# 138 - P Stadtkultur Darmstadt
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ANZEIGE TANZFESTIVAL WWW. DE RHEINMAIN. Bild: Hessisches Staatsballett | De-Da Productions Die Tanzplattform Rhein-Main, ein Projekt von Künstlerhaus Mousonturm und Hessischem Staatsballett, wird ermöglicht durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain und ist gefördert vom Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Stiftungsallianz [Aventis Foundation, BHF BANK Stiftung, Crespo Foundation, Dotter-Stiftung, Dr. Marschner Stiftung, Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main]
Hallo Darmstadt. Foto („Neues Nordbad“): Nouki Ehlers, nouki.co Inhalt P STADTKULTURMAGAZIN | AUSGABE 138 | NOVEMBER 2021 Thema Seite Thema Seite Editorial, Inhalt 03 Veranstaltungskalender 51 – 65 Favoriten des Monats 04 – 12 Out of Darmstadt 68 + 69 Suche und finde, Folge 23 14 Kunst & Performance Rhein-Main 70 + 71 Das künstlerische Vermächtnis des „Gunsch“ 16 – 19 Darmstädter Wortakrobat:innen, Folge 10: Studieren in Coronazeiten 20 – 22 Ella Theiss 72 + 73 Wissenschaft in Darmstadt, Folge 7: Reden wir über Integration in Darmstadt, Auf Virensuche im Abwasser 24 – 26 Folge 2: Hayat Abubakar aus Eritrea 74 + 75 Das gute Leben, Folge 20: Heinerblocks 28 – 30 Stay The Love Home, Folge 8: Tiny House 76 – 80 Darmstadt backt! 32 – 35 Kommen und Gehen 82 – 87 Fiesas Welt, Folge 6: Digitalstadt Darmstadt 36 + 37 Stilsicher, Folge 73: artinsviertel 88 + 89 Aufgeschnappt: Stadtkultur-Neuigkeiten 38 – 40 Randsport im Rampenlicht, Folge 13: Capoeira 90 – 92 Objektiv: Open Air am Steinbrücker Teich 2002 41 Unter Pappeln, Folge 91 94 + 95 Film-Tipps im November 42 + 43 Wrede und Antwort 96 Das literarische Darmstadt 44 + 45 Darmstädter Typ: Bettina Will 97 Theater-Tipps 46 + 47 Rischdisch (un)wischdisch 98 Darmstädter Kunst-Highlights 48 + 49 Impressum 98 P | 03
Favoriten des Monats Heiner, check your privilege! SOLIDARISCHES MITEINANDER Um wohnungslose Menschen zu unterstützen, bietet Darmstadt Übernachtungs- möglichkeiten (wie die Diakonie im Zweifalltorweg 14) und Tagesangebote (wie die Teestube „Konkret“ in der Alicenstraße 29) an. Wichtig ist aber auch, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen und im Zweifelsfall selbst aktiv zu wer- Abbildung: Teestube Konkret den. Tagsüber ist das Amt für Soziales und Prävention unter (06151) 133277 er- reichbar, das Diakonische Werk unter (06151) 926250 auch außerhalb der Dienst- zeiten, in Notfällen ebenso Polizei unter 110 oder Rettungsdienste unter 112. (as) Obdachlosenhilfe Darmstadt | Gemeinsam durch den Winter | jeden Tag | Solidarität hilft! Clemens J. Setz (Wien) GEORG-BÜCHNER-PREIS Der Georg-Büchner-Preis feiert Jubiläum! Seit 70 Jahren wird der bedeutendste Literaturpreis im deutschsprachigen Raum von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung an herausragende Schriftsteller:innen vergeben. Preisträger des mit 50.000 Euro dotierten Preises ist dieses Jahr der Öster- reicher Clemens J. Setz, der Euch an diesem Abend sein Werk vorstellt. Einen Abbildung: Max Zerrahn Tag später (am 06.11. um 16 Uhr) ist die Preisverleihung im Staatstheater Darmstadt. (ali) Orangerie | Fr, 05.11. | 20 Uhr | Eintritt frei (3G), Anmeldung erforderlich unter: anmeldung@deutscheakademie.de Das Blühende Leben (Mannheim) ROCK-KONZERT Dem hoffnungsfrohen Bandnamen jagt das Trio direkt noch ein „Halleluja“ als erste Single hinterher. Die neue, junge Band aus der Quadrate-Stadt macht Abbildung: Simon & Alina von der Gathen Rock-Musik und präzisiert ihren Sound selbst als „ein Potpourri aus NDW und Punk“. Trifft's tatsächlich ganz gut. Was die drei zusammenzimmern, pendelt ir- gendwo zwischen Radiotauglichkeit und Radau. Nicht nur die Gitarre ist verzerrt, auch der Gesang pfeift schroff verfremdet durch die hitzigen Songs, während das Schlagzeug heftig peitscht und dennoch Raum für Melodien lässt. (mn) Klingt wie: Heisskalt, Milliarden, Madsen Goldene Krone (Kneipe) | Fr, 05.11. | 22 Uhr | Eintritt frei (2G) Tribute Night für Hans Hohe FEIERN & GEDENKEN Hans Hohe, heimlicher Chef des legendären Musikhauses Crusius, war ein Darmstädter Unikat – bis zu seinem Tod am 19.09.2021. Auch als Gitarrist und Sänger in Darmstädter Rock- und Beat-Bands (Rovers, Devils, Nickelbacks) schätzten und mochten ihn Generationen von Musiker:innen. Seine Darm- städter Freund:innen verabschieden ihn an diesem Abend gebührend in der Abbildung: Renate Penn Krone: Im Saal spielen Bandkollegen von Hans Kurz-Gigs, Hauptband sind die zeitlos guten The Cox, im Odenwaldzimmer werden Bilder aus Hans' Vita an die Wand projiziert, in der Rockybar wird zu Oldies und Beat getanzt. Diese Party hätte Hans gefallen! (ct) Goldene Krone (kompletter 1. Stock) | Sa, 06.11. | 20 Uhr | 5 € (2G) P | 04
Favoriten des Monats Esben And The Witch (Brighton/Berlin) POST-ROCK Die nach einem dänischen Märchen benannten Esben And The Witch suchen seit über zehn Jahren nach der perfekten Mischung aus uniquer Theatralik, melancholischen Songs und verhalltem Gitarrensound. Nach ausufernden, Abbildung: Esben And The Witch beinahe doomigen Eskapaden besinnt sich die Band auf ihrer letzten Platte auf den reduzierten Post-Punk-Sound ihrer Anfänge: mitreißend, rau und ungeschliffen. Komplettiert wird der düster-schimmernde Abend durch den monumentalen Post-Rock von Kokomo aus Duisburg. (fr) Klingt wie: Chelsea Wolfe, Swans, Emma Ruth Rundle Oettinger Villa | Sa, 06.11. | 20 Uhr | 14 € (2G) Tanzsalon DISKOTHEK Raus mit den Möbeln! Zuletzt war die Griesheimer Kulturinstitution noch pandemiegerecht als „Sitzsaal“ bestuhlt, jetzt wurde im historischen Gründer- zeit-Bau die Tanzfläche wieder freigeräumt. „Tanzvergnügen für alle Genera- tionen“ verspricht der traditionsreiche Termin am ersten Samstag des Monats mit wechselnden DJs (im November: Daniel und Heiko von der Two Men Show, im Dezember: Kemal) sowie „Rock & Pop, Charts, Latin, RnB, Reggae, Black Abbildung: Linie Neun und Disco“. (mn) Linie Neun (Griesheim) | Sa, 06.11. | 21.30 Uhr | 7 € (2G) Phonk D (DA) + Tilman Pleasant Systems (MZ) ELEKTROLADEN Put on your dancing shoes! Es geht zurück auf den Dancefloor, der im 806qm wahrscheinlich noch glänzt und schimmert – nur etwas mehr als ein Jahr nach der Eröffnung des neuen Clubs grätschte die Pandemie rein. Für ein Abbildung: Nouki Ehlers, nouki.co absolutes Groove-Feuerwerk sorgt Phonk D. Ob mit seinen Labels Footjob und Dedicate oder an den Decks: Der nimmermüde Tausendsassa führt wie kein anderer das Beste aus Nu-Disco, House und Funk zusammen. (mn) 806qm | Sa, 06.11. | 23 Uhr | 6 € (2G) Len Faki (Berlin) + Javier Bähr (FFM) + Felix Lücke (DA) HOUSE / TECHNO Len Faki ist bekannt als Peaktime-DJ und damit ein Garant für euphorisches, kompromissloses Raven, für beseelte Glücksmomente und für energetische Abbildung: Alex Trebus, Liaison Artists Entladungen auf der Tanzfläche. Er spielt an diesem Abend eines seiner raren House-Sets, in denen Widersprüche gefeiert und Grenzen aufgehoben werden. Ein Clubabend, wie man ihn so wohl nur noch im Berghain erleben kann – dort ist Len Faki seit der Eröffnung im Jahr 2004 nämlich Resident. (fr) Klingt wie: Ben Klock, Chris Liebing, Monika Kruse Galerie Kurzweil | Sa, 06.11. | 23 Uhr | 15 € (2G) P | 05
