BABS 21/22 November 2021 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS

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BABS 21/22 November 2021 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS
BABS
                21/22

November 2021
BABS 21/22 November 2021 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS
Impressum

BABS 21/22, November 2021

Herausgeber
Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS

Produktion und Koordination
Andreas Bucher, Kommunikation BABS

Redaktionsteam
S. Walker, L. Studer, S. Kehrli, C. Fuchs, J. Höhn

Übersetzungen und Lektorat
Sprachdienste BABS

Layout
Zentrum elektronische Medien ZEM, Bern

Kontakt
Bundesamt für Bevölkerungsschutz
Kommunikation, Guisanplatz 1B, CH-3003 Bern
Telefon +41 58 462 51 85, info@babs.admin.ch, www.babs.admin.ch

Bildnachweis
Titelbild: BABS; S. 3, Karikatur Vincent L’Epée; S. 7, 9, 15, 16, 17, 18, 36, 37: BABS; S. 10: SSCM/Julie Masson;
S. 11: ZSO Nidau plus; S. 22, 23: Jan Krähenbühl, BIM Manager BABS; S. 24: Aargauer Kantonsbibliothek;
S. 34–35: Mirjam Zurbrügg Fotografie; S. 39–40, 51: Keystone; S. 46: CSD Ingenieure AG; S. 51: TBA GR;
S. 56: ZEM Media

Nachdruck
Beiträge und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Nachdrucke sind mit der Redaktion zu vereinbaren.

Das Magazin ist auch als PDF und E-Paper verfügbar unter www.babs.admin.ch/magazin
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Inhalt

Editorial2

Jahresrückblick 2021                                          4

– Nationale Alarmzentrale NAZ                                 6
– Labor Spiez                                                 8
– Zivilschutz10

Laufende Projekte                                            12

– Eine Schutzmassnahme für die kultur­historische Vielfalt   14
– Sichere Kommunikationssysteme –
  der Schlüssel zur erfolgreichen Ereignisbewältigung        20
– Die Planung von Schutzanlagen wird digital                 22
– Erkenntnisse aus der Risiko- und Trendanalyse
  für den Schweizer Bevölkerungsschutz                       24
– Drei Jahre Alertswiss                                      30
– 1985-2025: Der Weg zum modernen Ausbildungszentrum         34

Bevölkerungsschutzkonferenz38

– Klimawandel im Alpenraum – Herausforderungen
  für den Bevölkerungsschutz                                 41
– Risikomanagement Naturgefahren im Kanton Graubünden        46
– OWARNA - vom Projekt zur dynamischen Entwicklung           52

Vorschau 2022 

– Wer misst die Radioaktivität?                              54
– Wasseralarm!56
– Jahreskalender Bevölkerungsschutz 2022                     58

Zeitschrift Bevölkerungsschutz 2008–2020                     59

Das BABS                                                     60
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BABS 21/22
Editorial                                                                                                              2

Liebe Leserin,
lieber Leser
Sie halten zum ersten Mal seit Frühling 2020 wieder ein Magazin des BABS in den
Händen. Angesichts der besonderen Situation zu Beginn der Corona-Pandemie
sahen wir uns dazu veranlasst, die Erscheinungsweise unserer Publikationen zu
überdenken. Unter Berücksichtigung der Digitalisierungsstrategie des Bundes
sowie des allgemeinen Trends in Richtung «online» haben wir entschieden,
das Magazin zwar noch einmal im Jahr zu publizieren – aber in veränderter Form.

Michaela Schärer, Direktorin BABS

               Unser neukonzipiertes Magazin «BABS 21/22» kon-        rische Inventar der Kulturgüter von nationaler und
               zentriert sich auf drei Elemente: eine Jahresbilanz    regionaler Bedeutung (KGS-Inventar), das 2022 in
               2021 des BABS, eine Übersicht unserer laufenden        vierter Version publiziert wird. Wir mussten im 2021
               Projekte und Vorhaben sowie als Drittes die jähr-      auf Grund der Ressourcenlage einige Projekte neu
               liche Bevölkerungsschutzkonferenz BSK, die die-        beurteilen und priorisieren. Dies aber mit dem un-
               ses Jahr zum Schwerpunktthema «Klimawandel             veränderten Ziel, dass früher oder später alle we-
               und Bevölkerungsschutz im Alpenraum» in Davos          sentlichen Bedürfnisse im Bevölkerungsschutz
               stattfindet.                                           eine adäquate Antwort erhalten.

               Unsere Jahresbilanz ist eindeutig: Die Pandemie        Der dritte Teil widmet sich der nationalen Bevölke-
               hat auf verschiedenste Art und Weise den Alltag        rungsschutzkonferenz BSK in Davos vom 3. und 4.
               mehrerer Geschäftsbereiche des BABS beein-             November 2021. Wir zeigen auf, wie stark sich der
               flusst. Wir blicken aus der Perspektive der drei       Klimawandel im Alpenraum auswirken wird und wel-
               Geschäftsbereiche Nationale Alarmzentrale, La-         cher Handlungsbedarf für den Bevölkerungsschutz
               bor Spiez und Zivilschutz auf das Jahr 2021 zurück.    entsteht, während ein Beitrag des Amts für Wald und
               Eine Bilanz zum eigentlichen Ereignis zu ziehen, ist   Naturgefahren des Kantons Graubünden eindrück-
               an dieser Stelle noch nicht möglich. Freilich steht    lich dokumentiert, welchen Herausforderungen das
               die Frage im Raum, ob der Pandemie mit geeigne-        Risikomanagement vor Ort gegenübersteht. Ge-
               teren Massnahmen hätte begegnet werden kön-            rade das vergangene Jahr hat uns vor Augen ge-
               nen; in der Krisenbewältigung ist immer Raum für       führt, wie gross diese Herausforderungen – nicht
               Optimierungen vorhanden. Es gilt daher auch, sich      nur in der Schweiz – heute bereits sind und in Zu-
               damit auseinanderzusetzen, wie die Vorsorgepla-        kunft sein werden. Entsprechend wichtig ist es, die
               nung der Behörden, der Wirtschaft und der Bevöl-       richtigen Lehren zu ziehen und die notwendigen
               kerung optimiert werden können, um noch bes-           Massnahmen zu treffen.
               ser auf bekannte aber auch unerwartete Gefähr-
               dungen vorbereitet zu sein. Es ist essentiell, dass    Ich möchte dieses Editorial nicht schliessen, ohne
               analytische Erkenntnisse zu Risiken – wie etwa aus     allen Mitarbeitenden des BABS für ihren Einsatz
               der Nationalen Risikoanalyse – auf administrativen     während diesen aussergewöhnlichen Zeiten zu
               und politischen Entscheidungsebenen zur Kennt-         danken. Mit hoher Fachkompetenz und grossem
               nis genommen und daraus Massnahmen zur bes-            Engagement setzen sie alles daran, dass das
               seren Risikobehandlung abgeleitet werden.              BABS im Rahmen seiner Möglichkeiten den Part-
                                                                      nern des Bevölkerungsschutzes eine verlässliche
               Im zweiten Teil des Magazins präsentieren wir          Unterstützung in hoher Qualität bieten kann. Dies
               unter anderem eine Auslegeordnung zu laufen-           ist denn auch unser erklärtes Ziel für 2022, auf das
               den Projekten im Bereich Telematik und Schutz-         wir konsequent hinarbeiten – unter anderem mit
               bauten, zeigen auf, wie sich der Alarmierungskanal     einer sinnvollen Schwerpunktsetzung sowie einer
               Alert­swiss im Rahmen unserer Multikanalstrate-        Überprüfung der Effizienz und Effektivität unserer
               gie bewährt hat und berichten über das Schweize-       Organisation.
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Neues Kulturgüterschutz-Inventar: Für die vierte
Ausgabe des Inventars wurden rund 3400 Kultur­
güter von nationaler Bedeutung nach einheitlichen
Kriterien eingestuft und in einem gesamtschweizeri-
schen Vergleich überprüft (Seite 14).
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BABS 21/22
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Jahresrückblick 2021
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COVID-19 hat auch 2021 nicht nur unseren Alltag, sondern auch unsere
Arbeit geprägt. Die Nationale Alarmzentrale, das Labor Spiez und der
Geschäftsbereich Zivilschutz hatten zahlreiche Aufgaben im Rahmen
der Pandemiebekämpfung zu bewältigen.
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BABS 21/22
     Jahresrückblick 2021: NAZ                                                                                                                    6

