Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck

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Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck
Ausgabe 01/2020 | 32. Jahrgang, März 2020

                                       be_WERTE_n

Religion in der Wertebildung           Darf die Medizin alles, was sie kann?
Religion und „Werte“:                  Werte im ethischen Nachdenken über
Keine selbstverständliche Verbindung   Fragen der Fortpflanzungsmedizin
Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck
INhalt
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           Peter Trojer
           VORWORT

           Regina Polak

      4    Religion in der Wertebildung

           Ursula Rudiger & Mirjam Hofmann
           Lebenswelten 2020 –
      8    Werthaltungen junger Menschen in Österreich

           Markus Frischhut
      10   Werte der EU und in der EU

           Fünf Blitzlichter
      12   Was mir wichtig ist

           Ulrike Swoboda
           Werte im ethischen Nachdenken über Fragen
      14   der Fortpflanzungsmedizin

           Josef Quitterer

      16   Was sind Werte – wie komme ich dazu?

           Wolfgang Palaver

      17   Christliche Ethik als politische Ethik

           Maria Plankensteiner-Spiegel

      18   „Es ist ein Prozess!“

           Bernhard Lammer

      20   AV-Medienstelle

           Bernhard Lammer

      22   ...

      23   Personalia und Impressum

           Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autorin / des Autors
           wieder und müssen nicht der Meinung der Herausgeber entsprechen.
           Die Nennung bei den Personalia erfolgt mit Einverständnis der Genannten.

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Verehrte Kolleginnen                                                                                            Dr. Peter Trojer,
                                                                                                                Rektor der Kirchlichen Pädagogischen
und Kollegen!                                                                                                   Hochschule Edith Stein

In vielen (Lebens-) Bereichen entscheiden                     geht Wolfgang Palaver der Frage nach, wel-
Zahlen und Quoten über Qualität oder Ver-                     che gesellschaftlichen Werte sich aus dem
sagen, über „Wertvoll“ und „Wertlos“. „Werte                  christlichen Menschenbild ergeben.
liefern, das können andere auch“, titelte die
FAZ im November 2018 zur Frage der Zukunft                    Ethische Fragen des Europarechts sind das
der Volkskirchen.1 Aber vielleicht denken Sie                 Thema von Markus Frischhut, der auch im
beim Thema be_WERTE_n an Unterricht und                       Hochschullehrgang Ethik an der KPH Edith
Schule, wo man heute oft lieber von Bewer-                    Stein lehrt. Josef Quitterer schreibt zu Werten
ten und nicht von Beurteilen spricht.                         aus philosophischer Sicht.

Wie Sie im Bezug auf diese Ausgabe des ÖKUM                   Mit mehreren Vignetten wird der Blick vom
wahrscheinlich schon festgestellt haben, geht                 Allgemeinen und Theoretischen auf das Indi-
es um die Werte, mit denen sich Ethik, Phi-                   viduelle und Praktische gelenkt; es kommen
losophie und auch die Sozialwissenschaften                    PädagogInnen zu Wort, die von ihren Erfah-
beschäftigen. Was sind nun diese Werte, wie                   rungen und Gedanken zum Thema berichten.
entstehen sie und welche Bedeutung haben
sie für Individuen und Gesellschaft?                          Die Frage „Was ist dir wichtig?“ ist auch die
                                                              zentrale Frage der in Vorbereitung befind-
Im Regierungsprogramm 2020 werden die                         lichen großen Wertestudie „Lebenswelten“,
Werte ungefähr siebzehnmal thematisiert.                      an der sich alle Pädagogischen Hochschu-
Bereits in der Präambel ist die Rede von                      len beteiligen. Damit werden Werthaltungen
der europäischen bzw. österreichischen                        von Jugendlichen erhoben. Ursula Rudigier
Rechts- und Werteordnung, die es zu schüt-                    und Mirjam Hoffmann, die zuständigen Pro-
zen und zu bewahren gilt. Gemeint sind                        jektleiterinnen an der KPH Edith Stein, be-
damit „Verfassung, Rechtsstaat, Demokratie,                   richten über dieses Vorhaben.
Grundrechte – und unsere Werte und Tradi-
tionen“. Formulierungen dieser Art machen                     Um noch einmal auf den Anfang zurück-zu-
es nicht ganz einfach, herauszufinden, was                    kommen: Ganz ohne Werte als Begriff der
Werte nun wirklich sind. Sind etwa Freiheit,                  Wirtschaft kommen wir auch im ÖKUM nicht
Gerechtigkeit, Toleranz, oder gar Altruismus                  aus. Maria Plankensteiner begibt sich in die
jene Werte, die unserer österreichischen                      Rolle der Marketingexpertin und macht sich
bzw. europäischen Rechtsordnung, die sich                     Gedanken über den Markenwert von Religi-
in Grundrechten, Demokratie, Verfassung                       on und Religionspädagogik und wie dieser
manifestiert, grundgelegt sind? Wenn ja, ist                  gesteigert werden könnte.
immer noch zu fragen, woher die Gewiss-
heit kommt, dass diese Werte die richtigen                    Es lohnt sich, den einen oder anderen Bei-
Wegweiser für unser individuelles und ge-                     trag auch zwei- oder dreimal zu lesen und
sellschaftliches Leben sind.                                  darüber nachzudenken. Ich wünsche dabei
                                                              viele wertvolle Impulse.
Regina Polak widmet sich in ihrem Beitrag
der Problematik des Wertebegriffs und setzt                   Ihr
sich mit der Frage auseinander, wie Werte-
bildung vor sich geht und welche Rolle Reli-
gion in diesem Kontext spielt. Dazu passend                   Peter Trojer

1 https://www.faz.net/-gsf-9ghad; [abgerufen am 28.01.2020]

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RELIGION
                         Regina Polak,
             Assoz.-Prof., MMag. Dr.,
    Institut für Praktische Theologie
                 der Universität Wien

                                                                     in der Wertebildung
                                                                     Religion und „Werte“: Keine selbstverständliche Verbindung

                                         Seit Josef II. gehört die pädagogisch-poli-     Spannung zu verstehen, muss man die Ge-
                                         tische Verbindung von Religion und Moral        nese des Wertebegriffes kennen.
           Aus einer
                                         zur Tradition. Der aufgeklärte Monarch hatte
       theologischen                     Religion zum Wohl und zur Erziehung an-         Ursprung und Probleme
Perspektive sind die                     ständiger und dem Staat gehorsam dienen-        des Wertebegriffes
 Identifikation bzw.                     der Bürgerinnen und Bürger in Anspruch          Der Wertebegriff entstammt ursprünglich
 Reduktion von Re-                       genommen. Dass er zugleich die kontem-          nicht der Welt der Religionen, sondern der
  ligion mit bzw. auf                    plativen Orden aufließ, passte zu (s)einem      Ökonomie: Werte sind quantitativ messbare
    Moral keinesfalls                    „aufgeklärten“ Verständnis von Religion,        Größen, die sich im Rahmen von Tausch-
 selbstverständlich.                     das diese auf ihren gesellschaftlichen Nut-     verhältnissen ergeben. In der Philosophie
                                         zen hin befragt und auf Moral reduziert. Die    taucht der Wertebegriff erst im 19. Jahrhun-
                                         transzendenten Hoffnungen und Verheißun-        dert bei Friedrich Nietzsche auf. Dieser kon-
                                         gen des christlichen Glaubens, wie z.B. die     statierte in Europa einen fortschreitenden
                                         Transformation der gesamten Schöpfung in        Prozess der „Entwertung der obersten Wer-
                                         eine gute und gerechte Welt für alle und je-    te“: den Nihilismus. Dessen Konsequenz sei
                                         den und jede Einzelne(n), verloren demge-       der radikale Verlust des Vertrauens in eine
                                         genüber an Relevanz bzw. wurden sie indi-       absolute Instanz, die die universale Gül-
                                         vidualisiert und privatisiert.                  tigkeit ethischer Prinzipien sichert. Im Bild
                                                                                         vom „Tod Gottes“ wird diese Erfahrung zum
                                         Aus einer theologischen Perspektive sind        Ausdruck gebracht. Zu Beginn des 20. Jahr-
                                         die Identifikation bzw. Reduktion von Re-       hunderts wurde in der Philosophie dann
                                         ligion mit bzw. auf Moral keinesfalls selbst-   darüber diskutiert, ob Werte vom Menschen
                                         verständlich. Denn der Wertebegriff steht       unabhängig „an sich“ existieren („Wertob-
                                         mit dem Selbstverständnis insbesondere von      jektivismus“) oder nur subjektiv für jeman-
                                         Judentum, Christentum und Islam in einem        den gelten („Wertsubjektivismus“).
                                         gewissen Spannungsverhältnis. Um diese

