Baudirektion ZUP 96Zürcher Umweltpraxis - Zürcher Umweltpraxis April 2020 - Photovoltaik - wo sie steht - Kanton Zürich
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Kanton Zürich Baudirektion ZUP 96 Zürcher Umweltpraxis Monat April 2020 2016 Energie / Bauen Photovoltaik – wo sie steht Seite 9 Bauen Nachhaltigkeit prägt Baukultur Seite 15 Lärm / Bauen Gut geplante Tiefgaragen minimieren den Lärm Seite 5
Editorial So bauen, dass uns wohl ist – jetzt und in Zukunft 3 Lärm / Bauen Gut geplante Tiefgaragen minimieren den Lärm 5 Luft / Bauen Beim Bauen Gesundheitsrisiko Radon minimieren 7 Zürcher Umweltpraxis (ZUP) Informations-Bulletin der Umweltschutz- Energie / Bauen Fachverwaltung des Kantons Zürich 26. Jahrgang Photovoltaik – wo sie steht 9 Inhalt Bauen Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den am Anfang jedes Beitrags genannten INTERVIEW mit Kantonsbaumeister Personen bzw. bei der Verwaltungsstelle. Thomas Jung: Das HBA vereint Redaktion, Koordination und Produktion Nachhaltigkeit und Baukultur 11 Leitung der Gesamtproduktion: Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Zürich (KofU), Baudirektion Bauen Postfach, 8090 Zürich Erdbebenrisiko und -vorsorge Telefon 043 259 24 17, kofu@bd.zh.ch Redaktorin: im Kanton Zürich 15 Isabel Flynn, isabel.flynn@bd.zh.ch Raumplanung Redaktionsteam Daniel Aebli (Tiefbauamt/Lärm) Mehrwertausgleich – ein Instrument Daniela Brunner (AWEL Amt für Abfall, der Raumplanung 17 Wasser, Energie und Luft/Betriebe) Isabel Flynn (Redaktorin, KofU) Franziska Heinrich (ALN/Amt für Landschaft Gesundheit und Natur) Intakte Umwelt kommt Gesundheit Thomas Hofer (Statistisches Amt) Sarina Laustela (Stadt Uster) zugute 19 Thomas Maag (BD/Kommunikation) Alex Nietlisbach (AWEL Amt für Abfall, Naturschutz Wasser, Energie und Luft/Energie) Nicole Schwendener-Perret (KofU) Der Natur per App auf der Spur Fabio Wintsch (Gemeindeberatung, Springer) in Andelfingen 21 Erscheinungsweise Drei- bis viermal jährlich. Gedruckt bei der Umweltdaten Zürcher Druckerei ROPRESS. Jeder Artikel Univox: Klimaveränderung kann dank spezieller Leimung einfach aus dem Heft gelöst und abgelegt oder weiter- sensibilisiert für Umweltschutz 23 gegeben werden. Impressum 2 Abonnements Die ZUP ist kostenfrei erhältlich (gedruckt Vollzugshinweise oder / und elektronisch) unter: www.umwelt- Kolumne: Der Baudirektor meint … schutz.zh.ch l Zürcher Umweltpraxis; kofu@bd.zh.ch. Dort oder per Mail sind ... zum Gemeingut Wasser 4 auch Adress- und Abonnementsänderungen Publikationen, Vermischtes, Veranstaltungen 25 möglich. Nachdruck Sämtliche erschienenen ZUP-Beiträge finden Sie Die in der Zürcher Umweltpraxis (ZUP) über die Artikelsuche auf www.umweltschutz.zh.ch/zup erscheinenden Beiträge sind unter Quellen- Hier können Sie auch direkt auf Themenhefte zugreifen. angabe zur weiteren Veröffentlichung frei. Bei Kontaktnahme (Tel. 043 259 24 18) stehen auch die verwendeten Grafiken zur Verfügung. Belege sind erbeten an die Koordinations- stelle für Umweltschutz des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich. Quelle Titelbild Im Bereich Photovoltaik hat sich in den letzten Jahren viel getan. Quelle: Solarimo, Pixabay Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Refutura mit dem blauen Engel, klimaneutral und mit erneuerbarer Energie www.umweltschutz.zh.ch/zup
Editorial 3 ZUP Nr. 96 April 2020 So bauen, dass uns wohl ist – jetzt und in Zukunft Die gebaute Umwelt beeinflusst uns Menschen mehr, als uns oft bewusst ist. So empfinden wir lärmige Orte meist als unangenehm. Bei der Planung einer Tief- garageneinfahrt versucht man darum beispielsweise, Wohnräume, und ganz besonders Schlafzimmer, vor Lärm zu schützen (Seite 5). An anderen Orten dagegen fühlen wir uns automatisch wohl, vielleicht weil das Gesamtbild stimmt, ein Ort belebt ist oder er im Sommer nicht überhitzt. Mit guter Baukultur will das Hochbauamt gezielt Einfluss darauf nehmen, dass neue Bauten einen Ort besser machen – und das nicht nur heute, sondern auch in Zukunft –, sagt Kantonsbaumeister Thomas Jung im Interview (Seite 11). Dazu soll auch der kantonale Standard «Nachhaltig Bauen» beitragen, zum Bei- spiel indem, wo möglich, alternative Energieversorgung zum Zug kommt. Gerade im Bereich der Photovoltaik hat sich in den letzten Jahren einiges getan (Seite 9). Isabel Flynn Redaktorin «Zürcher Umweltpraxis» Baustandards wie SIA-Normen sorgen für gute Bauten. Erdbebenvorsorge ist Koordinationsstelle für Umweltschutz Generalsekretariat Baudirektion dabei wichtig. Bebt es im dicht besiedelten Kanton Zürich, ist das Schadens- Telefon 043 259 24 18 potenzial hier besonders hoch (Seite 15). Isabel.flynn@bd.zh.ch www.umweltschutz.zh.ch Neue Zahlen des Bundesamts für Umwelt zeigen, dass wir unserer Gesundheit zuliebe beim Bauen und Umbauen den Schutz gegen Radon beachten müs- sen. Baubehörden sind in der Pflicht, Bauherrschaften darauf hinzuweisen (Sei- te 7). Überhaupt sind unsere Umwelt und unsere Gesundheit eng miteinan- der verknüpft (Seite 19). Die Klimadiskussion hat uns unsere Verletzlichkeit be- wusster gemacht, das geht auch aus der neusten UNIVOX-Studie zu Umwelt- einstellungen und -verhalten hervor (Seite 23). Jetzt müssen wir auch ent- sprechend handeln. Die nachhaltige Gestaltung von Gebäuden und Siedlungen betrifft uns alle. Was heute gebaut wird, wird noch viele Jahren stehen und unser Leben beeinflussen. Eine gute und nachhaltige Baukultur lohnt sich, unserer Gesundheit und unserer Umwelt zuliebe. Herzlich Isabel Flynn Redaktorin Zürcher Umweltpraxis www.umweltschutz.zh.ch/zup
