INDUSTRIEMETROPOLE HAMBURG BERICHT DES INDUSTRIEKOORDINATORS 2020 - Hamburg.de

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INDUSTRIEMETROPOLE HAMBURG BERICHT DES INDUSTRIEKOORDINATORS 2020 - Hamburg.de
INDUSTRIEMETROPOLE HAMBURG

       BERICHT DES

INDUSTRIEKOORDINATORS 2020
INDUSTRIEMETROPOLE HAMBURG BERICHT DES INDUSTRIEKOORDINATORS 2020 - Hamburg.de
INDUSTRIEMETROPOLE HAMBURG BERICHT DES INDUSTRIEKOORDINATORS 2020 - Hamburg.de
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis.................................................................................................................. 4
Vorwort des Industriekoordinators ............................................................................................ 6

1. Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Industriestandort Hamburg ...................... 8
    a. Bedeutung des Industriestandorts Hamburg ................................................................. 9
    b. Besondere Herausforderungen der Industrie durch die COVID-19-Pandemie..... 10
    c. Klimaschutz in der EU, im Bund und in Hamburg ....................................................... 11
    d. Globale Wettbewerbsfähigkeit ....................................................................................... 13
    e. Neue Lösungen durch Wasserstoff ............................................................................... 14

2. Initiativen und Schwerpunkte der Hamburgischen Industriepolitik ............................. 16
    a. Der Rahmen: Masterplan Industrie und Industriebündnis ......................................... 16
    b. Standorte für Industrie und Gewerbe ........................................................................... 18
    c. Wirtschaftsstabilisierung als Reaktion auf die Corona-Pandemie .......................... 23
    d. Klimaschutz und Energiewende – Industrie als Teil der Lösung ............................. 26
    e. Digitalisierung als Schlüssel für weitere technische Fortschritte ........................... 30
    f. Innovationen für eine Transformation der Industrie .................................................. 33

3. Arbeit des Bündnisses für die Industrie der Zukunft 2020 ........................................... 38
    a. Etablierung einer Arbeitsstruktur und Arbeit des Industriekoordinators ............. 38
    b. Akzeptanz der Rahmenbedingung für die Industrie ................................................... 39
    c. Flächen für die Industrie .................................................................................................. 40
    d. Abbau von Investitionshemmnissen .............................................................................. 45
    e. Stärkung der Zusammenarbeit von Industrie und Forschung .................................. 48

4. Ausblick .................................................................................................................................... 50
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Abkürzungsverzeichnis
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    ARIC               Artificial Intelligence Center Hamburg e.V.

    BACom              Behördliche Aufgaben mit Computerunterstützung

    BMVI               Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

    BMWi               Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

    BUKEA              Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft

    BVM                Behörde für Verkehr und Mobilitätswende

    BWFGB              Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke

    BWI                Behörde für Wirtschaft und Innovation

    DLT                Distributed Ledger Technologien

    EDIH               Europäisches Digitales Innovationszentrum

    EEG                Erneuerbare-Energien-Gesetz

    FB                 Finanzbehörde

    FHH                Freie und Hansestadt Hamburg

    GE                 Gewerbegebiet

    GEFIS              Gewerbeflächeninformationssystem

    GI                 Industriegebiet

    HIE                HIE Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG

    HIW                HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH

    HPA                Hamburg Port Authority

    HPC                High Performance Computing

    HWSP               Wirtschaftsstabilisierungsprogramm

    KüWiVerMinKo       Konferenz der Wirtschafts- und Verkehrsminister der norddeutschen Küstenländer

    IFB                Hamburgische Investitions- und Förderbank

    IK                 Industriekoordinator

    IKS                Innovations-Kontakt-Stelle

    IVH                Industrieverband Hamburg e.V.

    JF                 Jour Fixe

    KI                 Künstliche Intelligenz

    KMU                kleine und mittlere Unternehmen

    LIG                Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen

    MRH                Metropolregion Hamburg

    NDRL               Norddeutsches Reallabor

    OZG                Online-Zugangs-Gesetz
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PMO       Project Management Office
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    RIS       Regionale Innovationsstrategie x

    SINTEG    Schaufenster intelligente Energie

    SK        Senatskanzlei

    TA Luft   Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft

    TnT       „Track and Trace“

    TP        Transformationspfad

    WMK       Wirtschaftsministerkonferenz

    WSV       Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung

    ZAL       Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung GmbH
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    Vorwort des Industriekoordinators

    Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

    das vergangene Jahr hat die Industrie mit großen Herausforderungen konfrontiert.
    Hier ist an erster Stelle die Corona-Pandemie zu nennen. Sie hat mit großer Dyna-
    mik und Macht alle Bereiche des persönlichen Lebens der Bürgerinnen und Bürger
    eingenommen und eine Ausnahmesituation ohne Vergleich innerhalb unserer Ge-
    neration geschaffen. Wie für viele andere Wirtschaftszweige auch, hat sie die Leis-
    tungsfähigkeit der Industrie stark belastet und zu weitreichenden Einschränkungen
    geführt.

    Die Industrie in Hamburg ist nicht nur verlässlicher Arbeitgeber für viele Hambur-
    gerinnen und Hamburger. Sie hat im letzten Jahr ebenso eindrucksvoll ihre Wider-
    standskraft und ihre herausragende Bedeutung für die Aufrechterhaltung der un-
    verzichtbaren Wertschöpfungs- und Lieferketten unter Beweis gestellt. Hamburgs
    Industrieunternehmen tragen in der Pandemie mit ihren Kompetenzen zur Lösung
    der Krise bei. Die unkonventionelle und rasche Aufsetzung neuer und zusätzlicher
    Produktionskapazitäten für die Herstellung dringend benötigter Schutzausrüs-
    tungsgüter und Medikamente ist nur einer der offensichtlichsten Punkte, die hier
    zu nennen sind. Weitere wichtige Dienste werden für die Aufrechterhaltung der
    Logistik, durch die regelmäßige Bereitstellung von Elektrizität sowie die Herstel-
    lung und Lieferung von benötigten Treibstoffen und Verpackungsmaterialen er-
    bracht. Die Industrie leistet hierdurch einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der
    Lebensgrundlagen und zum Erhalt der Leistungsfähigkeit Hamburgs.

    Es ist mir in diesem Sinne ein wichtiges Anliegen, den Industriebetrieben in Ham-
    burg gute Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit in der Stadt zu bieten. Da, wo
    Entwicklungspotenziale für industrielle Produktion bestehen, wollen wir diese nutz-
    bar machen. Die Behörde für Wirtschaft und Innovation (BWI) steht im Besonderen
    und in Schulterschluss mit allen Hamburger Behörden hinter den Industriebetrieben
    der Stadt und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich spreche ihnen meinen
    Dank und Anerkennung für die täglich geleistete Arbeit am Standort aus.
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    Im Rahmen des Bündnisses für die Industrie der Zukunft haben wir vereinbart, in
    regelmäßigen Abständen über die Entwicklungen der Industrie am Standort und die
    Tätigkeit des Industriekoordinators zu berichten. In meiner Funktion als Staatsrat
    der BWI bekleide ich seit Sommer 2020 diese wichtige Rolle für den Senat der
    Freien und Hansestadt Hamburg (FHH). Dies ist der erste Bericht in der Sache. Ich
    freue mich über diese bedeutende Aufgabe und das mir entgegengebrachte Ver-
    trauen. Ein besonderer Dank gebührt Senator Michael Westhagemann, der mir
    stets die notwendige Rückendeckung gewährt. Ich möchte Ihnen nun im Folgenden
    Einblicke in die Entwicklung des Industriestandorts Hamburg und das Wirkungsfeld
    des Industriekoordinators geben.

