BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN

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BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
BdV-Blickpunkt                                      andsmeldunge
                                                                n
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                                  mit aktu
Ausgabe Oktober 2020

    Bund der Vertriebenen · Vereinigte Landsmannschaften
   Landesverband Bayern · Am Lilienberg 5 · 81669 München

BdV Bayern vergibt seinen Kulturpreis an Michael Schmidt
  Landsmannschaft Schlesien feiert 70-jähriges Jubiläum
Charta der Vertriebenen im Mittelpunkt der Veranstaltungen
BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
Grußwort

                                                              menkünfte mussten bereits monatelang ausfal- zentrums der Deutschen aus Russland ent-
                                                              len, Großveranstaltungen wurden ersatzlos ge- schlossen umgesetzt wird. Auch die Planungen
                                                              strichen. Der im Sommer aufkeimende Opti- für die Kulturzentren für die Siebenbürger Sach-
                                                              mismus und die damit verbundenen Lockerungen sen, Banater Schwaben und Donauschwaben
                                                              staatlich verordneter Reglementierungen führ- stehen weitgehend vor dem Abschluss. Diese
                                                              ten zumindest dazu, dass Jubiläen oder Ge- Zentren der Heimatvertriebenen und Spätaus-
                                                              denktage in kleinerem Rahmen begangen wer- siedler werden, so die Ministerin, begehbare
                                                              den konnten. Obwohl die Einladungen für die Schätze sein und einen wichtigen Teil der deut-
                                                              längst überfällige Landesversammlung bereits schen Geschichte aufrechterhalten.
                                                              herausgegangen sind, bangt der BdV Bayern, Die Präsenz aller Landtagsfraktionen bei der
                                                              ob er diese auch tatsächlich am 24. Oktober in Zentralveranstaltung zum „Tag der Heimat“ in
                                                              Waldkraiburg durchführen kann.                     Augsburg zeigt deutlich, dass auch unsere bay-
                                                              Bei den anstehenden Neuwahlen des Landes- erischen Volksvertreter hinter unseren Anliegen
                                                              vorstandes wird es wichtige Veränderungen ge- stehen. Die ohne Gegenstimme erfolgte An-
                                                              ben, zumal der dienstälteste stellvertretende Lan- nahme einer Resolution der CSU-Fraktion zur
                                                              desvorsitzende, Friedrich Wilhelm Böld, sowie Verabschiedung der Charta der deutschen Hei-
                                                              seine Kollegen Alfred Kipplinger und Dr. Jo- matvertriebenen vor 70 Jahren unterstreicht dies
                                                              hannes Hörner ihre Arbeit nicht mehr fortset- eindrucksvoll. Leider ist in den letzten Mona-
                                                              zen werden. Mit dem Wegzug von Ernst Schroe- ten aufgrund der Pandemie das unmittelbare
                                                              der verliert der Landesverband als Schriftführer Gespräch zwischen Landesvorstand, Landes-
                                                              einen weiteren Aktivposten. Erfreulich ist, dass vorsitzenden und der Politik nur eingeschränkt
                                                              die Landesverbände bereits ausreichend neue möglich gewesen. Die „Corona-Entspannungs-
                                                              sowie jüngere Kandidatinnen und Kandidaten pause“ wurde aber für einen fruchtbaren und
                                                              vorgeschlagen haben. Auch der weibliche An- vertrauensbildenden Meinungsaustausch mit
                                                              teil dürfte sich im neuen Landesvorstand deut- der neuen Schirmherrschaftsminsterin genutzt.
    Liebe Landsleute,                                         lich vergrößern.                                   Ein Gespräch mit der SPD-Landtagsfraktion ist
    liebe Leserinnen und Leser!                               Trotz allem „Wenn und Aber“ gibt es Erfreuli- für Ende November in Vorbereitung.
                                                              ches zu vermelden. Die gesellschaftliche Aner- Noch etwas Positives gibt es zu vermelden: Vie-
    Schon fast wollte man daran glauben, dass                 kennung unserer Arbeit nimmt weiter zu. Hier- le äußern – manchmal nicht ganz zu Unrecht –
    Deutschland die Corona-Pandemie „im Griff“                zu zählt auch die wachsende Erkenntnis, dass Vorurteile gegenüber Programmbeiträgen im
    hat – die jüngste Entwicklung der Infektions-             es den Verbänden der Heimatvertriebenen nicht öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir merken
    zahlen lässt diese Annahme leider anzweifeln.             länger möglich sein wird, die Hauptlast der Ver- aber, dass die Kritik auch von den Verantwort-
    Die Ausweitung der Risikogebiete, die Zunah-              pflichtungen des Paragraphen 96 Bundesver- lichen aufgenommen wird. Wir stellen jedenfalls
    me der Reisewarnungen, auch in Gebiete der                triebenengesetz zu tragen. Die zunehmende fest, dass sich unsere Themen immer öfter in
    Europäischen Union, und die wieder verschärf-             Überalterung unserer Kreis- und Ortsgruppen den Programmen des Bayerischen Rundfunks
    ten Auflagen für den Alltag vieler Menschen,              und der kaum auszugleichende Verlust durch wiederfinden. Wann gab es in den letzten Jah-
    deuten auf einen schwierigen Herbst und Win-              Todesfälle, macht es in den meisten Fällen nur ren eine so ausführliche Berichterstattung über
    ter hin. Die bereits regional erfolgten neuen Ein-        noch begrenzt möglich, die zahlreichen Hei- das Jubiläum einer Landsmannschaft (70 Jah-
    schränkungen der Personenzahlen für Feste,                matsammlungen am Leben zu halten.                  re Landsmannschaft Schlesien) oder einen Tag
    Feiern und Zusammenkünfte, lassen eine dau-               Aber auch hier hat sich in den letzten Monaten der Heimat, wie in diesem? Daher sei auch von
    erhafte Veränderung unserer Gesellschaft be-              bestätigt, was unsere neue Schirmherrschafts- dieser Stelle den Programmverantwortlichen
    fürchten.                                                 ministerin Carolina Trautner bei allen Zu- ein Lob und unsere Anerkennung hierfür aus-
    Nicht nur der erst begonnene wirtschaftliche              sammenkünften versichert: „Die Bayerische gesprochen.
    Einbruch, der befürchtete Anstieg der Arbeits-            Staatsregierung ist und bleibt Partner der Ver- Auch wenn wir uns in unseren Orts- und Kreis-
    losenzahlen nach Auslaufen des Kurzarbeiter-              triebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. Sie gruppen weniger unmittelbar treffen können,
    geldes, die immense Staatsverschuldung und                können sich auf uns verlassen!“                    sollten wir in dieser Krise zusammenhalten. Un-
    der bereits eingetretene Rückgang der Steuer-             Dankbar erinnern wir und erkennen an, dass sere Mitgliedschaft dient gemeinsamen Zielen!
    einnahmen geben Anlass zur Sorge. Auch das                in der Vergangenheit mit dem Haus des Deut- Das wichtigste ist und bleibt, dafür unseren Bei-
    Ausbleiben von gesellschaftlichen Zusammen-               schen Ostens in München, dem Haus der Hei- trag zu leisten, damit den heute lebenden Men-
    künften wird seinen Niederschlag finden. Die              mat in Nürnberg, dem Kunstforum Ostdeutsche schen das erspart bleibt, was unsere Familien
    Vereine und Verbände stehen vor einer unge-               Galerie in Regensburg, dem Ostpreußischem erdulden mussten – ihre Heimat zu verlieren.
    ahnten Bewährungsprobe. Sie können ihren Auf-             Kulturzentrum in Ellingen und dem in wenigen Bleiben Sie gesund!
    gaben nur eingeschränkt nachkommen, das Zu-               Tagen zur Eröffnung anstehenden Sudeten- Ihr
    sammenwirken ihrer Mitglieder gestaltet sich              deutschen Museum in München Einrichtungen
    immer schwieriger.                                        geschaffen wurden, die uns in diese Worte ver-
    Auch die Verbände der Heimatvertriebenen und              trauen lassen können. Kein Zweifel daran kann
    der Bund der Vertriebenen spüren dies deutlich.           in unseren Reihen auch deshalb aufkommen, da
    Die so lieb gewordenen monatlichen Zusam-                 inzwischen der versprochene Bau eines Kultur- Christian Knauer, BdV-Landesvorsitzender

