Magazin Sport bewegt die Schule - Thema - Kultusministerium
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Magazin Frühjahr | Sommer 2006 ISSN 1438-8766 18 Thema Sport bewegt die Schule Fremdevaluation | Hauptschulmesse | Zwangsheirat | Orientierungsplan
2 Inhalt Editorial .............................................................3 Herausgeber: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Bildungspolitik aktuell A, B, C oder D - Fremdevaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Redaktion: Interview mit Kultusstaatssekretär Georg Wacker MdL . . . . . . . . . . . . 6 Klaus Kehl (verantw.) Wölfe im Schafspelz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Roland Dangelmaier Antje Rimkus Kompetent-kreativ-stark: Was Hauptschulen leisten . . . . . . . . . . . . . . 10 Melani Vukosav Schulverwaltungsassistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Dr. Patrick G. Boneberg Kein Kind soll verloren gehen – „Schulreifes Kind“ . . . . . . . . . . . . . . 14 Sonderseiten (62/63): Die Kinderperspektive stärken! – Orientierungsplan . . . . . . . . . . . . . . 16 Landesschülerbeirat Baden-Württemberg, Dino Maiwaldt, Studierende im Praxisjahr – Neue Wege in der Lehrerbildung . . . . . 18 Sinzheimerstr. 32a, 76532 Baden-Baden ELSE-Modell zum Erwerb der Lehrbefähigung für Direkteinsteiger . . . 20 Fotos: Franck Ackermann, Horb a.N.; Gisela Amaya, Schulpanorama In drei Schritten zu einem Sozialcurriculum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Sinsheim; Robert Barthold, Biberach; Patrick In der Gemeinschaft zum Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 G. Boneberg, Kultusministerium; Mareike Enderle, Ministerium für Ernährung und Baden-Württemberg ein Thema für den Unterricht. . . . . . . . . . . . . . . 26 Ländlichen Raum Stuttgart; Europäisches Wir sind etwas Besonderes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Parlament Straßburg; Jörg Fröscher, Ditzin- gen; Andrea Maria Haller, Stuttgart; Annette Vom Umgang mit Trauer in der Schule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Jürgen, Karlsruhe; Andreas Kaier, Esslingen; Zwangsheirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Wolfram Keppler, Stuttgart; Susanne Kohn, Ulm; Kompetenzzentrum für Geschichtli- Lernen für die Zukunft – che Landeskunde im Haus der Geschichte; Schülermitverantwortung an Schulen für Geistigbehinderte . . . . . . . 36 Dino Maiwaldt, Baden-Baden; PixelQuelle. de; Hans-Jörg Polzer, Regierungspräsidi- um Stuttgart; Claudia Rugert, Eppelheim; Landtag Die Einführung des Bruttokostenmodells Richard Schrade, Winterbach; Franz Schrodi, Riedlingen; Manfred Osché; Melani Vukosav, ist für die Privatschulen von großer Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Kultusministerium; Peter-M. Zettler, Kultus- ministerium Schwerpunktthema: Gestaltung: Sport bewegt die Schule Sport bewegt die Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 mochitos creation & design gmbh, Stiftung Sport in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Gutenstetterstr. 8b, 90449 Nürnberg Die Deutsche Schulsportstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Gesamtherstellung: Von Ballzauberern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Willmy PrintMedia GmbH, Vershofenstraße 10, 90431 Nürnberg TALENTE 2006 – Die FIFA Weltmeisterschaft in der Schule . . . . . . 46 FIFA WM-Tour . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Erscheinungsweise: „Bildung in Baden-Württemberg. Magazin Der Fair-Play-Geist wirbt für die WM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Schule“ erscheint zweimalig im Jahr und „Fuball ist unser Leben…“ – Fußballinternate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 wird kostenlos über die Schulen an die Leh- Ernährung, Bewegung und Schulverpflegung für gesunde Kinder . . . . 52 rerinnen und Lehrer und die Elternvertrete- rinnen und Elternvertreter verteilt. Tipps zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Interessierte Eltern und Schülerinnen und Schüler können die Zeitschrift kostenlos – auch in Klassensätzen – bei der Redaktion Elternarbeit „Eltern für Eltern“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 anfordern. Ein Nachdruck mit Quellenangabe ist gestattet (zwei Exemplare). Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung Schule und Arbeitswelt „Kinder entdecken Wirtschaft“– Wissensfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 übernommen. Die nächste Ausgabe ist für Dezember 2006 geplant. Jugend Ehrenamtliche Jugendbegleitung Anschrift der Redaktion: als Baustein der offenen Ganztagsbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Öffentlichkeitsarbeit), Postfach 10 34 42, 70029 Stuttgart, LSBR Erster Schülerkongress im Europaparlament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Telefon 0711 279-2835 oder -2611, Fax 0711 279-2838; www.km-bw.de, Infobörse Lesenswerte Bücher, Materialien, Projekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@km.kv.bwl.de Wahlwerbungsverbot „Diese Informationsschrift wird vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen, Kandidaten oder Helferinnen und Helfern während eines Wahlkampfes zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Auf- drucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch, die Broschüre an Dritte zur Verwendung bei der Wahlwerbung weiterzugeben. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist. Es ist den Parteien jedoch erlaubt, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.“ Die Zeitschrift wird entsprechend aktueller ökologischer Richtlinien hinsichtlich Papier, Druckfarbe, Digitaldruck-PrePress (filmlose Formherstellung) und Verpackung hergestellt.
Editorial 3 Liebe Leserinnen und Leser, unter dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ jährige Gymnasium einzuführen, es an die örtlichen findet in diesen Tagen die Fußballweltmeisterschaft Gegebenheiten anzupassen und so die Chancen der in Deutschland statt. Dieses sportliche Großereig- individuellen Ausgestaltung zu nutzen. Als ein Bei- nis zieht weltweit unzählige Menschen in seinen spiel für eine gelungene Umsetzung des gymnasialen Bann. Für wenige Wochen reisen 31 Mannschaften Bildungsplans werden in diesem Heft die Konzepte aus verschiedenen Nationen und Kulturkreisen und Maßnahmen des Wieland-Gymnasiums aus Bi- nach Deutschland, um sich in einem fairen sport- berach vorgestellt. lichen Wettkampf zu messen. Auch das vorliegende Darüber hinaus informiert das vorliegende Magazin Heft befasst sich unter dem Titel „Sport bewegt die Schule über aktuelle Themen wie die Fremdevalua- Schule“ mit dem fußballerischen Großereignis im tion an Schulen, „Schulreifes Kind“, den neuen Ori- Allgemeinen und dem Schulsport im Besonderen. entierungsplan für Kindergärten sowie ein gelungenes Die Beiträge reichen von den Schulkampagnen der Beispiel für die Integration von Migrantenkindern. Fédération