    Andreas Rieckhof

    Staatsrat der Behörde für Wirtschaft und Innovation

    der Freien und Hansestadt Hamburg

                                                             Hamburg, 29. April 2021
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1. Rahmenbedingungen für den erfolg-                  litik mit den anderen norddeutschen Bundeslän-
8

       reichen Industriestandort Hamburg                  dern sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit
                                                          allen Partnern in der Metropolregion. Als Themen-
    Die Industrie in Hamburg ist stark und hoch spe-      gebiete von großer überregionaler Bedeutung
    zialisiert. Die Branche vereint ein großes Span-      sind insbesondere die Wasserstoffwirtschaft, die
    nungsfeld an Betriebsarten und -formen, mit un-       Digitalisierung, die Luftfahrt sowie die maritime
    terschiedlichsten Größen, Mitarbeiterzahlen, Lie-     Industrie zu nennen. Auf diese Weise entstehen
    ferkettenverflechtungen und historischen Hinter-      vielfältige Synergien und können auch für den
    gründen. Der erfolgreichen Gestaltung guter Rah-      Standort Hamburg nutzbar gemacht werden.
    menbedingungen für die Industrie am Standort
                                                          Die Corona-Pandemie stellt Industrieunterneh-
    entsprechend ihrem vielfältigen Anforderungs-
                                                          men wie andere Bereiche der Wirtschaft und Ge-
    profil kommt hohe Priorität im Handeln des Se-
                                                          sellschaft vor enorme Herausforderungen. Insbe-
    nats zu. Dieser Aufgabe stellen wir uns jeden Tag.
                                                          sondere im ersten Halbjahr 2020 waren sie mit
    Wir streben danach, den Standort attraktiv und
                                                          massiven Einbrüchen bei Produktion, Nachfrage
    innovationsfreudig zu gestalten, sowohl für die
                                                          und Umsätzen konfrontiert. Zugleich beschleu-
    Betriebe, die zum Teil seit mehr als 100 Jahren er-
                                                          nigt die Pandemie den Strukturwandel der Indust-
    folgreich in Hamburg agieren, als auch für jüngere
                                                          rie und bietet Chancen für wichtige Weichenstel-
    Betriebe und für alle an Industrieproduktion Be-
                                                          lungen im Sinne eines zukunftsfähigen Industrie-
    teiligten. Interessenausgleich in einem komplexen
                                                          standorts. Wichtige Märkte für die deutsche In-
    und dynamischen Umfeld mit Maß und Weitsicht:
                                                          dustrie werden auf absehbare Zeit ein deutlich ge-
    Das ist das Ziel. Digitalisierung und Dekarbonisie-
                                                          dämpftes Wachstum aufweisen und auch der
    rung sind die Megatrends, mit denen sich heute
                                                          Welthandel verlangsamt sich. Diese Entwicklung
    alle Industriebetriebe im Aufbau und in der Wei-
                                                          erhöht den ohnehin spürbaren Wettbewerbs- und
    terentwicklung ihrer Portfolios intensiv beschäf-
                                                          Innovationsdruck auf Unternehmen. Die Corona-
    tigten müssen, soll auch morgen die erfolgreiche
                                                          Pandemie beschleunigt auch die dynamische Ent-
    Wettbewerbsposition gesichert und weiter aus-
                                                          wicklung der Digitalisierung. Digitale Technolo-
    gebaut werden.
                                                          gien verändern noch schneller nationale und inter-
    Der industriellen Produktion kommt eine große         nationale Märkte. Schließlich stellt das Erreichen
    Bedeutung für den Standort Hamburg zu. Es be-         der Klimaziele bei Wiederherstellung der wirt-
    darf deshalb guter politischer Rahmenbedingun-        schaftlichen Dynamik nach der Pandemie eine we-
    gen für die Branche. Viele wichtige Zielsetzungen     sentliche Aufgabe der Unternehmen für die kom-
    wurden für die 22. Legislaturperiode im Koaliti-      menden Jahre dar.
    onsvertrag der Regierungsparteien vereinbart
                                                          Es ist auch Aufgabe der Politik, den Transforma-
    und dann in das Arbeitsprogramm des Senats
                                                          tionsprozess des Industriestandorts Deutschland
    übernommen. Die Fachbehörden arbeiten bei der
                                                          gezielt und erfolgreich mit geeigneten Maßnah-
    Umsetzung dieser Aufgabenstellungen eng zu-
                                                          men zu begleiten. Neben den wichtigen kurzfristi-
    sammen und stehen im intensiven Austausch mit
                                                          gen Unterstützungshilfen zur Abmilderung der
    den Beteiligten. Hamburg setzt auch in Zukunft
                                                          wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie
    auf große sowie mittelständische Industriebe-
                                                          müssen gute langfristige Rahmenbedingungen
    triebe und wird die guten Rahmenbedingungen für
                                                          geschaffen werden, um die Transformation der
    sie erhalten und ausbauen. Eine wichtige Unter-
                                                          Industrie zu unterstützen und die Zukunftsfähig-
    stützung bietet dem Senat dabei die als Investiti-
                                                          keit des Standortes zu sichern. Mit Investitionen
    onsagentur konzipierte Hamburg Invest. Hier
                                                          in Innovationen und Digitalisierungsprozesse,
    werden klassische Themen der Wirtschaftsförde-
                                                          ausreichenden und hochwertigen Industrie- und
    rung wie Ansiedlung und Marketing mit einer
                                                          Gewerbeflächen und einer wettbewerbsfähigen
    branchenorientierten Betreuung und der Flächen-
                                                          Rohstoff- und Energieversorgung können Unter-
    bereitstellung verbunden.
                                                          nehmen attraktive Rahmenbedingungen, Pla-
    In enger Abstimmung und Kooperation befindet          nungs- und Innovationssicherheit geboten wer-
    sich Hamburg darüber hinaus bei der Industriepo-      den.
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a. Bedeutung des Industriestandorts                           Hamburg als auch Arbeitsnehmerinnen und Ar-
9

         Hamburg                                                    beitnehmer aus anderen Branchen finden so im in-
                                                                    dustriellen Umfeld berufliche Perspektiven. Hin-
    Die Industrie hat in Hamburg einen sehr hohen                   sichtlich der Beschäftigtenzahlen ergibt sich für
    Stellenwert für den Wohlstand der FHH und ist ein               das Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr eine leichte
    Kernbestandteil der lokalen, nationalen und inter-              Steigerung um 350 Beschäftigte. Auch die Anzahl
    nationalen Wertschöpfungsketten. Industriebe-                   der Betriebe mit 50 oder mehr tätigen Personen
    triebe im und außerhalb des Hafengebiets prägen                 konnte von 2019 auf 2020 (Stand November
    mit ihren Gebäuden und Anlagen ganze Stadtteile.                2020) leicht von 215 auf 219 Betriebe gesteigert
    Historisch bedingt sind die Bezirke Hamburg                     werden. Insbesondere mit Blick auf die konjunktu-
    Mitte und Hamburg Harburg am engsten mit der                    rell angespannte Lage stellt diese erfreuliche Ent-
    industriellen Produktion verflochten. Die Hambur-               wicklung einen positiven Impuls dar.
    ger Industriebetriebe sind dabei Arbeitgeber und
    Ausbilder für mehr als 83.000 sozialversiche-                   Die Hamburger Industriebetriebe leisteten für das
    rungspflichtig Beschäftigte in Hamburg (Stand                   Jahr 2019 eine Bruttowertschöpfung von rund 77
    November 2020). Arbeitsplätze in Industriebe-                   Mrd. Euro. Hamburg ist und bleibt damit gemäß
    trieben zeichnen sich durch ein überdurchschnitt-               der Bruttowertschöpfung einer der größten In-
    liches Qualifikations- und Wertschöpfungsniveau                 dustriestandorte Europas. Die lokal ansässigen
    aus. Jedes Jahr schafft die Industrie zudem zahl-               Unternehmen erwirtschaften insgesamt im Jahr
    reiche neue Arbeitsverhältnisse. Sowohl Absol-                  2018 einen Umsatz von ca. 402 Mrd. Euro. Die In-
    venten der technischen Universitäten in und um                  dustrie trägt mit einem Anteil von nahezu 20 Pro-
                                                                    zent entscheidend dazu bei.

    Abbildung 1. Umsätze der Industrie im Jahresvergleich.

    Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein.
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Im Jahr 2019 haben 92 Prozent der Industriebe-       Die Industrieproduktion bleibt über die ergriffe-
10

     triebe Bruttoanlageinvestitionen in Höhe von zu-     nen Maßnahmen das stabile Rückgrat der Wert-
     sammen 1,1 Mrd. Euro geleistet. Das ist ein leich-   schöpfungsketten. Auch wenn sich für die Monate
     ter Rückgang von gut vier Prozent gegenüber dem      März bis Juni des Jahres 2020 die Einschränkun-
     Rekordjahr 2018. Diese Entwicklung ist auch zyk-     gen und Unterbrechungen der internationalen Lie-
     lischen Voraussetzungen geschuldet und stellt        ferketten erkennbar negativ bemerkbar gemacht
     dennoch einen zu begrüßenden Wert dar. Bezo-         haben, bahnte sich seit dem Sommer 2020 ein
     gen auf den im Jahr 2019 leicht gesunkenen Um-       stetiger Aufwärtstrend an. Beigetragen hierzu hat
     satz lag die Investitionsquote mit 1,45 Prozent      auch die rasche Anpassung der Betriebe an die
     leicht unter dem Vorjahreswert von 2018 in Höhe      neuen Gegebenheiten.
     von 1,49 Prozent. Das entspricht einer Investiti-
     onssumme je tätiger Person von 12.550 Euro.          Die Fortsetzung des insgesamt guten Trends des
                                                          letzten Jahrzehnts für die Industrieproduktion
     Der Wirtschaftsstandort Hamburg war und ist be-      „Made in Germany“ lässt sich für die Zukunft nicht
     sonders geprägt durch den Hamburger Hafen.           zwangsläufig fortschreiben, aber die leichte Stei-
     Aus diesem Grund sitzen viele Unternehmen, die       gerung bei Beschäftigenzahlen sowie bei der An-
     für den Im- oder Export von Rohstoffen bezie-        zahl der Betriebe lassen hier auf eine weitere Ver-
     hungsweise deren Weiterverarbeitung zuständig        besserung der Lage in 2021 hoffen. Bemerkbar
     sind, in der Hafenregion. Wichtige Stärken der       machen sich hingegen schmerzliche Umsatzein-
     Hamburgischen Industrie liegen in der Grund-         bußen, die zum Zeitpunkt der Erstellung des vor-
     stoffindustrie (insbesondere Kupfer-, Aluminium-     liegenden Berichts noch nicht abschließend vorla-
     und Stahlindustrie). Aber auch der Fahrzeugbau,      gen. Allein in den ersten neun Monaten 2020 sank
     die Mineralölverarbeitung, Lebensmittelherstel-      der Umsatz der größeren Industriebetriebe in
     lung und Maschinenbau sind nennenswert vertre-       Hamburg um 19,3 Prozent im Vergleich zum Vor-
     ten. Besonders große Bedeutung für die Entwick-      jahr auf 46,5 Mrd. Euro. Das ist der niedrigste Um-
     lung der Industrieleistung in Hamburg hat schließ-   satz in den ersten neun Monaten eines Jahres seit
     lich der Flugzeugbau. Entlang der Wertschöp-         2009. Im von der Corona-Pandemie besonders
     fungskette bestehen darüber hinaus vielfältige       betroffenen zweiten Quartal sank der Umsatz gar
     und komplexe Unternehmensverflechtungen und          um 31,6 Prozent. Den stärksten Umsatzverlust
     Lieferbeziehungen.                                   unter den führenden Branchen verzeichnete der
                                                          Maschinenbau (minus 39,7 Prozent auf 2,2 Mrd.
                                                          Euro). Den höchsten Umsatzanstieg erwirtschaf-
                                                          teten hingegen die Betriebe der Metallerzeugung
       b. Besondere Herausforderungen der In-             und -bearbeitung mit knapp sieben Prozent auf
          dustrie durch die COVID-19-Pandemie             rund 5,6 Mrd. Euro. Der Umsatz (ohne Berücksich-
                                                          tigung der Mineralölverarbeitung) mit dem Aus-
     Bei allen aktuellen pandemiebedingten Herausfor-     land sank im Jahresvergleich deutlich stärker (mi-
     derungen bleibt die Lage der Industrie am Stand-     nus 17,8 Prozent auf 13,2 Mrd. Euro) als das In-
     ort Hamburg überwiegend positiv. Trotz weiter-       landsgeschäft (minus 8,9 Prozent auf 14,7 Mrd.
     hin vorherrschender Ausnahmesituation für viele      Euro).
     Wirtschaftszweige gehört die Industrieproduk-
     tion in weiten Teilen zu den Bereichen mit den ge-   Insbesondere die Luftfahrtindustrie in Hamburg
     ringsten Wertschöpfungseinbußen. Im Vergleich        ist stark von den Auswirkungen der Corona-Pan-
     zu anderen stärker betroffen Wirtschaftszweigen      demie betroffen. Da der Luftverkehr in Folge der
     konnte die Industrie insbesondere davon profitie-    Ausbreitung der Pandemie weitgehend zum Still-
     ren, dass Produktionsprozesse sich mit den An-       stand gekommen ist, besteht seitens der Luftver-
     forderungen an die Bekämpfung der Pandemie           kehrsgesellschaften kein Bedarf an neuen Flug-
     überwiegend gut in Einklang bringen lassen. Die      zeugen. Das trifft Hamburg als drittgrößten
     Verfolgung strenger Hygienekonzepte und ein ho-      Standort der Luftfahrtindustrie weltweit beson-
     her Automatisierungsgrad zeigen Wirkung.             ders schwer. Bereits gefertigte Maschinen können
                                                          nicht ausgeliefert werden und Bestellungen wer-
                                                          den teilweise zurückgenommen. Ein Teil der Luft-
                                                          verkehrsgesellschaften ist aufgrund des weiterhin
schlechten Geschäftsumfelds in große wirtschaft-                Nicht zuletzt bietet jede Krise auch neue Chancen:
11

     liche Not geraten. Da die Pandemie weiter anhält,               Konjunkturellen Schwächephasen folgen der Er-
     ist eine Erholung des Luftverkehrs – und damit                  fahrung nach Erholungsimpulse. Neben einer
     einhergehend der Luftfahrtindustrie – noch nicht                Stärkung der bestehenden Wertschöpfungsstruk-
     in Sicht. Hier durch Qualifizierungsmaßnahmen                   turen können sich daraus auch Potenziale für
     und Forschungsprojekte einen Beitrag zur Siche-                 neue Industriezweige ergeben, etwa für den Luft-
     rung der Arbeitsplätze in Hamburg und zur Stär-                 fahrtstandort Hamburg durch die Forschung an
     kung der Industrie zu leisten, ist ein wichtiger                Treibstoffen, die nicht kohlenstoffbasiert sind.
     Baustein zur Bewältigung der Krise von Seiten des               Neben den industriellen Prozessen könnte von
     Senats.                                                         neuen Impulsen nach der Krise auch die Mobili-
                                                                     tätswende profitieren.

     Abbildung 2. Umsätze der Industrie für die ersten drei Quartale 2020.

     Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein.

       c. Klimaschutz in der EU, im Bund und in                      gute Arbeitsplätze sollen dabei gleichermaßen ge-
          Hamburg                                                    fördert werden.

     Die Industrie steht in den kommenden Jahren auf-                Im Übereinkommen von Paris haben sich im Jahr
     grund ihrer hohen Energiebedarfe vor großen                     2015 197 Staaten darauf geeinigt, die Erderwär-
     Aufgaben. Bereits heute trägt die Hamburger In-                 mung deutlich unter 2°C halten zu wollen und
     dustrie maßgeblich zum Erreichen der Senatsziele                weitere Anstrengungen zu unternehmen, um den
     im Klimaschutz bei. Zugleich muss die Industrie                 Temperaturanstieg auf 1,5°C zu begrenzen. Das
     national und international wettbewerbsfähig blei-               Abkommen von Paris und das anspruchsvolle
     ben, um die erforderlichen Investitionen in ihre                Langfristziel bieten eine wichtige Orientierung
     Technologieentwicklung leisten zu können. Ener-                 auch für die deutsche Industrie. Die Industrie
     giewende, Klimaschutz, Wirtschaftskraft und                     stand 2018 deutschlandweit an zweiter Stelle der
                                                                     CO2-Verusacher mit rund 23 Prozent (Quelle:
BMU 2020). Die Emissionen entstehen zu rund          zwischen 1990 und 2030 von 45 Prozent festge-
12