Favoriten des Monats „GO#Zeitgenössischer Zirkus“ JONGLAGE + PARTNERAKROBATIK Das Finale dieser zeitgenössischen Zirkus-Reihe kommt mit zwei spannenden Acts daher. Fabian Flender verzückt mit tollpatschiger Jonglage und seinem stummen Humor das Publikum. Die preisgekrönten Chris und Iris zeigen ein ganz besonderes Akrobatik-Stück, das durch den auffallenden Größen- und Gewichtsunterschied der beiden (42 Zentimeter und 42 Kilogramm) kuriose Abbildung: Daniel Korn Anblicke inszeniert und zugleich mit Harmonie und Gefühl füreinander besticht. (sms) Bessunger Knabenschule (Halle) | Do, 11.11., 19 Uhr + Fr, 12.11., 16 und 20.30 Uhr je 18 € (3G) „Eisprung“ im Sumpf COVERFREIE AKUSTIKJAMSESSIONS Auch wenn die Idee von Jamsessions das spontane Musizieren ist – häufig müssen doch immer die selben Cover als Basis herhalten. Nicht so im Abbildung: Priscilla du Preez on unsplash „Sumpf“: In der rauchigen Kult-Musikkneipe an der Kasinostraße kann ohne Songbook oder Standards „freie akustische Musik spontan entstehen“. Auch Anfänger:innen sind herzlich willkommen – Zitat der Veranstaltenden: „Perfektionistische Musikkritiker oder selbsternannte Musikerpolizei wer- den inhaliert oder gebeten, Sessions mit Gleichgesinnten aufzusuchen.“ Das ist doch mal ein Wort. (lm) Sumpf | Do, 11.11. + 25.11. | 20 Uhr | Eintritt frei (2G) 16. Darmstädter Wochen des polnischen Films KINO OHNE GRENZEN Das Deutsche Polen-Institut ermöglicht auch 2021 feine cineastische Einblicke in unser Nachbarland. Geboten werden vier sehr unterschiedliche Filme. Den Auftakt macht „Der Gerichtsvollzieher“ von Andrzej Chyra, der auf der Berlinale ausgezeichnet wurde und den polnischen Filmpreis erhielt. Besonders emp- fehlenswert ist die Doku „Oberschlesien: Hier, wo wir uns begegnen“, die sich Abbildung: Akson Studio mit den politisch-ethnischen Veränderungen in der Region nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Regisseur Michael Majerski wird am 18.11. für ein Film- gespräch anwesend sein. (kzd) Programmkino Rex | Do, 11.11. + 18.11. + 25.11. + 02.12. | 20.15 Uhr | je 7 € (3G) Amnesty-Straßenaktion #KLIMASCHUTZ Aktiv werden, wenn es nicht läuft – so handhabt es die Darmstädter Amnesty- Abbildung: Amnesty International Darmstadt International-Gruppe und geht auf die Straße. In einer „Silent Line“, bei der die Teilnehmenden still in einer Reihe stehen und Infotafeln in die Höhe halten, will die Gruppe in der Innenstadt auf Missstände aufmerksam machen: Im Fokus stehen die Zerstörung der Umwelt und die damit oft einhergehende Verletzung von Menschenrechten. Anlass für die Aktion ist der anstehende Glasgower Klimagipfel, bei dem es um die Zukunft unserer Erde geht. (gartl) Darmstädter Fußgängerzone | Sa, 13.11. | 11 bis 14 Uhr | Teilnahme kostenfrei P | 06
ANZEIGE Favoriten des Monats w w w . 8 0 6 q m . d e ————––––––––––––––––––––———— Alexander straße 02 ————––––––––––––––––––––———— Darmstadt
Favoriten des Monats The Bad Sugar Rush (Darmstadt) ROCK First time ever live! Die neue Darmstädter Supergroup The Bad Sugar Rush gibt ihr erstes Konzert. Für das groovige Rock-Ensemble holte Bandgründer und Gitarrist Josko Joketovic bekannte Gesichter der Darmstädter Musikszene ins Boot: Minyeong Fischer (What The Funk) am Bass, Peter Zettl (Besidos) an den Drums und René Hofmann (Wight) am Gesang. Der soulige Rock- Abbildung: Thomas Kurek Sound, den diese Kombo kreiert, geht durch Mark und Bein und regt zum Kopfnicken an. (sg) Klingt wie: Grand Funk Railroad, ZZ Top, Funkadelic Oetinger Villa | Sa, 13.11. | 21 Uhr | 12 € (2G) V.Raeter (Berlin) KLUB Man kennt V.Raeter als die eine Hälfte von Ecke Prenz, den DJ von Fatoni, von Produktionen mit Morlockk Dilemma oder Damion Davis, als Becher-Illustra- tor und Podcast-Papa. Da der Hans Dampf in allen Gassen immer noch über- schüssige kreative Energie hat, steht seine zweite LP „Sunday On A Monday“ auf Kabul Fire bereits in den Startlöchern, um die Köpfe der Nation erneut in wohliges Nicken zu versetzen. Absoluter Pflichttermin für alle anspruchs Abbildung: Oli Kristen vollen Beat-Connaisseur:innen und HipHop-Liebhaber:innen. (fr) Klingt wie: Suff Daddy, Dexter, J Dilla 806qm | Sa, 13.11. | 23 Uhr | 6 € (2G) „Wir sind alle deutsche Juden“ CINEASTISCHE IDENTITÄTSSUCHE Wer kennt ihn nicht: Daniel Cohn-Bendit. Anführer der Mai-Revolte in Paris, wesentlicher Teil der Frankfurter Sponti-Bewegung, Gründungsmitglied der Grünen, Frankfurter Dezernent und Europapolitiker. Nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik ist es ruhiger geworden um ihn. Im Alter stellt er sich Abbildung: Siècle Productions jetzt die Frage nach seiner jüdischen Identität. Dafür hat er zusammen mit seinem Ziehsohn Niko Apel einen begegnungsreichen Dokumentarfilm gedreht und sich auf eine Reise nach Frankreich und Israel begeben. Cohn-Bendit wird am Abend für eine Diskussion anwesend sein. (kzd) Programmkino Rex | Di, 16.11. | 19 Uhr | 5 € (3G) Die Farce Die (Frankfurt) NDW-PUNK Hervorgegangen sind Die Farce Die aus dem Agitprop-Duo Amigos Del Auto- bus, das sich ebenfalls in Frankfurt am Main formiert hatte. Programmatisch bleibt auch das brandneue Projekt politisch: Mit NDW-Ästhetik und spekta Abbildung: Nouki Ehlers, nouki.co kulärem Einsatz von Synthesizern wird ideologiekritischer Protest an den Verhältnissen geübt. Melodisch, poppig und mit 80s-Spirit. Richtiger Kracher! Präsentiert vom wuseligen „Raccoons“-Kollektiv, das jeden zweiten Mittwoch auch bei Radio Darmstadt auf Sendung geht. (mn) Klingt wie: Hans-A-Plast, Der Moderne Mann, The Robocop Kraus Oetinger Villa | Fr, 19.11. | 20 Uhr | 5 € (2G) P | 08