Internationale de Football Association (FIFA) mit Talent- und Kreativwettbewerben über Bei der ersten landesweiten Hauptschulmesse zu die Fußballinternate in Baden-Württemberg bis hin Beginn dieses Jahres in Ludwigsburg wurde die he- zu einem Bericht über die Deutsche Schulsport- rausragende Qualität der an den Hauptschulen ge- stiftung. Tipps zur richtigen Ernährung im Zusam- leisteten pädagogischen Arbeit sichtbar. Auch hierü- menhang mit ausreichender Bewegung runden das ber berichtet dieses Heft. Angebot ab. Das an den Hauptschulen vorhandene große Enga- gement verdient ebenso wie das große Engagement In den vergangenen Monaten stand das neue acht- an allen anderen Schularten hohe öffentliche Wert- jährige Gymnasium (G8), das flächendeckend zum schätzung. Unsere Schulen, das zeigt ausschnittartig Schuljahr 2004/2005 eingeführt wurde, im Blick- das vorliegende Magazin Schule, leisten etwas! punkt der Öffentlichkeit. Ich bin dankbar, dass hier Das weiß ich und dafür danke ich allen, die daran viele Schulen gute Wege gefunden haben, das acht- mitwirken. Helmut Rau MdL Minister für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg
Das Evaluationsteam im Gespräch mit der Schulleitung. A, B, C oder D Fremdevaluation - Ein komplexes und sensibles Geschäft Seit dem 1. Februar 2005 sind 17 erfahrene Lehrerinnen und Lehrer an das Landesinstitut für Schul- entwicklung (LS) abgeordnet und nach einer Qualifizierungsphase seit dem Schuljahr 2005/2006 als Fremde- valuatoren in ganz Baden-Württemberg unterwegs. Die beruflichen Schulen in Baden- A, B, C, oder D, diese Frage stellt sich jedem Team, das Hinweise, wie gut sie ist. Nun will sie wissen, ob die Württemberg werden seit dem Schuljahr 2005/06 im Rahmen des eine Schule mehrere Tage evaluiert hat und anschlie- eigene Einschätzung auch dem Blick von außen stand- Modellvorhabens „Operativ eigen- ßend von der Datensammlung zur Bewertung übergeht. hält. Dazu muss das Kollegium der Schule bereit sein, ständige Schule“ (OES) nach A bedeutet, dass die Schule in dem evaluierten Bereich dem Evaluationsteam die Türen zu öffnen und Ergeb- dem Verfahren von Q2E (Qualität durch Evaluation und Entwicklung) einen ausgeprägten Entwicklungsstand aufweist und nisse sowie Prozesse der eigenen Arbeit darzulegen. Die evaluiert (Fremdevaluation). stark entwickelt ist. B heißt eher stark, C eher schwach nächsten Abschnitte der Evaluation folgen in kurzen Ab- Die Stufen 4, 3, 2 oder 1 entsprechen entwickelt und D drückt eine schwache Entwicklung ständen: ein Erstkontakt zwischen Evaluationsteam und der Bewertung A, B, C oder D. aus. Sowohl die Schule, als auch die Fremdevaluatoren Schulleitung wird hergestellt. In einem Gespräch wer- wollen wissen: „Wie gut sind wir wirklich?“ den die Evaluationsbereiche zwischen beiden Parteien Alle Beteiligten erfahren die Ergebnisse erst, wenn der abgesprochen und in einer schriftlichen Vereinbarung Endbericht vorliegt und in der Gesamtlehrerkonferenz festgelegt. „Unterrichtsprozesse und -ergebnisse?“ oder vorgestellt wird. Im Bericht steht es schwarz auf weiß, lieber „Schul- und Klassenklima?“, vielleicht dazu noch wie das Evaluationsteam die Schule als solche sieht und „Außenbeziehungen?“ oder alle drei Qualitätsbereiche? wie es die schulische Qualitätsentwicklung einschätzt. Die Schule muss sich gut überlegen, was sie wissen will Für die Evaluatoren ist die Arbeit damit zu Ende, für die und welche Bereiche sie evaluiert haben möchte. Schule beginnt sie erst beziehungsweise aufs Neue. Bis die Schule erfährt, in welchen Qualitätsbereichen sie die Vorgehensweise der Fremdevaluation Bewertungsstufen A, B, C oder D erreicht hat, müssen Das Team der Fremdevaluatoren verschafft sich einen mehrere Phasen durchlaufen werden. Für das Evaluati- ersten Eindruck von der Schule durch das Schulportfo- onsteam und die Schule gilt es, auf der gemeinsamen lio, das die Rahmenbedingungen, pädagogische Ziele, Wegstrecke zwischen dem ersten Planungsgespräch und Ergebnisse und Perspektiven der schulischen Entwick- dem abschließendem Bericht die verschiedenen Ar- lung darstellt. Es wird den Fremdevaluatoren als eine beitsschritte der Fremdevaluation partnerschaftlich zu Art Visitenkarte von der Schule zur Verfügung gestellt. bewältigen. Die nebenstehende Grafik soll dies bildhaft Alle Teammitglieder werfen einen Blick auf die Doku- veranschaulichen. mente und besprechen in Teamsitzungen die Ergebnis- se, stets darauf bedacht, dass nichts übersehen wird oder Selbstevaluation vor Fremdevaluation verloren geht. Charakteristisch für das Verfahren ist es, dass zuerst die Auf dieser Grundlage werden anschließend Instrumen- Schule selbst nachschaut, wie die Qualität ihrer Arbeit te für die Datenerhebung vor Ort entwickelt. Mit wem aussieht. Sie bekommt durch eine Selbstevaluation erste wann und worüber gesprochen wird, welche Schwer-
Bildungspolitik aktuell 5 punkte der Schulhausrundgang und die Beobachtung Beurteilungen werden innerhalb des Teams abge- Zur Zeit können sich die allgemein bildenden von Unterrichtssituationen haben sollen, wird im glichen. Und immer wieder hört man die Frage: Schulen für die freiwillige „Pilotphase Fremdevaluation“ beim Landesinstitut für Team festgelegt. Dies alles findet sich anschließend „Siehst du es auch so?“ „Was spricht für A und was Schulentwicklung bewerben. im Evaluationsplan wieder, der der Schule übermittelt für B?“ „Ist die Schule ‚stark entwickelt‘ oder ‚eher Weitere Informationen unter: wird. stark entwickelt‘?“ Das Team ist sich bewusst, dass www.evaluation-bw.de der Eindruck vor Ort nur eine Momentaufnahme Etwa eine Woche lang hat die Schule nun Zeit, die ist und in ein paar Monaten alles anders aussehen Wünsche der Evaluatoren in einem straffen Zeitplan kann. Schule bleibt nicht stehen, sondern verändert von morgens bis abends unterzubringen. Sie muss sich ständig. darüber hinaus die beteiligten Eltern, die Schülerin- nen und Schüler informieren, datenschutzrechtliche Bewertung und Abschlussbericht Erklärungen einholen und Kolleginnen und Kollegen A, B, C oder D? Mehrere Wochen nach dem Eva- sowie Schülerinnen und Schüler für Interviews frei- luationsbesuch liegt der vorläufige Bericht vor und stellen. Den Schulbetrieb möglichst wenig störend wird von Schulleitung und Kollegium kritisch be- werden Interviews geführt, Unterrichtsstunden be- äugt. Empfehlungen sind ausgesprochen und Ent- sucht und ein Schulhausrundgang gemacht. Die Da- wicklungsperspektiven aufgezeigt. Nun gilt es sie ten werden in die Laptops eingegeben, damit nichts zu analysieren und schulspezifische Maßnahmen verloren geht. daraus zu entwickeln. Die Evaluatoren treten vor die Gesamtlehrerkonferenz, um die Ergebnisse und Auswertung der erhobenen Daten Empfehlungen zu erläutern. Mit Spannung wartet A, B, C oder D, welche Wertung kommt der Schul- das Lehrerkollegium auf den Evaluationsbericht. wirklichkeit am nächsten? Die erhobenen Daten