     zwei Dritteln durch direkte Energiebereitstellung.   legt.
     Ein Drittel sind prozessbedingte Emissionen, die
     insbesondere bei der Herstellung von Grundstof-      Gemäß der Sektorenbetrachtung des Statistikam-
     fen wie Roheisen und Zement sowie in der Grund-      tes Nord verursacht die Industrie in Hamburg 27
     stoffchemie frei werden. Deutsche Industrieun-       Prozent der CO2-Emissionen (2018). Insbeson-
     ternehmen haben ihre CO2-Emissionen zwischen         dere die großen Unternehmen der Grundstoffin-
     1990 und 2019 bereits um rund 34 Prozent redu-       dustrie für Stahl, Kupfer und Aluminium sind be-
     ziert (Deutschland gesamt: 35,7 Prozent), wobei      reits heute vom europäischen Emissionshandel
     ein Großteil der Einsparungen in den 1990er Jah-     erfasst und arbeiten mit im internationalen Ver-
     ren, unter anderem bedingt durch den wirtschaft-     gleich hoher Ressourcen- und Energieeffizienz.
     lichen Umbruch in den neuen Bundesländern, er-       Die Hamburger Industriebetriebe verzeichnen im
     reicht wurde. Laut Klimaschutzprogramm der           Fünf-Jahresvergleich eine überproportional deut-
     Bundesregierung sollen die industriellen Emissio-    liche Abnahme der CO2-Emissionen im Vergleich
     nen bis zum Jahr 2030 um weitere rund 25 Pro-        zu allen anderen Wirtschaftszweigen in Hamburg.
     zent gegenüber dem Jahr 2019 sinken.                 So ist der Anteil der CO2-Emissionen der Industrie
                                                          von 32 Prozent (6.325 Kilotonnen CO2) im Jahr
     Mit ihrem Beschluss vom Dezember 2020 haben          2005 auf 27 Prozent (4.408 Kilotonnen CO2) im
     sich auch die EU-Staats- und Regierungschefs zu-     Jahr 2018 gefallen, während der Anteil an der
     letzt auf eine weitere Verschärfung der europäi-     Bruttowertschöpfung im gleichen Zeitraum von
     schen Klimaziele geeinigt. Um mindestens 55 Pro-     14,16 Prozent (11.269 Mio. Euro) im Jahr 2005
     zent sollen die Treibhausgasemissionen gegen-        auf 15,25 Prozent (15.999 Mio. Euro) im Jahr
     über dem Stand von 1990 bis 2030 verringert          2017 gestiegen ist. Die Wertschöpfung pro aus-
     werden. Im Rahmen des europäischen Green             gestoßener Kilotonne CO2 konnte von ca. 1,78
     Deals will die Kommission im Jahr 2021 Legisla-      Mio. Euro im Jahr 2005 auf 3,49 Mio. Euro im Jahr
     tivvorschläge in die Wege leiten, mit denen die      2017 fast verdoppelt werden. Diese Zahlen zei-
     ehrgeizigeren Ziele umgesetzt und Maßnahmen –        gen, dass die Industrieunternehmen am Standort
     u. a. für mehr Energieeffizienz und Erneuerbare      Hamburg eine deutliche Steigerung der Klimaeffi-
     Energien – in allen Sektoren verwirklicht werden     zienz aufweisen konnten.
     sollen. Erlassen wurde unter anderem ein Aktions-
     plan für die Kreislaufwirtschaft mit besonderem      Im Hamburger Koalitionsvertrag für die 22. Legis-
     Schwerpunkt auf ressourcenintensiven Sektoren.       laturperiode wird der innovativen Industrie durch
     Geplant sind Initiativen für klimaneutrale und       die Entwicklung von Power-to-X- und Speicher-
     kreislauforientierte Produkte in energieintensiven   technologien und mit dem Einstieg in eine grüne
     Industriezweigen und zur Förderung der CO2-          Wasserstoffwirtschaft eine Schlüsselrolle für den
     freien Stahlerzeugung.                               Hamburgischen Klimaschutz zugewiesen. Zu-
                                                          gleich wird darauf abgestellt, dass die Klima-
     Im Dezember 2019 hat der Hamburger Senat mit         schutzpolitik den Industriestandort Hamburg
     einer Fortschreibung seines Klimaplans und einem     stärkt und der Hamburger Industrie Wettbe-
     neuen Klimaschutzgesetz zwei entscheidende           werbsvorteile verschafft sowie neue Märkte er-
     Weichen gestellt, um die Klimaziele Hamburgs zu      öffnet – mit Effekten auch für den Arbeitsmarkt.
     erreichen. In Übereinstimmung mit den Plänen der
     EU und des Bundes soll der CO2-Ausstoß bis zum
     Jahr 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990
     sinken; und bis 2050 soll Hamburg klimaneutral
     werden. Der Klimaplan beschreibt die Verantwor-
     tung und die jeweiligen CO2-Minderungsziele in
     den Transformationspfaden „Mobilitätswende“,
     „Wärmewende inkl. Gebäudeeffizienz“, “Wirt-
     schaft“ sowie „Klimafolgenanpassung“. Für die In-
     dustrie, die im Transformationspfad Wirtschaft
     verortet ist, hat die Stadt ein CO2-Minderungsziel
Abbildung 3. Hamburger CO2-Verursacherbilanz 2003-2018 im Vergleich zu 1990.
13

     Quelle: Statistikamt Nord, Stand Oktober 2020.

     Klimaschutzorientiertes Handeln im Zusammen-              d. Globale Wettbewerbsfähigkeit
     wirken von Senat und Industrie hat in Hamburg
     Tradition. Beispielhaft dafür zu nennen sind die        Der Industriestandort Deutschland und mit ihm
     „Freiwillige Selbstverpflichtung der Indust-            die Betriebe in Hamburg stehen vor enormen
     rie“ (2007 bis 2018) und deren Weiterentwicklung        technologischen und politischen Herausforderun-
     zu den „Energieeffizienz-Netzwerken der Indust-         gen. Globalisierung, Digitalisierung, Innovations-
     rie“ (seit 2015) sowie die „UmweltPartnerschaft         druck, die Zunahme internationaler Vereinbarun-
     Hamburg“ (seit 2003). Das neue „Bündnis für die         gen etwa im Sinne des Klimaschutzes und die Ab-
     Industrie der Zukunft“ verpflichtet alle Beteiligten,   kehr von multilateralen Vereinbarungen seitens
     die Weiterentwicklung nachhaltiger industrieller        anderer Länder stellen die Industriebetriebe vor
     Wertschöpfung mit CO2-armen Produktionsver-             große Herausforderungen. Konnten in der Ver-
     fahren konsequent fortzusetzen.                         gangenheit viele Fragestellungen zur Regelung in-
                                                             dustrieller Produktionsprozesse auf lokaler Ebene
     Bei der fortlaufenden Umsetzung der gesetzten           mitunter noch mitgestaltet werden, so wird dieser
     Klimaschutzmaßnahmen und der Entwicklung                Spielraum gegenwärtig zunehmend enger. Spä-
     weiterer Zielsetzungen steht die Industrie nicht        testens mit den sehr intensiven Verhandlungen zu
     nur in Hamburg vor erheblichen Herausforderun-          den Klimavorgaben und den beihilferechtlichen
     gen. Die „low hanging fruits“ sind weitestgehend        Regelwerken verlagert sich der Gestaltungsraum
     geerntet. Bereits jetzt ist der internationale Wett-    auf Ebenen jenseits der Landespolitik. Die verblei-
     bewerb um niedrige Produktionspreise intensiv           benden Spielräume werden indes intensiv genutzt,
     und die Umsetzung weiterer Maßnahmen ist mit            auch im Zusammenspiel mit anderen Ländern.
     tendenziell weiter steigenden Kosten verbunden.
     Der Senat ist sich dieser Herausforderung be-           Eine wichtige von Seiten des Senats unterstützte
     wusst und wird auch in der Zusammenarbeit mit           Initiative ist die Nationale Industriestrategie 2030
     dem Bund weitere Möglichkeiten prüfen, die In-          der Bundesregierung. Sie wurde in einem mehr-
     dustrieunternehmen bei Ihren Anstrengungen zur          monatigen Dialogprozesses mit der Wirtschaft,
     Gestaltung einer klimaneutralen Produktion wei-         den Gewerkschaften, der Wissenschaft und der
     ter zu unterstützen.                                    Politik erarbeitet. Unter Federführung des Bun-
deswirtschaftsministeriums wurde damit ein um-       kann. Hierdurch wird ihre Bedeutung für einen
14