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Viele Theologinnen und Theologen begeg-        schen Traditionen. Umgekehrt ist auch der
nen dem Wertebegriff aufgrund dieser Her-      Glaube an Gott in diesen drei Religionen
kunft daher bis heute eher reserviert. Denn    untrennbar mit dem Ethos der Offenbarung
ohne Bezug auf eine universale Transzen-       verbunden. Wer sie ablehnt, mag an einen
denz gibt es keine Möglichkeit, allgemein-     Gott glauben – aber er glaubt nicht an jenen
gültige ethische Prinzipien oder Urteile zu    Gott, der vom Tenach, von der Bibel und im
entwickeln. Der Verlust des ethischen An-      Koran bezeugt wird. So konnte man in der
spruchs auf Universalität kann zu einem Re-    NS-Zeit durchaus „gottgläubig“ sein, solange
lativismus führen, an dessen Ende nur mehr     das Ethos und die Institutionen, die sich mit
der menschliche Wille und Macht darüber        dem biblischen Glauben an Gott verbinden,
entscheiden, welche Werte gültig sind. Auch    die politische Machtausübung nicht störten.
ein gegenständliches Verständnis von Wer-      Von christlichen Werten zu sprechen, ist da-
ten, die „objektiv“ vorliegen – gleich, ob     her aus der Sicht des ethischen Monothe-
außerhalb oder innerhalb des Subjektes –,      ismus nur dann möglich, wenn sich diese
reduziert den Akt ethischer Urteilsfindung     im Ethos der Heiligen Schriften verankern.
auf positivistische Selbstbehauptung. Die      Die Rezeption des modernen Wertebegriffes
Kritik am ökonomischen Ursprung des Wer-       erfolgt deshalb von Seiten der ethischen Mo-
tebegriffes bringt wiederum Hannah Arendt      notheismen nur mit gewissen Spannungen.
auf den Punkt: Die Reduktion von Ethik auf
Werte führe zu einer Vernützlichung, Ver-      Wertebildung als Wertepraxis
gesellschaftung und Austauschbarkeit von       Selbstverständlich anerkennen auch Juden-
Werten, die auch vor der Verrechenbarkeit      tum, Christentum und Islam seit jeher die        Selbstverständlich
und Verwertung des Menschen nicht Halt         Autonomie der ethischen und moralischen          anerkennen auch
machen werden. Aus der Sicht von Juden-        Vernunft. Lange vor der europäischen Auf-        Judentum, Christen-
tum, Christentum und Islam ist der Werte-      klärung wussten sie um die zentrale Rolle        tum und Islam seit
begriff überdies deshalb problematisch, weil   einer freien und interpretatorischen Ver-        jeher die Autonomie
sich Werte im allgemeinen Sprachgebrauch       nunft bei ethischen Reflexionen. Allerdings      der ethischen
als Resultate einer radikal autonom gedach-    gehen sie davon aus, dass diese dem Men-         und moralischen
ten Vernunft verstehen.                        schen angeborene bzw. von ihm soziokul-          Vernunft.
                                               turell erlernte Moralität der Bildung bedarf:
Religion und Ethos                             mithilfe der geoffenbarten sowie vernünftig
Gleichwohl: Die monotheistischen Religio-      reflektierten ethischen Normen und Prinzi-
nen sind selbstverständlich konstitutiv mit    pien, Geboten und Gesetzen. Das ethische
ethischen Konzepten verbunden. Aber die        Lernen spielt daher seit jeher in diesen drei
ethische Vernunft des Menschen ist aus ih-     Traditionen eine zentrale Rolle.
rer Sicht nicht absolut autonom, sondern
relational, d.h. sie anerkennen neben der      Für Judentum, Christentum und Islam ist
menschlichen Vernunft auch eine hetero-        Religion eine gelebte Realität, d.h. eine Le-
nome Quelle, der sie ihre Werte verdanken      bensform, die das gesamte Leben und alle
und vor der sie sich zu rechtfertigen haben:   Lebensbereiche prägt. Wertebildung orien-
die Offenbarung einer göttlichen Autorität     tiert sich daher in erster Linie an der Praxis
und eines damit verbundenen Ethos. Des-        von Werten: Werte erschließen ihren Sinn in
halb spricht man in Judentum, Christentum      Praxiszusammenhängen, orientieren, stimu-
und Islam bevorzugterweise von Regeln und      lieren und kritisieren diese und umgekehrt
Vorschriften, Prinzipien und Normen, Gebo-     werden sie auch primär in der Praxis weiter-
ten und Gesetzen. Auch diese unterliegen       gegeben. Wertebildung ist kein rein intellek-
freilich der freien und vernünftigen Inter-    tueller, sondern ein elementar existenzieller
pretation und sind daher konstitutiv plural.   Weg und ein Lebensprozess, in dem sich
Aber von der Offenbarung Gottes her sind       Fühlen, Handeln und Denken verschrän-
einer grenzenlosen Pluralität Grenzen ge-      ken. Religionen wissen daher seit jeher,
setzt. So sind beispielsweise der Schutz des   dass Wertebildung ein Sozialisationsprozess
Lebens, die Würde und Einzigartigkeit jedes    ist: Werte werden gelernt, indem sie gelebt
Menschen, die Gleichheit aller Menschen        und immer wieder mithilfe der ethischen
oder eine Gerechtigkeit, die sich auch am
Wohl der Marginalisierten orientiert, unauf-
hebbare ethische Normen der monotheisti-
                                               Vernunft reflektiert werden. Religion ist em-
                                               bedded religion: eingebettet in den Alltag.
                                                                                                o
                                                                                                                 5
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Zeitgenössische religionspädagogische           -pädagogen, diese als Ausgangspunkt ethi-
                           Konzepte                                        scher Bildung zu rezipieren.
         Werte sind die    Heute hat der Wertebegriff im deutschspra-
    erfahrungsbasierte     chigen Raum eine scheinbar selbstverständ-      Der Legitimationsdruck, dem Religionsge-
         Grundlage für     liche Rolle im Kontext religiöser Bildung       meinschaften als Akteure in Bildungspro-
       ethische Urteile.   gefunden. Dazu haben einerseits gesell-         zessen ausgesetzt sind, hat überdies dazu
                           schaftspolitische Interessen beigetragen, die   geführt, dass die Religionspädagogik eine
                           von außen an die Religionsgemeinschaften        überaus differenzierte Forschung vorlegen
                           herangetragen werden, wie z.B. ethische         kann, wie sich Werte und Religion in der
                           Bildung oder gesellschaftliche Integration.     Wertebildung zueinander verhalten können
                           Andererseits hängt diese Rezeption auch mit     und sollen. Werte entstehen aus religions-
                           Eigeninterinteressen religiöser Institutionen   pädagogischer Sicht im Zusammenspiel aus
                           zusammen, die dadurch ihre (erodierende)        konkreten Alltagserfahrungen, institutionel-
                           gesellschaftliche Relevanz legitimieren wol-    ler Vermittlung (durch Schulen, Recht, Lehr-
                           len. Nicht zuletzt aber liegen zwischenzeit-    häuser, Bildungsinstitutionen) und ethischer
                           lich auch wissenschaftliche Konzeptionen        Reflexion. Aus sozialisationstheoretischer
                           des Wertebegriffes vor, die der Theologie       wie bildungswissenschaftlicher Perspekti-
                           und Religionspädagogik Anschlussmög-            ve hat der religiöse Bildungsprozess dabei
                           lichkeiten an diesen eröffnen. So hat z.B.      sekundären Charakter: Die durch primäre
                           der Religionssoziologe Hans Joas Werte als      Sozialisation erworbenen Wertevorstellun-
                           „mental-psychisch verinnerlichte Erfahrun-      gen und -praxen erhalten durch religiöse
                           gen der Selbsttranszendenz und Selbstbin-       Traditionen eine Möglichkeit der (selbst)
                           dung“ definiert, „in deren Rahmen Men-          kritischen (Selbst)Reflexion, indem sie auf
                           schen von Lebenswirklichkeiten, die ihnen       ethische Konzeptionen der jeweiligen religi-
                           widerfahren, so ergriffen werden, dass sie      ösen Tradition bezogen werden. Qualifizier-
                           sich diese zu eigen machen“1. Werte sind        te Werte bedürfen der ethischen Reflexion,
                           demnach die erfahrungsbasierte Grundlage        ja sie bilden sich überhaupt erst in solcher
                           für ethische Urteile. In ihnen bringen sich     Reflexion. Dies gilt auch für die spezifisch
                           präreflexe Vorstellungen vom „guten Leben“      religiösen und sozialen Wertvorstellungen
                           zum Ausdruck, die – mehr oder weniger           und ethischen Überzeugungen der Religio-
                           bewusst – das Handeln von Menschen lei-         nen. In religionspädagogischen Konzepten
                           ten. Weil jedoch nicht jede Vorstellung vom     kommt der persönlichen Freiheit, dem indi-
                           „guten Leben“ auch aus ethischer Sicht „gut“    viduellen Selbst und der Vernunft dabei eine
                           ist, bedürfen Werte der kritischen ethischen    fundamentale Rolle zu.
                           Reflexion und Bildung. Überdies erschließt
                           sich der Sinn von Werten auch immer erst in     Gleichwohl besteht keinesfalls Einigkeit in
                           konkreten praktischen Verwendungszusam-         Bezug auf die konkrete Rolle von Religion
  Werte sind nicht         menhängen. So können sich z.B. die Werte        in der Wertebildung. Friedrich Schweitzer
  Entscheidungen,          „Heimat“ oder „Solidarität“ mit politischen     unterscheidet in den aktuellen Debatten
       sondern die         Inklusions- oder aber Exklusionspraktiken       mindestens sechs einflussreiche Optionen.3
     Grundlage für         von gesellschaftlich „Anderen“ verbinden.       Fünf halten an einer konstitutiven Verbin-
  Entscheidungen;          Der Sozialethiker Clemens Sedmak wiede-         dung zwischen Religion und Werteerzie-
  Werte sind nicht         rum definiert Werte als „Bezugsrahmen für       hung fest, während eine Option Religion
     Bewertungen,          Präferenzen; Werte sind nicht Entscheidun-      als „Maß“ der Werteerziehung dezidiert aus-
                           gen, sondern die Grundlage für Entschei-        schließt. Entscheidend ist dabei jeweils die
 sondern Kriterien
                           dungen; Werte sind nicht Bewertungen,           Frage nach der Begründung von Werten:
 für Bewertungen;
                           sondern Kriterien für Bewertungen; Werte
  Werte sind nicht         sind nicht Wünsche, sondern Konzeptionen        a.   Nicht-religiöse Wertebegründung: Auf-
Wünsche, sondern           des Wünschenswerten“2. Solche erfahrungs-            grund der Säkularität moderner Gesell-
 Konzeptionen des          nahen, subjektbezogenen, präethischen                schaften gelten religiöse Wertebegrün-
Wünschenswerten.           Konzeptionen von Werten erlauben es auch             dungen in diesem Modell als obsolet.
                           christlichen Religionspädagoginnen und               Für gemeinsame Werte darf und soll es