       Impressum
       Herausgeber: Bund der Vertriebenen, Vereinigte Landsmannschaften Landesverband Bayern e. V.
                    Am Lilienberg 5, 81669 München, Telefon (0 89) 48 14 47, Fax (0 89) 48 26 21
       Redaktion:   Christian Knauer (verantwortlich), Susanne Sorgenfrei, Susanne Marb
       Layout:      Christian Knauer
       Texte:       Kurt Aue, Artur Böpple, Dr. Hella Gerber, Horst W. Gömpel, Prof. Dr. Rudolf Grulich, Paul Hansel, Prof. Dr. Ferdinand Klein,
                    Christian Knauer, Peter Krier, Kulturzentrum der Deutschen aus Russland in Nürnberg, Kulturstiftung der deutschen
                    Vertriebenen, Dr. Matthias Lill, Christoph Lippert, Susanne Marb, Marcel Pauls, Willibald Piesch, Siebenbürgische Zeitung,
                    Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, Georg Teutsch, Dr. Christean Wagner.
       Bilder:      Maria und Peter Bergmann, Artur Böpple, Karin Bohn, Paul Hansel, Peter Krier, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen,
                    Dr. Matthias Lill, Christoph Lippert, Anton Lubojanski, Susanne Marb, Dusan Pavoris, Pietsch/Landratsamt Augsburg,
                    Dr. Christean Wagner.
       Hinweis:     Sie erhalten regelmäßig den BdV-Blickpunkt mit aktuellen Informationen zu den Themen der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und
                          Spätaussiedler. Um Ihnen den Blickpunkt zukommenzulassen, haben wir Ihre Kontaktdaten gespeichert. Diese Daten werden ausschließlich für den
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                          genannten Herausgeber.
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    BdV-Blickpunkt Oktober 2020
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Tag der Heimat

Glanzvoller Festakt:
  BdV Bayern begeht „Tag der Heimat“ in Augsburg
  Staatsregierung will Verbände stärken und stützen
Im besten Gewand zeigte sich am Sonn-         mals geschundenen und heimatlos ge-            sammenhalt, der von Ihnen ausgeht. Ihre
tag, 20. September, die Stadt Augsburg        wordenen Menschen eine solche Dekla-           Begeisterung zieht einen in ihren Bann
und sorgte mit der Überlassung des Gol-       ration verabschiedeten, sei „ein absolut       und lässt den Funken überspringen“, ge-
denen Saals im Rathaus für einen fest-        großer Schritt zu Versöhnung in Europa“        lang es Staatsministerin Carolina Traut-
lichen Rahmen, anlässlich der Zentral-        gewesen, der bis heute intensiv nachwir-       ner, MdL, schon zu Beginn ihrer Festre-
veranstaltung des „Tages der Heimat“ in       ke. Die Resolution sei eine Selbstver-         de, starke Sympathien zu gewinnen. Die
Bayern. Tage zuvor hatten BdV-Be-             pflichtung zur Eingliederung und zum           Ministerin weiter: „Hier spürt jeder, was
zirksvorsitzender Andreas Jäckel, MdL,        Wiederaufbau gewesen und barg eine der         unsere Herzen höherschlagen lässt und
und die neu gewählte BdV-Kreisvorsit-         ersten modernen Visionen für ein freies,       unsere Seelen erhebt: die eigene Kultur
zende Dr. Hella Gerber erfolgreich die        geeintes und friedliches Europa.               zu pflegen, stolz auf sie zu sein und sie
Weichen für einen reibungslosen Ablauf        Vieles hätte sich seither zum Positiven        mit anderen Menschen zu teilen.“ Es sei
gestellt. Mit der Veranstaltung hatte auch    gewandelt. Dies gelte auch für die in den      wertvoll, wenn die Veranstaltungen im
BdV-Landesgeschäftsführerin Susanne           Heimatgebieten verbliebenen Landsleu-          Rahmen des Heimattages für Momente
Sorgenfrei und ihr Münchner Team „die         te. Sie seien inzwischen als nationale Min-    sorgten, in denen die Menschen merkten,
Feuertaufe“ bestanden. Wegen der Co-          derheiten anerkannt und würden oft als         wie fest und kraftvoll die Wurzeln der
rona-Pandemie war eine Vielzahl von           „wunderbare Mosaiksteinchen in der je-         Heimatvertriebenen und Spätaussiedler
Auflagen zu beachten, leider auch den         weiligen nationalen Gesamtkultur“ be-          sind, wie reich und lebendig ihre Tradi-
Teilnehmerkreis auf 90 Personen zu be-        trachtet. Dem anwesenden rumänischen           tionen und wie leidvoll und doch hoff-
schränken. Am Ende gab es nicht nur           Botschafter attestierte er, dass dessen Land   nungsfroh ihre Geschichte.
kleine „Kuchenpakete“ für jeden Teil-         neben Ungarn die vorbildlichste Min-           Das Motto des diesjährigen Heimattages
nehmer, deren Inhalt freiwillige Helfe-       derheitenpolitik in Europa aufweise. Die       stelle ein Dokument in den Mittelpunkt,
rinnen des örtlichen BdV gebacken und         dortigen jüngsten Parlamentsbeschlüsse         das wichtige Impulse für die europäische
zusammengestellt hatten, sondern durch-       zur dauerhaften monatlichen Entschädi-         Entwicklung nach dem Zweiten Welt-
wegs Lob für die Organisation des zügi-                                                      krieg gegeben habe. Man müsse sich im-
gen, aber niveauvollen Festakts.                                                             mer wieder ins Bewusstsein rufen, was
In einem kurzen Film zum Thema, wur-                                                         die Vertreibung und die Deportationen
de das Leitwort der Veranstaltung „70                                                        damals bedeuteten: Enteignung, Ent-
Jahre Charta der deutschen Heimatver-                                                        rechtung, Zerstörung des Lebensmutes,
triebenen“ gleich von Beginn an in den                                                       Zwangsarbeit, Willkür, Gewalt, Überle-
Mittelpunkt gestellt. Oberbürgermeiste-                                                      bensangst, unendliches und unermessli-
rin Eva Weber gestand in ihrer Begrü-                                                        ches menschliches Leid. Daran nicht zu
ßung, dass es bei ihr „immer wieder eine                                                     zerbrechen, sondern Mut zu fassen und
Gänsehaut auslöst, wenn sie Bilder, in        gungsleistung, für die nach dem Zweiten        zu einem friedlichen Zusammenleben in
denen das Vertreibungsgeschehen gezeigt       Weltkrieg verschleppten deutschen              Europa aufzurufen, sage viel über die Mo-
wird, sieht“. Heute könne man sich das        Zwangsarbeiter, stelle die symbolische         ral der Heimatvertrieben aus. Zudem seien
damalige schreckliche Geschehen nach          Anerkennungsleistung der Bundesrepu-           sie seit über 70 Jahren Europas Brü-
dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr vor-         blik sogar in den Schatten.                    ckenbauer.
stellen. Es grenze an ein Wunder, dass        Dem Zentralrat der Juden in Deutschland        Ziel der Bayerischen Staatsregierung sei
die nahezu 15 Millionen aus ihren Hei-        entbot Knauer, anlässlich ihrer Gründung       es, die Heimatvertriebenen weiter zu stüt-
matgebieten vertriebenen Menschen sich        vor 70 Jahren einen besonderen Gruß.           zen und zu stärken. „Wir wollen, dass sie
in relativ kurzer Zeit integriert und eine    Viel zu lange hätten sich auch die Ver-        sich fest in unser kollektives Gedächtnis
entscheidende Rolle zum Aufbau des zer-       bände der Heimatvertriebenen allzu sehr        in Bayern und Deutschland einprägen.“
störten Deutschlands gespielt hätten. Die     mit dem Schicksal der eigenen Opfer-           Dabei habe man alle Heimatvertriebenen
Charta habe maßgeblich dazu beigetra-         gruppe beschäftigt und dabei das Leid je-      im Blick. Derzeit sei man dabei, Kultur-
gen. Augsburg freue sich, nach vielen         ner, auch unter ihren Augen, geschände-        zentren für die Deutschen aus Russland,
Jahren wieder Veranstaltungsort für den       ten oder ermordeten jüdischen Nachbarn         die Siebenbürger Sachsen, die Banater
zentralen Tag der Heimat zu sein.             hintangestellt oder gar ausgeklammert.         Schwaben und die Donauschwaben zu
BdV-Landesvorsitzender Christian Knau-        Er sei froh, dass in Bayern mit der Israe-     realisieren. Diese Zentren würden „be-
er stellte in seiner Ansprache heraus, dass   litischen Kultusgemeinde eine konstruk-        gehbare Schätze sein, die unsere Erinne-
die Charta in einer Zeit großer sozialer      tive Zusammenarbeit gepflegt werde. Man        rungen an einen wichtigen Teil der deut-
und wirtschaftlicher Not verabschiedet        sei sich einig, dass die Menschenrechte        schen Geschichte aufrecht halten werden“.
worden sei und im geschichtlichen Rück-       unteilbar seien und jegliche Formen von        Zudem wünsche sie sich, dass noch viel
blick „von einer ungeahnten Weitsicht         Nationalismus und Radikalismus schon           mehr Schulklassen die bestehenden Ein-
geprägt war“. Heute wüssten alle, dass        im Keim bekämpft werden müssten.               richtungen und Zentren besuchten, um
Unrecht nicht durch Worte oder durch          Mit ihrer Begrüßungsformel: „Was für           zu sehen, wie glanzvoll das kulturelle
bloße rhetorische Betroffenheit wieder-       eine Freude, Sie alle so zahlreich zu se-      Erbe der Heimatvertriebenen und Spät-
gutgemacht werden könne. Dass die da-         hen und was für ein eindrucksvoller Zu-        aussiedler strahlt.