     fassendes Konzept zur Sicherung von Wohlstand        wettbewerbsfähigen Industriestandort unterstri-
     und Arbeitsplätzen, wirtschaftlicher und techno-     chen. Ein weiteres Themenfeld der Allianz ist der
     logischer Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit und        Schutz vor den Folgen der in den USA verhängten
     Industrieführerschaft vorgelegt. Neben guten         Strafzölle auf Stahlimporte. Ein Erfolg in dieser
     Rahmenbedingungen für die Industrie setzt die In-    Hinsicht war das Wachstum der Stahlimportmen-
     dustriestrategie stark auf neue Technologien als     gen von 5 auf 3 Prozent zu begrenzen. Diese so-
     Treiber des Strukturwandels. Insbesondere die        wie weitere Themen wurden auch vom Bund 2020
     praktische Anwendung sogenannter „Game-              im mit der Stahlallianz entwickelten „Handlungs-
     Changer“-Technologien wie der Künstlichen Intel-     konzept Stahl“ vorgestellt. Die Maßnahmen des
     ligenz und das Schöpfen von Innovationspotenzi-      Handlungskonzepts werden bereits umgesetzt. Es
     alen am Standort Deutschland werden als zent-        besteht große Zuversicht, dass mit Hilfe der ent-
     rale Herausforderungen genannt. Das Bundes-          wickelten Maßnahmen die richtigen Schritte zur
     wirtschaftsministerium geht davon aus, dass ak-      Stärkung des für den Industriestandort Deutsch-
     tuelle Entwicklungen in den Bereichen KI, Bio- und   land wichtigen Industriezweiges unternommen
     Nanotechnologie, Leichtbau und neue Werkstoffe       werden.
     langfristige Wachstumszyklen einleiten, die – ver-
     gleichbar mit der Entwicklung der Dampfma-           Es ist das Anliegen des Senats, den einzigartigen
     schine – für Jahrzehnte die Wirtschaftsentwick-      Mix unterschiedlicher Industriebetriebe in Ham-
     lung prägen und ganze Regionen für lange Zeit        burg zu erhalten und neue Perspektiven aufzu-
     prosperieren lassen werden. Es formuliert deshalb    bauen, wo sich das Potenzial dazu ergibt. Über die
     als Ziel für die deutsche und europäische Wirt-      aufmerksame Begleitung und Mitwirkung in den
     schaft, für neue und insbesondere für „Game-         bestehenden Gremien und Strategiegruppen auf
     Changer“-Technologien nicht nur Leitmarkt, son-      lokaler und nationaler Ebene wird der Erhalt der
     dern auch Leitanbieter zu sein. Derzeit seien in     Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Hamburg
     Deutschland und Europa die Investitionen in diese    unterstützt.
     Technologien noch sehr viel niedriger als etwa in
     den USA oder China. Die Industriestrategie des
     Bundes formuliert deshalb großen Nachholbedarf.
                                                            e. Neue Lösungen durch Wasserstoff
     Weitere wichtige Impulse für die industrielle Fer-
     tigung werden aus der Mitwirkung in der Leicht-      Auf allen politischen Ebenen wird grünem Was-
     baustrategie des Bundes erwartet. Schon heute        serstoff großes Potenzial beigemessen, insbeson-
     ist Leichtbau eines der am schnellsten wachsen-      dere für die Dekarbonisierung der Industrie. Was-
     den Technologiefelder. Ob Flugzeugbau, Fahr-         serstoff kann Sektoren mit Energie versorgen, die
     zeugbau oder andere konstruktive Anwendungen         nicht für die Elektrifizierung geeignet sind, und
     - Leichtbau hat großes Potenzial. Mit der Fraun-     Energie speichern, um variable Energieflüsse aus
     hofer-Einrichtung für Additive Produktionstech-      erneuerbaren Energieträgern auszugleichen. Die
     nologien (IAPT) unterstützt der Senat eine der       Entwicklung grünen Wasserstoffs, der haupt-
     führenden Einrichtungen auf dem Technologiefeld.     sächlich mithilfe von Wind- und Sonnenenergie
                                                          erzeugt wird, ist deshalb ein wichtiger Baustein
     Ein weiteres Beispiel für das Bemühen, die globale   der Energiewende.
     Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten findet sich in
     der Stahlbranche: Im Oktober 2018 gründeten ei-      Die norddeutschen Bundesländer, aber auch die
     nige Länder – das Saarland, Nordrhein-Westfalen,     EU und der Bund, haben Strategien mit ambitio-
     Brandenburg, Niedersachsen, Bremen und Ham-          nierten Zielen für die Entwicklung einer Wasser-
     burg – die „Allianz der Stahlländer“. Inzwischen     stoffwirtschaft formuliert. Wasserstoff soll künf-
     sind elf Länder Teil der Allianz. Ihr gemeinsames    tig eine Schlüsselrolle spielen, sinkende Preise für
     Ziel ist es, die Stahlproduktion in Deutschland zu   Erneuerbare Energien und kontinuierliche Innova-
     erhalten und zu stärken. Die Branche ist ein gutes   tionen ihn zu einer tragfähigen Lösung für eine kli-
     Beispiel dafür, wie Klimaschutz durch Innovation,    maneutrale Wirtschaft machen. In der Wasser-
     beispielsweise durch die Umstellung auf Wasser-      stoffwirtschaft wird zugleich eine vielverspre-
     stoff, mit industrieller Produktion einhergehen      chende Chance für das Erschließen neuer Märkte
gesehen. So sah auch die EU im Rahmen der Ver-         Auch Hamburg setzt auf Wasserstoff. Gemein-
15

