zum Grup­
     eigener Chef. Mir gefällt der gute Zusammen­           disponieren, dass die Bahnkunden trotzdem         penleiter aufgestiegen, das ist eine neue Her­
     halt unter Kollegen, da kann man auch mal              möglichst schnell von A nach B kommen.            ausforderung für mich. Mir gefällt mein Job,
     einen Dienst abtauschen, wenn in der eigenen                                                             ich arbeite viel lieber für ein kleines statt für
     Familie mal was dazwischenkommt.                       Zwar ist der Fahrplan weitgehend immer dersel­    ein grosses Unternehmen. Die Arbeit ist nicht
                                                            be und das SZU-Streckennetz mit nur zwei Stre­
     Herausfordernd ist es als Lokführer, die Fahr­         cken ein kurzes. Doch stellt die Arbeit insbe­
     zeuge bei herbstlichem oder schlechtem Wet­            sondere während den Zeiten des 10-Minuten-        «Nicht alles weit
     ter zu bedienen. Da können auf der Uetliberg­          Takts eine grosse Herausforderung dar. Klemmt
     strecke, die ja die steilste Normalspuradhä­           zum Beispiel bei einem Zug irgendeine Türe        vorausgeplant»
                                                            nur für zwei Minuten, so kann das Auswirkun­
                                                            gen auf den gesamten Fahrplan haben. Eine         auf Monate hinaus vorausgeplant, man kann
     «Im Sihltal ist                                        stete Herausforderung ist auch, zu jeder Zeit     die Einsätze auch kurzfristig umdisponieren.
                                                            einen optimalen Fahrzeugeinsatz sicherzustel­     Die SZU ist wie ein Familienbetrieb aufgebaut,
     mehr los»                                              len. Hier ist ein gutes Zusammenspiel zwischen    jeder hilft jedem, wenn es nötig ist. Fällt je­
                                                            Leitstelle und den Mitarbeitern in der Werk­      mand aus, kann man schnell einen Ersatzmann
     sionsbahn von Europa ist, schon mal die Räder          statt wichtig, damit immer genügend Fahrzeu­      organisieren.
     durchdrehen und beim Anhalten kann es rut­             ge einsatzbereit sind. Diese Zusammenarbeit
     schig werden. In diesem Fall haben wir eine                                                              Nicht so toll ist, dass wir für unsere Unterhalts­
     Magnetschienenbremse zum Runterlassen, die
                                                            «Zehn-Minuten-
                                                                                                              arbeiten an den Stromleitungen immer mal
     sich an den Schienen festsaugt. Vorwärts kom­                                                            wieder kurze Sperrzeiten haben. Da reicht es
     men wir zwar immer noch, aber der Fahrplan
                                                            Takt ist sehr
                                                                                                              nicht immer, die notwendigen Arbeiten in weni­
     ist dann nicht mehr einzuhalten. Überhaupt fah­                                                          gen Stunden zu erledigen. Schade finde ich,
     re ich lieber im Sihltal als auf den Uetliberg.
                                                            anspruchsvoll»
                                                                                                              dass in einigen Jahren die Seitenfahrleitung bei
     Die Sihltalstrecke ist länger und anspruchs­                                                             der Uetlibergbahn herausgenommen werden
     voller zu fahren, es ist zum Beispiel auch                                                               soll. Die SZU ist ja das einzige Bahnunterneh­
     schwieriger, den richtigen Halteort genau zu           klappt sehr gut, wie mit allen andern Abteilun­   men der Schweiz, das sowohl über eine Wech­
     erwischen.                                             gen. Das ist überhaupt das Besondere an der       selstromleitung verfügt, die bei der S4 über
                                                            SZU: Die gute Atmosphäre unter allen Mitar­       der Mitte der Gleise angebracht ist, als auch
     Was mich immer wieder ärgert, ist, wenn Leute,         beitenden. Es geht richtig familiär zu und her.   über eine Seitenstromleitung, die bei der S10
     die auf dem Perron warten, auf die Uhr zeigen,         So etwas habe ich noch nirgendwo sonst erlebt,    neben den Gleisen montiert ist. Um diese Sei­
     wenn man zu spät mit dem Zug einfährt.»                und ich habe schon in mehreren Bahnunter­         tenfahrleitung zu ersetzen, werden noch viele
                                                            nehmen gearbeitet.»                               technische Hindernisse zu überwinden sein.»
PRO SIHLTAL JAHRHEFT 2017   23

      DAMPFENDE NOSTALGIE

                                                                                     Bahnfahren wie                 Die Sihltalbahn gabs am 20-Jahr-Jubiläum
                                                                                     anno dazumal.                  der ZMB auch im Kleinformat fahrend zu
                                                                                                                    erleben. Bilder: Urs Benz

               Die Zürcher Museums-Bahn (ZMB) hält die Erinnerung an                                                die Dampfloks bei diesen Fahrten histo­rische
                                                                                                                    Wagen der frühen Sihltalbahn, deren Geburts-
                                    die gute alte Zeit aufrecht. Im Sommerhalbjahr
                                                                                                                    respektive Baujahr ebenfalls ins 19. Jahrhun­
                              dampfen regelmässig historische Züge durchs Sihltal.                                  dert zurückgehen.