Unterschiedlichste Reaktionen stellen sich bei der werden zusammentragen, in eine Übersicht ge- Präsentation ein: Überraschung, Erstaunen, Verär- bracht, geordnet, den einzelnen Qualitätsbereichen gerung oder Erleichterung. Um über die Qualität zugeordnet und beurteilt. Einem Puzzle gleich ihrer eigenen Arbeit etwas zu erfahren, holt sich das werden die Einzelteile zu einem Gesamtbild der Evaluationsteam nun ein Feedback von der Schule. Schule zusammengefügt. Wahrnehmungen und Der letzte Meilenstein ist geschafft. Hansjörg Kaiser, Ute Schoppmann, Landesinstitut für Schulentwicklung Wohin der weitere Weg geht, bestimmt die Schule Alle Lehrer/innen der Schule Bericht Gesamtlehrerkonferenz Evaluationsteam Auswertungs- Lehrer/innen, Eltern Auswertung befund und Schüler/innen Interviewpartner Evaluation Teamleiter/in mit Schulleitung vor Ort Schulleitung Organisationsplanung Einsatzplanung Evaluations- Lehrerteam/ plan Evaluationsteam Schulleitung Schulportfolio Dokumentenanalyse Alle Lehrer/innen Vereinbarung Teamleiter/in mit der Schule Schulleitung Vorgespräch Beschluss der Gesamtlehrerkonferenz Aufgaben der Schule gemeinsamer Weg Aufgaben des Landesinstituts für Schulentwicklung
6 Bildungspolitik aktuell „Ehrenamt vor Ort unterstützen“ Interview mit Kultusstaatssekretär Georg Wacker MdL Georg Wacker ist seit dem 1. Februar Staatssekretär im Kultusministerium. Damit hat er die Nachfolge von Dr. Monika Stolz MdL angetreten, die zur neuen Sozialministerin ernannt wurde. Magazin Schule sprach mit Herrn Wacker. Magazin Schule: Herr Wacker, bevor Sie Ihr Amt ein besonderer Schwerpunkt der Landespolitik sein im Kultusministerium angetreten haben, waren Sie wird. Drei Stichworte sind hier zu nennen: erstens bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im der Stellenwert der frühkindlichen Bildung, zweitens Landtag. Was nehmen Sie aus dieser Zeit in Ihre neue die Ressourcenplanung. Die Aussage, dass wir in der Aufgabe als Staatssekretär mit? neuen Legislaturperiode keine Lehrerstellen einspa- ren, obwohl wir rückläufige Schülerzahlen haben, ist Staatssekretär Wacker: Das Spannende an der Auf- ein Beleg dafür, dass wir in die Bildungspolitik eine gabe eines bildungspolitischen Sprechers war, die große Kraftanstrengung investieren. Nicht zuletzt ist gesamte bildungspolitische Themenpalette kennen der flächendeckende, bedarfsgerechte Ausbau von zu lernen. Insofern bin ich dankbar, dass ich diese Er- Ganztagsschulen ein wichtiges Ziel. fahrungen sammeln durfte und glaube zu wissen, wo die Zukunftsthemen in der Bildungspolitik liegen. Magazin Schule: Wie früh wussten Sie, dass Sie Musik- lehrer werden möchten? Magazin Schule: Wo liegen diese denn Ihrer Meinung nach? Staatssekretär Wacker: Für mich war das Klavier oder die Posaune häufig wichtiger, als das Erledigen Staatssekretär Wacker: Ich bin zuversichtlich, dass von Hausaufgaben für die Schule. Dennoch hatte ich auch in dieser Legislaturperiode die Bildungspolitik in meiner Schulzeit noch nicht das feste Ziel mich mu-
Bildungspolitik aktuell 7 sikpädagogisch zu betätigen. Das kam dann erst, als ich hat mich beauftragt, mich um den Ehrenamtsbereich während des Studiums begonnen habe zu unterrichten und den Weiterbildungsbereich zu kümmern. Als und mich auch in der Ensembleleitung engagiert habe. Ehrenamtsbeauftragter der Landesregierung sehe ich meine Aufgabe darin, die Ehrenamtspolitik mitzu- Magazin Schule: Von 1992 bis 1996 waren Sie Leiter gestalten. Wir möchten ein besonderes Augenmerk der Musikschule in Renningen. Damals haben Sie vom darauf richten, wie wir das Ehrenamt vor Ort unter- Kultusministerium die Fördergelder erhalten. Jetzt ha- stützen können. Das Ehrenamt muss in die Lage ver- ben Sie die Seiten gewechselt und vergeben diese. Hat setzt werden, ausgewiesene Jugendarbeit zu betrei- sich Ihre Sichtweise über diese Verteilung der Förder- ben. Denn die Jugendarbeit ist die Basis, damit das mittel für die Musikschulen jetzt geändert? Ehrenamt auch in Zukunft Bestand haben wird. Der zweite Schwerpunkt ist die Weiterbildung. Der Staatssekretär Wacker: Die Landesförderung für Prozess des lebenslangen Lernens hat aufgrund der die Musikschulen ist außerordentlich wichtig. Auf- veränderten Arbeitswelt an Bedeutung gewonnen. grund des Landeszuschusses haben wir die Aufga- Im Hinblick auf die Diskussion über die Dauer der benstellung einer Musikschule als bildungspoliti- Lebensarbeitszeit müssen wir uns verstärkt Gedan- schen Auftrag insgesamt gesehen. Es kam später zu ken machen, wie man die Menschen, die die Schule Zuschusskürzungen wegen der bekannt schwierigen verlassen haben, im beruflichen Prozess, aber auch Haushaltslage und ich habe mich dann auch später, außerhalb des Berufs weiter qualifizieren kann. Au- in meinen ersten Jahren im Landtag, vehement dafür ßerdem müssen wir überlegen, wie wir so genannte engagiert, dass Kürzungen entweder geringer ausfie- bildungsferne Schichten, vor allem bildungsferne El- len oder dass sogar nachgebessert wurde. Deswegen ternhäuser, in stärkerem Maße erreichen. Ich möchte möchte ich aufgrund meiner wichtigen Erfahrungen hier das Stichwort „Elternbildung“ nennen. als Musikschulleiter dafür werben, dass wir die ge- setzliche Mindestgrenze von zehn Prozent der Perso- Magazin Schule: Wie engagieren Sie sich denn selbst nalkostenzuschüsse nicht unterschreiten. ehrenamtlich? Magazin Schule: Welchen Stellenwert sehen Sie neben Staatssekretär Wacker: Ich habe mich in den letzten der Bedeutung der Musik für die Fächer Sport und Jahren immer ehrenamtlich betätigt. Ich war selbst Kunst in der Schule? früher, während meiner Musikschulleitertätigkeit, im Musikschulverband Baden-Württemberg aktiv. Außer- Staatssekretär Wacker: Ich denke Musik und Be- dem war ich über einige Jahre Vorsitzender der Bläser- wegung gehören zusammen. Der Sport fördert die jugend Baden-Württemberg. Heute bin ich Vorsitzender Gesundheit, das soziale Lernen und den Gemein- des größten Kreisverbandes der CDU in Baden-Württem- schaftssinn. In der Musik ist das ähnlich. Es gibt auch berg, des Rhein-Neckar-Kreises und Vorsitzender des sehr enge Bezugspunkte von der Bildenden Kunst Bibliotheksverbandes Baden-Württemberg. Denn auch zur Musik. Die Bildende Kunst hat selbstverständlich die Bibliotheken sind ein außerschulischer Lernort den gleichen Stellenwert wie die Musik. und damit ein ganz wichtiger Kooperationspartner für die Schulen und für die Weiterbildung. Nur wer selbst Magazin Schule: Kommen wir wieder zurück zu Ihrer ehrenamtlich tätig ist, kann auch glaubwürdig über die heutigen Funktion. Was liegt Ihnen denn als Staatssek- Sorgen und Nöte des Ehrenamts sprechen. retär besonders am Herzen? Magazin Schule: Vielen Dank für das Gespräch. Staatssekretär Wacker: Die Förderung von Musik Das Gespräch mit Staatssekretär liegt mir natürlich am Herzen. Der Ministerpräsident Georg Wacker führte Melani Vukosav vom Kultusministerium.
