Additive Fertigungsverfahren / 3D-Druck Anwendungen und Potenziale - Horizon Scanning - VDI/VDE-IT

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Additive Fertigungsverfahren / 3D-Druck Anwendungen und Potenziale - Horizon Scanning - VDI/VDE-IT
Horizon Scanning

Additive Fertigungsverfahren / 3D-Druck
Anwendungen und Potenziale

Durchgeführt von der
VDI/VDE Innovation + Technik GmbH
Impressum

Autorinnen und Autoren:

Dr. Simone Ehrenberg-Silies
Dr. Sonja Kind
Tobias Jetzke
Dr. Marc Bovenschulte

Die VDI/VDE-IT ist Konsortialpartner des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deut-
schen Bundestag (TAB).
Diese Studie wurde im Rahmen des TAB-Projekts “Additive Fertigungsverfahren (»3-D-
Druck«)” erstellt. Die Ergebnisse fanden Eingang in den TAB-Arbeitsbericht Nr. 175.

März 2015

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Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung und zentrale Trends .......................................................................................... 5

2. Einleitung .......................................................................................................................................... 9

3. Additive Fertigungsverfahren in der Industrie ................................................................................. 10
      3.1 Herstellung von Musterbauteilen und Werkzeugen ............................................................... 10

      3.2 Industrielle Anwendungsmöglichkeiten in den Vorreiterbranchen ......................................... 10

           Luft- und Raumfahrt .................................................................................................................. 12
           Automotive-Industrie ................................................................................................................. 13

           Elektronik ................................................................................................................................... 14

           Medizintechnik, Prothetik, Dentaltechnik, medizinische Hilfsmittel........................................... 14
      3.3 Industrielle Anwendungsmöglichkeiten in den Kreativbranchen............................................ 15

           Architektur ................................................................................................................................. 15

           Design/Möbelindustrie/Kunst .................................................................................................... 16

           Spielzeug, Computerspiele und Fertigung von Sammlerstücken ............................................. 17

           Film und Fernsehen .................................................................................................................. 18

      3.4 Sonstige industrielle Anwendungsmöglichkeiten ................................................................... 18

           Textilien und Bekleidungsindustrie............................................................................................ 18

           Sportgeräteindustrie .................................................................................................................. 19

           Nahrungsmittelindustrie ............................................................................................................ 19

      3.5 Additiver Fertigungsverfahren in Militär und Wissenschaft und Zukunftsvisionen in
          der Medizin ............................................................................................................................. 20

           Rüstungsindustrie / Militär ......................................................................................................... 20

           Wissenschaft ............................................................................................................................. 21

           Zukunftsvisionen in der Medizin ................................................................................................ 22

      3.6 Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand .................................................................. 23
      3.7 Ausblick: Wirtschaftliches und technisches Entwicklungspotenzial der additiven
          Fertigungsverfahren in der Industrie ...................................................................................... 25

      3.8 Internationale Marktstellung Deutschlands und Forschungsförderung ................................. 27

4. 3D-Druck für Heimanwender .......................................................................................................... 32

5. 3D-Druck von Waffen...................................................................................................................... 33

6. Neue und veränderte Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten ............................................ 36

5. Ökologische Auswirkungen............................................................................................................. 40

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6. Zusammenfassung TA-relevanter Fragestellungen ........................................................................ 43

7. Literaturverzeichnis ......................................................................................................................... 46

8. Anhang ............................................................................................................................................ 56

      9.1 Übersicht Verfahren der additiven Fertigung .......................................................................... 56

      9.1 Positionen von Akteuren im Bereich additive Fertigung/3D-Druck ........................................ 57
      9.2 Interviewpartner ...................................................................................................................... 60

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1.    Zusammenfassung und zentrale Trends

Additive Fertigungsverfahren gelten als Fertigungstechnologien, die unsere Art und Weise
zu produzieren in vielen Bereichen mittelfristig verändern und in einigen Bereichen vielleicht
sogar revolutionieren werden.

In diesem auch von den Medien mit hoher Aufmerksamkeit verfolgten Thema muss jedoch
grundsätzlich unterschieden werden zwischen den in der Industrie bereits seit Jahrzehnten
etablierten, hochpräzisen und technisch anspruchsvollen Fertigungsverfahren und den 3D-
Druckern für weniger als 1.000 Euro für den Hausgebrauch. Die Vorstellung, dass mit den
günstig zu erwerbenden 3D-Druckern, die im Wesentlichen auf einem schichtweisen Auftra-
gen geschmolzenen Kunststoffs beruhen, der Heimanwender komplizierte Produkte und
Ersatzeile herstellen bzw. zu Hause ausdrucken kann, ist aufgrund der noch unzureichenden
Technologiereife höchst unwahrscheinlich.

Additive Fertigungsverfahren in der Industrie

Das wesentliche Anwendungsfeld für additive Fertigungsverfahren in der Industrie ist der
Bau von Prototypen im schnellen Modellbau (Rapid Prototyping). Darüber hinaus werden sie
zur Herstellung von Kleinst- und Kleinserien genutzt. Dabei handelt es sich jedoch zumeist
um einfache Bauteile, im wesentlichen Hartbauteile aus Kunststoffen. Die Herstellung kom-
plexerer Bauteile, beispielsweise von Hartbauteilen in Verbindung mit einem Weichbauteil
wie einer Gummidichtung, in einem Produktionsschritt ist möglich, wird aber noch selten
eingesetzt.

Der Einsatz der Verfahren ist in den Branchen Luft- und Raumfahrt, Automobil, Elektronik
und Dentaltechnik am weitesten fortgeschritten. Der Grund, weshalb sich die additiven Ferti-
gungsverfahren bisher vor allem in diesen Industriezweigen durchsetzen konnten, liegt an
ihren zentralen Vorzügen: sie ermöglichen Leichtbau (Luft- und Raumfahrt, Automobil), die
Integration neuer Funktionalitäten in Bauteile (Elektronik) und die Individualisierung von Pro-
dukten (Dentaltechnik). Ein weiterer Vorteil ist die weitgehend freie Gestaltbarkeit der zu
fertigenden Elemente, die in traditionellen Verfahren oftmals kaum realisierbar wären.
Die wesentlichen hemmenden Faktoren für die weitere Verbreitung der Technologie sind
darin zu sehen, dass der Betrieb additiver Fertigungsanlagen sowohl ein fundiertes, speziel-
les Know-how der Betreiber voraussetzt als auch hohe Anforderungen an die Konstanz der
Betriebsbedingungen (konstante Luftfeuchtigkeit etc.) erfordert, also insgesamt noch sehr
aufwendig ist, obschon in den letzten zwei Jahren große Qualitätssprünge bei der Anlagen-
technik gemacht worden sind.
Darüber hinaus hängt die Qualität der mit additiven Fertigungsverfahren erzeugten Bauteile
stark von den eingesetzten Verfahren und Materialien ab. Zum Teil sind nach dem additiven
Fertigungsprozess noch komplexe Nachbearbeitungen notwendig, um die gewünschten
Eigenschaften sicherzustellen. So werden die Bauteile zur Festigung u.a. mit Kunststoffhar-
zen infiltriert oder beschichtet oder durchlaufen einen anschließenden Sinterprozess.

Zudem sind die Prozessketten in der Produktion zum Großteil noch nicht auf die Weiterver-
arbeitung von additiv gefertigten Bauteilen eingestellt. Die Investitionen in eine Anpassung
der Produktionsketten sind beachtlich und lassen viele Unternehmen noch zurückschrecken.

Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass sich die additiven Fertigungsverfahren in
der Industrie mittelfristig vor allem in solchen Anwendungsfeldern weiter verbreiten, in denen
sich ihr Nutzen relativ leicht quantifizieren lässt. Dies ist beispielsweise in Industrien der Fall,

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die aufgrund ihres Produktportfolios einen hohen Anteil an Ersatzteilproduktion haben und
entsprechend viele kostspielige Lager mit Werkzeugen für die Nachproduktion bereithalten
müssen. Die Gebrauchselektronikindustrie zur Herstellung „Weißer Ware“ (Küchengeräte
wie Geschirrspül- oder Waschmaschine und sonstige elektrische Kleingeräte) kann hierfür
als Beispiel gelten.

3D-Druck im Heimgebrauch und FabLabs

Die 3D-Drucker der Maker-Bewegung werden von den Heimanwendern gegenwärtig zum
Druck von Figuren und Hartteilen verwendet. In der Gamer-Szene hat sich ein Trend zur
eigenen Herstellung von Eingabegeräten für Computer (Joysticks, Maus etc.) mithilfe von
3D-Druckern entwickelt. Für die heimische Herstellung können fertige CAD-Dateien genutzt
werden, die entweder käuflich erworben wurden oder auf Open-Source-Plattformen zur
freien Nutzung angeboten werden. CAD-Dateien eines Objekts lassen sich auch mithilfe
eines 3D-Scanners erzeugen bzw. mit einem CAD-Programm selbst entwerfen. Insgesamt
ist das heimische 3D-Drucken keine einfache Plug-and-Play-Anwendung, wie dies heute
etwa der 2D-Druck ist, sondern erfordert ein spezifisches Know-how. Dieses können sich
Heimanwender mittlerweile über einschlägige Internetdiskussionsforen und -plattformen
aneignen. Die langsame Produktionsgeschwindigkeit, geringe Materialvielfalt sowie Präzisi-
onsmängel beschränken die Heimanwendung allerdings auf sehr einfache Produkte. Die
Hoffnung, auch ein so komplexes Element wie zum Beispiel einen Elektromotor ausdrucken
zu können, wird sich aufgrund des komplizierten Aufbaus und der benötigten Materialvielfalt
auf absehbare Zeit nicht ansatzweise erfüllen können.

Eine Ersatzteilproduktion zu Hause hingegen ist theoretisch möglich, wenn beispielsweise
der Hersteller den Bauplan des Bauteils als CAD-Datei zur Verfügung stellt. In diesem Fall
bräuchte der Heimanwender nur noch das geeignete Material, um das gewünschte Ersatzteil
auszudrucken. Dessen Beschaffung dürfte allerdings um einiges aufwendiger und kostspie-
liger sein, als ein aus der Massenproduktion stammendes Ersatzteil zu bestellen. Werden
außer Kunststoff noch andere Materialien im Ersatzteil eingesetzt, dürfte die private Herstel-
lung eines funktionalen Objekts außerordentlich schwierig sein – hier wäre eine Nacharbeit
wie etwa die Montage verschiedener Elemente zu einem Ersatzteil notwendig.
Beim Einsatz von 3D-Scannern ergibt sich das Problem, dass diese nur die Oberfläche ei-
nes Bauteils erfassen können. Das „Innenleben“ – beispielsweise eine Struktur wie eine
Aussparung oder ein Gewinde – bleibt dem Scanner verborgen. Überschreiten die herzustel-
lenden Teile eine bestimmte Größe, müssen Baugruppen gebildet und Verbindungskon-
struktionen geschaffen werden. Unterschreiten die Teile eine Mindestgröße, sind sie nicht
scann- oder druckbar.

Ein realistisches Zukunftsszenario ist, dass Produkte mit einer zugehörigen CAD-Datei gelie-
fert werden, sodass Ersatzteile jederzeit mit dann verbesserten 3D-Druckern zu Hause oder
bei einem Dienstleister mit wenig Zeitverzug gefertigt werden können. Auch Produktverbes-
serungen und Funktionserweiterungen in Form einer vom Hersteller oder von Drittanbietern
angebotenen CAD-Datei wären eine Erweiterung des Angebotes.

Überhaupt ist es sehr wahrscheinlich, dass der Heimanwender seine Produktion in so ge-
nannte „FabLabs“ – eine Art Copy-Shop für den 3D-Druck – verlagert, wo er sachkundige
Unterstützung bei der Herstellung seiner Objekte und in der Regel höherwertige 3D-Drucker
vorfindet.
FabLabs könnten auch die Keimzelle für die Produktion einfacher Bauteile in Klein- und
Kleinstserien werden und bieten auch sehr kleinen Unternehmen, wie etwa Handwerksbe-

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trieben, die Möglichkeit, die Vorzüge additiver Fertigungsverfahren zu nutzen, ohne selbst
investieren und die komplexe Fertigung beherrschen zu müssen.

Insgesamt ist also die Anwendungsreife und -perspektive des 3D-Drucks für den Heimge-
brauch noch recht gering bzw. eingeschränkt.

Die Herstellung von Waffen durch Heimanwender

Von dem gegenwärtigen Phänomen, dass es mit erschwinglichen 3D-Druckern einerseits
prinzipiell möglich ist, eine Vielzahl von Teilen herzustellen, die andererseits aber mit Blick
auf die Materialvielfalt und ihre Funktionalität noch sehr eingeschränkt sind, ist auch die
Möglichkeit des privaten Waffenbaus mithilfe des 3D-Drucks betroffen. Der von dem US-
Amerikaner Cody Wilson ins Internet gestellte Bauplan für eine aus 18 Teilen bestehende
Waffe aus dem 3D-Drucker wurde zwar vielfach heruntergeladen, ist jedoch schwierig zu
reproduzieren. Auch gibt die Waffe letztlich nur einen Schuss ab, da sie durch ihre Verwen-
dung zerstört wird, weil sie aus einem für diesen Zweck nicht geeigneten Material besteht
(thermoplastischer Kunststoff – nur dieser ist „druckbar“). Allerdings hat die Ende 2014 von
einem jungen Ingenieur entwickelte „Atlas Bullet“ das Potenzial, Wilsons Waffe doch noch
zum traurigen Durchbruch zu verhelfen: Es handelt sich um eine Patrone mit deutlich ver-
stärkter Hülse, die gleichsam als Druckkammer fungiert, so dass der Kunststoffkorpus der
Pistole kaum mehr Druck ausgesetzt ist.

Viel wahrscheinlicher als das Ausdrucken kompletter Waffen ist es, dass mit den derzeit
verfügbaren 3D-Druckern einzelne Teile einer Waffe hergestellt werden, die mit anderen
metallischen Waffenteilen zu einer funktionstüchtigen Waffe zusammengesetzt werden. Das
Motiv hierfür könnte beispielsweise der Ersatz von Waffenbauteilen sein, auf denen die Waf-
fenregistrierungsnummer vorhanden ist.

Zwar mag mit zunehmendem Reifegrad der Technologie der Druck von Waffen mit entspre-
chender Unterstützung in FabLabs oder hohem eigenen technologischen Know-how und
adäquater Technologie möglich sein, jedoch wird auf lange Zeit der Erwerb von Waffen auf
dem Schwarzmarkt einfacher als der heimische Druck sein. Ebenso muss festgestellt wer-
den, dass Kunststoffwaffen, die von Metalldetektoren nicht entdeckt werden, auch mit kon-
ventionellen Mitteln (Fräsen, Bohren, Spanen) ohne großen Aufwand hergestellt werden
können.