Favoriten des Monats „Auroras Depri-Mission Impossible“ GELÄCHTER IM GEWÖLBE Depristimmung im Herbst? Muss nicht sein. Bei einem Abend mit Aurora DeMeehl, viel Musik, unterhaltsamen Ständchen und Plaudereien lassen sich trübe Gedanken einfach vergessen. Passend zum jeweiligen Motto präsentiert Darmstadts beliebte Show-Ikone unterstützt von Ehemann Herrn Schmidt fröhlich umgedichtete Lieder, ein Quiz, bei dem die grauen Zellen gefordert Abbildung: Aurora DeMeehl sind, und eine Hausaufgabe der musikalischen Art. Speisen und Getränke gibt's vom Jagdhofkeller-Team. Das kann nur gut werden! (gartl) Jagdhofkeller | Fr, 19.11. | 20.30 Uhr | 25 € (2G) 10 Jahre Vielbunt e. V. GEBURTSTAGSFEIER Vielbunt hat Nachholbedarf! Nachdem die Feier zum 10-jährigen Jubiläum im letzen Jahr coronabedingt ausfallen musste, gibt es diesen Monat eine bunte Geburtstagsfeier. Neben einem Einblick in die Arbeit des Queeren Zentrums lädt das Fest mit vielseitigem Angebot zu Austausch und Geselligkeit ein. Wie für einen guten Geburtstag üblich, geht ein mittägliches Get-together (nur für Abbildung: vielbunt e. V. geladene Gäste) in eine abendliche Party (für alle!) über – mit DJs, Drinks & Dance! (as) Queeres Zentrum Darmstadt/Oetinger Villa | Sa, 20.11. | ab 21 Uhr | Eintritt frei (2G) Darmstadt spielt 2021 SPIELEFEST Es geht doch nichts über eine spannende Brettspielrunde mit der Familie oder Freunden. Die beste Gelegenheit dafür bietet sich Ende November im Abbildung: Robert Coelho on Unsplash Darmstadtium. Nachdem „Darmstadt spielt“ 2020 eine Runde aussetzen musste, geht Hessens größtes Spielefest dank 3G-Regel nun endlich wieder an den Start. Damit beim Vier-Stunden-Zeitfenster keine Langeweile auf- kommt, kann man außerdem sein Glück bei der Tombola versuchen oder bei den vielzähligen Verkaufsständen vorbeibummeln. (lmj) Darmstadtium | Sa, 20.11. + So, 21.11. | Sa: ab 11.30 Uhr und ab 16 Uhr + So: ab 11 Uhr und ab 15.30 Uhr | Vierertisch: 24 € bis Sechsertisch: 36 € (3G), online Tisch buchen: darmstadt-spielt.de Gwen Dolyn & Toyboys (DA) + Shitney Beers (MA) GRUNGE-POP Im Sommer spielte Gwen Dolyn erstmals Konzerte mit ihrer Band im Rücken – mittlerweile sind die Musikerin und ihre Toyboys zu einer ziemlich packenden Live-Truppe gewachsen. Ihren Pop-Songs mit Grunge-Kante steht der volle Band-Sound richtig gut! Weiterhin als Solokünstlerin unterwegs ist Maxi Haug alias Shitney Beers. Die Slacker-Queen aus der Neckarstadt hat gerade Abbildung: Gwen Dolyn ihre erste LP „Welcome to Miami“ via Zeitstrafe Records (Les Trucs, Trip Fon- taine, Captain Planet) rausgehauen. Lo-Fi-Indie at it’s best! (mn) Klingt wie: Hole, Courtney Barnett, Julien Baker 806qm | Sa, 20.11. | 19.30 Uhr | 6 € (2G) P | 09
Favoriten des Monats Afro-Tanzfest 2021 LIVE-MUSIK & CO. Nach 20 Jahren musste das Afro-Tanzfest letztes Jahr ausfallen, nun ist es wieder so weit: Vorführungen verschiedener Tanzgruppen werden mit Live-Musik begleitet, ein Bodypercussion- sowie kurze Tanz-Workshops in der Vorführungspause laden zum Mittanzen ein und natürlich stillen afrikanische Speisen den Hunger der Tanzenden und Zuschauenden. Mit dabei sind unter Abbildung: Afro-Tanzfest anderem der togolesische Musiker Anani Attih mit seiner Band Mile Novisi und die zehnköpfige HipHop-Gruppe „afro_tude“. (lm) Bessunger Knabenschule (Halle) | So, 21.11. | 15 bis 19 Uhr | Eintritt frei (3G), Spenden willkommen, Reservierung empfohlen Filme zum gesellschaftlichen Wandel KINO FÜR VERÄNDERUNG Schön, dass wir – jetzt, wo es kalt und ungemütlich wird – wieder in die Kinos können! Noch schöner, dass die Initiative Transition Town für diesen Winter Abbildung: Transition Town Darmstadt wieder eine Filmreihe zum gesellschaftlichen Wandel organisiert hat. Ohne Eintritt zu zahlen, dürfen wir Filme wie „Motherload“ (19.12.), „Tomorrow – die Welt ist voller Lösungen“ (16.01.) und „Bugs – ein gastronomisches Abenteuer“ (20.02.) im Programmkino Rex genießen. Diesen Monat läuft „But Beautiful“ – ein Film darüber, wie auf unserer Erde alles zusammenhängt. (lm) Programmkino Rex | So, 21.11. | 19 Uhr | Eintritt frei (3G) Itay Dvori (Berlin) COMIC-KONZERT 2016 spielte Itay Dvori erstmals eines seiner Comic-Konzerte. Mit dem von ihm kreierten „synästhetischen Erlebnis“ gastiert der Komponist und Pianist seither international auf Bühnen und bei Festivals. Zum Festakt „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ verzahnt er Erzählungen über prägende deutsch-jüdische Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts mit selbst kompo- Abbildung: Jakob Reinhardt nierten wie improvisierten Jazz-Klängen zu den projizierten Bildern der Comics. (mn) Centralstation (Saal) | So, 21.11. | 20 Uhr | 16,50 € (2G) „1.700 Jahre später“ FILMPREMIERE 1.700 Jahre. So lange schon leben Jüdinnen und Juden auf dem Teil der Erde, der heute Deutschland ist. Auch in Darmstadt hat jüdisches Leben eine lange Tradition. Der Film „1.700 Jahre später“ gibt Einblicke in die Leben von fünf Jüdinnen und Juden im Alter von 16 bis 24 Jahren. Die jungen Darmstädter- :innen filmen und erzählen von ihren alltäglichen Erfahrungen und Ängsten Abbildung: Gropperfilm und erklären, was es für sie bedeutet, jüdisch zu sein. Zu sehen gibt es die Doku erstmals an diesem Abend in der Centralstation! (lmj) Centralstation (Saal) | Mo, 22.11. | 20 Uhr | 10 € (2G) P | 10
ANZEIGE Favoriten des Monats Auftritt/Enter Darmstadt: App - Ausführung © Lisa-Marie Erbacher / Mockup © Rawpixel Rewriting the map Darmstädter*innen aufgepasst: Am 07.11. geht die neue, kostenlose App „Rewriting the map“ an den Start. Ihr könnt die Stadtkarte selbst mitgestalten, Euch mit anderen vernetzen, austauschen, zu Spazier- Grafikdesign © Kanzy Hashish / gängen verabreden u.v.m.! Im Google Play Store (Android) und App Store (IOS) erhältlich. Im Rahmen des Projektes „Auftritt/Enter Darmstadt“ Mehr Infos unter www.staatstheater-darmstadt.de Die App „Rewriting the map“ wird gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert das Projekt Auftritt/Enter Darmstadt des Staatstheaters Darmstadt. Getragen wird der gemeinnützige Fonds vom Land Hessen, von Frankfurt am Main, dem Hochtaunuskreis und dem Main-Taunus-Kreis, Darmstadt, Wiesbaden, Hanau, Bad Vilbel, Offenbach am Main und Oestrich-Winkel. Weitere herausragende Kunst- und Kulturprojekte finden Sie unter www.kulturfonds-frm.de / Facebook / Instagram / Newsletter
