2018 Was Fußballer über Jesus denken - pro Medienmagazin
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pro Christliches Medienmagazin 3 | 2018 www.pro-medienmagazin.de Was Fußballer über Jesus denken Michael Herbst Jana Highholder Michael Kretschmer plädiert für legt steht für Mission auf Glaubens Politik mit Ökumenisch zeugnis via Zuversicht YouTube ab
EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser! „Es gibt zwar keinen Fußball-Gott, aber ich glaube, dass es ei- nen Gott gibt, der uns Menschen liebt, genau so, wie wir sind, mit all unseren Macken, und deswegen glaube ich, dass er auch den Fußball liebt! Nur: Die Kiste müssen wir schon selber treffen.“ Gibt es ein schöneres Statement als dieses von Star- Trainer Jürgen Klopp vor der Fußball-WM 2018? In dieser Ausgabe von pro erzählen Spieler und Trainer, was 22 sie stark macht und was Jesus ihnen bedeutet. Heiko Herrlich, Bundesliga-Trainer von Bayer 04 Leverkusen, bekennt: „Der Glaube ist mein Mittel- punkt.“ Im Interview erzählt er, welche Rol- le sein Glaube auch im Trainer-Alltag spielt. Beeindruckend, wie der frühere Nationalspieler und Championsleague-Gewinner selbst während seiner lebens- bedrohlichen Hirntumor-Erkrankung den Halt im Leben nicht 45 verlor – und andere Menschen ermutigt. Heiko Herrlich hat er- lebt, was es heißt, wenn Gott spricht: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit“ Kurzmeldungen 4 (2. Korinther 12,9). Leserbriefe 31 Für viele Christen ist die WM Anlass für Begeisterung und An- G ESELLS CH AFT lass zum Gebet. Kirchengemeinden laden zum Public Viewing Titel ein. Dann sind auch Freunde bei uns zu Gast, die einfach nur 12 Freunde müsst ihr sein 6 einsam sind oder sich auf Grillwürstchen freuen, weil sie sich Heiko Herrlich: „Viele junge Spieler die nicht selbst leisten können. Ja, es ist wichtig, dass beim ge- stehen heute offen zu ihrem Glauben“ 10 meinschaftlichen Miterleben des großen Fußballfestes in Russ Jorginho: „Gott ist mein Spielmacher“ 12 land Jesus dabei ist und dass sein Geist des Friedens und des versöhnten Miteinanders nicht draußen bleibt: Denn die WM ist Der perfekte Gastgeber nicht nur ein buntes Sport-Spektakel, sondern auch ein gigan- Ritz-Carlton-Gründer und Jesus-Freund 14 tischer, gnadenloser Marktplatz. Sie findet statt in einem Land, „Wir verschlafen die Digitalisierung“ in dem Menschenrechte missachtet werden – und nicht zuletzt Professor Michael Herbst will mehr Evangelisation 16 zieht ein solches Mega-Fest immer auch destruktive Kräfte an. Flucht aus Kim Jung-ils Hungerland Die unglaubliche Geschichte von Pastor Cho 18 Mehrere unserer Artikel beschäftigen sich mit der Frage, wie „Jesus Christus hat mich von Rachegefühlen befreit“ Christen ihren Mitmenschen am besten von Gott berichten Simon Jacob beklagt blauäugigen können. Der Greifswalder Theologieprofessor Michael Herbst Umgang mit politischem Islam 22 macht Mut zu humorvoller und lebensnaher Verkündigung (S. 16). Ein Beispiel ist auch die Initiative „Grace and Truth“ von Milan Klein, der das Evangelium sogar in der „schwarzen Sze- ne“ bekannt machen möchte. Dazu hat Redakteurin Martina Blatt das Wave-Gotik-Festival in Leipzig besucht (S. 42). Empfehlen möchte ich Ihnen auch das Interview (S. 22) mit Jour- nalist Simon Jacob, der jahrelang als „Peace Maker“ den Nahen Osten bereiste. Er wirft der Politik einen blauäugigen Umgang Bleiben Sie jede Woche auf dem Laufenden! Unser pdf- mit dem politischen Islam vor, lehnt eine lasche Integrationspoli- Magazin proKOMPAKT liefert Ihnen jeden Donnerstag die tik ab und berichtet, wie Jesus seine Sichtweisen beeinflusst hat. Themen der Woche auf Ihren Bildschirm. Durch die ansprechend gestalteten Seiten erhalten Sie Ich wünsche Ihnen gute Entdeckungen beim Lesen, schnell einen Überblick. Links zu verschiedenen Internet- seiten bieten Ihnen weitergehende Informationen. Bestellen Sie proKOMPAKT kostenlos! www.proKOMPAKT.de | Telefon (06441) 915 151 Ihr Christoph Irion 2 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
INHALT | IMPRESSUM 36 30 Heiko Herrlich Der Fußball-Trainer 8 erzählt von Jesus 42 MEDIE N KU LT U R Der Richter, der das Urteil selbst trägt „Ihr sucht Jesus ...“ Ein Impuls von Friederike Lübke 25 Ein Besuch im hippen Kirchenmuseum 40 „Jeder Mensch ist Influencer“ So kommt das Evangelium in die „Schwarze Szene“ Jana Highholder ist YouTuberin für die Kirche 26 Gothic-Fans für Jesus begeistern 42 „Danach kräht kein Hahn“ POL ITIK Eine Kolumne von Bastian Sick 45 Karl Marx war Antisemit und Rassist Musik, Bücher und mehr Eine Kolumne von Wolfram Weimer 28 Neuerscheinungen kurz rezensiert 46 Der besorgte Bürger Unterwegs mit AfD-Mann Volker Münz 30 „Nicht nur in Beton, sondern in Köpfe investieren“ Ministerpräsident Michael Kretschmer im Interview 34 PÄDAGOGIK Lasset die Kinder zu mir kommen Was konfessionelle Kitas besonders macht 36 Der digitale Nachwuchs Wie Jugendliche Neue Medien nutzen 38 I MPR ESSUM christlicher medienverbund kep Herausgeber Christlicher Medienverbund KEP e.V. Lesertelefon (0 64 41) 9 15 171 | Adressverwaltung (0 64 41) 9 15 152 Postfach 1869 | 35528 Wetzlar Anzeigen Telefon (0 64 41) 9 15 167 | anzeigen@pro-medienmagazin.de Telefon (0 64 41) 9 15 151 | Telefax (0 64 41) 9 15 157 Internet www.pro-medienmagazin.de Vorsitzende Michael Voß | Geschäftsführer Christoph Irion Satz/Layout Christlicher Medienverbund KEP Redaktion Martina Blatt, Dr. Johannes Blöcher-Weil, Moritz Breckner (CvD), Druck L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Geldern Nicolai Franz, Daniel Frick, Elisabeth Hausen, Anne Klotz, Anna Lutz, Bankverbindung Volksbank Mittelhessen eG | Kto.-Nr. 40983201, BLZ 513 900 00 | Michael Müller, Stefanie Ramsperger (Redaktionsleitung), Norbert Schäfer, IBAN DE73 5139 0000 0040 9832 01, BIC VBMHDE5F Jörn Schumacher, Jonathan Steinert, Swanhild Zacharias Beilage Israelnetz Magazin (16 Seiten) E-Mail info@pro-medienmagazin.de | kompakt@pro-medienmagazin.de Titelfoto markusspiske / Photocase 3 | 2018 pro | Christliches Medienmagazin 3