8 Bildungspolitik aktuell Wölfe im Schafspelz Die Polizei setzt mit der Aufklärungskampagne „Wölfe im Schafspelz“ ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus und gruppenbedingter Gewalt. Das Medienpaket „Wölfe im Schafspelz“ Martin ist Mitglied einer rechtsextremen Clique in Wissenschaftler bezeichnen die Propaganda, die von wurde an alle öffentlichen, allgemein bildenden weiterführenden Schulen seiner Stadt. Für ihn ist das in Ordnung, schließlich diesen Gruppen ausgeht, als noch verfassungsfeindli- und an die Kreismedienstellen Baden- zieht er seine Anerkennung aus der Gruppe. Eines cher, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Württembergs verteilt. Dazu wurde ein Tages fragt ihn ein Kamerad, ob er nicht mit zu einem Das neue, bürgerliche Outfit ist die Tarnkleidung für begleitender Wettbewerb ausgerufen. Hierbei sollen Gruppen von Jugendliche Theaterprojekt kommen wolle, bei dem noch jemand den „Kampf um die Straße“. Zurück zu Martin, Mari- zwischen 13 und 18 Jahren einen Fern- für die Bühnentechnik gesucht werde. Mehr wegen na und der rechtsextremen Clique: Diese ist zunächst sehspot drehen, der sich auf das Thema seines Freundes, als aus Überzeugung sagt Martin zu. wenig erfreut, dass Martin weniger Zeit für sie hat. der Kampagne bezieht. Lehrkräfte oder Gruppenleiter von Freizeitgruppen kön- Dort angekommen trifft er auf die blonde Marina - Als sie aber dann noch herausbekommt, dass Mari- nen dabei gerne unterstützen. und es ist Liebe auf den ersten Blick. So nähert sich na Aussiedlerin ist und in Russland geboren wurde, Als Unterstützung zur Umsetzung kann der Spielfilm „Platzangst“ von René Zeuner und Hei- verhärten sich die Fronten zwischen Martin und sei- die Videosoftware MAGIX Video deluxe 2006 durch die Schule gratis angefordert ke Schober dem Thema „Rechtsextremismus“ - mit nen Freunden. So gewinnt die Liaison plötzlich eine werden. Laiendarstellern (abgesehen von Detlev Buck und politische Bedeutung - wenn ein Deutscher mit einer Die begleitenden Unterlagen, sowie der Regisseurin) und ohne erhobenen Zeigefinger. Russin zusammen ist: Das geht nicht! Deshalb gerät das Software-Bestellformular kann über die nächstgelegene kriminalpolizeiliche Die Handlung basiert auf einer wahren Geschichte, Martin durch die Gruppe unter enormen Druck. Beratungsstelle (Liste: siehe Seite 9) die die Regisseurin selbst erlebte. bezogen werden. Im realen Leben verzeichnen die Sicherheitsbehör- Rechtsextremismus auf dem Vormarsch Der Videospot der Gewinner wird durch ein professionelles Filmteam neu ver- den, insbesondere in Baden-Württemberg, einen An- Auch die real existierende Rechtsextreme Szene filmt und im Fernsehen ausgestrahlt stieg rechtsextremistischer Konzerte und eine kon- drängte im vergangenen Jahr in die breite Öffentlich- werden. Zusätzlich sind 1.000 Euro für stante Zunahme der Anzahl jugendkulturell geprägter keit. Mit ihrer so genannten „Schulhof-CD“ („Anpas- die Klassenkasse, und viele weitere Preise zu gewinnen. gewaltbereiter Rechtsextremisten. Teilweise liegt das sung ist Feigheit“) versuchte sie aktiv, insbesondere „Einstiegsalter“ bei zwölf bis 14 Jahren. Die neue junge Menschen im Umfeld der Schulen anzuspre- Eventkultur ist Teil einer Strategie, die versucht, sich chen. Zwar wurde die Verteilung der CD gerichtlich von dem ewiggestrigen Image zu trennen - um im Bild untersagt, doch bis heute sind die meisten der 40.000 zu bleiben: die Wölfe haben Kreide gefressen, denn gepressten Exemplare nicht wieder aufgetaucht. Die
Bildungspolitik aktuell 9 Musik auf der CD wahrt oberflächlich einen verfas- ckeln kann. Im wirklichen Leben kommt dies alles Weitere Informationen zum Artikel: www.polizei-beratung.de/aktionen/rechts- sungsgemäßen Schein, abgesehen von einem Stück, zusammen: Kameradschaft, die keine abweichenden extremismus/ oder unter in dem skandiert wird, man wäre „im Krieg gegen ein Meinungen akzeptiert, Musik, die nur schlecht getarn- www.schau-hin.info Scheiß-System“. Die Ansprache vor dem eigentlichen te Progaganda ist, der Wunsch nach Anerkennung, der Verzeichnis der kriminalpolizeilichen Musikteil gibt sich bewusst bieder - es braucht ein ge- verlangt, männlich und stark aufzutreten und seine Beratungsstellen: schultes Ohr um den eigentlichen Text herauszuhö- Gefühle hinten an zu stellen. Die Rechtfertigungsstra- www.polizei-bw.de/vorbeugung/kpbst/ ren: „(...) unsere heutigen Schulen sind schon längst tegie ist: Wir setzen doch nur um, was viele andere Weiter führende Informationen zu ein Sammelbecken für junge Schwerkriminelle gewor- denken. Dieser Ansatz ist ohne Zweifel unberechtigt, landesweiten polizeilichen den. Meist ausländische Banden haben hier das Sagen. scheint aber in der Gesellschaft zunehmend Fuß zu Präventionsprojekten: Dagegen können und wollen die überforderten Lehr- fassen. In dem kürzlich erschienenen Buch „Deut- www.lka-bw.de -> Prävention -> Jugend und Drogen -> kräfte gar nichts unternehmen. Haben nicht viele von sche Zustände. Vierte Folge“ von Wilhelm Heitmeyer Themen -> Fremdenfeindlichkeit. Euch von solchen Dingen gehört oder sie selbst mit- werden die Ergebnisse einer repräsentativen Umfra- erleben müssen? Wie viele sehen lieber weg, wollen ge vorgestellt, die beunruhigende Tatsachen zu Tage Weitere Informationen: Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit so etwas gar nichts zu tun haben, hoffen, dass es bringt: 14,5 Prozent der Befragten sind der Meinung Taubenheimstr. 85 nur sie nicht erwischen mag. Doch wir stellen uns „Die Weißen sind zu Recht führend in der Welt“, 33,3 70372 Stuttgart vehement dagegen! Wir wollen nicht akzeptieren, Prozent meinen „Wer schon immer hier lebt, sollte Telefon: 0711 54013458 E-Mail:dezernat422@lka.bwl.de dass alles weiter verkommt und niemand etwas da- mehr Rechte haben, als die, die später zugezogen gegen unternimmt. (...) Wir wollen alle Völker und sind.“ und 61,1 Prozent stimmen der Aussage „Es le- Kulturen dieser Erde in ihrer wunderbaren Einzig- ben zu viele Ausländer in Deutschland“ zu. artigkeit erhalten! Wir sind keine Ausländerfeinde! Wir lieben das Fremde - in der Fremde!