Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss

 
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Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
12. Februar 2016 | 70. Jahrgang | 4 Euro                                                    Ausgabe 01-02 / 2016

bildung und wissenschaft –
Zeitschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg

Bildungspolitik
Was nach den Wahlen angepackt werden muss

Cyber-Mobbing                              Gesundheitsschutz      Gemeinschaftsschule
Ein einziges peinliches                    Von der Befragung zu   Viel geschafft und noch
Foto genügt                                konkreten Maßnahmen    viel zu tun
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Echte Hilfen für den Alltag

JAHCRH
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Wissen

                                                                                                                                                                                Info für Lehrkräfte und Mitglieder im Ruhestand
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Service                                                                      Prof.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                15/2
                                                                                JAHR
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Mich r. Johan
                                                                                                         Michael
                                                                                                                   Rux

                                                                                                                                                                                                                                                                                      räfte
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    ael R     nes R

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    ux

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Elte
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                 en
          rerinn

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         -Jahrb
  für Leh Lehrer
     und

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           2015 uch
            l- u n d                                                                     für Lehreri
                                                                                                                         Außer-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Eltern
       Schu recht                                                                                    nn
                                                                                           und Lehrer en                                                                                                                                                                                                                                                                                     Lange Lehren
       Dienst en-                                                                                                                  liche
         in Bad berg
        Württe
                m                           6
                                                                                       Schul- un
                                                                                       Dienstrec d                       unterricht gen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             in Beziehung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             von Prof. Joachim Bauer
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                /       2016
                                        201                                                                               Veranstalt
                                                                                                                                    un
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             und Ralf Schnabel

                                                                                                ht
                                                                                       in Bade
                                                JAHR
                                                            Michael Rux

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Hand
                                                                                      Württembn-                                     n                                                                                                            55plus
                                   BE

                                                                                                                          der Schule
                              USGA
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     g                                                         b
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                klärun                                                                   und uch des
                       ARDA
                                                                                     auf CD-ROM

               STAND
                                                                                               erg                                                                                                                                Ruhestand und Vorsorge                                                                                               Steuerer
                                       -1
                                 70-01
                           -9449
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             S           E
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        öffe chulrech ltern-
                                                BUCH
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      rung
               ISBN
                      978-3
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      der Steuererklägen -
                                                                                                                                                                                                                                  Informationen zur Planung der letzten Dienstjahre                                                                      flichen Teils     n und Kolle
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              g des beru
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            n

                                                                                                                                                                             Vorsorgemappe
                                                                                       Sonderau
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Vorbereitun              für Kolleginne
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       ts
                                                                                                               2016                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    in Ba tlichen S an
                                                                                                  sgabe für
                                                                                                                                             W                                                                                                                                                                       Tipps für die Lehrer - Vom Kollegen                             2014
                                                                                                                                   er der GE
                                                                                       Beruflich                                                                                                                                                   und für die Zeit des Ruhestands
                                                                                                 e Schulen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Neuauflage
                                                                                                                          Ein Read schlägigen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               und
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  als Lehrerin
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            den-W chule
                                                                                    ISBN 978-

                                                                                                                          mit den ein
                                                                                             3-944970
                                                   für Lehrerinnen                                     -02-8
                                                                                                                                                len
                                                     und Lehrer                                                                      en und vie                                                                                                                                                                                                                                                                                                    ürtte   n
                                                                                                                           Vorschrift Informationen
                                                                                                                                                                                                                                                    7. Auflage 2013 (Neubearbeitung)
                                                     Schul- und                                                                                                                                                                                            ISBN 978-3-922366-91-1                                                                                                                                                                        mbe
                                                     Dienstrecht                                                           weiteren
                                                                                                                                                                      2007
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             rg
                                                      in Baden-                                                                                     beitete Ausgabe
                                                                                                                                         g neu bear
                                                                                                                           Fünfte, völli

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Beruf
                                                    Württemberg
                                                 ✔ Standardausgabe
                                                                                                                                       3-92  2366-64-5

                                                                             2016
                                                 ✔ Sonderausgabe für
                                                   Berufliche Schulen                                                       ISBN: 978-
                                                    ISBN 978-3-944970-03-5

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Mitgliederpreis                                                                       Normalpreis

                                                            Exemplare GEW-Jahrbuch 2016 Standardausgabe                                                                                                                                                                                                                           13,00 Euro                                                                           25,00 Euro

                                                            Exemplare GEW-Jahrbuch 2016 Berufliche Schulen                                                                                                                                                                                                                        13,00 Euro                                                                           25,00 Euro

                                                            Exemplare GEW-Jahrbuch 2016 auf CD-ROM                                                                                                                                                                                                                                13,00 Euro                                                                           25,00 Euro

                                                            Exemplare GEW-Jahrbuch 2016 Doppelpack (Buch + CD)
                                                                      Standardausgabe                           26,00 Euro                                                                                                                                                                                                                                                                                             40,00 Euro
                                                                      Sonderausgabe Berufliche Schulen          26,00 Euro                                                                                                                                                                                                                                                                                             40,00 Euro

                                                            Exemplare Außerunterrichtliche Veranstaltungen                                                                                                                                                                                                                        6,00 Euro                                                                            9,50 Euro

                                                            Exemplare 55+ Die Vorsorgemappe                                                                                                                                                                                                                                       10,00 Euro                                                                           20,00 Euro
                                                                      7. Auflage 2013

                                                            Exemplare Steuererklärung, Neuauflage Oktober 2014                                                                                                                                                                                                                    6,00 Euro                                                                            10,00 Euro

                                                            Lange lehren in Beziehung (DVD-Video)                                                                                                                                                                                                                                 19,90 Euro (Mitglieder und Nicht-Mitglieder)

                                                            Eltern-Jahrbuch 2015/2016                                                                                                                                                                                                                                             12,50 Euro (Mitglieder und Nicht-Mitglieder)

                                                Versandkostenpauschale bei einem Warenwert
                                                bis 20 Euro: 3 Euro, 21 bis 40 Euro: 5 Euro, 41 bis 100 Euro: 7 Euro, ab 101 Euro: versandkostenfrei

                                                GEW-Mitgliedsnummer (s. Adressaufkleber b&w)

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                                                                                                                                                                                                                                  Silcherstraße 7a
                                                                                                                                                                                                                                  70176 Stuttgart
                                                                                                                                                                                                                                  Tel. 0711 2103070
                                                                                                                                                                                                                                  Fax 0711 21030799
                                                                                                                                                                                                                                  bestellservice@spv-s.de
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Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Editorial

                                                                       Doro Moritz,
                                                                       Landesvorsitzende GEW
                                                                       Baden-Württemberg

                   Foto: Michael Bolay

                                         Wir haben die Wahl!
                                         Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserin, lieber Leser,

                                         Sie haben die Wahl – am 13. März! Soll der         Dreigliedrigkeit definitiv keine Perspektive
                                         nächste Ministerpräsident Kretschmann oder         hat, stellt auch die CDU im Bildungskonzept
                                         Wolf heißen? Wollen Sie Kultusminister Stoch       der Landtagsfraktion ausdrücklich fest. Die
                                         oder einen (welchen?) Wechsel an der Spitze        öffentliche Diskussion spiegelt das nicht wider.
                                         des Kultusministeriums? Welche Regierungs-         Sie ist leider bestimmt vom Blick auf das, was
                                         konstellation wünschen Sie sich?                   Jahrzehnte funktioniert hat. Verkannt wird
                                         Wie die Wahl ausgeht, weiß ich nicht. Aber ich     auch, dass das Wegbrechen der Hauptschule
                                         weiß, dass auch die nächste Landesregierung        ein Thema aller Schularten ist.
                                         große Aufgaben zu bewältigen hat. Denn der         Von der Antwort auf diese Herausforderung
                                         beträchtliche Reformstau, den die grün-rote        hängt die Qualität und Leistungsfähigkeit
                                         Landesregierung 2011 vorgefunden hat, ist          unserer Schulen in allen Schularten ab. Dafür
                                         am Ende dieser Wahlperiode nicht beseitigt.        braucht es an allen Schulen bessere Arbeits-
                                         Das konnte auch niemand erwarten. Für die          bedingungen. Verschlechterungen müssen
                                         Umsetzung grundlegender Veränderungen              zurückgenommen werden. Seit Jahren steigt
                                         im Bildungsbereich braucht es nicht eine,          die Arbeitsbelastung. Für Veränderungsprozes-
                                         sondern mindestens zwei Wahlperioden. Die          se brauchen Lehrkräfte und Schulleitungen in
                                         Aufgaben waren riesig: Mehrere zehntausend         allen Schulen zusätzliche Zeit. Eine Zukunfts-
                                         Krippenplätze fehlten. Für rückläufige Schü-       aufgabe für jede Landesregierung muss es
                                         lerzahlen, das Wegbrechen der Haupt- und           auch sein, die Unterrichtsentwicklung so zu
                                         Werkrealschulen, für die Verpflichtung zur         unterstützen, dass die Heterogenität an jeder
                                         Umsetzung der Inklusion gab es kein Konzept.       Schule nicht mehr als Problem wahrgenom-
                                         Die Landesregierung hat die notwendigen            men wird. Dazu liefert WissGem, die wissen-
                                         Reformen angepackt. Es waren sehr viele.           schaftliche Begleitstudie der Gemeinschafts-
                                         Als Wählerinnen und Wähler müssen wir die          schule, sehr klare Hinweise – für alle Schulen.
                                         Arbeit der Landesregierung und die Aussagen        Egal wie die nächste Regierungskonstellation
                                         in den Wahlprogrammen der Parteien bewer-          aussieht: Die Reformen müssen fortgesetzt,
                                         ten. Konkrete Aussagen zu Ressourcen für die       konsolidiert und besser ausgestattet werden.
                                         frühkindliche Bildung und den Schulbereich,        Dazu gibt es keine Alternative.
                                         für die weitere Konsolidierung der Hochschul-      Gehen Sie zur Wahl am 13. März und stärken
                                         finanzierung und die Stärkung der Weiterbil-       Sie die demokratischen Parteien! Verhindern
                                         dung werden Sie in allen Wahlprogrammen            Sie, dass die politische und gesellschaftliche
                                         vergeblich suchen.                                 Kultur unseres Bundeslandes durch die Wahl
                                         Auf die Agenda muss in der kommenden               der AfD in den Landtag beschädigt wird. Ich
                                         Wahlperiode die Verbesserung der Arbeits-          will weder im Landtag noch in unserer Gesell-
                                         und Beschäftigungsbedingungen an Schulen,          schaft eine Partei, die Diskriminierung, Intole-
                                         in Kitas, an Hochschulen und in der Weiterbil-     ranz, Rechtspopulismus und sogar Waffenge-
                                         dung, in der Schul- und Kultusverwaltung.          walt gegen Menschen, die Zuflucht suchen, als
                                         Zentrales bildungspolitisches Thema im Wahl-       Programm haben.
                                         kampf ist der Streit um die Schulstruktur, um
                                         Schularten. Eine Diskussion, die andere Bun-       Mit freundlichem Gruß
                                         desländer und erst recht das europäische           Ihre
                                         Ausland längst hinter sich haben. Dass die