Favoriten des Monats The Burning Hell (Neufundland) GUTE STUBE Während die „Gute Stube“ im Hoff-Art Theater noch im Dornröschenschlaf liegt, findet die beliebte Konzertreihe im Jugendhof Bessunger Forst eine „Zugabe“. Diesmal am Start sind die Garage-Folker The Burning Hell aus Kanada. Neu mit im Boot ist die Singer/Songwriterin Kelly McMichael an Abbildung: The Burning Hell Gitarre und Tasten, die im Vorprogramm ihre eigene Musik zwischen Americana, Synth-Pop und Grunge präsentieren wird. 2G steht an diesem Abend für: ganz grandios. (as) Fachwerksaal des Jugendhofs Bessunger Forst | Di, 23.11. | 20 Uhr | 8 bis 10 € (2G) „Die Bar ist die Bühne“ DARMSTADT_SPEAKERS SPEZIAL Wenn sich Aktive aus zwei coronageplagten Berufsfeldern zusammentun, um etwas auf die Beine zu stellen, macht das neugierig – und ergibt Sinn. Ende November kooperieren „Darmstadt_Speakers“-Initiator Kai Schuber-Seel Abbildung: Manfred Rademacher und Sozialarbeiterin Elisabeth Lawonn mit drei Darmstädter Gastronomen und stellen an drei Terminen ein buntes Programm auf die Bühne. Drei Profi- künstler:innen und Laien treten im Wechsel auf. Bei dem Format können sich Künstler:innen, Gastronomen und Gäste kennenlernen, netzwerken und vor allem Spaß haben – denn darum geht's ja. (gartl) Gastspielhaus am Mi, 24.11. + La Bodega (Innenhof) am Fr, 26.11. + Schlossgarten- platz vorm Bedouin am Sa, 27.11. | 19 Uhr | Eintritt frei, Spende erwünscht Florian Ostertag (Stuttgart) SINGER-SONGWRITER Florian Ostertag ist dieser Musiker, der schon jahrelang die musikalische Landschaft der Republik mitgestaltet und trotzdem unter dem Radar fliegt. Egal, ob er Filmmusik komponiert, als Produzent tätig ist oder in den Bands von Philipp Poisel oder Lena spielt – Florian Ostertag brennt für die Musik. Zum zehnjährigen Jubiläum veröffentlichte der Songwriter im Frühjahr 2020 Abbildung: Florian Ostertag sein langersehntes, zweites Album und jetzt ist natürlich ganz wild darauf, die neuen Songs endlich auch live zu präsentieren. (fr) Klingt wie: Moritz Krämer, Spaceman Spiff, Gisbert zu Knyphausen Künstlerkeller | Fr, 26.11. | 20.30 Uhr | 11 € (2G) Pentastone (DA) MODERN / ALTERNATIVE METAL Frischen Wind in die Metal-Szene bringen Pentastone mit ihrer jungen Front- sängerin Lou und Songtexten über mentale Gesundheit. Mal sind sie dabei gefühlvoll und sphärisch, mal ballern aber auch einfach fette Gitarrenriffs über Geschrei. Trotz des markant melodischen Stils behalten sie stets einen metalligen Grundsound. Das Konzept zieht seinen roten Faden vom Album- Abbildung: Florian Senger Cover über das Bühnenbild, die Texte und Musikvideos bis hin zum Outfit. Nicht ohne Grund inzwischen eine Bekanntheit des lokalen Metals. (pit) Goldene Krone (Saal) | Fr, 26.11. | 22 Uhr | 6 € (2G) P | 12
ANZEIGE Favoriten des Monats Ausstellung bis 13. November 2021 Fotografien Pavel Odvody Körper, Raum und Licht Galerie Netuschil Gefördert von: Schleiermacherstraße 8, 64283 Darmstadt Geöffnet: Do - Fr 14.30 - 19.00, Sa 10.00 - 14.00 Uhr www.galerie-netuschil.net
Suche und finde Kunst im öffentlichen Raum, Folge 23: Ernst Vogel, Sgraffito am Haus Finkeisen, 1955 TEXT: THOMAS GEORG BLANK | FOTO: NOUKI EHLERS, NOUKI.CO Eher selten gelingt es Kunstwerken, die an oder langweiligen Gang. Doch im echten Leben, da geht für Bauten entwickelt werden, eine neue Einheit es derzeit rund. Die Selbstinszenierungen scheitern mit der Architektur einzugehen, um etwas zu vermehrt, zu häufig hat in den letzten Monaten die schaffen, das – wie man so schön sagt – größer ist Bühne zum Proben gefehlt. Begrüßungen gehen als die Summe seiner Teile. Im vorliegenden Fall schief, der Abstand zur nächsten Person wird gelingt dies beispiellos und eine für sich genom- permanent falsch eingeschätzt und sogar Einsätze men schon interessant angelegte Fassade wird im Dialog werden verpasst. Für geneigte Beobachter durch Ergänzung eines relativ einfachen, geomet- der kleinen Momente ist es eine fruchtbare Zeit. rischen Formspieles zur Bühne des Lebens. Es ist aber auch eine gute Gelegenheit, das eigene Management mal genau zu überprüfen. ❉ Wenige Gebäude in Darmstadt erwecken eine derartige Schaufreude, das theatrale Potenzial geht durch die Decke, jede Regung wird zum Spiel. Es Kunst im öffentlichen Raum scheint fraglich, ob es sich bei gesichteten Personen — um tatsächliche Bewohner oder doch eher um das Kunst findet man nicht nur in Museen und Ga- Ensemble des Hauses handelt. Vielleicht ist die lerien, sondern oft auch im Freien und für jeden Unterscheidung aber auch gar nicht so wichtig. Mit sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahr- Blick auf die Soziologie sind die Grenzen zwischen hunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren Darstellender Kunst und Leben sowieso unscharf es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen – insbesondere, wenn man sich mit den Schriften des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders von Erving Goffman beschäftigt. Der kanadische viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Forscher hat den schönen Begriff des „Impression Ohne die schützenden Laborbedingungen eines Managements“ geprägt. Gemeint ist damit der Ver- White Cube gehen sie allerdings schnell unter. such, das eigene Erscheinungsbild unter anderem Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen durch Wortwahl, Verhalten und Kleidung zu kontrol- unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verän- lieren. In den sozialen Medien geht das Impression dern und unser Verständnis von Welt herausfor- Management dank Filtern und selbst gewählten dern. Eine Einladung zum Fantasieren. Ausschnitten weiterhin seinen gewohnt glatten und P | 14
ANZEIGE Ausstellung bis 13. November 2021 Stahlskulpturen Matthias Will Kraftfeld Balance Galerie Netuschil Gefördert von: Schleiermacherstraße 8, 64283 Darmstadt Geöffnet: Do - Fr 14.30 - 19.00, Sa 10.00 - 14.00 Uhr www.galerie-netuschil.net
»... ein Griechenland mit dem Duft der Rosenhöhe.« P | 16