MELDUNGEN GNTM-Gewinnerin: „Habe Gott alles zu verdanken“ D ie gläubige Christin Toni Loba – privat Oluwatoniloba Dreher-Adenuga – hat in diesem Jahr die Castingshow „Germany‘s Next Topmodel“ (GNTM) gewonnen. Gott sei die ganze Zeit an ihrer Seite gewesen, sagte sie direkt nach ihrem Sieg der 13. Staffel. Die Stuttgarterin erklärte vor den ProSieben-Kame- ras: „Ich weiß, dass ich alles Gott zu verdanken habe.“ Mit Freunden und Fa- milie, die auf die Bühne gestürmt waren, sang sie den christlichen Gospel: Foto: ProSieben/Martin Bauendahl „We Give You Glory, Lord, As We Honor You“ – „Wir geben dir die Ehre, Herr, indem wir dich ehren“. Die GNTM-Gewinnerin beschreibt, wie Gott sie auf ihrem Weg begleitet habe: „Er hat mich nie enttäuscht, er hat mich nie lie- gen gelassen. Er hat mich immer bestärkt und immer beschützt und soweit gebracht, wie ich heute gekommen bin.“ Vor ihrem Einzug ins Finale war in der Sendung zu sehen, wie sie vor einem Shooting ihre Konkurrentinnen zu einem gemeinsamen Gebet versammelte und Gott darin um Gesundheit, Freude und Selbstbewusstsein im Wettkampf bat. Ihr sei es sehr wichtig ge- Die 18-jährige Toni Loba geht in eine freikirchliche Gemeinde und leitet dort den Jugendgottesdienst wesen, mit den Mädchen zu beten, weil sie ihnen dadurch das habe mitge- ben könne, was ihr Kraft gebe – „auch wenn sie nicht so glauben, wie ich glaube“. Im Interview von pro erklärte Loba im April: „Gott ist für mich alles, Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Toni Loba: bit.ly/toniloba weil er mich erschaffen hat und mir mein Leben lang treu geblieben ist. In allem habe ich Zuflucht und Kraft in ihm gefunden, als ich sie brauchte.“ Sie habe gemerkt, dass sie „nichts ohne die Hand Gottes, die mich leitet, machen kann“. Er beschütze, unterstütze und segne sie jeden Tag. | martina blatt um 10 prozent ... hat die Zahl intoleranter und diskriminierender Vorfälle gegen Christen in Europa zwi- schen 2016 und 2017 zugenommen. Das geht aus einem Anfang Mai veröffentlichten Bericht der österreichischen „Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung gegen Chris- ten“ hervor. Waren es 2015 noch 180 vermerkte Vorfälle, stieg die Zahl im Folgejahr auf 250. Vergangenes Jahr seien es mehr als 275 Vorkommnisse gewesen. Die in Wien ansässige Or- ganisation erhebt mit ihrer Auflistung keinen Anspruch auf einen vollständigen Überblick der Situation von Christen in Europa. „Unsere Arbeit zielt darauf ab, die Opfer von Intole- ranz und Diskriminierung zu ermutigen, ihre Geschichten zu erzählen“, erklärt die Direktorin der Beobachtungsstelle, Ellen Fantini, im Vorwort der Studie. Zudem solle eine Sensibilisie- rung erfolgen, sodass „das Phänomen ernst genommen wird“. Bei den aufgelisteten Vorfäl- len handelt es sich unter anderem um Vandalismus, Raub, Brandstiftung und die Zerstörung christlicher Symbole sowie körperliche Angriffe auf Gläubige. Für Deutschland listet die Or- ganisation für die Jahre 2016 und 2017 insgesamt 57 Vorfälle auf. Darunter sind zahlreiche Drohungen gegenüber christlichen Flüchtlingen, der Mord an einer zum Christentum konver- tierten Mutter oder ein Angriff der linksextremen Antifa auf Teilnehmer der „Demo für Alle“ 2016 in Stuttgart. Der Bericht erwähnt auch die mittlerweile offline gegangene Internetseite Agentin.org der Heinrich-Böll-Stiftung und einen Farbbeutel-Angriff auf die Freie Theolo- gische Hochschule in Gießen. Der Bericht findet sich unter dem Reiter „Publications“ auf: www.intoleranceagainstchristians.eu. | martina blatt 4 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
MELDUNGEN Drei Fragen an ... ... Johanna Stiebert. Sie erforscht als Gastwissenschaftlerin in Religionswissenschaf- ten an der Universität Bamberg, wie und warum klassische biblische Symbole wie Adam und Eva, der Paradiesgarten oder die Dornenkrone in der modernen Kultur auf- tauchen und inwiefern in der Bibel eine „Kultur der Vergewaltigung“ vorkommt. pro: Worum geht es in Ihrer Forschung? Johanna Stiebert: Ich erforsche, wie sexualisierte Gewalt und Begriffe wie Jungfräulich- keit, Reinheit und dergleichen mit biblischen Symbolen in Verbindung gebracht wer- den. Meine Kollegen und ich sind davon überzeugt, dass Popkultur sich diese Themen aussucht, weil sie so schnell erkennbar sind und sich die Leute dafür interessieren. Durch #metoo glauben wir, dass das Thema gerade jetzt sehr wichtig ist. Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen? Ich habe mit Kolleginnen das Shiloh-Projekt gegründet. Darin geht es um die Frage, wie die Religion und die Bibel mit „Rape Culture“ zusammenzubringen sind. Der Name geht zurück auf eine Geschichte am Ende des Buches Richter. Dort wird von der Verge- Foto: pro/Jörn Schumacher waltigung der Frau eines Leviten berichtet. Später entführen die Männer die Mädchen von Shilo. Die biblischen Texte, die Sie meinen, sind nicht sehr positiv … Nein. Aber es ist wichtig, sie zu verstehen. Die Geschichte von David und Bathseba bei- spielsweise wird oft als große Romanze dargestellt, etwa in Hollywoodfilmen. Wenn man aber mal die Geschichte liest, ist da nichts mehr von Romantik. Es geht einfach um einen mächtigen Mann, der sich jede Frau nehmen kann, die er haben will, und da- Johanna Stiebert wurde in Neuseeland gebo- ren, studierte in Neuseeland und England, bei weiß, dass sie verheiratet ist. Es ist viel wahrscheinlicher, dass es eine Vergewalti- bevor es sie beruflich nach Schottland, Bots- gung ist, als dass es eine große Romanze ist. Es ist nicht unwichtig, sich diese Sachen wana, Indien, Wales und in die USA zog. bewusst zu machen. Vielen Dank für das Gespräch. | die fragen stellte jörn schumacher Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Johanna Stiebert: bit.ly/stiebert Journalisten-Schelte hat Folgen für Berichterstattung I n Kommentarspalten von Online-Medien oder auf Facebook ist es einfach, sich über Journalisten aufzuregen. Verbale Attacken, Beleidigungen und Shitstorms sind kei- ne Seltenheit. „Das beeinflusst auch die Produktion von Nachrichten“, erklärte die Forscherin Senja Post von der Universität Zürich bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kommunikationswissenschaft und Publizistik. Gemeinsam mit ih- rem Mainzer Kollegen Hans Mathias Kepplinger geht sie davon aus, dass Journalisten Foto: opposition24.de (CC BY 2.0) beim Schreiben eines Beitrags schon an die mögliche Reaktion des Publikums denken. Bei einer Journalistenbefragung fanden die Kommunikationswissenschaftler heraus: Empfand ein Journalist die Anfeindung eher als positiv – etwa weil er sich dadurch in seinem Mut und seiner Objektivität bestätigt fühlte oder weil die Aufregung für mehr Klicks auf der Webseite sorgte –, beharrte er eher auf seiner Position und wollte da- gegenhalten. Wer Angriffe des Publikums emotional negativ wahrnahm, neigte später eher zum Einlenken. Zensieren sich Journalisten damit selbst? Nein, sagen Post und Wie Journalisten über bestimmte Themen Kepplinger. Denn am stärksten lehnten die Befragten die Aussage ab: „Ich verwende berichten, hängt auch davon ab, welche vorsichtigere Formulierungen“. Hingegen gab es die meiste Zustimmung dazu, selbst- Erfahrungen sie mit Anfeindungen gemacht kritischer zu werden. Allerdings gebe es auch Journalisten, die als Reaktion auf Anfein- haben dungen provozieren wollen. | jonathan steinert 3 | 2018 pro | Christliches Medienmagazin 5