bildung & wissenschaft 01-02/ 2016                                                                                                                    3
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
26   Was die GEW die nächsten
                                            Jahre erreichen will

                                                                               30        Flüchtlinge: Potenzial von
                                                                                         übermorgen

                                                                                 15         Tagung zur
                                                                                            Gemeinschaftsschule

                                                          S. 07
                                        1. Mai: Für gerechte Löhne und
                                                      soziale Sicherheit

S. 16 Titelthema
Bildungspolitik: Was nach den Wahlen
angepackt werden soll

                                                                                                                 Foto: imago

   4                                                                       bildung & wissenschaft 01-02 / 2016
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Inhalt

                          In dieser Ausgabe

                          Titelthema                                 Aus-, Fort- und Weiterbildung
                                                                     Hochschule
                          17 Bildungspolitische Bilanz der grün/
                             roten Landesregierung: Veränderungen    35 Weder Quote noch Note darf den
                             brauchen Zeit und Unterstützung            Zugang zum Masterstudium beschränken
                          21 Was nach den Wahlen angepackt
                             werden muss
                          24 Landesregierung hat viel Geld in        Aus der Arbeit der GEW
                             Bildung gesteckt
                                                                     6    Ein Zeichen gegen Hass und Gewalt
                                                                     7    Austausch mit SPD und Grüne
                          Arbeitsplatz Schule /                      7    Austausch mit der Linkspartei
                          Kindertageseinrichtung                     26   Leitanträge der LDV 2016: Was die
                                                                          GEW die nächsten Jahre erreichen will
                          9 „Die Grundschule: kindgerecht und        28   Weichenstellungen für die nächsten
                             zukunftsfähig“                               vier Jahre
                          10 Mehr Informatik im Schulunterricht      29   Neue Kandidat/innen bei der LDV
                          10 Lehrereinstellung: Weniger Bewerber/    40   DGB Kongress: Zukunft der Arbeit
                             innen als im Vorjahr                    41   GEW im Gespräch mit Jusos
                          11 Studie zu Gemeinschaftsschulen:         43   Personalräteschulung für
                             Viel geschafft und noch viel zu tun          Heimsonderschulen
                          13 Am wichtigsten ist Zeit                 44   Türkei: Lehrkräfte und Schüler/innen
                          15 Gemeinschaftsschulen:                        von Krieg betroffen
                             Unterschiedliche Wahlversprechen
                          30 Flüchtlinge: Potenzial von übermorgen
                          34 Flüchtlinge: „Wir haben viel zusammen   Rubriken
                             gelacht“
                          36 Cyber-Mobbing: Ein einziges             3    Editorial
                             peinliches Foto genügt                  6    Aktuell
                          38 Von der Befragung zu konkreten          40   Kurz berichtet
                             Maßnahmen                               45   Vor Ort
                          44 484 Beförderungsstellen                 46   Vor Ort/Jubilare
                                                                     48   Vor Ort/Totentafel
                                                                     51   Leserbriefe/Buchtipps
                          Recht/Geld                                 52   Buchtipps/Impressum

                          8 Neues Beurteilungsrecht: Vorgaben ge-
                             fährden die kollegiale Zusammenarbeit   Heftmitte UP
                          8 Beamtenbund wehrt sich gegen den
                             eigenen Tarifvertrag
                                                                     Titelbild: LpB-BW/Andreas Otto
                          9 Mehr Geld für Gymnasien und
                             Realschulen
g

                                                                     Redaktionsschluss für jede b&w Ausgabe:
                          42 Hilfestellung der GEW für die Schulen   jeweils der 15. des Vormonats

    bildung & wissenschaft 01-02 / 2016                                                                               5
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Aktuell

                     KUNDGEBUNG IN STUT TGART

                     Ein Zeichen gegen Hass und Gewalt
Foto: Maria Jeggle

                     Rund 7.000 Menschen protestierten auf einer Kundgebung in Stuttgart gegen Rassismus und Gewalt

                     Der DBG hatte Mitte Januar zu einer                on gegen Rassismus und Gewalt gegen            „Mit Anfeindungen, Rassismus und Res-
                     großen Kundgebung unter dem Motto                  Geflüchtete teil. Die stellvertretende         sentiments hat sich eine Demokratie noch
                     „Halt!zusammen“ aufgerufen. Ein unge-              DGB-Landesvorsitzende Gabriele Fren-           nie weiter entwickelt. Wir wollen mit die-
                     wöhnlich breites Bündnis aus mehr als              zer-Wolf sagte: „Wir sind die vielen, die      ser Kundgebung zeigen, dass das Mitein-
                     80 Organisationen – darunter Gewerk-               nicht schweigen wollen. Wir wollen keine       ander, Offenheit, Dialog und Respekt die
                     schaften, Parteien, Kirchen, Arbeitgeber           Hassparolen hören und lesen. Wir wollen        Mittel sind, um unsere Gesellschaft weiter
                     und Migrantenvereine – unterstützten die           keine Heime brennen sehen.“ Zugleich           voranzubringen“, erklärte Manuela Ruka-
                     Aktion. Rund 7.000 Menschen nahmen                 verurteilte sie die sexuellen Übergriffe auf   vina, die Vorsitzende des Landesfrauenra-
                     am Samstagvormittag auf dem Schloss-               Frauen in der Silvesternacht als „abscheu-     tes.                                 b&w
                     platz in Stuttgart an der Demonstrati-             liche Taten“.

                                                                                                                         GEW-Quiz
                         Liebe Kolleginnen und Kollegen,                GEW, gestaltet in allen Bildungsberei-
                         mehr als 5.000 Anwärter/innen und              chen mit und vertritt die Interessen der         1. Anfang März findet die LDV 2016
                         Referendar/innen und auch einige neu-          Beschäftigten.                                   statt. Wann kommt die nächste?
                         eingestellte Lehrkräfte haben seit Jah-        Sprechen Sie neue Kolleg/innen auf die           a) 2019, b) 2020 , c) 2021
                         resbeginn ihren Dienst an den Schulen          GEW-Mitgliedschaft an. Sie kostet im             2. Welche Aussagen sind falsch?
                         begonnen, darunter viele GEW-Mitglie-          Referendariat vier Euro monatlich.               a) Etwa 370 Delegierte aus allen GEW-
                         der. Ich bitte Sie herzlich, erleichtern Sie   Die GEW hat die künftigen Lehrer/innen           Kreisen wählen auf der LDV die GEW-
                         den Neuen den Einstieg, zeigen Sie Ihre        bereits an den Ausbildungsseminaren              Landesspitze.
                         gewerkschaftliche Solidarität, indem Sie       begrüßt und unter anderem das GEW-               b) Im Mittelpunkt der LDV stehen
                         auf sie zugehen.                               Jahrbuch als Begrüßungsgeschenk über-            Antragsberatungen.
                         Es sind Kleinigkeiten und Gesten, die den      reicht. GEW-Mitglieder und die, die es           c) Auf der LDV 2012 wurde Doro Moritz
                         Neuen den Einstieg, die Kontaktaufnah-         werden, erhalten zusätzlich einen Kino-          zum ersten Mal zur Vorsitzenden gewählt.
                         me und die Zusammenarbeit erleichtern          gutschein.                                       3. Welche Aussagen sind richtig?
                         können und die zeigen: Meine Kolleg/           Es lohnt sich auch für Sie, GEW-Mitglie-         a) Geflüchtete Kinder dürfen erst nach 6
                         innen unterstützen mich, ich bin will-         der zu werben: Den Antrag auf Mitglied-          Monaten in die Schule.
                         kommen.                                        schaft, die Werbeprämien, auch weitere           b) Kinder dürfen erst eingeschult werden,
                         Kollegialität, Solidarität und Gewerk-         Informationen und Materialien, finden            wenn ihr Asylantrag genehmigt wurde.
                         schaftszugehörigkeit sind eng verbun-          Sie auf der Homepage der GEW unter               c) Sobald ein Kind in die Schule will, muss
                         den. Zeigen Sie den Anwärter/innen und         www.gew-bw.de                                    die Schule ohne Rücksicht auf den auf-
                         Referendar/innen, dass Sie GEW-Mitglied                                                         enthaltsrechtlichen Status den Bildungs-
                         sind – wie 50.000 andere in Baden-Würt-        Freundliche Grüße                                anspruch erfüllen.
                         temberg auch! Die GEW, und nur die                                                              Auflösung siehe Seite 40