     abschiedung ihrer Wasserstoff-Strategie im Juli        sam mit den Ländern Schleswig-Holstein, Nieder-
     2020 in der neuen Wasserstoffwirtschaft einen          sachen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen
     möglichen Wachstumsmotor, der zur Überwin-             hat die Stadt bereits 2019 eine gemeinsame Was-
     dung der durch COVID-19 verursachten wirt-             serstoffstrategie formuliert. Die norddeutschen
     schaftlichen Schäden beitragen kann. Die EU hat        Länder betrachten den Einstieg in eine grüne
     in ihrer Wasserstoffstrategie als langfristiges Ziel   Wasserstoffwirtschaft als wirtschafts- und struk-
     Folgendes ausgegeben: Bis 2050 sollen die Tech-        turpolitische Chance, die Wettbewerbsfähigkeit
     nologien für erneuerbaren Wasserstoff ausgereift       des norddeutschen Industriestandorts innerhalb
     sein und in großem Maßstab in allen Sektoren, in       Deutschlands und international zu stärken. Nord-
     denen die Dekarbonisierung schwierig ist, einge-       deutschland verfügt über günstige Standortbe-
     setzt werden.                                          dingungen, um sich in Deutschland als führende
                                                            Region mit vollständiger Wertschöpfungskette ei-
     Große Chancen bietet der Einsatz nachhaltig pro-       ner grünen Wasserstoffwirtschaft zu etablieren.
     duzierten Wasserstoffs als Grundstoff in der In-
     dustrie, so auch ein wichtiges Ziel im Rahmen der      Norddeutschland ist ein wichtiger Industriestand-
     Nationalen Wasserstoffstrategie. Die Bundesre-         ort, etwa für die chemische Industrie, Raffinerien
     gierung hat mehrere Förderprogramme aufge-             oder die Metallurgie. Die Anwendung von Wasser-
     setzt, die den Einsatz von Wasserstoff in Indust-      stoff in industriellen Prozessen gehört hier zum
     rieprozessen fördern und so Investitionen in CO2-      täglichen Geschäft. Entsprechende Infrastruktu-
     freie Technologien vorantreiben sollen. Auch der       ren (z. B. zur Erzeugung, Speicherung und Vertei-
     Aufbau von Elektrolyseanlagen zur Herstellung          lung von Wasserstoff) sowie umfangreiches Wis-
     von Wasserstoff wird unterstützt. 2020 wurde           sen und Erfahrungen im sicheren Umgang mit der
     zudem ein Prozess gestartet, mit dem die Bundes-       Wasserstofftechnologie sind daher bereits vor-
     regierung gemeinsam mit Stakeholdern für ein-          handen. Die hier ansässige Industrie engagiert
     zelne Industrie-Branchen Dekarbonisierungsstra-        sich seit vielen Jahren sowohl auf der Angebots-
     tegien entwickeln will.                                als auch der Nachfrageseite in der Wasserstoff-
                                                            produktion. Sie bildet damit ein starkes Funda-
     Insbesondere der Einsatz von grünem Wasser-            ment für einen funktionierenden und ausbaufähi-
     stoff in chemischen und industriellen Prozessen,       gen Markt sowie einer umfassenden Wasserstoff-
     in denen Wasserstoff schon heute unabdingbar           wirtschaft.
     ist, etwa als Grundstoff für die Herstellung von
     Ammoniak, birgt Potenzial. Aktuell wird in             Die industrielle Produktion birgt über die Verwen-
     Deutschland jährlich Wasserstoff im Umfang von         dung von Wasserstoff hinaus noch weitere An-
     rd. 55 TWh für stoffliche Anwendungen genutzt,         sätze für einen klimaschonenden Einsatz von
     der zu großen Teilen auf Basis fossiler Energieträ-    Energie und Ressourcen. So bietet die Digitalisie-
     ger erzeugt wird. Darüber kann Wasserstoff als         rung von Produktionsprozessen etwa Chancen für
     Grundstoff in weiteren Produktionsprozessen der        einen sparsamen Umgang mit Rohstoffen, aber
     Industrie Verwendung finden, für die nach derzei-      auch für die Entwicklung innovativer Geschäfts-
     tigem Stand der Technik keine anderen Dekarbo-         modelle, wie das Institut der deutschen Wirt-
     nisierungstechnologien zur Verfügung stehen,           schaft zuletzt im Auftrag des Bundesministeriums
     etwa in der Stahl- und Zementproduktion.               für Wirtschaft und Energie untersucht hat. In ihrer
                                                            Strategie zur Integration des Energiesystems
     Die Bundesregierung geht davon aus, dass die           setzt die EU zudem unter anderem auf ein stärker
     deutsche Industrie – aufgrund der dort bereits         „kreislauforientiertes“ Energiesystem, dessen
     vorhandenen und perspektivisch stark steigenden        zentraler Bestandteil die Energieeffizienz ist. Er-
     Nachfrage – hervorragende Voraussetzungen hat,         hebliches Potenzial wird etwa der Wiederverwen-
     zum Treiber beim Markthochlauf von Wasserstoff         dung von Abwärme aus Industrieanlagen, Rechen-
     sowie zum internationalen Vorreiter für Wasser-        zentren oder anderen Quellen zugeschrieben.
     stofftechnologien zu werden.
2. Initiativen und Schwerpunkte der                  Auf diese Weise wollen sie die Wettbewerbsfähig-
16

        Hamburgischen Industriepolitik                    keit der Hamburger Industrie nachhaltig sichern
                                                          und ausbauen.
       a. Der Rahmen: Masterplan Industrie und
                                                          Um maßgebliche Standortfaktoren für die Indust-
          Industriebündnis
                                                          rie in Hamburg zu erhalten und den Standort zu-
                                                          kunftssicher zu gestalten, haben sich basierend
     Hamburg hat eine starke Tradition als erfolgrei-
                                                          auf einer Idee des Ersten Bürgermeisters IVH und
     cher Industriestandort. Entsprechend großen
                                                          Senat in Ergänzung zu den Anstrengungen des
     Wert legt der Senat auf eine gute Ausgestaltung
                                                          Masterplans Industrie 2019 auf eine engere Zu-
     der Rahmenbedingungen für die Industrie. Seit
                                                          sammenarbeit im Rahmen des „Bündnisses für die
     2007 vereinbaren der Senat, die Handelskammer,
                                                          Industrie der Zukunft“ verständigt. Die technolo-
     der IVH sowie seit 2014 auch der DGB Nord im
                                                          gische Weiterentwicklung und die Herausforde-
     Rahmen des Masterplans Industrie zentrale Hand-
                                                          rungen des Klimawandels standen im Fokus der
     lungsfelder und Ziele zur Sicherung und künftigen
                                                          Bündnisvereinbarung. So haben die Regierungs-
     Entwicklung des Industriestandorts Hamburg. Der
                                                          parteien in ihrem Koalitionsvertrag 2020 festge-
     Masterplan hat sich als Instrument zum intensiven
                                                          halten, dass sie die Hamburger Industrie dabei un-
     Dialog zwischen Wirtschaft, Politik und Verwal-
                                                          terstützen wollen, zur Vorreiterin CO2-armer Pro-
     tung bewährt und wird durch regelmäßige Fort-
                                                          duktion und damit zum internationalen Innovati-
     schreibungen, zuletzt 2017, um neue Entwicklun-
                                                          onsmotor zu werden. Am 18. November 2019 un-
     gen ergänzt. Die Partner halten im Masterplan In-
                                                          terzeichneten Hamburgs Erster Bürgermeister Dr.
     dustrie gemeinsame Ziele und Maßnahmen sowie
                                                          Peter Tschentscher und Matthias Boxberger, Vor-
     Strukturen für einen fortwährenden Dialog zu den
                                                          sitzender des IVH, mit der Abschlusserklärung
     einzelnen Handlungsfeldern und eine Kontrolle
                                                          zum „Bündnis für die Industrie der Zukunft“ ein
     der erfolgreichen Umsetzung fest.
                                                          umfangreiches Maßnahmenpaket, um die Rah-
                                                          menbedingungen für die Industrie in Hamburg zu
     Die Inhalte des Masterplans spiegeln wider, was
                                                          verbessern, die Zusammenarbeit zwischen For-
     die Unternehmen bewegt: Ein Schwerpunktthema
                                                          schung und Industrie zu stärken sowie die tech-
     für die Industriepolitik im Stadtstaat Hamburg
                                                          nologische Entwicklung der Industrie zu einer kli-
     stellen Flächen für die Industrie und die Lösung
                                                          mafreundlichen Produktion zu fördern. Die The-
     von Konflikten mit anderen Nutzungen dar. Mit
                                                          menschwerpunkte der Bündnisvereinbarung un-
     dem Thema Industrieflächen eng verbunden sind
                                                          terstützen den langjährig etablierten Masterplan
     auch Herausforderungen für die öffentliche Ak-
                                                          Industrie (Bürgerschaftsdrucksache 21/19408):
     zeptanz der Voraussetzungen für die Industrie in
     der Stadt. Im Fokus stehen zudem die Themen In-
                                                           Einsetzung eines Industriekoordinators für die
     novationen und Fachkräfte, die wichtige Bau-
                                                            FHH
     steine für die Zukunftsfähigkeit des Industrie-
     standorts darstellen. Weitere Herausforderungen
                                                          Der Staatsrat für Hafen, Innovation und Wirt-
     für die Industrie ergeben sich aus der Umweltver-
                                                          schaft wurde mit Abschluss des Bündnisses zum
     träglichkeit und einer sicheren Energieversorgung.
                                                          Industriekoordinator (IK) und somit zum zentralen
     Ein Handlungsfeld des Masterplans stellt auch die
                                                          Ansprechpartner im Dialog von Industrie und Ver-
     Weiterentwicklung des Verkehrs in der Metropole
                                                          waltung in Hamburg benannt. Ein wichtiger
     dar. Bei der letzten Fortschreibung des Master-
                                                          Schritt für die Unterstützung der Industriebe-
     plans 2017 kamen schließlich mit „Industrie
                                                          triebe in Hamburg
     4.0“ und „3D-Druck“ zwei neue Handlungsfelder
     hinzu: Aufgrund der hohen Relevanz der zuneh-
                                                           Aufgaben und Rolle des Industriekoordinators
     menden Digitalisierung der Wirtschaft haben sich
     die Partner des Masterplans das Ziel gesetzt, den    Mit dem IK erhalten die Hamburger Industriebe-
     Unternehmen und den Beschäftigten möglichst          triebe einen zentralen Ansprechpartner auf Seiten
     gute Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche         des Senats, der unterschiedliche Interessen und
     Umsetzung in diesen Themenfeldern zu bieten.         divergierende Positionen im Sinne einer gesamt-
                                                          städtischen Entwicklung in Einklang bringt. Die
                                                          herausgehobene Position des IK ermöglicht die
schnelle Adressierung von Fragestellungen und        ger mit Industrieunternehmen in der Nachbar-
17