GESELLSCHAFT 12 Freunde müsst ihr sein Für sie ist Jesus immer mit dabei: Das denken Spieler und Trainer über Gott | von david kadel Jürgen Foto: David Kadel Klopp (*1967), Trainer FC Liverpool Wer ist Jesus für Sie? Da kommt jemand mit eindeutigen, klaren Auf- gaben auf die Welt – die waren ja auch nicht ge- rade vergnügungssteuerpflichtig – zu den Men- schen, um zu beweisen, dass es Gott tatsächlich gibt. Bis hierhin war es ja nicht endgültig klar, zumindest nicht allen. Das war der positive Teil der Aufgabe, aber am Ende lastet er sich alle Sünden auf und lässt sich dafür sogar ans Kreuz nageln. Das ist einfach die einschneidendste Ge- schichte aller Zeiten, die es für mich als Christ gibt, weil sie alles verändert hat. Es hat lange gedauert, bis die frohe Botschaft dann tatsäch- lich auch flächendeckend verkündet wurde, und auf diesem Weg ist auch nicht alles richtig ge- macht worden. Aber ich lebe nun mal im Jetzt und es ist die großartigste Tat, die jemals voll- bracht wurde. Und wir alle sind nicht ansatzwei- se in der Lage, das jemals leisten zu können. Aber das müssen wir auch nicht, denn wir haben ja mit Jesus jemanden, der das für uns getan hat. Das ist sehr, sehr tröstlich. (aus: „Was macht dich stark“ von Autor David Kadel; www.davidkadel.de) pro | Christliches Medienmagazin 7
GESELLSCHAFT Foto: Werder Bremen Robert Bauer (*1995), Werder Bremen Wer ist Jesus für Sie? Jesus ist für mich ein ständiger Begleiter auf meinem Weg durchs Leben und jemand, der immer für mich da ist, egal wie es mir geht. Ich habe kürzlich wieder die Geschichte von dem Gelähmten, der vor der Synagoge sitzt, gelesen. Die Jünger können ihn tatsächlich heilen, weil sie es im Namen Jesu machen. Das hat mich sehr fasziniert. Ich denke oft da- rüber nach, was man mit Jesus alles erleben könnte, wenn man ihm mehr zutrauen würde. Was gibt Ihnen Kraft? Mein tiefer Glaube an Gott ist definitiv meine Stärke im Leben und auch in meinem Beruf als Fußballer. Der Rückhalt meiner Familie und meiner Freunde ist etwas, das mich auch im- mer wieder stärkt und oft wichtig für mich ist, um neu aufzutanken. Ihr WM-Tipp? Deutschland - Frankreich 1:2 Foto: picture alliance/augenklick Thilo Kehrer Foto: picture alliance/REUTERS Michael (*1996), Schalke Köllner 04, Kapitän der (*1969), Trainer deutschen U21 1. FC Nürnberg Nationalmann- schaft Wer ist Jesus für Sie? Ein Idol. Wenn jemand für die Menschen Wer ist Jesus für Sie? stirbt, was gibt es Größeres? Wenn man sein Mein ständiger Begleiter. Ich spreche viel mit eigenes Ego so dermaßen hinten anstellt und ihm und verbringe zu Hause bewusst sehr viel sich letztendlich einer größeren Sache unter- 3 | 2018 Zeit mit Gott. Ich habe immer so ein Gefühl, wirft und sich für alle Menschen einsetzt – das dass Gott irgendwie über mir schwebt und von ist Jesus! oben auf mich herabschaut und mir meinen Weg Was gibt Ihnen Kraft? weist. Rückhalt und Vertrauen der Familie. Der Glau- Was gibt Ihnen Kraft? be, dass man sich auf jemanden verlassen Der Glaube und das Bewusstsein, dass Gott kann und nicht verlassen ist, und schließlich: der Helfer an meiner Seite ist und ich mir keine Das Vertrauen des Vereins und der Fans. Mich Sorgen zu machen brauche oder unsicher sein macht es stark, Tag für Tag an mir selbst zu ar- muss. Denn nichts kann mich aufhalten mit Gott beiten, dabei eine gewisse Bescheidenheit zu an meiner Seite. Übrigens habe ich auch ein behalten, den Ablenkungen des Lebens aus Geheimnis, was mich körperlich stark macht: dem Weg zu gehen und mich dabei immer wei- Ingwer-Minz-Zitronen-Tee, mit Honig drin, das terzuentwickeln. knallt voll rein! :-) Ihr WM-Tipp? Ihr Lieblings-Bibelvers? Ich tippe auf ein Endspiel England - Frank- Gott ist mein Heil und mein Segen und meine reich. Mit einem 2:1 für England. Zuversicht. Der Fels meiner Stärke liegt in Gott! Psalm 72,7. Den Vers habe ich als Tattoo immer bei mir. 8 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
GESELLSCHAFT Anzeige Foto: picture alliance Davie Selke (*1995), Hertha BSC Berlin, U21 Europameister 2017 Wer ist Jesus für Sie? Ich vertraue ihm von Herzen, dass er immer ei- nen guten Weg für mich bereithält. Ich finde es faszinierend, dass er einem jeden Fehler vergibt, wenn man ihn ernsthaft bereut. Und genau dafür ist er ja für uns gestorben. Vergebung ist über- haupt ein großes Thema für mich, weil man ein- fach in solchen Momenten Größe zeigt. Was gibt Ihnen Kraft? Mir gibt Jesus mit seiner Liebe für mich unheim- liche Kraft und Ruhe. Es ist der Glaube an Gott, der mir in schwierigen Zeiten hilft. Aber auch meine Familie ist ein ganz wichtiger Bestand- teil in meinem Leben, die immer für mich da ist, wenn’s mal nicht so gut läuft – wenn’s gut läuft sind ja meistens andere Menschen da (lacht). Ihr Lieblings-Vers? Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz! (Matt- häus 6,21) pro | Christliches Medienmagazin 9
GESELLSCHAFT Bundesliga-Trainer Heiko Herrlich „Viele junge Spieler stehen heute offen zu ihrem Glauben“ Für den Fußballtrainer Heiko Herrlich von Bayer 04 Leverkusen steht der Glaube im Mittelpunkt seines Lebens. Früher sei er damit in der Bundesliga ein Exot gewesen. Aber bei der jungen Fußballergeneration hat er einen Wandel festgestellt. | die fragen stellte michael müller Der gebürtige Mannheimer Heiko Herrlich war einer der erfolg- reichsten deutschen Stürmer der 1990er-Jahre: 1995 wur- de er bei Borussia Mönchen- gladbach Torschützenkönig der Bundesliga, 1997 gewann er mit Borussia Dortmund die Champions League und den Weltpokal. Im Jahr 2000 dia- gnostizierten Ärzte bei ihm einen bösartigen Gehirntumor. Eine Strah- lentherapie war erfolgreich. Der heute 46-Jährige ist seit 2017 Trai- ner des Bundesligavereins Bayer 04 Leverkusen. Foto: Bayer 04 Leverkusen 10 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
GESELLSCHAFT pro: Wie hilft Ihnen der christliche „Jesus liebt dich“ – diesen Satz sage passagen. Ich kann mich an eine Situati- Glaube bei der täglichen Arbeit? ich gerne jungen Menschen beispiels- on in Regensburg erinnern. Dort hat sich Heiko Herrlich: Mein Glaube hilft mir weise zur Konfirmation. Und zwar des- ein Spieler klar im Ton vergriffen. Alle ha- nicht nur im beruflichen Alltag, der ja halb, weil ich es für mich selbst so emp- ben auf mich geschaut und eine Reakti- nur einen Teil, wenn auch einen bedeu- finde. Es gab Phasen, da habe ich mich on erwartet. Ich habe ihnen ein Gleichnis tenden, meines Lebens darstellt. Ich zu meinem Glauben überhaupt nicht ge- aus dem Johannes-Evangelium vorgetra- will damit sagen, dass ich daraus Kraft äußert. Ich empfand das als meine Pri- gen: „Eine Ehebrecherin sollte gesteinigt schöpfe in allen Lebenslagen. Im Pri- vatsache. Es gab aber auch Situationen, werden. Jesus kommt dazu. Die Leute sa- vaten, im Job. Der Glaube ist mein Mittel- in denen ich das Verlangen hatte, meinen gen zu ihm: Die Frau hat die Ehe gebro- punkt, ich habe mich immer geborgen ge- Glauben zu teilen, ihn weiterzugeben. chen, sie muss gesteinigt werden; was fühlt im und durch mein Gottvertrauen. sollen wir tun? Jesus sagt: Wer von euch Sie meinen damit auch Ihre erfolgreich ohne Sünde ist, der soll den ersten Stein bekämpfte Hirntumor-Erkrankung im werfen. Nach und nach gehen alle weg, Jahr 2000. Können Sie schildern, wie die Alten zuerst.