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Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck
nur mehr säkulare Begründungen ge-          e.      Religionstheologischer   Maximalkon-
     ben. Die Entscheidung für gemeinsa-                 sens zwischen den Religionen: Auch
     me Werte kann nur mehr auf der Basis                bei dieser Option, der zufolge die Re-
     einer Bindung an die freie Zustimmung               ligionen ihre innere Einheit als Quelle
     aller Beteiligten erfolgen.                         für Wertebegründungen erkennen sol-
                                                         len, handelt es sich um eine intellek-
b.   Entschlüsselung religiöser Potentiale:              tuell faszinierende Abstraktion. Offen
     Insofern Religionen nach Jürgen Ha-                 bleibt die Frage, wie angesichts der
     bermas „verkapselte Bedeutungspo-                   unüberwindbaren Unterschiede in der
     tentiale“ innewohnen, optiert dieses                Praxis ein solches Wertebildungskon-
     Modell dafür, die für die Gesellschaft              zept konkret gelebt werden soll.
     und ihre Diskurse relevanten Bedeu-
     tungspotentiale zu entbinden und da-        f.      Differenzsensibler Dialog und Koopera-
     mit eine „egalitäre Gesellschaftsmoral“             tion: Friedrich Schweitzer selbst votiert
     mit einem Gemeindeethos zu verbin-                  für diese Option, die von bleibenden
     den. Religiöse Bürger müssten „das                  Differenzen zwischen verschiedenen
     Wissensprivileg der gesellschaftlich                Religionen und deren Wertehaltungen
     institutionalisierten  Wissenschaften               ausgeht. Mit Rekurs auf Charles Taylor
     ebenso wie den Vorrang des säkularen                und Michael Walzer könne der Beitrag
     Staates und der universalistischen Ge-              von Religion zur Wertebildung nicht in
     sellschaftsmoral anerkennen“. Religion              der Aufhebung oder gar Auflösung al-
     wird zum Erbe für säkulare Werte.                   ler Unterschiede zwischen Religionen
                                                         und Kulturen bestehen, sondern ziele
c.   Öffnungsversuche und „Leitkultur“: Re-              auf einen „fortgesetzten Ausgleich“ und
     ligion – in Europa die christliche – wird           eine „differenzsensible Verständigung“.
     in diesem Modell zu einer kulturellen               Dialog und Kooperation, die sich mit
     und ethischen Quelle für Wertebil-                  dieser Option verbinden, werden da-
     dungsprozesse („christlich-abendländi-              bei als Medium angesehen, in dem sich
     sche Wertetradition“). Man beruft sich              Werte bilden können. Im Unterschied
     auf die „Tradition“. Das Christentum                zu säkular-universalistischen Ansätzen
     selbst verliert dabei seinen Bekennt-               kommt den Religionsgemeinschaften
     nischarakter und vor allem seinen Bei-              und ihren sozialen Institutionen dabei
     trag als soziales Bildungsmedium.                   eine wichtige Rolle zu.

d.   Ethischer Minimalkonsens zwischen           Die Unterscheidung dieser verschiedenen
     den Religionen: Insbesondere das Pro-       Optionen ist eine wertvolle Hilfe, die ak-
     jekt „Weltethos“ von Hans Küng for-         tuellen und hitzigen Debatten rund um die
     ciert diese Option, demnach die zentri-     Rolle von Religion in der Wertebildung pa-
     fugalen Kräfte der religiösen Pluralität    radigmatisch einordnen und reflektiert mit-
     überwunden werden könnten, wenn             gestalten zu können. Denn Konflikte rund
     sich die Religionen auf einen ethischen     um dieses Thema werden die kommenden
     Minimalkonsens (Gewaltlosigkeit, Soli-      Jahre intensiv begleiten.
     darität, Toleranz, Gleichberechtigung)                                                                          1 Hans Joas /Klaus Wiegandt (2005):
     einigen und diesen in die Gesellschaft      Teile dieses Beitrags sind veröffentlicht in:                         Die kulturellen Werte Europas.
                                                                                                                       Frankfurt/M., S. 200.
     einbringen. Abgesehen davon, dass die       Regina Polak (2019): Auf Spurensuche: Religion im Kontext von       2 Clemens Sedmak (2005):
                                                 Wertebildung, in: Roland Verwiebe (Hg.): Werte und Wertebil-          Europäische Grundwerte. Werte in Europ,
     Ethiken zwischen oder auch innerhalb                                                                              in: Ders. (Hg): Solidarität. Vom Wert der
                                                 dung aus interdisziplinärer Perspektive, Wiesbaden, S. 137-165.
     der Religionen keinesfalls homogen                                                                                Gemeinschaft, Darmstadt, S. 16.
                                                 Julian Aichholzer, Christian Friesl, Josef Glavanovits, Sanja Ha-   3 Friedrich Schweitzer (2008): Religion als
     sind, bleibt offen, ob diese Werte Ge-      jdinjak, Elisabeth Holzleithner, Sylvia Kritzinger, Konrad Paul       “Maß” der Werteerziehung - oder: Hat
     meinsamkeit herstellen oder darstellen                                                                            die Schleiermacher-Formel noch Zukunft,
                                                 Liessmann, Regina Polak, Lena Seewann, Roland Verwiebe,
                                                                                                                       in: V. Elsenbast/F. Schweitzer/G. Ziener
     sollen. Pädagogisch stellt dieses Modell    Margarita Wolf: Die Einbettung der Wertedebatte: Ein inter-           (Hg.): Werte-Erziehung-Religion. Beiträge
                                                 disziplinärer Positionierungsversuch und seine empirischen            von Religion und Religionspädagogik zu
     eine Abstraktion dar, das für das kon-      Folgen, in: Christian Friesl et. al. (Hg): Quo Vadis, Österreich?     Werteerziehung und werteorientierter
     krete Leben wenig Einfluss hat.             Wertewandel zwischen 1990 und 2018, Wien, S. 12–35.                   Bildung, Münster, S. 28–38, 33ff.

                                                                                                                                                            7
Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck
LEBENSWELTEN
                 Mirjam Hoffmann,
             Prof. Dr., Lehrende an
    der Kirchlichen Pädagogischen
                                                                                               2020
           Hochschule Edith Stein,
         Hochschulstandort Stams
                                                                     Werthaltungen junger Menschen
                                                                                       in Österreich

                                      Die Jugendstudie Lebenswelten gibt Ein-       0 1. Freizeit, Freunde, Arbeit und Beruf
                                      blick in die unterschiedlichen Lebenswelten   0 2. Zukunft, Ängste
                                      junger Menschen in Österreich und stellt      0 3. Ziele und Werte, Einstellungen zu
                                      ein gemeinsames Projekt aller 14 österrei-      Religion, Partnerschaft
                                      chischen Pädagogischen Hochschulen dar        0 4. Politik, Integration und Minderheiten
                                      (www.jugendstudie.at). Im Fokus stehen        0 5. Lebensgefühl und Gesundheit
                                      dabei im Jugendalter relevante Fragen:        0 6. Bildung und Schule

                                      Wie sehen Jugendliche ihre Zukunft? Welche    Die Befragungen werden im Klassenver-
                                      Ziele haben sie? Was ist ihnen wichtig? Was   band in allen Schultypen durchgeführt. Ziel-
                                      erwarten sie von einer Partnerschaft? Wie     gruppe sind Jugendliche zwischen 14 und
                                      sehen sie das Zusammenleben unterschied-      16 Jahren. Pro Bundesland wird eine Betei-
                                      licher Kulturen? Wie wichtig ist ihnen ihre   ligung von 2.000 Schüler*innen angestrebt.
                                      schulische Ausbildung? Was tun sie in ihrer   Damit wird ein repräsentatives Sample si-
                                      Freizeit und welche Erwartungen haben sie     chergestellt und für jedes Bundesland wer-
                                      an ihren künftigen Beruf?                     den vielfältige Berechnungen ermöglicht.

