Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
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Impressum Herausgeber: WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH Geschäftsführer: Gregor Moss Prokuristin: Brigitte Meier (V.i.S.d.P) Prokuristin: Petra Waimann Goldstraße 16–18 33602 Bielefeld www.wege-bielefeld.de Stand: 2019 Redaktion, Koordination: Vera Wiehe, Projektleitung Frauen und Wirtschaft, WEGE mbH Gestaltung: Drucktante Jennifer Horstmeier, Bielefeld Bildnachweis: Vera Wiehe, WEGE mbH (S. 3),Ulla Agbetou, DansArt Tanznetworks (S. 5), Kerstin Borchard, LENKWERK | EVENTWERK (S. 5), Stefanie Bühner, EFB –Elektronik GmbH (S. 6), Annelie Buntenbach, Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin (S.7), Cornelia Christian, moBiel GmbH (S. 7), Prof. Dr. Anne Dreier, Fach- hochschule des Mittelstands (S. 8), Astrid Drexhage, Weber Data Service IT GmbH (S. 8), Dr. Britta von Esmarch-Rummler, Miele & Cie. KG (S. 9), Antje Fieber, AGFEO GmbH & Co. KG (S. 10), Doris Fischer, BST Eltromat International GmbH (S. 11), Simone Grusdas, itelligence AG (S. 11), Britta Herbst, Pioneers Club (S. 12), Bettina Kraemer, Schüco International AG (S. 13), Prof. Dipl.Ing. Bettina Mons, Fachhochschule Bielefeld, Campus Minden (S. 13), Solveig Münstermann, WDR Studio Bielefeld (S. 14), Petra Quademe- chels, Diamant Software GmbH (S. 15), Susanne Sorg, EK Servicegroup (S. 15), Regine Tönsing, DEHOGA Ostwestfalen (S. 16), Angela Vogt, TEUTODATA Computer Systems GmbH (S. 17), Barbara Franke, Fotografie & Design (S. 18–25), EFB-Elektronik GmbH (S. 26–27), Sparkasse Bielefeld (S. 28), Diamant Software (S. 30), itelligence AG (S. 32–34), Prof. Dr. Kerstin Pull , Eberhard Karls Universität Tübingen & Prof. Dr. Anja Iseke, Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Lemgo (S. 36, 37, 39), Dr. Annette von Alemann, Universität Paderborn (S. 43), Dr. Ulrike Struwen, Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. (44–46), Ines Großkopf, Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. (S. 46), Prof. Dr. Swetlana Franken, Fachhochschule Bielefeld (S. 48), Prof. Dr. Claudia Hornberg, Medizinische Fakultät der Universität Bielefeld in Gründung (S. 51), Annika Eweler, FHM (S. 52), Benni Janzen (S. 53), Barbara Tigges-Mettenmeier, BTM Personalmanagement GmbH (S. 53), Nicole Heymann, Managerinnen OWL (S. 54), Susanne Fabry, Bereichsleiterin Steuerung Deutsches Netz bei E.ON SE, Essen (S. 55), Martina Hammerschmid, MöllerFlex GmbH (S. 55), Nicole Kreie, WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG (S. 56), Prof. Dr. Sabrina Backs, Universität Bielefeld (S. 59, 60) Julia Trulley, Founders Foundation gGmbH (S. 61), Ursula Moos, CollarCare (S. 62), Lea Nüsgen, Tartes & Törtchen (S. 62), Karin Siebert, Dreiplus (S. 63), Lara Tilleke, Brillenliebe (S. 64), Kristina Vasileva, KAVAU Modedesign (S. 64), Vera Wiehe, WEGE mbH (S. 65), Adobe Stock – kritchanut (S. 65), Christina Rouvray, Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL (S. 66, 68–71), Katrin Biller (S. 72–75), Vera Wiehe, WEGE mbH (S. 77), Christiane Gräfin Matuschka, FidAR/Top Executive Consulting im Pioneers Club (S. 79–81), Prof. Dr. Ulrike Detmers Mestemacher- Gruppe (S. 83)