“ Mich beeindruckt die- Ihnen Ihr Glaube damals geholfen hat? se Geschichte sehr. Gerade die Alten wis- Genau das war solch eine Situation, von sen: Wir haben in unserem Leben selbst der ich gerade gesprochen habe. Wäh- genug Fehler gemacht. Auch wenn die rend beziehungsweise nach meiner Sünde noch so groß ist: Es geht immer Hirntumor-Erkrankung wollte ich das wieder darum, zu vergeben. Wir dürfen Glück, das ich empfunden habe, wei- uns nicht zum Richter machen, sondern Foto: picture alliance/dpa tergeben: die Erfahrung, dass man ge- sollten immer wieder aufeinander zuge- tragen wird. Natürlich habe ich Gott da- hen und verzeihen. mals auch gefragt: Warum muss ich das jetzt ertragen? Tief in mir hatte ich den- Sie haben sich gewünscht, dass der noch ein unerschöpfliches Gottvertrau- Glaube vieler Fußballer auf die Ge- 1995 war Heiko Herrlich Torschützenkönig en. Ich glaube, dass alles so seine Rich- sellschaft überschwappt. Was müssen der Bundesliga tigkeit hat. Ich zitiere diesbezüglich ger- christliche Fußballer dafür tun? ne die Bibel. Im Buch der Sprüche heißt Zu meiner aktiven Zeit als Profifußballer In welchen Momenten des es: „Verlasse dich von ganzem Herzen auf galt man eher als Exot, wenn man sich Lebens spüren Sie Gott am den Herrn und verlasse dich nicht auf öffentlich zu seinem Glauben bekannt stärksten? deinen Verstand, so wird er deinen Weg hat. Das waren einige wenige wie Jorgin- In den Momenten, in denen dir rechtens zeigen.“ ho, Wynton Rufer oder Rune Bratseth. Ich Gott mich Dankbarkeit und habe das auch getan, aber manchmal fiel Demut empfinden lässt. es mir durchaus auch schwer, da habe ich mich ein bisschen unwohl gefühlt. Heu- Wie sind Sie mit dem te ist das ganz anders. Zum einen bei mir christlichen Glauben in Berührung ge- „Es geht immer selbst, denn mein Glaube gehört zu mir, er gibt mir Halt, er hilft mir. Zum anderen kommen? Haben Ihre Eltern Sie mit wieder darum, gibt es viele junge Spieler, die ganz of- fen zu ihrem Glauben stehen. Mit diesen in die Kirche ge- nommen? zu vergeben.“ Spielern rede ich häufig darüber, und sie mit mir. Wenn ein Spieler diesen Impuls Ja, das haben sie. in sich trägt, dann bestärke ich ihn gerne Doch unabhängig darin. Aber ich sehe für die jungen Fuß- davon hatte ich be- baller keine Verpflichtung, ihren Glau- reits als Kind eine ben öffentlich zu machen. Wenn sie es Beziehung zu Gott Trainer sind im besten Fall auch echte wollen, ist es gut. entwickelt. Wenn ich Vorbilder für junge Fußballspieler. Sie zum Beispiel mal un- können beispielsweise Orientierung Danke für das Gespräch! ter Bauchschmerzen litt, bieten. Inwiefern spielt die Bibel bei dann habe ich ihn immer Ihren Ratschlägen an die Nachwuchs- gebeten, mir zu helfen und kicker eine Rolle? sie von mir zu nehmen. Ir- In diesem Zusammenhang möchte ich die gendwie hatte ich da schon Leute, auch meine Spieler, nicht überfor- Herrlichs WM-Tipp: das Gefühl, dass da jemand ist, dern. Aber ich zitiere immer wieder mal Deutschland, aber auch der auf mich achtet. aus der Bibel. Gerade wenn es Span- Frankreich, Spanien oder nungen innerhalb der Mannschaft gibt. Brasilien könnten es schaffen. Wie hat sich Ihre Beziehung zu Jesus Da kann man wunderbar die Bibel zurate Christus über die Jahre entwickelt? ziehen und es gibt einige passende Text- 3 | 2018 pro | Christliches Medienmagazin 11
GESELLSCHAFT Jorginho: „Gott ist mein Spielmacher“ Der brasilianische Fußballweltmeister (1994) Jorginho fand nach einem exzessiven Leben einen „festen Punkt“. Als erster ausländischer Mannschaftskapitän der Bundesliga leitete der missionarische Christ einen Bibelkreis für seine Mitspieler bei Bayer 04 Leverkusen. Die Jungprofis Oliver Pagé und Heiko Herrlich ließen sich von seiner Christusbegeisterung anste cken. Heute unterhält er im Slumviertel von Rio eine Fußball schule. | von günther klempnauer J orginho kam gleich auf seine Her- noss in vollen Zügen das Nachtleben von kunft zu sprechen: „Wenn ich an mei- Rio und hatte ständig schöne Frauen um ne Jugendzeit zurückdenke, war ich mich. Doch mein Herz war leer. In dieser beim Fußballspielen am glücklichsten. Zeit wurde mein älterer Bruder plötzlich Gehungert hat unsere Familie mit sechs Christ. Jahrelang hatte er unsere Fami- Kindern zwar nicht, aber wir lebten im- lie tyrannisiert. Wenn er betrunken nach mer am Rande des Existenzminimums im Hause kam, hat er alles zusammenge- Elendsviertel von Rio. Mein Vater starb, schlagen. Doch nun änderte sich sein Le- als ich zehn Jahre alt war. Schon vorher ben. Er war nicht wiederzuerkennen. Er hatte er sich von unserer Mutter getrennt trank nicht mehr, schikanierte uns nicht und war für die Kinder natürlich auch mehr und war mit sich selbst zufrieden. nicht da. Erst später begriff ich, wie wich- Mein Bruder war ein neuer Mensch ge- tig der Vater für eine Familie ist. Meine worden, und das machte mich stutzig. Mutter musste den ganzen Tag in einer Denn ich hatte doch alles, was er nicht Wäscherei arbeiten, weil wir Kinder sonst hatte: Geld, Ruhm und Frauen. Aber ich verhungert wären. Mein ältester Bruder war unglücklich und er war glücklich.“ war Alkoholiker und mein jüngster Bru- (...) der drogensüchtig.“ „Ohne Gott war ich ein Foto: Foto Arena LTDA / Alamy Stock Foto Vielleicht um von den kaputten fami- liären Verhältnissen abzulenken, unter- jämmerlicher Kerl“ brach Cristina unvermittelt ihren Mann: „Wären Jorgi und ich nicht Christen ge- Als der Fußballprofi im Aktuellen Sport- worden, wären wir jetzt nicht so glück- studio vom ZDF-Moderator Karl Senne lich verheiratet.“ Jorginho schaute mich provozierend gefragt wurde, ob ihm das an und sagte: „Du musst wissen, dass ich Leben ohne seine Frauengeschichten früher sehr vergnügungssüchtig war. Ich überhaupt noch Spaß mache, antwortete verdiente viel Geld, fuhr tolle Autos, ge- er: „Ich kenne beide Seiten und weiß, wo- 3 | 2018
GESELLSCHAFT von ich rede. Ohne Gott war ich ein jäm- eine Bibel als Geschenk zu überreichen. gehen.‘ Im Propheten Maleachi heißt es: merlicher Kerl, mit Gott bin ich ein ganzer Patrick Notthoff, der Kapitän vom MSV ‚Wendet euch zu mir, dann will ich mich Mann, der frei entscheiden kann, was er Duisburg, sagte zu dieser ungewöhn- euch zuwenden und euch helfen, ich, der tut und lässt. Ich erfahre in meiner Fami- lichen Aktion: „Bei jedem anderen wäre Herr.‘“ (...) lie mit Cristina und unseren drei Kindern es lächerlich gewesen. Aber Jorginho ist Liebe und Geborgenheit. Ich brauche kei- eine richtige Persönlichkeit. Er hat mir Fußballschule für ne zweifelhaften Vergnügungen mehr; erklärt, warum er das macht. Das ist zwar Straßenkinder in Rio denn die Flucht in den Rausch ist immer ungewöhnlich, aber ich fand es toll.“ ein Zeichen innerer Leere. Wenn ich heu- Bibellesen gehörte schon damals für Sein heutiges Arbeitsfeld befindet sich te nach Hause komme, muss ich nicht den praktizierenden Christen zum täg- immer noch in Rio, wo er als Fußball- verzweifelt nach irgendwelchen Ausre- lichen Brot, weil ihn diese geistliche Spei- spieler zuerst bei CR Flamengo und als den suchen, warum ich später gekom- se innerlich stärkt, inspiriert und moti- 64-facher Nationalspieler wiederholt im men bin. Es gibt kein Misstrauen mehr viert. Deshalb bot er seinen Mitspielern Maracanã-Stadion vor 80.000 Zuschau- zwischen uns.