Recht und Vollzug 4 ZUP Nr. 96 April 2020 «eBaugesucheZH» in ersten vom Bund zusätzlich eingeschossenen Der Baudirektor Gemeinden online Mittel aus der CO2-Abgabe sich nicht meint ... Seit Anfang Februar 2020 können Bau- nur nach der Einwohnerzahl der Kan- ... zum Gemeingut Wasser gesuche im Kanton Zürich elektronisch tone, sondern auch nach der Höhe des eingereicht werden. Der Zugriff auf die kantonalen Beitrags richten. Plattform «eBaugesucheZH» erfolgt www.zh.ch über den Link www.portal.ebaugesu- che.zh.ch. Neuauflage des Wassergesetzes Welche Gemeinden «eBaugesucheZH» durch Regierungsrat bereits anbieten, ist auf der Plattform Knapp ein Jahr nachdem das Wasser- und auf der Projektseite www.zh.ch/ gesetz an der Urne gescheitert ist, legt ebaugesuche ersichtlich. Gemeinden, der Regierungsrat einen überarbeiteten die eine Anbindung an die Plattform Gesetzesentwurf vor. Der neue Entwurf anstreben, können sich an den Projekt- schärft den ursprünglichen Vorschlag leiter Samuel Zuber (Telefon 043 259 39 07, des Regierungsrats und trägt den im samuel.zuber@bd.zh.ch) wenden. Ge- Abstimmungskampf geäusserten Be- meinden mit Bausoftware bestellen zu- denken Rechnung. sätzlich die Erweiterung ihrer Bausoft- www.zh.ch ware beim jeweiligen Anbieter. Regierungsrat Martin Neukom, Vorgesehen ist, bis zum Projektab- Chlorothalonil seit Dezember Baudirektor schluss im Sommer 2020 rund 30 verboten Als das Zürcher Stimmvolk am 10. Feb- Gemeinden an «eBaugesucheZH» an- Das Bundesamt für Landwirtschaft ruar 2019 dem Referendum gegen das zubinden und anschliessend eine aktu- (BLW) hat im Dezember 2019 ent- neue Wassergesetz zustimmte, sprach alisierte Version der Plattform im gan- schieden, die Zulassung für das Inver- es sich unter anderem gegen die Mög- zen Kanton einzuführen. kehrbringen von Produkten, die das lichkeit einer Teilprivatisierung der öf- www.ebaugesuche.zh.ch Fungizid Chlorothalonil enthalten, mit fentlichen Wasserversorgung aus. Der sofortiger Wirkung zu entziehen. Im Regierungsrat hat dem Kantonsrat nun Aktualisierte Karte Rahmen des Programms zur Überprü- eine überarbeitete Fassung vorgelegt, der Fruchtfolgeflächen fung von alten Pflanzenschutzmitteln in welcher festgeschrieben ist, dass Seit Januar 2020 zeigt die Karte «Frucht- wurden bis heute nahezu 100 Wirkstof- die Wasserversorgung vollständig in folgeflächen (FFF)» im GIS-Browser den fe einer solchen Überprüfung unterzo- öffentlicher Hand bleiben soll. nachgeführten Stand von 2019. Die FFF gen. Offensichtlich wurde mit der Frage, wer des Kantons Zürich sind im kantonalen www.blw.admin.ch über unsere natürlichen Ressourcen Richtplan mit ihren Zielen und Massnah- verfügen darf, ein empfindlicher Nerv men (Kompensationspflicht) festgelegt. Strenge Grenzwerte stärken getroffen. Das Abstimmungsresultat Die Nachführung erfolgt jährlich durch Gewässerschutz lässt darauf schliessen, dass die Mehr- die Fachstelle Bodenschutz zusammen Das Eidgenössische Departement für heit der Bevölkerung im Trinkwasser mit der Karte der landwirtschaftlichen Umwelt, Verkehr, Energie und Kom- ein Gemeingut sieht, vergleichbar mit Nutzungseignung und der Karte der munikation (UVEK) hat die Gewässer- der Luft, die uns allen unbegrenzt zur anthropogenen Böden. schutzverordnung angepasst. Wie bis- Verfügung steht und nicht kommerziali- www.gis.zh.ch, alexander.lehmann@bd.zh.ch her dürfen Pestizide in allen Bächen, siert werden soll und kann. Flüssen und Seen, aus denen Trink- Nun wird die Frage, ob Wasser tat- Regierungsrat will klimaneutrale wasser gewonnen wird, den Grenzwert sächlich ein solches Gemeingut ist, Wärmeversorgung von Gebäuden von 0.1 Mikrogramm pro Liter nicht juristisch sehr kontrovers diskutiert, fördern überschreiten. Für 12 Pestizide, die wobei die Meinung vorherrscht, dass Der Regierungsrat hat dem Kantonsrat für Wasserlebewesen besonders pro- die Lösung dieser Frage gar nicht ju- einen neuen Rahmenkredit zur Förde- blematisch sind, führt die Verordnung ristisch entschieden werden kann, son- rung von Energieeffizienz-Massnah- zusätzlich strengere Grenzwerte ein. dern politisch. Es verhält sich somit men und klimaneutraler Wärmeversor- Erstmals werden auch für drei Arznei- ähnlich wie beim Erdöl, das in Texas gung von Gebäuden beantragt: gut 33 mittel Grenzwerte festgelegt. Die revi- privat und in Kuwait staatlich ist, wo- Millionen für die vier Jahre von 2020 dierte Gewässerschutzverordnung tritt bei auch dies mit Bestimmtheit nicht bis 2023 (Regierungsratsbeschluss Nr. am 1. April 2020 in Kraft. juristisch begründet wird, sondern aus- 1148/2019). www.admin.ch schliesslich politisch. So können stärkere Anreize zur bes- Im Nein zum Zürcher Wassergesetz seren Wärmedämmung von Häusern Änderungen VVEA äussert sich eine ganz fundamentale und für den Ersatz fossiler durch Der Bundesrat hat im Februar 2020 die Haltung zum Verhältnis von öffentlicher CO2-neutraler Heizungen geschaffen Änderungen an der Abfallverordnung und privater Zuständigkeit für lebens- sowie die bisherige finanzielle Unter- VVEA zum Siedlungsabfall aus öffent- notwendige Ressourcen, die theore- stützung von Pilotprojekten, kommu- lichen Verwaltungen präzisiert. Die Än- tisch zu einem neuen Grundrecht füh- nalen Energieplanungen sowie Infor- derung tritt am 1. April 2020 in Kraft. ren könnte, dem Recht auf Zugang zu mations- und Beratungsmassnahmen www.admin.ch Wasser. Das ist nicht ohne Brisanz in fortgeführt werden. einem weltpolitischen Umfeld, in dem Der neue Rahmenkredit erzeugt eine das Wasser aufgrund der Klimaver- eindrückliche Hebelwirkung, weil die änderung immer mehr zur Schlüssel- ressource wird. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Lärm 5 ZUP Nr. 96 April 2020 Gut geplante Tiefgaragen minimieren den Lärm Mit der notwendigen Ver- dichtung im Siedlungsraum sind unterirdische Parkplät- ze eine vernünftige Lösung, Gutes Beispiel zur Lärmreduktion: Einfahrt nah an der Strasse, nutzbaren Platz zu schaf- von Wohnräumen abgewandt und eingehaust. Quelle: FALS fen. Die Zufahrten aller- dings sind Lärmquellen und müssen überlegt platziert werden. Kanton Zürich Lärm ist auf Plänen nicht sichtbar und Möglichkeit, die Anzahl Abstellplätze Baudirektion kann daher leicht vergessen gehen – bis in der Bau- und Zonenordnung oder in Stefan Stauber der geplagte Bewohner mit Schlafzim- der kommunalen Parkplatzverordnung Fachstelle Lärmschutz Tiefbauamt mer direkt über einer Tiefgaragenein- zu begrenzen, zum Beispiel abhängig Baudirektion Kanton Zürich fahrt den Lärm Nacht für Nacht hautnah von der Erschliessung mit dem öffent- Telefon 043 259 55 28 erlebt. Gerade laute Einzelereignisse in lichen Verkehr. Zudem kann im Rahmen stefan.stauber@bd.zh.ch www.laerm.zh.ch einer ruhigen Umgebung können den von Gestaltungplänen die Anzahl Park- Schlaf empfindlich stören. plätze an geeigneten Standorten weiter Werkzeuge für die Lärmberechnung: reduziert werden. So können autoarme www.bauen-im-laerm.ch | Neuanlagen / Die Anzahl Parkplätze überprüfen und autofreie Wohnkonzepte ermög- Parkierung Informationen für eine Grobabschätzung Am wirkungsvollsten ist es, Lärm gänz- licht und gefördert werden. und Berechnungswerkzeuge für Park- lich zu vermeiden. Im Fall der Tiefgara- flächen und Tiefgaragen gen heisst das, weniger Parkplätze zu Auf die Platzierung erstellen, denn jeder Parkplatz verur- der Einfahrten kommt es an sacht Fahrten und somit Lärmemissio- Die Tiefgarageneinfahrt sollte möglichst nen. geschickt platziert werden, nach dem Das Planung- und Baugesetz Art. 242 Motto: «Lärm gehört zu Lärm.» Im Ge- Abs. 2 PBG gibt den Gemeinden die staltungsplanverfahren oder Architek- Heikel: Ein- und Ausfahrt direkt vor dem Wohnzimmerfenster mit Sicht auf die schallharten Rampenwände. Quelle: FALS www.zh.ch/umweltpraxis