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BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
Tag der Heimat

      Zahlreiche Ehrengäste
      Der BdV Bayern durfte sich beim „Tag
      der Heimat“ in Augsburg über zahl-
      reiche Ehrengäste freuen. Hier ein Aus-
      schnitt aus der Teilnehmerliste: Staats-
      ministerin Carolina Trautner, MdL,
      Bundesbeauftragter für Vertriebene
      und Aussiedler, Prof. Dr. Bernd Fa-
      britius, Landesbeauftragte für Ver-
      triebene und Aussiedler, Sylvia Stiers-
      torfer, (CSU), MdL, Botschafter Emil
      Hurezeanu, Rumänien, Oberbürger-
      meisterin Eva Weber, Dr. Volker Ul-
                                                 Impressionen vom Tag der Heimat
      rich (CSU), MdB, Markus Bayerbach
      (AfD), MdL, Volkmar Halbleib (SPD),
      MdL, Andreas Jäckel (CSU), MdL,
      Dr. Helmut Kaltenhauser (FDP), MdL,
      Josef Zellmeier (CSU), MdL, Bern-
      hard Pohl (FW), MdL, Michael
      Schmidt, Stiftungsvorsitzender, Mi-
      chael Müller, Bürgermeister Gerets-
      ried, Christian Kuznik, Stiftungsvor-
      sitzender, Anita Zwicknagl, Mu-
      seumsleiterin Geretsried, Dr. Wolf-
      gang Freytag, Ministerialrat, Bezirks-
      rätin Annemarie Probst (Bündnis
      90/Die Grünen), Bezirksrat Markus
      Streidl (AfD), Leo Dietz, CSU-Frak-
      tionsvorsitzender im Stadtrat, Stadt-
      rätin Dr. Hella Gerber (CSU), Stad-
      trätin Vanessa Schreb-Böttcher (CSU),
      Brunhilde Reitmeier-Zwick, Bundes-
      vorsitzende der Karpatendeutschen
      Landsmannschaft und Dr. Gotthard
      Schneider, Vorsitzender der Schle-
      sischen Landesversammlung.

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    BdV-Blickpunkt Oktober 2020
                                                      BdV
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BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
Kulturpreis

Dank und Anerkennung:
      Michael Schmidt – neuer Kulturpreisträger
  Staatsministerin Trautner überreicht Auszeichnung

Verleihung des BdV-Kulturpreises: Zwischen den Trachtenträgern von links Bundesbeauftragter Dr. Bernd Fabritius, Sozial-
ministerin Carolina Trautner, MdL, Botschafter Emil Hurezeanu und Preisträger Michael Schmidt.             Fotos: S. M.
Der Landesverband Bayern des Bundes         1960 in Deutsch-Kreuz in Siebenbürgen        Wertvolles und Erhaltenswertes“ ansieht.
der Vertriebenen verleiht seit 2013, dank   geboren. Zusammen mit seinen Eltern          2010 gründete er die „Michael Schmidt
der Unterstützung durch den Freistaat       und Geschwistern siedelte er 1981 nach       Stiftung“ – eine Non-Profit Organisation.
Bayern, jährlich einen Kulturpreis und      Deutschland aus. 1983 begann er sein         Diese hat sich zum Ziel gesetzt, die sie-
ergänzt diesen mit der Ausreichung von      Studium für Informatik an der Techni-        benbürgisch-sächsische Kultur zu pfle-
bis zu zwei Ehrengaben. Der Preis wird      schen Universität München, trat dem Ver-     gen, zu erhalten und an kommende Ge-
vergeben für herausragende künstlerische,   band der Siebenbürger Sachsen in             nerationen weiterzugeben.
literarische oder wissenschaftliche Bei-    Deutschland e.V. bei und engagierte sich     „Herz- und Mastermind“ der Stiftung ist
träge zu Themen der Vertriebenen und        intensiv in der siebenbürgisch-sächsischen   neben Michael Schmidt seine Ehegattin
Spätaussiedler oder der deutschen Sied-     Jugendarbeit der Kreisgruppe München.        Veronika. Die Stiftung unterstützt kultu-
lungsgebiete in Ost- und Südosteuropa       1988 wurde er – damals erst 28 Jahre alt     relle und humanitäre Projekte und insbe-
und für solche aus dem Bereich der          – zum jüngsten Vorsitzenden der Kreis-       sondere solche, die das deutschsprachi-
Brauchtumspflege. Der Kulturpreis be-       gruppe München gewählt. Er übte dieses       ge Bildungswesen in Rumänien fördern.
steht aus dem Hauptpreis, der mit 2.000     Amt bis 1992 aus. Nach abgeschlosse-         Ganz gezielt unterstützt sie den Unter-
Euro dotiert ist sowie Ehrengaben, mit      nem Studium und als Angestellter der         richt in deutscher Sprache an den Schu-
einer Ausreichung von jeweils 250 Euro.     Firma Siemens in München, ließ er sich       len in Siebenbürgen. So vergibt die Stif-
Die Preise werden von einer fünfköpfi-      1990 beurlauben, um eine Entsendung          tung jährlich 30 Stipendien für Studen-
gen Jury vergeben, von denen zwei Mit-      des Sozialwerks der Siebenbürger Sach-       tinnen und Studenten, die sich für ein
glieder durch das für die Heimatvertrie-    sen in Deutschland nach Siebenbürgen         Lehramt in deutscher Muttersprache in
benen jeweils zuständige Staatsminis-       anzunehmen. Michael Schmidt nutzte           Rumänien vorbereiten.
terium und drei Mitglieder vom BdV-         gleichzeitig die Chance, eine eigene wirt-   Gemeinsam mit Peter Maffay wurden
Landesvorstand berufen werden.              schaftliche Existenz in Rumänien auf-        von ihm die „Haferland-Kulturwoche“
Aus der Hand der Bayerischen Staats-        zubauen. Heute vertreibt er dort zwei der    ins Leben gerufen. Diese hat sich zum
ministerin für Arbeit und Soziales, Ca-     wichtigsten deutschen Automobilmar-          Ziel gesetzt, das Kulturgut der Sieben-
rolina Trautner erhielt am 20. September,   ken, BMW und MAN, hat sogar wieder           bürger Sachsen zu fördern und innerhalb
bei der Zentralveranstaltung des BdV zum    nach Bayern – in seine zweite Heimat –       der rumänischen Mehrheitsgesellschaft
„Tag der Heimat“, der Unternehmer und       zurückexpandiert. Mit seinen vielen          und bei internationalen Touristen bekannt
Vorsitzende der gleichnamigen Stiftung,     Zweigbetrieben in Rumänien und in Bay-       zu machen. Die Veranstaltung findet je-
Michael Schmidt, den Kulturpreis 2020.      ern bietet er für fast 2.000 Menschen ei-    des Jahr im August statt und zieht tau-
Schmidt ist in seiner Heimat Siebenbür-     nen gesicherten Arbeitsplatz.                sende Besucher aus dem In- und Ausland
gen und in Deutschland im Bereich der       Michael Schmidt fühlt sich seiner Her-       an. Die „Haferland-Kulturwoche“ ist die
Kultur- und Brauchtumspflege der Sie-       kunft, seiner Familie, seinen Freunden       größte Kulturveranstaltung, die der För-
benbürger Sachsen aktiv.                    und vor allem dem Verband der Sieben-        derung siebenbürgisch-sächsischer Kul-
Der Preisträger, so der Beauftragte der     bürger Sachsen in Deutschland immer          tur in Rumänien gewidmet ist. Von der
Bundesregierung für Aussiedler- und         noch stark verbunden. Es geht ihm um         Arbeit der Stiftung durfte sich eine De-
Minderheitenfragen, Dr. Bernd Fabritius,    die ganz besondere Identität des Sieben-     legation des BdV Bayern im vergange-
in seiner Laudatio, wurde am 20. Juli       bürger Sachsen, die er als etwas „sehr       nen Jahr einen Eindruck verschaffen.