“ (Auszug aus Offenes Ende regt zum Nachdenken an der CD „Anpassung ist Feigheit“, der so genannten Wie endet die Geschichte mit Marina und Martin? „Schulhof-CD“). Nach einem Gespräch der beiden, signalisiert Mari- na weiterhin Interesse an der Beziehung - nur Martin Initiative gegen Rechte Gewalt kann sich nicht entscheiden. Sie geht, er bleibt sitzen. Wer mehr weiß, sieht und hört mehr. Diesen Ansatz Dann rennt er ihr hinterher, sie ist jedoch schon ein verfolgt auch „Wölfe im Schafspelz“, eine Filmpro- paar Straßen weiter. Auf dem Schulhof gerät Martin duktion im Auftrag der Ständigen Konferenz der In- nun zwischen die Gruppen der Rechten und der Ska- nenminister und -senatoren der Länder (IMK), um- ter, die sich gegenüber stehen. Links die Skater, rechts gesetzt durch die polizeiliche Kriminalprävention der die Clique und geradeaus Marina. An dieser Stelle en- Länder und des Bundes (ProPK) sowie der Initiative det der Film. Wie sich Martin entschieden hat, kön- „Schau Hin“. Um auch Informationen über die aktu- nen nun Eltern mit ihren Kindern und Lehrkräfte mit elle rechtsextreme Szene zu transportieren, wurde der ihren Schülerinnen und Schülern diskutieren. DVD „Wölfe im Schafspelz“ eine Dokumentation von Klaus Reith, Frank Buchheit, Dr. Rainer Fromm „Rechtsextremismus heute - zwi- Landeskriminalamt Baden-Württemberg schen Agitation und Gewalt“ hinzugefügt, die einen halbstündigen Überblick über Formen der „Neuen Rechten“ in Deutschland gibt. Der DVD liegt ein Filmbegleitheft mit weitergehenden Informationen zu Hintergründen und methodisch-didaktischen Hin- Layout des Titels sowie Begleitheft des Medienpaketes weisen für den Einsatz im Unterricht bei. Hier wird „Wölfe im Schafspelz“ deutlich, dass das, was als Suche nach Anerkennung, Kameradschaft und Spaß beginnt, mit Propaganda und Hetze weitergeht und nicht selten in Gewalt endet. Film bietet viele Möglichkeiten Damit wieder zurück zu Martin, der zwischen den Stühlen sitzt. Er lässt sich dazu überreden, mit seinen Kameraden loszuziehen, was in einer Konfrontation mit zwei Skatern endet, die durch die Clique ange- gangen werden. Martin kann sich dem Gruppendruck nicht entziehen und beginnt die Schlägerei. Was von ihm als Problemlösung und Aussöhnung mit den Ka- meraden gedacht war, entpuppt sich als ein Test der Gruppe, auf welcher Seite er steht. Das Problem und der Druck auf Martin steigen, denn er hat noch eine andere Körperverletzung „offen“. So bietet der Film die Möglichkeit, mehrere Themen anzusprechen. Es geht nicht nur um Rechtsextremismus, sondern auch darum, wie sich aus Gruppenzwängen Gewalt entwi-
10 Kompetent – kreativ – stark: Was Hauptschulen leisten Erste landesweite Hauptschulmesse fand überwältigende Resonanz Fast 2.000 Menschen strömten am 30. Januar 2006 nach Ludwigsburg ins Forum am Schlosspark. Die erste landesweite Hauptschulmesse mit der Präsentation der profilierten Hauptschularbeit aller 44 Stadt- und Landkreise hat viele Menschen angezogen. Das Motto der Messe „Hauptschule mit Zukunft: kompe- tent - kreativ - stark!“ ist aufgegangen. Die Hauptschulmesse war ein Beweis für die vielseitige, qualitätsvolle Arbeit an Hauptschulen. Die Hauptschule in Baden-Württemberg konnte eindrucksvoll veranschaulichen, dass sie eine Schulart mit berufsweltoffenem Profil und starker pädagogischer Ausprägung ist, die vertrau- ensvoll mit ihren Partnern aus Elternschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Kirche zusammenarbeitet und von diesen tatkräftig unterstützt wird. Die Hauptschulen präsentierten an über 100 Messe- Antwort stand. Die Einbeziehung der Schülerinnen ständen, in Bistros und Werkstätten unter dem Motto und Schüler in die Vorbereitung und während des „Hauptschule mit Zukunft: kompetent - kreativ - stark!“ gesamten Ablaufs der Messe war für die Schulen ganz die Schwerpunkte ihrer Arbeit. Die breite Palette der selbstverständlich, ob an den Ständen, beim Empfang, Präsentationen reichte von Kooperationsprojekten bei der Ausgabe der Namensschilder, den Vorführun- zwischen Schule und Wirtschaft über Maßnahmen zur gen oder beim Auf- und Abbau. „Das zeigt doch, wie Sprachförderung bis hin zur Arbeit von Schülerfirmen. ernst die Schülerinnen und Schüler genommen wer- Die Präsentationen, die Werkstätten, die Gespräche den. Das, denke ich, ist eines der Geheimnisse des pä- in den Bistros, die zentralen Programmpunkte, Kunst dagogischen Erfolgs in der Hauptschule“, lobte Kultus- und Musik: Die Hauptschulmesse zeigte eindrucksvoll, minister Helmut Rau die Lehrkräfte. was Hauptschülerinnen und Hauptschüler schaffen. „Ich bin zehn Zentimeter gewachsen!“, meinte ein Alle packten an Die Big Band der Siebtklässler stolz, der am Stand der Haldenrainschule Bereits am Vortag der Messe ging es sehr geschäftig zu. Theodor-Heuglin-Schule aus Ditzingen den Messebesucherinnen und -besuchern Rede und Die Lehrkräfte brachten Schülerinnen und Schüler zur
Bildungspolitik aktuell 11 Unterstützung mit - manche sogar ihre eigenen Kinder. Bild an Projekt- und Kooperationsmöglichkeiten für Alle packten mit an, um den Messeaufbau optimal zu Hauptschulen. An einem dieser Infostände war auch gestalten. Letzte Vor-Ort-Gespräche führte auch Schul- die Erzdiözese Freiburg mit der Fachstelle Jugend und leiter Wolfgang Wittmann mit der Künstlerin Doro- Schule und dem Institut für Religionspädagogik ver- thee Aschoff. Dessen Franz-Josef-Krämer-Grund- und treten. „Die Gesamtkirchengemeinde in Freiburg hat Hauptschule aus Hofstetten im Schwarzwald hatte Ende Januar entschieden, die bisher befristete Stelle für vor zwei Jahren einen Workshop mit dem spanischen Hauptschularbeit im Jugendbüro Freiburg in eine un- Schriftsteller José F. A. Oliver mit hervorragenden Er- befristete Stelle umzuwandeln. Damit setzt die Gesamt- gebnissen veranstaltet. Den damals begonnenen Pro- kirchengemeinde ein klares Zeichen für die Bedeutung zess hat die Schule erweitert und vertieft. Unter An- und Wichtigkeit der Hauptschularbeit in Freiburg und leitung von Dorothee Aschoff haben die Schülerinnen zeigt damit ihr Interesse, diese Jugendlichen als Kirche und Schüler an der Akademie Schloss Rotenfels Ar- unterstützen und auf ihrem Weg begleiten zu wollen“, beitstechniken im Umgang mit Ytong, Gips und Pap- so ein Sprecher der Erzdiözese Freiburg. pe erlernt und von der Theaterleiterin Andrea Bayer wurden sie in die Geheimnisse der Performance einge- Die Hauptschule – ein Erfolg weiht. Mit Hilfe von Alltagsgegenständen entwickelte Zufrieden mit den Ergebnissen der Hauptschulmesse sich Poesie, die dann zu abstrakten Objekten künstle- war Wolfgang Schiele vom Regierungspräsidium Stutt- risch umgesetzt wurde. Unter dem Titel „Poesie, Skulp- gart, der zusammen mit Corinna Lutz vom Rundfunk- turen, Performance“ haben die Neuntklässler am Mes- sender „SWR1“ durchs Programm führte. „Die Schulen setag ihre Ergebnisse theatralisch in einer Performance haben viele Ideen für die Entwicklung ihrer Schulpro- mit großartigem Erfolg dargestellt. file und für Partnerschaften bekommen.