BDV-BLICKPUNKT MIT AKTUELLEN VERBANDSMELDUNGEN
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BdV-Blickpunkt andsmeldunge n rb ellen Ve mit aktu Ausgabe Oktober 2020 Bund der Vertriebenen · Vereinigte Landsmannschaften Landesverband Bayern · Am Lilienberg 5 · 81669 München BdV Bayern vergibt seinen Kulturpreis an Michael Schmidt Landsmannschaft Schlesien feiert 70-jähriges Jubiläum Charta der Vertriebenen im Mittelpunkt der Veranstaltungen
Grußwort menkünfte mussten bereits monatelang ausfal- zentrums der Deutschen aus Russland ent- len, Großveranstaltungen wurden ersatzlos ge- schlossen umgesetzt wird. Auch die Planungen strichen. Der im Sommer aufkeimende Opti- für die Kulturzentren für die Siebenbürger Sach- mismus und die damit verbundenen Lockerungen sen, Banater Schwaben und Donauschwaben staatlich verordneter Reglementierungen führ- stehen weitgehend vor dem Abschluss. Diese ten zumindest dazu, dass Jubiläen oder Ge- Zentren der Heimatvertriebenen und Spätaus- denktage in kleinerem Rahmen begangen wer- siedler werden, so die Ministerin, begehbare den konnten. Obwohl die Einladungen für die Schätze sein und einen wichtigen Teil der deut- längst überfällige Landesversammlung bereits schen Geschichte aufrechterhalten. herausgegangen sind, bangt der BdV Bayern, Die Präsenz aller Landtagsfraktionen bei der ob er diese auch tatsächlich am 24. Oktober in Zentralveranstaltung zum „Tag der Heimat“ in Waldkraiburg durchführen kann. Augsburg zeigt deutlich, dass auch unsere bay- Bei den anstehenden Neuwahlen des Landes- erischen Volksvertreter hinter unseren Anliegen vorstandes wird es wichtige Veränderungen ge- stehen. Die ohne Gegenstimme erfolgte An- ben, zumal der dienstälteste stellvertretende Lan- nahme einer Resolution der CSU-Fraktion zur desvorsitzende, Friedrich Wilhelm Böld, sowie Verabschiedung der Charta der deutschen Hei- seine Kollegen Alfred Kipplinger und Dr. Jo- matvertriebenen vor 70 Jahren unterstreicht dies hannes Hörner ihre Arbeit nicht mehr fortset- eindrucksvoll. Leider ist in den letzten Mona- zen werden. Mit dem Wegzug von Ernst Schroe- ten aufgrund der Pandemie das unmittelbare der verliert der Landesverband als Schriftführer Gespräch zwischen Landesvorstand, Landes- einen weiteren Aktivposten. Erfreulich ist, dass vorsitzenden und der Politik nur eingeschränkt die Landesverbände bereits ausreichend neue möglich gewesen. Die „Corona-Entspannungs- sowie jüngere Kandidatinnen und Kandidaten pause“ wurde aber für einen fruchtbaren und vorgeschlagen haben. Auch der weibliche An- vertrauensbildenden Meinungsaustausch mit teil dürfte sich im neuen Landesvorstand deut- der neuen Schirmherrschaftsminsterin genutzt. Liebe Landsleute, lich vergrößern. Ein Gespräch mit der SPD-Landtagsfraktion ist liebe Leserinnen und Leser! Trotz allem „Wenn und Aber“ gibt es Erfreuli- für Ende November in Vorbereitung. ches zu vermelden. Die gesellschaftliche Aner- Noch etwas Positives gibt es zu vermelden: Vie- Schon fast wollte man daran glauben, dass kennung unserer Arbeit nimmt weiter zu. Hier- le äußern – manchmal nicht ganz zu Unrecht – Deutschland die Corona-Pandemie „im Griff“ zu zählt auch die wachsende Erkenntnis, dass Vorurteile gegenüber Programmbeiträgen im hat – die jüngste Entwicklung der Infektions- es den Verbänden der Heimatvertriebenen nicht öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir merken zahlen lässt diese Annahme leider anzweifeln. länger möglich sein wird, die Hauptlast der Ver- aber, dass die Kritik auch von den Verantwort- Die Ausweitung der Risikogebiete, die Zunah- pflichtungen des Paragraphen 96 Bundesver- lichen aufgenommen wird. Wir stellen jedenfalls me der Reisewarnungen, auch in Gebiete der triebenengesetz zu tragen. Die zunehmende fest, dass sich unsere Themen immer öfter in Europäischen Union, und die wieder verschärf- Überalterung unserer Kreis- und Ortsgruppen den Programmen des Bayerischen Rundfunks ten Auflagen für den Alltag vieler Menschen, und der kaum auszugleichende Verlust durch wiederfinden. Wann gab es in den letzten Jah- deuten auf einen schwierigen Herbst und Win- Todesfälle, macht es in den meisten Fällen nur ren eine so ausführliche Berichterstattung über ter hin. Die bereits regional erfolgten neuen Ein- noch begrenzt möglich, die zahlreichen Hei- das Jubiläum einer Landsmannschaft (70 Jah- schränkungen der Personenzahlen für Feste, matsammlungen am Leben zu halten. re Landsmannschaft Schlesien) oder einen Tag Feiern und Zusammenkünfte, lassen eine dau- Aber auch hier hat sich in den letzten Monaten der Heimat, wie in diesem? Daher sei auch von erhafte Veränderung unserer Gesellschaft be- bestätigt, was unsere neue Schirmherrschafts- dieser Stelle den Programmverantwortlichen fürchten. ministerin Carolina Trautner bei allen Zu- ein Lob und unsere Anerkennung hierfür aus- Nicht nur der erst begonnene wirtschaftliche sammenkünften versichert: „Die Bayerische gesprochen. Einbruch, der befürchtete Anstieg der Arbeits- Staatsregierung ist und bleibt Partner der Ver- Auch wenn wir uns in unseren Orts- und Kreis- losenzahlen nach Auslaufen des Kurzarbeiter- triebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. Sie gruppen weniger unmittelbar treffen können, geldes, die immense Staatsverschuldung und können sich auf uns verlassen!“ sollten wir in dieser Krise zusammenhalten. Un- der bereits eingetretene Rückgang der Steuer- Dankbar erinnern wir und erkennen an, dass sere Mitgliedschaft dient gemeinsamen Zielen! einnahmen geben Anlass zur Sorge. Auch das in der Vergangenheit mit dem Haus des Deut- Das wichtigste ist und bleibt, dafür unseren Bei- Ausbleiben von gesellschaftlichen Zusammen- schen Ostens in München, dem Haus der Hei- trag zu leisten, damit den heute lebenden Men- künften wird seinen Niederschlag finden. Die mat in Nürnberg, dem Kunstforum Ostdeutsche schen das erspart bleibt, was unsere Familien Vereine und Verbände stehen vor einer unge- Galerie in Regensburg, dem Ostpreußischem erdulden mussten – ihre Heimat zu verlieren. ahnten Bewährungsprobe. Sie können ihren Auf- Kulturzentrum in Ellingen und dem in wenigen Bleiben Sie gesund! gaben nur eingeschränkt nachkommen, das Zu- Tagen zur Eröffnung anstehenden Sudeten- Ihr sammenwirken ihrer Mitglieder gestaltet sich deutschen Museum in München Einrichtungen immer schwieriger. geschaffen wurden, die uns in diese Worte ver- Auch die Verbände der Heimatvertriebenen und trauen lassen können. Kein Zweifel daran kann der Bund der Vertriebenen spüren dies deutlich. in unseren Reihen auch deshalb aufkommen, da Die so lieb gewordenen monatlichen Zusam- inzwischen der versprochene Bau eines Kultur- Christian Knauer, BdV-Landesvorsitzender Impressum Herausgeber: Bund der Vertriebenen, Vereinigte Landsmannschaften Landesverband Bayern e. V. Am Lilienberg 5, 81669 München, Telefon (0 89) 48 