                                                            BdV                                                 BdV-Blickpunkt Oktober 2020

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BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
Kulturpreis

     Besondere Auszeichnung:
                    Ehrengaben zum BdV-Kulturpreis für
              Stiftung Schlesien und Stadtmuseum Geretsried

     Verleihung der Ehrengaben: Von links Stiftungsvorsitzender Christian Kuznik, Oberbürgermeisterin Eva Weber, Vertriebe-
     nenbeauftragte Sylvia Stierstorfer, MdL, Bürgermeister Michael Müller, Museumsleiterin Anita Zwicknagl und BdV-Landes-
     vorsitzender Christian Knauer.                                                                              Fotos: S. M.

     Mit Ehrengaben zum Kulturpreis 2020            fügung zu stellen, übertraf alle Erwar-       sichtskarte mit deutschen Siedlungsge-
     wurden in diesem Jahr die „Stiftung Schle-     tungen. Es wurden mehr Exponate ge-           bieten im östlichen und südöstlichen Eu-
     sien.Bayern-MMIX“ für ihr Schlesisches         stiftet als ausgestellt werden können. Seit   ropa gezeigt, sondern auch Ansichten der
     Schaufenster in Straubing und die Stadt        der Eröffnung bringt sich das Museum          alten Heimat, wie ein Treckwagen einer
     Geretsried für ihr Stadtmuseum bedacht.        auch in das Straubinger Kulturleben ein,      Flüchtlingsfamilie aus Pusztavám (Un-
     BdV-Landesvorsitzender Christian Knau-         indem es jährlich Veranstaltungen, Vor-       garn) oder Musikinstrumente aus Böh-
     er und der oberbayerische BdV-Bezirks-         träge, Lesungen oder Ausstellungen            men. Anschauliche Inszenierungen ge-
     vorsitzende Paul Hansel würdigten in ei-       durchführt.                                   ben Einblicke in das Entstehen der
     ner Laudatio die kulturellen Leistungen        Mit der Ehrengabe an die Stadt Gerets-        Kommune auf Grundlage zweier Rüs-
     beider Einrichtungen.                          ried werden die besonderen Leistungen         tungsbetriebe, die das kulturelle und wirt-
     Die Stiftung „Schlesien.Bayern-MMIX“           und die Bedeutung des Museums der             schaftliche Erbe der Heimatvertriebenen
     wurde mit Urkunde der Regierung von            Stadt herausgestellt. Sein Ursprung geht      nachhaltig dokumentieren. Im Kino be-
     Mittelfranken am 17. November 2009 ge-         auf das Jahr der Stadterhebung zurück,        richten unterschiedliche Zeitzeugen über
     nehmigt. Sie sieht ihre Hauptaufgabe in        an dem am 27. Juni 1970 das Archiv und        ihre Ankunft in Geretsried nach Flucht
     der Förderung und Durchführung von             Museum Bayer. Nordgau Egerland und            und Vertreibung. Durch aktuelle Wech-
     Maßnahmen, die geeignet sind, den schle-       Westböhmen der Öffentlichkeit vorge-          selausstellungen und museumspädagogi-
     sischen Beitrag zur deutschen und euro-        stellt wurde. Nach Umbauarbeiten im Rat-      sche Aktionen hält das Museum das Be-
     päischen Kultur deutlich zu machen, sei-       haus konnte 1979 im Dachgeschoss das          sucherinteresse wach. Die Stadt hat mit
     ne Weiterentwicklung und Wirksamkeit           Heimatmuseum ins Leben gerufen wer-           seinem Museum einen Ort geschaffen,
     zu fördern sowie schlesisches Kulturgut        den. Zeitgleich entstanden Abteilungen        der an die reiche Geschichte und Kultur
     zu erhalten, zu sichern und zu pflegen.        der Egerländer, des Heimatkreises Ta-         der Deutschen aus dem Osten und Süd-
     Mit dem „Schlesischen Schaufenster“ im         chau, der Donauschwaben, der Trach-           osten erinnert. Gleichzeitig mahnen die
     Herzogschloss Straubing hat sie ein Mu-        tengruppe der Deutschen aus Ungarn, der       unterschiedlichen Darstellungen von Hei-
     seum geschaffen, an dem die historischen       Schlesier sowie der Siebenbürger Sach-        mat und Heimatverlust zum Frieden.
     und kulturellen Leistungen Schlesiens          sen. 2008 beschloss der Stadtrat, das Mu-
     nachvollzogen werden können.                   seum mit einer Neukonzeption in eines
     In zahlreichen Arbeitseinsätzen und in         der historischen Ingenieurshäuser von             24. Oktober 2020
     unzähligen Arbeitsstunden wurde das Mu-        1938 zu verlegen. Heute ist das Museum
     seum rein ehrenamtlich eingerichtet. Die       der Stadt Geretsried in zwei durch einen       BdV-Landesversammlung
     Nichtstaatlichen Museen in Bayern be-          Verbindungsgang verbundenen Gebäu-                 mit Neuwahlen
     gleiteten das Vorhaben beratend, der Frei-     den beheimatet.
     staat Bayern unterstützte es finanziell. Ein   Bei einem Rundgang wird den Besuchern               Waldkraiburg
     Aufruf, Objekte für das Museum zur Ver-        unter anderem nicht nur eine große Über-

     BdV-Blickpunkt Oktober 2020                                     BdV
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Jubiläum

Im Sudetendeutschen Haus:
     Landsmannschaft Schlesien in Bayern erinnert
   in „Feierlicher Stunde“ an ihr 70-jähriges Jubiläum

Eine treffendere Zusammenfassung der        Christian Knauer vertreten. Unter den       in ihre Heimat hineingestellt. Den Men-
„Feierlichen Stunde“, aus Anlass des 70-    Vorsitzenden der befreundeten Lands-        schen mit Zwang von seiner Heimat tren-
jährigen Jubiläums des bayerischen Lan-     mannschaften kam Damian Schwider von        nen, bedeutet ihn im Geiste töten.“ Die-
desverbandes der „Landsmannschaft           den Oberschlesiern eine besondere Rol-      se schonungslos ehrlichen Worte seien
Schlesien – Nieder- und Oberschlesien       le zu. Er überbrachte nicht nur die Grü-    ihr bei der Vorbereitung auf die Veran-
e. V.“, konnte man wohl kaum finden,        ße der „Schwesterlandsmannschaft“ son-      staltung „tief unter die Haut gegangen“.
als wie sie der oberbayerische BdV-Be-      dern umrahmte die Feier im Sudeten-         Auch mit Blick auf die Gegenwart mein-
zirksvorsitzende Paul Hansel formulier-     deutschen Haus in München mit ge-           te sie: „Wir müssen uns immer wieder
te: „Der heutige Nachmittag entsprach       konnten Klaviervorträgen. Für den fest-     ins Bewusstsein rufen, wie viel mensch-
ganz der zweiten Strophe der Bayern-        lichen Rahmen sorgten zudem zahlrei-        liches Leid entsteht, wenn Menschen ent-
hymne.“ Darin heißt es: „… dass mit         che Fahnenabordnungen, die Darbie-          wurzelt und fortgerissen werden, wenn
Deutschlands Bruderstämmen einig uns        tungen der Riesengebirgstrachtengruppe      sie Gewalt und Willkür ausgeliefert sind
ein jeder schau.“ Durch alle Reden habe     und die Einlagen von „Rübezahls Zwer-
sich wie ein roter Faden gezogen, dass      gen“, beide aus München.
der Freistaat Bayern in Vergangenheit,      Auch wenn die Jubiläumsfeier aus be-
Gegenwart und Zukunft fest zu seinen        kannten Gründen stark beschränkt war,
schlesischen Landsleuten steht. Unter-      wurde sie doch in anspruchsvoller und
strichen wurde diese Aussage auch durch     abwechslungsreicher Weise durchgeführt.
die starke Präsenz aus den Reihen der       Positiv trugen dabei die kurzen, aber in-
Landespolitik. So hatten sich unter – die   haltlich pointierten Grußworte der Be-
„Coronabedingt“ nur rund 80 zugelasse-      auftragten der Staatsregierung, des Bun-
nen Gäste – Bayerns Sozialministerin Ca-    desvorsitzenden und des BdV-Landes-
rolina Trautner, MdL, die Beauftragte der   vorsitzenden bei. Alle drei würdigten mit
Bayerischen Staatsregierung für Aus-        unterschiedlichen Akzentsetzungen die
siedler und Vertriebene, Sylvia Stiers-     Aufbauleistungen der Vertriebenen nach
torfer, MdL, sowie die vertriebenenpoli-    ihrer Vertreibung aus den Heimatgebie-
tischen Sprecher der CSU- und AfD-          ten, die Pflege des ostdeutschen Kultur-
Landtagsfraktion, Josef Zellmeier und       gutes, die Verständigungsarbeit und das
Christoph Maier gemischt.                   starke ehrenamtliche Engagement der
Der Bundesverband der Landsmannschaft       Mitglieder der Landsmannschaft.
war durch den Präsidenten der Bundes-       Staatsministerin Carolina Trautner, MdL,
delegiertenversammlung, Dr. Gotthard        unterstrich zu Beginn ihrer Festanspra-
Schneider, Bundesvorsitzenden Stephan       che den Passus aus der Charta der Hei-
Rauhut und Bundesfrauenreferentin An-       matvertriebenen: „Wir haben unsere Hei-
neliese Woschke, der Bund der Vertrie-      mat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge
benen durch seinen Landesvorsitzenden       auf dieser Erde. Gott hat die Menschen      Staatsministerin Carolina Trautner, MdL.