“ Dies wurde von Gabriele Esser unterstrichen, der Elternbeirats- Hauptschule mit Zukunft vorsitzenden aus Tauberbischofsheim. „Ich habe viele Bild oben: Kultusminister Helmut Rau sieht die Zukunft der Tipps bekommen und viel interessantes Infomaterial Fast 2.000 Teilnehmerinnen und Hauptschule im weiteren Ausbau von differenzierten mitgenommen, speziell auch zum Thema Ganztags- Teilnehmer waren bei der Hauptschul- messe. Förderangeboten. Die Ganztagsschule sei dabei ein schulen.“ Sie machte den Hauptschulen ein Kompli- Element, „aber kein Allheilmittel“. Rau kündigte an, ment: „Hauptschule ist aktuell, präsenter, am Puls der Bild unten: dass zu den rund 200 Ganztagsschulen noch einmal so Zeit. Lehrkräfte der Hauptschule sind kreativ, sie beach- Professor Dr. Günter Klosinski von der Universitätsklinik für Kinder- und Ju- viele hinzukämen. „Die Schule kann so gut sein, wie ten die Individualität und vermitteln den Schülerinnen gendpsychiatrie in Tübingen referierte sie will, sie kann die Eltern nicht ersetzen“, betonte der und Schülern das Gefühl ‚Hoppla, ich kann was!‘“ über die Arbeit der Hauptschulen. Kultusminister. Er wertete die Veranstaltung auch als Zeichen, welche enorme Entwicklungsdynamik in der Hauptschule stecke. „Wer eine Hauptschule besucht, ist keineswegs abgeschrieben, sondern hat viele Chancen“, machte sich Rau im voll besetzten Theatersaal für mehr öffentliche Wertschätzung der Hauptschule stark. „Kinder soll man Kinder sein lassen. Kinder sollen sich in der Schule wohlfühlen“, meinte Gabriele Esser, Mutter eines Hauptschülers und eines Realschülers auf dem Podium. „Als Eltern muss man den Weg anneh- men: Wenn das Kind immerzu Misserfolg einstecken muss, braucht es sehr lange, bis es wieder zu sich findet. Das Bildungssystem ist nicht zu!“, appellierte sie an die Eltern. Rau verwies auf das von der Kultusministerkonferenz als innovativ gewürdigte Reformkonzept „Impulse Hauptschule“. Dieses habe zum Ziel, alle Schülerinnen und Schüler zu fördern und vor allem deren Ausbil- dungsfähigkeit zu verbessern. Hauptschule stärken Professor Dr. Gunther Klosinski, Experte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, sprach sich für mehr Unter- stützung der engagierten Arbeit der Hauptschulen aus und forderte ein großes Angebot von Ganztagsschulen. Viele Hauptschülerinnen und -schüler hätten das Ge- fühl, „nicht auf der Gewinnerseite“ zu stehen. Klosinski räumte jedoch ein, dass in Baden-Württemberg einiges besser liefe als in anderen Bundesländern. Da Hauptschularbeit immer auch Kooperationsarbeit ist, zeigten die Kooperationspartner ein vielfältiges
12 Bildungspolitik aktuell Die Friedrich-Ebert-Grund- und Hauptschule in Schopf- „Ich bin gerne Hauptschullehrerin, weil meine Schü- heim freute sich über das große Interesse des Publikums, lerinnen und Schüler völlig unmittelbar, ehrlich und vor allem an der gelungenen grafischen Darstellung ih- direkt sind. Sie zeigen einem immer gleich, wo man res Schulprofils. Sie konnten gar nicht schnell genug als Lehrer steht“, sagte Christine Hallgarten, Lehrerin Flyer nachproduzieren, so groß war das Interesse. „Wir an der Grund- und Hauptschule in Weil der Stadt und konnten jedoch nicht nur über uns und unsere Schule Sabine Wiedemann, Lehrerin an der Schellingschule Auskunft geben, sondern haben auch selbst sehr viel Leonberg ergänzte: „Ich bin gerne Hauptschullehre- Anregungen von anderen Schulen mitgenommen“, rin, weil ich jeden Tag aufs Neue versteckte Talente freuen sich die Lehrkräfte der Schopfheimer Haupt- entdecken und fördern darf!“ schule. Dr. Donate Kluxen-Pyta von der Bundesvereinigung Hauptschule mit Zukunft der deutschen Arbeitgeberverbände stellte bei der Po- Gute Modelle gelingender Hauptschularbeit waren diumsdiskussion fest, dass die Wirtschaft Hauptschul- auf der ersten Hauptschulmesse des Landes Baden- absolventen brauche, die Wirkungen von Projektprü- Württemberg in Ludwigsburg zu sehen. Sie hat bestä- fungen schätze und bereit sei, Hauptschülerinnen und tigt, dass Hauptschulen es in besonderer Weise verste- Hauptschüler einzustellen. Wichtig sei allerdings, dass hen, Kinder und Jugendliche ganzheitlich zu fördern die Hauptschule weiterhin an der Ausbildungsfähigkeit und sie auf das Leben im Beruf und in der Gesell- ihrer Schülerinnen und Schüler arbeite. Karl Steffan, schaft vorzubereiten. Dazu bedarf es der vertrauens- Ausbilder bei der Firma Bosch Verpackungstechnik vollen Zusammenarbeit mit Eltern und anderen Part- TGA, bestätigte dies. Er setzt auf die Bildungspartner- nern, wie Industrie und Handwerk, Wissenschaft und schaft mit Hauptschulen, die er mit der Hauptschule Kirche. „Die Hauptschule hat Zukunft, davon bin ich in Waiblingen bereits erfolgreich praktiziert. überzeugt, wenn sie weiter daran arbeitet, Kindern Der Ministerialdirektor im Kultusministerium, Tho- und Jugendlichen die Zukunft zu öffnen. Sie braucht mas Halder, stellte in einem Interview mit Bernd Eise- dazu Selbstbewusstsein, Partner und die gesellschaftli- le vom Regierungspräsidium Stuttgart die erfolgreiche che Anerkennung, die jeder verdient, der seine Sache Arbeit der Hauptschulen heraus und stärkte ihnen gut macht“, ermutigte Kultusminister Helmut Rau. den Rücken. Beim „Kreativkreis Hauptschule“ ließ er Die Messe hat gezeigt, dass gemeinsame Kraftanstren- sich über die Ergebnisse der Rauin-Studie „Berufs- gungen dazu führen, Kindern und Jugendlichen Zu- ziel: Hauptschullehrer“ informieren. Beeindruckt hör- kunftschancen zu eröffnen. Gleichzeitig wurde wieder te er jungen Hauptschullehrerinnen und -lehrern zu, deutlich, wie leistungsstark, motiviert und hellwach die unter Beifall Statements zu ihrer Arbeit abgaben. sich die Hauptschulen im Land präsentieren. Christa Engemann, Kultusministerium Kultusminister Helmut Rau, Professor Karl Schneider von der Pädagogischen Hochschue Ludwigsburg und der Landrat des Kreises Ludwigsburg, Dr. Rainer Haas, beim Messerundgang.