     Nationale Alarmzentrale NAZ

                        Am 2. März 2020 hatte der Bundesrat den Bun-                          schen Situation auch wirtschaftliche Entwicklun-
                        desstab Bevölkerungsschutz BSTB aktiviert und                         gen, die Lage im Bereich der inneren Sicherheit
                        den damaligen Direktor des BAG zum Vorsitzenden                       sowie Lageberichte der Nachbarländer. Seit Be-
                        des BSTB für das Ereignis COVID-19 gewählt. Seit                      ginn der Pandemie publiziert die NAZ in der ELD
                        März 2020 dient die Elektronische Lagedarstel-                        die Lageberichte der kantonalen Führungsorgane,
                        lung ELD der NAZ als Plattform für den Austausch                      wertet diese aus und stellt Kantonen und Partnern
                        von Informationen zur Lage im Einsatz COVID-19.                       Gesamtlagen BSTB (Lagedossiers) zur Verfügung.
                        Die ELD berücksichtigt neben der epidemiologi-
                                                                                              Zur Unterstützung des Bundesamts für Gesund-
                                                                                              heit BAG bei Monitoring-Tätigkeiten wurde im Auf-
                                                                                              trag des Vorsitzenden BSTB eine Arbeitsgruppe
                                                                                              unter der Leitung der NAZ etabliert. Seither sam-
                                                                                              meln die kantonalen Behörden wöchentlich Daten
                                                                                              zu den Schutzmassnahmen, zu den Kontrollen
                                                                                              der Schutzkonzepte sowie zum repetitiven Tes-
     Reise-Aktivität im Tagesvergleich, durchschnittlich pro Tag und Person zurück-
     gelegte Kilometer in der Schweiz: Die Kurve basiert auf Bewegungsdaten über              ten. Diese Daten werden von der NAZ aufberei-
     das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung. Die Daten entstehen, wenn sich                  tet und vom BAG publiziert. Seit Herbst 2020 wird
     Smartphones mit den Antennen verbinden. Die Swisscom erstellt keine individu-            auch das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung ana-
     ellen Bewegungsprofile von Kunden, die Daten werden automatisch anonymi-
                                                                                              lysiert. Dazu verwertet die NAZ periodisch Daten
     siert und für weitere Analysen in aggregierter Form vom Melde- und Lagezent-
     rum der Nationalen Alarm­zentrale aufbereitet.

     Reiseaktivität in der Schweiz 2020/21

                  28.2.2020                                                           19.6.
km                • Erklärung der besonderen Lage                                     Beendigung der ausserordentlichen
                    gemäss Epidemiengesetz                                            Lage, weitgehende Normalisierung
60                • Bundesrat verbietet grosse
                    Veranstaltungen

50
                              16.3.
                              Erklärung der ausser­
40                            ordentlichen Lage gemäss
                              Epidemiengesetz

30       13.3.
         Bundesrat                                                          6.6.                                                                    28.10.
         verschärft                                                         Weitgehende Lockerungen der Massnahmen,              Weitere Verschärfung der
         Massnahmen                                                         Rückkehr in die besondere Lage                                  Massnahmen
20                                                           11.5.
                                                             Bundesrat lockert weitere
                                                             Massnahmen
                                                  16.4.
                                                  Bundesrat lockert schrittweise
10                                                die Massnahmen
                               20.3.
                               Bundesrat verbietet Ansammlungen
                               von mehr als fünf Personen

2020              März              April             Mai               Juni               Juli           August          September     Oktober
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                                                                                                          Seit dem Orientierungsrapport vom 13.
                                                                                                          Februar 2020 ist die NAZ im Einsatz zur
                                                                                                          Unterstützung ihrer Partner bei der
                                                                                                          Bewältigung der COVID-19-Pandemie.
                                                                                                          Dieser Einsatz hat die NAZ mit neuen
                                                                                                          Herausforderungen konfrontiert, einige
                                                                                                          Strukturen und Prozesse mussten
                                                                                                          adaptiert oder entwickelt werden. Der im
                                                                                                          Dezember 2019 fertiggestellte Führungs-
                                                                                                          raum am Guisanplatz in Bern hat sich gut
                                                                                                          bewährt.

                   über das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung sei-                   validierter Beurteilungskriterien zuteilen, wobei
                   tens der Swisscom, der SBB und des Bundesam-                        dem Gesundheitswesen die höchste Priorität zu-
                   tes für Zivilluftfahrt BAZL.                                        kommt: Das ResMaB analysiert und kontingentiert
                                                                                       die Vorräte an Masken, Schutzanzügen, Schutzbril-
                   Seit Beginn der COVID-19-Pandemie ist das Res-                      len oder Beatmungsgeräten und stellt sicher, dass
                   sourcenmanagement Bund (ResMaB) an der Ver-                         sie da eingesetzt werden, wo sie am dringends-
                   sorgung mit sanitätsdienstlichem Schutzmaterial                     ten gebraucht werden.
                   beteiligt. Auf der Basis der Analyse der Ressour-
                   cenlage kann das ResMaB Mangelgüter anhand

  18.10.
  Einschränkungen für private Veranstaltungen,                                                                       26.6.
  keine öffentlichen Versammlungen von mehr als                                                Weitere Lockerungsschritte,
  15 Personen                                                                      Übergang in die «Normalisierungsphase»

                       6.1.
                       Restaurants, Kulturbetriebe, Sportanlagen
                       und Freizeiteinrichtungen werden
                       geschlossen

                                                                                                             31.5.
                                                                                                             Weitere Lockerungsschritte

                                                                               19.4.
                                                                               Weitere Lockerungsschritte

                                                        1.3.
                                                        Erste Lockerungsschritte
         11.12.
         Sperrstunde ab 19 Uhr und
         Schliessung an Sonn- und Feiertagen

Dezember           2021           Februar           März             April              Mai              Juni                Juli          August
BABS 21/22 November 2021 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS
BABS 21/22
Jahresrückblick 2021: Labor Spiez                                                                                                                      8

Labor Spiez

                                                                                                                         WHO BioHub: Ein neues, globales
                                                                                                                         Labor-System für den Austausch
                                                                                                                         von Krankheitserregern.

                                                                                                           BMEPP**
                                                                                    O BioHub System
                                                                                  WH                   Zuteilung durch
                             LÄNDER                                                                   Beratungsgremium              EMPFÄNGER

                                                                                                                                    Qualifizierte
                                                                                                                                    Institutionen
                                                                                                                    Erhalt
                                                                                                                 via SMTA 2

                            Freiwillige           Lieferung                                                                            Nicht--
                           Lieferung von         via SMTA 1*                       WHO BioHub                                       kommerzielle
                                                                                                                                    Verwendung
                           biologischem                                             Labor(s)                        Erhalt
                              Material
                                                                                                                 via SMTA 3

                                                                                                                                    Kommerzielle
                                                                                                                                    Verwendung

                                                   Austausch                                                     Zuteilung

                                                                                     GLOBAL
                                                               Wissenstransfer & Entwicklung von Gegenmassnahmen

                         * Standard Material Transfer Agreement
                         ** Biologische Substanzen mit epidemischem oder pandemischem Potenzial

                 Zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie hat das                                        Pandemie liefert etwa Rückschlüsse auf Übertra-
                 Labor Spiez Aufgaben im Bereich der Diagnostik                                   gungswege und Hinweise auf Veränderungen in
                 übernommen. Dadurch war es in der Lage, ana-                                     der Virulenz und Ansteckungsfähigkeit eines Er-
                 lytische Engpässe von benachbarten Spitälern zu                                  regers.
                 überbrücken. Mit der Erklärung der ausserordent-
                 lichen Lage durch den Bundesrat konnte im Rah-                                   Mittlerweile decken die Spiezer Forschungspro-
                 men des Assistenzdienstes «CORONA 2020» mi-                                      jekte zur Pandemie ein breites Spektrum ab. Ein
                 litärisches Personal für die molekulare Diagnostik                               Schwerpunkt liegt in der Untersuchung der anti-
                 eingesetzt werden. So war es dank der Unterstüt-                                 viralen Wirkung diverser Substanzen. Das Labor
                 zung durch das ABC Abwehr Labor 1 der Armee                                      Spiez verfügt über die Voraussetzungen für diese
                 möglich, drei unabhängige Diagnostikteams zu bil-                                Art von Untersuchungen, denn therapeutische
                 den und somit die Kontinuität der Analytik zu ge-                                Strategien direkt am Virus können nur in einem bio-
                 währleisten.                                                                     logischen Sicherheitslabor getestet werden. Heute
                                                                                                  testet Spiez sowohl natürliche Wirkstoffe wie auch
                 Nachdem die kommerziellen Laboratorien eben-                                     künstlich hergestellte Moleküle in Zellkultursyste-
                 falls diagnostische Kapazitäten etabliert hatten,                                men auf ihre Wirkung gegen SARS-CoV-2.
                 konnte das Labor Spiez diese Aktivitäten herunter-
                 fahren. Im weiteren Verlauf der Pandemie standen                                 Der Fachbereich Biologie konnte mit diesen Arbei-
                 Methoden der Genomsequenzierung im Vorder-                                       ten Erfahrungen sammeln, die sich nachhaltig
                 grund. Diese Instrumente sind in Spiez etabliert                                 nutzen lassen, zum Beispiel zugunsten des Aus-
                 und liefern die Grundlage für die Darstellung von                                tauschs von epidemiologischen und klinischen
                 Verwandtschaftsbeziehungen von Krankheitserre-                                   Daten während einer Pandemie. Ein entsprechen-
                 gern. Der Vergleich der Genome im Verlauf einer                                  des Projekt dazu startete Mitte 2021: Bundesrat
9