Ökologische Implikationen des 3D-Drucks
Mit steigender Technologiereife können additive Fertigungsverfahren positive Auswirkungen
auf den Ressourcen- und Energieverbrauch haben. Generell haben additive Fertigungsver-
fahren den Vorzug, dass bei der Herstellung keine Materialabfälle wie bei abtragenden Fer-
tigungsverfahren anfallen. Auch muss nicht zuerst für jedes Bauteil eine Gussform oder ähn-
liches hergestellt werden. Die Fertigungsweise ist also insgesamt sehr materialeffizient.
Überdies kann zukünftig Kraftstoff gespart werden, wenn eine Bauteilproduktion im lokalen
FabLab durchgeführt und so der logistische Aufwand für die Belieferung des Endkunden
minimiert wird. Ob allerdings der Energieverbrauch pro Bauteil bei der Produktion von Ein-
zelteilen in Klein(st)serien im FabLab geringer ausfällt im Vergleich zur industriellen Mas-
senproduktion mit ihren Transportwegen zum Endkunden, bleibt offen. Mittelbar ermöglichen
additive Fertigungsverfahren Energieeinsparungen, da sie zur weiteren Verbreitung des
Leichtbaus in der Automobilindustrie und in der Luftfahrt beitragen. Negative ökologische
Effekte sind im Moment sicherlich von der zunehmenden Produktion von sinnlosen Produk-
ten, wie sie mit 3D-Druckern für den Heimgebrauch möglich ist, zu erwarten, da der Ver-
brauch an Kunststoffen zunimmt; hier ergibt sich eine Analogie zu den 2D-Druckern, die zu

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einem massiven Anwachsen des Papierverbrauchs geführt haben, allein deshalb, weil „alles
Mögliche“ ausgedruckt werden kann. Ebenfalls können beim 3D-Druck potenziell gesund-
heitsschädigende Emissionen von Nanopartikeln entstehen.

Zusammenfassend gibt es also noch einige offene Fragen mit Blick auf den Einsatz von
Rohstoffen, den tatsächlichen Energiebedarf sowie den Life Cycle von Produkten und das
Abfallmanagement.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Implikationen

Die Technologiereife der additiven Fertigung für die industrielle Produktion und des 3D-
Drucks für den Heimanwender ist zurzeit noch nicht soweit fortgeschritten, dass die Verwirk-
lichung von Visionen wie die vom „Prosumenten“, vom Reshoring oder vom Wiederbeleben
regionaler Produktionsnetzwerke in die nahe Zukunft rückt. Neue Geschäftsmodelle und
Wertschöpfungsketten werden zunächst auf die Konsumprodukteindustrie beschränkt blei-
ben. In den nächsten 10 bis 15 Jahren sind allerdings tiefgreifende Veränderungen vor allem
im B2B-Bereich zu erwarten, wenn beispielsweise Unternehmen, die Vorprodukte bzw.
Halbzeuge von Zulieferern weiter verarbeiteten, in der Lage sind, diese Vorstufen ihres fina-
len Produkts selbst herzustellen.

Aus bildungspolitischer Sicht ist es von großer Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des
Wirtschaftsstandorts Deutschland, rechtzeitig die Vermittlung von Ausbildungsinhalten zu
additiven Fertigungsverfahren in die Lehrpläne aufzunehmen oder entsprechende betriebli-
che Weiterbildungskonzepte umzusetzen. Derzeit werden als ein zentrales Diffusionshemm-
nis für additive Fertigungsverfahren die diesbezüglich mangelnden Kenntnisse der Ingenieu-
re benannt.

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2.    Einleitung

Unter additiven Fertigungsverfahren werden solche Herstellungsverfahren zusammenge-
fasst, mittels derer sich dreidimensionale Produkte über ein schichtweises Auftragen von
Werkstoffen herstellen lassen. Hierdurch lassen sich Objekte mit komplexen geometrischen
Strukturen erzeugen, daher auch die Bezeichnung „3D-Druck“. Erfunden wurde die Methode
1983 von dem US-Amerikaner Charles Hull (Ponsford und Glass 2014).
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Verfahren wie Bohren, Fräsen oder Drehen werden
Materialien nicht abgetragen, um zum fertigen Produkt zu gelangen, sondern computerge-
steuert schichtweise aufgetragen. Auch müssen keine aufwendigen Formen für die Herstel-
lung der Produkte zum Beispiel über das Spritzgussverfahren erstellt werden. Verarbeitet
werden flüssige, pulverförmige oder feste Werkstoffe, die mittels dreidimensionaler, im
Computer erzeugter Konstruktionsvorlagen (CAD-Dateien, CAD steht für Computer Aided
Design) in „zweidimensionale“ Schichten überführt werden. Diese Schichten sind je nach
Anwendung und verwendetem Verfahren üblicherweise zwischen 0,001 und 0,2 mm dick. Zu
den typischen verarbeiteten Werkstoffen zählen Kunststoffe, Metalle, Kunstharze und Kera-
miken (VDI, 2014, S.5 f.). Darüber hinaus lassen sich Papier, Gips, Beton oder Schokolade
verarbeiten (Gummich 2013). Neuere Entwicklungen gehen in Richtung druckbares Holz
(Holz-Kunststoff-Kombination) und Polystyrole (Schneider 2013). In der biomedizinischen
Forschung werden Versuche durchgeführt, menschliches oder tierisches Gewebe zu "dru-
cken", indem ein Druckkopf lebende Zellen auf ein Stützgerüst aufträgt. Diese so kreierten
Zellen sind bisher jedoch nur für sehr kurze Zeit überlebensfähig.

Additive Fertigungsverfahren zur Verarbeitung von Kunststoffen und Metallen für industrielle
Zwecke sind schon heute Stand der Technik und können in der Regel für fünfstellige Euro-
beträge erworben werden. Die Verwendung anderer Werkstoffe wie zum Beispiel Keramik ist
zurzeit noch weniger verbreitet (VDI 2014, S. 5). Potenziale werden in natürlichen, organi-
schen, biokompatiblen, biologisch abbaubaren Werkstoffen sowie in technischen Thermo-
plasten, Nano-Werkstoffen oder Metall-Kompositen gesehen (VDI 2014, S. 11).

Seit den ersten Versuchen mit der Stereolithographie Mitte der 1980er werden Prototypen
und Produkte mittels dieser Technologien hergestellt. Verwendung finden additive Ferti-
gungsverfahren schon seit vielen Jahren in der Medizin, etwa in der Zahntechnik oder für die
Herstellung von Prothesen und Implantaten. Zudem fanden die Verfahren Eingang in andere
Industrien wie Luft- und Raumfahrt, Automotive sowie Elektronik. Zunehmend verbreiten sich
die additiven Verfahren auch in weiteren Anwendungsfeldern, um etwa Sportgeräte,
Schmuckstücke oder Designobjekte herzustellen (DMRC 2011, S. 9).

Die Entwicklung von Anwendungsmöglichkeiten der additiven Verfahren wird maßgeblich
durch das Auslaufen von Patenten mitbestimmt. Nachdem 2009 Grundpatente für das Fused
Deposition Modeling (FDM) ausliefen, trug dies wesentlich zur Entstehung des Open Source
3D-Druckers RepRap bei. Das Angebot an 3D-Druckern stieg in der Folge explosionsartig
an, was zu einer massiven Preissenkung führte (3Druck.com 2011a), wodurch entsprechen-
de Geräte seit dem Jahr 2011 auch für Privatpersonen erschwinglich geworden sind. Am
28.01.2014 lief ein weiteres wichtiges Patent für das selektive Laserschmelzen aus. Für
diese Technologie wird infolgedessen ein ähnlicher Innovationsschub erwartet (3Ders 2014),
der sich voraussichtlich primär auf Innovationen mit Bedeutung für industrielle Anwendungen
auswirken wird.

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3.       Additive Fertigungsverfahren in der Industrie

3.1 Herstellung von Musterbauteilen und Werkzeugen
Additive Fertigungsverfahren kommen bereits in zahlreichen Branchen zum Einsatz. Der
Reifegrad und die Einsatzfähigkeit der Technologie sind je nach Sektor sehr unterschiedlich
ausgeprägt. Der Stand der Technik reicht von ersten experimentellen Ansätzen über
Markteinführungen bis hin zu schon seit vielen Jahren etablierten Standardverfahren.