14 47, Fax (0 89) 48 26 21 Redaktion: Christian Knauer (verantwortlich), Susanne Sorgenfrei, Susanne Marb Layout: Christian Knauer Texte: Kurt Aue, Artur Böpple, Dr. Hella Gerber, Horst W. Gömpel, Prof. Dr. Rudolf Grulich, Paul Hansel, Prof. Dr. Ferdinand Klein, Christian Knauer, Peter Krier, Kulturzentrum der Deutschen aus Russland in Nürnberg, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Dr. Matthias Lill, Christoph Lippert, Susanne Marb, Marcel Pauls, Willibald Piesch, Siebenbürgische Zeitung, Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, Georg Teutsch, Dr. Christean Wagner. Bilder: Maria und Peter Bergmann, Artur Böpple, Karin Bohn, Paul Hansel, Peter Krier, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Dr. Matthias Lill, Christoph Lippert, Anton Lubojanski, Susanne Marb, Dusan Pavoris, Pietsch/Landratsamt Augsburg, Dr. Christean Wagner. Hinweis: Sie erhalten regelmäßig den BdV-Blickpunkt mit aktuellen Informationen zu den Themen der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. Um Ihnen den Blickpunkt zukommenzulassen, haben wir Ihre Kontaktdaten gespeichert. Diese Daten werden ausschließlich für den Versand des BdV-Blickpunktes verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Falls Sie unser Magazin nicht weiterbeziehen möchten, können sie den Bezug jederzeit ohne Begründung widerrufen. Ihre Daten werden in diesem Fall vollständig gelöscht. Bitte richten Sie Ihren Widerruf an oben genannten Herausgeber. Gesamtherstellung: fm Dienstleistung, Schrobenhausener Straße 29, 86551 Aichach, Telefon (0 82 51) 5 1100 BdV-Blickpunkt Oktober 2020 BdV 2
Tag der Heimat Glanzvoller Festakt: BdV Bayern begeht „Tag der Heimat“ in Augsburg Staatsregierung will Verbände stärken und stützen Im besten Gewand zeigte sich am Sonn- mals geschundenen und heimatlos ge- sammenhalt, der von Ihnen ausgeht. Ihre tag, 20. September, die Stadt Augsburg wordenen Menschen eine solche Dekla- Begeisterung zieht einen in ihren Bann und sorgte mit der Überlassung des Gol- ration verabschiedeten, sei „ein absolut und lässt den Funken überspringen“, ge- denen Saals im Rathaus für einen fest- großer Schritt zu Versöhnung in Europa“ lang es Staatsministerin Carolina Traut- lichen Rahmen, anlässlich der Zentral- gewesen, der bis heute intensiv nachwir- ner, MdL, schon zu Beginn ihrer Festre- veranstaltung des „Tages der Heimat“ in ke. Die Resolution sei eine Selbstver- de, starke Sympathien zu gewinnen. Die Bayern. Tage zuvor hatten BdV-Be- pflichtung zur Eingliederung und zum Ministerin weiter: „Hier spürt jeder, was zirksvorsitzender Andreas Jäckel, MdL, Wiederaufbau gewesen und barg eine der unsere Herzen höherschlagen lässt und und die neu gewählte BdV-Kreisvorsit- ersten modernen Visionen für ein freies, unsere Seelen erhebt: die eigene Kultur zende Dr. Hella Gerber erfolgreich die geeintes und friedliches Europa. zu pflegen, stolz auf sie zu sein und sie Weichen für einen reibungslosen Ablauf Vieles hätte sich seither zum Positiven mit anderen Menschen zu teilen.“ Es sei gestellt. Mit der Veranstaltung hatte auch gewandelt. Dies gelte auch für die in den wertvoll, wenn die Veranstaltungen im BdV-Landesgeschäftsführerin Susanne Heimatgebieten verbliebenen Landsleu- Rahmen des Heimattages für Momente Sorgenfrei und ihr Münchner Team „die te. Sie seien inzwischen als nationale Min- sorgten, in denen die Menschen merkten, Feuertaufe“ bestanden. Wegen der Co- derheiten anerkannt und würden oft als wie fest und kraftvoll die Wurzeln der rona-Pandemie war eine Vielzahl von „wunderbare Mosaiksteinchen in der je- Heimatvertriebenen und Spätaussiedler Auflagen zu beachten, leider auch den weiligen nationalen Gesamtkultur“ be- sind, wie reich und lebendig ihre Tradi- Teilnehmerkreis auf 90 Personen zu be- trachtet. Dem anwesenden rumänischen tionen und wie leidvoll und doch hoff- schränken. Am Ende gab es nicht nur Botschafter attestierte er, dass dessen Land nungsfroh ihre Geschichte. kleine „Kuchenpakete“ für jeden Teil- neben Ungarn die vorbildlichste Min- Das Motto des diesjährigen Heimattages nehmer, deren Inhalt freiwillige Helfe- derheitenpolitik in Europa aufweise. Die stelle ein Dokument in den Mittelpunkt, rinnen des örtlichen BdV gebacken und dortigen jüngsten Parlamentsbeschlüsse das wichtige Impulse für die europäische zusammengestellt hatten, sondern durch- zur dauerhaften monatlichen Entschädi- Entwicklung nach dem Zweiten Welt- wegs Lob für die Organisation des zügi- krieg gegeben habe. Man müsse sich im- gen, aber niveauvollen Festakts. mer wieder ins Bewusstsein rufen, was In einem kurzen Film zum Thema, wur- die Vertreibung und die Deportationen de das Leitwort der Veranstaltung „70 damals bedeuteten: Enteignung, Ent- Jahre Charta der deutschen Heimatver- rechtung, Zerstörung des Lebensmutes, triebenen“ gleich von Beginn an in den Zwangsarbeit, Willkür, Gewalt, Überle- Mittelpunkt gestellt. Oberbürgermeiste- bensangst, unendliches und unermessli- rin Eva Weber gestand in ihrer Begrü- ches menschliches Leid. Daran nicht zu ßung, dass es bei ihr „immer wieder eine zerbrechen, sondern Mut zu fassen und Gänsehaut auslöst, wenn sie Bilder, in gungsleistung, für die nach dem Zweiten zu einem friedlichen Zusammenleben in denen das Vertreibungsgeschehen gezeigt Weltkrieg verschleppten deutschen Europa aufzurufen, sage viel über die Mo- wird, sieht“. Heute könne man sich das Zwangsarbeiter, stelle die symbolische ral der Heimatvertrieben aus. Zudem seien damalige schreckliche Geschehen nach Anerkennungsleistung der Bundesrepu- sie seit über 70 Jahren Europas Brü- dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr vor- blik sogar in den Schatten. ckenbauer. stellen. Es grenze an ein Wunder, dass Dem Zentralrat der Juden in Deutschland Ziel der Bayerischen Staatsregierung sei die nahezu 15 Millionen aus ihren Hei- entbot Knauer, anlässlich ihrer Gründung es, die Heimatvertriebenen weiter zu stüt- matgebieten vertriebenen Menschen sich vor 70 Jahren einen besonderen Gruß. zen und zu stärken. „Wir wollen, dass sie in relativ kurzer Zeit integriert und eine Viel zu lange hätten sich auch die Ver- sich fest in unser kollektives Gedächtnis entscheidende Rolle zum Aufbau des zer- bände der Heimatvertriebenen allzu sehr in Bayern und Deutschland einprägen.