Ausnahmemaler Carl Gunschmann und der künstlerische Aufbruch in Darmstadt – Enkel Gorry stellt zum 125. Geburtstag einen Catalogue raisonné online T E X T: J U L I A H I C H I | A BB I L DU NGE N: CA R L GU N S C H M A N N © VG B I L D-KU N ST FOTO S: NOU K I E H L E RS, NOU K I.C O (E N KE L G ORRY VOR E X P RE SS I ON I SM US-P L A KAT) + STA DTA RC H I V (GU N S C H M A N N S AT E L I E R I M OBE RE N T U RM Z I M M E R EC KE RH E I N- U N D GR A F E N ST R A SSE U M 1915) Zwei- bis dreimal in der Woche besuchte Gorry Kulturpolitik für einen kulturellen Umschwung in Gunschmann als Teenager seinen Großvater im Darmstadt stark machte. Aus dem jungen Intellek- Atelier, sah ihm beim Arbeiten zu und erlebte tuellen-Kreis „Die Dachstube“, für die Gunschmann die damalige Kunstszene in Darmstadt hautnah in der gleichnamigen Zeitschrift und der daraus mit. Das Atelier „Am kleinen Woog“ war ein Ort, resultierenden Schrift „Das Tribunal“ Illustrationen an dem sich viele Kunst- und Kulturschaffende beisteuerte, entwickelte sich ein Neubeginn, der trafen und über die Kunst und das Leben philo- letztendlich mit der Gründung der Darmstädter sophierten. Ohne damals zu wissen, dass diese Sezession eine institutionelle und international Zeit ihn sein ganzes Leben lang begleiten würde, beachtete Form erhielt. Die Vereinigung wird mit pflegt Gorry heute den künstlerischen Nachlass ihren progressiven kulturellen Werten als zweiter seines Großvaters Carl Gunschmann und verwal- revolutionärer Aufbruch nach der Reformbewegung tet seit 2015 das Werkverzeichnis des begnade- der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe gewer- ten Künstlers. tet. Insbesondere „auch das, was schockiert, muss gezeigt werden“, deklarierte Carl Gunschmann 1964 In Darmstadt bekannt geworden ist Carl Gunsch in einem Interview in Bezug auf die Ausstellungs mann als spätexpressionistischer Maler und Mit vorhaben der Sezession: „Entscheidend ist der begründer der Darmstädter Sezession, die sich am künstlerische Elan und dann die Qualität.“ 08. Juni 1919 gründete. „Gunsch“, wie er von seinen Freunden seit der Schulzeit genannt wurde, etablier- „Gunsch“ wusste sehr genau, wovon er spricht, te sich schnell in der Kunstszene und war weit über denn ein ebenso starker Zweig seiner Biografie ist Darmstadt hinaus gut vernetzt. Er galt seinerzeit sein Werdegang als Bildender Künstler. In kon als Ausnahmetalent, der sich vor allem mit seiner sequenter Weise schuf er über sechs Jahrzehnte > P | 17
ein umfangreiches Werk aus Ölbildern, Zeichnun- Nur einzelne Personen und Institutionen verfass- gen und Grafiken. Mit seinen Arbeiten bewegte er ten Publikationen und richteten Ausstellungen sich bildmotivisch zwischen expressionistischen ein. Um die Bedeutung und den Stellenwert Formen und neusachlicher Distanziertheit. Er des Werkes weiter hervorzuheben, geht Gorry malte vor allem Porträts, Stillleben, Landschaften Gunschmann vom Martinsviertel aus den Spuren oder sogenannte „Paradiesische Kompositionen“, seines Großvaters nach und gestaltete einen die damals ein hohes Aufsehen erzielten. Diese frei zugänglichen, digitalen Catalogue raisonné. stilisierte Werkgruppe mit nackten Figuren in Dieser ging, anlässlich des 125. Geburtstages von üppiger Landschaft erinnert an Utopien und die Carl Gunschmann, 2020 online. Bisher wurden Idealkompositionen von Hans von Marées und rund 900 Bilder identifiziert und akribisch in eine die malerische Tradition des 19. Jahrhundert. Die Datenbank eingepflegt. Gorry Gunschmann geht geometrischen Formen, die immer wieder im Werk bei seinen Recherchen davon aus, dass er bisher von Carl Gunschmann anzufinden sind, lassen sich „gerade mal die Hälfte der noch existierenden mit den kubistischen Anordnungen von Heinrich Bilder ausfindig machen konnte“. Besonders Campendonk und Franz Marc sowie den expressio- schwierig ist, so betont er weiter, eine lückenlose nistischen Formen eines August Macke vergleichen. Dokumentation des Frühwerkes, das fast voll- Als Autodidakt inspirierten Gunschmann mehrere ständig im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Stilbewegungen der Bildenden Kunst, aus denen er sein ganz eigenes Formenvokabular entwickelte. Aufgrund der Vielzahl der damals im Exil lebenden Freunde von „Gunsch“ sind die Arbeiten des Wortmalend formulierte Kasimir Edschmid, der mit Künstlers in der ganzen Welt aufzufinden. Sogar Carl Gunschmann zusammen die Sezession grün- aus Amerika, Australien und Neuseeland melde- dete und ein Leben lang mit ihm verbunden war, ten sich Personen, die in ihrer Sammlung einen 1949 bei der Überreichung des Georg-Büchner-Prei- Gunschmann besitzen. Das Zusammentragen ist ses: „Sie malen ein Arkadien mit Woogs-Luft, ein mühsamer Prozess: „Ich suche manchmal ein Griechenland mit dem Duft der Rosenhöhe.“ jahrelang nach Informationen zu einem Bild“, sagt Politische Umstände zwangen Carl Gunschmann Gorry Gunschmann. Es brauche neben einem langen Darmstadt zeitweise zu verlassen, dennoch war er Atem immer auch ein wachsames Auge. So erzählt von 1915 bis zu seinem Tod 1984 als wichtigster er beispielsweise von einer skurrilen Entdeckung, Künstler in Darmstadt allgegenwärtig und aus dem die er beim nächtlichen Durchzappen durch die damaligen Geschehen nicht wegzudenken. Fernsehprogramme machte und erkannte im Hin- tergrund eines Interviews Gemälde an den Wänden, Eine Hommage an den Großvater die Ähnlichkeiten mit dem Malstil seines Großvaters Trotz seiner Verdienste, die heute noch in der hatten. Und siehe da: Nach akribischen Forschungen Kulturlandschaft verankert sind, geriet Carl Gun- bestätigte sich seine Vermutung. Es war das Bild schmann mit der Zeit in kollektive Vergessenheit. „Liebespaar in Landschaft“, ein Frühwerk Carl P | 18
Gunschmanns. „Hier bin ich besonders auf der Suche Hommage an seinen Großvater ist. Die globale Ver- und freue mich über jeden Hinweis“, betont Gorry. netzung kommt dem Online-Katalog zugute und so hoffen wir, dass Gorrys laufendes Projekt weiterhin Peu à peu und auf verschiedenen Wegen füllt sich spannende Geschichten rund um das Werk des das Verzeichnis, das weitaus mehr als bloß eine Ausnahmekünstlers Carl Gunschmann bereithält. ❉ „Gunschs“ Vita und Wirken — Carl Gunschmann wurde am 18. Dezember 1895 in Ehefrau Marga bekam er 1938 Sohn Peter. 1939 Darmstadt geboren. 1910 erhielt er ein Stipen- zog die Familie nach Gstadt am Chiemsee. 1949 dium des Hessischen Großherzogs und nahm erhielt er den Georg-Büchner-Preis (als letzter ein Kunststudium bei Professor Adolf Beyer auf, Nicht-Literat). Wenig später kehrte er nach welches er kurze Zeit später abbrach. Zusammen Darmstadt zurück, wo ihm die Stadt eigens das mit dem Dichter Hans Schiebelhuth zog er 1912 Atelier „Am kleinen Woog“ bauen ließ. Im Jahr nach München, wo er die Bekanntschaft mit Else 1957 wurde er Präsident der Neuen Darmstädter Lasker-Schüler, Karl Wolfskehl, Fritz Usinger Sezession. 