Rapid Prototyping

Überwiegend werden additive Fertigungsverfahren für den schnellen Gebrauchsmusterbau
eingesetzt (Rapid Prototyping) (Astor/Lukas 2013, S. 35; Interview Anonyma 2014). Sie er-
möglichen den schnellen und günstigen Bau von Prototypen. Dies ist in dieser frühen Pro-
duktentwicklungsphase bereits seit drei Jahrzehnten üblich (Interview Klemp 2014). Die Ver-
fahren sind grundsätzlich in allen Branchen einsetzbar, in denen Prototypen entwickelt wer-
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den (Interview Anonyma 2014). Wohlers Associates , eine US-amerikanische Beratungsfir-
ma, sieht das Marktvolumen der additiven Fertigungsverfahren beim Rapid Prototyping so-
gar noch anwachsen: von 1,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2012 auf 5 Mrd. US-Dollar im Jahr
2020 (Siemens 2014).

Rapid Tooling

Additive Fertigungsverfahren werden seit vielen Jahren in der Erzeugung von Werkzeugen
und Formen angewandt (Rapid Tooling). Damit werden Werkzeuge für die konventionelle
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Massenproduktion ebenso hergestellt wie Spezialwerkzeuge. Für die europaweite Opel
Adam-Produktion werden beispielsweise rund 40 verschiedene, additiv hergestellte Monta-
gewerkzeuge aus Kunststoff eingesetzt (Pudenz 2014a).
Der Werkzeug- und Formenbau zählt zu den teuersten und zeitintensivsten Schritten im
gesamten Produktionsprozess. Neben möglicher Kosten- und Zeitersparnisse in Abhängig-
keit des eingesetzten additiven Verfahrens im Vergleich zu den konventionellen Herstel-
lungsverfahren (z.B. Spritzguss) besteht ein zentraler Vorteil der additiven Fertigung darin,
dass zusätzliche Funktionalitäten in die Werkzeuge eingebaut werden können, wie z.B.
Kühlkanäle in Gussformen (DMRC 2011, S. 39), die bessere thermische Eigenschaften und
damit eine verlängerte Lebensdauer der Werkzeuge und Formen ermöglichen (DMRC 2011,
S. 12).

3.2 Industrielle Anwendungsmöglichkeiten in den Vorreiterbranchen
Zur Fertigung von funktionstüchtigen Bauteilen und Produkten (Rapid Manufacturing) kom-
men additive Fertigungsverfahren zurzeit im Wesentlichen in der Luft- und Raumfahrt, der
Automotive-Industrie, der Elektronik sowie der Medizin- und Dentaltechnik zur Anwendung.
In diesen Branchen kommen die Eigenschaften und Vorteile der additiven Fertigungsverfah-
ren besonders zum Tragen. Dazu zählen:

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    https://www.wohlersassociates.com/
2
    http://www.opel.de/

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 Objekte können rein nach funktionalen Gebrauchskriterien erstellt werden; ein „Design for
  Manufacturing“ ist nicht mehr nötig.
 Ein Höchstmaß an Individualisierung kann realisiert werden.
 Es sind Formgebungen möglich, die mit herkömmlichen Fertigungsverfahren nicht oder
  nur sehr aufwendig realisiert werden können.
 Wo in herkömmlichen Produktionsprozessen Objekte in mehreren Schritten auf verschie-
  denen Maschinen verarbeitet werden, ermöglichen additive Fertigungsverfahren die Her-
  stellung von Komponenten mit einem einzigen Gerät.
 Die Materialvielfalt (Metalle, Keramiken, Polymere) für laserbasierte additive Fertigungs-
  verfahren ist ausreichend, um vielfältige und komplexe Produkteigenschaften realisieren
  zu können.
 Eine hohe Materialeffizienz in der Fertigung kann erreicht werden.
 In laserbasierten additiven Fertigungsanlagen können direkt optische Systeme zur Echt-
  zeit-Qualitätskontrolle integriert werden, die unmittelbar das im „Druckvorgang“ emittierte
  Laserlicht nutzen.
 In Abhängigkeit des eingesetzten additiven Fertigungsverfahrens kann eine hohe Präzi-
  sion (Toleranzen von unter 30 Mikrometer) und eine hohe Qualität (die Materialdichte bei
  metallischen Elementen liegt bei 99 % des Rohmaterials; durch das Laserschmelzen ent-
  stehen also keine Hohlräume o.ä. im Material) erreicht werden.

Die gängigen Technologien im Bereich additiver Fertigungsverfahren sind a) Extrusionsver-
fahren und b) pulverbasierte Verfahren. Bei Extrusionsverfahren werden vorwiegend Kunst-
stofffilamente durch eine beheizbare Düse gepresst und in geschmolzener Form (je nach
verwendetem Kunststoff bei ca. 200 Grad Celsius) an den gewünschten Stellen auf eine
Objektoberfläche aufgebracht (VDI 2014, S. 4). Das bekannteste Extrusionsverfahren ist das
Fused Deposition Modeling (FDM Schmelzschichtung) (Fastermann 2012, S. 169).

Bei den pulverbasierten Verfahren werden pulverisierte Materialien aufgetragen und durch
den Einsatz eines Lasers an der gewünschten Stelle verschmolzen. Das Lasern eignet sich
sowohl für die Verarbeitung von Kunststoffen (primär Lasersintern) als auch Metallen (primär
Laser-Strahlschmelzen, Elektronenstrahlschmelzen) (VDI 2014, S. 4). Zu den verwendeten
Ausgangsstoffen, der Verschmelzungsart und typischen Anwendungen gibt Tabelle 3 im
Anhang Auskunft.
Die Schwierigkeiten für einen umfänglichen Einsatz der additiven Fertigungsverfahren be-
stehen zurzeit noch darin, dass jedes dieser Verfahren sowohl Vor- als auch Nachteile auf-
weist. So lässt sich beispielsweise mit der Stereolitografie oder dem Single Jet Inkjet eine
hohe Präzision des gefertigten Bauteils erreichen. Gleichzeitig mangelt es beiden Verfahren
jedoch an einer zufriedenstellenden Fertigungsgeschwindigkeit. Ebenso fehlt der Stereolito-
grafie die Möglichkeit, verschiedene Farben zu verarbeiten. Bei Single Jet Inkjet ist nicht nur
die Materialauswahl eingeschränkt, sondern auch die ausdruckbare Größe der Bauteile.
Lasersintering und Laserschmelzen erreichen zwar ebenfalls eine gute Präzision, auch kön-
nen vielfältige Materialien eingesetzt werden, jedoch gibt es Einschränkungen bei Größe und
Masse. Überdies ist hier die Oberflächenveredelung mangelhaft und der Systempreis für
Anlagen sehr hoch (Hagl 2015). Bei einigen additiven Fertigungsverfahren sind noch kom-
plexe Nachbearbeitungen notwendig, um die gewünschten Eigenschaften sicherzustellen.
So werden die Bauteile zur Festigung u.a. mit Kunststoffharzen infiltriert oder beschichtet
oder durchlaufen einen anschließenden Sinterprozess.

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Im Folgenden wird ein Überblick zu allen Anwendungsbranchen der additiven Fertigungsver-
fahren mit typischen Anwendungsbeispielen auch jenseits des Rapid Prototypings gegeben.
Der Vollständigkeit halber wird dabei sowohl auf die Vorreiterbranchen als auch auf Ein-
satzmöglichkeiten und -versuche in anderen Branchen, in der Wissenschaft oder beim Militär
eingegangen. Auch die jüngst in den Medien verstärkt diskutierten Zukunftsvisionen im Be-
reich der Medizin, beispielsweise das „Drucken“ von funktionsfähigen Organen, wird kurz
skizziert.

