Agrar aktuell - Universität Göttingen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausgabe 6 agrar aktuell Newsletter der Fakultät für Agrarwissenschaften Mai 2011 Tierwohl steigern Karriere starten Göttinger Wissenschaftler haben Der Karrieretag gab Überblick eine Initiative für ein Animal- über die vielfältigen Möglichkeiten Welfare-Label gestartet. Seite 8 zum Berufseinstieg. Seite 20 75 zusätzliche Studienplätze Neuer Dekan: im Bachelor Agrarwissenschaften Verbesserung der Lehre Fakultät auf doppelten Abiturjahrgang vorbereitet besonderes Anliegen Die Fakultät für Agrarwissenschaften eingestellt werden. Notwendig sind aber Seit dem 1. April ist Professor Dr. Achim Spil- ist auf den doppelten Abiturjahrgang in auch organisatorische Veränderungen. Da ler neuer Dekan der Fakultät für Agrarwis- Niedersachsen, der ab Wintersemester häufiger größere Hörsäle benötigt werden, senschaften. Der Leiter der Abteilung „Mar- 2011/12 an die Hochschulen strebt, vor- müssen einige Veranstaltungen auf den frü- keting für Lebensmittel und Agrarprodukte“ bereitet. Im Bachelor Agrarwissenschaften hen Abend oder auf Samstage verlegt und am Department für Agrarökonomie und Ru- können durch die vom Wissenschaftsmini- die Prüfungsphasen voll ausgeschöpft wer- rale Entwicklung löst sterium im Rahmen des Hochschulpaktes den. Prof. Dr. Dr. Bertram 2020 finanzierten 75 zusätzlichen Studien- Bei den Planungen zugute kommt der Fa- Brenig ab, der seit plätze deutlich mehr Studierende im stark kultät, dass sie bereits in den vergangenen 2008 bereits in zwei- nachgefragten Bachelorstudiengang Agrar- Jahren mit wachsenden Studierenden- ter Amtszeit Dekan wissenschaften aufgenommen werden. Die zahlen Erfahrungen gesammelt hat. Aktuell der Fakultät war. Fakultät hat sich deshalb entschieden, wei- studieren mit 1.690 jungen Menschen an Ein besonderes An- terhin keine uni-interne Zugangsbeschrän- der Fakultät 60 Prozent mehr Studierende liegen ist dem neuen kung einzuführen, so dass eine Einschrei- als noch im Jahr 2004. Damals waren le- Dekanat die Verbes- Prof. Spiller bung für das Wintersemester 2011/12 bis diglich 1.050 Studierende eingeschrieben. serung der Lehre. Die zum 30. September 2011 möglich ist. Insgesamt werden an der Universität Göt- bereits jetzt erfreulich gestiegene Zahl der Die zusätzlichen Mittel werden zielgerich- tingen über 1.000 neue Studienplätze ein- Studierenden und die kommenden dop- tet und bedarfsorientiert – mit Schwer- gerichtet. Schwerpunktmäßig – neben den pelten Abiturjahrgänge sind laut Spiller eine punkt bei Modulen aus dem Grundstu- Agrarwissenschaften – vor allem in BWL, große Herausforderung für die Fakultät. dium – verwendet. Insbesondere sollen Jura und Biologie sowie durch die Einfüh- Durch gezielte Investitionen sollen die Hot- zusätzliche wissenschaftliche Mitarbeiter rung neuer Studiengänge. Spots in Vorlesungen und Übungen ent- schärft und eine intensive Betreuung ermög- licht werden. „Die Exzellenz-Uni Göttingen muss noch besser als bisher im Masterstudi- um ein forschungsorientiertes Studieren er- möglichen und zugleich im Bachelorstudium die Praxisnähe ausbauen“, so Spiller. Unterstützt wird der neue Dekan vom bisherigen Studiendekan Dr. Christian Ahl, Forschungsdekanin Prof. Dr. Elke Pawelzik, Leiterin der Abteilung „Qualität pflanzlicher Erzeugnisse“ und kommissarische Leiterin der Abteilung „Pflanzenernährung und Er- tragsphysiologie“ und Prof. Dr. Dr. Matthias Gauly, Leiter der Arbeitsgruppe „Produkti- onssysteme der Nutztiere“ und Koordina- Beliebtes Studienfach: Innerhalb weniger Jahre ist die Zahl der Agrar-Studierenden tor des Masterstudienganges Pferdewissen- bereits um 60 Prozent gestiegen. Jetzt kommt der doppelte Abiturjahrgang. schaften. 1 Georg-August-Universität Göttingen
Namen und Nachrichten Welternährungsausschuss beruft Prof. Dr. Kerstin Wydra in Expertengruppe Der Welternährungsausschuss der Verein- Agrarwissenschaften und der Fakultät für ten Nationen, das Committee on World Forstwissenschaften und Waldökölogie. Food Security, hat die Göttinger Wissen- Die Expertengruppe, das High Level Panel schaftlerin Prof. Dr. Kerstin Wydra in seine of Experts on Food Security and Nutrition Expertengruppe zur Ernährungssicherheit (HLPE), berät den Welternährungsaus- und Ernährung berufen. Prof. Wydra ist schuss in Fragen der Ernährung und Er- Geschäftsführende Direktorin des Tropen- nährungssicherheit. Ihre Mitglieder ana- Liebe Leserinnen, zentrums der Universität Göttingen, einer lysieren die Ursachen dieser Fragen und liebe Leser, gemeinsamen Einrichtung der Fakultät für liefern wissenschaftliche Untersuchungen und Stellungnahmen zu spezifischen politi- turbulente Zeiten für die deutsche krelevanten Themen. Die Expertengruppe Agrarwirtschaft: Auf der einen Seite umfasst weltweit rund 400 Wissenschaftler. gute Preise an den Agrarmärkten, auf Kerstin Wydra, Jahrgang 1961, studier- der anderen Seite immer wieder neue te Agrarwissenschaften an der Universität Skandale und kritische Diskussionen. Göttingen, wo sie 1991 auch promoviert Allein der Dioxinfall Anfang 2011 soll wurde. Von 1993 bis 1999 war sie Pro- die deutschen Schweinemäster rund jektleiterin am International Institute of 100 Mio. Euro Vermarktungsverluste Agriculture in Benin (West-Afrika). Im An- gekostet haben. Genug Herausforde- schluss daran war sie am Institut für Pflan- rungen also, dass der Agrarforschung zenpathologie und Pflanzenschutz der der „Stoff“ nicht ausgeht. Die Vielzahl Universität Göttingen und am Institut für der in diesem Newsletter vorgestell- Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz ten nationalen und internationalen der Universität Hannover tätig, wo sie sich neuen Forschungsprojekte der Fakul- Berät Vereinte Nationen bei Fragen der 2004 habilitierte. Seit Juni 2009 ist sie Ge- tät belegen dies eindrucksvoll. Es ist Ernährung und Ernährungssicherheit: schäftsführende Direktorin des Tropenzen- auch mit Blick auf die Themen der Prof. Dr. Kerstin Wydra trums der Universität Göttingen. Doktorandinnen und Doktoranden (übrigens auch derjenigen vor 50 Jahren) immer wieder überraschend, Prof. Qaim erhält Förderpreis der DLG wie vielfältig unsere Disziplin ist. Prof. Dr. Matin Qaim hat als erster Preisträ- derungen des neu gestifteten Förderpreises ger den „Großen Internationalen DLG-För- in idealer Weise“, betont Carl-Albrecht Bart- Dies dürfte auch einer der Gründe derpreis für wissenschaftliche Leistungen“ mer, Präsident der DLG. „Er verfügt über für ihre zunehmende