“ – „Hat sich deine Einstel- jeden Donnerstag in seiner Wohnung ern gespielt hatte. Seine langjährigen lung als Fußballprofi auch verändert?“ – einen Bibelabend mit lockeren Gesprä- Fußballkollegen hat er ausgetauscht ge- chen über Gott, familiäre und berufliche gen Straßenkinder aus den Elendsvier- Fragen und Probleme an. Seine Mitspie- teln von Rio. Es sei ein täglicher Über- ler Oliver Pagé, Heiko Herrlich und ande- lebenskampf, auf den er sich eingelas- re fanden einen persönlichen Zugang zu sen habe. „Wir wollen diesen Kindern Gott und der christlichen Botschaft. der Armut eine Chance geben“, sagte der „barmherzige Samariter“; denn sie seien Von Gott angestrahlt wie unter der Nährboden für die Straßenkriminali- Flutlicht tät, wenn man sie im Stich lasse. Im Jahr Foto: Aflo Co. Ltd. / Alamy Stock Foto 2000 siedelte er die von ihm gegründe- Immer wurde Jorginho gefragt, wie er te Fußballschule „Bola Pra Frente“ („Mit sein persönliches Glaubensverhältnis dem Ball nach vorn“) in der Favela Gua- zu Gott, dem himmlischen Vater, und dalupe im Norden von Rio an, wo er selbst seinem Sohn Jesus Christus beschrei- aufgewachsen war. 700 Jugendliche ha- ben würde. Jorginho versuchte eine Ant- ben jährlich die Möglichkeit, dort ver- wort: „Es ist leichter, Fußball zu spie- schiedene Ballsportarten, aber auch den Jorginho wurde 1994 mit der brasilianischen len, als den Glauben an Christus zu er- Umgang mit Computern zu erlernen oder Mannschaft Fußball-Weltmeister klären. Man muss ihn erlebt haben. Ich berufsvorbereitende Kurse zu besuchen. möchte es mit einem Bild umschreiben: Stolz berichtete er: „Die Favela Guadalu- Wenn wir abends unter Flutlicht spielen, pe hat sich schon ein Stück weit verän- „Wenn ich früher nach einem verlorenen sind wir angestrahlt. Dadurch entsteht dert. Die Kids spielen, lesen und schrei- Spiel nach Hause kam, war die Hölle los. ein Schatten, der mich ständig beglei- ben zu sehen, ist mein größtes Glück.“ Ich war unausstehlich und unnahbar. Ich tet. Genauso fühle ich mich von Gott an- spiele sehr gerne Fußball, und es ist für gestrahlt, ob ich laufe, stehe oder gehe. mich auch wichtig zu gewinnen. Aber Der Schatten begleitet mich, wo immer es ist nicht mehr die Hauptsache; denn ich bin. Gott umgibt mich auf allen We- ich bin innerlich nicht mehr vom Spiel- gen. So wie der Schatten mir zeigt, dass ergebnis abhängig. Ob Sieg oder ich angestrahlt werde, so spiegelt sich Niederlage im Fußball, das stört meinen Gottes Wesen in meinem Leben wider. Ich Seelenfrieden nicht nachhaltig. Ich kann setze mich den Strahlen seiner Liebe aus ein Spiel verlieren, weil mein persön- und werde erwärmt. Deshalb habe ich ei- licher Sieg nicht vom Fußball abhängt. nen Platz an der Sonne. Diese göttlichen Mein Sieg gründet sich auf den Sieg Chri- Energiestrahlen sind für mich eine Kraft, sti, der mir durch seinen Tod und seine die mein Leben total verändert hat. Das Auferstehung Vergebung meiner Schuld sagt schon der Apostel Paulus: ‚Das Evan- und ewiges Leben erworben hat.“ (...) gelium ist eine Kraft Gottes, die glückse- lig macht alle, die daran glauben‘ (Römer Mannschaftskapitän 1,16). Wenn ich mit einem Menschen über Dieser Auszug ist dem Buch „Keiner verschenkt Bibel Gott rede, bete ich im Stillen, Gott möge kommt an Gott vorbei“ entnommen. ihn erleuchten durch seinen Heiligen Darin schreibt Günther Klempnauer Als bisher erster Ausländer wurde Jorgin- Geist. Sonst spielt sich nichts ab. Ich sag über den Glauben von Fußball ho in Leverkusen von seinen Mann- dann einfach: ‚Probier es doch mal aus. Legenden. Aktuell erschienen im schaftskameraden zum Kapitän ge- Stell den Kontakt zu Gott doch einfach St. Benno Verlag, 232 Seiten, 16,95 wählt. Diese Position nutzte er, um dem mal her. Wenn du nicht den Lichtschal- Euro, ISBN 9783746251752. Spielführer der gegnerischen Mannschaft ter betätigst, wird dir nie ein Licht auf- 3 | 2018 pro | Christliches Medienmagazin 13
GESELLSCHAFT Der perfekte Gastgeber Ritz-Carlton-Gründer Horst Schulze schaffte es „vom Tellerwä- scher zum Millionär“. Mit Charisma und Disziplin erreichte der gebürtige Rheinland-Pfälzer mit seinen Luxushotels das, wovon andere Unternehmer träumen. Doch der Milliardär ist auf dem Boden geblieben. Sein Glaube erdet ihn. | von swanhild zacharias S eine Frau weigert sich, mit ihm in der Amerikaner tun würde, der Deutsch seinen eigenen Hotels Essen zu ge- spricht. In Winningen an der Mosel in hen. Denn Horst Schulze kann die den Dreißigerjahren geboren, begann er Arbeit nicht einfach Arbeit sein lassen. mit 14 Jahren eine Kellnerlehre im Kurho- Dafür legt er zu viel Wert auf den per- tel Bad Neuenahr. Die Branche faszinierte fekten Service – in diesem Fall darauf, ihn, schon als Kind wusste er, dass er dort nicht zu lange auf die einzelnen Gän- arbeiten wollte. In den folgenden Jahren ge warten zu müssen. Es ist schon vor- heuerte er in den führenden Hotels Euro- gekommen, dass er in die Hotelküche pas als Kellnerlehrling, Kochlehrling und stürmte und den Angestellten erklärte, -gehilfe an. Auch wenn er in Luxushotels dass die Geschäftsleute unter den Gästen wie dem Bourgeoise Palast Lausanne, nie wieder kommen werden. dem Bellevue Palast in Bern und im Savoy Schulze wurde schon als „Welthotelier“ Hotel in London arbeitete – sein eigenes ausgezeichnet. Der Internationale Tou- Leben war zunächst alles anderes als lu- Foto: pro/Martina Blatt ristikverband Hotel & Travel worldwide xuriös. „Ich habe in Paris in Zimmern ge- kürte ihn im Jahr 2002 zum bedeutends- lebt – das können Sie sich nicht vorstel- ten Hotelier aller Zeiten. Und der dama- len“, sagt er heute. „Ich weiß, was Luxus lige US-Präsident George W. Bush ver- ist, und ich weiß, was Armut ist.“ Er wisse Der Ritz-Carlton-Gründer Horst lieh ihm in den Neunzigern den „Malcom auch um jeden Job seiner Angestellten Schulze ist der geborene Hotelier Baldrige National Quality Award“, die und die damit einhergehenden Herausfor- höchste Qualitätsauszeichnung in den derungen, „denn ich habe sie alle selbst USA. Der Preis wird auch „Wirtschafts- ausgeübt“. Vielleicht versucht Schulze Oscar“ genannt. deshalb, auf dem Boden zu bleiben. Auch Der heute 80-Jährige gründete 1983 die wenn Geld jetzt keine Rolle mehr spielt, Ritz-Carlton-Hotels und war lange Zeit vermeidet er im Privaten allzu viel Luxus. deren Vorstandsvorsitzender, bevor er Es sei sehr leicht, sich an ein Luxusleben 2002 mit der Ultraluxus-Marke Capella zu gewöhnen, aber auch gefährlich, sagt nochmals eine neue Hotelkette startete. er. „Wir leben ein relativ normales Leben.“ Denn der Ruhestand war nichts für ihn. Der Hotelier ist Vater von vier Töchtern. Gerade einmal ein Wochenende hielt er Zu Hause gebe es keinen Butler oder ähn- das Rentnerleben nach dem Verkauf sei- liche Annehmlichkeiten, die in seinen Ho- ner Ritz-Carlton-Anteile durch, bevor er tels zum Standard gehören. zu seiner Frau sagte: „Ich mache es noch- Wenn Schulze von seinen Hotels er- mal.“ Acht Hotels gehören weltweit zu zählt, ist er in seinem Element. Er gesti- Capella, in Deutschland ist es der Brei- kuliert viel und sprüht förmlich vor Be- denbacher Hof in Düsseldorf. geisterung. Er mag den Begriff „Arbeit“ Schulzes Lebenslauf liest sich wie der auch nicht. Er spricht viel lieber vom „Er- amerikanische Traum „vom Tellerwäscher schaffen“. Man solle nicht arbeiten ge- zum Millionär“. Dabei ist er gar kein Ame- hen, um eine Funktion zu erfüllen. „Al- rikaner – auch wenn sein Akzent mittler- les, was ich mache, mache ich, um ein weile so klingt. Er rollt das „R“ wie es je- Ziel zu erreichen“, sagt er. 14 pro | Christliches Medienmagazin 14 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