“ störten Deutschlands gespielt hätten. Die mit dem Schicksal der eigenen Opfer- Dabei habe man alle Heimatvertriebenen Charta habe maßgeblich dazu beigetra- gruppe beschäftigt und dabei das Leid je- im Blick. Derzeit sei man dabei, Kultur- gen. Augsburg freue sich, nach vielen ner, auch unter ihren Augen, geschände- zentren für die Deutschen aus Russland, Jahren wieder Veranstaltungsort für den ten oder ermordeten jüdischen Nachbarn die Siebenbürger Sachsen, die Banater zentralen Tag der Heimat zu sein. hintangestellt oder gar ausgeklammert. Schwaben und die Donauschwaben zu BdV-Landesvorsitzender Christian Knau- Er sei froh, dass in Bayern mit der Israe- realisieren. Diese Zentren würden „be- er stellte in seiner Ansprache heraus, dass litischen Kultusgemeinde eine konstruk- gehbare Schätze sein, die unsere Erinne- die Charta in einer Zeit großer sozialer tive Zusammenarbeit gepflegt werde. Man rungen an einen wichtigen Teil der deut- und wirtschaftlicher Not verabschiedet sei sich einig, dass die Menschenrechte schen Geschichte aufrecht halten werden“. worden sei und im geschichtlichen Rück- unteilbar seien und jegliche Formen von Zudem wünsche sie sich, dass noch viel blick „von einer ungeahnten Weitsicht Nationalismus und Radikalismus schon mehr Schulklassen die bestehenden Ein- geprägt war“. Heute wüssten alle, dass im Keim bekämpft werden müssten. richtungen und Zentren besuchten, um Unrecht nicht durch Worte oder durch Mit ihrer Begrüßungsformel: „Was für zu sehen, wie glanzvoll das kulturelle bloße rhetorische Betroffenheit wieder- eine Freude, Sie alle so zahlreich zu se- Erbe der Heimatvertriebenen und Spät- gutgemacht werden könne. Dass die da- hen und was für ein eindrucksvoller Zu- aussiedler strahlt. BdV BdV-Blickpunkt Oktober 2020 3
Tag der Heimat Zahlreiche Ehrengäste Der BdV Bayern durfte sich beim „Tag der Heimat“ in Augsburg über zahl- reiche Ehrengäste freuen. Hier ein Aus- schnitt aus der Teilnehmerliste: Staats- ministerin Carolina Trautner, MdL, Bundesbeauftragter für Vertriebene und Aussiedler, Prof. Dr. Bernd Fa- britius, Landesbeauftragte für Ver- triebene und Aussiedler, Sylvia Stiers- torfer, (CSU), MdL, Botschafter Emil Hurezeanu, Rumänien, Oberbürger- meisterin Eva Weber, Dr. Volker Ul- Impressionen vom Tag der Heimat rich (CSU), MdB, Markus Bayerbach (AfD), MdL, Volkmar Halbleib (SPD), MdL, Andreas Jäckel (CSU), MdL, Dr. Helmut Kaltenhauser (FDP), MdL, Josef Zellmeier (CSU), MdL, Bern- hard Pohl (FW), MdL, Michael Schmidt, Stiftungsvorsitzender, Mi- chael Müller, Bürgermeister Gerets- ried, Christian Kuznik, Stiftungsvor- sitzender, Anita Zwicknagl, Mu- seumsleiterin Geretsried, Dr. Wolf- gang Freytag, Ministerialrat, Bezirks- rätin Annemarie Probst (Bündnis 90/Die Grünen), Bezirksrat Markus Streidl (AfD), Leo Dietz, CSU-Frak- tionsvorsitzender im Stadtrat, Stadt- rätin Dr. Hella Gerber (CSU), Stad- trätin Vanessa Schreb-Böttcher (CSU), Brunhilde Reitmeier-Zwick, Bundes- vorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft und Dr. Gotthard Schneider, Vorsitzender der Schle- sischen Landesversammlung. Werden auch Sie unser Fördermitglied BdV-Blickpunkt Oktober 2020 BdV 4
Kulturpreis Dank und Anerkennung: Michael Schmidt – neuer Kulturpreisträger Staatsministerin Trautner überreicht Auszeichnung Verleihung des BdV-Kulturpreises: Zwischen den Trachtenträgern von links Bundesbeauftragter Dr. Bernd Fabritius, Sozial- ministerin Carolina Trautner, MdL, Botschafter Emil Hurezeanu und Preisträger Michael Schmidt. Fotos: S. M. Der Landesverband Bayern des Bundes 1960 in Deutsch-Kreuz in Siebenbürgen Wertvolles und Erhaltenswertes“ ansieht. der Vertriebenen verleiht seit 2013, dank geboren. Zusammen mit seinen Eltern 2010 gründete er die „Michael Schmidt der Unterstützung durch den Freistaat und Geschwistern siedelte er 1981 nach Stiftung“ – eine Non-Profit Organisation. Bayern, jährlich einen Kulturpreis und Deutschland aus. 1983 begann er sein Diese hat sich zum Ziel gesetzt, die sie- ergänzt diesen mit der Ausreichung von Studium für Informatik an der Techni- benbürgisch-sächsische Kultur zu pfle- bis zu zwei Ehrengaben. Der Preis wird schen Universität München, trat dem Ver- gen, zu erhalten und an kommende Ge- vergeben für herausragende künstlerische, band der Siebenbürger Sachsen in nerationen weiterzugeben. literarische oder wissenschaftliche Bei- Deutschland e.V. bei und engagierte sich „Herz- und Mastermind“ der Stiftung ist träge zu Themen der Vertriebenen und intensiv in der siebenbürgisch-sächsischen neben Michael Schmidt seine Ehegattin Spätaussiedler oder der deutschen Sied- Jugendarbeit der Kreisgruppe München. Veronika. Die Stiftung unterstützt kultu- lungsgebiete in Ost- und Südosteuropa 1988 wurde er – damals erst 28 Jahre alt relle und humanitäre Projekte und insbe- und für solche aus dem Bereich der – zum jüngsten Vorsitzenden der Kreis- sondere solche, die das deutschsprachi- Brauchtumspflege. Der Kulturpreis be- gruppe München gewählt. Er übte dieses ge Bildungswesen in Rumänien fördern. steht aus dem Hauptpreis, der mit 2.000 Amt bis 1992 aus. Nach abgeschlosse- Ganz gezielt unterstützt sie den Unter- Euro dotiert ist sowie Ehrengaben, mit nem Studium und als Angestellter der richt in deutscher Sprache an den Schu- einer Ausreichung von jeweils 250 Euro. Firma Siemens in München, ließ er sich len in Siebenbürgen. So vergibt die Stif- Die Preise werden von einer fünfköpfi- 1990 beurlauben, um eine Entsendung tung jährlich 30 Stipendien für Studen- gen Jury vergeben, von denen zwei Mit- des Sozialwerks der Siebenbürger Sach- tinnen und Studenten, die sich für ein glieder durch das für die Heimatvertrie- sen in Deutschland nach Siebenbürgen Lehramt in deutscher Muttersprache in benen jeweils zuständige Staatsminis- anzunehmen. Michael Schmidt nutzte Rumänien vorbereiten. terium und drei Mitglieder vom BdV- gleichzeitig die Chance, eine eigene wirt- Gemeinsam mit Peter Maffay wurden Landesvorstand berufen werden. schaftliche Existenz in Rumänien auf- von ihm die „Haferland-Kulturwoche“ Aus der Hand der Bayerischen Staats- zubauen. Heute vertreibt er dort zwei der ins Leben gerufen. Diese hat sich zum ministerin für Arbeit und Soziales, Ca- wichtigsten deutschen Automobilmar- Ziel gesetzt, das Kulturgut der Sieben- rolina Trautner erhielt am 20. September, ken, BMW und MAN, hat sogar wieder bürger Sachsen zu fördern und innerhalb bei der Zentralveranstaltung des BdV zum nach Bayern – in seine zweite Heimat – der rumänischen Mehrheitsgesellschaft „Tag der Heimat“, der Unternehmer und zurückexpandiert. Mit seinen vielen und bei internationalen Touristen bekannt Vorsitzende der gleichnamigen Stiftung, Zweigbetrieben in Rumänien und in Bay- zu machen. Die Veranstaltung findet je- Michael Schmidt, den Kulturpreis 2020. ern bietet er für fast 2.000 Menschen ei- des Jahr im August statt und zieht tau- Schmidt ist in seiner Heimat Siebenbür- nen gesicherten Arbeitsplatz. sende Besucher aus dem In- und Ausland gen und in Deutschland im Bereich der Michael Schmidt fühlt sich seiner Her- an. Die „Haferland-Kulturwoche“ ist die Kultur- und Brauchtumspflege der Sie- kunft, seiner Familie, seinen Freunden größte Kulturveranstaltung, die der För- benbürger Sachsen aktiv. und vor allem dem Verband der Sieben- derung siebenbürgisch-sächsischer Kul- Der Preisträger, so der Beauftragte der bürger Sachsen in Deutschland immer tur in Rumänien gewidmet ist. Von der Bundesregierung für Aussiedler- und noch stark verbunden. Es geht ihm um Arbeit der Stiftung durfte sich eine De- Minderheitenfragen, Dr. Bernd Fabritius, die ganz besondere Identität des Sieben- legation des BdV Bayern im vergange- in seiner Laudatio, wurde am 20. Juli bürger Sachsen, die er als etwas „sehr nen Jahr einen Eindruck verschaffen. BdV BdV-Blickpunkt Oktober 2020 5