     nach Möglichkeit Auflösung von Konfliktlagen,        schaft besprochen werden. Ziel ist es, im Rahmen
     welche Einfluss auf die industrielle Fertigung am    von Immissionsschutz, Gewässernutzung und Flä-
     Standort nehmen, über unterschiedliche Zustän-       chenfragen schneller als bisher zu einvernehmli-
     digkeiten hinweg.                                    chen und verträglichen Lösungen zu gelangen. Die
                                                          Stadt Hamburg wird in der Verwaltung schritt-
      Aufgabenpaket Akzeptanz der Rahmenbedin-           weise digitale „Track and Trace“-Verfahren ein-
       gungen für die Industrie                           richten, sodass die Unternehmen jederzeit über
                                                          den Stand von Anträgen und Verfahren informiert
     In der Bevölkerung ist eine hinreichende Akzep-      sind. Dies erhöht die Transparenz und Planungs-
     tanz für die Voraussetzungen der Industrie in der    sicherheit in längerfristigen Prozessen.
     der Stadt notwendig. Die Partner des Bündnisses
     sind davon überzeugt, dass sich Akzeptanz für In-     Aufgabenpaket Stärkung der Zusammenarbeit
     dustrie mit verlässlichen Informationen im Dialog      von Industrie und Forschung
     mit der Bevölkerung weiter aufbauen und stärken
     lässt. Daher haben sich der Senat und der IVH da-    Ein weiterer wichtiger Hebel für die Stärkung des
     rauf verständigt, übergeordnete und lokale Dia-      Industriestandorts Hamburg ist die engere Zu-
     logveranstaltungen zum Themenkomplex Indust-         sammenarbeit zwischen Wissenschaft, Forschung
     rie durchzuführen und diese durch begleitende        und den Hamburger Industrieunternehmen. In den
     kommunikative Arbeit zu ergänzen. Die Beiträge       durch Fördersysteme gestützten Transfer- und
     der Industrie zu Wirtschaftskraft und Wohlstand      Kooperationsstrukturen können Industrieunter-
     sowie zum Klimaschutz sind unverzichtbar für die     nehmen durch zielgerichtete Forschung und Ent-
     Zukunft Hamburgs. Senat und IVH werden in einer      wicklung den Einsatz zukunftsfähiger Technolo-
     gemeinsamen Kommunikationsstrategie diese            gien in einer ressourcen- und energiebewussten
     Beiträge sichtbarer machen.                          Produktion weiter vorantreiben. Nachweise hier-
                                                          über können Wettbewerbsvorteile schaffen.
      Aufgabenpaket Flächen für die Industrie            Zentraler Baustein für eine klimafreundlichere In-
                                                          dustrie ist der Umstieg auf Erneuerbare Energien.
     Für ihre Arbeit benötigen Industrieunternehmen       Hierzu soll die Zusammenarbeit der Wissenschaft
     geeignete Flächen und eine leistungsfähige Infra-    mit den Unternehmen vertieft werden, um die Ein-
     struktur. Die Bereitstellung neuer und die Siche-    führung innovativer Technologien zu beschleuni-
     rung bestehender, für die industrielle Nutzung ge-   gen. Der Senat plant dazu den Aufbau eines De-
     eigneter Flächen ist eine wesentliche Grundlage      monstrationszentrums für Sektorenkopplung,
     für den erfolgreichen Industriestandort Hamburg.     das insbesondere die Umwandlung von Wind-
     Verdichtung und heranrückende schutzbedürftige       strom in Wasserstoff für verschiedene Industrie-
     Nutzungen im Umfeld von Industrie- und Gewer-        zweige erprobt.
     bestandorten fordern von der Stadtplanung und
     der Industrie Lösungen, die das Neben- und Mit-      Für die aktuelle Legislaturperiode haben sich die
     einander verträglich zu gestalten vermögen.          Koalitionspartner in Hamburg vorgenommen, ge-
                                                          meinsam mit allen Stakeholdern den Masterplan
      Aufgabenpaket Abbau von Investitionshemm-          Industrie neu zu beleben, die darin beschlossenen
       nissen                                             Handlungsfelder konsequent umzusetzen und mit
                                                          dem Bündnis für die Industrie der Zukunft zusam-
     Der Senat und der IVH legen großen Wert darauf,      menzuführen, um den Herausforderungen, die mit
     bestehende Investitionshemmnisse für die Indust-     dem Transformationsprozess der Industrie ein-
     rie abzubauen und wo möglich neue gar nicht erst     hergehen, auch künftig angemessen zu begegnen.
     entstehen zu lassen. Ein gegenseitiger, vertrau-
     ensvoller und frühzeitiger Austausch zu anste-
     henden Gesetzesnovellierungen im Bereich In-
     dustrie trägt zur Erreichung dieser Zielsetzung
     bei. In Ergänzung zum „Masterplan Industrie“ des
     Senats sollen städtebauliche Vorhaben frühzeiti-
b.   Standorte für Industrie und Gewerbe              eines mit der Stadtbevölkerung wachsenden
18

                                                            Wohnraums mit sich.
     Die Stadt Hamburg ist auch dank ihrer bedeuten-
     den Hafen- und Handelstradition ein starker Wirt-      Neben dem Hafengebiet – dem größten zusam-
     schafts- aber insbesondere ein großer Industrie-       menhängenden Industriegebiet Deutschlands –
     standort. Der Hafen hat als logistische Dreh-          verfügt Hamburg über rund 3.100 Hektar Gewer-
     scheibe für Rohstofftransporte in und aus der          beflächen an großen und mittelgroßen Standorten
     Stadt die Ansiedlung von Industriebetrieben stark      sowie in Streulagen. Die Stadt stellt sich stetig
     begünstigt. So konnte historisch ein gutes Mitei-      der Herausforderung, das Angebot an Gewerbe-
     nander zwischen großstädtischen Nutzungen und          flächen einer qualifizierten Nachfrage anzupassen
     Industrieproduktion inmitten der Stadt wachsen.        und damit die Verfügbarkeit von Grundstücken
     Dieses ist ebenso ungewöhnlich wie charakteris-        für Ansiedlungs-, Umsiedlungs- und Erweite-
     tisch für die Hafenstadt. Zugleich bringen das be-     rungsvorhaben von Unternehmen aufrecht zu er-
     grenzte Flächenpotenzial des Stadtstaates und          halten. In diesem Sinne setzt sich auch der IK da-
     das Bevölkerungswachstum Herausforderungen             für ein, dass Industriestandorte in aktuell laufen-
     für die Entwicklung vorhandener und neuer In-          den Stadtentwicklungsprozessen geschützt, ggf.
     dustrieflächen sowie an manchen Stellen Nut-           modernisiert und ergänzt sowie neue Standorte
     zungskonflikte etwa aufgrund des Erfordernisses        ausgewiesen werden.

     Abbildung 4. Hamburgs Gewerbestandorte im Überblick.