                     6                                                                                                              bildung & wissenschaft 01-02/ 2016
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Aktuell

                                          L ANDTAGSWAHL

                                          Austausch mit SPD und Grüne
                                                                                                                                            Vor der Landtagswahl trafen sich Ver-
                                                                                                                                            treter/innen der GEW mit der Spitze der
                                                                                                                                            SPD-Landtagsfraktion und bildungspoli-
                                                                                                                                            tischen Abgeordneten. Übereinstimmung
                                                                                                                                            bestand, dass es im Landtagswahlkampf
                                                                                                                                            darum gehen muss, die begonnenen
Foto: SPD Baden-Württemberg

                                                                                                                                            Reformen zu verteidigen und die Ziele für
                                                                                                                                            die kommende Legislaturperiode klar zu
                                                                                                                                            benennen. In der frühkindlichen Bildung
                                                                                                                                            muss die Qualität und das Fachkraft-Kind-
                                                                                                                                            Verhältnis weiter verbessert werden. Im
                                                                                                                                            Schulbereich sollen Verbesserungen für
                                          Gespräch mit der SPD: Von links: Matthias Schneider GEW, Rita Haller-Haid MdL, Claus Schmiedel    die Schulleitungen und die Grundschulen
                                          MdL, Doro Moritz GEW, Klaus Käppeler MdL, Michael Hirn GEW, Petra Kilian GEW, Sabine Wölfle       durchgesetzt werden. In der Sekundarstu-
                                          MdL, Michael Futterer GEW                                                                         fe müssen alle Schulen mit einer systema-
                                                                                                                                            tischen Unterrichtsentwicklung und den
                                                                                                                                            erforderlichen Stellen in die Lage versetzt
                                                                                                                                            werden, mit einer heterogenen Schüler-
                                                                                                                                            schaft umgehen zu können.
                                                                                                                                            Auch mit dem Vorstand der Landtags-
                                                                                                                                            fraktion der Grünen haben sich Vertreter/
                                                                                                                                            innen der GEW getroffen. Im Gespräch
                                                                                                                                            wurde ein Blick auf die zurückliegende
                                                                                                                                            Legislaturperiode geworfen, aber auch
          Foto: Grüne Baden-Württemberg

                                                                                                                                            Schwerpunkte für die Bildungspolitik der
                                                                                                                                            Grünen nach der Wahl besprochen. Alle
                                                                                                                                            waren sich einig, dass es nach der Wahl
                                                                                                                                            um ein Verstetigen der begonnenen Refor-
                                                                                                                                            men, um die Stärkung des frühkindlichen
                                                                                                                                            Bereichs und der Arbeit in der Grundschu-
                                                                                                                                            le und um eine Steigerung der Qualität der
                                          Gespräch mit den Grünen: Von links: Andreas Schwarz MdL, Sandra Boser MdL, Michael Futterer       Bildung gehen muss. Auch die Entlastung
                                          GEW, Doro Moritz GEW, Edith Sitzmann MdL, Inge Goerlich GEW, Michael Hirn GEW, Mussie Habte       der Beschäftigten im Bildungsbereich
                                          parlamentarischer Berater
                                                                                                                                            muss in Angriff genommen werden.
                                                                                                                                                                          Michael Hirn

                                          L ANDTAGSWAHL

                                          Austausch mit der Linkspartei
                                          Zum Informations- und Meinungsaus-
                                          tausch trafen sich Bernd Riexinger, Bun-
                                          desvorsitzender der Partei Die Linke,
                                          Sabine Skubsch, GEW-Kollegin und
                                          Landtagskandidatin im Wahlkreis Karls-
                                          ruhe für Die Linke, mit Doro Moritz.
                                          Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die
                                          Bewertung der Bildungspolitik der grün/
                                          roten Landesregierung, die Positionen
                                                                                                                                                                                          Foto: Ulrike Bär

                                          der GEW und der Linkspartei. Überein-
                                          stimmung gab es unter anderem in der
                                          Notwendigkeit der Steuererhöhung von
                                          Vermögen und hohen Einkommen.
                                                                                   b&w     Von links: Bernd Riexinger, Sabine Skubsch und Doro Moritz

                                          bildung & wissenschaft 01-02 / 2016                                                                                                        7
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Aktuell

                   NEUES BEURTEILUNGSRECHT
                   Vorgaben gefährden die kollegiale Zusammenarbeit
                                                                                                             der Landesvorsitzenden Doro Moritz
                                                                                                             diskutierten sie über die Auswirkungen
                                                                                                             auf die Betroffenen (siehe Bericht in der
                                                                                                             b&w 10/2015).
                                                                                                             Die Teilnehmer/innen, darunter auch
                                                                                                             Beurteiler/innen berichteten von einer
                                                                                                             großen Verunsicherung in den Dienst-
Foto: Ulrike Bär

                                                                                                             stellen, weil noch immer Informatio-
                                                                                                             nen zur Umsetzung der Beurteilungs-
                                                                                                             verordnung fehlen. Einhellig wurden
                                                                                                             die Bildung von Vergleichsgruppen bei
                   von links: Wolfgang Straub, Martin Morgen und Doro Moritz
                                                                                                             der Regelbeurteilung und die Richt-
                                                                                                             werte für die Punktevergabe innerhalb
                   Beschäftigte aus der Schulverwaltung,           Stuttgart. Eingeladen hatte die Landes-   dieser Vergleichsgruppen kritisiert.
                   Schulpsychologen/-innen,     Leitungs-          fachgruppe Schulaufsicht, Schulverwal-    Diese Vorgaben gefährden die kollegiale
                   personal der Lehrerbildungsseminare             tung und Seminare.                        Zusammenarbeit und können negative
                   und des Landesinstituts für Schulent-           Martin Morgen, Wolfgang Straub und        Auswirkungen auf die Motivation der
                   wicklung kamen kurz vor Weihnachten             Markus Kreilinger, GEW-Mitglieder im      Beschäftigten haben.
                   zu einem Fachgespräch über das neue             Hauptpersonalrat für den außerschu-                                  Wolfgang Straub
                   Beurteilungsrecht für Beamtinnen und            lischen Bereich, informierten über die
                   Beamte in Baden-Württemberg nach                neuen Bestimmungen. Zusammen mit

                   ENTGELTORDNUNG LEHRKR ÄFTE

                   Beamtenbund wehrt sich gegen den eigenen Tarifvertrag
                   Die GEW hat bei der Tarifrunde der              Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L)        organisation keinen Tarifvertrag unter-
                   Länder im vergangenen Frühjahr den              vom 28. März 2015 die Direkteinsteiger    schreibt, dessen Regelungen Nachteile
                   Eingruppierungstarifvertrag für Lehr-           in den ersten drei Jahren der Pädagogi-   für die Beschäftigten haben. Der BLV
                   kräfte nicht unterzeichnet. Denn er             schen Ausbildung und des Bewährungs-      verschweigt nämlich in diesem Brief,
                   führt bei Beschäftigten zu beträchtli-          jahres nicht mehr in E 13 (Uni-Absol-     dass dieser Tarifvertrag von der DBB
                   chen Verschlechterungen und nur bei             venten) bzw. E 12 (FH-Absolventen),       Beamtenbund und Tarifunion(dbb tu)
                   sehr wenigen Beschäftigten zu geringfü-         sondern in E 12 (Uni-Absolventen) bzw.    mit der Tarifgemeinschaft der Länder
                   gigen Verbesserungen. Unterschrieben            E 11 (FH-Absolventen) eingruppiert        (TdL) vereinbart und unterschrieben
                   hat allerdings der Beamtenbund und              werden, wird sich die Gewinnung der       wurde.
                   beklagt jetzt beim Kultusministerium            dringend erforderlichen Lehrerinnen       Der Beamtenbund hat den Lehrkräften
                   die negativen Auswirkungen des Tarif-           und Lehrer in den Mangelfächern über      mit diesem Tarifvertrag einen Bären-
                   vertrags.                                       den Weg des Direkteinstiegs dramatisch    dienst erwiesen.
                   In einem Brief an das Kultusministerium         verschlechtern.“                          In Gesprächen mit der Landesregierung
                   hat der Verband der Lehrerinnen und             So ist es. Dieser Tarifvertrag führt zu   ist es unser Ziel, in den Bereichen, in
                   Lehrer an beruflichen Schulen in Baden-         Verschlechterungen. Die Vermutung der     denen Baden-Württemberg nicht durch
                   Württemberg (BLV), der Mitglied des             GEW, dass in den Tarifverhandlungen       den TV EntgO-L gebunden ist, Verbes-
                   Beamtenbundes ist, seine Sorge ausge-           nur unseren Tarifexperten die Auswir-     serungen für die Kolleg/innen zu errei-
                   drückt, dass es durch den neuen Tarif-          kungen bewusst waren, scheint sich zu     chen (z.B. großzügigere Anrechnung
                   vertrag Probleme geben wird, Lehrerin-          bestätigen. Wunderlich wird es deshalb    von Berufserfahrung auf die Stufen,
                   nen und Lehrer für eine Einstellung zu          bei der Forderung des BLV „Wir fordern    Arbeitnehmertabellen für die Zulagen,
                   interessieren. Der BLV wehrt sich damit         das Kultusministerium auf, zusammen       Anwendung der TV-L-Option der vor-
                   gegen den Tarifvertrag, der auch in sei-        mit dem Finanzministerium rasch eine      gezogenen Stufengewährung bei guter
                   nem Namen und für seine Mitglieder              Lösung zu finden, damit die Folgen der    Leistung,…) und Verschlechterungen
                   abgeschlossen wurde.                            schlechteren Eingruppierung ausgegli-     wie bei den Direkteinsteiger/innen auf-
                   Der BLV schreibt: „Wenn (…) aufgrund            chen werden.“ Die Lösung hätte einfach    zuheben.
                   des Tarifvertrags über die Eingruppie-          sein können: Der BLV hätte sich dafür                                     Doro Moritz
                   rung und die Entgeltordnung für die             einsetzen müssen, dass seine Spitzen-