Lärm 6 ZUP Nr. 96 April 2020 turwettbewerb können die Weichen bei Beispiel Lärmreduktion im Beispiel Lärmreduktion in der grösseren Anlagen bereits früh richtig- Gestaltungsplan Baubewilligung gestellt werden. Die Lage der Tiefgaragenerschliessung A sollte so gelegt werden, dass die Autos möglichst schnell im Boden verschwin- den. Wo möglich sollte eine Mindest- A B distanz zu den nächsten lärmempfind- Quartierstrasse lichen Nutzungen wie Schlafzimmern eingehalten werden. Noch besser ist, wenn die Autos an weniger lärmemp- C findlichen Nutzungen wie Gewerbe oder Treppenhäusern vorbeifahren. B Rückwärtige Erschliessen Hauptstrasse Hauptstrasse Nach Art. 240 Abs. 3 PBG hat die Ver- kehrserschliessung im Bereich wichtiger Einfahrt Tiefgarage, Varianten A B C Einfahrt Tiefgarage, Varianten A B öffentlicher Strassen nach Möglichkeit Verkehrsführung Erschliessung Verkehrsführung Erschliessung rückwärtig oder durch Zusammenfas- Variante A bringt mit unnötig langer Varianten A und B sind identisch sen von mehreren Ausfahrten zu erfol- Erschliessung durch den Innenhof viel in der Distanz und Lage zu den gen. Aus Sicht des Lärmschutzes ist die Lärm ins Areal, Variante B bringt eine Wohngebäuden. Mit der Variante B deutliche Verbesserung gegenüber A, wird dafür die verkehrsberuhigte zweite Möglichkeit klar zu bevorzugen. Variante C ist lärmtechnisch am bes- Quartierstrasse entlastet. So wird die wertvolle lärmabgewand- ten, der Innenhof wird aufgewertet. Quelle: FALS Quelle: FALS te Seite vor unerwünschtem Schall ge- schützt. Zudem kann so auf einer Seite des Gebäudes eine vollkommen ver- kehrsfreie Fläche entstehen, wo sich kleine Kinder ohne Gefahr aufhalten Sinnvolle und weniger sinnvolle Gedanken zu Klima können. Massnahmen und Parkierungsanlagen Häufig wird als Argument für die rück- Als wenig sinnvoll zu bewerten ist der Werden die Autos unter der Erde «ver- wärtige Erschliessung vorgebracht, dass Versuch, die geltenden Grenzwerte sorgt», schafft das oben Platz. Damit sich der Verkehrsfluss auf der Hauptver- einzuhalten, indem die Tiefgarage mit schattenspendende Bäume wachsen kehrsachse leicht verlangsamen kann, mehreren Einfahrten erschlossen wird, können, braucht es genügend dickes wenn Erschliessungen direkt einmün- welche alle für sich alleine die Grenz- Erdreich. Kann die Tiefgarage nicht un- den. Der dadurch entstehende Zeit- werte knapp einhalten. Dadurch wird ter das Gebäude gelegt werden, so ist verlust ist jedoch vernachlässigbar. Die der Lärm nur auf unnötig grosse Gebie- wo immer möglich Platz für Baum- leicht tiefere Fahrgeschwindigkeit hat te verteilt. Eine gute Lösung ist dage- pflanzungen vorzusehen. hingegen positive Auswirkungen auf die gen, wenn Tiefgaragen verschiedener Die oberirdischen Parkplätze müssen Strassenlärmbelastung sowie auf die Baufelder zusammengehängt werden nicht mit Asphalt versiegelt werden. Sicherheit. Beides kommt der in vielen und nur über eine Einfahrt erschlossen Teilbewachsene Systeme wie bei- Richtplanungen geforderten besseren werden. spielsweise Rasengittersteine entlas- Siedlungsverträglichkeit der Ortsdurch- Neben einer sinnvollen Planung bei der ten die Schmutzwasserkanalisation, fahrten entgegen. Platzierung von Einfahrten und Rampen helfen das Grundwasser zu regenerie- können auch bauliche Massnahmen die ren und schaffen durch Verdunstung «Rechtliche Grundlagen Lärmemissionen verringern, zum Bei- an Hitzetagen ein besseres Mikroklima. und technische Beurtei- spiel Einhausungen oder schallabsor- Im künftig immer wärmeren Sommer lung» bierende Rampenwände. Auch sollten sind unversiegelte und grüne Flächen Neue Parkierungsanlagen werden Regenrinnen immer fest verschraubt besonders wertvoll. Die erhöhte Schall- rechtlich als Industrie- und Gewerbe- ausgeführt werden. So können bei mi- absorption und -streuung verbessert lärm beurteilt und müssen die nimalen Kosten störende Impulsgeräu- zudem die akustische Qualität des Planungswerte einhalten. Für die Beur- sche eliminiert werden. Aussenraums. teilung werden auf der Webseite www.bauen-im-laerm.ch stufengerech- te Beurteilungshilfen angeboten (Neu- anlagen | Parkierung). Die Beurteilung stützt sich auf die Schweizerische Norm (SN) 640 578 für Lärmimmissio- nen von Parkierungsanlagen des Schweizerischen Verbandes der Stras- sen- und Verkehrsfachleute (VSS) vom 31. Dezember 2016. www.zh.ch/umweltpraxis
Luft 7 ZUP Nr. 96 April 2020 Interaktive Radonkarte der Schweiz Beim Bauen Gesundheits- risiko Radon minimieren Radon kann Lungenkrebs verursachen. Daher sind bei Neu- und Umbauten vorsorgliche bauliche Das Bundesamt für Gesundheit BAG stellt unter www.ch-radon.ch | «Radonkarte Massnahmen zum Ra- der Schweiz» eine interaktive Karte zur Verfügung, die mit einer Auflösung von donschutz zu treffen. Die 1 x 1 Kilometer die prozentuale Wahrscheinlichkeit mit Vertrauensindex anzeigt, mit der Baubewilligungsbehörden an einem bestimmten Ort der Radonreferenzwert von 300 Bq/m3 in einem Gebäude überschritten wird. Das Resultat kann zur Ermittlung der Dringlichkeit einer Radon- müssen Bauherrschaften messung bei bestehenden Gebäuden sowie zur Ermittlung der Notwendigkeit vor- beziehungsweise Eigen- sorglicher Radonschutzmassnahmen bei Neu- und Umbauten herangezogen werden. tümerschaften darüber Quelle: Bundesamt für Gesundheit, 2018 informieren. Seraina Steinlin AWEL, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Gebäude im Kanton Zürich können Verordnung sowie ergänzende Informati- Abteilung Luft, Klima und Strahlung Radonfachstelle mit gesundheitsschädlichem Radon- onen stehen unter www.ch-radon.ch | Baudirektion Kanton Zürich gas belastet sein. Das Gesundheitsri- «Gesetzliche Bestimmungen bezüglich Telefon 043 259 30 53 siko Radon ist allgemein noch wenig Radon» zur Verfügung. seraina.steinlin@bd.zh.ch www.luft.zh.ch bekannt und wird daher häufig unter- Die maximal erlaubte Radonkonzen- www.ch-radon.ch schätzt. tration für Räume, in denen sich Per- sonen über längere Zeit aufhalten, be- Autorin: Nadia Vogel Gesundheitsgefahr Radon trägt 300 Becquerel pro Kubikmeter Radon entsteht durch den Zerfall von [Bq / m3]. Dabei kann es sich um Wohn- radioaktivem Uran, einem natürlichen räume, Schulzimmer, Kindergärten oder Bestandteil von Gesteinen und Böden. Arbeitsplätze handeln. Die Einhaltung