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Jubiläum

    und vor Verzweiflung nicht mehr weiter-     sollten alle von den Schlesiern lernen,      men, viele leidvolle, traurige, ja schreck-
    wissen.“ Ihr nötige es tiefen Respekt ab,   denn sie seien seit 70 Jahren Europas Brü-   liche Bilder ins Gedächtnis. Dies sei aber
    welche Kraft die Menschen nach 1945         ckenbauer. Die Bayerische Staatsregie-       nicht Ziel der „Feierlichen Stunde“.
    in der neuen Umgebung aufbringen muss-      rung werde die Schlesische Landsmann-        Vielmehr wolle man all jenen Dank sa-
    ten, um nicht zu zerbrechen.                schaft weiter stützen und stärken. Wört-     gen, die bei der Lösung der schier un-
    Der Landesverband Bayern der Lands-         lich: „Wir sind für Sie da. Darauf kön-      möglichen Aufgabe einer friedlichen In-
    mannschaft Schlesien habe sich von An-      nen Sie sich verlassen.“                     tegration von zunächst zwölf Millionen
    fang an um seine Landsleute gekümmert,      Landesvorsitzender Christian K. Kuznik       Vertriebenen und Flüchtlingen in einem
    Wunden geheilt und es den Menschen          brachte seine Freude über die große Be-      zerbombten und hungernden Rest-
    erleichtert, in Bayern anzukommen und       achtung des Jubiläums seiner Lands-          deutschland mitgeholfen hätten.
    Schritt für Schritt heimisch zu werden.     mannschaft zum Ausdruck. Dies käme           Die politisch besonders brisante und um-
    Was ihm und den Menschen damals ge-         nicht nur durch die zahlreichen Ehren-       strittene, für Jahrzehnte wichtigste For-
    meinsam gelungen ist, grenze an ein Wun-    gäste zum Ausdruck, sondern auch durch       derung nach der „Rückkehr in die Hei-
    der. Die Schlesier hätten in den vergan-    die Anwesenheit eines Kamerateams des        mat“ habe sich nach Auffassung der
    genen 70 Jahren sehr viel „zu unserer                                                    Landsmannschaft gewandelt. Von der ur-
    bayerischen Erfolgsgeschichte“ beigetra-    „Die politisch besonders brisante und        sprünglich erhofften „physischen Rück-
    gen. Die Ministerin wörtlich: „Ohne Sie     umstrittene, für Jahrzehnte wichtigste       kehr“, strebe man nunmehr einen „fried-
    würde Bayern heute anders aussehen. Ihre    Forderung nach der ‚Rückkehr in die Hei-     lich-geistigen Heimatbesitz“ mit den dort
    Ideen und Ihre Kreativität bereichern un-   mat‘ hat sich nach unserer Auffassung        heute lebenden Bewohnern an. Als wich-
    ser Bayern.“ Beeindruckend sei der Zu-      geschichtlich allerdings von einer physi-    tige Aufgabe betrachtet sein Verband,
    sammenhalt vieler schlesischer Lands-       schen Rückkehr in die ehemalige Hei-         „das gesamte geschichtliche und kultu-
    leute über Generationen hinweg. Durch       mat… in einen‚ friedlichen geistigen Hei-    relle Erbe des über 800 Jahre deutschen
    ihre Heimatverbundenheit und ihren Zu-      matbesitz, zusammen mit den dort heute       Schlesiens zu erhalten und dessen Weiter-
    sammenhalt von Jung und Alt seien die       lebenden Bewohnern gewandelt. Das ist        gabe an die nachfolgenden Generationen
    Schlesier die besten Vorbilder, die unse-   auch Folge dessen, dass es durch den         zu sichern“. Dazu gehörten auch die Er-
    re Gesellschaft haben könne. Die Hei-       Zeitenwandel eine solche Heimat, wie sie     innerungen an die schrecklichen Ereig-
    matverbundenheit und das Engagement         einst war, gar nicht mehr gibt und somit     nisse des Krieges, der Nachkriegszeit und
    der Mitglieder kommen auch den Men-         eine Rückkehr in etwas, was es nicht gibt,   an erlittenes Unrecht.
    schen in Schlesien zugute. Dabei seien      in keiner Weise möglich wäre oder ist.       Stolz zeigte sich Kuznik auf den Auf-
    die Impulse überaus wertvoll, mit denen                          Christian K. Kuznik     und Ausbau des „Schlesischen Schau-
    die deutsche Minderheit in Polen bei der                                                 fensters in Bayern – Museum und Do-
    Pflege ihrer Sprache und Kultur unter-      Bayerischen Rundfunks. Für die Jubi-         kumentation“ in Straubing. Dieses wer-
    stützt werde. Das deutsche Leben habe       läumsveranstaltung habe man bewusst          de seit 2009 mit Unterstützung des
    Schlesien über Jahrhunderte hinweg ge-      den Begriff „Feierliche Stunde“ gewählt.     Freistaates Bayern auf- und ausgebaut.
    prägt. Dass die Menschen in Polen heu-      Die Jahreszahl erinnere an 70 und mehr       Mit ausschließlich gespendeten Objek-
    te diese reiche Geschichte immer mehr       Jahre erzwungener Abwesenheit von der        ten sei dieses inzwischen zu einem be-
    kennen, dazu hätten die Landsmann-          Heimat, aber auch an einen jahrzehnte-       staunten nichtstaatlichen Museum auf-
    schaften sehr viel beigetragen. In Euro-    langen Zusammenhalt der Landsleute.          gestiegen, welches Flucht und Vertreibung
    pa stünden die Völker vor der großen        Wenn man an die Zeit der Wurzeln des         der Landsleute, deren Integrations- und
    Herausforderung, geeint zu bleiben und      Verbandes denke, dann kämen jenen, die       Aufbauleistungen sowie das Wirken der
    zusammenzuwachsen. Wir könnten und          noch aus der Erlebnisgeneration stam-        Landsmannschaft dokumentiere. S. M.

      70 Jahre Landsmannschaft Schlesien – ein Rückblick
    Die Initialzündung für die organisatori-    „Vereinigung der Schlesier“ ins Leben        statt, die als Gründungsauftakt der Lands-
    schen Zusammenschlüsse der Vertriebe-       gerufen. Die Militärregierung verweigerte    mannschaft gilt. Aus dem „Schlesierver-
    nen nach Kriegsende wird in der be-         jedoch eine Lizenz. Als sich die Besat-      band Bayern“ entstand durch eine Na-
    rühmten Rede des damaligen US-Außen-        zungsmacht nach langwierigen Ver-            mensänderung die ,,Landsmannschaft
    ministers Byrnes vom 6. September 1946      handlungen im Jahr 1948 entschloss, Zu-      Schlesien – Nieder- und Oberschlesien,
    gesehen. Darin erklärte er, dass die Re-    sammenschlüsse von Vertriebenen, vor-        Landesverband Bayern e. V.“. 1950 fand
    gelung der deutschen Ostgrenze entspre-     nehmlich solche kultureller Art, zuzulas-    das erste Bundestreffen in Köln statt. Ein
    chend den Potsdamer Beschlüssen erst        sen, war das der Startschuss zur Grün-       Jahr später folgte unter dem Motto „Schle-
    im Zuge eines Friedensvertrages erfol-      dung zahlreicher Schlesiervereine. Aus       sien, eine gesamtdeutsche Verpflichtung”
    gen könne und bis dahin die Grenzen von     ihnen der „Schlesierverband Bayern“ als      das erste Schlesiertreffen in München. In
    1937 gelten. Bei der Gründung lands-        Dachorganisation. Er war damit die ober-     der Folgezeit fanden Schlesiertreffen auch
    mannschaftlicher Verbände dachten die       ste Vertretung der damals etwa 500.000       in Nürnberg, München und Regensburg
    zusammenfindenden Schlesier daher nicht     heimatvertriebenen Schlesier in Bayern       statt. Dabei fanden sich bis zu 210.000
    daran, einen Verband auf dauerhaftes Be-    und wurde Modell für den Auf- und Aus-       Teilnehmer ein.
    stehen zu begründen. Sie glaubten lange     bau der meisten anderen Landesverbän-        Das 50-jährige Bestehen des Landesver-
    Zeit, bald in die angestammten Heimat-      de.                                          bandes Bayern wurde mit einem Festakt
    orte zurückkehren zu können.                1949 fand im Prinzregententheater Mün-       am 12. März 1999 im Senatssaal des Ma-
    Bereits 1946 wurde in München eine          chen eine richtungweisende Kundgebung        ximilianeums begangen.