Alain Berset unterzeichnete am 24. Mai 2021 mit       Zusammen mit dem Aufruf zu einer neuen Ära der
WHO Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreye-          internationalen Zusammenarbeit hat die WHO be-
sus ein Kooperationsabkommen im Rahmen der            tont, dass angesichts der Pandemie eine Rückkehr
so genannten WHO BioHub1 Initiative. Mit diesem       zum Status Quo keine Option sein kann. Ein neues,
Abkommen stellt die Schweiz der WHO das Labor         globales System für den Austausch von Erreger-
Spiez als Repositorium für SARS-CoV-2-Viren oder      Materialien soll nicht auf bilateralen Vereinbarun-
andere Pathogene mit Epidemie- oder Pandemie-         gen beruhen und dessen Aushandlung darf nicht
potential zur Verfügung.                              Jahre dauern. Idealerweise sollten neu auftretende
                                                      Krankheitserreger, die ein Risiko für die Sicherheit
Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass    der öffentlichen Gesundheit darstellen, rasch über
die Labors neu auftretende Krankheitserreger          ein globales, vertrauenswürdiges und transparen-
rasch untereinander austauschen können. Diese         tes System ausgetauscht werden.
Kooperation ist entscheidend für eine effektive
Charakterisierung und Überwachung der Erreger
sowie für die rechtzeitige Entwicklung von medizi-
nischen Gegenmassnahmen wie Diagnostika, The-
rapeutika und Impfstoffe. Heute erfolgt ein grosser
Teil dieses Austauschs von Krankheitserregern bi-
lateral zwischen einzelnen Labors und auf Ad-
hoc-Basis. Dieser Prozess ist langsam, lässt ei-
nige Länder zurück und reicht eventuell nicht aus,
um den globalen Bedarf zu decken, der bei akuten
Krankheitsausbrüchen entsteht.
                                                      Das biologische Sicherheitslabor in Spiez
                                                      Der Kernbereich des biologischen Sicherheitslabors in
                                                      Spiez ist ein kompakter, annähernd quadratischer Beton-
1   https://www.who.int/initiatives/who-biohub
                                                      würfel. Dadurch entsteht eine Tragstruktur, die bezüglich
                                                      Stabilität optimale Voraussetzungen für die Erdbeben­
                                                      sicherheit bietet. Ein Beben, vergleichbar mit Basel (1356),
                                                      übersteht das Sicherheitslabor ohne Risse in der Hülle.
                                                      Die Betonkonstruktion wird durch eine massive Armierung
                                                      verstärkt. Dadurch erhält das Bauwerk nicht nur die nötige
                                                      Stabilität im Erdbebenfall, sondern auch die geforderte
                                                      Rissfreiheit im Hinblick auf die Dichtheit der Gebäudehülle.
                                                      Das Sicherheitslabor ist ein Containmentsystem. Dieses
                                                      System sorgt dafür, dass die in den Labors bearbeiteten
                                                      Krankheitserreger das Personal nicht gefährden und nicht in
                                                      die Umwelt gelangen können. Dazu braucht es spezielle
                                                                                Sicherheitsinstallationen und per-
                                                                                sönliches Schutzmaterial wie zum
                                                                                Beispiel Sicherheitswerkbänke
                                                                                und belüftete Vollschutzanzüge,
                                                                                luftdicht abgeschlossene Räume,
                                                                                Unterdruckhaltung in den Labors
                                                                                und Schleusensysteme.
BABS 21/22
Jahresrückblick 2021: Zivilschutz                                                                                                    10

Zivilschutz

                  Die Bewältigung der Corona-Pandemie hat sich          bot der Bund somit für sämtliche Zivilschutzein-
                  zum grössten Einsatz in der Geschichte des            sätze zur Bewältigung der Pandemie finanzielle
                  Schweizer Zivilschutzes entwickelt. Zwar ist der      Unterstützung.1
                  Zivilschutz primär ein Mittel der Kantone, der Bun-
                  desrat kann jedoch den Zivilschutz aufzubieten,       Die Aufgebote von Zivilschutzangehörigen, mit teil-
                  wenn ein ausserordentliches Ereignis mehrere          weise langen Einsätzen, bedeuteten für manche
                  oder alle Kantone betrifft. Diese Voraussetzung       Unternehmen eine zusätzliche Belastung in der
                  war mit der Corona-Pandemie gegeben.                  Krisenzeit. Die aufbietenden Stellen versuchten,
                                                                        Rücksicht auf die Bedürfnisse der Dienstpflichti-
                  Am 20. März 2020 beschloss der Bundesrat erst-        gen und Arbeitgeber zu nehmen, insbesondere bei
                  mals ein nationales Zivilschutz-Aufgebot. Die Auf-    systemrelevanten Betrieben. Dieser Balanceakt ist
                  gebots- und Einsatzverantwortung beliess er aber      generell gut gelungen. Die Aufgabe des BABS be-
                  bei den Kantonen. Dies erwies sich als sinnvoll,      stand vor allem darin, gute Rahmenbedingungen
                  denn die Kantone konnten den Zivilschutz zielge-      und Grundlagen für den Einsatz zu schaffen, zu ko-
                  richtet und ressourcenschonend einsetzen. Ein         ordinieren und die Kantone zu unterstützen. So be-
                  zweites Bundesratsaufgebot erfolgte auf Antrag
                  der Kantone im November 2020 und wurde in der         1      Bei einem Bundesratsaufgebot kommt der Bund finan-
                  Folge zweimal verlängert. Bis Ende Oktober 2021       ziell für die eingesetzten Zivilschützer/innen auf. Er entrichtet
                                                                        für jeden geleisteten Diensttag eine Pauschale von CHF 27.50.
11

                                                      Im Jahr 2021 beanspruchte nicht nur die Corona-
                                                      Pandemie die Zivilschutzorganisationen.
                                                      Der stürmische und regenreiche Juli verursachte
                                                      vielerorts Sturmschäden und vor allem Hochwasser.
                                                      Die Hälfte der Kantone musste den Zivilschutz
                                                      aufbieten, wobei gegen 7000 Diensttage zusam-
                                                      menkamen. Der Zivilschutz legte etwa mit Beaver-
                                                      Systemen oder mit den altbewährten Sandsäcken
                                                      Wassersperren an.

reitete der Geschäftsbereich Zivilschutz die Aufge-
bote zuhanden des Bundesrates vor. Darüber hin-
aus galt es, Fragen rund um die Corona-Einsätze
zu beantworten, etwa zu den Themen Quarantäne,
Versicherungsschutz, Sicherheitsvorschriften, Ma-     Vom Zivilschutz geleistete Diensttage zur Bewältigung
terial, Urlaub und Ausbildung. Aufwändig war die      der Corona-Pandemie
Bearbeitung von rund 400 Gesuchen für Covid-          Kanton            Kantonale     Bundes­aufgebot       Bundesaufgebot
Entschädigungen von Zivilschutzangehörigen, die                     Einsätze 2020                  2020               2021
für einen Teil ihres Dienstes während der ersten                 (in zwei Perioden:   (in zwei Perioden:          1.1.–5.9.
                                                                    1.2.–20.3. und      21.3.–30.6. und       (Anzahl AdZS)
Welle die Differenz zwischen ihrem Erwerbsein-
                                                                      1.7.–17.11.)       18.11.–31.12.)
kommen und der EO-Entschädigung einforderten.         AG                    1 271              20 127        7 383    (705)
                                                      AI                       62                  252         84        (2)
Als polyvalent einsetzbares Instrument übernahm       AR                      384                2 284       1 558    (125)
der Zivilschutz unterschiedlichste Aufgaben zur       BE                    1 214                8 233       2 803    (415)
Bewältigung der Pandemie. In erster Linie entlas-     BL                    2 060              11 395        3 071    (390)
tete er das Pflegepersonal, das selbst von Covid      BS                      373                4 171       1 522      (77)
betroffen war und sich in Quarantäne oder Isolation   FR                    1 733              26 576        6 499    (197)
begeben musste. Er bot aber auch Unterstützung        GE                    1 890              45 061       25 779   (1 272)
in der Logistik und der Führung. Dazu zählen Trans-   GL                       13                1 356        320       (12)
porte, Aufbau und Betrieb von Empfangsstellen bei     GR                    1 306                8 559       3 570    (495)
Spitälern, die Unterstützung der Krisenstäbe oder     JU                      247                1 134       3 901    (262)
                                                      LU                    1 621                5 184       6 428    (435)
Hilfe beim Betrieb von Hotlines. Auch während der
                                                      NE                    1 426              11 381        7 695    (477)
zweiten Welle blieb die Unterstützung des Gesund-
                                                      NW                       97                  356        429     (102)
heitswesens ein wichtiges Einsatzfeld, das Enga-
                                                      OW                         5                 195        118       (33)
gement konzentrierte sich aber zunehmend auf die
                                                      SG                    1 891                6 516       1 523    (124)
Unterstützung von Test- und Impfzentren.              SH                    1 058                4 105        270     (130)
                                                      SO                      290                3 574      18 258   (1 296)
Bei allen Gemeinsamkeiten der Einsätze gab es         SZ                       59                1 339         19        (3)
auch einige kantonale Unterschiede: So leistete       TG                    1 189                2 261        521       (50)
der Zivilschutz in der Waadt oder in Solothurn mo-    TI                    5270               12 460       15 458   (1 276)
bile Impfeinsätze, während andere Kantone sich        UR                       68                  297          0
auf stationäre Impfzentren konzentrierten. In eini-   VD                  11 926               84 049       38 468   (2 412)
gen Kantonen war der Zivilschutz kaum in die Impf-    VS                    5 213              27 706       11 731    (946)
kampagnen involviert, in anderen Kantonen spielte     ZG                      330                  553        436       (83)
er eine massgebende Rolle.                            ZH                    4 188              31 567        1 828    (233)
                                                      Total               45 220              320 691      159 672