Das gasförmige Radon steigt aus dem dieses Referenzwerts kann durch Ra- Untergrund auf. Gelangt es über Natur- donmessungen überprüft werden. Ba- bodenkeller oder undichte Fundamente sierend auf bisherigen Messungen wer- in Gebäude, kann es sich besonders in den Überschreitungen bei rund fünf den unteren Stockwerken in der Raum- Prozent aller Gebäude im Kanton Zü- luft anreichern. Dort zerfällt Radon in rich erwartet. weitere radioaktive Folgeprodukte, die als feinste Partikel in der Raumluft Schulen und Kindergärten schweben. In allen Schulen, Kindergärten und wei- Werden diese Partikel eingeatmet, kön- teren Kinderbetreuungseinrichtungen nen sie das Lungengewebe schädigen sind Radonmessungen obligatorisch. und Lungenkrebs verursachen. Das Sie werden durch den Kanton koordi- Krebsrisiko steigt mit der Radonkon- niert. Bei einer Überschreitung des Ra- zentration und der Expositionsdauer. donreferenzwerts ist in der Regel eine Zwischen Exposition und Erkrankung Radonsanierung notwendig. können Jahre bis Jahrzehnte vergehen. Neubauten, Umbauten, Bestand Revision Bei Neu- und Umbauten sorgt die Bau- der Strahlenschutzverordnung herrschaft respektive die Eigentümer- Um die Bevölkerung besser vor gesund- schaft dafür, dass dem Stand der Tech- heitsschädlichem Radon zu schützen, nik entsprechende präventive bauliche wurde die Strahlenschutzverordnung Massnahmen getroffen werden, um den des Bundes (StSV SR 814.501) überar- Radonreferenzwert einzuhalten. Die beitet und an internationale Richtlinien entsprechende Informationspflicht liegt angepasst. Die Strahlenschutzverord- gemäss Strahlenschutzverordnung bei nung ist seit 1. Januar 2018 in Kraft. Die den Baubewilligungsbehörden. www.zh.ch/umweltpraxis
Luft 8 ZUP Nr. 96 April 2020 ten, wenn das Bauvorhaben nicht von Basismassnahmen der Radonproblematik betroffen ist, Immer umgesetzt werden müssen die zum Beispiel beim Umbau einer Hoch- Massnahmen bezüglich Radonschutz hauswohnung auf einer höheren Etage. der SIA-Norm 180 / 2014 «Wärme- Damit präventive Radonschutzmass- schutz, Feuchteschutz und Raumklima nahmen im Bauvorhaben eingeplant in Gebäuden». Besonders zu achten ist werden können, muss die Information auf die Verminderung des Unterdrucks zur Verpflichtung zu radonsicherem im Gebäude, durch den Radon schnel- Bauen möglichst früh im Ablauf des ler ins Gebäude eindringen kann. Bewilligungsverfahrens erfolgen. Die- se Verpflichtung sollte auch schriftlich Weiterführende In der Schweiz ist Radon für mehr als die in der Baubewilligung festgehalten wer- Radonschutzmassnahmen Hälfte der durchschnittlichen persönlichen den. Weiterführende Radonschutzmass- Strahlenbelastung verantwortlich. Pro Jahr Ein entsprechender Textvorschlag nahmen sind zum Beispiel eine Radon- sterben bis zu 300 Personen an radon- bedingtem Lungenkrebs. Damit ist Radon ist unter www.luft.zh.ch | Radon als sperre oder eine Radondrainage. Diese nach dem Rauchen die zweithäufigste Word-Dokument verfügbar. Es liegt in sind notwendig, wenn die Wahrschein- Ursache für Lungenkrebs. der Verantwortung der Gemeinde, das lichkeit einer Referenzwertüberschrei- Quelle: Strahlenschutz und Überwachung der Radioak- Verfahren entsprechend anzupassen. tung gemäss der Radonkarte des BAG tivität in der Schweiz, Bundesamt für Gesundheit BAG, über zehn Prozent liegt (Karte Seite 7) Ergebnisse 2018 Anpassbares Informationsblatt oder wenn das Gebäude über einen zu Neu- und Umbauten Naturbodenkeller oder erdberührende Das Bundesamt für Gesundheit BAG Räume mit Personenaufenthalt verfügt. hat ein «Informationsblatt zu Radon bei Technische Empfehlungen zu weiter- In bestehenden Gebäuden liegt die Neu- und Umbauten» für Bauherrschaf- führenden baulichen Radonschutz- Einhaltung des Referenzwerts grund- ten respektive Eigentümerschaften er- massnahmen stehen auf der Internet- sätzlich in der Verantwortung der stellt. Dieses enthält die wichtigsten seite des BAG unter www.ch-radon.ch Eigentümerin beziehungsweise des Informationen zur Radonthematik und | «Bauliche Massnahmen zum Radon- Eigentümers des Gebäudes. den rechtlichen Grundlagen in Bezug schutz» zur Verfügung und sind im «Ra- auf Neu- und Umbauten. Vor allem legt don Praxis-Handbuch Bau» des Faktor Informationspflicht es dar, in welchen Fällen Basismass- Verlags zusammengestellt. der Baubewilligungsbehörde nahmen zum vorsorglichen Radon- Bei Neu- und Umbauten sind gemäss schutz ausreichen und wann weiterfüh- Erfolgskontrollmessung Strahlenschutzverordnung die Baube- rende Massnahmen notwendig sind. Über die Wirksamkeit der getroffe- willigungsbehörden verpflichtet, die Das Informationsblatt steht unter nen Radonschutzmassnahmen kann Bauherrschaft respektive die Eigentü- www.luft.zh.ch | Radon als Word-Do- nur eine Radonmessung Auskunft ge- merschaft auf die Anforderungen der kument zum Download zur Verfügung. ben. Es empfiehlt sich daher, nach Ab- Strahlenschutzverordnung betreffend Bei Bedarf kann es von der Gemeinde schluss der Bauarbeiten eine anerkann- Radonschutz aufmerksam zu machen, angepasst und an Bauherrschaften res- te Radonmessung durchzuführen. Das soweit dies sinnvoll ist. Dies ist in der pektive Eigentümerschaften abgege- Vorgehen ist unter www.ch-radon.ch Regel der Fall, wenn vom Bauvorhaben ben werden. | «Radonkonzentration messen» be- direkt oder indirekt Räume betroffen schrieben. Werden die Bauarbeiten sind, in denen sich Personen mindes- Verpflichtung zu radonsicherem durch ein Unternehmen durchgeführt, tens 15 Stunden pro Woche aufhalten. Bauen kann die Erfolgskontrolle getroffener Dies gilt beispielsweise für: Die Gebäudeeigentümerschaft oder bei Radonschutzmassnahem vertraglich | Neubauten von Wohn- und Gewer- Neubauten die Bauherrschaft sind dafür festgehalten werden. begebäuden, besorgt, dass dem Stand der Technik | Sanierung bestehender Wohn- oder entsprechende präventive bauliche Ra- Informationen zum Radonschutz Gewerbegebäude (besonders bei donschutzmassnahmen getroffen wer- bei bestehenden Gebäuden Sanierung der Gebäudehülle mit den. Mit diesen muss eine Radongas- Bei Anfragen zum Radonschutz bei be- Fenstererneuerung), konzentration erreicht werden, die unter stehenden Gebäuden kann ebenfalls | Umbauten beziehungsweise Um- dem Referenzwert von 300 Bq / m3 liegt. auf die Internetseite des BAG unter nutzungen erdberührender Räume Das «Informationsblatt zu Radon bei www.ch-radon.ch | «Radonkonzent- zu Wohn- oder Arbeitsräumen, Neu- und Umbauten» des BAG enthält ration messen» verwiesen werden. Die- | Perforation des Gebäudefunda- Kriterien, mit