                   8                                                                                                     bildung & wissenschaft 01-02/ 2016
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Aktuell

                          KONGRESS DES KULTUSMINISTERIUMS                                                                  SACHKOSTENBEITR ÄGE

                          „Die Grundschule: kindgerecht und zukunftsfähig“ Mehr Geld für Gymnasi-
                                                                           en und Realschulen
                                                                                                                           Die Sachkostenbeiträge für Gymnasien
                                                                                                                           und Realschulen werden 2016 deutlich
                                                                                                                           angehoben: Gegenüber 2015 steigen die
Foto: Kultusministerium

                                                                                                                           Beiträge für die Gymnasien um 12,4
                                                                                                                           Prozent und für die Realschulen um
                                                                                                                           15,2 Prozent. Für die Gemeinschafts-
                                                                                                                           schulen und die Hauptschulen/Werkre-
                                                                                                                           alschulen bleiben sie konstant. Darauf
                          Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz setzte sich auf dem Podium für eine bessere Ausstattung    haben sich die Kommunalen Landes-
                          der Grundschulen ein. Von links: Moderatorin des KM, Kultusminister Andreas Stoch, Doro Moritz   verbände mit dem Kultusministerium
                          und Peter Burkhardt, Schulleiter der Pragschule Stuttgart                                        geeinigt.
                                                                                                                           Mit dem Sachkostenbeitrag erhalten die
                          „Die Grundschulen legen die Basis für            Schritt. Dies muss ausgebaut werden.            Schulträger einen Ausgleich für die lau-
                          eine gelingende Bildungsbiographie. Nur          Die Benachteiligungen der Grundschul-           fenden Kosten des Schulbetriebs. Die
                          langsam schlägt sich diese Erkenntnis            lehrkräfte bei Ausbildung und Bezahlung         Höhe der Beiträge ist in der Schullasten-
                          auch in der Ausstattung und den Rah-             müssen beseitigt werden“, sagte Doro            verordnung geregelt und berücksichtigt
                          menbedingungen der Grundschule nie-              Moritz am 7. Dezember auf der Veran-            die tatsächlich entstandenen Kosten.
                          der. Die erstmalige Zuweisung von Pool-          staltung Die Grundschule: kindgerecht           Die neue Festsetzung der Sachkosten-
                          stunden und die zusätzlichen 4 Stunden           und zukunftsfähig. Rund 400 Teilnehmer/         beiträge wurde auf Basis der Schulkos-
                          für Mathematik und Deutsch in der künf-          innen besuchten Anfang Dezember 2015            tenauswertung des Statistischen Lan-
                          tigen Kontingentstundentafel des neuen           die Veranstaltung des Kultusministeriums        desamtes ausgearbeitet.
                          Bildungsplans sind ein erster wichtiger          im Kursaal Bad Cannstatt.            b&w                                                b&w

                             Glosse: Keine Wohnung für Lehrkräfte
                            „Sie sind also Lehrer“, fragte der ziemlich    Ärger mit ihnen. Die Lehrer seien ja auch       fragte ich und schämte mich für meine
                            große Wohnungsmakler gedehnt und               dauernd zu Hause, weil sie „morgens             ZDF-Forschungsgruppe-Wahlen-Aus-
                            klappte seine Mappe zu. Ich nickte und         recht und mittags frei hätten, hahaha!“         drucksweise. Aber ich wollte höflich sein.
                            dachte: Jetzt sagt er gleich, dass ich die     Noch ein Schlag auf das Schlüsselbein.          Meiner Berufsgruppe Ehre machen.
                            Wohnung kriege, weil ich ja Beamter bin.       Und in den Ferien seien sie auch dauernd        „Auf keinen Fall Leute mit mehr als einem
                            „Dann tut es mir leid“, fuhr er fort, „aber    zu Hause und wohnten die Wohnung run-           Kind“, sagte er und schaute mich prüfend
                            mein Auftraggeber hat gesagt, er wolle         ter, schlimmer als die arbeitslosen Dau-        an, „Kinder machen Krach, das gibt nur
                            keine Lehrer als Mieter.“                      erfernseher. „Na, und dann haben die            Ärger!“ Ich sackte noch mehr zusammen.
                            „Wieso das denn?“, entfuhr es mir erschro-     doch nichts anderes zu tun, als dauernd         Da war ich mit meinen drei Kindern wohl
                            cken. Da lachte der Makler. Er trug Kroko-     Mietrechttexte und Gerichtsurteile zu stu-      doppelt ausgeschieden.
                            dillederschuhe, einen weißen Anzug und         dieren, um ihrem Vermieter das Leben zu         „Rentner“, sagte er, „Rentner, von mir aus
                            eine Hornbrille mit schwarz-weißen Kuh-        vermiesen, oder?“, grinste er. Sie wüss-        auch mit Hund.“ Die seien schön ruhig.
                            flecken drauf. „Ich persönlich hab nichts      ten alles ganz genau. Vor allem, wie man        Und was, wenn die Rentner/innen vorher
                            gegen Lehrer“, sagte er jovial, „ich hab       einem Vermieter das Geld aus der Tasche         Lehrer/innen waren, dachte ich gehässig.
                            auch nichts gegen Sie.“ Er haute mir auf       ziehe. „Und ganz ehrlich“, er schaute mich      Sagte aber nichts. „Oder Beamter“, lachte
                            die Schulter, dass ich mein Schlüsselbein      mit bedauernder Miene an, „da verzichtet        er, „irgendein Beamter, Finanz oder andere
                            knacken hörte. Aber als Mieter seien Leh-      man lieber auf das zuverlässige Beam-           Langweiler, Hauptsache kein Lehrer.“
                            rer leider das absolut Letzte. Noch schlim-    tengehalt.“ Ich würde ja eigentlich ganz        Danach zählte er mir noch Handwerker als
                            mer als Musiker, die mit ihrem Übungs-         vernünftig auf ihn wirken, relativ normal,      ideale Mieter auf, weil die alles selber in
                            gedudel allen Nachbarn den letzten Nerv        aber so im Allgemeinen, das wisse man           Schuss hielten.
                            raubten. Und auch schlimmer als Studen-        doch, seien Lehrer so.                          Ich beschloss, mich über mein Lebensen-
                            ten, die mit nächtlichen Partys alle um        So fühlt es sich also an, diskriminiert zu      de hinaus zu verschulden und ein Haus zu
                            den Schlaf bringen. Klugscheißer seien die     werden. Aber ich schluckte den Gedanken         bauen. Ich würde nie eine Wohnung krie-
                            Lehrer, erklärte mir der Kroko-Makler, die     runter. „Wen sollen Sie denn nehmen? Also       gen.
                            alles besser wüssten. Pausenlos habe man       gibt es eine bevorzugte Personengruppe?“,                                 Jens Bucholz

                          bildung & wissenschaft 01-02 / 2016                                                                                                            9
Bildungspolitik Was nach den Wahlen angepackt werden muss
Aktuell