Beliebtheit bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft eine hervorragende wissenschaftliche Re- Abiturienten sein. Aus der Studienein- (DLG) erhalten. Der Professor für Welter- putation und trotz seiner jungen Jahre über gangsbefragung wissen wir übrigens, nährungswirtschaft und Rurale Entwicklung große Erfahrung in relevanten Bereichen dass es der Wunsch nach dem Um- wurde für sein herausragendes wissen- gang mit Tieren ist, der als wichtigstes schaftliches Engagement in Fragen der glo- Studienfachwahlmotiv von unseren balen Ernährungssicherung sowie bei der Neustudierenden genannt wird. Erst Untersuchung wirtschaftlicher und sozialer im Laufe der Zeit sehen sie dann, dass Auswirkungen der Gentechnik im interna- auch Ökonomie und Agribusiness in- tionalen Kontext geehrt. Die DLG hat den teressant sein können. Interessante Preis zum ersten Mal anlässlich des 125. Jah- Arbeitsplatzoptionen versprechen res ihres Bestehens vergeben. Das Preisgeld dabei alle Studienrichtungen den Stu- in Höhe von 25.000 Euro soll den Preisträ- denten und den – inzwischen zahlen- ger bei seiner weiteren wissenschaftlichen mäßig leicht überwiegenden – Stu- Arbeit unterstützen. Prof. Qaim hat die Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner dentinnen. Auszeichnung am 15. Dezember 2010 in und DLG-Präsident Carl-Albrecht Bart- Berlin im Rahmen eines Festakts zum DLG- mer (r.) überreichen den Preis an Prof. Viel Spaß beim Lesen des sechsten Jubiläum entgegengenommen. Überreicht Dr. Matin Qaim. Newsletters unserer Fakultät, der wurde der Preis von der Bundesministerin versucht, die Vielfalt und Aktualität für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- der Agrarwissenschaft. Dabei verbindet er unseres Faches für alle Interessierten cherschutz, Ilse Aigner. eine internationale Sichtweise mit der aus- aufzuzeigen. Der Förderpreis ist eine Ehrung für außer- gezeichneten Fähigkeit zur ökonomischen gewöhnliches wissenschaftliches Engage- Bewertung. Seine Arbeiten zeichnen sich ment im Agrar- und Lebensmittelsektor und durch praktische Relevanz der gewonnenen geht an junge Wissenschaftler aus Deutsch- wissenschaftlichen Erkenntnisse für die inter- land oder dem Ausland, die international nationale Agrar- und Ernährungswirtschaft Prof. Dr. Achim Spiller relevante wissenschaftliche Leistungen er- aus und leisten einen wertvollen Zukunfts- bracht haben. „Prof. Qaim erfüllt die Anfor- beitrag zur globalen Ernährungssicherung.“ 2 Georg-August-Universität Göttingen
Namen und Nachrichten Engere internationale Zusammenarbeit Nadine Würriehausen in der Zuckerrübenforschung berät jetzt Studierende Seit Dezember 2010 ist die Studienberatung für Bachelor- und Masterstudierende mit Na- dine Würriehausen neu besetzt. Frau Wür- riehausen hat an der Universität Göttingen sowohl den Bachelor „Agrarwissenschaften“ als auch den Master „Agrarwissenschaften“ mit den Schwerpunk- ten Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus bzw. Agribusiness absol- N. Würriehausen viert. Bei Fragen rund Gruppenbild nach der Gründung: Im Forschungsnetzwerk COBRI arbeiten zukünftig um unsere Bachelor- und Masterstudien- die nationalen Institute für Zuckerrübenforschung von vier Ländern zusammen. gänge sowie Schlüsselkompetenzen und Das Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) tutsübergreifende Zusammenarbeit lassen Bewerbungen ist sie sowohl für Studierende verstärkt seine internationale Zusammenar- sich Synergieeffekte nutzen. Belastbarere als auch für Studieninteressierte kompetente beit. Mit der Gründung von COBRI (CO- Forschungsergebnisse erhöhen die euro- Ansprechpartnerin Frau Würriehausen ist zu ordination Beet Research International) und paweite Wettbewerbsfähigkeit z. B. bei der folgenden Zeiten in ihrem Büro im Büsgen- Vertragsunterzeichnung am 17. März 2011 Einwerbung von Forschungsmitteln. weg 5 zu erreichen: Mi 9 – 12 Uhr und 13 werden die nationalen Institute für Zucker- COBRI wird als virtuelle Institution mit – 16.30 Uhr, Do 14 – 16.30 Uhr sowie rübenforschung Dänemarks bzw. Schwe- einem Netzwerk von Fachkräften arbeiten, Fr 9 – 11.30 Uhr. Um vorherige Terminab- dens (Nordic Beet Research, Holeby) und um den zukünftigen Herausforderungen der sprache per Mail oder Telefon wird gebeten, der Niederlande (Institute of Sugar Beet Rohstoffproduktion in der gesamten Wert- insbesondere bei Terminanfragen außerhalb Research, Bergen op Zoom) mit dem IfZ in schöpfungskette Zucker gerecht zu werden. der Sprechzeiten. der angewandten Forschung zukünftig eng Sprecher von COBRI ist Prof. Dr. Bernward zusammenarbeiten. Märländer. Über COBRI werden gemein- Agrarpolitik-Lehrstuhl Immer mehr Aufgaben der angewandten same Projekte der beteiligten unabhängigen Forschung gleichen sich länderübergrei- Institute koordiniert. Weitere Aktivitäten der ist am EU-Projekt fend. Beispiele sind die Untersuchung von Institute, wie die regionale Beratung, sind Krankheiten und Schädlingen sowie die nicht einbezogen, die breite Datenbasis aus TRANSFOP beteiligt Konsequenzen der EU-Regelungen für den gemeinsamen Versuchen kann jedoch Neben elf weiteren namhaften europä- eine nachhaltige Entwicklung. Durch insti- zielorientiert genutzt werden. ischen Forschergruppen ist der Lehrstuhl für Agrarpolitik unter der Leitung von Prof. KMU-Netzwerk erhält Preis des Stiftungsrates Dr. Stephan von Cramon-Taubadel am EU- Projekt TRANSFOP (Transparency of Food Das KMU-Netzwerk der Göttinger Gra- Pricing) beteiligt. Über einen Zeitraum von duiertenschule Gesellschaftswissenschaften drei Jahren wird dieses Projekt aus dem 7. (GGG) ist am 1. März 2011 mit dem Preis Forschungsrahmenprogramm der Europä- des Stiftungsrates der Stiftung Universität ischen Union mit insgesamt knapp 1 Mio. Göttingen in der Kategorie „Wissenschaft Euro gefördert. und Öffentlichkeit“ für die Veranstaltungs- Im Fokus der Untersuchungen steht die serie „PraxisForum 2010 – Wir verbinden Weitergabe von Preisschwankungen land- kluge Köpfe“ ausgezeichnet worden. Die wirtschaftlicher Produkte entlang der Wert- Preisübergabe erfolgte im Rahmen der Sit- schöpfungskette, wobei insbesondere die zung des Stiftungsrates. Die Veranstaltungs- Auswirkungen stark gestiegener Weltmarkt- serie habe in vorbildlicher Art und Weise Auszeichnung: Der Stiftungsrat würdigte preise während der Jahre 2007 und 2008 aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und die Verbindung aktueller wissenschaft- auf Erzeuger- und Verbraucherpreise in Anforderungen aus dem Unternehmensall- licher