                                      Die Daten werden anhand eines internet-       Zusätzlich zur bundesweiten Erhebung wur-
                                      basierten Fragebogens erhoben, welcher in     de ein Themenschwerpunkt zur Einstel-
                                      allen teilnehmenden Bundesländern mit fol-    lung Jugendlicher zur (schulischen) Inklu-
                                      genden Hauptthemen zum Einsatz kommt:         sion ausgearbeitet, welcher ausschließlich

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Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck
Ursula Rudigier,
                                                                                                   Prof. Mag. BEd, Lehrende an
                                                                                                   der Kirchlichen Pädagogischen
                                                                                                   Hochschule Edith Stein,
                                                                                                   Hochschulstandort Stams

in Tirol erhoben wird. Bildungspolitischer     Der Fokus der Lebenswelten-Studie soll im
Hintergrund dieser Schwerpunktsetzung ist      Tiroler Schwerpunkt auf der Perspektive der
die Unterzeichnung der UN-Behinderten-         Schüler*innen liegen: Wie und in welcher
rechtskonvention im Jahr 2008, mit der sich    Form haben Jugendliche Kontakt zu Men-
Österreich verpflichtet hat, „ein inklusives   schen mit Behinderungen und wie positio-
Bildungssystem auf allen Ebenen“ (Art. 24)     nieren sie sich ihnen gegenüber – seien es
zu gewährleisten. Dazu zählt die Auflösung     Mitschüler*innen, Verwandte, Freunde oder
eines gesonderten Bildungssystems für Men-     Bekannte?
schen mit Behinderungen und die Schaf-
fung eines inklusiven Schulsystems, wie es     Der für den Tiroler Schwerpunkt entwickel-
in Italien, Norwegen und einigen anderen       te Fragebogenteil stellt das Thema Inklusion
                                                                                                        „Was ist wertvoll?“
europäischen Ländern bereits seit einigen      von Menschen mit Behinderungen in den
Jahrzehnten erfolgreich etabliert ist. Auch    Mittelpunkt und greift dabei methodisch auf              Eine österreichweite
die 2015 von der UN-Generalversammlung         das Maß der sozialen Distanz aus der Stig-               Studie aller Pädago-
verabschiedete Agenda 2030 für nachhalti-      maforschung zurück2. Mit diesem Instrument               gischen Hochschulen
ge Entwicklung fordert die Gewährleistung      wird die Bereitschaft der Befragten zu Inter-            stellt diese Frage
„inklusiver, gleichberechtigter und hoch-      aktionen mit Mitgliedern einer stigmatisierten           aktuell 18.000
wertiger Bildung“ (SDG 4). Bis heute fehlt     Gruppe erhoben. Ein weiterer Teil des Fra-               Schülerinnen und
es dafür jedoch sowohl am notwendigen          gebogens erhebt allgemeine Einstellungen                 Schülern.
politischen Willen, als auch an tragfähigen    zu den Themen Behinderung, zum gemein-
Konzepten zur Umgestaltung des Bildungs-       samen Unterricht und kooperativen Lernen.
systems. Die im Nationalen Aktionsplan Be-
hinderung 2012-2020 angestrebte Erhöhung       Ausgehend von der oft vertretenen Ansicht,
der Integrationsquoten an österreichischen     dass in den letzten Jahren die Heterogenität
Schulen sowie die Schaffung inklusiver Mo-     der Schülerschaft im österreichischen Regel-
dellregionen und deren sukzessive Auswei-      schulsystem zugenommen hat, soll anhand
tung stagniert seit Jahren.                    der Items des Gesamtfragebogens die tat-
                                               sächliche Vielfalt im Hinblick auf einzelne
So stellt 2018 auch der österreichische Mo-    Diversitätsmerkmale untersucht werden.
nitoringausschuss für die Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention in seinem       Interessant erscheinen auch die Querverbindun-
Bericht an die Vereinten Nationen fest, dass   gen zu anderen in den Lebenswelten berück-
es „in den meisten Bundesländern nach          sichtigten Themenbereichen: Welchen Einfluss         1 Monitoringausschuss (2018): Monitor-
wie vor massive Probleme hinsichtlich der      haben Geschlecht, sozioökonomischer Sta-               ing-Bericht an den UN-Fachausschuss
                                                                                                      für die Rechte von Menschen mit
Umsetzung inklusiver Bildung“ gibt1. Auch      tus, Religiosität, kulturelle Herkunft oder eige-      Behinderungen anlässlich des zweiten
                                                                                                      Konstruktiven Dialoges mit Österreich,
der Nationale Bildungsbericht 2018 und der     ne Behinderung der Jugendlichen auf deren Er-          S. 29; https://www.monitoringausschuss.
Rechnungshofbericht 2019 kommen zu dem         fahrungen mit Menschen mit Behinderungen?              at/download/berichte/MA_Genfbericht_
                                                                                                      deutsch_2018.pdf;
Schluss, dass Österreich noch immer weit                                                              [abgerufen am 22.01.202]
davon entfernt ist, ein inklusives Schulsys-   Die Ergebnisse der Jugendstudie Lebenswel-           2 Vgl. Baumann, A., Zäske, H., Decker, P. et
                                                                                                      al. (2007): Veränderungen in der sozialen
tem für alle Schüler*innen, unabhängig von     ten werden im Frühjahr 2021 veröffentlicht.            Distanz der Bevölkerung gegenüber
                                                                                                      schizophren Erkrankten in 6 deutschen
Behinderungen, sozialer oder kultureller                                                              Großstädten. In: Nervenarzt (2007)
Herkunft zu implementieren.                    www.jugendstudie.at                                    Vol.78, S. 787-795.

                                                                                                                                             9
Be_WERTE_n Religion in der Wertebildung - Religion und "Werte": Keine selbstverständliche Verbindung - Diözese Innsbruck
Markus Frischhut,
         Dr iur., Jean Monnet
       Lehrstuhl „EU Values &
         DIGitalization for our
                                          WERTE DER EU
                                                                                    und in der EU
      CommuNITY (DIGNITY)“
      am Management Center
              Innsbruck (MCI)

                                  Am Beginn der europäischen Einigung             der erste Satz kann rechtlich durchgesetzt
                                  stand der Gedanke der Friedenssicherung         werden, man denke nur an Verfahren we-
                                  durch wirtschaftliche Zusammenarbeit, wo-       gen Verstößen gegen die Rechtstaatlichkeit;
                                  durch Krieg faktisch unmöglich werden           die Werte im zweiten Satz sind hingegen
                                  sollte. Die Europäische Union (EU) jedoch       rechtlich nicht durchsetzbar. Wie sollte ein
                                  auf eine rein wirtschaftliche Perspektive zu    Verfahren gegen eine Gesellschaft aussehen,
                                  beschränken, greift zu kurz, da im Laufe        die nicht ausreichend tolerant ist? Das Stich-
                                  der Zeit auch Menschenrechte hinzukamen,        wort Toleranz führt uns schon zum dritten
Von wirtschaftlicher              bzw. sich 2009 die EU auch zu einer „Werte-     Gedanken. Was ist der Inhalt dieser Werte?
                                  mGemeinschaft“ entwickelt hat.
  Zusammenarbeit
                                                                                  Im EU-Recht finden sich dazu keine Defini-
    für Frieden hin
                                  Diese Werte der EU finden sich in Artikel       tionen bzw. nur selten (z.B. bei Nicht-Dis-
         zu Werten.
                                  2 EU-Vertrag.1 Der erste Satz richtet sich an   kriminierung bzw. Menschenrechten) nähe-
                                  die EU und impliziert die Idee von Wer-         re Konkretisierungen. Man kann sich diese
                                  ten, die es bereits vorher gegeben hat: „Die    Werte sozusagen wie jeweils eine Schachtel
                                  Werte, auf die sich die Union gründet, sind     vorstellen, die für einen bestimmten Begriff
                                  die Achtung der Menschenwürde, Freiheit,        (z.B. Pluralismus) steht, jedoch insofern
                                  Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlich-        weitgehend leer ist, als diese jeweiligen Be-
                                  keit und die Wahrung der Menschenrech-          griffe (noch) nicht mit Leben gefüllt sind.
                                  te einschließlich der Rechte der Personen,
                                  die Minderheiten angehören.“ Der zweite         Menschenwürde als Leitgedanke
                                  Satz ist inhaltlich weniger verbindlich und     Ein anderes Beispiel ist die Menschenwür-
                                  adressiert nicht primär die Union: „Diese       de, die ganz bewusst als erster Wert in Arti-
                                  Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer       kel 2 EU-Vertrag genannt ist und auch den
                                  Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Plu-     ersten Artikel der EU Grundrechte-Charta
                                  ralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz,       bildet.3 Wenn man sich das auch in Öster-
                                  Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleich-      reich aktuell diskutierte umstrittene Thema
                                  heit von Frauen und Männern auszeichnet.“       der Sterbehilfe ansieht, so wird in den je-
     Werte, die mit               (Hervorhebungen durch den Autor) Inwie-         weiligen Debatten von manchen die Würde
       Inhalten zu                fern diese Werte von den EU-BürgerInnen         des Menschen als starkes Argument gegen
     befüllen sind.               auch als persönliche Werte angesehen wer-       jegliche Form der Sterbehilfe gesehen, an-
                                  den, sieht man anhand diverser EU-weiter        dere wieder sprechen vom Recht eines je-
                                  Eurobaromter Umfragen.2                         den Menschen, nach freiem Willen und „in
                                                                                  Würde“ sterben zu dürfen. Wir sehen also,
                                  Rechtliche Qualität dieser Werte                dass ein Wert von zwei verschiedenen Posi-
                                  Was kann über die Werte im EU-Recht fest-       tionen in diametral entgegengesetzter Weise
                                  gehalten werden? Erstens, der erste Satz        verwendet werden kann.
                                  richtet sich an die EU, der zweite an die
                                  Mitgliedstaaten bzw. konkreter an die Ge-       Zumindest in der Literatur findet man einen
                                  sellschaft in den Mitgliedstaaten. Zweitens,    breiten Konsens, wenn für die inhaltliche

10
Werte als Brücke
                                                                                                   zwischen EU-Recht
                                                                                                   und Ethik als Teil
                                                                                                   der praktischen
                                                                                                   Philosophie.