Luft- und Raumfahrt

Der Luft- und Raumfahrtsektor steht an der Speerspitze der Anwenderbranchen und gilt als
der Bereich, in dem additive Fertigungsverfahren bis heute ihr größtes Potenzial entfalten
konnten (DMRC 2011, S. 15).
Luftfahrt

Additive Verfahren sind in der Luftfahrtindustrie von besonderem Interesse, weil damit kom-
plexe, hochwertige Leichtbauteile mit neuen Eigenschaften und Funktionen kostengünstig
realisiert werden können. Anwendung finden die Verfahren vor allem bei solchen Bauteilen,
die aufgrund von Gewichtsreduktionen zu Treibstoffeinsparungen oder aufgrund neuer Kon-
struktionsweisen zur Reduktion von Lärmemissionen führen (Interview Klemp 2014).
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Ein Beispiel hierfür ist eine von General Electric entwickelte, durch den Einsatz von Metall-
Laser-Schmelztechnologie herstellbare Brennerdüse, die u.a. in den Strahltriebwerken des
Airbus A320 zum Einsatz kommen soll. Im Vergleich zu Brennerdüsen aus traditioneller Fer-
tigung bestehen diese nur noch aus einem einzigen Bauteil, das leichter, stabiler und ge-
genüber hohen Temperaturen widerstandsfähiger ist (Dürand et al. 2014). Laut Klemp
(2014) lässt sich dadurch der Treibstoffverbrauch um 3 % reduzieren. Der verantwortliche
General Electric Manager Greg Morris hebt zudem die Vereinfachung der Fertigung hervor:
„Jeder Drucker ersetzt bis zu 70 herkömmliche Werkzeugmaschinen.“ (zitiert nach Dürand et
al. 2014).

Die zukünftigen Herausforderungen für eine weitere Technologiedurchdringung der additiven
Fertigungsverfahren liegen dabei weniger in der Produktion und Wertschöpfung als vielmehr
bei der Markteinführung aufgrund der im Luftverkehr üblichen strikten Auflagen zur Zertifizie-
rung (Interview Piller 2014).
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Nichtsdestotrotz verkündete der deutsche Marktführer MTU Aero Engines im März 2014 als
eines der ersten Unternehmen, additive Verfahren zur Massenproduktion von Industrieendo-
skop-Naben mit einer Nickellackierung für den neuen Airbus A320neo zu nutzen. Die Ferti-
gungskapazitäten sollen ab 2015 auf Basis der additive Fertigungstechnologie Selektives
Laserschmelzen (Selective Laser Melting) weiter ausgebaut werden (MTU 2014; Wendland
2014).

Raumfahrt
                                                            5
Bei einem Versorgungsflug im Sommer 2014 hat die NASA einen 3D-Drucker zur internati-
onalen Raumstation ISS gesendet. Die Idee besteht darin, Ersatzteile im Weltall direkt vor

3
  http://www.ge.com/de/
4
  http://www.mtu.de/de/
5
  https://www.nasa.gov/

                                                                                           12
Ort ausdrucken zu können (Gotzner 2013). Zunächst soll die Funktionsfähigkeit des 3D-
Druckers in der Schwerelosigkeit geprüft werden (Cooper 2014). Weiterführende Überlegun-
gen gehen dahin, zukünftige Marsmissionen mit 3D-Druckern auszustatten, die mit Hilfe von
in Bioreaktoren erzeugten Biopolymeren Bausegmente für eine Marsbasis und Ersatzteile
nach Bedarf produzieren sollen. So könnte der Transportbedarf von Baumaterialien um meh-
rere Tonnen verringert werden (Dambeck 2014).
               6
Auch die ESA testet seit 2013, ob sich eine Mondbasis mit Hilfe von additiven Fertigungs-
verfahren aus lunaren Materialien erstellen lässt (SPON/chs 2013). Damit könnten logisti-
sche Herausforderungen bei einer eventuellen Besiedlung des Mondes vereinfacht werden.
Noch arbeiten die 3D-Drucker jedoch am besten bei Raumtemperaturen und sind nicht auf
die Bedingungen des Mondes angepasst (Holland 2013).

Automotive-Industrie

Im Automobilsektor werden ebenfalls Leichtbauteile benötigt, weshalb hier der Einsatz addi-
tiver Fertigungsverfahren gut geeignet ist. Seit 2000 werden additive Fertigungsverfahren für
zahlreiche Anwendungen eingesetzt. Noch vor der Serienproduktion werden damit Minia-
turmodelle und Bauteile in Originalgröße für Analysen und Tests gefertigt. Darüber hinaus
finden sich Anwendungen für die Herstellung von Einzelteilen für Luxuswagen oder Oldtimer
(Interview Klemp 2014).

Die Hoffnung besteht darin, nicht nur Prototypen oder Einzelteile zu fertigen, sondern Modu-
le und in Zukunft sogar vollständige Karosserien in Serienproduktion zu drucken. Bei der
Herstellung vollständiger Karosserien mittels additiver Fertigungsverfahren handelt es sich
jedoch um eine Vision, die noch weit von der industriellen Anwendung entfernt ist (Brünglin-
ghaus 2014). Dennoch beeinflussen additive Fertigungsverfahren bereits heute Designüber-
legungen in der Automobilbranche, beispielsweise im Hinblick auf die Optimierung von Ka-
rosserien für den Insassenschutz: Mit Hilfe der additiven Fertigung hat die in Fulda ansässi-
                           7
ge EDAG Engineering AG mit ihrem Konzept „Genesis“ erstmals eine hochkomplexe Ka-
rosserieskulptur hergestellt, die dem bionischen Muster eines Schildkrötenpanzers nach-
empfunden ist und die Basis für neue Sicherheitsstandards im Auto setzen könnte (EDAG
2014).
                                                   8
Im Herbst 2014 verkündete die Firma Local Motors den erstmaligen Druck eines kompletten
funktionstüchtigen Autos. Das aus 49 Einzelteilen bestehende, als „Strati“ (Italienisch für
„Schichten“) bezeichnete Auto wurde in 44 Stunden von der Firma Local Motors gebaut (ein
konventionell hergestelltes Fahrzeug besteht aus 5000 Teilen). Allerdings wurde nur das
Fahrgestell und die Karosserie „ausgedruckt“, sie bestehen aus mit Carbonfasern verstärk-
tem Kunststoff. Alle anderen Einzelteile wie Batterie, Motor etc. sind konventioneller Mach-
art. Das Elektroauto „Strati“ erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h (Goldbacher
2014). Die Herstellerfirma bemüht sich gegenwärtig um eine Straßenzulassung bei der Ver-
kehrsaufsicht, mit dem Ziel, Ende 2015 die ersten Bestellungen und somit die Produktion
aufnehmen zu können. Es wird erwartet, dass das Fahrzeug zwischen 18.000 und 30.000
US-Dollar kosten wird (Stern 2015).

6
  http://m.esa.int/ESA
7
  http://www.edag.de/edag.html
8
  https://localmotors.com/

13
Elektronik

Elektronische Bauteile müssen aufgrund ihres Einsatzes in Geräten mit kurzen Innovations-
und Lebenszyklen immer wieder neu angepasst werden. Wesentliche Anwendungsfelder
bestehen daher in der Produktion von Werkzeugen für die Herstellung von Elektronikbautei-
len bzw. im Bau der Elektronikteile selbst. Bei zunehmender Technologiereife können additi-
ve Fertigungsverfahren auch für die Herstellung von dreidimensionalen Schaltungsträgern
verwendet werden, die bisher üblicherweise im Spritzgussverfahren hergestellt werden. Die
Schaltungsträger bestehen aus einem dreidimensionalen Kunststoffbauteil, auf dem mittels
eines Lasers ein Schaltungslayout zunächst appliziert und anschließend metallisiert wird.
Dreidimensionale Schaltungsträger sind vor allem wegen ihres hohen Miniaturisierungspo-
tenzials vielfältig einsetzbar, beispielsweise in der Antennen-, Sensor- oder Medizintechnik
(Zühlke 2014).