Editorial Mehr Frauen in Führung – so geht´s! Wir haben vor zwei Jahren einen Kulturwandel hin zu mehr Frauen in Führung konstatiert. Aber gibt es diesen wirklich? 2018 hatten Frauen genauso wie 2017 im Durchschnitt 21 Prozent weniger auf dem Gehaltszettel als Männer. Eine Studie des Wissenschaftszent- rums Berlin fand heraus, dass Personaler Frauen bei Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz im Schnitt eine Note schlechter bewer- ten als Männer. In Deutschland waren im Jahr 2017 rund 29 % der Führungsposi- tionen von Frauen besetzt. Damit blieb der Anteil im Vergleich zu den beiden Vorjahren nahezu unverändert. „Schlusslicht Deutsch- land“, titelt deswegen die Allbright-Stiftung in einer Studie aus dem Oktober 2018, die den Frauenanteil in den DAX-30-Unter- nehmen mit den ebenfalls 30 größten Konzernen anderer Län- dern verglichen hat. Deutschland schneidet dabei mit einem 12,1 prozentigen Frauenanteil in den Vorständen der DAX-Konzerne schlecht ab und befindet sich auf einem Niveau wie Indien oder die Türkei. Eine Studie der Boston Consulting Group von Dezem- ber 2018 kommt zu vergleichbaren Ergebnissen. Hier wurden Vera Wiehe, WEGE mbH die nach Börsenwert 100 größten deutschen Unternehmen auf die paritätische Besetzung von Führungspositionen und auf die bestehenden Gehaltsunterschiede hin untersucht. Bei gleichblei- Die WEGE mbH präsentiert in der dritten Ausgabe dieses Ma- bender Geschwindigkeit würde es noch 40 Jahre dauern, bis Spit- gazins Ergebnisse des Projektes „Mehr Frauen in Führung – so zenpositionen gleichermaßen mit Frauen und Männern besetzt geht´s“ sowie weitere Praxisbeispiele aus Bielefelder Unterneh- seien, heißt es dort. Bemerkenswert ist, dass auch vermeintlich men. Wir haben viele engagierte und mutige Frauen in Fach- und moderne Unternehmen aus der IT-Branche auf Frauen in Füh- Führungspositionen, spannende und innovative Gründerinnen, rung verzichten. Auf dem letzten Platz landeten der Online-Es- Unternehmerinnen und Wissenschaftlerinnen gefunden, die bele- senslieferdienst Delivery Hero, der Architektur-Software-Anbieter gen: Der Kulturwandel ist weiterhin im Gange. In diesem Maga- Nemetschek und der Internetprovider United Internet. In diesen zin finden Sie insgesamt 33 Storys von klugen Frauen aus Bielefeld Unternehmen war 2018 keine Führungsposition mit einer Frau und der Region, die selbstbewusst ihren Weg gehen. Wir freuen besetzt. uns über Wegbereiterinnen wie die Managerinnen OWL, die Inge- nieurinnen OWL oder das Crossmentoring OWL. Es macht also weiter Sinn, Strategien, Rahmenbedingungen und Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und gute Anregungen, Erfolgsfaktoren für mehr Geschlechtergerechtigkeit am Arbeits- damit Kulturwandel für Frauen in der ostwestfälischen Wirtschaft platz und eine Erhöhung des Anteils von Frauen im Management zur Normalität wird. zu sammeln und zu veröffentlichen. Die Wirtschaftsentwicklungs- gesellschaft Bielefeld mbH, die Gleichstellungsstelle der Stadt Bie- lefeld und das Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL haben ihre in 2015 begonnene Kampagne „Mehr Frauen in Führung – so geht´s“ fortgesetzt. Wir haben Gespräche mit Unternehmen Vera Wiehe geführt und Frauenförderstrategien aus Unternehmen vorgestellt. Projektleitung Frauen und Wirtschaft, WEGE mbH Ausgabe – 2019 3