GESELLSCHAFT „Jeder weiß, dass Er ist kein Aufgeber-Typ. Vor vielen Jah- ich ein Christ bin“ ren wurde bei ihm Darmkrebs diagnosti- ziert. Die Ärzte gaben Schulze nur noch Das vermittelt er auch seinen Mitarbei- wenige Monate zu leben. Doch der Unter- tern. In seinen Hotels würden nicht ein- nehmer nahm sein Schicksal nicht ein- fach Bewerber eingestellt. „Wir suchen fach hin. Er suchte aktiv nach Behand- Mitarbeiter aus, die Talent haben.“ Das lungs-Alternativen und fand sie schließ- Prinzip gilt für ihn vom Zimmermäd- lich bei einem Japaner, der auf makro- chen bis zum Hotelmanager. „Wir sagen biotische Diäten spezialisiert war. Zwei unseren Mitarbeitern: ‚Kommt, um an Freunde hatten ihm unabhängig vonei- unseren Träumen teilzunehmen.‘“ Da- nander davon erzählt. Für Schulze als bei macht er eine ausholende Geste. In Gläubigen war das ein Zeichen. Zwei Jah- diesem Moment ist er ganz der amerika- re lang ernährte er sich ausschließlich nische Selfmade-Man. Der Hotelier ist von braunem Reis, Seetang, Tofu und überzeugt: Wer sich zugehörig fühlt und Wasser. Kein Salz, keine Gewürze. Der auch wer Wertschätzung erfährt, der leis- Krebs verschwand und kam nie wieder. tet die bessere Arbeit. Christliche Werte zu leben ist für Schulze Mehr Zeit zum Fischen ein Grundprinzip. Denn der Hotelier ist gläubig und will das auch als Unterneh- Ultra-Luxus, den er mit seinen Capella- mer repräsentieren. Er hänge den Glau- Hotels anstrebt, bedeutet nicht unbe- ben zwar nicht an die „große Glocke“, dingt Pomp und Marmor. Das gebe es na- aber „jeder weiß, dass ich ein Christ bin“. türlich auch, weil die Gäste es häufig von Sei es in seinen Hotels in Asien, im Mitt- zu Hause gewohnt seien. „Wirklicher leren Osten, in Amerika oder Deutsch- Luxus heißt aber, dass wir den Gast land. „Den Menschen zu achten, ist das so behandeln, wie er behandelt wer- Größte als Christ“, sagt er. Jeder Mensch den will.“ Schulze betont die „Selbst- sei von Gott geschaffen. Deshalb dürfe bestimmung“. In seinen Hotels gibt es niemand behaupten, dass er besser als keine festen Zeiten zum Ein- oder Aus- jemand anderer sei. Schulze erklärt das checken. Alles ist zu jeder Uhrzeit mög- mit Nachdruck und ernstem Blick. Er war lich. Ein Geschäftsmann, der durch- es auch, der den Satz „We are Ladies and gängig reist, müsse zum Beispiel nach Gentlemen serving Ladies and Gentle- seinem 28-stündigen Flug alles auf men“ prägte, der mittlerweile in jedem ihn zugeschnitten vorfinden. „Dieser Hotelfachbuch zu finden ist. Mitarbeiter Mensch, der dauernd arbeitet, kann es dürfen nicht wie Leibeigene behandelt sich nicht leis-ten, in ein Hotel zu gehen, werden, heißt das. Auch wie er mit sei- in dem nicht alles perfekt ist.“ Schul- nen Gästen umgeht, leitet er aus christ- ze weiß, wovon er spricht. Noch bis lichen Prinzipien ab: „Wenn ein Gast vor Kurzem jettete er 200 Tage im Jahr kommt, behandele den Gast, als ob es Je- um den Globus. Mittlerweile versucht sus selbst wäre.“ Diesen Spruch des Hei- er, alles etwas langsamer zu machen – ligen Benedikt hat sich Schulze zu eigen zumindest für seine Verhältnisse. Sei- gemacht. Er findet: „Das ist Service.“ ne Anteile an Capella hat er jüngst ver- kauft. Er arbeitet immer noch viel, ist Mit braunem Reis und in verschiedenen Vorständen und reist, Seetang gegen Krebs um Vorträge zu halten. Es sei aber nicht mehr ganz so viel wie früher. Schließ- Vielleicht hat er deshalb den Anspruch, lich sei er jetzt 80 Jahre alt, da müsse immer besser zu werden. Schulze ist kein man langsamer machen. „Ich bin jetzt Mensch, der sich auf seinem Erfolg aus- mehr zu Hause mit der Frau, in die ich ruht. Gut ist für ihn nicht gut genug. „Ich verliebt bin“, sagt er über seine Ehe- will die Gold- und nicht die Silbermedail- frau und lächelt. Zu Hause, das ist der- le“, sagte er einmal. Und über Service zeit in Atlanta. Da hat Schulze ein Haus, leistungen in der Ultraluxus-Klasse: „Ein in dem auch seine Töchter aufwuchsen. Nein ist eine Todsünde.“ Wenn einer der Wahrscheinlich ist er jetzt auch öfter in Gäste Sex suche, werde allerdings „höf- seinem Strandhaus in Florida und fährt lich auf die Gelben Seiten“ verwiesen. zum Fischen raus. Aber das hatte er auch „Wir sind keine Escort-Agentur“, sagt der nach seinem Abschied aus dem Ritz- Hotelier. Carlton vor ... Foto: Valery Yurasov, iStockphoto 3 | 2018 pro | Christliches Medienmagazin 15
GESELLSCHAFT „Wir verschlafen die Digitalisierung“ Der Theologe Michael Herbst fordert Christen dazu auf, sich im Glauben weiterzuentwickeln, und wehrt sich dagegen, die Welt in schwarz und weiß einzuteilen. Langfristig hält er die „missionarische Ökumene“ für unabdingbar, um als Kirche in der Gesellschaft relevant zu bleiben. | die fragen stellte swanhild zacharias pro: Sie fordern „mündiges Christ- sein“. Was ist das? Michael Herbst: Wenn ich mündig werde, dann merke ich, dass die Welt sich nicht in schwarz und weiß einteilt. Damit als Christ fertig zu werden, dass nicht immer alles ganz einfach ist, ist ein Wachstums- schritt. Ich muss anfangen, mich weiter- entwickeln zu wollen. Die entscheidende Veränderung passiert, wenn eine Ge- meinde den Christen beibringt: Ihr müsst meinem Berufsfeld sagen: Nach 22 Jahren auch ein Stück für euch selber sorgen, als Professor ist es mir vor kurzem zum euch weiterentwickeln. ersten Mal passiert, dass ein Student sei- ne Examensarbeit über Digitalisierung in große Zögerlichkeit. Andererseits: Durch Wie können wir Menschen mit dem der Kirche schreibt. Es wird zwar nie ei- das Zentrum „Mission in der Region“ gibt Evangelium erreichen? nen Ersatz geben für persönliche, leib- es nun im Kirchenamt eine Einrichtung, Der entscheidende Sprung in einer mis- haftige Begegnung. Aber das muss kein die keine andere Aufgabe hat, als darü- sionarischen Arbeit einer Gemeinde pas- Widerspruch sein. ber nachzudenken, wie wir in den Regi- siert, wenn sie lernt, missionarisch zu