Kulturpreis Besondere Auszeichnung: Ehrengaben zum BdV-Kulturpreis für Stiftung Schlesien und Stadtmuseum Geretsried Verleihung der Ehrengaben: Von links Stiftungsvorsitzender Christian Kuznik, Oberbürgermeisterin Eva Weber, Vertriebe- nenbeauftragte Sylvia Stierstorfer, MdL, Bürgermeister Michael Müller, Museumsleiterin Anita Zwicknagl und BdV-Landes- vorsitzender Christian Knauer. Fotos: S. M. Mit Ehrengaben zum Kulturpreis 2020 fügung zu stellen, übertraf alle Erwar- sichtskarte mit deutschen Siedlungsge- wurden in diesem Jahr die „Stiftung Schle- tungen. Es wurden mehr Exponate ge- bieten im östlichen und südöstlichen Eu- sien.Bayern-MMIX“ für ihr Schlesisches stiftet als ausgestellt werden können. Seit ropa gezeigt, sondern auch Ansichten der Schaufenster in Straubing und die Stadt der Eröffnung bringt sich das Museum alten Heimat, wie ein Treckwagen einer Geretsried für ihr Stadtmuseum bedacht. auch in das Straubinger Kulturleben ein, Flüchtlingsfamilie aus Pusztavám (Un- BdV-Landesvorsitzender Christian Knau- indem es jährlich Veranstaltungen, Vor- garn) oder Musikinstrumente aus Böh- er und der oberbayerische BdV-Bezirks- träge, Lesungen oder Ausstellungen men. Anschauliche Inszenierungen ge- vorsitzende Paul Hansel würdigten in ei- durchführt. ben Einblicke in das Entstehen der ner Laudatio die kulturellen Leistungen Mit der Ehrengabe an die Stadt Gerets- Kommune auf Grundlage zweier Rüs- beider Einrichtungen. ried werden die besonderen Leistungen tungsbetriebe, die das kulturelle und wirt- Die Stiftung „Schlesien.Bayern-MMIX“ und die Bedeutung des Museums der schaftliche Erbe der Heimatvertriebenen wurde mit Urkunde der Regierung von Stadt herausgestellt. Sein Ursprung geht nachhaltig dokumentieren. Im Kino be- Mittelfranken am 17. November 2009 ge- auf das Jahr der Stadterhebung zurück, richten unterschiedliche Zeitzeugen über nehmigt. Sie sieht ihre Hauptaufgabe in an dem am 27. Juni 1970 das Archiv und ihre Ankunft in Geretsried nach Flucht der Förderung und Durchführung von Museum Bayer. Nordgau Egerland und und Vertreibung. Durch aktuelle Wech- Maßnahmen, die geeignet sind, den schle- Westböhmen der Öffentlichkeit vorge- selausstellungen und museumspädagogi- sischen Beitrag zur deutschen und euro- stellt wurde. Nach Umbauarbeiten im Rat- sche Aktionen hält das Museum das Be- päischen Kultur deutlich zu machen, sei- haus konnte 1979 im Dachgeschoss das sucherinteresse wach. Die Stadt hat mit ne Weiterentwicklung und Wirksamkeit Heimatmuseum ins Leben gerufen wer- seinem Museum einen Ort geschaffen, zu fördern sowie schlesisches Kulturgut den. Zeitgleich entstanden Abteilungen der an die reiche Geschichte und Kultur zu erhalten, zu sichern und zu pflegen. der Egerländer, des Heimatkreises Ta- der Deutschen aus dem Osten und Süd- Mit dem „Schlesischen Schaufenster“ im chau, der Donauschwaben, der Trach- osten erinnert. Gleichzeitig mahnen die Herzogschloss Straubing hat sie ein Mu- tengruppe der Deutschen aus Ungarn, der unterschiedlichen Darstellungen von Hei- seum geschaffen, an dem die historischen Schlesier sowie der Siebenbürger Sach- mat und Heimatverlust zum Frieden. und kulturellen Leistungen Schlesiens sen. 2008 beschloss der Stadtrat, das Mu- nachvollzogen werden können. seum mit einer Neukonzeption in eines In zahlreichen Arbeitseinsätzen und in der historischen Ingenieurshäuser von 24. Oktober 2020 unzähligen Arbeitsstunden wurde das Mu- 1938 zu verlegen. Heute ist das Museum seum rein ehrenamtlich eingerichtet. Die der Stadt Geretsried in zwei durch einen BdV-Landesversammlung Nichtstaatlichen Museen in Bayern be- Verbindungsgang verbundenen Gebäu- mit Neuwahlen gleiteten das Vorhaben beratend, der Frei- den beheimatet. staat Bayern unterstützte es finanziell. Ein Bei einem Rundgang wird den Besuchern Waldkraiburg Aufruf, Objekte für das Museum zur Ver- unter anderem nicht nur eine große Über- BdV-Blickpunkt Oktober 2020 BdV 6
Jubiläum Im Sudetendeutschen Haus: Landsmannschaft Schlesien in Bayern erinnert in „Feierlicher Stunde“ an ihr 70-jähriges Jubiläum Eine treffendere Zusammenfassung der Christian Knauer vertreten. Unter den in ihre Heimat hineingestellt. Den Men- „Feierlichen Stunde“, aus Anlass des 70- Vorsitzenden der befreundeten Lands- schen mit Zwang von seiner Heimat tren- jährigen Jubiläums des bayerischen Lan- mannschaften kam Damian Schwider von nen, bedeutet ihn im Geiste töten.“ Die- desverbandes der „Landsmannschaft den Oberschlesiern eine besondere Rol- se schonungslos ehrlichen Worte seien Schlesien – Nieder- und Oberschlesien le zu. Er überbrachte nicht nur die Grü- ihr bei der Vorbereitung auf die Veran- e. V.“, konnte man wohl kaum finden, ße der „Schwesterlandsmannschaft“ son- staltung „tief unter die Haut gegangen“. als wie sie der oberbayerische BdV-Be- dern umrahmte die Feier im Sudeten- Auch mit Blick auf die Gegenwart mein- zirksvorsitzende Paul Hansel formulier- deutschen Haus in München mit ge- te sie: „Wir müssen uns immer wieder te: „Der heutige Nachmittag entsprach konnten Klaviervorträgen. Für den fest- ins Bewusstsein rufen, wie viel mensch- ganz der zweiten Strophe der Bayern- lichen Rahmen sorgten zudem zahlrei- liches Leid entsteht, wenn Menschen ent- hymne.“ Darin heißt es: „… dass mit che Fahnenabordnungen, die Darbie- wurzelt und fortgerissen werden, wenn Deutschlands Bruderstämmen einig uns tungen der Riesengebirgstrachtengruppe sie Gewalt und Willkür ausgeliefert sind ein jeder schau.“ Durch alle Reden habe und die Einlagen von „Rübezahls Zwer- sich wie ein roter Faden gezogen, dass gen“, beide aus München. der Freistaat Bayern in Vergangenheit, Auch wenn die Jubiläumsfeier aus be- Gegenwart und Zukunft fest zu seinen kannten Gründen stark beschränkt war, schlesischen Landsleuten steht. Unter- wurde sie doch in anspruchsvoller und strichen wurde diese Aussage auch durch abwechslungsreicher Weise durchgeführt. die starke Präsenz aus den Reihen der Positiv trugen dabei die kurzen, aber in- Landespolitik. So hatten sich unter – die haltlich pointierten Grußworte der Be- „Coronabedingt“ nur rund 80 zugelasse- auftragten der Staatsregierung, des Bun- nen Gäste – Bayerns Sozialministerin Ca- desvorsitzenden und des BdV-Landes- rolina Trautner, MdL, die Beauftragte der vorsitzenden bei. Alle drei würdigten mit Bayerischen Staatsregierung für Aus- unterschiedlichen Akzentsetzungen die siedler und Vertriebene, Sylvia Stiers- Aufbauleistungen der Vertriebenen nach torfer, MdL, sowie die vertriebenenpoli- ihrer Vertreibung aus den Heimatgebie- tischen Sprecher der CSU- und AfD- ten, die Pflege des ostdeutschen Kultur- Landtagsfraktion, Josef Zellmeier und gutes, die Verständigungsarbeit und das Christoph Maier gemischt. starke ehrenamtliche Engagement der Der Bundesverband der Landsmannschaft Mitglieder der Landsmannschaft. war durch den Präsidenten der Bundes- Staatsministerin Carolina Trautner, MdL, delegiertenversammlung, Dr. Gotthard unterstrich zu Beginn ihrer Festanspra- Schneider, Bundesvorsitzenden Stephan che den Passus aus der Charta der Hei- Rauhut und Bundesfrauenreferentin An- matvertriebenen: „Wir haben unsere Hei- neliese Woschke, der Bund der Vertrie- mat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge benen durch seinen Landesvorsitzenden auf dieser Erde. Gott hat die Menschen Staatsministerin Carolina Trautner, MdL. BdV BdV-Blickpunkt Oktober 2020 7