BILDUNGSPL ANREFORM

Mehr Informatik im Schulunterricht ab 2017
Mitte Dezember 2015 hat das Kultusmi-         Schüler/innen lernen hier beispielsweise,      In IMP lernen Schüler/innen die mathe-
nisterium ein Konzept vorgestellt, wie        wie ihre Computer und mobilen Endge-           matischen Grundlagen, die etwa bei der
mehr Inhalte von Informatik im Zuge           räte aufgebaut sind und setzen sich mit        MP3-Technologie oder bei Bildbearbei-
der Bildungsplanreform verbindlich in         Grundkonzepten der Programmierung              tungsprogrammen zur Anwendung kom-
den Schulunterricht verankert werden.         auseinander. Die Einführung ist für das        men bzw. welche physikalischen Zusam-
Zusätzlich zur fächerübergreifenden Leit-     Schuljahr 2017/2018 – parallel zur Ein-        menhänge eine Rolle spielen, wenn diese
perspektive „Medienbildung“ und dem           führung der neuen Bildungspläne in der         Daten mittels WLAN oder Mobilfunk
„Basiskurs Medienbildung“ in Klasse 5 ist     Klassenstufe 7 – vorgesehen.                   übertragen werden.
ein neuer „Aufbaukurs Informatik“ in der      Als Vertiefungsmöglichkeit in den Klas-        An den Haupt-/Werkrealschulen und
Klassenstufe 7 vorgesehen. In den Klas-       senstufen 8 bis 10 wird in den Gymnasien       Realschulen wird in den Klassenstufen 8
senstufen 8 bis 10 sollen weitere Inhalte     und Gemeinschaftsschulen ein neues Pro-        bis 10 ein neues Wahlfach „Informatik“
aus der Informatik über spezielle Vertie-     filfach eingeführt. Das Profilfach trägt die   eingeführt. In diesem Wahlfach sollen
fungsmöglichkeiten vermittelt werden.         Bezeichnung „Informatik, Mathematik,           besonders alltagsrelevante Themen mit
Begleitend wird ein darauf abgestimm-         Physik“ (IMP) und kann von den Schu-           Informatikbezug aufgegriffen und Inte-
tes Fortbildungskonzept für Lehrerinnen       len alternativ zum bereits bestehenden         resse geweckt werden. Die Einführung
und Lehrer aufgelegt.                         Profilfach „Naturwissenschaft und Tech-        der Vertiefungsmöglichkeiten ist für das
Der „Aufbaukurs Informatik“ in Klassen-       nik“ (NwT) angeboten werden. Im Fokus          Schuljahr 2018/2019 vorgesehen, wenn
stufe 7 soll für Schüler/innen aller allge-   von IMP steht die Informatik; Inhalte aus      die neuen Bildungspläne auch in Klas-
meinbildenden Schularten verbindlich          Mathematik und Physik werden darauf            senstufe 8 eingeführt werden. Sämtliche
sein und im Umfang von einer Stunde           abgestimmt vermittelt. Ein praktisches         Informatikkompetenzen werden schulart-
pro Woche unterrichtet werden. Dafür          Beispiel ist die Kodierung von Informati-      übergreifend aufeinander abgestimmt.
werden zusätzliche Deputate geschaffen.       onen in Bild-, Audio- oder Videodateien:                                                b&w

LEHREREINSTELLUNG

Weniger Bewerber/innen als im Vorjahr
Mitte Dezember 2015 wurden die jungen                                                        nen Stellenausschreibungen wurde der
Lehrer/innen ausgewählt, die im Febru-                                                       Bewerberschluss auf den 1. Februar um
ar eingestellt werden. Die Grund- und                                                        einen Monat nach vorne geschoben.
Hauptschullehrkräfte (GHS) sowie die                                                         Die guten Einstellungschancen im Som-
Realschullehrkräfte (RS) wurden über                                                         mer 2015 waren ein Erfolg der GEW, die
die allgemeine Bewerbungsliste einge-                                                        sich seit Jahren intensiv dafür eingesetzt
stellt. Für die anderen Schularten und                                                       hat, dass die Landesregierung die ange-
die musisch-technischen Fachlehrer/                                                          kündigte Streichung von 11.600 Lehrer-
innen wurden die freien Stellen schulbe-                                                     stellen zurücknimmt. Dass so viele Lehr-
zogen ausgeschrieben. Im GHS-Bereich                                                         kräfte eingestellt wurden, wie zuletzt
bewarben sich 446 Personen um eine                                                           in den 70er-Jahren, ist sehr erfreulich,
Einstellung, ein Angebot erhielten lan-                                                      schlägt sich nun aber in der Versorgung
desweit nur 50 Personen. Im Realschul-                                                       der Schulen bei den Krankheitsvertre-
                                                                           Fotolia
bereich bewarben sich auf zehn zu ver-                                                       tungen nieder. Es sind faktisch keine
teilende Stellen für wissenschaftliche        innen beim Einstellungsverfahren im            Bewerber/innen für die dringend benö-
Lehrkräfte landesweit 287 Personen.           Sommer 2016 haben. Die musisch-                tigten Krankheitsvertretungen vorhan-
Aufgrund der sehr guten Sommerein-            technischen Fachlehrer/ innen (FL), die        den. Die schwierige Situation bei der
stellung war die Anzahl der Bewerber/         Sonderschullehrkräfte (WL/FL), sowie           Suche nach Krankheitsvertretungen in
innen nur halb so groß wie im Vorjahr.        die Kolleg/innen an den Gymnasien und          allen Regierungsbezirken zeigt deutlich,
Erstmals konnten die Bewerber/innen           beruflichen Schulen konnten sich direkt        dass die feste Lehrerreserve weiter aus-
für Grund,- Haupt,- und Realschulen           bei den Schulen um eine Einstellung            gebaut werden muss und die gut aus-
beim Listenverfahren ankreuzen, ob sie        bewerben. Hier ist nur das Stellenvolu-        gebildeten Lehrkräfte frühzeitig an die
ein Angebot an einer Gemeinschafts-           men bekannt, die Anzahl der Bewerber/          staatlichen Schulen im Land gebunden
schule vorrangig, nachrangig oder gar         innen nicht. Bei den Einstellungsver-          werden müssen.
nicht annehmen würden. Diese Mög-             fahren für Bewerber/innen mit Zusatz-                                  Ruth Schütz-Zacher
lichkeit werden auch die Bewerber/            qualifikation und den schulbezoge-                                           HPR GHWRGS

10                                                                                                       bildung & wissenschaft 01-02/ 2016
Arbeitsplatz Schule

STUDIE ZU GEMEINSCHAFT SSCHULEN

Viel geschafft und noch viel zu tun
Im Januar 2016 wurde der Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung Gemein-
schaftsschulen in Baden-Württemberg (WissGem) in der Kurzfassung vorgelegt. Aufgabe der Studie
war, Stärken und Schwächen der neuen Schulart aufzuzeigen. Ziel ist, die Gemeinschaftsschule nach
dem Start zu verbessern. Von den Erkenntnissen profitieren alle Schularten.

An dem Forschungsprojekt, das das           Die Studie legt offen, dass die Lehrkräfte      der intensive kollegiale Austausch wer-
Wissenschaftsministerium und das Kul-       an Gemeinschaftsschulen besonders im            den von den Lehrkräften positiv bewer-
tusministerium beauftragt haben, waren      Hinblick auf die konzeptionelle Arbeit          tet. Die Lehrkräfte wünschen sich aber
die Universitäten Tübingen, Heidelberg      und die Unterrichtsentwicklung gefor-           bessere Umsetzungsbedingungen, vor
und München und die Pädagogischen           dert sind. Die große Aufgabe, zum einen         allem mehr Zeit für die genannten Her-
Hochschulen Heidelberg, Schwäbisch          eine neue Schulart aufzubauen, und zum          ausforderungen und eine intensive Aus-
Gmünd, Freiburg, Weingarten und             anderen die heterogene Schülerschaft zu         und Fortbildung. Die Studie zeigt jedoch
Ludwigsburg beteiligt. Inhalt und For-      fördern, verlangt von allen an GMS täti-        auch, dass die Fortbildungsbedarfe an
schungsgegenstand des Gesamtprojekts        gen Lehrer/innen einen hohen persönli-          den verschiedenen Gemeinschaftsschu-
war die Beschreibung und Analyse des        chen Einsatz. Dies umfasst zum Beispiel         len unterschiedlich sind. Manche Schu-
Transformationsprozesses der Gemein-        viel Zeit für Kooperation, die Erarbei-         len wünschen sich vor allem Ruhe für
schaftsschule auf der Schulsystemebene,     tung von differenziertem Unterrichts-           die weitere Arbeit.
der Einzelschule und des Unterrichts.       material und entsprechende Leistungs-
Bemerkenswert ist der Ansatz der Stu-       rückmeldungen an die Schüler/innen.             Schulkultur
die, den Unterricht einzelner Lehrkräf-     Hinzu kommt die Aufgabe der Inklusi-            Welche gemeinsamen Ziele, Haltungen
te zu beobachten und zu analysieren.        on, die alle Gemeinschaftsschulen seit          und Sichtweisen der Lehrkräfte liegen
Dadurch können Zusammenhänge zwi-           ihrer Gründung bewältigen müssen.               an den Einzelschulen vor? Diese unter
schen konkreten Unterrichtsformen und       Der mit einer Transformation verbun-            dem Begriff der Schulkultur unter-
der Lernentwicklung der Schüler/innen       dene Prozess der Reflektion und auch            suchten Fragen sind bedeutsam für die
erklärt werden. Folgende Themen wer-
den im Kurzbericht vorgestellt: Päda-
gogische Professionalität, Schulkultur,
Unterrichtsqualität, Aufgabenqualität
im Fach Mathematik, literarisches Text-                                                     Entwicklung gemeinsamer
verstehen fördern, Individualisierung im                                                    GMS-spezifischer Konzepte
Englischunterricht, Umgang mit Hete-
                                            Gemeinsame Umsetzung           Es wurden gemeinsame,           Es wurden keine oder nur
rogenität, Lernprozessdiagnostik und
                                            GMS-spezifischer Konzepte      verbindliche Konzepte           partiell verbindliche Konzep-
Leistungsbeurteilung, Inklusion, die        für den Kernfachunterricht     entwickelt                      te entwickelt
Sichtweise der Eltern auf die Gemein-
schaftsschule, Situation und Sicht der                                                 Typ A
Akteurinnen und Akteure, Sozialraum-         Konzepte werden von den        Schulen mit Kooperations-
analyse, Schule als Lebensraum und           Lehrkräften                    stufe 4
Diagnostik und Förderung von Schreib-        einheitlich umgesetzt          - Joint Work
kompetenz.                                                                  (2 GMS)
                                                                                                                       Typ C
Pädagogische Professionalität                                                         Typ B                Schulen mit Kooperations-
Die Gemeinschaftsschule stellt als           Konzepte werden nicht          Schulen mit Kooperations-      stufe 1 + 2
„Schule für alle“ hohe Anforderungen         oder nicht von allen Lehr-     stufe 3                        - Storytelling and Scan-
an die pädagogische Professionalität. Die    kräften umgesetzt              - Sharing                      ning for Ideas
Lehrkräfte sind dabei besonders maß-                                        (4 GMS)                        - Aid and Assistance
geblich. Ohne ihre professionelle Kom-                                                                     (3 GMS)
petenz und Qualität kann ein Innova-
tionsprozess wie die Entwicklung einer       Tab. 1: Kreuztabellierung zu den erfassten Merkmalkonstellationen der Schulorganisation der
Gemeinschaftsschule nicht gelingen.         untersuchten Gemeinschaftsschulen. In Klammern findet sich die Anzahl zugeordneter Schulen.