    BdV-Blickpunkt Oktober 2020                                  BdV
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BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
BdV-Bundesverband

70 Jahre Charta:
      Eindrucksvolle Gedenkfeier in Bad Cannstatt
  Politiker würdigen „Grundgesetz der Vertriebenen“

Statt des geplanten Festaktes „70 Jahre       geplante Veranstaltung vorgesehene Fest-    dass das Schicksal deutscher Heimatver-
Charta der deutschen Heimatvertriebe-         redner, Bundestagspräsident Dr. Wolfgang    triebener ein „Weltproblem“ sei, dessen
nen“ und der gemeinsam mit dieser Feier       Schäuble, hatte eine kurze Videobotschaft   Lösung „höchste sittliche Verantwortung
vorgesehenen Auftaktveranstaltung zum         übersandt, die ebenfalls auf YouTube prä-   und Verpflichtung zur gewaltigen Leis-
„Tag der Heimat 2020“ im Stuttgarter          sentiert wird.                              tung“ fordere.
Neuen Schloss hat wegen der Corona-                                                       Die Landesvorsitzende des Bundes der
Pandemie der Bund der Vertriebenen am          „Schon sehr früh nach dem Krieg ha-        Vertriebenen in Baden-Württemberg, Iris
5. August, am Denkmal der Charta im            ben die Heimatvertriebenen mit ihrer       Ripsam, hob bei der Kranzniederlegung
Kurpark Bad Cannstatt, eine feierliche         Charta auch ganz offiziell einen Ver-      hervor, dass die Charta aus einer Zeit
Kranzniederlegung durchgeführt. In An-         zicht auf Rache oder Vergeltung er-        stamme, in der es noch nicht selbstver-
wesenheit der Mitglieder des BdV-Prä-          klärt. Sie haben damit nicht nur ihren     ständlich gewesen sei, auf Rache und Ver-
sidiums und von Vertretern der Lands-          Beitrag zum inneren Frieden im Nach-       geltung zu verzichten. Kultusministerin
mannschaften würdigten BdV-Landesvor-          kriegsdeutschland geleistet. Sie haben     Dr. Susanne Eisenmann lobte den Bei-
sitzende Iris Ripsam und Kultusministe-        auf ihre Weise ganz persönlich die         trag der Heimatvertriebenen am Aufbau
rin Dr. Susanne Eisenmann eindrucks-           Konsequenzen einer Schuld auf sich         Deutschlands. Dieser sei enorm und an-
voll die Leitschrift der Vertriebenen. Die     genommen, die das ganze Volk auf           erkennungswürdig. Sie sei ihnen „un-
höchsten Staatsämter, Ministerpräsiden-        sich geladen hatte. Und sie haben mit      endlich dankbar“ für ihre Leistungen. Be-
ten vieler Bundesländer, einige Bundes-        der Charta letzten Endes auch dazu         sonders nach der bitteren traumatischen
parteien sowie Landsmannschaften und           beigetragen, dass – unter anderem mit      Erfahrung nötige es ihr mehr als nur Res-
BdV-Landesverbände hatten Kränze               den Ostverträgen der sozialliberalen       pekt ab, dass die Heimatvertriebenen mit
niederlegen lassen. Innenminister Horst        Koalition nach 1969 – der Weg zur          der Charta diesen Weg eingeschlagen hät-
Seehofer hatte aus diesem Anlass eine          Versöhnung mit den polnischen Nach-        ten.
Beflaggung aller Bundesgebäude ange-           barn und zum friedlichen Zusammen-         BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius wies
ordnet.                                        leben mit den Völkern der damaligen        in seiner kurzen Ansprache darauf hin,
Aufgrund der strengen Auflagen fand die        Sowjetunion sich öffnete.“                 dass die betroffenen rund 14 Millionen
Veranstaltung in überschaubarem Rah-                     Dr. Frank-Walter Steinmeier      Flüchtlinge und Heimatvertriebene unter
men statt. Gäste, die dennoch hinzukamen,                           Bundespräsident       anderem auch wegen der Verbrechen des
wurden ebenfalls gebeten, sich an die gel-                                                Hitler-Regimes in ihrer eigenen Heimat
tenden Abstandsregeln zu halten und Mas-      Vor 70 Jahren hatten 30 Repräsentanten      „Opfer ihres Deutschseins“ geworden
ken zu tragen. Interessierte Bürgerinnen      der nach dem Zweiten Weltkrieg ver-         seien. Damals habe es ein „Dogma der
und Bürger konnten die Kranzniederle-         triebenen Deutschen, auf Rache und Ver-     Kollektivschuld“ gegeben. Angesichts
gung per Facebook-Live-Stream verfol-         geltung verzichtet und ihre Mitwirkung      des zunehmenden Ablebens von Zeit-
gen. Das Ereignis wurde überdies profes-      an der Schaffung eines friedlichen, frei-   zeugen sehe er besondere Herausforde-
sionell filmisch begleitet. Diesen Film hat   heitlichen und geeinten Europas garan-      rungen für die Zukunft. Das Schicksal
der BdV zwischenzeitlich auf YouTube          tiert. Gleichzeitig wurde ein „Recht auf    der deutschen Heimatvertriebenen drohe
und seiner Internetseite veröffentlicht.      die Heimat“ als ein „von Gott geschenk-     in einer „Anonymität des generellen Op-
Ebenfalls angesehen werden kann dort ein      tes Grundrecht der Menschheit“ festge-      fergedenkens“ zu versinken, warnte er.
Jubiläumsfilm. Der für die ursprünglich       schrieben. Die Völker sollten erkennen,     Die Einschränkung des gesellschaftlichen