Bildungspolitik aktuell 13 Schulverwaltungsassistenz Neue Wege der Verwaltung von Schulen Das Kultusministerium hat der Einrichtung von Schulversuchen zur so genannten „Schulverwal- tungsassistenz“ zugestimmt. Mit den Versuchen soll drei Jahre lang erprobt werden, ob und inwieweit sich die Verwaltungsarbeit an Schulen optimieren lässt. Schule besteht nicht nur aus Unterricht. Nach dem In welchem Verhältnis der Schulverwaltungsassis- Tätigkeitsbereiche des Schulverwaltungsassistenten: Schulgesetz leitet und verwaltet die Schulleiterin oder tent Aufgaben für den Schulträger und das Land • Organisationsaufgaben wie Personal- der Schulleiter die Schule; diesen obliegt auch die Ver- wahrnimmt, lässt sich im Voraus nicht quantifizie- planung (Krankheit, Urlaub); waltung und Pflege der der Schule überlassenen Ge- ren, zumal der in Abstimmung zwischen Kultusmi- • Zuarbeit und Entwürfe für die Schulleitung bezüglich verwaltungs- genstände. Schulleiter sind wie alle Lehrkräfte von ihrer nisterium und den kommunalen Landesverbänden technischer, haushaltsrechtlicher und Ausbildung her gesehen in erster Linie Pädagogen. Die erstellte Aufgabenkatalog weder verbindlich vorge- organisatorischer Fragen, Statistik, Tätigkeit als Schulleiterin oder Schulleiter bringt aber schrieben noch abschließend ist. Sicherlich werden Organisation des Einstellungsverfah- rens bei der Gewinnung von Lehrern; auch pädagogische Leitungsaufgaben und Verwaltungs- an den verschiedenen Schulen unterschiedliche • Haushaltsfragen wie Planung und aufgaben mit sich. Verhältnisse vorliegen. Die Kostenbeteiligung des Bewirtschaftung des Schulhaushalts; Außerdem gibt es zwischen der „Verwaltung“ der Landes erfolgt deshalb im Versuch pauschal mit 50 • Beschaffungswesen, Beschaffung von Lehr- und Lernmitteln; Schule als Aufgabe des Landes und der Aufgabe des Prozent. • Gebäudeverwaltung; kommunalen Trägers teilweise Überschneidungen. An der erwähnten gesetzlichen Schullastenverteilung • Administrative Aufgaben bei der Insbesondere diese gilt es zu optimieren. treten keine Änderungen ein. Es sollen weder Aufga- Planung und Durchführung von Ganz- tagsangeboten und Betreuungsmaß- ben mit Kostenfolgen vom Land auf die Schulträger nahmen; Aufgaben der Schulverwaltungsassistenz noch vom Schulträger auf das Land verlagert werden. • Öffentlichkeitsarbeit An diesem Punkt setzt die Schulverwaltungsassistenz Vielmehr geht es ausschließlich um eine Steigerung • und vieles andere mehr. an. Der Schulverwaltungsassistent soll zum einen der Effizienz. Im Gegenzug für die Entlastung der Verwaltungsarbeiten übernehmen, die bislang die Schulleiterinnen und Schulleiter kann deshalb ein Schulleitung oder eine beauftragte Lehrkraft erle- Teil des Entlastungskontingents entfallen. digt hat, und zum anderen Verwaltungsarbeiten des Die genehmigten elf Schulversuche an insgesamt 14 Schulträgers, die bislang im Schulverwaltungsamt Schulen werden zusammen mit den jeweiligen kom- oder von der Schulleiterin oder dem Schulleiter erle- munalen Schulträgern eingerichtet. Sie beginnen digt wurden. Diese Arbeiten setzen Kenntnisse und spätestens zum nächsten Schuljahr; einige Schulträ- Erfahrung im Verwaltungsbereich voraus. ger haben bereits begonnen. Die Schulversuche werden drei Schuljahre lang ge- Finanzierung führt. Während dieser Zeit erfolgt eine Evaluation. Der Schulverwaltungsassistent steht in einem Be- Danach wird zu entscheiden sein, inwieweit Verwal- schäftigungsverhältnis des kommunalen Trägers. Da tungstätigkeiten an Schulen durch Schulverwaltung- auch Aufgaben für das Land wahrgenommen werden, sassistenten wahrgenommen werden können oder beteiligt sich das Land an den Kosten. sollen. Rainer Edelmann, Kultusministerium
14 Kein Kind soll verloren gehen! Kooperation zwischen Kindergärten und Schulen wird groß geschrieben Die Bedeutsamkeit der frühkindlichen Bildung wurde durch die Unterzeichnung einer Ver- einbarung über Bildung und Betreuung zwischen Landesregierung und Kommunalen Landesverbän- den am 4. November 2005 unterstrichen. Dass die frühkindliche Bildung an Stellenwert gewonnen hat, dazu tragen wesentlich der Orientierungsplan für Kindergärten sowie die Projekte „Schulreifes Kind“ und „Schulanfang auf neuen Wegen“ bei. Für das Projekt „Schulreifes Kind“, das förderungsbedürftige Kinder im letzten Kindergartenjahr im Umfang von 4 bis 18 Stunden gezielt fördert, stellt das Land im Endausbau jährlich bis zu 45 Millionen Euro bereit. Die Resonanz auf die Ausschreibung für die Erpro- bungsphase ist überzeugend: 589 Kindergärten und 281 Schulen wollen sich beteiligen. „Prävention geht vor Rehabilitation!“ ist die Devise Bildungsort Familie des Projekts „Schulreifes Kind“. Es soll dazu beitragen, Bildung beginnt mit der Geburt. Deshalb ist die Fa- dass kein Kind „verloren“ geht. Deshalb sollen förder- milie der erste und bedeutsamste Bildungsort. Dabei bedürftige Kinder möglichst frühzeitig erkannt und gilt: Der Bildungsort Familie ist so verschieden wie die gezielt gefördert werden. Weil der Förderbedarf des Familien selbst. Kindes im Vordergrund steht, ist jeweils pädagogisch Familien unterscheiden sich in ihrer Wertehaltung, in zu entscheiden, ob innere oder äußere Differenzierung ihrem beruflichen Hintergrund, ihren Lebensgewohn- angebracht ist. Dort, wo diese Förderung über den Ori- heiten, der Bewältigung des Arbeitsalltags und in ihrer entierungsplan hinausgeht, greift das Projekt „Schulrei- Zusammensetzung und Stabilität. Kinder erleben unter- fes Kind“. Kinder mit intensivem Förderbedarf sollen schiedlich motivierte, unterschiedlich zielstrebige und die gleichen Startvoraussetzungen für die Schule und unterschiedlich disziplinierte Eltern mit unterschiedli- die gleichen Bildungschancen bekommen wie alle an- chen Erwartungen und Wünschen. Je nach dem, wie das deren auch. Zurückstellungen vom Schulbesuch, Klas- Elternhaus gestaltet ist, wird das Kind geprägt. senwiederholungen, Brüche und Misserfolge in der Vernachlässigte Kinder beispielsweise sind, so Un- Schule sollen vermieden werden. Kindergarten und tersuchungen, passiv und zurückgezogen, weniger Schule kümmern sich gemeinsam im engen Kontakt einfühlsam, unaufmerksam, entweder distanzlos oder mit den Eltern um die förderungsbedürftigen Kinder. misstrauisch. Weil Elternhäuser diese Kinder unter- schiedlich begleiten und fördern, stellt Helga Kuhn von UNICEF fest: „Man muss so früh wie möglich damit beginnen, die Chancenungleichheiten aus dem Weg zu räumen.“ Benachteiligte Kinder sollten schon in der Kindergartenzeit speziell gefördert werden. Bildungsort Kindergarten In Familie und Kindergarten werden die Grundsteine für die Bildung „quer durch alle sozialen Schichten gelegt“, wie Bert Rürup, der Vorsitzende der fünf Weisen im Ja- nuar 2005 in einem Interview mit der ZEIT anmerkte. Kinderärzte stellen fest, dass sich die Dauer des Kinder- gartenbesuchs und der Sozialstatus positiv auf die Sprach- kompetenzen und auf die fein- und grobmotorischen Fä- higkeiten auswirken. Je länger Kinder den Kindergarten besuchen, desto geringer ist der Anteil der Kinder, die nur unzureichende sprachliche und motorische Kompetenzen aufweisen. Der Kindergartenbesuch fördert von Anfang an Kinder in ihrer Entwicklung. Deshalb muss alles dar- an gesetzt werden, dass der Kindergarten als Bildungsort wahrgenommen und angenommen wird. Dazu wird der baden-württembergische Orientierungsplan beitragen, der im Sommer 2006 in eine dreijährige Pilotphase startet und im Kindergartenjahr 2009/2010 verbindlich wird. We- sentliches Merkmal dieses Planes und des Bildungsplans der Grundschule ist die an den Potenzialen des Kindes orientierte pädagogische Begleitung, Unterstützung und Förderung. Kinder mit Entwicklungsverzögerungen und