Erkenntnisse mit Anforderungen verschiedenen Ländern der EU analysiert tag miteinander verbunden, heißt es in der aus dem Unternehmensalltag. werden sollen. Göttinger Wissenschaftler Begründung des Stiftungsrates. Den Preis zu geben, während die Unternehmen kooperieren dabei in einem Teilprojekt zur nahmen Prof. Dr. Kilian Bizer (Sprecher des gleichzeitig potenzielle zukünftige Mitar- vertikalen Preistransmission mit Forschern KMU-Netzwerks der GGG), Prof. Dr. Rai- beiter und Führungskräfte kennenlernen des Research Centre for Agri-Food Econo- ner Marggraf (Sprecher der GGG) sowie konnten. Die erfolgreiche Veranstaltungsse- my & Development in Barcelona. Darüber die beiden Koordinatoren Christina Qaim rie wird im Jahr 2011 gemeinsam mit den hinaus liegt die Verantwortlichkeit für die und Lasse Becker entgegen. Die Reihe hat- Kooperationspartnern der Industrie- und Kommunikation der Projektergebnisse an te das Ziel, den Wissenschaftlern Rückmel- Handelskammer, der Handwerkskammer Stakeholder aus Wirtschaft und Politik bei dung über den Praxisbezug ihrer Forschung sowie geniusgöttingen fortgesetzt. der Göttinger Abteilung für Agrarpolitik. Fakultät für Agrarwissenschaften 3
Namen und Nachrichten Nach halbem Jahrhundert zurück an der Georgia Augusta Agrarminister Gert Lindemann hielt den Festvortrag für Goldene Promovenden Elf Promovenden des Jahrgangs 1960 konnte Dekan Prof. Brenig (l.) die Urkunden persönlich überreichen. Mit einer akademische Feierstunde hat die der Landwirtschaftlichen Fakultät (GFL) mit Hinblick auf globale Herausforderungen. Fakultät für Agrarwissenschaften am 24. Ja- dem Verein „Alumni Göttingen“ Sprecher Trotz des hohen Wettbewerbdrucks nuar ihre Goldenen Promovenden geehrt. der Sektion Agrarwissenschaften, richtete zeigten die jüngsten Entwicklungen der Den Festvortrag bei der Veranstaltung in der den Goldenen Promovenden seine herz- Göttinger Fakultät für Agrarwissenschaften, historischen Aula am Wilhelmsplatz hielt der lichsten Glückwünsche aus. Im Hinblick auf dass Praxisbezug und ein hervorragendes erst kurz zuvor in seinem Amt vereidigte die Diskussion um Exzellenz und Praxisbe- wissenschaftliches Niveau sehr gut mit- niedersächsische Minister für Landwirt- zug verwies er auf einen seiner ehemaligen einander vereinbar seien. Lindemann lobte schaft, Ernährung, Verbraucherschutz und Professoren, der sagte: „Die beste Düngung die lange und gute Tradition der Kooperati- Landesentwicklung, Gert Lindemann, zum ist noch immer die Düngung der Gehirne“. onsbeziehungen mit der Agrar- und Ernäh- Thema „Agrarforschung in Niedersachsen – Dies zeige sich einmal mehr auch an den rungswirtschaft. Dennoch dürfe die Koope- Exzellenz versus Praxisbezug?“ erfolgreichen und spannenden Lebensläu- ration zwischen öffentlicher Forschung und Elf Doktorinnen und Doktoren der Agrar- fen der Goldenen Promovenden. privaten Unternehmen nicht dazu führen, wissenschaften, die im Jahr 1960 promo- Zum Thema „Agrarforschung in Nie- dass öffentliche Finanzierungsmittel durch viert hatten, fanden sich anlässlich des 50. dersachsen – Exzellenz versus Praxisbezug“ private Mittel ersetzt werden. Um den Jahrestages ihrer Promotion in der Aula sprach anschließend auch Gert Lindemann gewaltigen Herausforderungen gerecht zu ihrer „Georgia Augusta“ ein. Begrüßt wur- in seinem Festvortrag. Lindemann war erst werden, bedürfe es auch in Zukunft sub- den sie von dem Dekan der Fakultät für zwei Tage zuvor als Nachfolger von Astrid stantieller öffentlicher Ressourcen. Für die Agrarwissenschaften, Prof. Dr. Dr. Bertram Grotelüschen im Amt des niedersächsischen niedersächsische Agrarforschung wünscht Brenig, der in seiner Ansprache neben den Ministers für Landwirtschaft, Ernährung, Lindemann sich eine tragende Rolle bei faszinierenden Lebenswegen der Goldenen Verbraucherschutz und Landesentwicklung der Umsetzung nationaler Forschungsstra- Promovenden und ihrem beruflichen Erfolg vereidigt worden. In seiner Rede betonte er, tegien und bot dazu bei Bedarf die Unter- auch auf die – nach fünfzig Jahren nicht im- dass die positiven Entwicklungstendenzen stützung seines Hauses an. Neben einer mer ganz leichte – „Suche“ nach den Ehe- der niedersächsischen Landwirtschaft nur verlässlichen Finanzierung komme es aber maligen hinwies. gehalten und ausgebaut werden können, auch darauf an, die bestehenden Kom- Dr. Henning von der Ohe, seit dem Zusam- wenn die Agrarforschung in Niedersachsen munikations- und Kooperationsstrukturen menschluss der Gesellschaft der Freunde eine Spitzenstellung einnimmt – auch im auszubauen und weiterzuentwickeln. Da- bei betrachtet Lindemann sich in seinem Ministeramt als „natürlicher Verbündeter“, wenn es um die Zukunftsfähigkeit der nie- dersächsischen Agrarforschung geht. Mit der Überreichung der Goldenen Pro- motionsurkunden durch Minister Lin- demann und Dekan Brenig wurde ab- schließend die Promotionsleistung der Ehemaligen erneut gewürdigt. Zur Tradition gehört mittlerweile die musi- kalische Begleitung der Goldenen Promo- tionsfeier durch Prodekan Hansjörg Abel. Zusammen mit Michael Schäfer schuf er mit den „Norwegischen Tänzen zu vier Zellenbesichtigung vor der Feierstunde: Der renovierte Karzer im Dachgeschoss des Händen“ von Edvard Grieg einen gelun- Aulagebäudes beeindruckte die Alumi. genen Rahmen. 4 Georg-August-Universität Göttingen
Namen und Nachrichten Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert agrarökonomisches Graduiertenkolleg „GlobalFood“ Exzellente Forschung und innovative Betreuung von Doktoranden Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ergeben sich für Landwirte und Verbraucher? nomik. Nachwuchswissenschaftler werden (DFG) fördert ein neues, agrar- und ent- Und was sind die Folgen für Hunger und Ar- interdisziplinär betreut und durch gezielte wicklungsökonomisch ausgerichtetes Gra- mut in den Entwicklungsländern? Solche und Fördermaßnahmen auf Tätigkeiten im in- duiertenkolleg, in dem exzellente Forschung ähnliche Fragen werden im GlobalFood-Kol- ternationalen Arbeitsmarkt vorbereitet. Das und innovative Betreuung von Doktoranden leg im Rahmen von zwölf Teilprojekten be- Forschungs- und Trainingsprogramm wird in und Postdoktoranden kombiniert werden. arbeitet. Auf Basis der Forschungsergebnisse Kooperation mit dem International Food Po- Die Wissenschaftler des Graduiertenkollegs werden Politikempfehlungen entwickelt und licy Research Institute (IFPRI), welches seinen (GRK 1666) beschäftigen sich mit der Trans- untersucht, wie die Effizienz