Die Einsätze des Zivilschutzes im Jahr 2021
konzentrierten sich vor allem auf die
Einrichtung und den Betrieb von Impfzentren.
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                    12

Laufende Projekte
13

Kulturgüterschutz, Alertswiss, sichere Kommunikationssysteme,
Planung von Schutzanlagen, Erkenntnisse aus der Risikoanalyse
«Katastrophen und Notlagen Schweiz»: Hier berichten wir über
laufende Arbeiten und Projekte im BABS.

                                          KGS-Inventar
                                          Ausgabe 2021

                                          Inventaire PBC
                                          Inventario PBC
                                          Inventari PBC
                                          PCP Inventory
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Laufende Projekte: KGS-Inventar                                                                                          14

Eine Schutzmassnahme für
die kultur­historische Vielfalt
Im Oktober 2021 hat der Bundesrat das revidierte «Schweizerische Kulturgüter-
schutzinventar mit Objekten von nationaler und regionaler Bedeutung» (KGS-Inven-
tar) genehmigt. Es ist die vierte Ausgabe dieses Inventars mit bedeutenden Kultur-
gütern der Schweiz, die Baudenkmäler, archäologische Fundstellen sowie Bestände
und Sammlungen in Archiven, Bibliotheken und Museen aufführt und damit einen
Einblick in die vielfältigen kulturellen Schätze unseres Landes ermöglicht.

Carine Simoes, Chefin Fachbereich Kulturgüterschutz BABS
Hans Schüpbach, Wiss. Mitarbeiter Fachbereich Kulturgüterschutz BABS

                 Unter der Leitung des Fachbereichs KGS im Bun-        fen und andererseits in einem bewaffneten Kon-
                 desamt für Bevölkerungsschutz wurden in Zusam-        flikt das kulturelle Erbe der Gegenpartei so weit wie
                 menarbeit mit den Kantonen und der Eidgenössi-        möglich zu respektieren. Das Abkommen entstand
                 schen Kommission für Kulturgüterschutz zwischen       «in der Überzeugung, dass jede Schädigung von
                 2017 und 2021 die Grundlagen für die 4. Ausgabe       Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört,
                 des KGS-Inventars (nach 1988, 1995 und 2009) er-      eine Schädigung des kulturellen Erbes der gan-
                 arbeitet. Darin finden sich knapp 3400 A-Objekte      zen Menschheit bedeutet» und «dass es wesent-
                 (von nationaler Bedeutung) und etwas über 10 000      lich ist, dieses Erbe unter internationalen Schutz zu
                 B-Objekte (von regionaler Bedeutung). Dies ent-       stellen», wie in der Einleitung des Haager Abkom-
                 spricht weniger als 20% der insgesamt in den Kan-     mens zu lesen ist. Das Zweite Protokoll (1999) zum
                 tonen bestehenden Schutzobjekte. Das KGS-In-          Haager Abkommen fordert in Art. 5 explizit Schutz-
                 ventar stellt also eine strenge Selektion dar.        massnahmen im zivilen Bereich sowie «die Erstel-
                                                                       lung von Verzeichnissen».
                 Die Erstellung und periodische Überarbeitung die-
                 ses Inventars gehört zu den wichtigsten Aufgaben      Die Schweiz, welche das Haager Abkommen 1962
                 für den Schutz von Kulturgütern in unserem Land.      und das Zweite Protokoll 2002 ratifiziert hat, hat
                 Gemäss der Kulturgüterschutz-Gesetzgebung             sich bereits 1966 ein eigenes Kulturgüterschutz-
                 sind Bund und Kantone dazu verpflichtet, vorsorg-     gesetz gegeben. Diese rechtliche Grundlage
                 liche Massnahmen zum Schutz der im Inventar auf-      wurde einer Totalrevision unterzogen und ist nun
                 geführten Objekte vor den Auswirkungen eines all-     seit 2015 in Kraft. Der neue Titel des Bundesgeset-
                 fälligen Krieges sowie vor Katastrophen und Not-      zes und seiner Verordnung zeigt, dass der Schwei-
                 lagen (Hochwasser, Erdbeben usw.) und anderen         zer Kulturgüterschutz eben nicht nur auf Gefah-
                 Gefahren (z. B. Feuer, Cyber) zu planen.              ren in einem bewaffneten Konflikt ausgerichtet ist,
                                                                       sondern auch auf den Schutz der Kulturgüter bei
                 Weshalb überhaupt Kulturgüterschutz?                  Katastrophen und in Notlagen. Wie wichtig Schutz-
                 Insbesondere die Zerstörungen im Zweiten Welt-        massnahmen gerade in solchen Fällen sind, be-
                 krieg zogen Verbesserungen im Kulturgüterschutz       legen Ereignisse wie der Erdrutsch von Gondo
                 nach sich. So entstand 1954 das Haager Abkom-         (VS; 2000), die Brände in der Berner Altstadt (1997,
                 men für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten      2018) und an der Luzerner Kapellbrücke (1993) oder
                 Konflikten, eine UNESCO-Konvention, die mittler-      Hochwasserschäden in diversen Museen, Depots,
                 weile von 197 Staaten unterzeichnet wurde. Diese      Archiven und Bibliotheken (2002, 2005), die zahl-
                 Länder verpflichten sich dazu, einerseits Massnah-    reiche Kulturgüter beschädigt haben.
                 men zum Schutz ihrer eigenen Kulturgüter zu tref-
15

Nördlich der kleinen Waadtländer Stadt Orbe befindet sich eines der grössten
römischen Mosaiken nördlich der Alpen – ein besonders wertvolles, aber nicht ausser-
ordentlich bekanntes Objekt im KGS-Bereich «Archäologie». Die Mosaiken gehörten zu
einer ländlichen Villa mit luxuriöser Ausstattung. Die «Prachtresidenz» wurde Ende
des 2. Jh. n. Chr. auf Vorgängerbauten konstruiert und befand sich an der wichtigen
Route zwischen Eburodunum (Yverdon-les-Bains) und Lousanna (Lausanne). Die neun
Mosaiken wurden ausgegraben, restauriert, konserviert und können besucht werden.
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Laufende Projekte: KGS-Inventar                                                               16

                 Ein bekanntes Kulturgut im KGS-Bereich «Sammlungen» sind die Brissago-
                 Inseln. Dank ihrer besonderen Lage geniessen sie mit einer Jahresmittel­
                 temperatur von rund 14 °C das wärmste Klima der Schweiz. Rund 2000 subtro-
                 pische Pflanzen wachsen hier das ganze Jahr über im Freien. Der botanische
                 Garten auf der grösseren Insel kann seit 1950 öffentlich besucht werden.
17