deren Hilfe schnell abge- se bietet online einen «Radon-Check» ments oder erdberührender Wände schätzt werden kann, ob zusätzlich zu an: Mit Hilfe der Wohnadresse und we- für Zuführungen in Wohn- oder Ge- den immer zu treffenden Basismass- nigen Fragen zum Gebäude und seiner werbegebäuden. nahmen weitergehende Schutzmass- Nutzung kann die Dringlichkeit einer Für Räume beziehungsweise Gebäu- nahmen notwendig sind. Radonmessung ermittelt und allenfalls de, die nicht oder weniger als 15 Stun- Es kann sinnvoll sein, für die Planung eine Messung durchgeführt werden. den pro Woche genutzt werden, gilt der und Umsetzung von Radonschutz- Zeigt eine anerkannte Messung eine Radonreferenzwert der Strahlenschutz- massnahmen eine Radonfachperson Überschreitung des Radonreferenz- verordnung nicht, und die Baubewilli- beizuziehen. Eine Liste anerkannter Ra- werts, sind Massnahmen zur Radon- gungsbehörde kann auf eine Informati- donfachpersonen ist unter www.ch-ra- sanierung zu treffen. on verzichten. Auch kann die Behörde don.ch | «Beratung durch Radonfach- im Einzelfall auf die Information verzich- personen» zu finden. www.zh.ch/umweltpraxis
Energie 9 ZUP Nr. 96 April 2020 Photovoltaik – wo sie steht Die Produktion der Photo- voltaikmodule hat sich technisch weiterentwickelt. Folglich sind die Preise gesunken und die Anwen- dungsmöglichkeiten vielfäl- tiger geworden. Aufgestellte Photovoltaikanlage auf dem Dach der kantonalen Verwaltung. Sascha Gerster Quelle: AWEL Alex Nietlisbach Tracy Napitupulu Abteilung Energie Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Baudirektion Kanton Zürich Erneuerbare Ressourcen übernehmen Ertragseinbusse von bis zu 20 Prozent Telefon 043 259 42 66 für die Stromproduktion schon bisher zu rechnen. energie@bd.zh.ch eine tragende Rolle. Für die künftige www.energie.zh.ch Stromversorgung gewinnt neben der Module als Teil der Architektur | Artikel «Erste grossflächige Solar- Wasserkraft vor allem eine Quelle an Dank neuer, flexibler einsetzbarer Tech- fassade des HBA», ZUP Nr. 92, Bedeutung: die Sonne. nologien wie Dünnschichtzellen sowie Dezember 2018 Die Produktion der Photovoltaikanlagen verschieden farbig bedruckbarer Mo- hat in den letzten Jahren grössere Fort- dule finden auch Photovoltaikanlagen schritte gemacht. Heute stehen vielfälti- den Zugang zur Architektur. Die vielsei- ge und technisch ausgereifte Lösungen tigeren Gestaltungsmöglichkeiten las- zur Auswahl. Neben Anlagen für Dach- sen dabei Wirkungsgrade in den Hinter- flächen werden individuell gestaltete grund rücken. Fassadensysteme wichtiger. Platzierung am Gebäude Wirkungsgrade Ein wichtiger Einflussfaktor ist die Plat- Die Wirkungsgrade der mehrheitlich zierung und Ausrichtung der Photovol- eingesetzten mono- und polykristalli- taikmodule. Besteht der Strombedarf nen Solarzellen sind schon heute nahe vor allem im Sommerhalbjahr, zum Bei- am theoretischen Maximum. Bei den spiel für Gebäudekühlung, sind süd- weniger effizienten Dünnschichtzellen lich ausgerichtete Dachflächensysteme wird noch eine Effizienzsteigerung er- eine gute Wahl. Vertikal angebrachte wartet. Einen besseren Wirkungsgrad Fassadensysteme wiederum erreichen weisen bifaziale Solarzellen aus, wel- vor allem im Winterhalbjahr, wenn der che Strahlungen auf der Vorder- wie auf Sonnenstand tief ist, einen hohen Ertrag der Rückseite in Strom umwandeln kön- (bis zu 90 Prozent des standortspezifi- nen. Werden Module zusätzlich mit Far- schen Potenzials). ben beschichtet, ist hingegen mit einer Ertragsanteile nach Ausrichtung und Jahreszeit 100 65 85 60 100 95 100 90 60 45 60 65 90 75 Sommerhalbjahr Winterhalbjahr Die absoluten Stromerträge sind im Sommer rund doppelt so hoch wie im Winter. Photovoltaikanlagen an Südfassaden sind im Winter im Vorteil. Quelle: AWEL www.zh.ch/umweltpraxis
Energie 10 ZUP Nr. 96 April 2020 Strom für zwei Rappen voltaikmodule an. Hier ist der CO2-Aus- Solarstrom aus Grosskraftwerken in stoss der für die Herstellung erforderli- sonnigen Regionen wie Portugal wird chen Energie der entscheidende Faktor. schon heute für weniger als zwei Rap- Werden Module dereinst mit erneuerba- pen pro Kilowattstunde produziert. In ren Energien hergestellt, wird sich de- der Schweiz werden die weiterhin fal- ren CO2-Belastung deutlich reduzieren. lenden Kosten für Photovoltaikmodu- Umgerechnet auf eine Lebensdauer le nur noch einen geringen Einfluss auf von 30 Jahren stösst eine Photovoltaik- die Preise von kleinen und mittleren An- anlage in der Schweiz rund 54 Gramm lagen haben. Die Kosten können vor CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde aus allem dann weiter sinken, wenn Pro- (Grafik unten). zessabläufe optimiert werden. Grund- Zum Vergleich: Der in der Schweiz mit sätzlich kann festgestellt werden, dass einem hohen Anteil an Wasserkraft her- sich die Gestehungskosten von Photo- gestellte Strom (Produktionsmix) verur- voltaikstrom zunehmend in einer ähnli- sacht heute mit 27 Gramm CO2-Äquiva- chen Bandbreite bewegen wie bei an- lent pro Kilowattstunde sehr wenig CO2. deren Technologien. Der Ausstoss des tatsächlich konsu- Wodurch werden die Kosten einer Anla- mierten Stroms (Verbrauchermix) liegt ge beeinflusst? mit 102 Gramm CO2-Äquivalent pro Quelle: www.energie.zh.ch Kilowattstunde deutlich höher, weil hier Kostentreibende Faktoren: mit fossilen Brennstoffen produzierter Wo steht die Photovoltaik? – Gerüst für den Anlagenbau importierter Strom einfliesst. Die Broschüre «Photovoltaik» gibt aus – Umbau der Elektroverteilung technischer, praktischer, wirtschaftli- – Anpassungsarbeiten am Dach Photovoltaik ersetzt Import cher und ökologischer Perspektive – Administratives (Gesuche, Bewilli- Zwar verschlechtert Solarstrom so die einen Überblick über den Stand dieser gungen) CO2-Bilanz der Schweiz. Jedoch ver- Technik. Sie ist keine Planungshilfe für – Steuerpflicht für verkauften Solar- drängt Solarstrom nicht die umwelt- Bauwillige, sondern richtet sich an alle, strom freundliche Wasserkraft, sondern den die sich für aktuelle Energiethemen in- – Beratung und Planung bei Kleinanla- Import von stark CO2-belastetem euro- teressieren. gen päischem Strom – ganz im Sinn der Um- welt, denn Photovoltaik weist bei den Kostensenkende Faktoren: meisten Faktoren eine gute Umwelt- – Tiefes Zinsniveau bilanz auf. Zudem produzieren Photo- – Abzugsfähigkeit der Photovoltaik- voltaikanlagen über ihre Lebensdauer anlage von den Steuern bei beste- rund 10- bis 15-mal mehr Energie, als henden Gebäuden für ihre Produktion aufgewendet wer- – Massenproduktion von Photovol- den muss. taikmodulen in günstig produzieren- den Ländern Treibhausgasbilanz der Stromproduktion 600 54 Gramm CO2 Im Betrieb stösst eine Photovoltaikanla- 524 500 ge kein CO2 aus. Hingegen sind bei der Herstellung der nötigen Komponenten CO2-Äquivalent in g / kWh diverse Emissionen zu verzeichnen. 