Jubiläum und vor Verzweiflung nicht mehr weiter- sollten alle von den Schlesiern lernen, men, viele leidvolle, traurige, ja schreck- wissen.“ Ihr nötige es tiefen Respekt ab, denn sie seien seit 70 Jahren Europas Brü- liche Bilder ins Gedächtnis. Dies sei aber welche Kraft die Menschen nach 1945 ckenbauer. Die Bayerische Staatsregie- nicht Ziel der „Feierlichen Stunde“. in der neuen Umgebung aufbringen muss- rung werde die Schlesische Landsmann- Vielmehr wolle man all jenen Dank sa- ten, um nicht zu zerbrechen. schaft weiter stützen und stärken. Wört- gen, die bei der Lösung der schier un- Der Landesverband Bayern der Lands- lich: „Wir sind für Sie da. Darauf kön- möglichen Aufgabe einer friedlichen In- mannschaft Schlesien habe sich von An- nen Sie sich verlassen.“ tegration von zunächst zwölf Millionen fang an um seine Landsleute gekümmert, Landesvorsitzender Christian K. Kuznik Vertriebenen und Flüchtlingen in einem Wunden geheilt und es den Menschen brachte seine Freude über die große Be- zerbombten und hungernden Rest- erleichtert, in Bayern anzukommen und achtung des Jubiläums seiner Lands- deutschland mitgeholfen hätten. Schritt für Schritt heimisch zu werden. mannschaft zum Ausdruck. Dies käme Die politisch besonders brisante und um- Was ihm und den Menschen damals ge- nicht nur durch die zahlreichen Ehren- strittene, für Jahrzehnte wichtigste For- meinsam gelungen ist, grenze an ein Wun- gäste zum Ausdruck, sondern auch durch derung nach der „Rückkehr in die Hei- der. Die Schlesier hätten in den vergan- die Anwesenheit eines Kamerateams des mat“ habe sich nach Auffassung der genen 70 Jahren sehr viel „zu unserer Landsmannschaft gewandelt. Von der ur- bayerischen Erfolgsgeschichte“ beigetra- „Die politisch besonders brisante und sprünglich erhofften „physischen Rück- gen. Die Ministerin wörtlich: „Ohne Sie umstrittene, für Jahrzehnte wichtigste kehr“, strebe man nunmehr einen „fried- würde Bayern heute anders aussehen. Ihre Forderung nach der ‚Rückkehr in die Hei- lich-geistigen Heimatbesitz“ mit den dort Ideen und Ihre Kreativität bereichern un- mat‘ hat sich nach unserer Auffassung heute lebenden Bewohnern an. Als wich- ser Bayern.“ Beeindruckend sei der Zu- geschichtlich allerdings von einer physi- tige Aufgabe betrachtet sein Verband, sammenhalt vieler schlesischer Lands- schen Rückkehr in die ehemalige Hei- „das gesamte geschichtliche und kultu- leute über Generationen hinweg. Durch mat… in einen‚ friedlichen geistigen Hei- relle Erbe des über 800 Jahre deutschen ihre Heimatverbundenheit und ihren Zu- matbesitz, zusammen mit den dort heute Schlesiens zu erhalten und dessen Weiter- sammenhalt von Jung und Alt seien die lebenden Bewohnern gewandelt. Das ist gabe an die nachfolgenden Generationen Schlesier die besten Vorbilder, die unse- auch Folge dessen, dass es durch den zu sichern“. Dazu gehörten auch die Er- re Gesellschaft haben könne. Die Hei- Zeitenwandel eine solche Heimat, wie sie innerungen an die schrecklichen Ereig- matverbundenheit und das Engagement einst war, gar nicht mehr gibt und somit nisse des Krieges, der Nachkriegszeit und der Mitglieder kommen auch den Men- eine Rückkehr in etwas, was es nicht gibt, an erlittenes Unrecht. schen in Schlesien zugute. Dabei seien in keiner Weise möglich wäre oder ist. Stolz zeigte sich Kuznik auf den Auf- die Impulse überaus wertvoll, mit denen Christian K. Kuznik und Ausbau des „Schlesischen Schau- die deutsche Minderheit in Polen bei der fensters in Bayern – Museum und Do- Pflege ihrer Sprache und Kultur unter- Bayerischen Rundfunks. Für die Jubi- kumentation“ in Straubing. Dieses wer- stützt werde. Das deutsche Leben habe läumsveranstaltung habe man bewusst de seit 2009 mit Unterstützung des Schlesien über Jahrhunderte hinweg ge- den Begriff „Feierliche Stunde“ gewählt. Freistaates Bayern auf- und ausgebaut. prägt. Dass die Menschen in Polen heu- Die Jahreszahl erinnere an 70 und mehr Mit ausschließlich gespendeten Objek- te diese reiche Geschichte immer mehr Jahre erzwungener Abwesenheit von der ten sei dieses inzwischen zu einem be- kennen, dazu hätten die Landsmann- Heimat, aber auch an einen jahrzehnte- staunten nichtstaatlichen Museum auf- schaften sehr viel beigetragen. In Euro- langen Zusammenhalt der Landsleute. gestiegen, welches Flucht und Vertreibung pa stünden die Völker vor der großen Wenn man an die Zeit der Wurzeln des der Landsleute, deren Integrations- und Herausforderung, geeint zu bleiben und Verbandes denke, dann kämen jenen, die Aufbauleistungen sowie das Wirken der zusammenzuwachsen. Wir könnten und noch aus der Erlebnisgeneration stam- Landsmannschaft dokumentiere. S. M. 70 Jahre Landsmannschaft Schlesien – ein Rückblick Die Initialzündung für die organisatori- „Vereinigung der Schlesier“ ins Leben statt, die als Gründungsauftakt der Lands- schen Zusammenschlüsse der Vertriebe- gerufen. Die Militärregierung verweigerte mannschaft gilt. Aus dem „Schlesierver- nen nach Kriegsende wird in der be- jedoch eine Lizenz. Als sich die Besat- band Bayern“ entstand durch eine Na- rühmten Rede des damaligen US-Außen- zungsmacht nach langwierigen Ver- mensänderung die ,,Landsmannschaft ministers Byrnes vom 6. September 1946 handlungen im Jahr 1948 entschloss, Zu- Schlesien – Nieder- und Oberschlesien, gesehen. Darin erklärte er, dass die Re- sammenschlüsse von Vertriebenen, vor- Landesverband Bayern e. V.“. 1950 fand gelung der deutschen Ostgrenze entspre- nehmlich solche kultureller Art, zuzulas- das erste Bundestreffen in Köln statt. Ein chend den Potsdamer Beschlüssen erst sen, war das der Startschuss zur Grün- Jahr später folgte unter dem Motto „Schle- im Zuge eines Friedensvertrages erfol- dung zahlreicher Schlesiervereine. Aus sien, eine gesamtdeutsche Verpflichtung” gen könne und bis dahin die Grenzen von ihnen der „Schlesierverband Bayern“ als das erste Schlesiertreffen in München. In 1937 gelten. Bei der Gründung lands- Dachorganisation. Er war damit die ober- der Folgezeit fanden Schlesiertreffen auch mannschaftlicher Verbände dachten die ste Vertretung der damals etwa 500.000 in Nürnberg, München und Regensburg zusammenfindenden Schlesier daher nicht heimatvertriebenen Schlesier in Bayern statt. Dabei fanden sich bis zu 210.000 daran, einen Verband auf dauerhaftes Be- und wurde Modell für den Auf- und Aus- Teilnehmer ein. stehen zu begründen. Sie glaubten lange bau der meisten anderen Landesverbän- Das 50-jährige Bestehen des Landesver- Zeit, bald in die angestammten Heimat- de. bandes Bayern wurde mit einem Festakt orte zurückkehren zu können. 1949 fand im Prinzregententheater Mün- am 12. März 1999 im Senatssaal des Ma- Bereits 1946 wurde in München eine chen eine richtungweisende Kundgebung ximilianeums begangen. BdV-Blickpunkt Oktober 2020 BdV 8