Bewertung von Objekten im Rahmen                                  Damit bildet das KGS-Inventar auch nach der Re-
der Revisionen des KGS-Inventars                                  vision ein wertvolles und aktuelles Arbeitsinstru-
Eine Revision bietet immer Gelegenheit, den bis-                  ment für Einsatzkräfte und Blaulichtorganisatio-
herigen Bestand auf Lücken zu überprüfen, neue                    nen im Rahmen eines Ereignisses. Sinnvoll ist der
Objekte aufzunehmen und zeitgemässe Korrek-                       Beizug des KGS-Inventars ebenfalls für die Arbei-
turen anzubringen. So wurden rund 3400 Kultur-                    ten im Rahmen der KGS-Ausbildung, etwa bei ge-
güter von nationaler Bedeutung (A-Objekte) nach                   meinsamen Übungen mit der Feuerwehr und der
einheitlichen wissenschaftlichen Kriterien klas-                  Polizei oder bei Inventarisierungs- und Dokumen-
siert, in einem gesamtschweizerischen Vergleich                   tationsarbeiten in Kantonen und Gemeinden. Das-
überprüft und eingestuft. Bei den Bauten lautete                  selbe gilt für die Erarbeitung von Einsatzplänen der
die Vorgabe der Eidgenössischen Kommission für                    Feuerwehr. Die Standorte der Kulturgüter könnten
Kulturgüterschutz, nicht mehr als 10% zusätzliche                 bei grossräumigen Ereignissen auch in die elekt-
Objekte aufzunehmen, bei den Sammlungen gab                       ronische Lagekarte der Nationalen Alarmzentrale
es nur wenige Streichungen und Neuaufnahmen.                      (NAZ) eingebunden werden.
Spielraum für neue A-Objekte bestand vor allem
bei der Archäologie: Hier war die Auswahl 2009 mit                Das Inventar wird in weiteren zivilen und militäri-
einer Anzahl von 400 Fundstellen eng gefasst wor-                 schen Bereichen genutzt: Für die kantonale Denk-
den, sodass es nach einhelliger Meinung der Kan-                  malpflege und Archäologie sowie für das Bundes-
tone in diesem Bereich den grössten Bedarf an                     amt für Kultur bietet es eine gute Übersicht über
neuen Objekten gab. Mit einem Zuwachs von rund                    die wichtigsten Einzelbauten und archäologischen
550 archäologischen A- und B-Objekten bleibt die                  Funderwartungsgebiete der Schweiz.
Zunahme aber auch in diesem Bereich im über-
schaubaren Rahmen.                                                Die militärischen Stellen, die Kulturgüter in einem
                                                                  bewaffneten Konflikt respektieren sollen, müssen
Bedeutung des Inventars für den Zivilschutz                       sich in ihrer Ausbildung und Planung ebenfalls mit
Für die Dienstleistenden im Zivilschutz, insbeson-                den A-Objekten befassen. Und nicht zuletzt dient
dere im KGS-Umfeld, hat das Inventar eine grosse                  die Darstellung der Kulturgüter im Geoportal des
Bedeutung. Zum einen werden hier die wichtigsten                  Bundes dazu, die breite Öffentlichkeit und die
Kulturgüter definiert und mit Adress- und Koordi-                 Schulen für das Thema Kulturgüterschutz zu sensi-
natenangabe klar lokalisiert, zum andern gilt es, für             bilisieren. So lässt sich der KGS-Layer im Geopor-
diese Objekte in den Kantonen adäquate Schutz-                    tal auch mit touristischen Anwendungen (Wander-
massnahmen zu planen. Dazu gehören etwa Mi-                       land, Bike-Routen, Wanderwege usw.) verknüpfen.
kroverfilmungen und Sicherstellungsdokumenta-                     Mit diesen Anwendungen kann der Fachbereich
tionen, die Erarbeitung von Notfall- und Evakua-                  KGS Zielgruppen ansprechen, die sich sonst viel-
tionsplanungen, Kurzdokumentationen sowie das                     leicht gar nie mit dem Thema beschäftigt hätten.
Bereitstellen von geeigneten Schutzräumen. Da-                    Die Klick-Statistik von swisstopo belegt jedenfalls
bei trägt der Bund bei Sammlungen von nationa-                    eine rege Nutzung der Bild- und Textdaten zu Kul-
ler Bedeutung die anerkannten Mehrkosten für                      turgütern im Internet.
die Erstellung und die Erneuerung von Kulturgü-
terschutzräumen sowie für deren Einrichtung.1                     Das KGS-Inventar in seiner Ausgabe 2021 bietet
                                                                  einen verlässlichen Querschnitt durch die kultu-
Daten im Geoportal des Bundes                                     relle Vielfalt unseres Landes. Nicht zuletzt des-
Als sehr nützlich haben sich die Darstellung und                  halb wird dieses Instrument auch im Ausland im-
Lokalisierung der A-Objekte des KGS-Inventars im                  mer wieder als geeignetes Vorbild für den Kultur-
Geoportal des Bundes erwiesen, das von swisstopo                  güterschutz des eigenen Landes gesehen.
betrieben wird.2 So kann das Inventar mit anderen
Geodaten kombiniert werden. Dank Zuschalten von
Gefahrenkarten (Erdbeben, Hochwasser, Murgang,
Lawinen usw.) ist etwa das Durchspielen von Sze-
narien möglich: Ist ein Museum oder ein Archiv bei
einem Hochwasser gefährdet und sollte deshalb
zwingend über eine Evakuationsplanung verfügen?

1     Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zi-
vilschutz (BZG, Art. 91 Abs. 5) sowie der Zivilschutzverordnung
(ZSV, Art. 82–88)
2     https://map.geo.admin.ch/?topic=kgs
BABS 21/22
Laufende Projekte: KGS-Inventar                                                                                                                                                                                                                                                         18

                                                                                                                                                                                       Das römische Aventicum, heute Avenches, war eine römische Kolonie und die Hauptstadt der
                                                                                                                                                                                       Helvetier. Sie war zu ihrer Blütezeit im 1. bis 3. Jh. n. Chr. die grösste Stadt auf Schweizer Boden
                                                                                                                                                                                       und zählte zeitweise rund 20 000 Einwohner. Die Stadt lag an der wichtigen Überlandstrasse,
                                                                                                                                                                                       die vom Grossen Sankt Bernhard durch das Schweizer Mittelland führte. Von der Stadt sind we-
                                                                                                                                                                                       sentliche Reste erhalten, beziehungsweise ausgegraben, restauriert und konserviert worden.
                                                                                                                                                                                       Avenches ist ein bedeutendes Kulturgut der Schweiz im Bereich «Archäologie».
                                                                         PBC
                                                                                                             PBC
                                                                                                                                                  PCP
                                            KGS

Weitere Informationen
Die zweimal jährlich erscheinende Zeit-
                                                                                                             REVISIONE DELL'INVENTARIO PBC 2021
                                                                                                                                                  REVISION OF THE PCP INVENTORY 2021
                                                                         RÉVISION DE L'INVENTAIRE PBC 2021

schrift KGS Forum widmet sich jeweils
                                            REVISION KGS-INVENTAR 2021

einem bestimmten Schwerpunktthema.
Die Ausgaben dieser Publikationen,
die im Text erwähnten gesetzlichen
                                            > THEMA:
                                                                         > THÈME:

                                                                                                                                                  > THEME:
                                                                                                             > TEMA:

Grundlagen sowie weitere Informationen
                                           > 37.2021

zum Thema finden Sie auf der Website des
BABS unter www.kgs.admin.ch

                                                                                                                                                                                                 REVISION
                                                                                                                                                                                         KGS-INVENTAR 2021
                                                                                                                                                                                                     RÉVISION DE L'INVENTAIRE PBC 2021
                                                                                                                                                                                                    REVISIONE DELL'INVENTARIO PBC 2021
                                                                                                                                                                                                    REVISION OF THE PCP INVENTORY 2021
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Ein Beispiel für den KGS-Bereich «Baudenkmäler» ist die Trinkhalle von Scuol-Tarasp.
Sie ist Teil einer Reihe von Quellfassungen, die zum Kurbetrieb von Scuol zählen.
Die Mineralquellen finden bereits 1533 bei Paracelsus Erwähnung. 1843 entsteht zunächst
eine einfache Trinkhalle, später ein Kurhaus. Beflügelt durch den touristischen Erfolg
realisiert 1876 der Architekt Bernhard Simon die heutige Trinkhalle.
BABS 21/22
Laufende Projekte: Telematik                                                                                                            20

Sichere Kommunikationssysteme –
der Schlüssel zur erfolgreichen
Ereignisbewältigung
Sanität, Polizei, Feuerwehr, Führungsorgane von Bund, Kantonen, Gemeinden
sowie die Betreiberinnen kritischer Infrastrukturen sind auf einen schnellen,
gesicherten Austausch von Informationen angewiesen. Bei ihrer täglichen Arbeit,
vor allem aber bei Katastrophen und Notlagen. Politische, technologische und
kommerzielle Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt werden, um dafür zu-
kunftsfähige Lösungen zu finden.