bildung & wissenschaft 03 / 2014                                                                                                        11
Arbeitsolatz Schule

Implementierung der
Gemeinschaftsschu-
le, weil die Einschät-
zung der Lehrkräf-
te „auf den Nutzen,
der     Praktikabilität
und der Bewertung
von Reformmaßnah-
men“ (S. 21 Kurzfas-
sung) entscheidend
für deren Erfolg sind.
In der Studie werden
hierzu vier Koope-            Abb. 1: Erreichte Unterrichtsqualität nach Lehrkräften aufgeschlüsselt. (UB = Unterrichtsbeobachtungen; LG =
rationstypen (siehe           Lerngruppen).
Tabelle 1) entwickelt,
die sich aus der Ent-
wicklung von GMS-
spezifischen Konzep-                            ierungsmerkmal von Gemeinschafts- Als wesentliche Befunde hebt die
ten (vorhanden/nicht vorhanden) und schulen. Ein qualitätsvoller Unterricht Begleitstudie hervor, dass die Unter-
deren Umsetzung (einheitliche Umset- zeichnet sich dadurch aus, dass er die richtsqualität an Gemeinschaftsschulen
zung/nicht oder nur teilweise Umset- „tiefenstrukturelle Ebene“ anspricht und vergleichbar mit der an anderen Schu-
zung) zusammensetzen.                           nicht nur auf der Oberfläche agiert. Um len ist. Die Unterrichtsqualität hängt
Mit Typ A werden Gemeinschafts- dies zu erreichen, ist eine klar struktu- wesentlich von der einzelnen Lehrkraft
schulen beschrieben, die einen hohen rierte Klassenführung, kognitive Akti- und weniger von der Einzelschule ab
Grad an Kooperation aufweisen und vierung und ein motivierendes und Dies gilt über alle Schulen und Schular-
ihre gemeinsam entwickelten Konzep- unterstützendes Unterrichtsklima die ten hinweg.
te in großer kollegialer Übereinstim- Voraussetzung. Erst wenn diese Bedin- Die Studie zeigt, dass die Unterrichts-
mung umsetzen. Gemeinschaftsschu- gungen erfüllt sind, kann differenziertes qualität an den Gemeinschaftsschu-
le mit verbindlichen Konzepten, die und individualisiertes Lernen gelingen. len unterschiedlich ist, und zwar auch
aber nicht von allen Lehrkräften umge- Bei der Bewertung der Unterrichtsqua- dann, wenn dieselbe Unterrichtskon-
setzt werden, entsprechen dem Typ B. lität sind diese vier Voraussetzungen als zeption realisiert wird. Genau hier zeigt
Wenn sowohl die Konzeptrealisierung aufeinanderfolgende Stufen definiert, sich der Zusammenhang zwischen der
als auch die Kooperationsformen nicht die als Qualitätsstufen zu verstehen sind. Qualität der Einzelschule und der Qua-
gut ausgebildet sind, handelt es sich um An Gemeinschaftsschulen zeigt sich lität des Unterrichts, z.B. hinsichtlich
Gemeinschaftsschule des Typs C.                 eine annähernd gleiche Verteilung der der Intensität der unterrichtsbezogenen
Die Typologie macht deutlich, dass an erreichten Unterrichtsqualität wie bei Kooperation, der Fortbildungskonzep-
den Gemeinschaftsschulen je nach Situ- der Referenzgruppe (andere weiterfüh- tion oder der Unterstützung durch die
ation der Einzelschule unterschiedliche rende Schularten): Rund 10 Prozent Schulleitung.
Entwicklungs- und Unterstützungsbe- erreichen nur Stufe 1 (Lernklima, Struk- Das Schaubild (Abb.1) gliedert die
darfe vorliegen.                                turen sichern), ein Viertel Stufe 2 (Klas- erreichte Unterrichtsqualität nach den
                                                senführung), knapp die Hälfte Stufe 3 untersuchten Lerngruppen an zehn
Unterrichtsqualität                             (Motivation, Aktivierung) und 15 Pro- Einzelschulen auf. An jeder Schule
Das individuelle und kooperative Ler- zent Stufe 4 (Differenzierung und kom- wurde der Unterricht an jeweils zwei
nen ist ein entscheidendes Konstitu- petente Förderung).                                          Lerngruppen von bis zu 10 Lehrkräf-

12                                                                                                        bildung & wissenschaft 01-02 / 2016
Arbeitsplatz Schule

ten (X-Achse) mit einem standardisier-      • leistungsstärkere Lernende profitieren    Traditionen und tradierte Unterrichts-
ten Beobachtungsbogen eingeschätzt.         offensichtlich besonders von der fachun-    routinen bewältigt werden können. Der
Auf der Y-Achse sind die 4 Stufen der       gebundenen Lernzeit                         bewusste Umgang mit Heterogenität,
Unterrichtsqualität abgebildet. Die Gra-    Insgesamt wird deutlich, dass Inputpha-     wozu auch die Inklusion gehört, muss
fiken (Boxplots) der einzelnen Lehrkraft    sen vorhanden und wichtig sind. Ein         entwickelt werden, und zwar an allen
zeigen, auf welcher Stufe ihr jeweiliger    gemeinsamer Stundenpool, z.B. aus den       Schularten. Die Ergebnisse der Begleit-
Unterricht eingeordnet werden kann.         Fächern Deutsch, Mathematik und (in         forschung haben auf diesem Hinter-
Daraus lässt sich die Qualität des Unter-   Teilen) Englisch, könnte den Rahmen für     grund zwei Funktionen: Den Gemein-
richts vergleichen. So liegen z.B. die      fachungebundene Lernzeiten darstellen.      schaftsschulen in ihrer Entwicklung zu
Ergebnisse der untersuchten Lehrkräfte      Die dem Leistungsniveau der Schüler/        unterstützen und den Unterstützungs-
an Schule H weiter auseinander und ins-     innen entsprechende Auswahl, Anwen-         bedarf konkreter zu identifizieren, aber
gesamt niedriger als an Schule E            dung und Variation von Unterrichtsfor-      auch im Nachgang diese Ergebnisse den
                                            men ist der Kern des differenzierten und    anderen weiterführenden Schularten
Umgang mit Heterogenität                    individuellen Lernens. Inputphasen und      zur Verfügung zu stellen. Denn auch
Die Herausforderung des Umgangs             Instruktion haben auch und gerade in        dort stellen sich diese Herausforderun-
mit Heterogenität stellt sich an allen      heterogenen Lerngruppen ihren Platz.        gen, wenn auch auf je schulartenspezifi-
Schularten, bei Gemeinschaftsschulen        Eine Verabsolutierung von bestimmten        sche Weise, zunehmend.
ist sie jedoch konstituierendes Merk-       Unterrichtsformen ist fehl am Platze.       Die These der „homogenen Schüler-
mal. Gemeinschaftsschulen haben den                                                     schaft“ war schon immer ein Mythos.
Anspruch und den Auftrag, mit den           Lernprozessdiagnostik und Leistungs-        Jetzt geht es darum, der Realität der
Schüler/innen differenziert und indivi-     beurteilung                                 Heterogenität und dem Recht jeden
duell zu lernen und sie zu fördern. Der     Die Leistungsbeurteilung an Gemein-         Schülers, als Individuum gesehen zu
Umgang mit Heterogenität wird daran         schaftsschule zielt auf eine förderorien-   werden, im Schulalltag gerecht zu wer-
gemessen, wie hoch der Zusammen-            tierte Beurteilungspraxis (S. 37). Diese    den. Die Gemeinschaftsschulen bejahen
hang zwischen bestimmten Unterrichts-       Praxis erfolgt durch                        diese Aufgabe. Dass sie bereit waren,
formen (fachbezogen, fachunbezogen,         1. Die Lernprozessdiagnostik (Verste-       den Forschern mit dieser bundesweit
Input) und der aktiven Lernzeit gemäß       hen und Begleiten des Lernprozesses der     einmaligen Begleitstudie einen Einblick
den jeweiligen Niveaustufen der Schü-       Schüler/innen,                              in ihre Arbeit zu geben, kann nicht hoch
ler/innen ist.                              2. Die Form der Leistungserhebung           genug eingeschätzt werden.
Die Studie stellt hierzu fest: „[…] dass    (Wann bewerte ich wie?),                                                 Ute Kratzmeier
bei Lernenden des hohen und des unte-       3. Leistungsbewertung (tradiert vs. indi-          GEW-Referentin für allgemeine Bildung
ren Leistungsniveaus signifikante Unter-    vidualisiert) und
schiede zwischen der Unterrichtsform        4. Rückmeldung (Noten, Verbalbeurtei-
und der aktiven Lernzeit nachgewie-         lung)                                         Zum Bericht
sen werden konnten. Erstere zeigen die      Die Eingangsdiagnostik wird an
höchste aktive Auseinandersetzung mit       Gemeinschaftsschulen intensiv betrie-         Der 87 Seiten umfassende Abschluss-
dem Unterrichtsgegenstand in fachun-        ben, sie wird jedoch noch zu wenig für        bericht ist eine Kurzfassung des
bezogenen individuellen Lernzeitstun-       das weitere Fördern der Schüler/innen         Buches: Bohl, T & Wacker, A (Hrsg.)
den, letztere hingegen in Inputstunden.     genutzt. Insgesamt konstatieren die For-      (2016): Die Einführung der Gemein-
Es wird zudem offensichtlich, dass die      scher/innen eine Ambivalenz zwischen          schaftsschule in Baden-Württemberg
aktive Lernzeit für Lernende des unteren    Bilanzierung und Individualisierung,          (2016): Abschlussbericht der wissen-
und hohen Leistungsniveaus in fachun-       die deutlich mache, dass die kontinu-         schaftlichen Begleitforschung. Müns-
bezogenen individuellen Lernzeitstun-       ierliche Evaluation in den Lernentwick-       ter: Waxmann, erscheint im Mai 2016
den höher ausfällt als in fachbezogenen     lungsbereichen noch stärker „in einen
individuellen Lernzeitstunden.“ (S. 36).    individualisierenden und lernförderli-
Was heißt dies im Klartext?                 chen Zweck zu überführen ist.“ (S. 38).                    Kurzbericht
• leistungsschwächere Lernende schei-                                                                  www.km-bw.de/20_01_
nen von der Kombination aus Input und       Fazit                                                      2016+Begleitforschung+
fachungebundenen Lernzeiten eher zu         Gemeinschaftsschulen bearbeiten The-                       Gemeinschaftsschule
profitieren                                 men, die nicht durch Rückgriff auf lange