                                                              BdV                                                BdV-Blickpunkt Oktober 2020

                                                                 9
BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
BdV-Bundesverband

    Lebens durch die Pandemie träfe gerade       mung habe gebrodelt, die Lage war ex-         der Selbstorganisation und Vernetzung
    die Vertriebenen besonders hart. Unter       plosiv. Die internationale Presse hätte die   untereinander noch frisch in Erinnerung
    diesen Umständen sei er dankbar, dass        damalige Situation bewertet, „dass Ruhe       – das war die Lage 1950, so der BdV-
    man zu einer stillen, andächtigen Ge-        und Ordnung in den Reihen der Vertrie-        Chef.
    denkstunde an historischer Stätte zu-        benen nur unter einer ganz dünnen De-         Seine Zuhörer forderte er auf, sich zur
    sammenkommen konnte. Auf den Tag             cke gewahrt blieben, die jederzeit mit ver-   Veranschaulichung der Situation kurz an
    genau seien die Vorfahren, die Flucht und    heerenden Auswirkungen für ganz               die Eskalation an der griechisch-türki-
                                                                                               schen Grenze im Frühjahr 2020 zu erin-
                                                                                               nern. Hier habe sich deutlich gezeigt wie
      „Natürlich sind die Herausforderun-                                                      leicht Flüchtlingsmassen politisch mani-
      gen heute mit denen im Nachkriegs-                                                       puliert und als Rammbock für mögliche
      europa vor 70 Jahren nicht zu ver-                                                       politische Interessen eingesetzt werden
      gleichen. Aber wir sollten nie ver-                                                      können. Genau das – darauf ließen his-
      gessen, dass den deutschen Heimat-                                                       torische Dokumente schließen – war 1950
      vertriebenen bereits bei der Unter-                                                      Stalins Ziel für die deutschen Heimat-
      zeichnung ihrer Charta am 5. August                                                      vertriebenen.
      1950 in Bad Canstatt der unschätz-                                                       Wie seine Vorrednerinnen wies Fabritius
      bare Wert eines geeinten Europas be-                                                     auf die Verantwortung hin, die den Nach-
      wusst war. Damals wie heute gilt, dass                                                   kommen der Vertriebenen als Schick-
      gemeinsame Aufgaben sich gemein-                                                         salsgemeinschaft auf alle Zeit erwachse.
      sam am besten bewältigen lassen. Mit                                                     „Wir sind es, die heute und morgen auf-
      dieser Zuversicht und Überzeugung                                                        zeigen und vorleben, wie man aus furcht-
      machten sich die deutschen Heimat-                                                       barem Leid und großer Not dennoch im-
      vertriebenen daran, Deutschland
      wiederaufzubauen und daran mitzu-
                                                                                                 „Das 70-jährige Bestehen der Char-
      wirken, dass unser Land seinen Platz
                                                                                                ta ist für mich Anlass, die Lebensleis-
      als anerkannter und verlässlicher Part-
                                                                                                tung aller Vertriebenen zu würdigen,
      ner in der Staatengemeinschaft finden
                                                                                                die im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte
      konnte.“
                                                                                                mit ihrem Mut und Pioniergeist un-
                 Dr. Angela Merkel (CDU)
                                                                                                sere Heimat mit aufgebaut haben. Die
                           Bundeskanzlerin
                                                 Iris Ripsam, BdV-Landesvorsitzende             Selbstverpflichtungen der Charta sind
                                                                                                verwirklicht worden. Denn es ist ein
    Vertreibung überlebt hatten, mit „einem      Deutschland und für Europa brechen kön-        Verdienst der Erlebnisgeneration, dass
    wahren Paukenschlag“ an die Öffent-          ne“.                                           wir heute in einem demokratischen,
    lichkeit getreten und hätten eine Charta     In den Berichten der Besatzungsbehör-          rechtsstaatlichen und wohlhabenden
    vorlegt, die man 1950 zuallerletzt den       den an ihre Regierungen warnten diese          Deutschland innerhalb eines freien,
    Vertriebenen zugetraut hätte. „Alles wäre    davor, die junge Bundesrepublik in die-        geeinten und friedlichen Europa le-
    denkbar gewesen – aber sicher nicht ein      ser Sache im Stich zu lassen, da sie sonst     ben.“
    ‚Grundgesetz‘ der zukünftigen Arbeit, ein    „ideologischer Hilfe“ durch die östlich-                        Horst Seehofer (CSU)
    Dokument der Versöhnungsbereitschaft         kommunistischen Regime anheimfallen                              Bundesinnenminister
    und des Racheverzichts aus der Feder der     würde. Über allem habe „das sozialpoli-
    Opfer, die erst kurz zuvor ALLES, ihre       tische Damoklesschwert“ Millionen ver-        mer wieder Wege zur Verständigung fin-
    Heimat, verloren hatten!“                    triebener Menschen geschwebt, deren           det. Wenn den Vertriebenen der ersten
    Für ihn stelle sich die Frage, ob man heu-   weit überwiegende Mehrheit liebend gern       Stunde mit der Charta ein solch großer
    te die immense Tragweite der Charta und      sofort in die verlorene Heimat zurückge-      Wurf gelingen konnte, so ist es für uns
    ihrer Proklamation überhaupt nachvoll-       gangen wäre. Die Heimat im Osten ver-         Auftrag und Verpflichtung – und heute
    ziehen könne. „Was bedeutete die Char-       loren, im Westen nur geduldet, aber noch      erst recht ein Leichtes – zu unseren öst-
    ta aber 1950 für die Millionen Vertrie-      lange nicht „angekommen“, das Verbot          lichen Nachbarn Brücke und Verbindung
    benen, die in Not und Elend lebten, deren                                                  zu sein.“
    Familien vermisst, dezimiert oder über        „Als bedeutendstes Zeugnis für den           Die Menschen von hüben und drüben
    ganz Deutschland verstreut waren, deren       Einsatz der Vertriebenen für ein fried-      seien diesen Schritt der Verständigung
    Sehnen und Streben vielfach der verlo-        liches Miteinander und den gesell-           und Versöhnung schon längst gegangen!
    renen Heimat galt? Wie groß war damals        schaftlichen Zusammenhalt gilt die am        Damit seien sie auch Wegbereiter einer
    die Gefahr, dass alles auch ganz anders       5. August 1950 unterzeichnete Char-          wahrhaftigen Erinnerungskultur gewor-
    hätte kommen können?“ Fabritius gab           ta der Heimatvertriebenen. Die Char-         den, die auf manch nationalen Ebenen
    weiter zu bedenken, dass die Rahmen-          ta ist ein Bekenntnis zur Schaffung ei-      viel zu lange auf sich warten ließ und
    bedingungen für ein gutes Miteinander         nes freien, vereinigten Europas und          warten lässt. Der BdV bleibe zuversicht-
    der Menschen in Deutschland denkbar           gleichzeitig eine Erklärung des Ver-         lich, dass die ausgestreckte Hand immer
    ungünstig waren: Nahrungsmangel, ma-          zichts auf Rache und Vergeltung.“            wieder auch von den politisch Verant-
    terielle Not, Arbeitslosigkeit, traumati-                     Winfried Kretschmann         wortlichen und von den forschenden His-
    sche Erlebnisse und psychische Aus-                        (Bündnis 90/Die Grünen)         torikern ergriffen werden wird. Dafür
    weglosigkeit hätten ein bedrohliches                               Ministerpräsident       habe die Charta schon vor 70 Jahren den
    Spannungspotenzial gebildet. Die Stim-                                                     Boden bereitet.

    BdV-Blickpunkt Oktober 2020                                   BdV
                                                                    10
BdV-Bundesverband