onen unseres Landes besser missiona- denken. Erster Schritt: Hören auf Gott. Was macht die Evangelische Kirche in risch arbeiten können. Hören auf meinen Kontext. Zweiter Deutschland (EKD) gut, was schlecht Schritt: Wo können wir Gemeinschaft mit bei der Verkündigung des Evangeli- Wie kann die Landeskirche wieder Menschen knüpfen? Und wie können wir ums? mehr (junge) Menschen erreichen? mit ihnen etwas tun, diese Community, Ich bin leidenschaftlich dafür, dass wir Sie wird erst mal begreifen müssen, dass diesen Ort zu verbessern? Dritter Schritt: alles in der EKD unterstützen und för- sich das Alter unglaublich verändert hat. Wie sind wir jetzt authentische Christen, dern, wo wir merken, da tut sich etwas Ich bin Anfang sechzig. Das wäre vor ei- die Jesus bezeugen und zur Nachfolge bei einer neuen Offenheit in Richtung ner Generation ein wirklich alter Mensch einladen? Mission. Aber es geht mir viel zu lang- gewesen. Heute haben wir die sogenann- sam. Wir sind als Kirche in einer ent- ten „jungen Alten“. Sie sind die stärkste Welche Rolle spielen dabei die Medi- scheidenden Übergangsphase: Von einer Ressource für ehrenamtliches Mitarbei- en? Großorganisation zu einer Minderheiten- ten in der Kirche. Das muss noch begrif- Als Kirchen verschlafen wir die Digitali- kirche. Im Augenblick haben wir noch fen werden. Wie man jetzt jüngere Men- sierung. Wir haben als Kirche noch nicht Ressourcen, haben Kontakte, haben schen erreichen kann, hat wieder mit der begriffen, dass wir hier eine Herausforde- noch Zugang. Wir müssten alles tun, um Frage nach Digitalisierung und Medien rung und eine Chance haben. Ich kann das dafür zu nutzen, uns missionarisch zu tun. Es hat aber auch damit zu tun, es an einem ganz banalen Beispiel aus neu aufzustellen. Da ist immer noch eine wen man bei Konferenzen auf der Büh- 16 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
GESELLSCHAFT ne sieht. Aufgabe meiner Kollegen ist es, den jungen Leuten den Teppich auszu- rollen, damit sie sehen: So ist es, in der verspüren als alles Trennende. Und dann Kirche aktiv zu sein. Und die Fragen: Was streite ich mit Vergnügen mit einem FeG- sind die Themen, die sie interessieren? ler über die richtige Form der Taufe. Am Foto: pro/Martina Blatt Wie können wir zusammen ein Stück Ende der Tage zählt, dass wir gemein- Welt gestalten? sam vor Christus stehen und ihn in die- sem Land dienen wollen. Und das Stich- Sollten Landes- und Freikirchen den wort „missionarische Ökumene“ schließt Fokus stärker auf Verbindendes als auch die Katholiken mit ein. Trennendes legen? Michael Herbst, geboren 1955 in Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Was wünschen Sie sich von der Kirche Bielefeld, ist evangelischer The- Landes- und Freikirchen. Aber ange- im Punkt Verkündigung? ologe und lehrt als Professor für sichts der Minderheitensituation der Die Art der Verkündigung ist es wert, Praktische Theologie an der Ernst- Christen in unserem Land tun wir gut da- dass wir unser aller Bestes geben. Dass Moritz-Arndt-Universität Greifswald. ran, zu schauen, dass die, die Christus wir eine Sprache finden, die Menschen Von 1984 bis 1992 war Herbst Vikar lieb haben und ihm in dieser Welt die- verstehen. Dass wir erstklassiges Mate- und anschließend Pfarrer in Müns nen wollen, eine tiefere Gemeinsamkeit rial brauchen und nutzen. Dass wir uns ter. Schwerpunkt seiner Arbeit ist stundenlang in die Texte vertiefen. Ich unter anderem der missionarische glaube, dass Predigt auch in Zukunft eine Gemeindeaufbau in den Landeskir- enorme Rolle spielen wird. Dass sie glei- chen. Herbst ist verheiratet und hat chermaßen christuszentriert, humorvoll, vier Kinder. lebensnah und authentisch sein sollte. Anzeigen christlicher pro medienverbund kep 3 | 2018 Christliches Medienmagazin www.pro-medienmagazin.de FSJ/FACHABITUR- PRAKTIKUM AB SOMMER 2018 Was Fußballer über Jesus denken ANFORDERUNGEN Glaube an Jesus Christus, gute Deutschkenntnisse, Michael Herbst Jana Highholder Michael Kretschmer PC-/Office-/Internet-Kenntnisse, Führerschein Klasse B plädiert für legt steht für Mission auf Glaubens- Politik mit Ökumenisch zeugnis via Zuversicht AUFGABEN YouTube ab Verwaltung, Korrespondenz, Büro-Organisation, Fahrdienste Mitarbeit im hauswirtschaftlichen/- BESTELLEN SIE technischen Bereich Präsentation unserer Arbeit auf Messeständen WEITERE EXEMPLARE KOSTENFREI! Wir bieten Ihnen eine sehr interessante, vielfältige Tätigkeit in einem jungen und dynamischen Team. Telefon (0 64 41) 91 51 51 Ein Taschengeld wird gezahlt und eine Unterkunft kann gestellt werden. pro-medienmagazin.de Richten Sie die Bewerbung an: Christlicher Medienverbund KEP Steinbühlstraße 3 . 35578 Wetzlar . (0 64 41) 9 15 151 . info@kep.de 3 | 2018 2018_pro_Nachbestellung2.indd 1 06.06.18 11:51 pro | Christliches Medienmagazin 17
GESELLSCHAFT Foto: picture alliance/AP Photo Foto: Nicor, Wikipedia (CC BY-SA 3.0) Flucht aus C hos Flucht aus dem nordkorea- nischen Arbeitslager passiert ge- räuschlos. So leise, als ob er nicht Kim Jong-ils atmete. Überall lauern Inspektoren, die instruiert sind, Flüchtende abzufangen. Wo genau sie stehen, weiß Cho nicht. Und doch gelingt es ihm, mit viel Obacht, Hungerland heimlich aus dem Arbeitslager, in dem er drei Monate zu Zwangsarbeit verpflichtet ist, zu fliehen. Er gelangt an die Grenze zwischen Nordkorea und China, die der Jalu trennt. Wann die Wachablösung an Dem Nordkoreaner Cho gelang die Flucht nach China – und den Posten am Fluss ist, weiß Cho noch das gleich mehrfach. Heute erzählt der Mann, der in seinem aus seiner Militärzeit. Mit der Hoffnung auf ein Leben in Freiheit schwimmt er Heimatland fast verhungert wäre, von Jesus Christus. | von durch den Fluss auf die andere Seite. martina blatt Dies gelingt ihm wie durch ein Wunder, ohne entdeckt zu werden. Es ist das zweite von insgesamt drei Malen, dass Cho aus seinem Geburtsland flieht. Er hatte zuvor schon einmal den Fluss an der Grenze zu China überquert und in dem Nachbarland sogar gearbei- 18 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