der Märkte ge- Hauptsitz in Washington DC hat, durchge- formation von Lebensmittelmärkten im Kon- steigert und negative soziale Effekte vermie- führt. Zur offiziellen Eröffnung findet am 19. text der Globalisierung. Das Programm trägt den werden können. Mai in der historischen Sternwarte ein Sym- die Kurzbezeichnung „GlobalFood“. Die Besonders innovativ ist dabei die Kombina- posium statt. Weitere Informationen über das DFG unterstützt das Kolleg am Department tion von betriebs- und volkswirtschaftlichen Graduiertenkolleg sowie das Programm des für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Ansätzen mit Methoden der Entwicklungs- Eröffnungssymposiums sind im Internet unter der Georg-August-Universität Göttingen zu- forschung und der experimentellen Öko- www.uni-goettingen.de/globalfood abrufbar. nächst viereinhalb Jahre lang mit insgesamt 3,5 Millionen Euro. Neben der Fakultät für Agrarwissenschaften ist auch die Wirtschafts- wissenschaftliche Fakultät der Universität Göttingen beteiligt. Sprecher des Kollegs ist Prof. Dr. Matin Qaim. Globale Lebensmittelmärkte sind derzeit einem rasanten Wandel unterworfen. Neue Standards, Regeln der Lebensmittelkenn- zeichnung und Zertifizierungssysteme führen zu stärker integrierten Wertschöpfungsket- ten – auch über Ländergrenzen hinweg. Die Konzentration im Einzelhandel nimmt weiter zu, und durch ausländische Direktinvesti- tionen gewinnen große Supermarktketten wie Metro, Wal-Mart und Carrefour auch in vielen Entwicklungsländern zunehmend an Bedeutung. Wodurch genau werden diese Globale Agrar- und Lebensmittelmärkte werden mithilfe neuer Ansätze der Betriebs- Trends getrieben? Welche Konsequenzen und Volkswirtschaftslehre sowie experimenteller Ökonomik untersucht. GFL und Alumni Göttingen wurden verschmolzen Sektion Agrarwissenschaften im Alumni-Verein führt erfolgreiche Arbeit fort Die Gesellschaft der Freunde der Land- rem durch die Auslobung des Preises der her gleich zwei positive Effekte erzielt: Alle wirtschaftlichen Fakultät (GFL) wurde 1987 GFL für hervorragende Masterarbeiten, ehemaligen Landwirtschaftsstudentinnen gegründet und war damit Vorreiter der und spezieller Vorhaben in den verschie- und -studenten können nun einheitlich an- Alumniarbeit an der Georgia Augusta. Mit denen Abteilungen engagiert. gesprochen werden und die Verwaltungs- rund 350 Alumni gehörte sie – in Relation Mit der Gründung des fachrichtungsüber- arbeiten werden professionell und effizient zur Fakultät – zu den mitgliederstärksten greifenden Vereins Alumni Göttingen e.V. von Alumni Göttingen abgewickelt. Vereinigungen dieser Art. Seit ihrem Be- im Jahre 2001 haben besonders die inter- Die zu Beginn des Jahres neu gegründete stehen hat die GFL zahlreiche Veranstal- nationalen Agrar-Alumni auch direkt den „Sektion Agrarwissenschaften“ des Alumni- tungen organisiert, um die Verbindungen Weg zurück zu ihrer ehemaligen Univer- Vereins kann sich somit voll und ganz auf zwischen Ehemaligen und Aktiven sowie sität gefunden, ohne Mitglied der GFL zu die inhaltliche Arbeit konzentrieren und die den Studierenden der Fakultät zu fördern. werden. Dadurch gestaltete sich die gleich- Schwerpunkte weiter ausbauen. Die Ver- Zu diesem Zweck wurden unter anderem mäßige Ansprache aller ehemaligen Agrar- bindung der nun mehr als 400 Mitglieder die „Goldene Promotionsfeier“ und das wissenschaftler schwieriger. Aufgrund der umfassenden Sektion zur Fakultät bleibt „Silberne Diplom“ ins Leben gerufen, die steigenden Mitgliederzahlen wurden zudem dabei bestehen. Kontinuität ist außerdem sich mittlerweile zu einer guten Tradition die Verwaltungstätigkeiten der wachsenden dadurch gesichert, dass alle bisherigen Vor- entwickelt haben. Darüber hinaus hat die GFL immer umfangreicher. Durch die zum standsmitglieder der GFL auch in der „Sek- GFL sich stets auch in der Förderung von 1. Januar 2011 erfolgte Verschmelzung der tion Agrarwissenschaften“ weiterhin aktiv Nachwuchswissenschaftlern, unter ande- GFL mit Alumni Göttingen e.V. werden da- mitwirken werden. Fakultät für Agrarwissenschaften 5
Namen und Nachrichten Probieren, informieren und investieren auf der EuroTier Ihren Geschmackssinn, ihre Risikobereit- lehre“. In ihrem Promotionsvorhaben un- schaft und ihr Verhalten in Investitionssitua- tersucht Syster Maart das Verständnis von tionen konnten die Besucher der EuroTier Landwirten für Investitionen und Desinve- 2010 am Stand der Fakultät für Agrarwis- stitionen. Anhand eines computergestützten senschaften testen. Daneben stand das „Spiels“ wurde das Verhalten der Landwirte vielfältige Angebot agrarwissenschaftlicher in Investitionssituationen analysiert. Dazu Studiengänge im Mittelpunkt des Messeauf- wurden hypothetische Entscheidungssitiua- tritts. Mit neuen Themenpostkarten und tionen, wie zum Beispiel ein Münzwurfspiel Fragen wie „Zu warm angezogen?“, „Alles oder die Investition in Boden simuliert. Eine Banane?“ oder „Reine Männersache?“ wur- Lotterie im zweiten Abschnitt des Spiels gab de wieder auf spannende Forschungspro- Aufschluss über die Risikoeinstellung der jekte der verschiedenen Abteilungen und Teilnehmer. Um die Teilnahmebereitschaft die Vielfalt der Agrarwissenschaften auf- Auf dem Stand der Fakultät konnten sich und Motivation der Probanden weiter zu merksam gemacht. Besucher an zwei Forschungsprojekten erhöhen, wurden – abhängig von den im „Reine Männersache“ zum Beispiel stellt ein beteiligen. Spiel getroffenen Entscheidungen – attrak- Projekt der Abteilung „Qualität tierischer Unterschied zwischen einer Eber-Salami tive Geldpreise verlost. Die glückliche Ge- Erzeugnisse“ vor, in dem die Sensorik von und einer Salami von kastrierten Schweinen winnerin des ersten Teils kann sich über eine Eberfleisch getestet wird. Neben den Ver- riechen oder schmecken. Geldprämie von 1.132 Euro freuen. Der suchen im Göttinger Sensorik Labor hatten Eine weitere Möglichkeit, aktiv an der For- Gewinner der Lotterie erhielt 160 Euro. nun auch die Besucher der EuroTier die schung teilzuhaben, bot ein Investitionsspiel Insgesamt haben 106 Landwirte an dem Möglichkeit, vor Ort zu testen, ob sie den der Abteilung „Landwirtschaftliche Betriebs- Spiel auf der EuroTier teilgenommen. Neue Doktorandinnen und Doktoranden an der Fakultät Department für Nutztierwissenschaften Proteinqualitätsparameter, Verzweigtkettige Aminosäuren Anja Pastor Vergleichende Studien zur Beeinflussung von Proteinqualitäts- und davon M. Sc. Agrarwissenschaften (Uni Göttingen), Jg. 1984 abgeleiteten