Zusätzlich zum Schaltungsaufbau auf Kunststoffträgern wird auch der Einsatz additiver Ver-
fahren zum Schaltungsaufbau auf metallischen Grundkörpern erwartet. Aktuell ermöglicht
ein neues Verfahren die Verwendung metallischer Körper als Schaltungsträger, auf dem
Pulverlack aufgebracht und mit dem Laser strukturiert wird (vgl. Interview mit Johann Weber
von Zollner Elektronik in Zühlke 2014).

Weitere Anwendungsbereiche für additive Fertigungsverfahren sind die Herstellung von
RFID-Chips oder MEMS (micro-electromechanical systems) (DMRC 2011).

Die Vision des Einsatzes additiver Fertigungsverfahren im Bereich der Elektronik besteht
darin, elektronische Funktionalitäten in Bauteile mit sehr komplexen Geometrien einzubetten
und damit Bauteile mit integrierter Elektronik herzustellen. Dazu sollen neben der Trä-
gerstruktur zeitgleich mikroelektronische Strukturen (Leitungen, Kondensatoren, Transforma-
toren, Widerstände, Schaltkreise) schichtweise aufgebaut werden. Beispielsweise bietet die
                                        9
Firma WZR Ceramic Solutions GmbH ein Verfahren an, in dem Tinten mit Metall- oder Ke-
ramikpartikeln verwendet werden (Michel 2013).

Medizintechnik, Prothetik, Dentaltechnik, medizinische Hilfsmittel

Additive Fertigungsverfahren sind in der Dental- und Hörgerätetechnik schon heute marktfä-
hig und etabliert. Für die Herstellung von individuell angepassten Hörgeräten werden die
Gehörgänge per Laser ausgemessen und ein auf das Ohr angepasstes Innenteil additiv
gefertigt (Interview Klemp 2014).

Seit 2000 ist es auch möglich, einen digitalen 3D-Scan des Mundinnenraums aufzunehmen,
um auf dieser Basis Zahnersatz mithilfe von 3D-Druckern aus Keramik zu fertigen. Im Ver-
gleich zur konventionellen Herstellung (Fräsen) hat das Verfahren jedoch den qualitativen
Nachteil, dass bei der additiven Fertigung raue Oberflächen entstehen, was eine Nachbear-
beitung notwendig macht (Fittkau 2013). Im Bereich Dentaltechnik sind bereits erste Geräte
auf dem Markt, mit denen sich ca. 450 Kronen am Tag kosteneffizient produzieren lassen
(FAQ-Consulting 2014, S. 1), während sich mit herkömmlichen Methoden nur ca. 20 Kronen
pro Tag und Gerät herstellen lassen (Klein 2013, S. 76 f.). Einige dieser Maschinen werden
                                          10                           11
von den bayerischen Firmen EOS GmbH und Concept Laser GmbH vertrieben. Der Be-

9
  http://wzr.cc/
10
   http://www.eos.info/
11
   http://www.concept-laser.de/

                                                                                         14
reich Dentaltechnik gilt als Innovationstreiber für additive Fertigungsverfahren, weil zukünftig
immer mehr Dentallabore ganze Zähne, Brücken, Kronen und Dentalmodelle damit fertigen
werden. Sackmann (2014) verweist auf eine Studie des Marktforschungsinstitutes IDTech-
   12
Ex (3D Printing 2015-2025: Technologies, Markets, Players), laut welcher in den nächsten
zehn Jahren ein Wachstum der Branche um das Fünffache zu erwartet sei.
In der Prothetik und Implantologie sind additive Fertigungsverfahren noch in einer früheren
Phase der Entwicklung (Ott 2014), haben aber bereits einige Anwendungsfelder. Im Bereich
Knochenersatz finden mittels additiver Fertigungsverfahren gefertigte Implantate schon Ein-
satz, etwa bei der Rekonstruktion von Schädel- oder Kieferknochen nach Brüchen durch
Unfälle oder nach Tumorerkrankungen (Interview Klemp 2014, Albes 2014). Zum Beispiel
wurde 2014 erstmalig eine additiv gefertigte künstliche Schädeldecke aus Kunststoff ver-
pflanzt (Krämer 2014a). Seit ca. drei Jahren werden in Deutschland zunehmend passgenaue
Kniegelenke aus Kunststoff (Polyethylen) eingesetzt. In Deutschland ist das Klinikum Dort-
mund Vorreiter, das jährlich ca. 250 additiv gefertigte Kniegelenke implantiert (Lindekamp
2015). Hierfür werden die Daten aus Computer-Tomografie-Aufnahmen des Kniegelenks
nach Boston gesendet, wo die Prothese gefertigt wird. Die Kosten für dieses Verfahren sind
im Vergleich zur nicht individuell angepassten Knieprothese mit ca. 1.000 Euro nur unwe-
sentlich höher. Inwieweit die individualisierte Knieprothese wie erhofft zur besseren Gene-
sung beiträgt, muss sich jedoch noch zeigen (WDR 2014). Weitere Beispiele für bereits ver-
pflanzten Knochenersatz sind Wirbelkörper und Hüftprothesen (3Druck.com 2014a).
Darüber hinaus gibt es einige Unternehmen und Projekte, die sich mit orthopädischen
                                          13        14                           15
Schuheinlagen beschäftigen (3D Orthotics , SOLS (3Druck.com 2014b), RSPrint und A-
              16
FOOTPRINT ). Weitere Ziele sind vor allem preisgünstige Arm-, Hand- oder Beinprothesen
zum Beispiel für Opfer von kriegerischen Auseinandersetzungen oder Menschen in Entwick-
lungsländern (Kuther 2013), wobei die Konstruktionspläne als Open Source zur Verfügung
gestellt werden und so gefertigte Prothesen nur wenige 100 US-Dollar kosten sollen
(McCracken 2014). Bislang beziehen sich solche Überlegungen allerdings auf ein einzelnes,
                                    17
von der Firma Not Impossible Labs finanziertes Wohltätigkeitsprojekt. Inwieweit diese Idee
finanziert und vor Ort umgesetzt werden kann, ist noch ungeklärt.

3.3 Industrielle Anwendungsmöglichkeiten in den Kreativbranchen
Architektur
                                                                                         18
Im Jahr 2013 verkündete das niederländische Architekturbüro Universe Architecture , ein
Haus mithilfe additiver Fertigungsverfahren zu bauen. Das Haus hat die Gestalt einer End-
losschleife in Form einer liegenden Acht. Dazu sollen mehrere, jeweils 6 mal 9 Meter große
Teilstücke gedruckt werden, aus denen das Haus zusammengesetzt wird. Der hierzu benö-
tigte sehr großer 3D-Drucker namens D-Shape benutzt als Werkstoff eine Mischung aus
Sand und Bindemittel, die sich während des Druckvorgangs zu einem marmorähnlichen
Material verbindet. Die Kosten pro Haus belaufen sich schätzungsweise auf vier bis fünf Mio.