Peter Wüthrich, Chef Geschäftsbereich Telematik BABS

                 Bei flächendeckenden Stromausfällen oder tech-                 Betrieb des bestehenden Sicherheitsfunk­
                 nischen Pannen stehen die normalen Kommuni-                    netzes sicherstellen: Werterhalt Polycom
                 kationsnetze nicht mehr zur Verfügung. Beispiele               Wenn Polizistinnen, Feuerwehrleute, Angehörige
                 wie der Angriff auf einen Pipelinebetreiber in den             des Zivilschutzes oder Grenzwächter zum Funkge-
                 USA1 zeigen, dass Kommunikations- und Versor-                  rät greifen, handelt es sich dabei fast immer um ein
                 gungsnetze zunehmend Ziel von Cyber- oder Ter-                 Polycomgerät. Das Sicherheitsfunknetz mit über
                 rorangriffen werden können. Auch Naturereignisse               55 000 Nutzern ist nicht nur verschlüsselt, seine
                 wie die grossen Hochwasser in Westdeutschland                  Antennen und Rechenzentren bleiben auch bei
                 im Sommer 2021 können ganze Gebiete über Tage                  Stromausfall betriebsbereit. Analog den Nachbar-
                 von den gewohnten Fest- und Mobilfunkverbindun-                ländern Deutschland und Frankreich arbeitet die
                 gen trennen.                                                   Schweiz gegenwärtig daran, das Polycomnetz un-
                                                                                terbruchsfrei auf die Tetrapol-IP-Technologie3 um-
                 Das BABS und zahlreiche Partnerorganisationen                  zurüsten und bis mindestens 2030 betriebsbereit
                 arbeiten daran, die hohen Anforderungen an die                 zu halten. Als Problem erweist sich dabei für den
                 Kommunikation im Bevölkerungsschutz zu erfül-                  Hersteller die Einbettung des erneuerten Funksys-
                 len. Grundpfeiler sind dabei hochverfügbare, gut               tems in die kantonalen IT-Umgebungen. Da der
                 gesicherte Kommunikationsnetze. Bereits 2017                   Weiterbetrieb der veralteten Tetrapol-TDM-Kom-
                 wurde systematisch analysiert, welche Bedürf-                  ponenten zunehmend schwierig wird, besteht das
                 nisse dabei mit welcher Priorität umgesetzt wer-               Hauptziel des BABS darin, die Ablösung bis 2025
                 den sollen.2                                                   sicherzustellen.

                                                                                Das sichere Datenverbundsystem
                                                                                Im Dezember 2018 hat der Bundesrat festgehalten,
                                                                                dass er die Verfügbarkeit der Telekommunikations-
                                                                                systeme und des Datenaustauschs der Führungs-
                                                                                organe, Sicherheitsbehörden und Betreiberinnen
                 1     Beim Cyberangriff im Mai 2021 kam Ransomware zum
                 Einsatz, bei der Daten der Betreiberfirma verschlüsselt und
                 Lösegeldforderungen gestellt wurden. Der Pipelinebetreiber     3    Tetrapol ist ein in Europa weitverbreitetes Bündelfunk-
                 musste zur Eindämmung des Schadens diverse Systeme             system, das speziell auf den Bereich öffentliche Sicherheit
                 ausschalten                                                    zugeschnitten ist. Heute verwendet Tetrapol das TDM
                 2     Bericht zur Zukunft der Alarmierungs- und Telekommu-     (Time Division Multiplex) Verfahren, um Signale zu bündeln
                 nikationssysteme für den Bevölkerungsschutz, 2017. Verfügbar   und zu übertragen. Dieses wird durch das modernere Internet
                 auf der Website des BABS.                                      Protocol (IP) ersetzt.
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Wichtige Vorhaben für hochverfügbare Netze zur Behördenkommunikation im Bevölkerungsschutz

Vorhaben                         Netz                               Ziel                                    Nächste Fixpunkte

                Werterhalt       Sicherheitsfunknetz Polycom mit    Unterbruchslose Umrüstung von           Start der Umrüstung 2022,
                Polycom          25 Teilnetzen in der Schweiz und   der Tetrapol- auf die Tetrapol-IP-      Ende der Umrüstung und
                WEP2030          rund 750 Basisstationen            Technologie                             Einstellung Parallelbetrieb 2025

                Sicheres         Terrestrisches Hochgeschwindig-    Vernetzung von Führungsstand­           Vernetzung der Standorte Kantone
                Datenverbund-    keitsnetz durch Kombination und    orten von Kantonen, Bund und            und Bund bis 2023
                netz             Erweiterung bestehender Infra-     Betreiberinnen kritischer Infrastruk-
                                 strukturen der Behörden            turen

                Mobile           Mobile Datenübertragung, aufbau-   Datenübertragung von mobilen            Pilotversuche in den Kantonen
                breit­bandige    end auf SDVN und kommerziellen     Geräten, Fahrzeugen, Sensoren/          Bericht an den Bundesrat über
                Sicherheits-     Netzen                             Drohnen                                 Bedarf und Umsetzungsvariante
                kommunikation                                                                               bis 2023
                MSK

                 kritischer Infrastrukturen verbessern will. Dazu soll             Gegenwärtig laufen Pilotversuche, um technologi-
                 ein nationales sicheres Datenverbundsystem er-                    sche Lösungen für eine MSK zu testen, etwa den
                 stellt werden, das die wichtigen Führungsstand-                   Einsatz priorisierter SIM-Karten an Grossanlässen
                 orte mit einem geschützten, hochverfügbaren und                   oder den Einsatz mobiler Systeme. Bis 2023 wird
                 leistungsfähigen Datennetz (Sicheres Datenver-                    das BABS einen Bericht an den Bundesrat erstel-
                 bundnetz SDVN) verbindet. Sobald das Netz zur                     len, in dem der Bedarf und eine Umsetzungsva-
                 Verfügung steht, können darauf ein Datenzugangs-                  riante für eine schweizweite MSK präsentiert wer-
                 system (DZS) und für den Bevölkerungsschutz zen-                  den.
                 trale Anwendungen aufgebaut werden. Das Parla-
                 ment hat im Herbst 2019 150 Mio. Franken zur Fi-                  Zunehmende Herausforderungen für
                 nanzierung dieses Vorhabens gesprochen.                           Kommunikationsprojekte
                                                                                   Die Leistungsfähigkeit der Telekommunikations-
                 Dank der hohen Transportkapazität soll das Si-                    netze in der Schweiz wächst rasant. Für die Be-
                 chere Datenverbundnetz in Zukunft auch als Back-                  hörden ist es eine Herausforderung, die Chancen
                 bone für weitere Netze dienen. Gegenwärtig läuft                  dieses technologischen Fortschritts zu nutzen und
                 die Planung für die Anbindung kantonaler Stand-                   dabei gleichzeitig die Anforderungen an Verfüg-
                 orte an das SDVN.                                                 barkeit und Sicherheit der eigenen Kommunika-
                                                                                   tionsmittel zu garantieren. Aus Kosten- und Ef-
                 Breitbandkommunikation für mobile Geräte,                         fizienzgründen ist bei künftigen Projekten eine
                 Sensoren, Drohnen                                                 Zusammenarbeit mit kommerziellen Anbietern an-
                 Einsatzkräfte aller Blaulichtorganisationen set-                  gezeigt. Gleichzeitig muss die Abhängigkeit von
                 zen heute Smartphones oder Tablets ein, sei es                    einzelnen Partnern begrenzt bleiben. Wenn man
                 für den mobilen Zugang zu Datenbanken, für die                    sich einmal für die Systeme eines Dienstleisters
                 Übertragung von Videobildern an die Zentrale oder                 entschieden hat, ist ein Anbieterwechsel später
                 für den Datenaustausch mit Drohnen. Dabei nut-                    nur schwer zu bewerkstelligen. Es gilt also, tech-
                 zen die Einsatzkräfte kommerzielle Mobilfunk-                     nologische Lösungen zu finden und Vertragssitu-
                 netze. Eine mobile breitbandige Sicherheitskom-                   ationen zu schaffen, welche diesem Risiko Rech-
                 munikation (MSK) soll sicherstellen, dass dieser                  nung tragen.
                 Austausch auch dann funktioniert, wenn ein Strom-
                 ausfall oder eine Überlastung die kommerziellen                   Auch Politik und Öffentlichkeit müssen von der
                 Mobilnetze blockiert. Eine MSK würde nicht als                    Notwendigkeit der grossen Investitionen über-
                 eigenständiges Netz realisiert, sondern es würden                 zeugt werden. Dies muss gleichzeitig auf Bundes-
                 Teile der kommerziellen Infrastruktur so aufgerüs-                und Kantonsstufe gelingen. Nur wenn die Ressour-
                 tet und verbunden, dass sie im Bedarfsfall weiter-                cen aller Partner gleichzeitig zur Verfügung stehen,
                 hin zur Verfügung stehen. Situativ könnte eine MSK                kann eine neue Technologie innert nützlicher Frist
                 mit mobilen Antennen erweitert werden, etwa bei                   und mit vertretbarem Aufwand schweizweit einge-
                 einem Grosseinsatz in einem Gebiet ohne Netz-                     führt werden.
                 abdeckung.
BABS 21/22
Laufende Projekte: Zivilschutz                                                                                         22

Die Planung von Schutzanlagen
wird digital
                                                                                  Basierend auf dem Drahtmodell., welches
                                                                                  für die Planung dient, lassen sich auch
                                                                                  fotorealistische Darstellungen erzeugen.