                                                                                               1 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/
                                                                                                 DE/TXT/?uri=OJ:C:2016:202:TOC;
                                                                                                 [abgerufen am 22.01.2020]
                                                                                               2 Vgl.: Eurobarometer 77 (2012), die
                                                                                                 öffentliche Meinung in der Europäischen
                                                                                                 Union, Europäische Kommission (Hg.),
Konkretisierung des zentralen Wertes der        Jean Monnet Lehrstuhl für Ethik und Werte        Luxemburg, S. 9, 12; Eurobarometer
Menschenwürde auf das Verständnis von           wurde die Frage untersucht, welchen ethi-        74 (2010), S. 32, 33; Eurobarometer 72
                                                                                                 (2009), Vol. 2, S. 148, 152; Eurobarome-
Immanuel Kant abgestellt wird, wonach der       schen Ansatz die EU verfolgt.7 Dabei wur-        ter 69 (2008), 1. Values of Europeans, S.
Mensch keine Sache ist und nicht „bloß als      de argumentiert, dass für diesen „ethischen      15, 22; Eurobarometer 66 (2007), S. 28.
                                                                                               3 „Die Würde des Menschen ist unantast-
Mittel gebraucht werden kann“, sondern „je-     Ansatz“ der EU auf die Werte und die Men-        bar. Sie ist zu achten und zu schützen.“,
                                                                                                 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/
derzeit als Zweck an sich selbst betrachtet     schenrechte abzustellen ist.8 Werte können       DE/TXT/?uri=OJ:C:2016:202:TOC;
werden“ muss.4                                  sozusagen als Brücke zwischen dem recht-         [abgerufen am 22.01.2020]
                                                                                               4 Immanuel Kant, (1724-1804) Ground-
                                                lichen und dem philosophischen Bereich           work of the Metaphysics of Morals:
                                                                                                 Edited and translated by Mary Gregor
Zwar finden sich im EU-Recht neben den          gesehen werden.                                  and Jens Timmermann, Cambridge,
genannten allgemeinen Werten auch wei-                                                           2014, S. 68.
                                                                                               5 Vgl. https://eur-lex.europa.eu/
tere spezielle Werte, diese sind jedoch zu-     Aktuell werden Werte und Ethik intensiv          legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX-
meist nicht verbindlich. So z.B. im Gesund-     im Kontext der durch die Digitalisierung         :52006XG0622(01); abgerufen am
                                                                                                 22.01.2020
heitsbereich5 oder im Bereich des Sports,6      (Künstliche Intelligenz, Robotik, etc.) ent-   6 Vgl. https://eur-lex.europa.eu/
                                                                                                 legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX-
wo „Werte wie gegenseitiger Respekt, Fair-      standenen Herausforderungen diskutiert.9         :52018XG0608(03);
play, Freundschaft, Solidarität, Toleranz und   Aber auch für uns als Gesellschaft ist es        [abgerufen am 22.01.2020]
                                                                                               7 Für weitere Informationen (wie auch Vor-
Gleichheit“ postuliert werden. Gerade die       wichtig, diese weitgehend leeren Schach-         träge an bzw. für Schulen), siehe: https://
                                                                                                 research.mci.edu/de/jean-monnet-chair;
Menschenwürde wird beispielsweise oft mit       teln mit Inhalt zu befüllen und uns darüber      [abgerufen am 22.01.2020]
„Respekt“ übersetzt.                            Gedanken zu machen, was diese Werte für        8 Vgl. Markus Frischhut (2019): The Ethical
                                                                                                 Spirit of EU law, Cham: Springer Open.
                                                unser Zusammenleben bedeuten. Es liegt an      9 Anna Jobin, Marcello Ienca, Effy Vayena
Im Rahmen des von der EU eingerichteten         uns, diese mit Leben zu befüllen.                (2019): The global landscape of AI ethics
                                                                                                 guidelines, Nature Machine Intelligence,
und nach ihrem Gründungsvater benannten                                                          S. 389f.

                                                                                                                                       11
Was mir
                                              Ulrike Rainer, Direktori
                                                                       n
                                              der NMS Pembaurstraße
                                                                         ,
                                              Innsbruck

           Unsere Schule, die NM
                                  S Pembaurstraße, wird
           großteils von SchülerIn
                                   nen mit nichtdeutsche
          Muttersprache besucht.                          r
                                   Diese bringen multikult
          relle Rahmenbedingung                               u-
                                   en aus 26 Nationen mi
                                                            t.                                                                 Neuner,
          Unsere SchülerInnen mü                                                                                    Christine                    n
                                    ssen GEMEINSAM die                                                                      e lig ionslehreri
          Pflichtschule besuchen                                                                                    Mag., R          u m Te lf s
                                 , GEMEINSAM die Anfor                                                                          a si
          derungen des Lehrplan                              -                                                      am Gymn
                                 s erfüllen, GEMEINSAM
         lernen, GEMEINSAM de
                                  n Alltag meistern, oft au
         streiten und hier GEME                               ch
                                 INSAM Konfliktlösungs-                                                                                         einen
         strategien erlernen.                                                                                        s  B  e WERTen
                                                                                                            de   d a                                 auch
                                                                                     ic  h  stellt gera                   h e n    W   ert, aber
                                                                             Fü r m                             sch  li c                             Leben
          Wir als Schule haben un                                                 e rz  ic h tb aren men                 n g   d  a r.  Weil das
                                     s zum Ziel gesetzt, Inte-               unv                            forderu                           inen Aus
                                                                                                                                                          -
          gration im Alltag zu leb                                                           e Heraus                       ir auch e
                                    en, mit dem Ziel, Resp                    eine groß                      u c h e n   w                         un nd
                                                                                                                                                     g  u
         und Toleranz des “And                                ekt                           oll ist, bra                         erantwort
                                   ersseins” kennenzulerne                    so wertv                        it g ro ß  e r  V
                                                                                                                                                    kommen
         und sich auf Augenhöh                                 n                          d a für, der m                      z u  r   Sprache
                                   e zu begegnen. Dabei                        d ru c k                          wie  d  e r                            rtneut-
         wollen wir auch Eltern                                                      ts  a m  k e it immer                e ll s c h  a ft , eine we
                                   und Erziehungsberech                        Ac  h                           ie Ges
         erreichen, deren Blickwi                            tigte                              e wertfre                           icht.
                                    nkel erweitern, um de                       muss. Ein                t  e s fü r mich n
        Kindern und Jugendlich                                n                                 le g  ib
                                   en neue Perspektiven                          rale Schu                                                            inem
        zu geben. Das kann fun                                                                                                h e   ic  h aus me
                                   ktionieren, wenn man                                                         g be    z ie                           ekennt-
        unterschiedliche Lebens                                                        in  e  B e  WERTun                 s s io  n  ,  m   einem B
                                                                                     e                                                                         -
                                   weisen, unterschiedli-                         M
                                                                                                 , meiner
                                                                                                                Konfe                             ensch ge
        che Voraussetzungen erk
                                    ennt und respektiert,                         Glauben                         n d e  n   G  ott, der M               ra ft zum
        das Anderssein als Poten                                                               e in e m   liebe                       u  b  e n , der K
                                                                                   nis z   u                                      la
                                   tial für Originalität nützt                                                    einem G                              ichzeitig
       und daraus ein gemeins                                                                      ist; aus m                          ib t und gle
                                  ames Ganzes entstehen                             worden                        r Ge    is te  r  g                     r stellt.
       lässt. Dabei versuchen                                                           n te rs c h eiden de                 ti v  a  n   m   ich selbe
                                 wir, frei von Bewertung                            U                              orrek
       zu agieren. WIR beobach                                                                      gliches K
                                   ten, verbalisieren unser                          ein tagtä
       Gefühle, geben zu verst                                 e
                                 ehen, was WIR brauche
      Der Begriff „WERTE” ist                                n.
                                  für mich als Schulleiteri
      einer NMS unmittelbar                                   n
                                mit unserer WIR-STUND
      (Werte – Interkulturelle                               E
                                s – Respekt) verknüpft.
      WIR sind sehr neugier
                              ig auf das, was WIR all
     feiern, wie WIR unsere                              e
                                Feste gestalten, auf die
     Kraft der Tradition, als
                              o was Eltern und Groß
     tern an ihre Kinder we                              el-
                              itergeben; auf Rituale un
     die Qualität von Familie                              d
                                nfesten, wie Geburtstag
     Allerheiligen…                                        e,

     WIR müssen der Jugen
                          d die WERTE vorleben
     und sie GEMEINSAM mi
                           t ihr leben…