Aminosäuren-Wirksamkeitsparametern durch wechselnde Abteilung Tierernährungsphysiologie Versorgungslagen mit verzweigtkettigen Aminosäuren (Schwerpunkt Leu- Betreuerin: Prof. Dr. F. Liebert cin) apastor@uni-goettingen.de 0551/39-3352 Reproduktion, Immunhistologie, Sperma sexing Annabel Bergmann Untersuchungen zur Bindung porciner Spermien an das Uterusepithel M. Sc. Agrarwissenschaften (Uni Göttingen), Jg. 1984 Abteilung Reproduktion und Biotechnologie landwirt- schaftlicher Nutztiere / Institut für Nutztiergenetik - FLI Betreuer: Prof. Dr. C. Knorr, Prof. Dr. D. Rath (FLI) bergmann@tzv.fal.de 05034/871-173 Besamung, Reduzierung Spermaportion, Sperma sexing, Marlene Strothmeyer Neue Verfahren zur Nachkommenproduktion mit gesextem Bullensperma M. Sc. Agrarwissenschaften (Uni Kiel), Jg. 1984 bei Färsen Abteilung Reproduktion und Biotechnologie landwirt- schaftlicher Nutztiere / Institut für Nutztiergenetik - FLI Betreuer: Prof. Dr. C. Knorr, Prof. Dr. D. Rath (FLI) strothmeyer@tzv.fal.de 05034/871-173 Department für Nutzpflanzenwissenschaften Winterraps, Ölgehalt Nina Behnke Erhöhung des Ölgehalts im Winterraps (Brassica napus L.) durch Nutzung Dipl.-Biologe (Uni Göttingen), Jg. 1981 chinesischer Genressourcen Abteilung Pflanzenzüchtung Betreuer: Prof. Dr. H. Becker, Dr. C. Möllers nbehnke@uni-goettingen.de 0551/39-4366 6 Georg-August-Universität Göttingen
Namen und Nachrichten Winterraps, Wachstumsregulatoren, Arbeitsgruppe physiologische Animal Welfare Label: Göttinger Forscher Effekte arbeiten eng mit der Praxis zusammen Christian Comberg Untersuchungen zur Ertragsbeeinflussung von Pflanzenschutzmittelappli- Dipl.-Agr.-Ing. (Uni Bonn), Jg. 1985 kationen in Winterraps. Es sollen vor allem physiologische Effekte, hervor- Abteilung Allg. Pflanzenpathologie u. Pflanzenschutz gerufen durch verschiedene Pflanzenschutzmittel u.a. Wachstumsregula- Betreuer: Prof. Dr. A. von Tiedemann toren, näher untersucht werden. Die Untersuchungen finden sowohl im ccomber@uni-goettingen.de 0551/39-3720 Feld als auch im Gewächshaus statt. Rhizoctonia cerealis, sharp eyespot, wheat Ines Eikenberg Intensivierte Landwirtschaft & enge Fruchtfolgen fördern die bis dato M. Sc. Plantbiotechnology (Uni Hannover), Jg. 1984 wenig bedachte Fußkrankheit Rhizoctonia cerealis am Weizen. Neben Abteilung Allg. Pflanzenpathologie u. Pflanzenschutz generellen Untersuchungen sollen Feldversuche praktische Fragen Betreuer: Prof. Dr. A. von Tiedemann beleuchten. Untersucht wird u.a. der Erregerkomplex, ieikenb@uni-goettingen.de 0551/39-3723 Fruchtfolgeeinflüsse & Ertragsauswirkungen. M. grisea, resistance Xia Ha „Epidemiological and phytopathological studies on wheat blast (Magnapor- M. Sc. Agriculture, Northwest A&F Univ., China, Jg. 1983 the grisea) - characterisation of pathotypes and resistance wheat” Abteilung Allg. Pflanzenpathologie u. Pflanzenschutz Screening wheat lines for resistance to M. grisea, Characterisation of resi- Betreuer: Prof. Dr. A. von Tiedemann stance in wheat to M. grisea vasel@ifz-goettingen.de 0551/505662-44 Rice, Temperature, Blast Geoffrey Onaga Rice Blast: Pathogen diversity, and temperature regulation of rice gene expression in re- M. Sc. Crop Science (Makerere Univ., Uganda) Jg. 1981 sponse to Magnaporthe oryzae infection Abteilung Allg. Pflanzenpathologie u. Pflanzenschutz Betreuer: Prof. Dr. A. von Tiedemann gonaga@uni-goettingen.de 0551/39-12309 Raps, Rohfasergehalt Edy Suprianto Genetische Variation für Rohfasergehalt bei Winterraps (Brassica napus L.) M. Sc. Agrarwissenschaften (Uni Göttingen), Jg. 1974 Das Ziel der Arbeit ist es, die genetische Variation für Rohfasergehalt bei Abteilung Pfanzenzüchtung Winterraps zu untersuchen, seine Vererbung aufzuklären und Korrelati- Betreuer: Prof. Dr. H. Becker onen zu anderen Sameninhaltsstoffen fest zu stellen. esupria@uni-goettingen.de 0551/39-4366 Rapeseed, QTL mapping, Phytosterol Li Shia Teh Molecular mapping of QTL and candidate genes governing phytosterol M. Sc. Trop. a. Int. Agriculture (Uni Göttingen), Jg. 1985 content in winter oilseed rape (Brassica napus) Abteilung Pfanzenzüchtung Betreuer: Prof. Dr. H. Becker, Dr. C. Möllers lteh@uni-goettingen.de 0551/39-4366 Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Econometrics, Spatial statistics, Productivity analysis Daniel Mauricio Castro Medina Scale problems in productivity analysis in agriculture over space and time. Ag- M. Sc. Economics (Univ. Javeriana, Colombia), Jg. 1982 gregation of efficiency and productivity measures over space, time, and farms: RTG 1644 „Scaling Problems in Statistics“ The role of learning-by-doing and agglomeration effects. Betreuer: Prof. Dr. B. Brümmer d.castromedina@stud.uni-goettingen.de 0551/39-4821 Vertical price transmission Wirkungsanalyse, Landwirtschaftliche Beratung, Timor Leste Sabrina Scherzer Consistent modeling of vertical price transmission processes at different M. Sc. (University of Reading), Jg. 1985 levels of spatial disaggregation Abteilung Agrarpolitik / GRK 1644 „Skalenprobleme in der Statistik“ Betreuer: Prof. Dr. S. von Cramon-Taubadel sscherz@uni-goettingen.de 0551/39-4859 Fakultät für Agrarwissenschaften 7
Themenschwerpunkt Mit „Animal-Welfare-Label“ das Tierwohl steigern und neue Marktpotentiale erschließen Agrarunternehmen, Handel und Tierschützer an der Entwicklung beteiligt Das Thema Tierschutz wird auf verschie- denen Ebenen immer stärker diskutiert. Auf EU-Ebene sind außerdem in den vergangenen Jahren zahlreiche Initiativen und große Forschungsprojekte wie z. B. der „Action Plan on Animal Welfare“ oder das „Welfare Quality“-Projekt beschlos- sen worden. Aber auch aus Sicht der Forschung gibt es Anlass zur Diskussion, da neue Erkenntnisse aus den Bereichen Tiergesundheitslehre, Nutztierethologie und Biologie existieren. Tierschutz ist, wie die Breite der aktu- ellen Diskussion zeigt, kein kurzfristiges Thema. Im Gegenteil, es sprechen neben ethischen Gründen auch zunehmend ge- sellschaftliche, politische und letztlich auch ökonomische Gründe dafür, die Anforde- Was sind Kriterien für das Tierwohl? Bei einem Workshop Ende Juni werden Vor- rungen an den Tierschutz zu erhöhen. In schläge für Standards für ein Animal-Welfare-Label für Mastschweine und Masthüh- der Gesellschaft vollzieht sich seit einigen ner vorgestellt. Jahren ein Wertewandel hin zu einem wachsenden gesellschaftlichen Interesse zierungsstandards stehen die Aspekte Ver- den. Als Startpunkt hat die Initiativgruppe am Tierwohl. braucherrelevanz und Glaubwürdigkeit die Entwicklung