     Quelle: BSW.
Tabelle 1. Die zehn größten Industriegebiete in Hamburg.
19

      Nr. Bezeichnung                      Bezirk        Größe ca. in            Branchenschwerpunkte
                                                         ha*
      1     Hafen (Landflächen)            Mitte, Har-   4226                    Logistik, Grundstoffindustrie, Hafen-
                                           burg                                  bezogene Betriebe
      2     Billbrook                      Mitte         624                     Breite Branchenstruktur, u. a. Fahr-
                                                                                 zeugbau, Abfallwirtschaft, Verkehrs-
                                                                                 betriebe, Logistik
      3      Allermöhe                         Bergedorf        170              Logistik
      4      Billwerder Ausschlag              Mitte            151              Logistik, Chemieindustrie, Großhan-
                                                                                 del
      5      Hamm                              Mitte            140              Branchenmix, u. a. Ernährungswirt-
                                                                                 schaft
      6      Stellingen-West                   Eimsbüttel       113              Branchenmix, u. a. Maschinenbau
      7      Hausbruch                         Harburg          96               Luftfahrt, Logistik, Ernährungswirt-
                                                                                 schaft
      8      Schnackenburgallee                Altona           90               u. a. Entsorgungswirtschaft, Fahr-
                                                                                 zeugtechnik
      9      Friedrich-Ebert-Damm              Wandsbek         71               Fahrzeugbau und –vertrieb
      10     Georg-Wilhelm-Straße              Mitte            69               Maschinen- und Fahrzeugbau, Logis-
                                                                                 tik
     Quelle: BWI.
     *Schätzgrößen nach den im Gewerbeflächenportal der FHH ausgewiesenen Industriestandorten. Diese umfassen ggf.
     mehrere Bebauungspläne, einschließlich als GE ausgewiesene Flächenanteile. Darüber hinaus sind zahlreiche bedeu-
     tende Industriebetriebe in Hamburg außerhalb der o.g. Industriegebiete gewachsen, die z.T. Kern kleinerer, industriel-
     ler Agglomerationen sind. Neben der Baugebietskategorie GI (I Baustufenplan) umfassen die Industriestandorte teil-
     weise auch GE-Flächen.

     Tabelle 2. Die zehn bedeutendsten industriellen Einzelstandorte in Hamburg.
     (außerhalb von Industriegebieten)**
      Nr. Bezeichnung                     Bezirk          Größe ca.      Branche                    Arbeitsplatzzahlen
                                                          in ha*                                    am Standort
                                                                                                    (ca. Angaben***)
      1      Airbus SE                         Mitte,           330              Luftfahrt          15.000
                                               Harburg
      2      Lufthansa Technik AG              Nord             >50              Luftfahrt          8.500
      3      Daimler AG                        Harburg          >34              Maschinenbau       2.500
      4      Beiersdorf AG                     Eimsbüttel       >17              Konsumgüter        600
      5      Körber AG/Hauni GmbH              Bergedorf        >10              Maschinenbau       2.000
      6      ContiTech AG                      Harburg          >6               Automobil-         1.600
                                                                                 industrie
      7      Nestlé S.A.                       Wandsbek         >5               Lebensmittel       850
      8      Nexperia Germany GmbH             Eimsbüttel       >4               Elektrotechnik     1800
      9      Ohly GmbH                         Wandsbek         >4               Lebensmittel       160
      10     Ingredion Germany GmbH            Mitte            >2               Lebensmittel       300
     Quelle: BWI
     **Einzelne bedeutende Industriestandorte sind teilweise den größeren Industriegebieten aus Tabelle 1) zugehörig. Um
     eine doppelte Ausweisung zu vermeiden, sind diese Standorte nicht in der Tabelle enthalten. Beispielhaft in diesem
     Zusammenhang ist die Aurubis AG im Hafengebiet zu nennen. ***Arbeitsplatzzahlen unterliegen einer ständigen Fluk-
     tuation. Schätzungenbeziehen sich auf den Stand 2019.
Innovative Nutzungsformen und Sicherung der                 sehr unterschiedliche Arten von Flächenentwick-
20

     Qualität bestehender Flächen als Leitlinien                 lungen, etwa

     Die Stadt hat sich zur Leitlinie gemacht, beste-               grundsätzlich baureife, aber derzeit mit an-
     hende Gewerbe- und Industriestandorte vor einer                 deren Nutzungen wie beispielsweise Flücht-
     planungsrechtlichen Umwidmung zu schützen und                   lingsunterbringungen belegten Flächen,
     Immissionskonflikte in sensiblen Nachbarschaften
     möglichst vorzubeugen. Ein wichtiger Baustein                  Innovationsparkflächen in Bergedorf und
     bei der Sicherung qualitativ hochwertiger Indust-               Harburg,
     rie- und Gewerbeflächen in der Stadt ist auch die
     Modernisierung von Bestandsgebieten, etwa in                   im Flächennutzungsplan für gewerbliche
     infrastruktureller Hinsicht. Auch innovative For-               Nutzungen vorgesehene Flächen, bei denen
     men der verdichteten, gestapelten Nutzung wer-                  noch keine Aktivierung begonnen wurde und
     den insbesondere in urbanen Lagen wie beispiels-                eine entsprechende planrechtliche Auswei-
     weise am Neuen Huckepackbahnhof und am Gras-                    sung noch nicht vorliegt (z. B. Kleingärten).
     brook implementiert. Schließlich gehört die Quali-
     fizierung neuer Standorte für Forschung und In-             Die perspektivisch für industrielle Nutzungen ge-
     novation wie in Bergdorf, im Gebiet Südlich                 eigneten Flächen fallen überwiegend in diese
     Brookdeich, der Science City in Bahrenfeld oder             dritte Kategorie und sind zum jetzigen Zeitpunkt
     Am Radeland in Harburg zur vorausschauenden                 noch mit diversen Einschränkungen und Vorbe-
     Flächenentwicklung.                                         halten belegt. Eine zentrale Aufgabe des IK ist es
                                                                 daher, mit daraufhin zu wirken, dass sich eben
     Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, die                diese Flächenpotenziale für die Industrie realisie-
     Zielsetzungen, Maßnahmen und Indikatoren des                ren lassen
     Masterplans Industrie für die Flächenbereitstel-
     lung einzuhalten. Insbesondere die Maßzahl, au-             Investitionsagentur Hamburg Invest
     ßerhalb des Hafengebietes rund 100 Hektar an
     kurzfristig verfügbaren städtischen Grundstü-               Der Hamburger Senat hat in den vergangenen
     cken für An- und Umsiedlungen von Unternehmen               Jahren die Wirtschaftsförderung ausgebaut und
     vorzuhalten, wird regelmäßig erfüllt.                       ihr insbesondere die Entwicklung und Vermark-
                                                                 tung städtischer Gewerbe- und Industrieflächen
     Im Jahr 2020 waren von diesen knapp 100 Hektar              übertragen. Die Hamburg Invest (HI) tritt somit als
     an kurzfristig verfügbaren städtischen Gewerbe-             One-Stop-Agency und Investitionsagentur er-
     flächen mit 46 Hektar knapp die Hälfte explizit für         folgreich am Markt auf. Schon jetzt zeigt sich,
     Industrie ausgewiesen.1 Dieses gute Angebot an              dass diese Umstellung die Flächensuche für Be-
     kurzfristig verfügbaren Flächen für die Industrie           triebe in Hamburg enorm vereinfacht hat und die-
     beinhaltet solche, über die bereits mit Kunden ge-          sen unbürokratisch und zügig Planungs- und In-
     sprochen, die reserviert, disponiert oder anhand            vestitonssicherheit zugesichert werden kann, was
     gegeben sind oder sich wie die Fläche Neuland 23            für zusätzliche Effizienz im Verfahren und Wirt-
     im Interessenbekundungsverfahren befinden.                  schaftswachstum am Standort Hamburg sorgt.

     Ein Ausblick auf die kommenden Jahre zeigt je-              2020 hat Hamburg Invest den Unternehmen ins-
     doch, dass das Angebot städtischer Gewerbeflä-              gesamt 16,4 Hektar Gewerbefläche vermittelt.
     chen zunehmend knapper wird. Dies gilt insbeson-            Davon waren 8,2 Hektar private und 8,2 Hektar
     dere für Flächen von mehr als 1,5 Hektar. Der               städtische Flächen. 6,7 Hektar der städtischen
     größte Teil des städtischen Gewerbeflächenpo-               Flächen waren Grundstücke der HIE. Von den öf-
     tenzials von 145 Hektar hat einen langfristigen             fentlichen Flächen hatten 2,2 Hektar eine Indust-
     Entwicklungshorizont und wird erst nach 2024                riegebietsausweisung, die anderen Grundstücke
     vermarktbar sein (Stand 1.1.2020). Dies betrifft            waren gewerbliche Bauflächen.

     1Gemäß der Potenzialflächenauskunft der Landesplanung der
     BSW (PAUL) mit Stand vom 01.01.2020.
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