Text: Cédric Vuilleumier, Projektleiter BABS
Illustrationen: Jan Krähenbühl, BIM Manager BABS

Das Genehmigungsverfahren für die Erneuerung von Schutzanlagen
basiert nach wie vor auf physischen Plänen. Mit der Einführung von drei-
dimensionalen, digitalen Modellen soll das Verfahren wirtschaftlicher,
ressourceneffizienter und nachhaltiger werden. Ziel ist es, die Kosten
pro Projekt zu senken und gleichzeitig die Qualität zu verbessern.

                  In den letzten 60 Jahren wurden die technischen   in Papierform in dreifacher Ausfertigung an das
                  Einrichtungen der Schutzanlagen den neuen Nor-    BABS, um sie dort zur Genehmigung abstempeln
                  men und Technologien angepasst und weiterent-     und unterschreiben zu lassen.
                  wickelt, während sich die Planungs- und Geneh-
                  migungsverfahren kaum verändert haben. Nach       Das BABS hat nun ein strategisches Projekt ge-
                  wie vor senden die Projektplaner ihre Dossiers    startet, um die Arbeitsweise in diesem Bereich zu
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                   modernisieren. Es wurden mehrere Produkte initia-       Ergänzungen oder Änderungen vornehmen, sofern
                   lisiert, darunter die Integration der BIM-Methode       diese den Mindestanforderungen entsprechen.
                   (Building Information Modeling) für die Erneuerung
                   der Schutzanlagen. Obwohl Ziele und Grundprin-          Die Vorteile der neuen Methode sind beeindru-
                   zipien dieser Methode weitgehend veröffentlicht         ckend: In Zukunft sollte die Planung einer solchen
                   sind, ist ihre Anwendung nicht selbsterklärend. Es      Anlage nur noch wenige Wochen statt mehrere
                   ist notwendig, sich die Methode anzueignen und          Jahre dauern. Dies führt zu einer substanziellen
                   deren Mehrwert für den Prozess des Genehmi-             Kostenreduzierung während die Qualität verbes-
                   gungsverfahrens zu bestimmen.                           sert wird. Die Methode sorgt für Transparenz zwi-
                                                                           schen den verschiedenen Akteuren, sie ist mit der
                   Ein Pilotprojekt dazu wird an einer Schutzanlage        Telearbeit vereinbar und reduziert das Drucken
                   der Gemeinde Andeer in Graubünden umgesetzt.            zahlreicher Pläne und Dokumente.
                   Die kantonalen und kommunalen Behörden waren
                   von den Vorteilen der Methode überzeugt und ha-         Das BABS hat weitere Projekte im Zusammenhang
                   ben sich bereit erklärt, das Projekt zu unterstützen.   mit den Schutzbauten gestartet, wie zum Beispiel
                   Die einzelnen Rollen wurden neu definiert und die       der Einsatz von Mess-Sensoren mit Alarmmel-
                   Mitarbeitenden des BABS entwickelten sich von           dungen zur Optimierung des Unterhalts, die Ob-
                   Prüfern zu Planern. Die einzelnen Komponenten           jekterkennung mittels künstlicher Intelligenz so-
                   der Anlage lassen sich dreidimensional darstel-         wie die Aufbereitung und Präsentation von techni-
                   len und die Eigenschaften der Komponenten kön-          schen Weisungen in digitaler Form.
                   nen direkt in das Modell eingebracht werden. Bei
                   diesen Eigenschaften handelt es sich um physika-
                   lische Grössen, Kosten oder andere, für die Pla-
                   nung und Realisierung des Projekts relevante Infor-
                   mationen. Konflikte zwischen den Komponenten
                   lassen sich im Modell identifizieren, so dass Än-
                   derungen während der Realisierung vermieden
                                   werden können. Der Eigentümer
                                     der Anlage erhält anschliessend
                                     vom BABS einen Vorschlag für
                                       die Konfiguration der Anlage
                                         und kann jederzeit

Pilotprojekt: Kommandoposten KP II,
Bereitstellungsanlage BSA II

Schutzanlage
• Eigentümer: Gemeinde Andeer (GR)
• Fläche: 928 m2
• Kapazität: 120 Personen
• Modernisierungen: Lüftungs­anlage,
  Elektronik, Telematik

Modell
• Filegrösse: 168 MB
• Anzahl modellierte Komponenten: 1979
• BIM Software: REVIT 2019
• Rendering: BLENDER 2.9
BABS 21/22
Laufende Projekte: Risikogrundlagen                                                                                                           24

                 Das grosse Beben von Basel 1356: Darstellung in der «Chronicon Helvetiae» von Christoph Silberysen aus dem 16. Jahrhundert
                 (Aargauer Kantonsbibliothek). Die Bevölkerung hatte damals Glück im Unglück: Weil die Menschen bereits nach dem heftigen
                 Vorbeben aus der Stadt flüchteten, waren nur etwa 100 Tote zu beklagen.

Erkenntnisse aus der Risiko- und
Trendanalyse für den Schweizer
Bevölkerungsschutz
Auch wenn die Schweiz mit den Unwettern im Sommer 2021 relativ glimpflich
davongekommen ist, haben die Überschwemmungen in Belgien, Deutschland und
der Niederlande sowie die Waldbrände im Mittelmeerraum und Nordwestame-
rika gezeigt, dass wir in neuen Dimensionen denken müssen, wenn wir von Extrem­
ereignissen sprechen, die zu Katastrophen und Notlagen führen. Es stehen zwei
Fragen im Vordergrund: Welche Erkenntnisse lassen sich aus der nationalen
Risikoanalyse «Katastrophen und Notlagen Schweiz» ziehen und was ist aufgrund
der «Trendanalyse Bevölkerungsschutz 2030» in Zukunft zu erwarten?
Stefan Brem, Chief Risk Officer BABS
25

                                                           Mit der nationalen Risikoanalyse
                                                           «Katastrophen und Notlagen Schweiz»
                                                           (KNS) schafft das BABS Grundlagen für die
                                                           vorsorgliche Planung und Ereignisvorberei-
                                                           tung auf allen staatlichen Ebenen.

Das BABS hat – nach 2013 und 2015 – im Novem-                       über Versorgungsengpässe bis zu Vertrauensver-
ber 2020 die dritte Auflage der nationalen Risiko-                  lust in die Behörden mit gelegentlichen Aufrufen
analyse «Katastrophen und Notlagen Schweiz»                         zu Widerstand gegen Anordnungen, teilweise gar
(KNS) publiziert.1 Dabei werden für die Schweiz re-                 gefolgt von Gewalttätigkeiten an Demonstrationen.
levante Gefährdungen identifiziert und Szenarien                    Diese Erkenntnisse sind noch nicht in der aktuellen
möglicher Ereignisabläufe beschrieben. Die Aus-                     Ausgabe des Risikoberichts enthalten. Dies, weil
wirkungen und Häufigkeit/Plausibilität der Szena-                   die Corona-Pandemie zum Zeitpunkt der Publika-
rien wurden in interdisziplinären Workshops mit                     tion von KNS 2020 noch nicht abgeschlossen war.3
Fachleuten von Bund, Kantonen und Gemeinden,
Wirtschaft und Wissenschaft eingeschätzt. Dabei                     Wird hingegen auf die Häufigkeit fokussiert, sind
rangieren die Szenarien Strommangellage, Influ-                     die Szenarien Einschränkung Schiffsverkehr, Eng-
enza-Pandemie, Mobilfunkausfall, Hitzewelle und                     pass Erdölversorgung oder Ausfall eines Rechen-
Erdbeben an vorderster Stelle im Risikodiagramm2.                   zentrums weit vorne platziert. Beruhigend bei allen
Werden nur die Auswirkungen betrachtet, nehmen                      drei Gefährdungen ist, dass aufgrund der vorberei-
die Szenarien bewaffneter Konflikt, Strommangel-                    teten Massnahmen (z. B. Pflichtlager bei Erdölpro-
lage, Erdbeben, Influenza-Pandemie und KKW-Un-                      dukten oder redundante Rechenzentren) die Aus-
fall die vorderen Ränge ein.                                        wirkungen relativ gering sind. Dies trägt dazu bei,
                                                                    dass die Risiken überschaubar und v. a. bewältig-
Die Auswirkungen einer Pandemie – wenn auch                         bar bleiben. Bei sämtlichen Überlegungen muss
nicht hervorgerufen durch ein Grippe-Virus – erle-                  man sich jedoch bewusst sein, dass sich diese
ben wir seit Anfang 2020. Wobei nicht nur die ge-                   Aussagen auf spezifische Szenarien stützen und
sundheitlichen Aspekte (Kranke und Tote) von Be-                    nicht das Gesamtrisiko sämtlicher möglicher Sze-
deutung sind, sondern – wie sich bei der Corona-                    narien umfassen.
Pandemie gezeigt hat – auch die wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Folgen. Diese reichen von
finanziellen Einbussen in betroffenen Branchen