BdV-Bundesverband 70 Jahre Charta: Eindrucksvolle Gedenkfeier in Bad Cannstatt Politiker würdigen „Grundgesetz der Vertriebenen“ Statt des geplanten Festaktes „70 Jahre geplante Veranstaltung vorgesehene Fest- dass das Schicksal deutscher Heimatver- Charta der deutschen Heimatvertriebe- redner, Bundestagspräsident Dr. Wolfgang triebener ein „Weltproblem“ sei, dessen nen“ und der gemeinsam mit dieser Feier Schäuble, hatte eine kurze Videobotschaft Lösung „höchste sittliche Verantwortung vorgesehenen Auftaktveranstaltung zum übersandt, die ebenfalls auf YouTube prä- und Verpflichtung zur gewaltigen Leis- „Tag der Heimat 2020“ im Stuttgarter sentiert wird. tung“ fordere. Neuen Schloss hat wegen der Corona- Die Landesvorsitzende des Bundes der Pandemie der Bund der Vertriebenen am „Schon sehr früh nach dem Krieg ha- Vertriebenen in Baden-Württemberg, Iris 5. August, am Denkmal der Charta im ben die Heimatvertriebenen mit ihrer Ripsam, hob bei der Kranzniederlegung Kurpark Bad Cannstatt, eine feierliche Charta auch ganz offiziell einen Ver- hervor, dass die Charta aus einer Zeit Kranzniederlegung durchgeführt. In An- zicht auf Rache oder Vergeltung er- stamme, in der es noch nicht selbstver- wesenheit der Mitglieder des BdV-Prä- klärt. Sie haben damit nicht nur ihren ständlich gewesen sei, auf Rache und Ver- sidiums und von Vertretern der Lands- Beitrag zum inneren Frieden im Nach- geltung zu verzichten. Kultusministerin mannschaften würdigten BdV-Landesvor- kriegsdeutschland geleistet. Sie haben Dr. Susanne Eisenmann lobte den Bei- sitzende Iris Ripsam und Kultusministe- auf ihre Weise ganz persönlich die trag der Heimatvertriebenen am Aufbau rin Dr. Susanne Eisenmann eindrucks- Konsequenzen einer Schuld auf sich Deutschlands. Dieser sei enorm und an- voll die Leitschrift der Vertriebenen. Die genommen, die das ganze Volk auf erkennungswürdig. Sie sei ihnen „un- höchsten Staatsämter, Ministerpräsiden- sich geladen hatte. Und sie haben mit endlich dankbar“ für ihre Leistungen. Be- ten vieler Bundesländer, einige Bundes- der Charta letzten Endes auch dazu sonders nach der bitteren traumatischen parteien sowie Landsmannschaften und beigetragen, dass – unter anderem mit Erfahrung nötige es ihr mehr als nur Res- BdV-Landesverbände hatten Kränze den Ostverträgen der sozialliberalen pekt ab, dass die Heimatvertriebenen mit niederlegen lassen. Innenminister Horst Koalition nach 1969 – der Weg zur der Charta diesen Weg eingeschlagen hät- Seehofer hatte aus diesem Anlass eine Versöhnung mit den polnischen Nach- ten. Beflaggung aller Bundesgebäude ange- barn und zum friedlichen Zusammen- BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius wies ordnet. leben mit den Völkern der damaligen in seiner kurzen Ansprache darauf hin, Aufgrund der strengen Auflagen fand die Sowjetunion sich öffnete.“ dass die betroffenen rund 14 Millionen Veranstaltung in überschaubarem Rah- Dr. Frank-Walter Steinmeier Flüchtlinge und Heimatvertriebene unter men statt. Gäste, die dennoch hinzukamen, Bundespräsident anderem auch wegen der Verbrechen des wurden ebenfalls gebeten, sich an die gel- Hitler-Regimes in ihrer eigenen Heimat tenden Abstandsregeln zu halten und Mas- Vor 70 Jahren hatten 30 Repräsentanten „Opfer ihres Deutschseins“ geworden ken zu tragen. Interessierte Bürgerinnen der nach dem Zweiten Weltkrieg ver- seien. Damals habe es ein „Dogma der und Bürger konnten die Kranzniederle- triebenen Deutschen, auf Rache und Ver- Kollektivschuld“ gegeben. Angesichts gung per Facebook-Live-Stream verfol- geltung verzichtet und ihre Mitwirkung des zunehmenden Ablebens von Zeit- gen. Das Ereignis wurde überdies profes- an der Schaffung eines friedlichen, frei- zeugen sehe er besondere Herausforde- sionell filmisch begleitet. Diesen Film hat heitlichen und geeinten Europas garan- rungen für die Zukunft. Das Schicksal der BdV zwischenzeitlich auf YouTube tiert. Gleichzeitig wurde ein „Recht auf der deutschen Heimatvertriebenen drohe und seiner Internetseite veröffentlicht. die Heimat“ als ein „von Gott geschenk- in einer „Anonymität des generellen Op- Ebenfalls angesehen werden kann dort ein tes Grundrecht der Menschheit“ festge- fergedenkens“ zu versinken, warnte er. Jubiläumsfilm. Der für die ursprünglich schrieben. Die Völker sollten erkennen, Die Einschränkung des gesellschaftlichen BdV BdV-Blickpunkt Oktober 2020 9
BdV-Bundesverband Lebens durch die Pandemie träfe gerade mung habe gebrodelt, die Lage war ex- der Selbstorganisation und Vernetzung die Vertriebenen besonders hart. Unter plosiv. Die internationale Presse hätte die untereinander noch frisch in Erinnerung diesen Umständen sei er dankbar, dass damalige Situation bewertet, „dass Ruhe – das war die Lage 1950, so der BdV- man zu einer stillen, andächtigen Ge- und Ordnung in den Reihen der Vertrie- Chef. denkstunde an historischer Stätte zu- benen nur unter einer ganz dünnen De- Seine Zuhörer forderte er auf, sich zur sammenkommen konnte. Auf den Tag cke gewahrt blieben, die jederzeit mit ver- Veranschaulichung der Situation kurz an genau seien die Vorfahren, die Flucht und heerenden Auswirkungen für ganz die Eskalation an der griechisch-türki- schen Grenze im Frühjahr 2020 zu erin- nern. Hier habe sich deutlich gezeigt wie „Natürlich sind die Herausforderun- leicht Flüchtlingsmassen politisch mani- gen heute mit denen im Nachkriegs- puliert und als Rammbock für mögliche europa vor 70 Jahren nicht zu ver- politische Interessen eingesetzt werden gleichen. Aber wir sollten nie ver- können. Genau das – darauf ließen his- gessen, dass den deutschen Heimat- torische Dokumente schließen – war 1950 vertriebenen bereits bei der Unter- Stalins Ziel für die deutschen Heimat- zeichnung ihrer Charta am 5. August vertriebenen. 