12
   http://www.idtechex.com/
13
   http://www.3Dorthotics.com.au/
14
   http://www.sols.com/sols/tech
15
   http://www.rsprint.be/
16
   http://www.afootprint.eu/
17
   http://notimpossible.com/
18
   http://www.universearchitecture.com/

15
Euro. Die Fertigstellung war ursprünglich für 2014 geplant, nunmehr für 2015 (SPON/mak
2013).
Auch in anderen Ländern wird an der Konstruktion ganzer Häuser mithilfe additiver Ferti-
gungsverfahren geforscht. Beispielsweise arbeitet die University of Southern California mit
                          19
der Firma Contour Crafting an Häusern, die theoretisch innerhalb von 24 Stunden gedruckt
werden können. Dabei sollen erhebliche Materialeinsparungen möglich sein, weil keine Ab-
fälle entstehen. Zudem ließen sich der Bauprozess beschleunigen und die Zahl an Arbeits-
unfällen im Bausektor reduzieren. Als mögliche Einsatzgebiete werden der Wohnungsbau in
ärmeren Ländern oder in Krisengebieten, die Erstellung von Notunterkünften nach Naturka-
tastrophen oder die Besiedlung des Weltraums beschrieben.

In China ist es bereits gelungen, an einem Tag zehn sehr kleine Häuser zu drucken. Die von
                                                                20
der Firma Shanghai WinSun Decoration Design and Engineering gefertigten Häuser haben
nur eine Etage, eine Grundfläche von ca. vier mal sechs Metern und kosten rund 4.800 US-
Dollar. Dazu stellt der 3D-Drucker Bauteile aus zu flüssigem Beton recyceltem Baumaterial
her, die Hohlraumbausteinen ähneln und Öffnungen für Fenster, Wasser- oder Stromleitun-
gen vorsehen. Der Vorteil der additiven Fertigung im Vergleich zu konventionellem Verfah-
ren besteht hier vor allem in der Vermeidung von Abfällen (SPON/hda 2014).

Es ist zu beobachten, dass eine wachsende Zahl von Architekten die neuen Möglichkeiten
der additiven Fertigung für ihre Entwürfe nutzen. Der New Yorker Architekt Kusher plant
beispielsweise, den von Enrico Dini konstruierten 3D-Drucker D-Shape, der auf dem Verfah-
ren der Laser-Stereolitografie basiert, zur Realisierung eines Großprojekts zu verbessern. In
mehreren Bauphasen soll so ein komplettes Anwesen mit 4-Zimmer Haus, Swimming-Pool
und einem Pool-Haus realisiert werden. Zunächst soll der Swimming-Pool "gedruckt" wer-
den, da dieser sich am leichtesten mit D-Shape realisieren lässt. Für den Druck der Häuser
muss D-Shape technisch verbessert werden, hier bestehen die Herausforderung im Druck
des Dachs und der Verwendung von Betonstahl. Geplant ist, einzelne Bauteile des Hauses
in Container-Größe (Kantenlänge fünf Meter) zu drucken. Andere Größendimensionen las-
sen sich aufgrund der Abmessungen von 3D-Shape nicht realisieren.

Grundsätzlich besteht das Potenzial der additiven Fertigung im Bausektor nicht nur darin, die
kreativen Möglichkeiten in der Architektur zu erweitern, sondern auch in der perspektivi-
schen Verringerung der Kosten für den Hausbau, wenn die Technologie weiter ausgereift ist.

Design/Möbelindustrie/Kunst

Einige Designer kreieren und verkaufen mittels additiver Fertigungsverfahren hergestellte
Designerstücke wie Möbel oder Lampen. Dementsprechend wurden in den vergangenen
Jahren auch immer häufiger additiv gefertigte Einrichtungsgegenstände auf Möbel- und De-
signermessen präsentiert (DeAvita 2013). Mithilfe der additiven Fertigung werden die Ge-
genstände entweder direkt hergestellt oder aber Sandgussformen produziert, die als Guss-
form für die Herstellung der Designermöbel dienen (z. B. von der bayerischen Firma Voxel-
   21
jet ). Durch die additive Fertigung lassen sich auch völlig neue Designs erstellen, die mit
den herkömmlichen Herstellungsmethoden nicht produziert werden konnten.

19
   http://www.contourcrafting.org/
20
   http://www.yhbm.com/
21
   http://www.voxeljet.de/

                                                                                          16
Einer der Pioniere in dem Feld ist die in Amsterdam ansässige und bereits im Jahr 2000 in
                                                       22
Helsinki gegründete Firma „The Freedom Of Creation“ . Das Unternehmen verkauft Gegen-
stände mit filigranen Strukturen unterschiedlichster Art, wie Skulpturen, Handyschalen, Mö-
                                                                                    23
bel, Lampen oder Schmuck. Im Jahr 2010 zeigte die belgische Firma Materialize erste
Möbelstücke aus dem 3D-Drucker auf verschiedenen Messen. Später gründete die Firma
                                       24
das Tochterunternehmen i.materialise , das mit Designern zusammenarbeitet. Hier lassen
sich über eine Internetseite von Designern, die an unterschiedlichen Standorten weltweit
ansässig sind, entworfene Objekte kaufen oder auch nach eigenen Entwürfen fertigen.
                                                               25
Das 2014 gegründete Berliner Start-up Unternehmen BigRep hat einen 3D-Drucker mit
einem Volumen von 1,3 m³ entwickelt, sodass auch große Objekte wie Stühle, Couchtische
oder Sideboards ausgedruckt werden können. Das Angebot richtet sich aufgrund der noch
hohen Kosten primär an Architekten und Designer. Es werden unterschiedliche Materialien
verwendet, wie Laywood – eine Mischung aus Polymeren und Holzfasern, die Holz sehr
ähnlich sieht – oder Laybrick, das raue Oberflächen vergleichbar mit Sandstein hervorbringt
(Söldner 2014). Laut Firmenwebsite werden bevorzugt recyclebare Polymere verarbeitet.

Ein weiteres Beispiel ist die US-amerikanische Firma 4AXYZ, die sich auf additiv gefertigte
Holzmöbel spezialisiert hat. Dazu bringt das Unternehmen mittels eines Druckverfahrens
Holzfasern in Form von Schichten auf, so dass dreidimensionale Formen entstehen. Mit
diesem Verfahren können auch ergänzende Elemente in bereits bestehende Strukturen von
Möbeln aufgebracht werden. Darüber hinaus kann Elektronik in die Möbel integriert werden.
Durch den additiven Aufbau soll ein Großteil (bis zu 50 %) des Verschnitts, der beim konven-
tionellen Möbelbau anfällt, eingespart werden (Luimstra 2014).
Auch in der Kunst werden additive Fertigungsverfahren immer beliebter. Zahlreiche Künstler
bieten ihre damit gefertigten Skulpturen in limited editions zum Verkauf an. Es existieren
darüber hinaus User-Foren zum künstlerischen Umgang mit den Möglichkeiten der additiven
           26
Fertigung.