Das Großmonument Mansudae in Pjöngjang soll an die Unabhängigkeits- bewegung unter Kim Il-sung gegen die japanische Herrschaft über Korea erinnern. Das Zentrum sind zwei rund 20 Meter hohe Bronzefiguren von Kim Il-sung und Kim Jong-il. Foto: picture alliance/AP Photo Viele Nordkoreaner leben in Armut und Hunger. Die Landwirtschaft steht von Natur aus vor Herausforderungen: schwankender Niederschlag, extreme Jahreszeiten und gebirgiges Terrain. Foto: picture-alliance/dpa tet. Doch chinesische Grenzpolizisten sung. Er dachte, der Führer tut alles zum kam, trank er immer eine Menge Wasser, spürten ihn auf und brachten ihn zurück Wohlergehen der Menschen. So bläute weil er so hungrig war. 1998 wurden die nach Nordkorea. es die Propaganda den Kindern und Er- Rationen von der Regierung gestrichen. Die Flucht aus dem Land gilt als Hoch- wachsenen stets ein. Cho ging davon aus, Die Menschen hungerten. Epidemien verrat. Wird jemand gefasst, erwartet ihn dass es Menschen in anderen Ländern brachen aus. ein gewaltvolles Schicksal. Es gibt unter- schlechter ergehe. Cho hatte mittlerweile eine kleine Fa- schiedliche Abteilungen im Arbeitslager. Doch das änderte sich, als 1998 Kim milie gegründet. Doch seine Frau konnte Die „Verräter der Nation“ aber haben, so Jong-il, der Sohn des bisherigen Präsi- das gemeinsame Kind nicht mehr ernäh- sieht es das Regime, die schlimmste Sün- denten, Generalsekretär der Partei der ren. Auch sie war wegen der Epidemie im de begannen. Kriminelle wie beispiels- Arbeit Koreas wurde. Kim Il-sung war be- Krankenhaus. Die Familie hatte so gut weise Diebe stehen im Arbeitslager über reits 1994 gestorben, danach herrschte wie kein Essen. Das sieben Monate alte den Flüchtigen. Sie schlagen und miss- mehrere Jahre Staatstrauer. 1998 wurde Mädchen blieb beim Opa, da Cho arbeiten handeln die Verräter schwer. Im Lager er durch eine Verfassungsänderung zum musste. Die Arbeit in einer Mine strengte sagen Aufseher inoffiziell über sie: „Sie „Ewigen Präsidenten“ ernannt. ihn an. Zudem hatte er sich am Auge ver- sind nur wert, zu sterben.“ Auch Cho Bis dahin erhielten die Menschen vom letzt und sah nun schlechter als zuvor, wurde gefoltert und mit Holzstöcken ge- Staat Essensrationen Reis, die zwar sodass ihm sein Tagewerk noch schwe- schlagen. Das Regime kennt keine Gna- knapp, aber immerhin vorhanden wa- rer fiel. Doch vor allem konnte er es nicht de. Selbst schwangere Frauen werden ren. Chos Familie konnte sich davon ge- mehr ertragen, wie seine kleine Tochter ausgepeitscht, wenn sie ihr Vaterland rade mal eine sehr dünne Reissuppe ko- hungerte und litt. Deswegen stahl er ein verraten. chen. Nur ganz selten, wenn die Mutter Werkzeug aus dem Bergwerk und fing da- In jungen Jahren dachte Cho nicht da- im Herbst bei der Ernte Reste vom Boden mit im Meer einen Fisch. Diesen verkauf- ran, sein Land zu verlassen. Er war ein aufsammelte, gab es normalen, unver- te er, um mit dem Erlös Säuglingsmilch getreuer Anhänger des Diktators Kim Il- dünnten Reis. Wenn Cho von der Schule zu kaufen. Er machte sich strafbar, aber 3 | 2018 pro | Christliches Medienmagazin 19
GESELLSCHAFT Die Chuch’e-Ideologie, meist Juche-Ideologie geschrie- Cho floh aus Nordkorea. ben, ist die politische Staatsideologie Nordkoreas. Um sich selbst zu schützen, „Juche“ stammt vom koreanischen Wort „Selbstständig- möchte er sein Gesicht nicht keit“ oder „Autarkie“. Der erste Präsident Nordkoreas, fotografieren lassen. Christen werden in dem Land verfolgt. Kim Il-sung, entwickelte die Ideologie, unter anderem, um sich von der Abhängigkeit von Japan loszusagen. Sie Foto: pro/Martina Blatt steht für politische, wirtschaftliche und militärische Un- abhängigkeit, für die der Staat sorgen muss. Sie führte zu einer vollständigen Isolation vom Rest der Welt. Laut der Ideologie ist der Mensch zwar Gestalter und Herrscher der Welt, der Einzelne muss sich jedoch dem Volk unterord- nen. Die Partei und der Führer sollen diese leiten. Obwohl der Mensch Subjekt ist, ist er zu bedingungsloser Loyali- tät aufgefordert. Trotz religiöser Merkmale ist die Juche- Ideologie höchst atheistisch geprägt und versagt die Aus- übung von Religion. Herrschend ist das Konzept eines „Heiligen Führers“, ohne den die Massen nicht überleben können, und der Kult um die Kim-Familie. das Unterfangen gelang. Doch als er die durch Flucht aus: „Wenn ich es schaffe, war sehr schwierig, ihn zu überqueren. Milch zum unterernährten Baby brachte, gewinne ich das Leben.“ Obwohl er sich Er rutschte ins eiskalte Wasser. Seine Fin- war es bereits gestorben. innerlich schon damit abgefunden hat- ger und Füße froren ein. Trotzdem gelang Das war der Moment, in dem Cho das te, vor Hunger zu sterben, war „im Her- es ihm erneut, nach China zu fliehen. Ins- Regime zu hinterfragen begann. Weni- zen die Lust zu leben immer da“, erinnert gesamt entkam er dreimal. ge Wochen später starb sein Vater den sich Cho. Diese erste Flucht gelang ihm, In China bekam er Arbeit in einer Pa- Hungertod, wie auch sein Onkel. Auch ohne entdeckt zu werden. Er erreichte pierfabrik. Dort lernte er einen Nordko- wenn er keinen direkten Hass gegen die China. Dort arbeitete er als Tagelöhner reaner kennen, der ebenfalls geflohen Regierung empfand, kam in ihm der Ge- auf dem Bau. Doch chinesische Grenzpo- war und der ihm von der Bibel erzähl- danke „Ich muss leben!“ auf. „Bis da- lizisten nahmen ihn drei Monate später te. Bis dahin hatte er nie vom christ- hin habe ich gedacht, der Führer wird gefangen und schickten ihn zurück nach lichen Glauben gehört. Der Nordkore- uns helfen, zu überleben.“ Nun sah er Nordkorea – und er landete im Arbeitsla- aner war Ausgesandter eines südkore- aber die Bedrohlichkeit der Lage. Er be- ger. Das fühlte sich „fast wie Sterben“ an, anischen Missionars in China. Dieser kam Angst und dachte: Wenn es so wei- sagt er. Im Lager starben tatsächlich sehr schickte nordkoreanische Flüchtlinge tergeht, werden alle sterben. Er hörte von viele Menschen wegen der schweren Ar- an die Grenze, um geflohene Nordko- Schleusern, dass im Nachbarland China beit, Hunger und Folter. reaner einzuladen. Cho reiste mit dem nicht die Menschen den Mais essen, son- dern Tiere wie etwa Pferde. Das konnte er anfangs gar nicht glauben. Anderer- seits war die Vorstellung, dass es anders- „Es war eine Hoffnung, die wie eine wo solchen Luxus gäbe, dass sogar Tiere solche Leckerbissen bekämen, so schön, Lüge klang – aber es war Hoffnung“ dass er daran glauben wollte. Für ihn war es „eine Hoffnung, die wie eine Lüge klang – aber es war eine Hoffnung“. Die- In dieser Zeit erkannte er, dass die ko- Ausgesandten ins Inland von China, wo se trieb ihn an. Und so machte er sich auf reanische Juche-Ideologie, anders als das der Missionar eine Bibelschule hatte. zur Grenze an den Fluss. Regime es ständig propagierte, nicht gut Dort gab es nur Exemplare zweier Bü- für die Menschen sein konnte. In China cher: der Bibel und eines Buchs über Verrat an ganz Nordkorea hatte Cho erlebt, wie es sich anfühlt, aus- Lebensbilder von koreanischen Märty- reichend Essen zu haben. „Wie der Him- rern. Als Cho das Buch über die Mär- Chos Alternativen waren miserabel: Blie- mel“, schwärmt er von vollen Tellern, die tyrer und ihren Glauben las, konnte er be er, würde er verhungern. Flöhe er er bisher nie gekannt hatte. Er versuchte anfangs nicht verstehen, warum diese und würde bei der Flussüberquerung er- wieder zu fliehen. Er stahl sich unbe- für einen unsichtbaren Gott ihr Leben wischt, würde er erschossen. Doch er merkt aus dem Lager. Doch es war Win- gelassen hatten. Für Nordkoreaner ist rechnete sich höhere Überlebenschancen ter, der Fluss war halb zugefroren und es ihr Führer „sichtbar“, aber ein unsicht- 20 pro | Christliches Medienmagazin 3 | 2018
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