1950 in Bad Canstatt der unschätz- Wie seine Vorrednerinnen wies Fabritius bare Wert eines geeinten Europas be- auf die Verantwortung hin, die den Nach- wusst war. Damals wie heute gilt, dass kommen der Vertriebenen als Schick- gemeinsame Aufgaben sich gemein- salsgemeinschaft auf alle Zeit erwachse. sam am besten bewältigen lassen. Mit „Wir sind es, die heute und morgen auf- dieser Zuversicht und Überzeugung zeigen und vorleben, wie man aus furcht- machten sich die deutschen Heimat- barem Leid und großer Not dennoch im- vertriebenen daran, Deutschland wiederaufzubauen und daran mitzu- „Das 70-jährige Bestehen der Char- wirken, dass unser Land seinen Platz ta ist für mich Anlass, die Lebensleis- als anerkannter und verlässlicher Part- tung aller Vertriebenen zu würdigen, ner in der Staatengemeinschaft finden die im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte konnte.“ mit ihrem Mut und Pioniergeist un- Dr. Angela Merkel (CDU) sere Heimat mit aufgebaut haben. Die Bundeskanzlerin Iris Ripsam, BdV-Landesvorsitzende Selbstverpflichtungen der Charta sind verwirklicht worden. Denn es ist ein Vertreibung überlebt hatten, mit „einem Deutschland und für Europa brechen kön- Verdienst der Erlebnisgeneration, dass wahren Paukenschlag“ an die Öffent- ne“. wir heute in einem demokratischen, lichkeit getreten und hätten eine Charta In den Berichten der Besatzungsbehör- rechtsstaatlichen und wohlhabenden vorlegt, die man 1950 zuallerletzt den den an ihre Regierungen warnten diese Deutschland innerhalb eines freien, Vertriebenen zugetraut hätte. „Alles wäre davor, die junge Bundesrepublik in die- geeinten und friedlichen Europa le- denkbar gewesen – aber sicher nicht ein ser Sache im Stich zu lassen, da sie sonst ben.“ ‚Grundgesetz‘ der zukünftigen Arbeit, ein „ideologischer Hilfe“ durch die östlich- Horst Seehofer (CSU) Dokument der Versöhnungsbereitschaft kommunistischen Regime anheimfallen Bundesinnenminister und des Racheverzichts aus der Feder der würde. Über allem habe „das sozialpoli- Opfer, die erst kurz zuvor ALLES, ihre tische Damoklesschwert“ Millionen ver- mer wieder Wege zur Verständigung fin- Heimat, verloren hatten!“ triebener Menschen geschwebt, deren det. Wenn den Vertriebenen der ersten Für ihn stelle sich die Frage, ob man heu- weit überwiegende Mehrheit liebend gern Stunde mit der Charta ein solch großer te die immense Tragweite der Charta und sofort in die verlorene Heimat zurückge- Wurf gelingen konnte, so ist es für uns ihrer Proklamation überhaupt nachvoll- gangen wäre. Die Heimat im Osten ver- Auftrag und Verpflichtung – und heute ziehen könne. „Was bedeutete die Char- loren, im Westen nur geduldet, aber noch erst recht ein Leichtes – zu unseren öst- ta aber 1950 für die Millionen Vertrie- lange nicht „angekommen“, das Verbot lichen Nachbarn Brücke und Verbindung benen, die in Not und Elend lebten, deren zu sein.“ Familien vermisst, dezimiert oder über „Als bedeutendstes Zeugnis für den Die Menschen von hüben und drüben ganz Deutschland verstreut waren, deren Einsatz der Vertriebenen für ein fried- seien diesen Schritt der Verständigung Sehnen und Streben vielfach der verlo- liches Miteinander und den gesell- und Versöhnung schon längst gegangen! renen Heimat galt? Wie groß war damals schaftlichen Zusammenhalt gilt die am Damit seien sie auch Wegbereiter einer die Gefahr, dass alles auch ganz anders 5. August 1950 unterzeichnete Char- wahrhaftigen Erinnerungskultur gewor- hätte kommen können?“ Fabritius gab ta der Heimatvertriebenen. Die Char- den, die auf manch nationalen Ebenen weiter zu bedenken, dass die Rahmen- ta ist ein Bekenntnis zur Schaffung ei- viel zu lange auf sich warten ließ und bedingungen für ein gutes Miteinander nes freien, vereinigten Europas und warten lässt. Der BdV bleibe zuversicht- der Menschen in Deutschland denkbar gleichzeitig eine Erklärung des Ver- lich, dass die ausgestreckte Hand immer ungünstig waren: Nahrungsmangel, ma- zichts auf Rache und Vergeltung.“ wieder auch von den politisch Verant- terielle Not, Arbeitslosigkeit, traumati- Winfried Kretschmann wortlichen und von den forschenden His- sche Erlebnisse und psychische Aus- (Bündnis 90/Die Grünen) torikern ergriffen werden wird. Dafür weglosigkeit hätten ein bedrohliches Ministerpräsident habe die Charta schon vor 70 Jahren den Spannungspotenzial gebildet. Die Stim- Boden bereitet. BdV-Blickpunkt Oktober 2020 BdV 10
BdV-Bundesverband 5./6. August 2020: BdV-Deklaration zum 70. Jubiläum der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ Vor 70 Jahren, in einer Zeit großer sozi- würde. Dieser europäischen Vision galt aler und wirtschaftlicher Not, haben wir unser Einsatz von Beginn an. „Ich danke dem Bund der Vertriebe- deutsche Vertriebene und Flüchtlinge mit Die Charta der deutschen Heimatvertrie- nen dafür, dass er Brücken der Ver- unseren Verbänden die Charta der deut- benen wurde gleichsam zum „Grundge- söhnung und Verständigung baut. schen Heimatvertriebenen verfasst und setz“ unserer Arbeit. In der Zeitlosigkeit Mein Dank gilt den Landsmann- verkündet. ihrer Inhalte hat sich diese Bedeutung bis schaften und den Mitgliedern für ihre Darin setzten wir ganz bewusst ein na- heute erhalten. Daher bekennen wir uns Arbeit in vielen grenzüberschreiten- tional wie international sichtbares Zei- auch 70 Jahre nach ihrer Entstehung zu den Projekten und im Bildungsbereich. chen gegen eine weitere Eskalation der ihren Grundsätzen und fordern: Sie leisten einen wichtigen Beitrag für katastrophalen Gewalt- und Unrechts- 1. Vertreibungen sind nach wie vor ein unsere Gesellschaft. Sie alle sind Brü- spirale. Diese hatte in der ersten Hälfte Weltproblem. Dem Recht auf die Hei- ckenbauer im Dönhoff‘schen Sinne für des 20. Jahrhunderts begonnen und mit mat muss in Europa und weltweit auch eine bessere und gerechte Welt!“ dem von Deutschland ausgelösten Zwei- durch strafbewehrte Vertreibungsver- Bodo Ramelow (Die Linke) ten Weltkrieg, dem Holocaust sowie in bote Geltung verschafft werden. Außer- Ministerpräsident der Folge mit Flucht und Vertreibung dem gilt es, verstärkt internationale grausame zivilisatorische Tiefpunkte ge- Strategien zu entwickeln oder weiter derheiten in ihrer Heimat leben, ge- funden. zu fördern, die eine Verbesserung der hören Möglichkeiten, des eigenen Lebensbedingungen in ihrer Heimat Schicksals zu gedenken und die eige- „Die Charta spiegelt als Zeitdokument heute bedrohter Menschen, Volks- ne Geschichte zu bewahren sowie die die historische Situation, in der sie ent- gruppen und Völker zum Ziel haben. sprachliche und kulturelle Identität zu standen ist, weist aber zugleich weit 2. Die grenzüberschreitende verständi- pflegen und zu erhalten. Dazu bedarf in die Zukunft. Sie enthält ein Be- gungspolitische Arbeit, die wir deut- es gesicherter Rechte und einer zu- kenntnis zum Gewaltverzicht und zur sche Heimatvertriebene und Flücht- kunftsfesten Förderung durch die Hei- Versöhnung. Sie ruft die Völker und linge, Aussiedler und Spätaussiedler, matländer. Auch Deutschland kann Staaten Europas auf, gemeinsam für aber auch die deutschen Minderheiten sich hier noch stärker engagieren. eine friedliche und bessere Zukunft zu in den Heimat- und Siedlungsgebie- 4. Unterscheiden sich auch die Umstän- arbeiten. Viel und damals kaum Er- ten leisten, trägt bis heute Früchte. Sie de, so ist doch die selbst mitgestaltete wartetes wurde erreicht. Die „Schaf- befördert den europäischen Einigungs- Eingliederung der deutschen Heimat- fung eines geeinten Europas ..., in dem prozess, wirkt friedens- und zukunfts- vertriebenen, Aussiedler und Spätaus- die Völker ohne Furcht und Zwang le- sichernd und hat die Vertriebenen ih- siedler eine Erfolgsgeschichte, die für ben können“ bleibt aber eine dauer- rer Heimat wieder nähergebracht. Flüchtlinge und Migranten unserer hafte Aufgabe, der wir uns in Deutsch- Daher gilt es, politische Rahmenbe- Tage Vorbildcharakter haben sollte. land und in Europa immer wieder neu dingungen so zu setzen, dass diese Ar- stellen müssen.