5./6. August 2020:
             BdV-Deklaration zum 70. Jubiläum der
           „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“
Vor 70 Jahren, in einer Zeit großer sozi-    würde. Dieser europäischen Vision galt
aler und wirtschaftlicher Not, haben wir     unser Einsatz von Beginn an.                   „Ich danke dem Bund der Vertriebe-
deutsche Vertriebene und Flüchtlinge mit     Die Charta der deutschen Heimatvertrie- nen dafür, dass er Brücken der Ver-
unseren Verbänden die Charta der deut-       benen wurde gleichsam zum „Grundge- söhnung und Verständigung baut.
schen Heimatvertriebenen verfasst und        setz“ unserer Arbeit. In der Zeitlosigkeit Mein Dank gilt den Landsmann-
verkündet.                                   ihrer Inhalte hat sich diese Bedeutung bis schaften und den Mitgliedern für ihre
Darin setzten wir ganz bewusst ein na-       heute erhalten. Daher bekennen wir uns Arbeit in vielen grenzüberschreiten-
tional wie international sichtbares Zei-     auch 70 Jahre nach ihrer Entstehung zu den Projekten und im Bildungsbereich.
chen gegen eine weitere Eskalation der       ihren Grundsätzen und fordern:                 Sie leisten einen wichtigen Beitrag für
katastrophalen Gewalt- und Unrechts-         1. Vertreibungen sind nach wie vor ein unsere Gesellschaft. Sie alle sind Brü-
spirale. Diese hatte in der ersten Hälfte       Weltproblem. Dem Recht auf die Hei- ckenbauer im Dönhoff‘schen Sinne für
des 20. Jahrhunderts begonnen und mit           mat muss in Europa und weltweit auch eine bessere und gerechte Welt!“
dem von Deutschland ausgelösten Zwei-           durch strafbewehrte Vertreibungsver-                  Bodo Ramelow (Die Linke)
ten Weltkrieg, dem Holocaust sowie in           bote Geltung verschafft werden. Außer-                            Ministerpräsident
der Folge mit Flucht und Vertreibung            dem gilt es, verstärkt internationale
grausame zivilisatorische Tiefpunkte ge-        Strategien zu entwickeln oder weiter         derheiten in ihrer Heimat leben, ge-
funden.                                         zu fördern, die eine Verbesserung der        hören Möglichkeiten, des eigenen
                                                Lebensbedingungen in ihrer Heimat            Schicksals zu gedenken und die eige-
  „Die Charta spiegelt als Zeitdokument         heute bedrohter Menschen, Volks-             ne Geschichte zu bewahren sowie die
  die historische Situation, in der sie ent-    gruppen und Völker zum Ziel haben.           sprachliche und kulturelle Identität zu
  standen ist, weist aber zugleich weit 2. Die grenzüberschreitende verständi-               pflegen und zu erhalten. Dazu bedarf
  in die Zukunft. Sie enthält ein Be-           gungspolitische Arbeit, die wir deut-        es gesicherter Rechte und einer zu-
  kenntnis zum Gewaltverzicht und zur           sche Heimatvertriebene und Flücht-           kunftsfesten Förderung durch die Hei-
  Versöhnung. Sie ruft die Völker und           linge, Aussiedler und Spätaussiedler,        matländer. Auch Deutschland kann
  Staaten Europas auf, gemeinsam für            aber auch die deutschen Minderheiten         sich hier noch stärker engagieren.
  eine friedliche und bessere Zukunft zu        in den Heimat- und Siedlungsgebie- 4. Unterscheiden sich auch die Umstän-
  arbeiten. Viel und damals kaum Er-            ten leisten, trägt bis heute Früchte. Sie    de, so ist doch die selbst mitgestaltete
  wartetes wurde erreicht. Die „Schaf-          befördert den europäischen Einigungs-        Eingliederung der deutschen Heimat-
  fung eines geeinten Europas ..., in dem       prozess, wirkt friedens- und zukunfts-       vertriebenen, Aussiedler und Spätaus-
  die Völker ohne Furcht und Zwang le-          sichernd und hat die Vertriebenen ih-        siedler eine Erfolgsgeschichte, die für
  ben können“ bleibt aber eine dauer-           rer Heimat wieder nähergebracht.             Flüchtlinge und Migranten unserer
  hafte Aufgabe, der wir uns in Deutsch-        Daher gilt es, politische Rahmenbe-          Tage Vorbildcharakter haben sollte.
  land und in Europa immer wieder neu           dingungen so zu setzen, dass diese Ar-
  stellen müssen.“                              beit fortgesetzt werden kann.               „Flucht und Vertreibung sind nicht
               Dr. Markus Söder (CSU) 3. Zum Recht auf die Heimat bereits ver- nur ein schmerzhafter Teil unserer Ge-
                        Ministerpräsident       triebener Völker und Volksgruppen, schichte, sondern trotz völkerrecht-
                                                also auch der deutschen Heimatver- licher Ächtung immer noch akute Re-
Darin legten wir den Grundstein für die         triebenen und ihrer Nachkommen, aber alität für viele Millionen Menschen
Linderung unserer größten Not und stell-        auch von Volksgruppen, die als Min-
ten uns die Mitwirkung am Wiederauf-                                                        weltweit. Umso wichtiger ist es, die
bau Deutschlands zur Aufgabe. Unsere                                                        Folgen von Flucht und Vertreibung in
selbst mitgestaltete Eingliederung in die                                                   unserem Bewusstsein wachzuhalten.“
Nachkriegsgesellschaft trug maßgeblich                                                             Christian Lindner (FDP), MdB
zur Sicherung des sozialen Friedens bei.
Darin definierten wir das Recht auf die                                                      Wo eine aktive Beteiligung an Inte-
Heimat als ein von Gott der Menschheit                                                       grationsprozessen gefordert wird und
geschenktes Recht und gaben sowohl un-                                                       diese einhergeht mit der heute mög-
serem eigenen Einsatz gegen Flucht, Ver-                                                     lichen Unterstützung zur Traumabe-
treibung, Deportation und Zwangsarbeit                                                       wältigung, kann der Weg in eine er-
als auch dem internationalen Kampf ge-                                                       folgreiche Zukunft am Ankunfts- und
gen Flucht und Vertreibung eine men-                                                         Zufluchtsort geebnet werden.
schenrechtliche Basis.                                                                    In der Umsetzung dieser Forderungen se-
Darin zeichneten wir eine der ersten mo-                                                  hen wir wichtige Voraussetzungen für die
dernen Visionen eines freien, geeinten                                                    erfolgreiche Bewältigung der Folgen von
und friedlichen Europas, in dem allein                                                    Flucht und Vertreibung sowie für dauer-
sich das Recht auf die Heimat für alle                                                    hafte Stabilität und Frieden in Europa und
Menschen und Völker umsetzen lassen                                                       in der Welt.

                                                              BdV                                                 BdV-Blickpunkt Oktober 2020

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       Volkmar Halbleib (SPD): Grundlage der Versöhnung
    Der Vertriebenenpolitische Sprecher der     ten und alles zu tun, damit Menschen in     der wichtigsten Botschaften der Charta
    SPD-Landtagsfraktion, Volkmar Halb-         ihrer Heimat bleiben können und denen       der Heimatvertriebenen sei es, das erlit-
    leib, hat in seiner Rede im Bayerischen     mit Empathie zu helfen, die heute aus ih-   tene Unrecht und Leid anzuerkennen. Es
    Landtag, anlässlich ihres 70. Jahrestags    rer Heimat vertrieben werden.“              gehe dabei nicht vorrangig um materiel-
    die „Charta der Heimatvertriebenen“ als     Keiner könne so ermessen wie die Hei-       le Entschädigung, sondern um die „Wie-
    wertvolles Bekenntnis und Grundlage der     matvertriebenen, wie wichtig Europa für     dergutmachung in den Seelen und Her-
    Aussöhnung bezeichnet. Flucht und Ver-      eine Aussöhnung auf der Grundlage von       zen“. Der Sprecher verwies in seiner Rede
    treibung seien keine historisch abge-       Wahrhaftigkeit ist. „Niemand kann so        zudem auf die Lebensleistung der Hei-
    schlossenen Phänomene. „Sie gehören         überzeugt sein, wie die Heimatvertriebe-    matvertriebenen: „Bayern würde ohne
    nach wie vor zu den bedrückendsten Her-     nen, dass nur Europa die zerstörerische     die Aufbauleistung der Heimatvertriebe-
    ausforderungen unserer Zeit. Der 70. Jah-   Kraft des Nationalismus überwinden          nen anders dastehen. Die Vertriebenen
    restag der Charta muss Anstoß und Mah-      kann“, sagte Halbleib in der Aussprache     haben mit Kraft, Mut und Energie mit-
    nung sein, Vertreibung aus ethnischen,      zum Dringlichkeitsantrag der CSU (Wir       geholfen, unser Land wieder aufzubau-
    religiösen und sonstigen Gründen zu äch-    berichteten in der letzten Ausgabe). Eine   en und mitzugestalten.“

                                  AfD würdigt Charta der Vertriebenen
    Die am 5. August 1950 in Stuttgart-Bad      tung vor Gott und den Menschen auf Ra-      allem in Gestalt der Beneš-Dekrete – ist
    Cannstatt unterzeichnete Charta der deut-   che und Vergeltung und riefen zur ‚Schaf-   diese Forderung noch immer nicht voll-
    schen Heimatvertriebenen würdigte un-       fung eines geeinten Europas‘ auf, als un-   ständig eingelöst. Zudem bedrohen Flucht
    mittelbar vor der Sommerpause des Bay-      ser Kontinent noch durch den Eisernen       und Migration gegenwärtig mehr denn je
    erischen Landtags auch der Parlamenta-      Vorhang geteilt war. Zu Recht wurde die-    das Recht sowohl der Geflüchteten als
    rische Geschäftsführer und vertriebenen-    ser bahnbrechende Beitrag zur Verstän-      auch der Menschen in den Aufnahme-
    politische Sprecher der AfD-Fraktion,       digung der Völker seitdem immer wie-        ländern auf Heimat.Und schließlich be-
    Christoph Maier. „Nach den Schrecken        der hervorgehoben.                          tont die Charta auch die Zugehörigkeit
    des Zweiten Weltkriegs und der Vertrei-     Wenn wir jetzt neuerlich der Verab-         der Vertriebenen zum ‚deutschen Volks-
    bung von zwölf Millionen Deutschen aus      schiedung der Vertriebenencharta vor 70     tum‘ sowie zum ‚christlich-abendländi-
    ihren angestammten Siedlungsgebieten        Jahren gedenken, sollten wir allerdings     schen Kulturkreis‘. Diese Voraussetzun-
    war die Charta der deutschen Heimat-        nicht übersehen, dass sie auch von einem    gen ihrer erfolgreichen Integration in die
    vertriebenen ein beeindruckendes und zu-    Recht der Menschen auf Heimat spricht.      neue westdeutsche Heimat sollten eben-
    kunftsweisendes Dokument deutschen          Dieses solle ‚als eines der von Gott ge-    falls nicht vergessen werden. Die AfD
    Versöhnungswillens. Viele tausende un-      schenkten Grundrechte der Menschheit        spricht sich dafür aus, das Schicksal und
    serer Landsleute befanden sich damals       anerkannt und verwirklicht‘ werden. An-     die Leistungen der deutschen Heimat-
    noch in sowjetischer Kriegsgefangen-        gesichts des in manchen Vertreibungs-       vertriebenen vor diesem historischen Kon-
    schaft. Die Heimatvertriebenen verzich-     ländern bis heute fortgeltenden Unrechts    text zu würdigen und das Recht aller Men-
    teten‚ im Bewusstsein ihrer Verantwor-      gegenüber den Heimatvertriebenen – vor      schen auf ihre Heimat zu verteidigen.“

    BdV-Blickpunkt Oktober 2020                                 BdV
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