400 Rund 80 Prozent fallen für die Photo- 300 Batteriespeicher eingeschränkt ökologisch Die heute meistverkauften Batteriesys- 200 teme basieren auf Lithium. Die Um- weltbilanz dieser Speicher ist durchzo- 100 102 91 gen: Besonders der Bedarf an Lithium 54 und Kobalt führt in den Abbauländern 27 lokal zu grossen Umweltbelastungen 0 und sozialen Spannungen. Dem steht CH Produk- CH Verbrau- EU Verbrau- Solarstrom Solarstrom tionsmix chermix chermix mit Batterie gegenüber, dass Batteriespeicher das Interessanterweise verschlechtert Solarstrom trotz insgesamt guter Potenzial haben, den Übergang zu ei- Umweltbilanz die bereits tiefe CO2-Bilanz der Schweiz. ner erneuerbaren Stromversorgung zu Der Grund: Die Herstellung von Photovoltaikmodulen, unterstützen. weiteren Komponenten und Batterien verursacht CO2-Emissionen. Quelle: KBOB und Treeze, Solarbildung Schweiz (SBS) www.zh.ch/umweltpraxis
Bauen 11 ZUP Nr. 96 April 2020 INTERVIEW ter unter nachhaltigem Bauen versteht. Seine Bestimmungen werden ins Pro- jektcontrolling übernommen. So ist er gleichzeitig Massstab und Instrument zur Qualitätssicherung. Das Streben nach Nachhaltigkeit ist aber kein Selbstzweck, sondern folgt Regeln der Baukunde. Holz zum Bei- Das HBA spiel hat als Gestaltungselement und Baustoff einiges zu bieten. vereint Nach- haltigkeit und Und die gesellschaftliche Seite der Nachhaltigkeit? Baukultur «Es geht nicht darum ob, Wir müssen auch sozial nachhaltig bau- en. Wir brauchen Gebäude, die wäh- Seit März 2019 ist Thomas sondern wie man bauen soll!.» rend ihrer ganzen Lebensdauer ver- Jung Kantonsbaumeister schiedensten Zwecken dienen können. des Kantons Zürich. In Aufgrund der Langfristigkeit baulicher dieser Funktion will er mit Massnahmen müssen diese auch den dem Hochbauamt (HBA) für Was hat Sie in Ihrem ersten Jahr Anforderungen der Zukunft genügen. mehr gute Bauten sorgen: als Kantonsbaumeister des Kan- Mit unseren Bauten schaffen wir kultu- nachhaltig, flexibel, heute tons Zürich überrascht? relle Werte und wollen das Verständnis sowie künftig nutzbar und Das enorme Streben der Mitarbeiten- der Öffentlichkeit für eine hohe archi- Beispiele guter Baukultur. den nach Qualität und guten Lösungen tektonische und städtebauliche Quali- Isabel Flynn Redaktorin ZUP in allem, was sie tun. Es ist mir eine Freu- tät fördern. Koordinationsstelle für Umweltschutz de, mit allen Menschen im Hochbauamt Baudirektion Kanton Zürich zu arbeiten und gemeinsam mit ihnen Geht es bei Baukultur Telefon 043 259 24 18 isabel.flynn@bd.zh.ch einen Beitrag für eine hochstehende Bau- um Denkmalpflege? www.zh.ch/umweltpraxis kultur im Kanton Zürich zu realisieren. Die Denkmalpflege sowie der Substanz- Als kantonales Baufachorgan ist das erhalt generell gehören ebenfalls zur Thomas Jung, Kantonsbaumeister Hochbauamt Kanton Zürich Hochbauamt ab der Bestellung bis zur Baukultur. Wir wollen aber weder al- Telefon 043 259 28 30, Gebäudeübergabe zuständig. Die Be- les bewahren noch einfach alles erset- thomas.jung@bd.zh.ch wirtschaftung der erstellten oder umge- zen, sondern wo sinnvoll, Bestehendes www.bd.zh.ch bauten Gebäude obliegt dem Immobi- umbauen und ergänzen. Dazu arbeiten lienamt. Der Bestellerdirektion wird für wir mit der Denkmalpflege im Amt für die Nutzung eine Miete verrechnet. Raumentwicklung zusammen. Was bedeutet der neue Leitsatz Wie erreicht das Hochbauamt «Nachhaltigkeit prägt Baukultur»? nachhaltige und baukulturell Wir wollen im Hochbauamt anhand von hochstehende Lösungen? verschiedenen gemeinsamen Aktivi- Durch Wettbewerbsausschreibungen, täten und Veranstaltungen zeigen, wie in welchen wir unsere Ansprüche und man diesen Leitsatz mit Leben füllt. Vorgaben definieren. Eine faire Wett- Das Hochbauamt ist nach dem Umwelt- bewerbskultur ist mir sehr wichtig. Die managementsystem ISO 14001 zertifi- Auseinandersetzung mit einer Bauauf- ziert. Das Streben nach Nachhaltigkeit wurde uns nicht aufoktroyiert, es ist Ein Jahr Kantonsbaumeister ein Anliegen unseres Amts. So hat sich Thomas Jung, dipl. Architekt ETH/SIA, das kantonale Hochbauamt schon un- ist seit März 2019 Kantonsbaumeister ter meinen Vorgängern eine Art «Nach- und Chef des Hochbauamts Zürich. haltigkeitsverfassung» gegeben, die Nach seinem Architekturstudium an «Umweltpolitik des HBA». Deren wich- der ETH Zürich leitete er das Hochbau- tigste Aussage ist: Wir wollen schad- amt der Stadt Dübendorf und später stoffarm sowie ressourcen- und ener- als Stadtarchitekt die Hochbauabtei- gieschonend bauen. Heute werden die lung in Dietikon. Vier Jahre amtete er kantonalen Neubauten nach Minergie- als Kantonsarchitekt und Bereichsleiter P/-A-ECO projektiert und, so dies wirt- Immobilien des Kantons Basel-Land- schaftlich ist, mit einer Photovoltaikan- schaft. Ebenfalls tätig war er als Leiter lage ausgerüstet. Beauftragte Planer der Akquisition Öffentliche Bereiche und Unternehmen werden vertraglich bei der Losinger Marazzi AG sowie als zur Einhaltung unserer Umweltpolitik Dozent für Betriebs- und Volkswirt- verpflichtet. schaft sowie Privatrecht. Unser Standard «Nachhaltigkeit Hoch- bau» definiert, was der Kanton als Eigentümer, Bauherr und Bewirtschaf- www.zh.ch/umweltpraxis
Bauen 12 ZUP Nr. 96 April 2020 gabe im Wettbewerb ergibt die besten den ganzen Kanton ist. Es ist ein sehr Jetzt geht es darum, wie man dieses of- Lösungen (| Artikel «Lärmschutz im Ar- breites und spannendes Aufgabenfeld. fene Forum zum Leben erwecken kann. chitekturwettbewerb», ZUP93, 2019). Viel grösser als das eines klassischen Die Gebäudefigur bedingt, dass unter- Auch in den Phasen nach dem Wettbe- Architekturbüros, welches meist mehr irdisch zu liegen kommt, was nicht drin- werb muss regelmässig überprüft wer- auf eine Typologie Gebäude fokussiert, gend Tageslicht braucht. Hörsäle zum den, ob wir auf Kurs sind – auch bezüg- zum Beispiel auf den Wohnungsbau. Beispiel. Dies muss zusammen mit der lich Nachhaltigkeit. Das gilt besonders Erschliessung sorgfältig geplant wer- bei Bestellungsänderungen. Wir arbei- Beschäftigen Sie einige den. ten mit internen und externen Fach- Ihrer Projekte besonders? stellen wie dem Verein Minergie, eco- Ein Kantonsbaumeister hat zu seinen Welches Projekt ist noch beson- bau oder privaten Experten