1960 erhielt er die Bronzene Verdienst- und Adam Antes machte. Zwei Jahre später ging plakette der Stadt Darmstadt, 1965 die Silberne. Gunschmann durch die Vermittlung des Generaldi- 1966 wurde er Ehrenpräsident der Neuen Darm- rektors der Frankfurter Museen, Georg Swarzenski, städter Sezession. 1975 erhielt er die Johann-Hein- nach Paris und gehörte dort bis Kriegsausbruch rich-Merck-Ehrung. Aufgrund einer zunehmenden dem Künstlerkreis des Café du Dôme an. 1915 bis Sehbeeinträchtigung schränkte er das Malen seit 1927 beteiligte er sich mit Grafiken an Publikati- Beginn der 1970er-Jahre bis zur vollständigen onen des Darmstädter Verlags „Die Dachstube“ Erblindung ein. 1978 wurde er durch den hessischen und arbeitete unter anderem mit Joseph „Pepy“ Kultusminister mit dem Verdienstkreuz Erster Klasse Würth, Kasimir Edschmid, Theodor Haubach, Max des Verdienstordnens der Bundesrepublik Deutsch- Krell und Carlo Mierendorff zusammen. Mit Kasimir land ausgezeichnet. Am 26. September 1984 starb Edschmid gründete er 1919 die Darmstädter Carl Gunschmann in Darmstadt und fand auf dem Sezession. 1936 wurden drei von Gunschmanns Alten Friedhof seine letzte Ruhe. Werken von den Nationalsozialisten als „entartet“ betitelt und in diesem Zusammenhang in der Wan- Das Werkverzeichnis und weiterführende Informatio- derausstellung „Entartete Kunst“ in der Darm- nen, die sein Enkel Gorry Gunschmann zusammenge- städter Kunsthalle am Rheintor ausgestellt. 1937 tragen hat, findet Ihr online auf: gunschmann.de übersiedelte er nach München. Mit seiner zweiten P | 19
FRUST DURCH DISTANZ Studieren in Corona-Zeiten – eine Darmstädter Studentin für Online-Journalismus berichtet vom Kampf für Präsenzveranstaltungen T E X T: C E L I NA B I S C HOF | I L LUST R AT I ON: A N N E-S OP H I E E NGE L H A RDT (W I N T E RH A RT ST U D I O S) Die Corona-Pandemie hat viel von uns Studie- Zwei aufregende sowie anstrengende Semester renden abverlangt. In den Schulen herrscht liegen schon hinter uns. Wir wussten nicht, was bereits seit Monaten wieder „Normalität", eine alles auf uns zukommen wird. Doch schnell war neue mit wöchentlichen Schnelltests, Masken- uns klar, dass wir unseren Campus erst mal nicht pflicht und strengen Hygieneauflagen. Doch die sehen werden: Vorlesungen, Seminare, Gruppen- Seminarräume und Hörsäle in den Hochschu- arbeiten und das Kennenlernen untereinander len und Universitäten bleiben weitgehend leer. – alles fand digital statt. Es war eine völlig neue Wir, Student:innen der Hochschule Darmstadt Situation für alle. Aber wir haben uns davon nicht (h_da), haben uns die Frage gestellt, wie lange runterziehen lassen, sondern immer versucht, das noch geht. Vor uns liegt das dritte Semester das Beste daraus zu machen. Der Zusammenhalt im Studiengang Online-Journalismus. Unser in dieser schwierigen und neuen Zeit war unter Jahrgang wartete gespannt auf die erlösende Kommiliton:innen sowie mit den Dozent:innen Informationsmail für Präsenzveranstaltungen sofort zu spüren: „Die Hochschule hat sich Mühe am Mediencampus Dieburg – vergeblich. Es gegeben, dass wir einander trotz der Situation führte zu einem unablässigen Kampf schon vor kennenlernen, miteinander lernen und interagie- Semesterbeginn. ren können“, erzählt meine Kommilitonin Leonie P | 20
Gefördert von ANZEIGE Stadtkirche DARMSTADT Koppe. Doch die 20-Jährige bedauert auch, kaum Student:innen über unseren Studiengang hinaus kennengelernt zu haben. Der Austausch mit Kommiliton:innen fehlt Das Studium ist für alle eine prägende Zeit, an Olga Tokarczuk die wir uns später einmal gerne zurückerinnern wollen. Wenn wir an ein erfüllendes Studienleben denken, sehen wir eine Gemeinschaft von jungen Menschen, die alle verschiedene Träume und Vor- stellungen haben, aber dennoch das gleiche Ziel – einen erfolgreichen Studienabschluss – verfolgen. Durch den Austausch untereinander können wir auch viel für unser späteres Leben mitnehmen. So- Wie Übersetzer ziale Kontakte fehlen uns seit Corona. Besonders schwer traf es Student:innen, die während dieser die Welt retten schwierigen Zeit ihre Heimat für das Studium verlassen mussten. Weit weg vom engsten Fami- lien- und Freundeskreis – das war auch für Felix Poser keine leichte Situation. Über 500 Kilometer entfernt von seiner Heimat Pinneberg in Schles- wig-Holstein zog der 21-Jährige nach Darmstadt. Neue Menschen im neuen Umfeld treffen, ging Lesung mit der Literaturnobelpreisträgerin jedoch anfangs nicht: „Durch den Lockdown kamen natürlich noch mehr Einschränkungen auf zum 100. Geburtstag von Karl Dedecius mich zu. Da gab es schon Tage, an denen ich lieber wieder zu Hause gewesen wäre.“ 12. November 2021, 19.30 Uhr Die Online-Lehre ermöglichte es zwar, Leute ken- nenzulernen. Doch es ist nicht das, was wir unter Evangelische Stadtkirche Darmstadt sozialen Kontakten verstehen. „Gerade bei einem kommunikativen Studiengang wie unserem freute Moderation: Manfred Mack ich mich umso mehr auf den Austausch mit meinen Übersetzung: Bernhard Hartmann Kommiliton:innen. Stattdessen saß man allein in Musik: Vitold Rek & Leszek Żądło seinem Zimmer und merkte schnell, dass virtuelles Lernen vielleicht ansatzweise funktioniert, virtu- Eintritt: 10 Euro elles Leben aber keinesfalls“, sagt Celine Georg. Tickets: www.stadtkirche-darmstadt.de Für die 20-Jährige ist es belastend, zu wissen, dass /veranstaltungen niemand uns die bisher verpasste gemeinsame 2G-Veranstaltung Studienzeit angemessen ersetzen könne. Wie viele andere auch vermisst sie die Präsenzlehre: Der Pra- xis-Anteil, erzählt Leonie, sei etwas, das wir aus den ersten beiden Semester nicht mehr wiederbekom- men. Es fehle schon ein großes Stück, besonders „wenn man im letzten Semester immer gehört hat, wie bestimmte Aufgaben in Präsenz ausgesehen hätten. Beispielsweise das gemeinsame Fotografie- ren im Gegensatz zum Erklären einer Kamera auf (c) Jens Balkenborg einem Laptopbildschirm“, erzählt sie. „Wir können nicht mehr!“ Während des zweiten Lockdowns war nur schwer abzusehen, wann es endlich möglich sein wird, den Campus von innen zu erkunden. Doch zum Sommer 2021 verbesserte sich die Pandemie-Lage > P | 21