12
wichtig ist
                                         Tobias und                                                                                                    beck,
                                                    Val
                                        Schüler des entin,                                                                                Julia Leim PH Edith Stein
                                                    G                                                                                           e nti n K
                                        siums Telfs ymna-                                                                                 Stud
                                                                                                                                                                        die ge-
                                                                                                                                           e rt  fü  r  mich ist
                                                                                                                                 ste W                                     hrer-
      Unsere bzw.                                                                                     e r  w  o h l wichtig                  g , n  ic h  t  nur im Le
                      meine Werte                                                                   D                              ätzun                             chule. D
                                                                                                                                                                                   ie
                                      sind vor alle                                                                e Wertsch                       ganzen S
      che, die meine
                       Werte sind - ni                m sol-                                        genseitig                          in  d  e r                         la s s e n,
                                       cht die irgend                                                                 , sondern                         in den
                                                                                                                                                                        K
      Gottes, einer                                     eines                                       kollegium                       ll te   a u  c h
                                                                                                                                                                        igen h tl ic
                     Institution od
                                    er Autorität,                                                                    tzung so                           schen, e
     mir fordert, na                               di e von                                          Wertschä                           s e n    h e rr                       hule.
                      ch deren Wer
                                     ten zu denken                                                         is c h e n   den Klas                  e n    in      einer Sc
     zu handeln. A                                                                                   z w                                 ns  c h                                 igen
                    llgemein lässt
                                   sich sagen, da
                                                         und
                                                                                                            is c h e n   allen Me                 r  m   ic  h   gegenseit
                                                                                                      zw                               ngt fü                                          n
     meine Werte                                     ss  sich                                                          tzung bri                                       ur so kan
    haben, die ic
                    aus den Erfa
                                   hrungen ersc                                                        Wertschä                          u  e n   m  it sich. N                 ,   w  a s
                                                                                                                                     ra                                  keln
                  h in meinem                      hl os sen                                                           und Vert                          ft entwic
                                  Leben gemac                                                           Respekt                            e in  s c h a                         c  h u le
    Sehr wohl gibt                               ht   habe.                                                               gute Gem                                  in der S
   pirieren und
                     es aber Persön
                                     lichkeiten, die                                                     sich eine                 d  a s s   s ich jeder                  d e n     Mit-
                 mich in meine                          ins-                                                  r  F o lg  e hat,                       n z     e in  es je
                                                                                                          z u                                ep   ta                                  und
   sen, wie z.B.
                 Jordan Peterson
                                  m Denken be
                                                  ei nflus-                                                       lf ü h lt .  Die Akz                  in   e  g  ro ße Rolle
                                                                                                          wo    h                         spielt      e                                    r.
                                    oder Sam Har                                                                           r Schule                                       ng einhe
                                                    ris.                                                   glieds de                         d e  r  W   e  rtschätzu                h  a b e
                                                                                                                            nfalls mit                                           eil
   Aus Lebensw                                                                                              geht ebe                                lu s io   n   ist die T               n d
                                                                                                                                          r In   k                                  lt  u
                eisheiten der                                                                                                rs in de                               a mmenha
  sonen und de                 zuvor genann                                                                  Besonde                            . D   e r    Z u  s
                                                                                                                                                                                        llg -
                                                                                                                                                                                            e
                  n eigenen ch                ten Per-
                                                                                                                   e s  je d  e n wichtig                  S c h  u  le sollten a
  zügen ergibt si               arakterlichen                                                                ein                               eine    r
                  ch eine gute Sa              Grund-                                                                         einschaft
                                  mmlung an W                                                                 die Gem
                                                erten.                                                                           sein.
                                                                                                               genwärtig

                                                                                          a,
                                                                                 a Brejch      in
                                                                        Franzisk KPH Edith Ste
                                                                             e nti n
                                                                        Stud

                                                                                                             e Be-
                                                                                   e  in e    vielseitig
                                                                       r mich                              r etwas
                                                  e rt“ hat fü                         h    darunte
                                Das Wo
                                         r t „ W                          ste h e  ic                        u Wert
                                                    e r s eits ver                     d e  r  einen z
                                deutung
                                          .   E in                           se in  o                           anzu-
                                                      a s   wert zu                    o    je manden
                                 Positive
                                          s:  E  tw                               a ls                          sie ist
                                                 r tz u  s c h  ätzen, …                w ie    e r oder
                                             we                                     ,
                                 haben,                                 kennen
                                          n   u  n  d   zu aner                 e n .
                                  nehme                                    se h
                                              G   u te   d  arin zu
                                  und das                                                                            „Be-
                                                                                           g  e g e n    ist das
                                                                                      hin                             sich
                                                        e    d  e r   Medaille               u b je k  ti ves mit
                                                                                                                            ,
                                   Die Keh
                                                rseit                          etwas S                           in kann
                                               ,   d a   d  a  s immer                „ A b  w  e rten“ se
                                                                                                                       r a n -
                                    werten“             s o  m   it auch
                                                                               ein
                                                                                             ü b  e rsehen o
                                                                                                                    de
                                                 n  d                                   h t
                                    bringt u                                 vielleic
                                              e il  d a  s  Positive
                                     nur w                          ird.
                                                    eutet w
                                      ders ged                                                                          n wir
                                                                                                s s c h u  le sollte
                                                                                        Vo   lk                          , um
                                                              s o n  e n   in der                 e n     fu ngieren
                                       Als Leh
                                                     rpe    r                           erIn   n                          diese
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                                                      hr                        und zu
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                                        viel me                   m   it te ln                        z u   z e r stören o
                                                      u ver                              ngen“
                                        Werte z                   rc  h   „Bewertu
                                                        ll  d  u
                                         eventue                             ssen.
                                                  ü m   m   e  rn zu la
                                          verk
                                                                                                                                                                                       13
Ulrike Swoboda,
 Mag., Vikarin (Pfarrerin in Ausbildung)
   in der Evangelischen Pfarrgemeinde
Innsbruck-Christuskirche und Wissen-
  schaftliche Referentin am Institut für
   Öffentliche Theologie und Ethik der
                        Diakonie (Wien)

                                                                                           Werte im ethischen

                                           Nachdenken
                                           über Fragen der Fortpflanzungsmedizin

                                           Darf die Medizin alles, was sie kann?           eine der wichtigsten Fragen im Nachdenken
                                           „Sei vorsichtig mit dem, was du dir             über die Fortpflanzungsmedizin: Darf die
      Darf die Medizin                     wünschst.“ Diese Worte spricht eine Mutter      Medizin alles, was sie kann? Ja? Nein? Viel-
   alles, was sie kann?                    aus den USA im Dokumentarfilm „Future           leicht?
Ja – Nein – Vielleicht?                    Baby“ in die laufende Kamera. „Sei vorsich-
                                           tig mit dem, was du dir wünschst. Es könn-      Ethisches Nachdenken
                                           te wahr werden.“ Der Wunsch der Frau ist        Um über Ja-Nein-Vielleicht nachdenken zu
                                           in Erfüllung gegangen: Sie wurde Mutter –       können, bedarf es einer Kompetenz – der
                                           Mutter von Drillingen. Sie hat die Drillinge    Kompetenz des ethischen Reflektierens, des
                                           nicht selbst ausgetragen, sondern ihr Mann      ethischen Nachdenkens. Soll es nicht ein-
                                           und sie haben dafür eine Leihmutter aus         fach bei einer impulsiven Bewertung der
   „Sei vorsichtig mit                     Mexiko engagiert. Ihr wurden die im Labor       verschiedenen Antwortmöglichkeiten blei-
                                           erzeugten Embryos in den Uterus transfe-        ben, muss man sich mit SchülerInnen auf
     dem, was du dir
                                           riert. Der Arzt entschied sich für drei Em-     eine Metaebene begeben. Dort gilt es, sich
 wünschst. Es könnte
                                           bryos. Die Eltern wussten davon nichts. Der     ein Stück weit vom eigenen Alltagswissen
       wahr werden.“
                                           Grund, warum man Frauen mehr als einen          zu distanzieren und in aller Langsamkeit die
                                           unter dem Mikroskop entstandenen Embryo         Antwortmöglichkeiten in Ruhe durchzuden-
                                           in die Gebärmutter klebt, liegt darin, dass     ken. Um dieses Nachdenken zu bewerkstel-
                                           die „Baby-take-home-Rate“ nach IVF (In-vi-      ligen, braucht es mindestens drei Grundbau-
                                           tro-Fertilisation) oder nach ICSI (Intrazyto-   steine.
                                           plasmatische Spermieninjektion) ziemlich
                                           gering ist. Die Chance, dass sich auf diese     Ambiguitätskompetenz
                                           Weise zumindest ein Embryo entwickelt, er-      Der erste und wichtigste Baustein besteht
Ambiguitätskompetenz                       höht sich dadurch signifikant. Man kann sich    in der Ambiguitätskompetenz. Darunter ver-
    als die grundsätz-                     vorstellen, dass die Eltern – wahrscheinlich    steht man die Bereitschaft, sich komplexen
   liche Bereitschaft,                     auch die Leihmutter – überrascht waren, als     – häufig unbekannten oder auch sehr unan-
       sich komplexen                      klar wurde, dass drei von den Embryos zu        genehmen – und vielleicht gar nicht mit dem
 Themen zu widmen                          lebensfähigen Babys heranwachsen werden.        eigenen Leben in Bezug stehenden Themen
                                           Anhand dieser Geschichte stellt sich bereits    zu widmen, z.B. der Fortpflanzungsmedizin