zusammen. verschiedenen Projekten ein Verhält- ders spannend? Es wäre uns nicht möglich, alles «in- nis wie ein Vater zu seinen Kindern. Die Sanierung des Zürcher Rathauses. house» zu machen. Eines ist vielleicht eher brav, ein ande- Sie gehört mit rund zehn Mio. Franken res braucht manchmal mehr Aufmerk- zwar im Vergleich zum «Forum UZH», Weil Planung und Realisierung samkeit oder ist etwas anstrengender. bei dem es um einen Betrag von rund immer anspruchsvoller werden? Dennoch hat er sie gleich gern. Die 500 Mio. Franken geht, eher zu den klei- Die zu erstellenden Gebäude werden im Verschiedenartigkeit macht die Aufga- nen Projekten. Es ist aber ein Gebäude Zusammenspiel von Gebäudetechnik, be spannend. Besonders am Herzen von grosser Bedeutung für den Kanton Statik, Fassadenbau, Landschaftsarchi- liegen mir einige Projekte, die noch in und die Stadt Zürich. tektur etc. immer komplexer, weil die einer sehr frühen Phase sind. Das Spannende daran: Wir müssen für Ansprüche an sie höher werden. Nach- drei Jahre einen Ersatzstandort für vier Welche zum Beispiel? haltigkeit ist ein weiterer Aspekt, der Parlamente bereitstellen, für das kanto- wiederum mit Fragen der Energie- und Ich freue mich besonders auf die Her- nale und für das kommunale Parlament, Wärmeerzeugung sowie -verteilung ge- ausforderung, das «Forum UZH» von für die Kirchensynode sowie für den Kir- koppelt ist. Als Kantonsbaumeister binHerzog & de Meuron umzusetzen (Vi- chenrat. Zu möglichen Lösungen kann ich darum nicht nur Architekt, sondernsualisierung unten). Dieses Projekt der ich noch nicht mehr sagen. Gleichzei- ich erfülle eine Managementfunktion. Universität Zürich im Hochschulquartier tig wird zudem die Rathausbrücke er- ist ein gutes Beispiel dafür, warum wir Die meisten unserer 130 Mitarbeiter sind setzt durch einen schönen Neubau. Das Wettbewerbe ausloben. Eine Lösung Projektleiter, die mehrere Projekte führen. Hochbauamt arbeitet hier mit dem städ- mit offenem Forum vor den Gebäuden, tischen Tiefbauamt eng zusammen. Der Kanton ist für unterschied- wo sich die Menschen treffen können, liche Gebäudearten zuständig: war bei der Formulierung des Gestal- Und gibt es ein besonders zu- Schulen, Spitäler, Büros, Werk- tungsplans nicht vorhersehbar. Die op- kunftsweisendes Projekt? höfe … timale Gestaltung bringt jedoch einen Ja. Dieses ist ebenfalls für die Stadt Zü- Der kantonale Gebäudepark enthält Mehrwert für alle – mit grosser sozia- rich bedeutend: Die so genannte «Bil- sogar noch viel exotischere Objekte: ler Komponente und einem wichtigen dungsmeile» am Zürcher Sihlquai un- Das Grossmünster zum Beispiel, wel- städtebaulichen Beitrag. weit des Limmatplatzes. Die heute ches von grossem kulturellem Wert für verstreuten kantonalen Berufsschu- «FORUM UZH» von Herzog & de Meuron am Übergang von der Rämistrasse zur Gloriastrasse im Hochschulgebiet Zürich Zentrum. Quelle: www.media.uzh.ch www.zh.ch/umweltpraxis
Bauen 13 ZUP Nr. 96 April 2020 len werden hier in einem grossen, zu- kunftsweisenden und anspruchsvollen Projekt konzentriert. Gibt es in Zürich generell einen Trend zur Konzentration? Für das «Forum UZH» hat die Universi- tät diese Konzentration vorgegeben. Als Stadtuniversität möchte sie sich an zwei Standorten mit ihren Einrichtungen kon- zentrieren: im Hochschulgebiet Zürich Zentrum (HGZZ) sowie auf dem Irchel. Gleichzeitig werden viele Einzelnutzun- gen in Villen im Kreis 6 und Kreis 7 auf- gegeben, welche in der Folge wieder für Wohnnutzungen umgebaut werden kön- nen. Der Vorteil einer solchen Konzentra- tion für den tertiären Bildungssektor sind Synergien und kurze Wege. Müs- sen beispielsweise Lehrkräfte und Stu- dierende weniger pendeln, verlieren sie Die provisorische Kanti Uetikon ist nachhaltig, flexibel sowie ästhetisch. weniger Zeit, und es entsteht weniger Quelle: Erudin, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 Verkehr in der Stadt. Kann der Kanton anderen Behör- den Vorbild bezüglich Nachhal- völkerung sind aber zielführender. Wir Was zeichnet denn den Provisori- tigkeit und Baukultur sein? wollen ein Miteinander finden. Dies ge- umsbau der Kanti Uetikon aus? Wir arbeiten regelmässig mit dem Amt lingt bei neuen Projekten in der Regel gut. Seine Flexibilität. Schon der Prozess zu für Städtebau sowie dem Hochbauamt diesem nachhaltigen, modularen Provi- der Stadt Zürich zusammen und tau- Profitieren Sie beim Kontakt mit sorium war spannend. Besonders wich- schen uns auch bezüglich Nachhaltig- Gemeinden von Ihren Jahren in tig finde ich aber, dass man sich auch keit sowie baukultureller Fragen aus. Dübendorf und Dietikon? im Provisorium wohlfühlt. Die Heraus- Kontakte gibt es auch mit den Gemein- Ich denke schon. Es scheint mir wich- forderung bestand darin, ein Provisori- den, in welchen wir bauen. Hervorzu- tig, den unterschiedlichen Bedürfnissen um zu bauen, dem man den provisori- heben wäre hier die sehr gute Zusam- und Befindlichkeiten der Standortge- schen Charakter nicht anmerkt. menarbeit mit der Stadt Winterthur meinden und deren Bevölkerung Rech- Modulares Bauen hat Zukunft. Ein Ge- und deren sehr aktiven Stadtbaumeis- nung zu tragen. bäude muss nicht in einer bestimmten ter. Generell könnte die Zusammenar- So ist es beispielsweise für Uetikon Form 60 Jahre in Betrieb sein. Gerade beit zwischen Kanton und Gemeinden wichtig, dass am Seeufer neben der wenn es viele technische Anforderun- meines Erachtens aber noch intensiver geplanten Kantonsschule ein grosser gen erfüllen muss, muss man es regel- sein. öffentlicher Park projektiert wird. Ueti- mässig anpassen, also umbauen oder kon ist überhaupt ein spezieller Fall erweitern können. Kann der Kanton Gemeinden zu (Foto oben): Der 2018 erstellte Bau der guten Bauten zwingen? Kantonsschule hat nur eine temporäre Was würden Sie sich von den Im Gegensatz zu den kantonalen Bewilligung. Mit dem Provisorium müs- Zürcher Gemeinden wünschen? «A-Ämtern» (ARE, AWEL, ALN) ha- sen wir zehn Jahre überbrücken, um Die Gemeinden sind aufgefordert, ben wir keine hoheitlichen Aufgaben. auf dem Land der ehemaligen Chemi- selbstbewusster zu werden – bei eige- Dennoch kann der Kanton seinen Ein- schen Fabrik Altlasten zu bereinigen, nen Bauten, aber auch bei Bauten pri- fluss auf die Gemeinden geltend ma- den Baugrund vorzubereiten, einen vater Bauherren in der Gemeinde. Meist chen. Für kantonale Gebäude, die wir in Wettbewerb für die definitive Schulan- können kommunale Bauämter wenig einer Gemeinde erstellen, haben wir lage unten am Seeufer auszuschreiben Einfluss nehmen auf das, was