                                                           «Schnaaggi-Schaaggi» und «Hansli» heissen                Gepflegt wird die Bahn von der Zürcher Muse­
                                                           die beiden Dampflokomotiven, die mit Bau­                ums-Bahn (ZMB), einem gemeinnützigen Ver­
                                                           jahr 1899 und 1893 noch die Gründungszeiten              ein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, wert­
                                                           der Sihltalbahn miterlebt haben. Und noch                volle alte Schienenfahrzeuge in betriebsfähi­
                                                           immer – oder wieder – fahren sie regelmässig             gem Zustand zu erhalten und für breite Kreise
                                                           durchs Sihltal. Die weissen Dampfwolken, die             der Bevölkerung zugänglich und erlebbar zu
                                                           sie aufsteigen lassen, und das laute Pfeifen,            machen. Der Verein setzt sich seit 1996 für die
                                                           das dann jeweils im ganzen Sihltal ertönt, las­          Erhaltung des historischen Rollmaterials der
                                                           sen nicht nur das Herz von Bahnfreunden hö­              Sihltalbahn ein. Im Mai 2016 konnte er mit ei­
                                                           her schlagen. Jeweils von April bis Oktober,             nem grossen Fest sein 20-Jahr-Jubiläum fei­
                                                           am letzten Sonntag des Monats, finden die                ern. Die historischen Züge sind in einer Remise
                                                           öffentlichen Fahrten statt, die allen Interes­           beim Bahnhof Sihlwald untergebracht. In auf­
                                                           sierten offenstehen (Reservationen nur fürs              wendiger Fronarbeit sorgen die Mit­glieder des
                                                           «Spiiswägeli» notwendig). Im Schlepptau haben            ZMB dafür, dass diese fahrtüchtig bleiben. ▪

      DIE ENTWICKLUNG DES SCHRIFTZUGS DER SZU
                                            um 1940/1950
                ab ca. 1924

                                                                       ab ca. 1957

                                                                                                      ab ca. 1975

                                                                                                                               ab ca. 1991
um 1900
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                                                        In den letzten 125 Jahren entwickelten sich das Sihltal und
                                                        der Südwesten der Stadt Zürich – geprägt durch die
                                                        SZU – zu einem wichtigen Wohn- und Arbeitsplatzstandort.

          DIE SZU ALS IMPULSGEBERIN
         FÜR DIE STADTENTWICKLUNG

                                                                                             Greencity ist das erste zertifizierte 2000-Watt-Areal
                                                                                             der Schweiz. Bild: Losinger Marazzi AG

     Text: Wilhelm Natrup, Kantonsplaner Zürich

     Bei der Betrachtung der Siegfriedkarte aus         Uetlibergbahn (zusätzliche Haltestellen) bis      1960). In dieser Zeit entstanden mitunter auch
     dem Jahr 1880 fällt auf, dass der Südwesten        in die Mitte des 20. Jahrhunderts änderte sich    die meisten Wohnbauten am Friesenberg, wel­
     der Stadt Zürich hauptsächlich durch Fabri­        die Ausgangslage für diese Dörfer und Stadt­      che das Quartierbild aufgrund ihrer kleinteili­
     kareale (Lehmgruben und Ziegeleien, Braue­         gebiete aber grundlegend. Einerseits konnten      gen Struktur und der Durchgrünung bis heute
     reien) geprägt war. Ebenso ist ersichtlich, dass   die Produkte der Fabriken per Bahn schnell für    stark prägen und in der Wohnbevölkerung gros­
     entlang der Sihl verschiedene Fabriken be­         den Markt abtransportiert werden, was dazu        se Beliebtheit erfahren.
     standen, welche von der Wasserkraft profi­         beigetragen hat, dass sich die Fabriken (u. a.
     tierten (u. a. Seidenwebereien). Beinahe der       die Zürcher Ziegeleien AG) vergrös­sern und       Neue Entwicklungsperspektiven
     ganze Hang zwischen Wiedikon und dem Uet­          flächenmässig weiterentwickeln konnten. An­       Nach dem Produktionsende in den Lehmgru­
     libergwald war damals frei von Bebauungen          dererseits trug die neue Bahnerschlies­sung zu    ben und Ziegeleien sowie strukturellen Verän­
     und auch Adliswil und Langnau a.A. besassen        einer ersten Bautätigkeit für Wohnungsbau         derungen anderer Industriebetriebe (u. a. Sihl­
     damals lediglich Dorfcharakter. Mit dem Bau        und der damit verbundenen rasanten Bevölke­       papier) entstanden insbesondere für die von
     und der Eröffnung der Sihltalbahn 1892 sowie       rungsentwicklung bei (z. B. Verzehnfachung der    der SZU erschlossenen Gebiete innerhalb der
     der Weiterentwicklung der 1875 eröffneten          Wohnbevölkerung von Adliswil von 1836 bis         Stadt Zürich bzw. um den Bahnhof Giesshübel
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