 14
und der Frage, ob die Medizin alles darf,        Nachdenkens zu sehen, denn es ist anstren-
was sie kann. Dabei geht es nicht darum,         gend – ohne Zweifel. Es gilt auch, das tri-
eine abschließende Antwort auf die gestellte     umphale Erleben eines Aha-Effekts im Blick
Frage zu finden, sondern sie offen zu disku-     zu behalten und das verbindende Gefühl,
                                                                                                                     „Man sollte es
tieren. Mutig gilt es, komplexe Fragen auch      wenn man es als Gruppe und Einzelperson
                                                                                                                     sich nicht zu
mit komplexen Antworten zu würdigen und          schafft, durch eine Frage hindurch zu tau-
                                                                                                                     einfach machen.“
dabei als nachdenkende Gruppe und als            chen. Fertig vorgegebene Denkwege sind
Einzelperson bis zu einer erhellenden Ver-       uninteressant und fordern die SchülerInnen
einfachung (Gauck 2018) durchzudringen.          nicht heraus mitzudenken. Beim ethischen
Die erhellende Vereinfachung kann eine           Nachdenken geht es darum, die eigenen
weiterführende Frage sein oder eine persön-      Denkwege zu entdecken, zur Sprache zu
liche Tendenz nach reiflicher Überlegung.        bringen und zu überprüfen, wie sie von den
Auch die Tatsache der Verwirrung und das         MitschülerInnen und der Lehrperson aufge-
Zugestehen der Unentschlossenheit durch          nommen werden. Denkfreude bezeichnet
die lange Beschäftigung mit einem Thema          damit eine grundsätzlich positive Haltung
können so eine Vereinfachung darstellen,         gegenüber Denkprozessen und ein bewuss-
an der zu einem späteren Zeitpunkt wie-          tes und strategisch ausgerichtetes Auftreten
der angeknüpft werden kann. Wichtig bei          gegen Denkunlust.
der Ambiguitätskompetenz ist es, nicht bei
einem Ja oder Nein oder Vielleicht stehen        Wohlfühlen in der Vielfalt
zu bleiben, sondern das Ja in seiner ganzen      der Möglichkeiten
Tiefe zu reflektieren, genauso wie das Nein,     „Man sollte es sich nicht zu einfach machen
genauso wie das Vielleicht, sowie diese drei     – und zwar zweifach nicht: Weder durch
Antwortmöglichkeiten jeweils miteinander         Desavouierung [Kleinreden, Anm. US] von
in Beziehung zu setzen.                          Einfachheitsbedürfnissen noch das gebann-
                                                 te Starren auf Komplexitätszumutungen.“
Bildungsmut                                      (Dürnberger 2019) Die evangelischen Kir-
Der zweite Baustein des ethischen Reflektie-     chen in Europa sprechen in Fragen der Fort-
rens ist Bildungsmut. Wenn wir uns mit Fra-      pflanzungsmedizin von einem Korridor: kla-
gen der Fortpflanzungsmedizin auseinander-       re Leitplanken bzw. Wände, innerhalb deren
setzen, verwenden wir große Begriffe wie         sich die Diskussion bewegen kann, mit viel
Autonomie, Freiheit, Verantwortung, Recht,       Platz dazwischen für Denkbewegungen in
Gesellschaft, Fürsorge und Menschenwürde.        alle Richtungen und vor allem genügend
Diese Begriffe sind in ihrer Bedeutung erst      Platz, um seine eigenen Denkwege zu be-
einmal leer. Durch ihre allgemeine Offenheit     schreiten. Manchmal ist der Korridor weiter,
bieten sie wunderbare Begegnungszonen            manchmal schmaler. Wo man sich als Grup-
und tragen gut durch Diskussionen und De-        pe trifft, kann sich von dem Ort des eige-
                                                                                                                     Die evangelischen
batten. Trotz der Abstraktheit dieser Begriffe   nen Standpunkts unterscheiden. Widersprü-
tauchen innere Bilder (Sprachbilder, Sätze,      che haben innerhalb des Korridors genauso                           Kirchen in Europa
Szenen) in uns auf, wenn wir sie hören. Un-      Platz wie unterschiedliche Ansichten. „Denn                         sprechen von einem
ter Bildungsmut versteht man, diese inneren      Einigkeit ist gut, aber Unterschiede sind bes-                      Korridor.
Bilder der großen Begriffe so nach außen         ser (und realistischer).“ (Juul/Jensen 2019)
zu kommunizieren, dass andere in der Lage
sind, mit (??) nach-zu-denken. Bildungsmut
ist also vielmehr ein Bildermut und die Fä-      Literatur und Medien:
higkeit, mit seinen eigenen inneren Bildern      Maria Arlamovsky, Dokumentarfilm: „Future Baby“, 2016.
in einen guten Austausch mit anderen zu
                                                 Thomas Bauer (2018): Die Vereindeutigung der Welt. Über den
kommen.                                          Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt, Ditzingen, Reclam Verlag.

                                                 Joachim Gauck, „Mut zu einer erhellenden Vereinfachung“, Kurier,
Denkfreude                                       21. Jänner 2018; https://www.pressreader.com/austria/kurier-
                                                 3402/20180121/282690457610689
Der dritte Baustein für ethisches Nachden-        [abgerufen am 25.01.2020]
ken ist sozusagen Grundlage, Weg und Ziel
                                                 Jesper Juul, Helle Jensen (2019): Vom Gehorsam zur Verant-
jeglichen Nachdenkens: die Denkfreude.           wortung. Wie Gleichwürdigkeit in der Schule gelingt, Weinheim
Ambiges Denken und Bildungsmut funk-             (Beltz Verlag) 8, S. 273 (ebook).

tionieren nicht ohne Denkfreude. Es gilt,        Martin Dürnberger, „Weil es einfach nicht einfach ist…“,
                                                 Die Furche, 75. Jg., 25. Juli 2019, S. 3.
nicht nur die Anstrengung des ethischen

                                                                                                                                        15
Josef Quitterer,
                                                                         Was sind Werte –
                                                                      wie komme ich dazu?
                  ao. Univ.-Prof. Dr.,
 Institut für Christliche Philosophie
           der Universität Innsbruck

                                         Wir leben in einer Welt, die uns nicht           Wohlbefinden, Bildung, Freundschaft oder
                                         gleich-gültig ist. Fast alles, womit wir es zu   Liebe sind als ‚Werte‘ von den Dingen ver-
                                         tun haben, wird von uns in irgendeiner Wei-      schieden, die wir bewerten. Sie können
                                         se bewertet. Der Schreibtischstuhl, auf dem      nämlich durch ganz unterschiedliche Ge-
                                         ich sitze, ist mehr oder weniger bequem,         gebenheiten realisiert werden. Körperliches
                                         stellt für mich also einen gewissen Wert dar.    Wohlbefinden kann auch durch ein Wiener
                                         Kaffeetassen, Mehlspeisen, Restaurants, Au-      Schnitzel oder durch ein Tofugericht erreicht
                                         tos oder Universitäten werden von uns als        werden. Bildung kann auch im Selbststudi-
                                         mehr oder weniger gut bewertet. Unsere           um erworben werden usw. Werte sind also
                                         Lebenswelt besteht also nicht aus neutralen      im Unterschied zu den konkreten Gegeben-
                                         Fakten, vielmehr sind alle uns betreffenden      heiten, die wir bewerten, etwas Allgemei-
                                         Gegebenheiten oder Dinge bereits durch           nes. Nehmen wir zum Beispiel den Wert des
                                         unsere Bewertungen als mehr oder we-             Goldes. Der einzelne Goldklumpen ist wert-
                                         niger gut, geeignet, schön, angenehm etc.        voll, der Wert, den er hat, ist aber etwas, das
                                         vorimprägniert. Bewertungen von Situatio-        er mit sehr vielen wertvollen Gegebenheiten
                                         nen, Gegenständen oder Lebewesen wer-            (Aktien, Währungen, Kunstgegenständen)
                                         den von uns aber nicht einfach erfunden,         gemeinsam hat. Da dieser Wert allgemein
                                         sie ergeben sich aus unseren Bedürfnissen.       ist, kann er auch durch Zahlen oder Begriffe
                                         Mehlspeisen sind wertvoll, weil sie gut sind     definiert werden.
                                         für unser leibliches Wohlergehen, Kaffee-
                                         tassen benötigen wir zur Aufnahme eines          Diese Allgemeinheit von Werten macht sie
                                         sehr wichtigen Genussmittels, Universtäten       auch zu etwas, das von verschiedenen Per-
                                         dienen unserem Bedürfnis nach Bildung. Es        sonen geteilt werden kann. Wir können uns
                                         scheint somit klar zu sein, dass Bewertun-       über Werte verständigen. Dass sich fast alle
                                         gen für uns lebensnotwendig sind. In einer       Menschen darüber einig sind, worin der all-
                                         gleichwertigen Umgebung könnten wir un-          gemeine Wert von Geld, Währungen und
                                         sere Lebensbedürfnisse nicht verwirklichen.      Aktien besteht, ermöglicht den weltweiten
                                                                                          Handel und bildet die Grundlage für unser
                                         Dinge und andere Gegebenheiten sind also         Konsumverhalten. Ohne die Allgemeingül-
                                         nicht von sich aus mehr oder weniger wert-       tigkeit von Werten wie Gerechtigkeit, Soli-
                                         voll für uns. Wir schreiben ihnen einen Wert     darität und Menschenwürde gäbe es keinen
                                         zu, insofern sie uns bei der Erfüllung unse-     demokratischen Rechtsstaat. Wenn Werte
                                         rer Bedürfnisse nützen. Wir bewerten Dinge,      wie diese aber nicht mehr von den handeln-
                                         weil sie für uns einen Wert haben. Diesen        den Personen geteilt werden und ihre All-
                                         Wert sehen wir in den wertvollen Dingen,         gemeingültigkeit verlieren, zerfällt auch die
                                         der Wert ist aber etwas von den Dingen           Basis für den ökonomischen Wohlstand und
                                         Verschiedenes. Der Wert von Mehlspeisen          die politische und gesellschaftliche Stabilität.
                                         kann zum Beispiel das leibliche Wohlbefin-       Obwohl Werte also abstrakt und allgemein
                                         den oder der gute Geschmack sein, der Wert       sind, haben sie doch ganz konkrete Aus-
                                         von Universitäten die Bildung; der Wert ei-      wirkungen: Sie ermöglichen ein friedliches
                                         ner Beziehung zu einem anderen Menschen          Zusammenleben und tragen maßgeblich zu
                                         kann in Freundschaft oder Liebe bestehen.        unserer Lebensqualität bei.