gebaut eine Vorbildfunktion inne. Dabei ist mir und diese zu errichten. Unsere Kriteri- wird. Das sind im ganzen Kanton jähr- das Verständnis der Positionen der Ge- en für eine nachhaltige, gute Baukultur lich immerhin 2500 Gebäude, für deren meinden sowie ein gutes Einvernehmen werden in der Auschreibung enthalten Bewilligungen die Zürcher Gemeinden mit der lokalen Behörde sehr wichtig. sein. Selbst das Provisorium erfüllt die- zuständig sind. Zwar verfügt der Kanton mit dem Mit- se Vorbildrolle bereits (| Artikel «Kanti In Baselland ist das anders gelöst. Die tel des kantonalen Gestaltungsplans Uetikon: Provisorium mit Vorbildfunkti- Baugesuche im Kanton werden durch über ein Planungsinstrument, mit dem on», ZUP92,2018). das kantonale Bauinspektorat bearbei- eine Gemeinde theoretisch gezwungen tet, welches einheitlicher entscheidet, werden könnte, eine kantonale Baute an als verschiedene Gemeinden dies tun einem bestimmten Ort und in einer be- würden. stimmten Art hinzunehmen. Demokrati- Der Kanton Zürich hat einen anderen sche und partizipative Prozesse mit den Weg gewählt; hier entscheiden die Ge- Gemeinden und der interessierten Be- meinden über Baugesuche. Der Vor- www.zh.ch/umweltpraxis
Bauen 14 ZUP Nr. 96 April 2020 Betrachtet man den periurbanen Raum, stellt sich die Frage des künftigen Trans- ports, die Verbindung der Agglomera- tion mit den Kernstädten. Die Bevöl- kerung wird heterogener und mobiler. Wie und womit wird man sich künftig im Raum bewegen? Wie funktioniert die Mobilität innerhalb der Stadt? Auch Elektro- oder Wasserstoffautos brau- chen Strassen und teilen sich diese mit dem Langsamverkehr. Die Stadt aber wird grüner, und die Lärmbelastung geht zurück. Das eröffnet neue gestal- terische Möglichkeiten. Und welche grossen Fragen müs- sen noch gelöst werden? Wie wird ein Quartier lebendig? Im Bild: Neu-Oerlikon. Quelle: Joachim Kohler Bremen, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 Es ist mein Ziel und mein Anspruch, Ge- bäude multifunktional auszulegen, so dass eine Schule beispielsweise mit wenig Aufwand zu einem Alterszentrum teil dabei ist, dass die Gemeinden oft Was hätte aus Ihrer Sicht umnutzbar wäre, statt sie rückzubauen. besser wissen, was an einem Ort üb- nie gebaut werden sollen? Holz wird als Baustoff an Bedeutung ge- lich und was gestalterisch möglich ist. Manche mögen jetzt an triste Platten- winnen, selbst im Hochhausbau. Flexi- Ich wünsche mir aber, dass Gemeinden bausiedlungen in Osteuropa denken. bilität und Materialisierung sind gestal- die Orts- und Regionalplanung von un- Es gibt aber auch hierzulande städ- terische Themen, die bereits in Planung ten nach oben stärker mitbeeinflussen tebauliche Beispiele, die man nicht und Entwurf berücksichtigt werden als heute. mehr so machen würde, beispielswei- müssen. Das sind baukulturelle Fragen Heute fragt niemand danach, ob eine se Neu-Oerlikon (Foto oben). Hier ist der Zukunft. neue Baute ein wertvoller Beitrag für rasch eine grosse Struktur entstan- Die Verdichtung der Schweiz findet die Zukunft einer Gemeinde ist – ab- den, in einer Massstäblichkeit, die den überwiegend im Mittelland statt. Dem gesehen vom willkommenen zusätzli- Schweizer Gegebenheiten (noch) nicht knappen Bauland und insbesonde- chen Steuersubstrat. Jedes Gewerbe entspricht. Zürich Nord war abends vie- re den Städten ist mit einer voraus- hat eine Lobby, auch Umwelt-, Lärm- lerorts dunkel, weil die Mischung von schauenden Innenentwicklung Sorge oder Gewässerschutz. Aber nicht die Wohnen und Arbeiten nicht gestimmt zu tragen. Wir müssen die kommen- Baukultur. hat. Es geht um Fragen der Stadtsozio- den Bauaufgaben ökologisch und sozi- logie; wie kann gelebte Nachbarschaft al nachhaltig planen und uns den sich Was erwarten Sie von Planern entstehen? Welche bauliche und sozi- verändernden Anforderungen künftiger und Architekten? ale Durchmischung ist erwünscht und Nutzungen stellen. Ich würde mir wünschen, dass Planer wie kann man sie erreichen? und Architekten die grossen Fragen im- In der Schweiz wird viel in Liegenschaf- Beim Bauen geht es mer wieder neu überdenken: Leisten wir ten investiert, daher entstehen schnell um grosse Zahlen unseren Beitrag zur Baukultur – oder überbaute Areale wie zum Beispiel In der Bauwirtschaft werden zehn entsteht die Stadt quasi ungeplant und die Europaallee auf einer ehemaligen Prozent des Bruttoinlandprodukts er- nur ökonomischen Überlegungen ge- SBB-Brache. Es geht hier nicht nur um wirtschaftet. Der Gebäudepark bean- horchend. Plane ich stadträumlich oder teure Wohnungen und um ökonomische sprucht rund 50 Prozent des Schweizer interessiert mich nur mein Perimeter? Fragestellungen. Jede Überbauung soll Energieverbrauchs und ist verantwort- Gebäude prägen Menschen und bilden auch einen guten Beitrag zur stadt- lich für 40 Prozent des CO2-Ausstos- «Heimat». Wo habe ich mich wohlge- räumlichen Qualität bilden. Sie muss ses. Für Neu- und Rückbauten werden fühlt und warum? Was sind die Krite- ausgehend vom Einzelobjekt betrach- im Kanton Zürich (ohne Aushub) jähr- rien dort? Es geht auch um die Frage, tet und ganzheitlich mit dem Siedlungs- lich 12 Mio. Tonnen Material bewegt. ob wir lediglich in Einzelobjekten den- raum geplant werden. Der Kanton Zürich investiert jährlich ken oder ob wir im grösseren Zusam- rund 300 Mio. Franken in seine Hoch- menhang bauen. Der Kunsthistoriker Wie wird der Kanton in 20 bis 30 bauten. Sein Anteil an der Bauwirt- und emeritierte Vorsteher des Instituts Jahren aussehen? schaft des Kantons ist substanziell, für Denkmalpflege der ETH Zürich, Prof. Mit zunehmendem Klimawandel müs- sein Beispiel ist wichtig und wird in der Georg Mörsch, hat die Verantwortung sen wir etwas gegen städtische Hitze- Öffentlichkeit wahrgenommen. des Bauwilligen einmal prägnant zu- inseln unternehmen. Ein Versuch dazu 2019 bearbeitete das Hochbauamt des sammengefasst: «Wer verändert, bleibt ist der «Bosco verticale» in Mailand. Kantons Zürich mit 130 Mitarbeiten- beweispflichtig.» Es geht also um die Hier gibt es auch hundert Meter über den ein Investitionsvolumen von über Frage, ob eine bauliche Situation durch Grund Wasser und Grün. Was können 600 Mio. Franken. In seinem Port- die Veränderung besser wird oder nicht. wir daraus für unsere Gebäude, für die folio befanden sich 846 Projekte mit Städte der Zukunft lernen? Wie werden 9.57 Mrd. Franken Investitionsvolu- wir unsere Gebäude künftig kühlen, wie men. Energie und Wärme erzeugen wollen? www.zh.ch/umweltpraxis
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