“ beit fortgesetzt werden kann. „Flucht und Vertreibung sind nicht Dr. Markus Söder (CSU) 3. Zum Recht auf die Heimat bereits ver- nur ein schmerzhafter Teil unserer Ge- Ministerpräsident triebener Völker und Volksgruppen, schichte, sondern trotz völkerrecht- also auch der deutschen Heimatver- licher Ächtung immer noch akute Re- Darin legten wir den Grundstein für die triebenen und ihrer Nachkommen, aber alität für viele Millionen Menschen Linderung unserer größten Not und stell- auch von Volksgruppen, die als Min- ten uns die Mitwirkung am Wiederauf- weltweit. Umso wichtiger ist es, die bau Deutschlands zur Aufgabe. Unsere Folgen von Flucht und Vertreibung in selbst mitgestaltete Eingliederung in die unserem Bewusstsein wachzuhalten.“ Nachkriegsgesellschaft trug maßgeblich Christian Lindner (FDP), MdB zur Sicherung des sozialen Friedens bei. Darin definierten wir das Recht auf die Wo eine aktive Beteiligung an Inte- Heimat als ein von Gott der Menschheit grationsprozessen gefordert wird und geschenktes Recht und gaben sowohl un- diese einhergeht mit der heute mög- serem eigenen Einsatz gegen Flucht, Ver- lichen Unterstützung zur Traumabe- treibung, Deportation und Zwangsarbeit wältigung, kann der Weg in eine er- als auch dem internationalen Kampf ge- folgreiche Zukunft am Ankunfts- und gen Flucht und Vertreibung eine men- Zufluchtsort geebnet werden. schenrechtliche Basis. In der Umsetzung dieser Forderungen se- Darin zeichneten wir eine der ersten mo- hen wir wichtige Voraussetzungen für die dernen Visionen eines freien, geeinten erfolgreiche Bewältigung der Folgen von und friedlichen Europas, in dem allein Flucht und Vertreibung sowie für dauer- sich das Recht auf die Heimat für alle hafte Stabilität und Frieden in Europa und Menschen und Völker umsetzen lassen in der Welt. BdV BdV-Blickpunkt Oktober 2020 11
BdV-Bundesverband Dr. Susanne Eisenmann Volkmar Halbleib (SPD): Grundlage der Versöhnung Der Vertriebenenpolitische Sprecher der ten und alles zu tun, damit Menschen in der wichtigsten Botschaften der Charta SPD-Landtagsfraktion, Volkmar Halb- ihrer Heimat bleiben können und denen der Heimatvertriebenen sei es, das erlit- leib, hat in seiner Rede im Bayerischen mit Empathie zu helfen, die heute aus ih- tene Unrecht und Leid anzuerkennen. Es Landtag, anlässlich ihres 70. Jahrestags rer Heimat vertrieben werden.“ gehe dabei nicht vorrangig um materiel- die „Charta der Heimatvertriebenen“ als Keiner könne so ermessen wie die Hei- le Entschädigung, sondern um die „Wie- wertvolles Bekenntnis und Grundlage der matvertriebenen, wie wichtig Europa für dergutmachung in den Seelen und Her- Aussöhnung bezeichnet. Flucht und Ver- eine Aussöhnung auf der Grundlage von zen“. Der Sprecher verwies in seiner Rede treibung seien keine historisch abge- Wahrhaftigkeit ist. „Niemand kann so zudem auf die Lebensleistung der Hei- schlossenen Phänomene. „Sie gehören überzeugt sein, wie die Heimatvertriebe- matvertriebenen: „Bayern würde ohne nach wie vor zu den bedrückendsten Her- nen, dass nur Europa die zerstörerische die Aufbauleistung der Heimatvertriebe- ausforderungen unserer Zeit. Der 70. Jah- Kraft des Nationalismus überwinden nen anders dastehen. Die Vertriebenen restag der Charta muss Anstoß und Mah- kann“, sagte Halbleib in der Aussprache haben mit Kraft, Mut und Energie mit- nung sein, Vertreibung aus ethnischen, zum Dringlichkeitsantrag der CSU (Wir geholfen, unser Land wieder aufzubau- religiösen und sonstigen Gründen zu äch- berichteten in der letzten Ausgabe). Eine en und mitzugestalten.“ AfD würdigt Charta der Vertriebenen Die am 5. August 1950 in Stuttgart-Bad tung vor Gott und den Menschen auf Ra- allem in Gestalt der Beneš-Dekrete – ist Cannstatt unterzeichnete Charta der deut- che und Vergeltung und riefen zur ‚Schaf- diese Forderung noch immer nicht voll- schen Heimatvertriebenen würdigte un- fung eines geeinten Europas‘ auf, als un- ständig eingelöst. Zudem bedrohen Flucht mittelbar vor der Sommerpause des Bay- ser Kontinent noch durch den Eisernen und Migration gegenwärtig mehr denn je erischen Landtags auch der Parlamenta- Vorhang geteilt war. Zu Recht wurde die- das Recht sowohl der Geflüchteten als rische Geschäftsführer und vertriebenen- ser bahnbrechende Beitrag zur Verstän- auch der Menschen in den Aufnahme- politische Sprecher der AfD-Fraktion, digung der Völker seitdem immer wie- ländern auf Heimat.Und schließlich be- Christoph Maier. „Nach den Schrecken der hervorgehoben. tont die Charta auch die Zugehörigkeit des Zweiten Weltkriegs und der Vertrei- Wenn wir jetzt neuerlich der Verab- der Vertriebenen zum ‚deutschen Volks- bung von zwölf Millionen Deutschen aus schiedung der Vertriebenencharta vor 70 tum‘ sowie zum ‚christlich-abendländi- ihren angestammten Siedlungsgebieten Jahren gedenken, sollten wir allerdings schen Kulturkreis‘. Diese Voraussetzun- war die Charta der deutschen Heimat- nicht übersehen, dass sie auch von einem gen ihrer erfolgreichen Integration in die vertriebenen ein beeindruckendes und zu- Recht der Menschen auf Heimat spricht. neue westdeutsche Heimat sollten eben- kunftsweisendes Dokument deutschen Dieses solle ‚als eines der von Gott ge- falls nicht vergessen werden. Die AfD Versöhnungswillens. Viele tausende un- schenkten Grundrechte der Menschheit spricht sich dafür aus, das Schicksal und serer Landsleute befanden sich damals anerkannt und verwirklicht‘ werden. An- die Leistungen der deutschen Heimat- noch in sowjetischer Kriegsgefangen- gesichts des in manchen Vertreibungs- vertriebenen vor diesem historischen Kon- schaft. Die Heimatvertriebenen verzich- ländern bis heute fortgeltenden Unrechts text zu würdigen und das Recht aller Men- teten‚ im Bewusstsein ihrer Verantwor- gegenüber den Heimatvertriebenen – vor schen auf ihre Heimat zu verteidigen.“ BdV-Blickpunkt Oktober 2020 BdV 12
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