1    KNS: www.risk-ch.ch                                            3     KNS versteht sich – wie auch Risikoanalysen für den
2    Siehe dazu ein Auszug aus dem Risikodiagramm im                Bevölkerungsschutz und das Katastrophenmanagement
Übersichtsartikel zum Klimawandel und Bevölkerungsschutz            anderer Länder – nicht als aktuelle Lagebeurteilung, sondern
auf Seite 42 sowie ausführlich in den KNS-Unterlagen auf            als mittel- bis langfristige Grundlage für eine strategische
www.risk-ch.ch.                                                     Auslegeordnung sowie für vorsorgliche Planungen.
BABS 21/22
Laufende Projekte: Risikogrundlagen                                                                                                    26

                                                                                              30      25      20      15 Jahre
           Top 10 (11)                  Einschränkungen Schiffsverkehr
           Häufigkeit                         Engpass Erdölversorgung
           einmal in x Jahren                   Ausfall Rechenzentrum
                                                             Unwetter
                                                            Hitzewelle
                                                            Waldbrand
                                                      Ausfall Mobilfunk
                                                          Stromausfall
              Natur                                  Strommangellage
              Technik                           Absturz Luftfahrtobjekt
              Gesellschaft                                Hagelschlag

                                                                          0   40      80      120     160     180     200 Mrd. CHF
           Top 10                                     Strommangellage
           Schadensausmass                                   Erdbeben
           Mrd. CHF                                Influenza-Pandemie
                                                           KKW-Unfall
                                                          Hochwasser
                                                Anschlag mit Bakterien
                                               Anschlag mit Dirty Bomb
             Natur                                    Ausfall Mobilfunk
             Technik                         Andrang Schutzsuchender
             Gesellschaft                                       Sturm

        Darstellung der aggregierten Schäden monetarisiert in Mia CHF und der Häufigkeit, ausgedrückt in einmal in x Jahren. Bei den
        Schäden werden insgesamt 12 Schadensindikatoren aus den Bereichen Personen, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft aggregiert.

                 Im Fokus steht insbesondere die Strommangel-                       Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich
                 lage. Besorgniserregend ist, dass sie sowohl in der                denn auch bei einem weiteren Risiko, welches weit
                 Auswirkungsrangliste wie auch im Risikodiagramm                    vorne rangiert – der Hitzewelle. Diese ist spätes-
                 weit oben platziert ist. Für die Bewältigung einer                 tens seit dem Sommer 2003 präsent. Im Som-
                 Strommangellage sind zwar zahlreiche Massnah-                      mer 2021 ist die Schweiz zwar von einer länge-
                 men vorbereitet und angedacht, und das Szena-                      ren Hitzewelle verschont geblieben, dafür haben
                 rio wurde im Rahmen der Sicherheitsverbundsü-                      wir in diesem Jahr erlebt, was es bedeutet, wenn
                 bung 2014 durchgespielt. Das Thema bleibt aber                     die aufgewärmte Atmosphäre mehr Feuchtigkeit
                 relativ abstrakt, da die Schweiz bisher von einer                  aufnehmen kann und diese in Form von Starknie-
                 Strommangellage oder einem grösseren Strom-                        derschlägen oder Hagel wieder entlädt.
                 ausfall verschont geblieben ist. Dennoch gab es
                 Zwischenfälle: Die Schweiz war im September                        Zukünftige Entwicklungen
                 2003 Ausgangspunkt eines landesweiten Strom-                       Gestützt auf die nationale Risikoanalyse besteht
                 ausfalls in Italien, und seither ist unser Land mehr-              ein guter Überblick über die Risikolandschaft
                 mals (2005, 2006, Januar 2021) an einem Blackout                   Schweiz. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass
                 nur knapp vorbeigeschrammt.                                        Risikoanalysen meist auf Erfahrungswerten basie-
                                                                                    ren. Das BABS hat deshalb entschieden, sich – zu-
                 Auch ein Erdbeben scheint in weite Ferne gerückt,                  sammen mit dem Center for Security Studies an
                 da als Referenzpunkt das Erdbeben von 1356 in                      der ETH Zürich – auch zukünftigen Entwicklungen
                 Basel gilt. Doch hat die Schweiz auch im 20. Jahr-                 und Trends anzunehmen. Dabei interessieren nicht
                 hundert schadensreiche Starkbeben (Sierre, 1946)                   nur die daraus resultierenden Herausforderungen,
                 erlebt und ist immer wieder von kleineren Erdbe-                   sondern auch die Chancen, die für den Bevölke-
                 ben betroffen. Aufgrund der grösseren Sachwerte-                   rungsschutz nutzbringend umgesetzt werden
                 konzentration in Städten und Agglomerationen hat                   könnten. Dies zeigt sich exemplarisch am Einsatz
                 sich das Erdbebenrisiko mittlerweile erhöht.                       von unbemannten Systemen wie Drohnen, die so-
                                                                                    wohl mit terroristischer Absicht gegen zivile Ziele
27

                                                    Sharing Economy        Gouvernanz kritischer
                                                                              Infrastrukturen

              Klimawandel

                                           Metropolisierung
                                                                                                Demografischer und
                                                                                                  Wertewandel

                                                                      Social Media
             Künstliche Intelligenz

                                                Mobilität
                                                                                           Geopolitischer
                                                                                              Wandel
                Unbemannte
                 Systeme

                                      Digitalisierung             Konvergente
                                                                  Technologien

Angepasste Darstellung der untersuchten Trends in der Trendanalyse Bevölkerungsschutz 2030: Unsicherheiten,
Herausforderungen, Chancen.

eingesetzt, aber eben auch gewinnbringend für                          Globale Trends im
Erkundungsflüge, als Sensoren oder für die Lo-
                                                                       Bevölkerungsschutz
gistik genutzt werden können. Ende 2020 ist die
zweite Auflage der ETH-Studie erschienen4, wo-
bei 12 Trends hinsichtlich ihrer Herausforderungen                     In den folgenden Abschnitten5 wird eine ausge-
und Chancen untersucht wurden. Zusätzlich wurde                        wählte Anzahl von Trends auf eine ebenso ver-
analysiert, wie sich der jeweilige Trend insgesamt                     kürzte Auswahl von Gefährdungen angewendet:
auf das Bevölkerungsschutzsystem auswirken
könnte, wie der Trend beeinflusst werden kann und                      Die Digitalisierung entwickelt sich weiter und wird
ob man in der Lage ist, die positiven Aspekte des                      durch die Anwendung künstlicher Intelligenz um
Trends tatsächlich zu nutzen respektive die nega-                      einiges komplexer. Die Abhängigkeit der Gesell-
tiven Aspekte zu vermeiden.                                            schaft von digitalen Dienstleistungen und die Be-
                                                                       deutung einer sicheren Kommunikation wird stei-
                                                                       gen. Aber auch die Digitalisierung und die Vernet-
                                                                       zung von kritischen Infrastrukturen wird zunehmen.
                                                                       Die Konsequenzen von Ausfällen dieser kritischen
                                                                       Infrastrukturen werden dadurch noch gravieren-
                                                                       der. Dies zeigt sich bei der Stromversorgung, aber
                                                                       auch bei den Informations- und Kommunikations-
                                                                       technologien – mit Auswirkungen auf andere kriti-
                                                                       sche Infrastrukturen.

                                                                       5     Die folgenden Abschnitte dieses Unterkapitels stüt-
4      Center for Security Studies (ETH-CSS) (2021): Trend Ana-        zen sich auf die Ausführungen des Risikoberichts des BABS
lysis Civil Protection 2030. Uncertanties, Challenges and Op-          zur nationalen Risikoanalyse «Katastrophen und Notlagen
portunities. ETH Zürich.                                               Schweiz» (BABS, 2020).
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