Bildungspolitik aktuell 15 Weitere Informationen unter: Projekt „Schulreifes Kind“ www.kindergarten-bw.de Ende März Vorstellung an der Schule ( Pflicht) 1 1/2 Jahre vor Beginn Schritt 1 der Einschulungsuntersuchung (4;0 bis 4;11 Jahre) April / Mai der Schulpflicht 5. Lebensjahr Kindergarten Schule Runder Tisch „Schulreifes Kind“ 1) Eltern Juni Beratungslehrer 2) Gesundheitsamt 2) Frühförderstelle 2) Angebot für förderbedürftige Kinder Kindergarten (oder Schulkindergarten) Schule • Präventivgruppen • Präventivklassen (5;0 bis 5;11 Jahre) 6. Lebensjahr • Präventivgruppen Zusatzförderangebote (HSL, etc.) März / April Schulanmeldung 1) nur förderungsbedürftige Kinder April / Mai Schritt 2 der Einschulungsuntersuchung 1. Klasse 2) schriftliche Stellungnahme, Anwesenheit, soweit erforderlich gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Kinder mit gro- lich dazu beitragen, förderungsbedürftige Kinder zu er- ßem Unterstützungsbedarf sowie Kinder mit geringen kennen und ihren individuellen Förderbedarf festzustel- familiären Entwicklungsmöglichkeiten sollen möglichst len. Deshalb soll die Einschulungsuntersuchung in zwei frühzeitig erkannt und gefördert werden. Darüber hinaus Schritte aufgeteilt werden: Der 1. Schritt soll im vorletzten wird das Projekt „Schulreifes Kind“ durch die Intensivie- Kindergartenjahr (24 bis 15 Monate vor Einschulung) er- rung der Kooperation zwischen Kindergärten, Schulen, folgen, um eventuellen Förderbedarf rechtzeitig zu erken- Gesundheitsämtern und Eltern dazu beitragen, dass kein nen und notwendige Fördermaßnahmen einzuleiten. Der Kind „verloren“ geht. 2. Schritt der Einschulungsuntersuchung soll zum Ende des letzten Kindergartenjahres erfolgen, mit dem Ziel, „Schulreifes Kind“ die gesundheitliche Schulreife festzustellen. Auch das ist Im Projekt „Schulreifes Kind“ wird die Schulreife nicht ein Teil der Kooperation, die dazu dienen soll, Kinder als endogener Reifungsprozess angesehen, sondern je- optimal zu fördern. Christa Engemann, Kultusministerium des Kind soll bestmögliche Voraussetzungen für einen gelingenden Schulstart bekommen und eine optimale Basis für seine Persönlichkeitsentwicklung und seine Schullaufbahn. Es geht beim Projekt „Schulreifes Kind“ nicht um Aus- sonderung. Es geht um die Vorbeugung von Aussonde- rung, um die Verhinderung von Zurückstellungen und Klassenwiederholungen sowie von Misserfolgen in der Schule und die damit verbundene Vermeidung von Stigmatisierung. Kinder sollen nicht am gemeinsamen Schulbesuch mit Gleichaltrigen gehindert werden. Eine Rückstellung vom Schulbesuch bedeutet immer auch die Verletzung des Selbstwertgefühls des Kindes und beschädigt sein Selbstbewusstsein und seine Motivati- on, was sich auf das Lernen nicht förderlich auswirkt. Durch Einstellungsänderungen und Verbesserungen im Anfangsunterricht - Ziele des Projekts „Schulanfang auf neuen Wegen“ - konnte die Zurückstellungsquote be- reits halbiert werden. Beim Projekt „Schulreifes Kind“ geht es um Prävention, um das rechtzeitige „Einfädeln“ von Kindern, weil jedes Kind wichtig ist. Projekt „Schulreifes Kind“ und Neukonzeption „Einschulungsuntersuchung“ Die geplante um ein Jahr vorgezogene Schulanmeldung und die vorgesehene Neukonzeption der Einschulungs- untersuchung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst sollen mit verbesserten Diagnoseinstrumentarien zusätz-
16 Der Orientierungsplan ist ein Bildungskompass. Die Kinderperspektive stärken! Der Orientierungsplan für Kindergärten geht in die Pilotphase Genau ein Jahr und vier Monate nach der Vereinbarung zur Erstellung eines Orientierungsplans zwischen Landesregierung, kommunalen Landesverbänden, Kirchen und sonstigen freien Trägerverbän- den, wurde im November 2005 das gedruckte Exemplar in die Kindergärten, Schulkindergärten, Grund- schulen, Sonderschulen mit Bildungsgang Grundschule und Förderschulen ausgeliefert. Das Echo auf die Ausschreibung für die wissenschaftliche Begleitung in der Pilotphase war überwältigend: 1.045 Kinder- gärten und ihre Träger haben sich beworben. 38.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie 2.800 Lehrkräfte werden dafür fortgebildet. Bildung beginnt mit der Geburt. Die individuelle • Der Orientierungsplan ist ein Bildungskompass für Begleitung und Förderung von Bildungsprozessen Erzieherinnen und Erzieher, für Eltern und für Lehr- der Kinder in der Familie und im Kindergarten kräfte. Der Orientierungsplan soll nicht nur Erziehe- ist bedeutsam für die Entwicklungsverläufe und rinnen und Erziehern Orientierung geben, sondern gelingende Bildungsbiografien. Der neue baden- auch Eltern und Lehrkräften an allen Grundschulen. württembergische Orientierungsplan stärkt die Kin- • Mehrperspektivischer Ansatz: Die Zusammenschau derperspektive und setzt ganz bewusst an den Mo- verschiedener Wissenschaften (Frühpädagogik, Sozi- tivationen des Kindes an. Damit Entwicklungs- und alpädagogik und Schulpädagogik, Entwicklungspsy- Bildungsprozesse nach dem Kindergarten organisch chologie, Motivationspsychologie, Gehirnforschung, fortgesetzt werden können, schließt der Bildungs- Theologie) erlaubt einen Bildungsbegriff aus ver- plan der Grundschule an den Orientierungsplan schiedenen Blickwinkeln, der das Kind in seiner passgenau an. Was will und kann der neue Orien- Ganzheitlichkeit sieht. tierungsplan? • Die Zielsetzungen des Orientierungsplans sind für die Kindergärten und die Träger verbindlich, lassen • Der Orientierungsplan stärkt die Kinderperspekti- ihnen jedoch genügend Gestaltungsspielraum in der ve. Im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen der Umsetzung und bei der Konzept- und Profilbildung. Bildungsanspruch und das Bildungsbedürfnis des • Wesentliche Merkmale des Lernens von Kindern Kindes. Was will das Kind? Was braucht das Kind? von Geburt an, im Kindergartenalter und darüber Was kann das Kind? Wie erfährt ein Kind die hinaus werden schwerpunktartig herausgestellt: Welt? Wie wird es ein Mitglied der Gemeinschaft? Spielen als elementare Form des Lernens, Bewe- Und wie entwickelt es sich zu einem unverwech- gung als Motor der Lernentwicklung sowie Moti- selbaren Menschen, der aktiv am Leben Teil hat? vationsentwicklung und Anstrengungsbereitschaft.
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