Spielzeug, Computerspiele und Fertigung von Sammlerstücken

Mittlerweile bieten zahlreiche Unternehmen die Möglichkeit, lebensechte Figuren auszudru-
cken, wozu ein 3D-Scan durchzuführen ist. Eine 15 cm hohe Figur kostet zurzeit rund 200
                                                  27                      28
Euro. Einige Beispiele sind die Firmen twinkind (Hamburg), Botspot (Berlin), 3D-
            29                       30
Generation (Dortmund), Mr. Make (Karlsruhe), Figurdruck (Tarp in Schleswig-Holstein),
                                         31
Omote (Harajuku, Japan) oder Kloneworld (Singapur).
                                                                                          32
Ein weiteres Anwendungsfeld sind Sammelfiguren und Avatare. Die Firma Chimperator
beispielsweise bietet eine 3D-Sammelfigur des Musikers Cro für 119 Euro an. Das 2014

22
   http://www.freedomofcreation.com/
23
   http://materializecss.com/
24
   https://i.materialise.com/
25
   http://bigrep.com/
26
   http://www.digitalartsonline.co.uk
27
   http://www.twinkind.com/
28
   http://www.botspot.de/de/
29
   http://www.3Dgeneration.com/
30
   http://www.mrmake.de/
31
   http://www.kloneworld.com/
32
   http://chimperator.de/

17
erschienene Computerspiel Evolve warb im Vorfeld mit dem Ausdruck der Spielfiguren auf
dem heimischem 3D-Drucker, wofür die Konstruktionsdateien zum Download angeboten
wurden (3Druck.com 2014c). Auch das Onlinespiel „World of Warcraft“ bietet seit 2013 die
                                                                         33
Möglichkeit, die eigenen Avatare als 3D-Figur additiv fertigen zu lassen. Auf der Webseite
         34
Sculpteo können 3D-Figuren in großer Themenvielfalt und unterschiedlichsten Materialien
erworben werden. Es handelt sich um ein Shop-in-Shop-System, also eine Plattform, auf der
weitere Verkäufer ihre eigenen Modelle anbieten. Der Ausdruck erfolgt von Sculpteo, ebenso
können eigene Vorlagen gedruckt werden.
In der Spieleszene wird der 3D-Drucker schließlich auch dazu genutzt, um eigene Joysticks
                                                  35
zu fertigen bzw. zu kreieren. Auf der Webseite Yeg beispielsweise stehen derzeit rund 150
                                                                       36
entsprechende Konstruktionsdateien zum freien Download zur Verfügung.

Film und Fernsehen

Im Bereich Film und Fernsehen kommen additive Verfahren zum Einsatz, wenn es bei-
spielsweise um die Produktion von Requisiten (wie Masken, Rüstungen, Waffen), Kulissen,
                                                                                     37
(Modell-)Fahrzeugen oder Konzeptmodellen geht. Die Kerpener Firma Kubikwerk/Fabrica
                                              38
oder die britische Firma Propshop Modelmakers bieten hierzu Lösungen an.

Die so gefertigten Modelle eignen sich sehr gut für Filme mit Spezialeffekten. Für den James
                                                                              39
Bond Film „Skyfall“ beispielsweise erstellte die bayerische Firma Voxeljet drei Modelle
eines Sportwagens (Hubschmid 2013).

3.4 Sonstige industrielle Anwendungsmöglichkeiten
Textilien und Bekleidungsindustrie

Im zivilen Textil- und Kleidungsbereich fokussieren sich die Einsatzmöglichkeiten der additi-
ven Fertigung gegenwärtig eher auf experimentelle und künstlerische Anwendungen (Inter-
view Klemp 2014). Im militärischen Bereich werden Kleidung und Schutzausrüstungen für
Soldaten entwickelt, die den Komfort und die Sicherheit steigern sollen (Benson 2014) (aus-
führlich Kap. 3.5).
                                    40                      41
Es gibt Unternehmen wie feetZ oder Three Over Seven , die Schuhe mithilfe additiver
Fertigungsverfahren herstellen. Ein weiteres Beispiel ist das Start-up Unternehmen Joyfit,
das beabsichtigt, individualisierte BHs gegebenenfalls mit eingebauten Biosensoren als
Health- oder Fitness-Tracking-Device zu drucken (3Druck.com 2014d). Weil BHs körpernah
getragen werden, eignen sie sich gut für die Platzierung von Biosensoren.

33
   http://www.figureprints.com/wow
34
   http://www.sculpteo.com/de
35
   http://www.yeggi.com/
36
   http://www.yeggi.com/q/joystick/?s=tt
37
   http://www.fabrica3-D.de/
38
   http://www.propshop.co.uk/
39
   http://www.voxeljet.de/
40
   http://www.feetz.com/
41
   http://3over7.com/

                                                                                          18
Erste Ansätze verfolgen zum Beispiel die Idee, Textilien auf Faserbasis zu drucken. Das
                                  42
britische Unternehmen Tamicare experimentiert etwa mit verschiedenen flüssigen Poly-
merarten (Latex, Silicon, Polyurethane, Teflon) und mischt diese im Druckvorgang mit Textil-
fasern aus Baumwolle, Viscose und Polyamid. Bereits entwickelt wurde ein atmungsaktives
Gewebe mit der Bezeichnung Cosyflex, das aus einer Mischung von Baumwollfasern und
Latex besteht. Das Material ist dehnbar und biologisch abbaubar und soll zum Beispiel zur
Produktion von Ein-Weg-Unterhosen eingesetzt werden (Wieselsberger 2013).
Der finnische Designer Janne Kyttanen experimentiert im Projekt „Lost Luggage“ mit der
Idee, Garderobe vor Ort in Hotels auszudrucken, wenn ein Reisender z.B. seinen Koffer
verloren hat oder nur mit leichtem Gepäck verreisen möchte (SPON/ele 2014). Einen ähnli-
chen Ansatz verfolgt der Industriedesigner Joshua Harris mit dem „Clothing Printer“, der
Kleidung zu Hause auf der Basis von „Schnittmustern“ aus einem Online-Shop ausdrucken
können soll. Die dazu notwendigen Textilien sollen in Druckerkartuschen nach Hause gelie-
fert werden und können auch aus den Fasern alter Kleidungsstücke bestehen. So ließen
sich alte Kleider umweltschonend mit Hilfe additiver Fertigungsverfahren recyceln (Krämer
2014b).

Die holländische Modedesignerin Iris van Herpen probiert sich in neuen Designs in Form
gedruckter Kleidung, die allerdings eher künstlerischen als praktischen Ansprüchen gerecht
wird (Bender 2013). Die Künstlerin Anna Wilhemi hat Modeaccessoires gedruckt, die den
                                                            43
Panzern amerikanischer Rugbyspieler nachempfunden sind.

Sportgeräteindustrie

Der Einsatz von additiven Fertigungsverfahren im Sportbereich zielt vor allem auf die Her-
stellung von Sportgeräten und -accessoires, die der Vermeidung von Verletzungen dienen
sowie zur Erhöhung des Tragekomforts durch Individualisierung der Produkte beitragen sol-
len. Typische Einsatzgebiete sind individualisierte Sport- und Trainingsschuhe, Skibindun-
gen, Helme und Protektoren (DMRC 2014, S. 33).

In der Presse findet sich eine Vielzahl von Meldungen über konkrete Anwendungsbeispiele:
Golfschläger, Surfbretter, Fahrradrahmen, Skischlitten, Titanhufeisen für Rennpferde, Fuß-
balltaschen, Schuhsohlen etc. (3D Grenzenlos 2014). Der in der Aufzählung genannte Ski-
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schlitten etwa wurde vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM für den Biathle-
ten Martin Feig entwickelt, der damit auf der Paralympics-Olympiade in Sotchi angetreten ist
(Fraunhofer 2014).

Nahrungsmittelindustrie

Zurzeit werden weltweit ca. elf verschiedene Geräte zum "Drucken" von Nahrungsmitteln wie
Nudeln, Fleisch, Schokolade, Kekse, Backwaren oder ganze Gerichte wie Pizza entwickelt,
von denen die meisten noch im Prototypenstadium sind (Molitch-Hou 2014). Einzig der
Food-Drucker namens Foodini (Rixecker 2014) des Start-up Unternehmens Natural Machi-
nes aus Barcelona sollte laut Technology Review (7/2014) bereits im Jahr 2014 für einen
Preis von 1.000 Euro auf den Markt kommen, allerdings verzögert sich die Markteinführung
noch (Stand August 2016). Als Rohzutaten gibt es Teig oder püriertes Gemüse aus Edel-

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   http://www.tamicare.com/
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   http://www.blue-production.de/files_db/1375169546_9306__6.pdf
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   http://www.iwm.fraunhofer.de/

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