zunehmend. Durch den Impffortschritt kam es nahmen. Wir können auch nicht für jeden Jahrgang nach und nach zu Lockerungen. Die 3-G-Regel oder Studiengang der h_da sprechen. Wir wollten brachte etwas Normalität in den Alltag zurück, für uns mehr Transparenz schaffen. Das Ergebnis: was sich auch auf Schulen sowie Universitäten Rund 80 Prozent der 33 Online-Journalismus-Dritt- ausgewirkt hat. Wir rechneten zwar nicht mehr mit semester sind vollständig geimpft. Mehr als der Präsenzveranstaltungen im Sommersemester, aber Durchschnitt bundesweit. unsere ganze Hoffnung lag auf dem kommenden Wintersemester. Bestärkt wurden wir von einem Daraufhin setzte Leonie eine Mail auf mit all un- Bericht des Darmstädter Echos im Juli, in dem die seren Gedanken und Gefühlen sowie dem Ergebnis Hochschule mitteilte, dass es im Wintersemester der Impfumfrage. Es war zwar mit viel Aufwand „so viel Präsenz wie möglich“ geben wird. Es fühlte verbunden, aber wir wollten endlich auch angehört sich wie ein Traum an. Daran glauben konnten und ernstgenommen werden. „Das Thema von wir jedoch erst, wenn unsere Studiengangleitung möglicher Präsenz wurde allgemein vielleicht dieses Vorhaben bestätigen würde. Doch in einer zu spät angegangen, aber wir wurden ja auch Mail von Anfang September zerplatzte der Traum: wochenlang im Ungewissen gelassen, was uns Studiengangleiterin Silke Heimes schrieb uns, dass nächstes Semester erwartet“, erklärt Leonie. vorerst keine Präsenzveranstaltungen geplant sind. Gründe dafür sollen fehlende Raumkapazitäten Der Wunsch vom erfüllenden Studienleben sein und die angebliche Tatsache, dass noch nicht Wir erwarten keine Normalität wie vor der Pande- genügend Student:innen vollständig geimpft sind. mie, aber nach einem Jahr wollen wir Kompromis- Wir alle mussten diese Mail erst mal verdauen. se sehen, so wie es auch den Schulen gestattet Wir waren fassungslos und frustriert zugleich. In wurde – und auch funktioniert. In unserer weite- unseren Köpfen sahen wir uns wieder den ganzen ren Studienzeit wollen wir nicht länger durchgän- Winter über allein vor dem Computer sitzen: „Ich gig vor dem Bildschirm in Zoom-Meetings sitzen. musste vor Verzweiflung weinen, als ich mir vor- stellte, noch einmal sechs Monate allein in meinem Nach unserer Mail vergingen sechs Tage ohne eine Zimmer zu sitzen. Ich kann das einfach nicht noch Antwort. Trotz der Angst, wieder enttäuscht zu einmal. Vor allem nicht psychisch“, sagt Leonie. werden, glaubten wir fest daran, etwas bewirken zu können. Und tatsächlich hat unser Einsatz Im dritten Semester, aber noch nie an der Uni Wirkung gezeigt. Laut Silke Heimes haben die Zwei Semester haben wir viel Geduld und Ver- Dozent:innen und das Dekanat Rücksprache ständnis gezeigt. Wir wissen von der Herausforde- gehalten. „Leider ist es uns weiterhin aus ver- rung, Hygienevorschriften und Abstandsregeln für schiedenen Gründen nicht möglich, im regulären alle auf dem Campus adäquat umzusetzen. Aber Stundenplan einen alternierenden Hybrid-Unter- dennoch konnten wir die Begründungen nicht richt anzubieten“, so Heimes. Doch es gibt endlich einfach so hinnehmen – nicht noch länger. Die einen Kompromiss: Es wird bei ausgewählten Raumkapazität war für uns alle nicht greifbar, da Lehrveranstaltungen einzelne Präsenztermine am wir nie die Räume des Mediencampus gesehen Campus Dieburg geben. haben. Doch es bleibt für uns unvorstellbar, dass es für Seminargruppen von etwa 16 Studierenden Für uns ist das ein Anfang, aber trotzdem nicht keine Raummöglichkeiten gibt. Felix äußert das, das, was für alle zufriedenstellend ist. „Der Großteil was viele Student:innen schon lange denken: „Es wird weiterhin online sein, vielleicht sehe ich in ist für mich nicht nachvollziehbar, wie in Schulen einem halben Jahr acht Mal meine Universität“, seit Monaten die Schüler wieder in den Klassen- sagt Leonie. Doch wir sagen auch: besser als nichts. räumen sitzen, aber an den Unis Präsenzunterricht Wir werden unseren Campus kennenlernen und nicht ermöglicht werden kann.“ das Gefühl vom Studieren zumindest für ein paar Momente fühlen können. Niemand weiß, wann wir Aktuell sind wir 33 Studierende in unserem Jahr- wieder zur Normalität zurückkehren werden. Das gang. Durch private Gespräche wussten wir von vierte Semester wird das Praxissemester sein und einigen, dass sie sich impfen ließen. Der vermeintli- dann liegen nur noch drei Semester bis zum Bache- chen Tatsache, dass nicht genügend geimpft seien, lor vor uns, in denen wir hoffen, unser Studienleben wollten wir nachgehen. Deshalb starteten wir eine in vollen Zügen genießen zu können. Für jetzt interne Umfrage innerhalb des Jahrgangs. Zwar gab haben wir alles getan, was wir konnten, und wir es von der Hochschule bereits eine Umfrage, aber können stolz sein. Es ist ein kleines Zeichen für alle keiner von uns wusste, wie viele genau daran teil- Studierende, dass es sich zu kämpfen lohnt. ❉ P | 22
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Auf Virensuche im Abwasser Wissen schafft in Darmstadt, Folge 7: das Forschungsprojekt „SARS-CoV-2-Genom im Abwasser – Monitoring der Pandemieentwicklung mittels Sequenzierung“ an der TU Darmstadt T E X T: F E L I X G ÖMÖRY | FOTO S: S USA N N E L AC KN E R/T U DA RM STA DT Seit 1997 trägt Darmstadt den Beinamen Wis- Frühjahr 2020 stellten Forscher:innen fest, dass senschaftsstadt im Titel und auf den Ortsschil- sich Coronaviren in den Ausscheidungen infizierter dern. Mit ihren Ideen, Projekten und Lösungen Personen nachweisen lassen. Und zwar auch, wenn füllen Forschende an TU und Hochschule die Personen keine Symptome zeigen. Auf Grundla- Darmstadt oder den Fraunhofer-Instituten ge dieses Wissens untersuchen Wissenschaftler:in- dieses Label mit Leben. Das P zeigt Ausschnit- nen der Technischen Universität Darmstadt nun in te ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeit: ganz Hessen das Abwasser. Projekte, die sich auf Gesellschaft, Umwelt und Alltag auswirken – und die Menschen dahinter. Verantwortlich für das Projekt ist das Team um Susanne Lackner, Professorin für Wasser- und Was den Menschen in mittelalterlichen Pande- Umweltbiotechnologie an der TU Darmstadt. „Es miezeiten zum Verhängnis werden konnte, lässt gibt zwei Dinge, die wir messen“, erklärt Lackner: sich nun zum Vorteil nutzen: Abwasser. Schon im „Auf der einen Seite die Anzahl der Bruchstücke P | 24