von Zertifizierungsstan- sowie ein hoher Wiedererkennungswert dards für die Mast von Schweinen und Arbeitsgruppe der Fakultät startet im Mittelpunkt der Arbeit. Zur Erreichung Hühnern gewählt. Langfristig sollen alle Initiative für Tierschutzlabel einer hohen Glaubwürdigkeit sollen die Tierarten mit hoher Marktbedeutung Konsumenten betrachten das Tierwohl Standards des Labels paritätisch (d. h. un- (Schwein, Rind, Milchvieh, Mutterkuh, als Qualitätsindikator und fordern mehr ter Berücksichtigung sowohl von Profit- als Masthühner, Pute) eingebunden werden. Information sowie ein verbessertes An- auch Non-Profit- Interessen) ent- Mitglieder der „Initiativgruppe Tierwohl- gebot von tiergerecht erzeugtem Fleisch. wickelt w e r- Label“ sind sowohl Wissenschaftler als Gleichzeitig ist eine zunehmende Ent- auch wichtige Unternehmen aus Industrie fremdung des Verbrauchers von der m Man und Lebensmitteleinzelhandel (z. B. Vion, landwirtschaftlichen Produktion zu ssyste age me Edeka, Tegut) sowie der Deutsche ng beobachten. Besonders für die ltu nt Tierschutzbund, so dass möglichst a pr Fleischwirtschaft birgt das man- H viele Interessengruppen vertre- ax gelhafte Wissen der Verbrau- Tierverhalten ten sind. is cher über die Art und Weise Landwirte und Wissenschaft der Lebensmittelproduktion gewichten Animal-Welfare- eine enorme Herausfor- Kriterien unterschiedlich derung, die insbesondere den Bereich Tierschutz Bei der Konzeptionierung betrifft. Vor diesem Hin- Wohlbefinden eines Tierwohl-Labels tergrund hat eine Arbeits- des Tieres ist zunächst festzulegen, gruppe aus der Göttinger welche Kriterien zur Mes- Fakultät, in der u. a. Prof. sung von Animal Welfare Gauly, Prof. Theuvsen geeignet sind. Aktuelle Er- und Prof. Spiller vertreten gebnisse einer Landwirte- sind, eine Initiative zur Kon- befragung der Uni Göttingen Tierverhalten xis zeptionierung eines Animal- zeigen, dass Landwirte bei der ra H Welfare-Labels initiiert. Ziel der tp Frage nach der Messung bzw. alt en un Gruppe ist die privatwirtschaftliche age m gss yste Bewertung der Tiergerechtheit Entwicklung eines freiwilligen Animal- Man m besonderes Gewicht auf die baulich- Welfare-Labels für den deutschen Le- technische Ausrüstung des Stalls, die Tier- bensmittelmarkt. Neben der Erarbeitung gesundheit, die biologische Leistung und konkreter umsetzungsorientierter Zertifi- Abb. 1: Ebenen des Tierwohls das Management legen, während die in 8 Georg-August-Universität Göttingen
Themenschwerpunkt Marktvolumen 100 % „Unverträgliche Sauen erhebliches Problem in Positives Image 75 % neuen Haltungsformen“ Bei der Erstellung von Kriterien für ein Zahlungsbereitschaft für Tierschutz 20 % Marktpotenzial Tierwohl-Label sollen tierbezogene Merk- male stärker als bisher in den Vordergrund rücken. Die Abteilung „Produktionssysteme Heute: Kauf von Tierschutzprodukten 2 % Marktangebot der Nutztiere“ untersucht in einem aktu- ellen Projekt beispielsweise „Interieurmerk- Heute: Anteil Stammkäufer 1 % male beim Schwein als Anpassung an neue Haltungsverfahren“. Abb.2: 20 Prozent der Konsumenten bilden das Marktpotential für Tierschutzpro- dukte. Quelle: Eigene Darstellung Welche Auswirkungen haben neue Hal- tungsverfahren auf die Anforderungen der modernen Forschung heute am stärk- welches beispielsweise in Berlin eine an Mastschweine? sten betonten Merkmale des Tierverhal- gewisse Bedeutung hat, aber nicht flä- Prof. Gauly: Mit der tens kaum genannt werden. Aus Sicht der chendeckend verbreitet ist. Anders sieht Änderung der gesetz- wissenschaftlichen Forschung ist dieses die Situation dagegen in unseren europä- lichen Vorgaben zur Verständnis der Landwirte vom Tierwohl ischen Nachbarländern aus. In den Nie- Schweinehehaltung zu einseitig: Bei der Bewertung des Tier- derlanden zum Beispiel wird der größte – zum Beispiel Grup- wohls müssten zukünftig die direkten, Lebensmitteleinzelhändler Albert Heijn penhaltung von Sauen tierbezogenen Merkmale im Vordergrund sein Schweinefleischsortiment komplett in Wartehaltung – so- stehen und deutlich stärker in der prak- umstellen. Es soll ab Ende 2011 nur wie sich ändernder tischen Landwirtschaft verankert werden. noch Fleisch angeboten werden, das Haltungsformen wie Prof. M. Gauly Neben der Gestaltung der Kriterien ist den Anforderungen des Tierschutzlabels beispielsweise Groß- im nächsten Schritt ein Animal-Welfare- „Beter Leven“ entspricht. Das Zeichen gruppe bei Mastschweinen ist das Sozialver- Label im Markt einzuführen, was nicht wurde vom niederländischen Tierschutz- halten der Tiere immer wichtiger geworden. nur Nachfrage bei den Verbrauchern, bund initiiert und wird in drei Stufen Unverträgliche Sauen stellen in solchen Sy- sondern auch das Interesse der Food (Sternesystem, Abb.3) für Fleischpro- stemen ein erhebliches Problem dar und kön- Chain voraussetzt. Schlachtindustrie und dukte vergeben (nähere Infos dazu unter nen sogar dazu führen, dass die eigentlich Lebensmittelhandel standen dem Thema http://beterleven.dierenbescherming.nl). tiergerechten Systeme aufgrund intensiver Auseinandersetzungen in den Gruppen auch aus Tierschutzsicht nicht mehr ganz optimal sind. Was genau wird in Ihrem Forschungs- Abb.3: “Beter-Leven“-Tierschutzlabel zur Kennzeichnung von Fleischprodukten in projekt untersucht? den Niederlanden Wir untersuchen, ob die Verträglichkeit der Tiere auch einen genetischen Hintergrund bisher eher reserviert gegenüber. Viele hat und entsprechend züchterisch genutzt Workshop zur Vorstellung Unternehmen bewerteten die Markt- werden kann. Das würde die Selektion auf von Vorschlägen für Standards nachfrage eher kritisch und schätzten die Schweine für solche Gruppenhaltungen er- Möglichkeiten der Produktdifferenzierung Vor diesem Hintergrund plant die Göttin- möglichen. eher pessimistisch ein. In jüngerer Zeit ist ger Arbeitsgruppe die Konzeption eines jedoch Bewegung in den Markt gekom- ähnlichen Systems für den deutschen Gibt es erste Ergebnisse? men. Nach unseren Studien geben rund Markt. Im ersten Schritt haben Arbeits- Wir haben erste Ergebnisse, die die Variation 20 Prozent der Konsumenten in Umfra- gruppen für die Bereiche Standardent- und Erblichkeit verschiedener Verhaltenswei- gen eine grundsätzliche Bereitschaft an, wicklung (Masthühner/Mastschwein) und sen belegen, die mit der Verträglichkeit, oder für Fleisch aus besonders tiergerechter Marketing ihre Arbeit aufgenommen. Er- besser Umgänglichkeit, der Tiere in Bezie- Produktion mehr zu zahlen. ste Vorschläge für die Standardsetzung für hung stehen. Schweine- und Hähnchenfleisch sollen am Vorbild Niederlande 30. Juni im Rahmen des Workshop „Stan- Wie lange dauert es, bis verträglichere Bisher haben deutsche Verbraucher dardvorschläge für ein Animal-Welfare- Sauen verfügbar sind? aber kaum Gelegenheit, tiergerecht er- Label“ vorgestellt und diskutiert werden. Da wir die Arbeiten gemeinsam mit dem zeugte Produkte zu kaufen. Tiergerecht- Für weitere Informationen besuchen sie Zuchtunternehmen BHZP durchführen, heit als Marketinginstrument spielt im bitte die folgende Homepage www.uni- können die Ergebnisse schnell in die Zucht- deutschen Lebensmittelmarkt fast keine goettingen.de/tierschutzlabel praxis integriert werden. Die Forschung führt Rolle. Es gibt lediglich Marktnischen wie Marie v. Meyer, Annabell Franz, Achim damit unmittelbar zu einer Steigerung des das Neuland-Qualitätsfleischprogramm, Spiller und Anke Zühlsdorf Tierwohls. Fakultät für Agrarwissenschaften 9