bildung & wissenschaft 01-02 / 2016                                                                                               13
Arbeitsplatz Schulen

GEMEINSCHAFT SSCHULEN

Am wichtigsten ist Zeit
Prof. Thorsten Bohl (Universität Tübingen) hatte die Federführung der wissenschaftlichen Begleitfor-
schung zu Gemeinschaftsschulen (WissGem). Michael Hirn sprach mit dem Wissenschaftler über die
Ergebnisse der Studie und die notwendigen Konsequenzen.

Herr Bohl, für manche war der Zeitpunkt      Oberflächen- und Tiefenstruktur des          die Steuerung des Schulsystems und für
der Veröffentlichung der Studie überra-      Unterrichts oder bei der Auswahl von         Fortbildungsmaßnahmen sehr hilfreich.
schend. Warum haben Sie mit den Ergeb-       Fachaufgaben.
nissen nicht bis nach der Landtagswahl                                                    Was brauchen die Gemeinschaftsschu-
gewartet?                                    Der Ruf nach Leistungstests, denen sich      len am dringendsten, um ihre Arbeit zu
Weil das Wissenschafts- und Kultusmi-        Gemeinschaftsschulen stellen sollen, ist     verbessern?
nisterium als Auftraggeber die Abga-         nicht zu überhören. Wie ist Ihre Einschät-   Wir haben als wichtigste Ressourcen
be der zentralen Ergebnisse im Janu-         zung dazu?                                   den Faktor Zeit identifiziert. Zeit für die
ar 2016 wünschten. Das war bereits im        Zunächst darf ich in aller Deutlichkeit      Konzeptentwicklung und die Umset-
Anschluss an das Begutachtungsverfah-        festhalten, dass dies nicht unser Auftrag    zung der vielfältigen Vorhaben, Zeit
ren Ende 2012 klar. Wir hatten darauf        war. Der Auftrag lautete, eine Begleit-      für Qualifizierungsmaßnahmen oder
keinen Einfluss.                             forschung durchzuführen – das ist ein        schlicht Zeit, um bereits realisierte Kon-
                                             völlig anderer Zugang. Im Vordergrund        zepte zu optimieren. Im Hintergrund
Was war für Sie das überraschendste          von WissGem stand, Entwicklungsberei-        steht dabei auch die Forderung nach
Ergebnis der Studie?                         che an Gemeinschaftsschulen zu identi-       einem veränderten Arbeitszeitmodell,
Ich habe mehrere Ergebnisse nicht unbe-      fizieren, um die Qualität kontinuierlich     welches die vielfältigen Tätigkeiten,
dingt erwartet: Die deutlichen Unter-        zu verbessern und Maßnahmen für die          etwa Beratung, Schulentwicklung oder
schiede zwischen den Gemeinschafts-          Schulentwicklung und die Lehrerbil-          individuelle Förderung, weitaus besser
schulen – auch bei ähnlicher Konzeption.     dung abzuleiten. Dieser Auftrag ist in       berücksichtigt als das Modell der Zuwei-
Der starke Einfluss der Haltung der Lehr-    den ersten drei Jahren sinnvoll.             sung von Unterrichtsstunden.
kräfte auf die Schülerzusammensetzung.       Natürlich müssen sich alle Schularten
Die qualitativ hochwertige Kooperation       auch Leistungstests stellen, das ist doch    Lassen sich aus der Studie auch Konse-
gegenüber der Vergleichsgruppe. Oder         selbstverständlich. Allerdings gibt es       quenzen für andere Schularten ableiten?
die erfahrungsbasiert positive Haltung       bereits mehrere Studien zu integrier-        Sämtliche Schularten entwickeln ihre
gegenüber Heterogenität.                     ten Schularten, in deren Rahmen auch         Arbeit im Umgang mit Heterogeni-
                                             Kompetenztests durchgeführt wurden,          tät weiter. Die beruflichen Gymnasien
Nach drei Jahren Forschung von über 30       etwa in Thüringen, Berlin oder Sach-         haben damit viel Erfahrung, die Real-
Wissenschaftler/innen: Bewährt sich das      sen. Wer erwartet, diese Befunde wür-        schulen arbeiten insbesondere in den
Konzept der Gemeinschaftsschulen oder        den alles klären, der dürfte massiv ent-     unteren Klassenstufen an Konzepten
muss es verändert werden?                    täuscht sein – nicht nur weil die Befunde    zum Umgang mit Heterogenität, das
Führende Schulforscher sind sich einig       beispielsweise aufgrund fachspezifischer     Gymnasium ist bei einer Übergangsquo-
darüber, dass derart umfassende Refor-       Unterschiede zum Teil schwer zu inter-       te von fast 50 Prozent schon lange keine
men nicht nach drei Jahren abgeschlos-       pretieren sind. Zudem gibt es einige         hochselektierte Exzellenzschule mehr,
sen sind. Mindestens 5 bis 10 Jahre          methodische Einschränkungen. Bei-            Grundschulen arbeiten selbstverständ-
dürfte eher ein angemessener Erwar-          spielsweise werden die Eingangsvor-          lich mit sehr heterogenen Klassen. Wir
tungshorizont sein. Insofern müssen wir      aussetzungen der Schüler/innen nicht         sehen das Schulsystem in Baden-Würt-
vorsichtig sein. So viel lässt sich jedoch   immer kontrolliert oder die Stichprobe       temberg in einem langfristigen Trans-
sagen: Konzeptionell hat sich in drei Jah-   ist zu klein. Und: das größte Problem        formationsprozess, zu dem im Kern der
ren sehr viel getan und das Engagement       bei den meisten Studien ist, dass unklar     Umgang mit Heterogenität auf allen
der Lehrkräfte an den Gemeinschafts-         bleibt welche Ursachen hinter einem          Ebenen zählt – bei gleichzeitig hohem
schulen, auch im Umgang mit vielfäl-         bestimmten Leistungsstand stehen.            fachlichen Anspruch. Insofern gehen
tigen und kreativen Ideen, hat uns sehr      Daher bleibt dann auch offen, wo der         wir in der Tat davon aus, dass unse-
beeindruckt. Gleichzeitig gibt es zweifel-   Hebel angesetzt werden könnte.               re Befunde auch für andere Schularten
los noch Entwicklungsbedarf, etwa im         In WissGem haben wir genau hier ange-        bedeutsam sind.
Bereich der Diagnostik und Leistungs-        setzt und herausgearbeitet, wo Ent-                    Das Interview führte Michael Hirn
beurteilung oder bei der Passung von         wicklungsbedarf besteht – das ist für

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Aus der Arbeit der GEW

GE W-FACHTAGUNG ZUR GEMEINSCHAFT SSCHULE

Unterschiedliche Wahlversprechen
Vier Jahre nach dem Start der ersten Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg zieht die GEW
Bilanz. Erfüllen die Gemeinschaftsschulen die Erwartungen und Hoffnung, die in sie gesetzt wurden?
Welche Chancen und Risiken bestehen? Politiker/innen wurden gefragt, wie es nach der Landtags-
wahl mit den Gemeinschaftsschulen weitergeht.