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Christliche Ethik                                                                                Wolfgang Palaver,

als politische Ethik
                                                                                                 Univ.-Prof., Dr.,
                                                                                                 Institut für Systematische Theologie
                                                                                                 (Bereich Christliche Gesellschaftslehre)
                                                                                                 der Universität Innsbruck

Christliche Ethik besteht nicht in einer ab-    Zur Personalität gehört auch die menschli-
weichenden Methode, speziellen Themen-          che Sozialnatur. Wir Menschen sind Bezie-
feldern oder den heute oft beschworenen         hungswesen und brauchen uns gegenseitig.
Werten, sondern wurzelt in einem Men-           In der Sozialnatur wurzelt das Solidaritäts-
schenbild, das sich am besten im Persona-       prinzip, das uns zur gegenseitigen Unter-
litätsprinzip ausdrückt. Demnach ist der        stützung auffordert. Auf institutioneller Ebe-
Mensch zugleich Individuum, Sozialwesen         ne begründet das den Sozialstaat, aber auch
und auf Transzendenz hin ausgerichtet. Im       die Solidarität innerhalb von Staatenverbün-
für die Arbeit mit jungen Menschen gut ge-      den wie der Europäischen Union und die
eigneten und auch als Handy-App erhältli-       globale Solidarität, die sich für soziale Ge-
chen DOCAT, der eine übersichtliche Dar-        rechtigkeit auf weltweiter Ebene einsetzt.
stellung der katholischen Soziallehre bietet,   Heute erkennen wir auch immer mehr, dass
steht die Personalität im Zentrum der Defini-   wir mit der ganzen Schöpfung verbunden
tion von politischer Ethik:                     sind und wir deshalb aus einer Haltung der
                                                universalen Geschwisterlichkeit zur Nach-
  „‘Die menschliche Person ist die Grund-       haltigkeit aufgerufen sind.
  lage und das Ziel des politischen Zu-
  sammenlebens‘ ... Dies ist der zentrale       Schließlich sind wir Menschen auch religi-
  Satz christlicher politischer Ethik. Es       öse Wesen, die auf Transzendenz hin aus-
  gibt keine politischen und ideologi-          gerichtet sind. Politisch folgt daraus die un-
  schen Werte, für die man den Menschen         bedingte Achtung der Religionsfreiheit. In
  zum ‚Mittel‘ degradieren könnte, durch        Fragen der Religion darf es keinen Zwang
  das höherwertige Ziele zu erreichen           geben und daher dürfen Religionen keine
  wären. In allen Totalitarismen des 20.        staatlichen Zwangsmittel für sich verein-
  Jahrhunderts wurden Personen für              nahmen. Ebenso ist aber auch ein strikter
  Ideologien geopfert. Nicht einmal das         Laizismus abzulehnen, der Religion zur Pri-
  Prinzip der Religiosität selbst ist gegen     vatsache erklärt und ihr jede Öffentlichkeit
  Missbrauch gefeit.“1                          abspricht. Der Transzendenzbezug stellt sich
                                                auch gegen alle Versuche, innerweltliche
Im Anschluss an das Personalitätsprinzip        Ziele religiös zu verbrämen. Daraus folgt
kann auf drei Dimensionen der Personalität      eine Absage an politische Religionen ge-
und den damit verbundenen politischen Im-       nauso wie eine Ablehnung der Vergötterung
plikationen verwiesen werden. Zuerst geht       von Markt, Geld oder Konsum.
es um die individuelle Menschenwürde ei-
nes jeden Menschen, die die unverhandel-
baren Menschenrechte begründet. Mit der
Individualnatur ist das Subsidiaritätsprinzip
verbunden, das der kleineren sozialen Ein-
heit immer den Vortritt zuspricht und nur
dort Unterstützung verlangt, wo diese Hilfe                                                       1 Arnd Küppers, Peter Schallenberg (2016):
                                                                                                    DOCAT. Was tun? Die Soziallehre der
zur Selbsthilfe braucht.                                                                            Kirche, Königstein im Taunus, Nr. 215.

                                                                                                                                       17
„ES IST EIN
       Maria Plankensteiner-Spiegel,
                  Mag., Leiterin des
          Bischöflichen Schulamtes
              der Diözese Innsbruck
                                                  PROZESS!“
                                       Ich habe gegoogelt nach den wertvollsten        Allein die Antwort auf meine erste Frage,
                                       Marken der Welt. Gekommen sind die teu-         wie man überhaupt zu einer Marke komme,
                                       ersten Firmen. Die ersten drei Plätze im Jahr   hat mich schon schlucken lassen. „Warum
                                       2019 werden eingenommen von Amazon,             hat man bei gewissen Unternehmen oder
                                       Apple und Google.1 Am neunten Platz liegt       Produkten sofort ein klares Bild im Kopf?
                                       McDonald’s, am 13. Platz Coca Cola und          Weil sie eindeutig definiert sind und sich mit
                                       Marlboro ist immerhin auf Rang 15. Red          charakteristischen Alleinstellungsmerkma-
                                       Bull und Swarovski, die teuersten Marken        len von der Konkurrenz abgrenzen.“
                                       Österreichs, liegen noch unter den 100 wert-
                                       vollsten Marken weltweit, aber nicht in den     Eindeutig definiert, abgrenzen, Wettbewerb
                                       vorderen Rängen. Wertvoll ist nach Google       – das sind nicht gerade Begriffe, die ich im
                                       demnach gleichzusetzen mit teuer.               Zusammenhang mit Religionsunterricht zu
                                                                                       hören gewohnt bin. Sie sind höchstens eine
                                       In einer Zeit der Bilder, der Brandings, der    „hidden message“ am Beginn des Schuljah-
                                       Corporate Identity, der Markenbildungspro-      res, wenn es um das Thema der Abmeldun-
                                       zesse stehen wir als Kirche mittendrin. Ob      gen oder die Positionierung des Religions-
                                       wir wollen oder nicht.                          unterrichtes im Stundenplan geht. Ob ich
                                                                                       diese Perspektive mag? Da bin ich mir zu-
                                       Wenn ich einmal eine schräge Frage wage:        nächst nicht ganz sicher.
                                       Kirche, Religionsunterricht – wie würden
                                       wir da vorkommen? Wie positionieren wir         Doch weiter im Gespräch: Der erste Schritt
                                       uns im Kontext dieses Heftes „be_WER-           für den erfolgreichen Aufbau einer moder-
Eindeutig definiert, ab-               TE_n“, Wertefindung, Entscheidung für           nen Marke ist nicht Werbung. Ohne die geht
                                       WERT-volles, für den Wert einer Sache aus       es nicht. Das ist klar. Im Vorfeld sind jedoch
 grenzen, Wettbewerb
                                       grafischer Sicht oder Marketing-Perspektive?    andere Entscheidungen zentral und müssen
– das sind nicht gerade
                                       – Ich weiß schon, das entspricht nicht dem      geklärt werden. Angelika Wimmer nennt
   Begriffe, die man im
                                       Blickwinkel, mit dem wir uns üblicherwei-       das die Entwicklung der „Markenvision“, die
   Zusammenhang mit                    se in der Religionspädagogik beschäftigen.      am Anfang stehen müsse. Das bedeutet, klar
 Religionsunterricht zu                Trotzdem: Wir wollen ja lernen und uns in       sagen zu können:
    hören gewohnt ist.                 Dialog begeben mit anderen Wirklichkeiten
                                       unserer Gesellschaft.                           0 Was möchten wir versprechen?
                                                                                       0 Wie möchten wir wahrgenommen
                                       Also habe ich jemanden gefragt, die ein Pro-      werden?
                                       fi ist. Angelika Wimmer ist die Werbegrafike-   0 Was kann unsere Zielgruppe von
                                       rin, die unser ÖKUM gestaltet, die das Logo       uns erwarten und was nicht?
                                       und die Folder für eintag.mehrzeit entwi-
                                       ckelt hat und außerdem als Lehrerin in der      Sich solchen Fragen zu stellen, als Religi-
                                       HTL für Bau und Design in Innsbruck diese       onslehrerin und Religionslehrer, als Schul-
                                       Themen unterrichtet. Von ihr habe ich schon     amt, kann uns dazu verhelfen, unsere eige-
                                       viel darüber gelernt, welche optischen Sig-     ne Position klar benennen zu können – und
                                       nale wie wirken und wie der „Blick von au-      damit schlussendlich firm zu sein für den
                                       ßen“ geht.                                      Dialog mit den anderen Schulfächern und

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