Forschung Göttinger Agrarökonomen stärken Partnerschaft mit Israel Fünf Wissenschaftler der Hebrew University zu Gast in Göttingen Der Lehrstuhl für Agrarpolitik am Depart- Handlungsoptionen für eine friedliche Zu- überbracht. Neben dem in Zusammenar- ment für Agrarökonomie und Rurale Ent- sammenarbeit beider Seiten im Zentrum beit mit dem Partnerschaftsbeauftragten Prof. wicklung hatte zwischen dem 22. und 27. der Untersuchungen (weitere Informati- Dr. Reinhard Kratz organisierten Symposium März 2011 eine Gruppe von fünf israe- onen unter http://www.uni-goettingen.de/ und dem Projektworkshop stellte Prof. Dr. lischen Agrarökonomen vom Department de/134706.html). Israel Finkelshtain am Courant Forschungs- für Agrarökonomie und Management der Das Projekt stand im Mittelpunkt des dies- zentrum „Armut, Ungleichheit und Wachs- Hebrew University Jerusalem und aus dem jährigen Symposiums im Rahmen der Hoch- tum in Entwicklungsländern“ der Universität israelischen Landwirtschaftsministerium zu schulpartnerschaft zwischen der Universität Göttingen neueste Forschungsergebnisse Gast. Der Lehrstuhl von Prof. Dr. Stephan Göttingen und der Hebrew University und aus dem Bereich der politischen Ökonomie von Cramon-Taubadel arbeitet seit meh- wurde am Mittwoch, den 23. März 2011, zum Einfluss von Lobbygruppen auf den reren Jahren mit den israelischen Wissen- in der Paulinerkirche im Altbau der Staats- Wassersektor Israels vor. schaftlern zusammen. Der diesjährige Be- und Universitätsbibliothek der Öffentlichkeit Neben den fachlichen Gesprächen erfuhren such fand anlässlich des u. a. von Prof. von vorgestellt. Zur Einleitung wurden durch die Gäste interessante Informationen zur Cramon-Taubadel geleiteten trilateralen For- Prof. Dr. Hiltraud Casper-Hehne (Vizeprä- Geschichte der Göttinger Universität und schungsprojektes „The Economic Integration sidentin der Georg-August-Universität), zum Wirken von Carl Friedrich Gauß, einem of Agriculture in Israel and Palestine“ statt, zu Prof. Dr. Israel Finkelshtain (Department für ihrer berühmtesten Gelehrten. Außerdem dem neben den Projektteilnehmern auch Agrarökonomie und Management, Hebrew bekam die Gruppe durch die Besichtigung der international renommierte Agraröko- University Jerusalem) und Prof. Dr. Reinhard des Bioenergiedorfes Jühnde vielfältige Ein- nom Prof. Dr. Barry Goodwin (North Ca- Kratz (Lehrstuhl für Altes Testament, Theo- blicke in die Initiativen der Universität Göt- rolina State University) als Mitglied des wis- logische Fakultät, Georg-August-Universität tingen und den Bioenergiesektor Deutsch- senschaftlichen Beirats aus den USA anreiste. Göttingen) Grußworte beider Universitäten lands. Das von der DFG finanzierte Projekt be- schäftigt sich mit den Auswirkungen des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinen- sern auf die Agrarsektoren Israels und des Westjordanlandes. Neben Mitarbeitern des Lehrstuhls für Agrarpolitik an der Universität Göttingen ist eine internationale Forscher- gruppe bestehend aus Wissenschaftlern der Hebrew University Jerusalem (Israel), der Al-Quds Universität (Abu Dis, Westjor- danland) und der Universität Hohenheim daran beteiligt. Das Projekt beschäftigt sich mit der ökonomischen Analyse der Folgen der politischen Spannungen zwischen Israe- lis und Palästinensern für die Agrarsektoren Dr. Yael Kachel (Hebrew University) stellt das trilaterale Forschungsprojekt während beider Seiten. Daneben stehen zukünftige des Symposiums in der Paulinerkirche der Öffentlichkeit vor Mehr Leistung und Wohlbefinden bei Mastschweinen EU bewilligt Forschungsprojekt „PIGWISE“ zum Einsatz von HF RFID Das im Rahmen des ersten „ERAnet ICT- Radiofrequenz-Identifikation im Hochfre- So kann zum Beispiel eine verminderte Agri Calls“ eingereichte Forschungsprojekt quenz-Bereich (HF RFID, 13,56 MHz- Futteraufnahme sowohl auf Einzeltier-, als „PIGWISE“ wurde bewilligt. Durch Identi- Bereich), können Parameter, wie zum auch auf Gruppenebene erfasst und auf fikationssysteme auf Basis hochfrequenter Beispiel die Tageszeiten, die Dauer und Basis der Entscheidungsmodelle bewertet Radiowellen (HF RFID) sollen Entschei- die Häufigkeit der Futteraufnahme bei werden. Das so entstehende gesundheit- dungsmodelle zur Verbesserung der Ein- Mastschweinen erfasst werden. Anders, liche Frühwarnsystem ermöglicht neben zeltiergesundheit und des Tierwohles bei als bei den derzeit standardmäßig einge- einer Steigerung des Tierwohls auch die Mastschweinen entwickelt werden. Das setzten Systemen im 134,2 kHz-Bereich Optimierung von Mastleistungen, so PD Projekt unter der Leitung der Abteilung (LF RFID), können diese tierindividuellen Dr. Engel Hessel, die für die Projektleitung Verfahrenstechnik der Universität Göttin- Daten dabei für mehrere Einzeltiere verantwortliche Wissenschaftlerin. gen beginnt am 1. September 2011 und gleichzeitig erfasst werden. In dem Projekt Weitere „PIGWISE“ Projektpartner sind wird über zwei Jahre von der EU mit werden statistische Modelle entwickelt, die die Katholieke Universiteit Leuven, das 465.000 Euro gefördert. Aussagen darüber ermöglichen, ab wann Institute for Agricultural and Fisheries Re- Ziel des Projektes „PIGWISE“ ist die Ent- Veränderungen im Fressverhalten ein An- search (Belgien), das Institut Superiore Ma- wicklung einer Software für die Mast- zeichen für gesundheitliche Beeinträchti- rio Boella (Italien) und die Aarhus School of schweinehaltung. Durch den Einsatz von gungen sind. Engineering (Dänemark). 10 Georg-August-Universität Göttingen