Doro Moritz diskutiert mit den bildungspolitischen Sprecher/innen der Landtagsfraktionen (von
links) Harald Paulsen (FDP), Stefan Fulst-Blei (SPD), Georg Wacker (CDU) und Sandra Boser (Grüne).
Ganz rechts Professor Thosten Bohl von der Uni Tübingen.

                                                                                                                                                    Fotos: Julia Stoye
Wenige Tage vor der GEW-Tagung                     einem produktiven Umgang mit Hete-
zur Gemeinschaftsschule erschien der               rogenität. Die Lehrer/innen nehmen die
Abschluss bericht der wissenschaftlichen           Unterschiedlichkeit der Schüler/innen
Begleitforschung Gemeinschaftsschulen              eher als Potenzial denn als Belastung
in Baden-Württemberg (WissGem). So                 wahr.                                             bindlich und äußere Differenzierung
konnte der Erziehungswissenschaftler               Rund 300 Teilnehmer/innen aus allen               möglich werden. Neue Gemeinschafts-
Thorsten Bohl, der die Federführung der            Schularten waren zur Fachtagung der               schulen würde die CDU nicht mehr
Begleitstudie übernommen hatte, aktu-              GEW gekommen. Mit Spannung wur-                   genehmigen. Gestärkt werden sollen die
ell über die neuesten Befunde berichten.           den die Aussagen der Landtagsabgeord-             Realschulen. Die Ressourcen will er in
(Ergebnisse und Interview siehe Seite 11           neten verfolgt, die in wenigen Wochen             eine „gerechte Balance bringen, weil die
bis 14).                                           wiedergewählt werden wollen. Auf der              Heterogenität überall wächst.“ Der par-
Was integrierte Schulen leisten kön-               Podiumsdiskussion fragte Doro Moritz              lamentarische Berater, Harald Paulsen,
nen, untersuchte auch der Schulfor-                die bildungspolitischen Sprecher/innen            der für Timm Kern (FDP) eingesprun-
scher Ulrich Vieluf. Er forschte über die          aller Landtagsfaktionen, wie es mit den           gen war, plädierte für einen fairen Wett-
Lernentwicklung von zwei Jahrgängen                Gemeinschaftsschulen in der neuen                 bewerb und mehr Eigenverantwortung
jeweils von Klasse 5 bis 13 an 11 Star-            Wahlperiode weitergehen soll. Sand-               der Schulen vor Ort. Zentrale Steuerun-
terschulen in Berlin. Diese Schulbegleit-          ra Boser (Grüne) sieht die Schulen auf            gen hielt er für überflüssig.
forschung hatte dasselbe Ziel wie die              einem guten Weg. Sie wollte zwar nicht            Doro Moritz betonte, dass Schulen für
baden-württembergische Studie: Die                 zu viel versprechen, stellte aber die not-        unterschiedliche Aufgaben nicht die
Untersuchungsergebnisse sollen Ent-                wendige Unterstützung in Aussicht.                gleiche Ausstattung bekommen könn-
wicklungsprozesse an Schulen anstoßen.             Stefan Fulst-Blei versprach den Schu-             ten. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass
Alle Ergebnisse wurden schulbezogen                len mehr Ruhe. Man soll die Gemein-               die Gemeinschaftsschulen mit ihrem
aufbereitet und an die Schulen zurück-             schaftsschule arbeiten lassen und sie von         anspruchsvollen Auftrag in keinster
gemeldet. Ein Befund unter vielen war:             dem ständigen Rechtfertigungskampf                Weise privilegiert seien. Professor Bohl
Im Unterricht setzen sich Lehrer/innen             befreien.                                         plädierte für eine kluge Steuerung der
an Gemeinschaftsschulen mit der verän-             Die CDU will nach Aussagen von Georg              Politik, weil sonst die soziale Gerechtig-
derten Unterrichtsgestaltung systema-              Wacker keine Gemeinschaftsschulen                 keit zu kurz komme.
tisch auseinander und finden Wege zu               schließen, allerdings sollen Noten ver-                                         Maria Jeggle

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Foto: Bert Butzke                          Foto: GEW BW   Foto: imago

               Titelthema

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                                                                                              Foto: GEW BW

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Titelthema

                               BILDUNGSPOLITISCHE BIL ANZ DER GRÜN-ROTEN L ANDESREGIERUNG

                   Veränderungen brauchen
                    Zeit und Unterstützung
     Am 13. März finden Landtagwahlen in Baden-Württemberg statt. Die GEW zieht Bilanz über
         die Bildungspolitik der grün/roten Landesregierung. Grün/Rot hat viele Reformen
                    angepackt. Trotzdem bleibt noch mehr zu tun und manches
                                      muss korrigiert werden.

Im Frühjahr 2011 hatte die neue Landesregierung mit dem Pakt      Viele Neuerungen an allgemeinbildende Schulen
für Familien die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-    Weitreiche Veränderungen gab es in allgemeinbildenden
Platz für Kinder unter drei Jahren auf eine verbindliche Grund-   Schulen. Dort wurden wichtige und überfällige Reformen
lage gestellt. Mit großen Investitionen mussten zunächst einmal   angepackt: das Gesetz zur regionalen Schulentwicklung setzt
Betreuungsplätze für die Ein- bis Dreijährigen geschaffen und     erstmals einen Rahmen, um das Schulangebot vor Ort unter
die Quantität gesichert werden. Im zweiten Schritt erfolgte die   den Bedingungen von Schülerzahlenrückgang und veränder-
Qualitätsentwicklung. Die Regierungsparteien wollten anstelle     tem Schulwahlverhalten zu gestalten.
von Projekten dauerhaft Strukturen verbessern und übernahm        Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Inklusion, das unter ande-
ab 2014 63 Prozent der Finanzierung der Betriebskosten im         rem die Abschaffung der Sonderschulpflicht und erste Schrit-
Bereich der Kinder über 3 Jahren (Ü3) und 68 Prozent für die      te zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ent-
Krippenplätze (U3). Zusätzliche Mittel wurden für die Sprach-     hält, steht das große Vorhaben, ein inklusives Schulsystem zu
förderung in Kindertageseinrichtungen, die Weiterbildung der      etablieren, noch ganz am Anfang. Im derzeitigen Stadium mit
Fachkräfte und für Kinder- und Familienzentren bereitgestellt.    ungenügender Ausstattung und deutlich zu wenig Stellen und
In der frühkindlichen Bildung muss in den nächsten Jahren das     Unterstützung der Lehrkräfte geht es über eine Zielformulie-
Augenmerk vor allem auf die Verbesserung der Qualität gerich-     rung und Willensbekundung noch kaum hinaus.
tet werden. Hier müssen die Leitungszeit, die Qualifizierung      Es wirft ein besonderes Schlaglicht auf die Bildungspolitik der
des Personals, die Umsetzung des Orientierungsplans und der       zurückliegenden Jahrzehnte, dass die gesetzliche Verankerung
Inklusion und selbstverständlich die Aufnahme von Kindern         der Ganztags(grund)schule als großer bildungspolitischer
aus Flüchtlingsfamilien in den Blick genommen werden.             Meilenstein zu werten ist. Damit ist einerseits ein jahrzehn-
Mit dem Wiedereinstieg des Landes in die Finanzierung der         telanger Modellversuchs-Status beendet, zumindest für die
Schulsozialarbeit hat die Landesregierung eine wichtige Kor-      Grundschulen. Andererseits wird hier der enorme Reform-
rektur vorgenommen. Um die Rahmenbedingungen für Schul-           rückstau besonders deutlich, sind Ganztagsschulen doch
sozialarbeiter/innen weiter zu verbessern, müssen als nächstes    deutschland- und gar europaweit längst eine Selbstverständ-
die Förderrichtlinien überarbeitet werden.                        lichkeit. Bei der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes hat die
Ein Plus von 10 Millionen Euro wurde den Trägern der              GEW deutlich Kritik geübt, die sich vor allem auf die Wahl-
Jugendhilfe für die Umsetzung des „Zukunftsplans Jugend“          form, die mangelnde Ressourcenausstattung und Einführung
zur Verfügung gestellt und weitere rund 2,7 Millionen Euro        der Monetarisierung bezieht. Als nächstes müssen die weiter-
für die Förderung von Einrichtungen und Maßnahmen auf             führenden Schulen dringend in das Gesetz einbezogen wer-
dem Gebiet der Jugendhilfe für Gemeinden und sonstige             den!
Träger.                                                           Ungewöhnlich große öffentliche Aufmerksamkeit zog die Bil-

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