ANZEIGE von Coronaviren. So ermitteln wir Veränderungen der Infektionszahlen. Das machen wir, ähnlich den Medizinern, mit PCR-Tests. Auf der anderen Seite sequenzieren wir die RNA, also das Erbgut der Vi- ren, um eher qualitativ die Verteilung der Mutatio- nen zu kennen.” Abbild der Pandemie in Echtzeit Die Vorteile des Abwassermonitorings gegenüber den klassischen Humanproben: Entwicklungen im Infektionsgeschehen werden fünf bis zehn Tage früher erkannt als durch Personentestung. Damit kann die Politik schneller mit entsprechen- den Maßnahmen reagieren. Aber der laut Lack- ner entscheidende Vorteil ist, dass die Methode alle Personen miteinbezieht: „Wir sind komplett unabhängig von jeglicher Art von Teststrategie und Testwilligkeit“, sagt sie. Das heißt, jeder, der auf eine ans Abwassersystem angeschlossene Toilette geht, wird miterfasst. Außerdem, so die Professorin, sei es – im Verhältnis dazu, wie viele Menschen erfasst werden – wesent- lich günstiger als die regulären Schnelltests. Diese verlieren ohnehin an Bedeutung, da ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist und die Tests nun nicht 03.11. Monsters of Liedermaching 05.11. Kack & Sachgeschichten mehr kostenfrei sind. „Dahingehend hat man über 07.11. PopKabarett Korff & Ludewig die Abwasserseite noch einen gewissen Einblick, 09.11. Peter Stamm was passiert. Auch, ob sich neue Mutationen bezie- 13.11. Füenf hungsweise Varianten verbreiten.“ 14.11. Django Asül 15.11. Jan Weiler 16.11. Nils Wülker Ein PCR-Test fürs Abwasser kostet zirka 300 Euro. 18.11. Alte Bekannte „Zwei bis drei Tests pro Woche sind genug für zuver- 20.11. Quadro Nuevo lässige Ergebnisse”, so Lackner. Eine RNA-Analyse 21.11. Itay Dvori 23.11. Eure Mütter (Staatstheater Darmstadt) ist teurer, findet dafür aber nur alle zwei bis vier Wo- 26.11. Jan Plewka singt Rio Reiser chen statt. Die monatlichen Analysekosten für ein 27.11. Johannes Floehr Gebiet wie Südhessen schätzt die Wissenschaftlerin 28.11. Karsten Troyke & Trio Scho auf rund 65.000 Euro. Das umfasst immerhin knapp 29.11. Judith Hermann vier Millionen Menschen. Dieser Wert beziehe sich 02.12. Kristof Magnusson über Pet Shop Boys 05.12. Shantel & Bucovina Club Orkestar aber nur auf die Analyse, „jemand muss die Daten 10.12. Sebastian Lehmann dann noch auswerten.“ Insgesamt gibt das Land 13.12. Heinz Strunk Hessen 1,5 Millionen Euro für das Monitoring aus. 17.12. The Disco Boys 21.12. Maybebop (darmstadtium) In der Datenauswertung sieht Lackner momentan auch die größte Herausforderung: „Wer verarbeitet RESTART. THE. PARTY die Daten in welcher Form und wer nutzt sie dann Endlich wieder Party, richtig echte Party! wie?“ Momentan schieben sich auf Bundesebene Jeden Samstag in der Centralstation. Umwelt- und Gesundheitsministerium gegenseitig die Zuständigkeit hin und her. Die Kläranlagen liegen im Zuständigkeitsbereich des Umweltminis- teriums, aber wenn es um die Gesundheit geht, sind das Gesundheitsministerium beziehungsweise das Robert Koch-Institut (RKI) verantwortlich. Das Ab- CENTRALSTATION / IM CARREE / DARMSTADT wassermonitoring ist also technisch und finanziell TICKETS UND INFORMATIONEN: machbar, nur an der Bürokratie hapert es noch. > WWW.CENTRALSTATION – DARMSTADT.DE P | 25 TELEFON: 06151 7806–999 FACEBOOK.COM/CENTRALSTATION DARMSTADT
Natürlich ist aber auch die Forschung noch nicht die Behörden noch die Zuständigkeiten klären. am Ende. Manche Fragen bleiben bislang ungeklärt: zum Beispiel, wie viele Viren eine Person im Verlauf Für die Zukunft wünscht sich Susanne Lackner der Krankheit ausscheidet. Und auch, inwieweit die mehr Austausch und Kooperation zwischen Um- Zusammensetzung des Abwassers Einfluss auf die weltforscher:innen und Mediziner:innen. „Unsere Nachweismöglichkeiten nimmt. Außerdem liegen Perspektive für die Zukunft ist, dass wir einen die Messstellen sehr zentral. Die Forscher:innen Katalog von Krankheitserregern haben und in re- entnehmen die Proben nach der groben mecha- gelmäßigen Abständen schauen, was wir davon im nischen Vorbehandelung des Abwassers in der Abwasser finden.“ Zwar wird das Abwasser heute Kläranlage. „Sonst ist da zu viel anderer Schmodder schon untersucht, aber nicht nach allen Erregern drin“, erklärt Lackner. Das heißt aber auch, dass und erst beim Verlassen der Kläranlage. Bisher die Proben oft das Abwasser von mehr als 80.000 ging es also vorrangig darum, wie man Rückstände Menschen enthalten. Damit lassen sich neue im Abwasser von der Umwelt fernhält. Künftig soll Ausbrüche nur schwer lokalisieren. Die TU ist aber es nach Lackner auch darum gehen, was sich im in Gesprächen mit der Stadt Darmstadt, um hier Zulauf der Kläranlage befindet. Also, wie es um ein dezentrales Messsystem umzusetzen. Allein der die Gesundheit der Menschen steht. „Vielleicht personelle Aufwand ist bei einem solchen System entdecken wir im Abwasser plötzlich Erreger, die um einiges höher und damit kostspieliger. bei uns gar nicht vorkommen sollten und die man medizinisch nicht auf dem Schirm hat.“ Das wäre Dezentrales Monitoring für Darmstadt ab November etwa im Februar 2020 nützlich gewesen, als sich Laut Stadtkämmerer André Schellenberg soll das Corona in Deutschland weitgehend unbemerkt dezentrale Monitoring noch diesen November in ausgebreitet hat und die Menschen nichtsahnend Darmstadt starten. Dann wird es, neben dem Zent- Karneval gefeiert haben. Lackner und ihr Team se- ralklärwerk im Nordwesten und dem Klärwerk Süd hen noch großes Potenzial im Abwasser. Wer hätte in Eberstadt, zehn bis zwölf weitere Entnahmestel- gedacht, dass es unserer Gesundheit noch mal so len, „idealerweise an vorhandenen Pumpwerken“, von Nutzen sein wird. ❉ geben. Von Darmstadt-Ost bis Darmstadt-West und von Eberstadt bis Wixhausen. Das soll monatlich 50.000 bis 60.000 Euro kosten. Vom Bund gefördert Langfristig sollte sich, so Lackner, eine dauerhafte — Messinfrastruktur etablieren. Dann ließe sich das Das im April 2021 gestartete Forschungsprojekt Monitoring auf andere Erreger ausweiten, wie es „SARS-CoV-2 Genom im Abwasser – Monitoring auch in Darmstadt geplant ist. Etwa auf multire- der Pandemieentwicklung mittels Sequenzierung“ sistente Bakterien. „In den Niederlanden gibt es ist auf eine Laufzeit von einem Jahr ausgelegt solche Strukturen schon seit Jahrzehnten“, betont und wird vom Bundesministerium für Bildung und Lackner. Auch die Europäische Union mahnte Forschung (BMBF) innerhalb der Strategie „For- schon im März, dass ihre Mitglieder bis spätestens schung für Nachhaltigkeit“ FONA gefördert. Die Oktober ein landesweites Abwassermonitoring für BMBF-Fördersumme für die Forschungsarbeiten Coronaviren entwickelt haben sollen. Etwas, wovon an der TU Darmstadt beträgt rund 720.000 Euro. Deutschland noch weit entfernt zu sein scheint. Gerade die Strukturen, um die Analysedaten zu Aktuelle Tweets: twitter.com/Lackner_TUDa verwerten, fehlen noch weitgehend. Dazu müssen P | 26
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