Forschung Kulturlandschaften ohne Ackerbrachen verlieren ihre Artenvielfalt Forscher machen Vorschläge zum Biodiversitäts-freundlichen Management von Ackerbrachen Seit den späten 1980ern gab es die Flä- stäubung und biologische Schädlingsbekämp- Management von Ackerbrachen vorgelegt. chenstilllegung in der Landwirtschaft, um die fung sind rund zwanzig Prozent naturnaher Danach ist es für die Förderung der Arten- Überproduktion zu reduzieren, aber auch Lebensräume in einer Landschaft notwendig vielfalt in unseren Landschaften am besten, um diverse ökologische Funktionen und die – mit einer gut gemanagten Flächenstilllegung die Ackerbrachen sich selbst begrünen zu Artenvielfalt zu fördern. Auch wenn der Cha- sollte dieser Wert aber deutlich reduzierbar lassen und auch Brachen unterschiedlichen rakter der stillgelegten Flächen sich im Laufe sein. Die EU Politik hat das Instrument der Alters (unterschiedlicher Sukzessionsstadi- der Zeit stark wandelte – zu Beginn waren Flächenstilllegung leider aufgegeben, ohne en) nebeneinander zu erhalten. In manchen es selbstbegrünte Brachen unterschiedlichen wirksame Alternativen zur Förderung der Bio- ausgeräumten Landschaften gibt es allerdings Alters, später eingesäte einjährigen Rotati- diversität in Kulturlandschaften anzubieten. nicht mehr genügend artenreiche Wildkraut- onsbrachen – so bedeuteten diese 5-15% Teja Tscharntke, Leiter der Abt. Agraröko- gesellschaften für eine bunte Selbstbegrü- stillgelegten Ackerflächen doch eine wesent- logie der Universität Göttingen, und Ko- nung, so dass es hier sinnvoll ist, artenreichen liche Bereicherung der Lebensräume in un- autoren haben in der Zeitschrift „Agricul- Saatmischungen zu nutzen. Da solche Saat- seren Kulturlandschaften. ture, Ecosystems and Environment“ einige mischungen leicht von einigen dominanten Im Jahr 2006 verschwanden plötzlich die Vorschläge zum Biodiversitäts-freundlichen Unkräutern dominiert werden, ist es wichtig, Ackerbrachen aus unseren Kulturland- die konkurrenzschwachen Arten aggregiert, schaften, die darüber sehr viel monotoner d.h. in kleinen Gruppen, auszusähen und sie wurden. Der Grund sind steigende Getrei- so vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen. depreise und die plötzliche Nachfrage nach Eine reiche Flora bedingt auch eine reiche Energiepflanzen. Die 2008 erfolgte Aufgabe Fauna, insbesondere von Arten, die auf die der Flächenstilllegung durch die EU lässt sich Nutzung junger Lebensräume spezialisiert allerdings kaum vereinbaren mit dem erklär- sind. ten politischen Ziel der Vereinten Nationen Tscharntke T, Batáry P, Dormann CF (2011): und der Bundesregierung, den Rückgang der Set-aside management: How do succession, Artenvielfalt bis 2010 zu stoppen, ein Ziel, sowing patterns and landscape context affect das bekanntlich nicht erreicht wurde. biodiversity? Agriculture, Ecosystems and En- Für eine nachhaltige Förderung der Artenviel- Inzwischen ein seltener Anblick: Brach- vironment: doi:10.1016/j.agee.2010.11.025. falt und der assoziierten Funktionen wie Be- fläche in der Region Göttingen. (published online). Die Rolle von Phenolen in der pflanzlichen Pathogenabwehr Studie untersucht Auswirkungen von Pilzinfektion bei Emmer und Nacktgerste Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe sind von im Kontext von Produktion, Qualität und der Arabinoxylane beeinträchtigt und damit zentraler Bedeutung für die Photosynthe- Verarbeitung“. das Eindringen des Pilzes über die Zellwand se, als Phytohormone für Wachstum und Unter den in den Körnern von Emmer (Tri- erleichtert wird. Der Gehalt an Catechin Entwicklung der Pflanzen entscheidend und ticum dicoccum) und Nacktgerste (Hordum steigt dagegen nach einer Infektion mit spielen nicht zuletzt bei der Abwehr von vulgare ssp. nudum) vorkommenden Phe- Fusarium um etwa 5% an. Die verstärkte Krankheitserregern sowie als Lock- und nolen dominiert das Zimtsäurederivat Feru- Bildung von Catechin nach Infektion belegt Botenstoffe eine Rolle. Neben den Alkalo- lasäure. Ferulasäure ist an der Vernetzung die Beteiligung dieses Phenols an Abwehr- iden (z.B. Cocain), den Terpenoiden (z.B. der Arabinoxylane beteiligt, die Bestandteil mechanismen der Pflanze gegenüber pilz- Carotinoide) und Steroiden (z.B. Vitamin der Pflanzenzellwand sind. Daneben lassen lichem Befall. Außerdem ist in Gerste im D) gehören Phenole zu dieser großen Na- sich mit Kaffeesäure und p-Coumarsäure Vergleich zu Emmer die Möglichkeit der turstoffgruppe. Vertreter der Phenole sind weitere Zimtsäurederivate, die als Ferula- Quervernetzung der Arabinoxylane durch Bitterstoffe in Gewürzen, Bestandteile von säure-Vorstufen angesehen werden kön- den höheren Gehalt an Arabinose verbes- etherischen Ölen z.B. Vanillin, Gerbstoffe in nen, in geringeren Konzentrationen nach- sert, was ebenfalls ein Eindringen des Pilzes Rotwein sowie die in Blüten und Früchten weisen. Neben den zellwandgebundenen in die Pflanze erschweren könnte. Die vorkommenden gelben, roten und blauen Zimtsäurederivaten findet man in Gerste, deutlich geringere Anfälligkeit der Nackt- Farbstoffe, die Flavonole und Anthocyane. jedoch nicht in Emmer, Catechin als ein lös- gerste gegenüber Emmer bei Befall mit Fu- In einer Studie haben Wissenschaftler der liches Phenol der Flavonoid-Gruppe. Ca- sarium zeigt sich auch durch eine geringere Abteilung Qualität pflanzlicher Erzeugnisse techin besitzt antimikrobielle Aktivität und Toxinproduktion. Weitere Untersuchungen untersucht, zu welchen Veränderungen ist an der Pathogenabwehr von Pflanzen zur Rolle der Phenole in der Pathogenab- der Befall von Getreide mit Fusarium spp. beteiligt. wehr bei Getreide sind Gegenstand des in der Zusammensetzung von Phenolen Unter dem Einfluss einer künstlichen Infek- laufenden Projektes. im Korn führen kann. Die Studie entstand tion mit Fusarium ssp. werden die gefun- Kai Eggert, Jürgen Hollmann, Beate Hiller, im Rahmen des Forschungsverbundes denen Zimtsäurederivate in ihrem Gehalt Hans-Peter Kruse, Hashadrai M. Rawel, Elke Agrar- und Ernährungswissenschaften Nie- um 5-7 % reduziert. Hier scheint die Syn- Pawelzik (2010) Effects of Fusarium Infection dersachsen (FAEN) zum Thema „Qualitäts- these dieser Phenole durch den Einfluss des on the Phenolics in Emmer and Naked Barley. gerechte Pflanzenproduktion unter verän- Pilzes gehemmt zu werden. Dies könnte Journal of Agricultural and Food Chemistry. derten Rahmenbedingungen: Mykotoxine zur Folge haben, dass die Quervernetzung (58): 3043-3049. Fakultät für Agrarwissenschaften 11
Sie können auch lesen