Inhalt Inhaltsverzeichnis 2 Impressum 52 Erfolgreich durch Mentoring 3 Editorial 52 Bin ich eigentlich erfolgreich? Mit Mentoring reflektiert den nächsten Schritt gehen 5 Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits 53 CrossMentoring OWL für weibliche Potenzialträgerinnen mit Unternehmen der Region 5 Ulla Agbetou, DansArt Tanznetworks 5 Kerstin Borchard, LENKWERK | EVENTWERK 54 Managerinnen OWL 6 Stefanie Bühner, EFB –Elektronik GmbH 54 Ohne Vernetzung ist alles nichts 7 Annelie Buntenbach, Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin 7 Cornelia Christian, moBiel GmbH 58 Gründerinnen 8 Prof. Dr. Anne Dreier, Fachhochschule des Mittelstands 58 Wir sind am Start 9 Astrid Drexhage, Weber Data Service IT GmbH 58 Genderaspekte in der Lehre im Gründungsmanagement 9 Dr. Britta von Esmarch-Rummler, Miele & Cie. KG 60 Expertinnen-Profile 10 Antje Fieber, AGFEO GmbH & Co. KG 60 Prof. Dr. Sabrina Backs, Universität Bielefeld 11 Doris Fischer, BST Eltromat International GmbH 61 Julia Trulley, Founders Foundation gGmbH 11 Simone Grusdas, itelligence AG 62 Gründerinnen-Profile 12 Britta Herbst, Pioneers Club 62 Ursula Moos, CollarCare 13 Bettina Kraemer, Schüco International AG 62 Lea Nüsgen, Tartes & Törtchen 13 Prof. Dipl.Ing. Bettina Mons, Fachhochschule Bielefeld, 63 Karin Siebert, Dreiplus Campus Minden 64 Lara Tilleke, Brillenliebe 14 Solveig Münstermann, WDR Studio Bielefeld 64 Kristina Vasileva, KAVAU Modedesign 15 Petra Quademechels, Diamant Software GmbH 65 Buchtipp 15 Susanne Sorg, EK Servicegroup 16 Regine Tönsing, DEHOGA Ostwestfalen 66 Projektbericht 17 Angela Vogt, TEUTODATA Computer Systems GmbH 66 Erfolgreiche Frauen machen Unternehmen erfolgreich. Fachkräftesicherung durch gute Rahmenbedingungen für 18 Wir brauchen Chefinnen für die digitale weibliche Beschäftigte Transformation – Expertinnentalk 18 Gender 4.0 – Chancen und Risiken der Digitalisierung 72 Kampagenen und Kooperationen für Frauenarbeit 72 Mehr Verantwortung für Frauen in Forschung & Entwicklung! – VDI OWL 26 Erfolgsfaktor gemischte Teams in Unternehmen 77 Bielefelder Bündnis für Familie 26 Unternehmenskultur durch Gleichberechtigung geprägt – Sechs Bielefelder Unternehmen für ihre familienbewusste EFB-Elektronik GmbH Personalpolitik ausgezeichnet – Lokale Bündnisse für 28 Zwillinge und Leitungsfunktion: Eine wahre Win-Win- Familie Situation – Sparkasse Bielefeld 79 Dieser Weg wird kein leichter sein – FidAR 30 Die Zusammensetzung des Teams steht im Vordergrund – 82 NÜRNBERGER RESOLUTION 2018 Diamant Software #FRAUENwollenMEHR 32 Gender Diversity: Business Women‘s Network bei itelligence Deutschland – itelligence AG 35 Genderfragen – Ergebnisse aus der Forschung 35 Weibliche Nachwuchskräfte gewinnen? Mit Geschlechter- stereotypen brechen! 40 Mythen und Fakten zu Frauen in Führungspositionen 44 Ein Blick in die MINT-Berufe 47 Digitale Transformation als Chef(innen)sache – Warum Frauen die Digitalisierung mitgestalten sollten 49 Medizin – Gesundheit – Geschlecht Mehr Frauen in Führung – so geht´s! 4
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits Ulla Agbetou, DansArt Tanznetworks ausbildung in Berlin und Paris mit einer klassischen Basisausbildung sowie „Ich tanze schon mein Leben Modern Dance und Jazztanz. Jah- lang.“ relang pendelte sie zwischen Berlin und Paris und arbei- Ulla Agbetou ist Tänzerin, Tanzpädagogin und Choreografin. Seit tet an vielen Stationen mit 1995 betreibt sie gemeinsam mit ihrem Mann Tchekpo Dan Ag- namhaften Choreografen betou die DansArt Tanznetworks, eine international ausgerichte- zusammen. Im Hinblick te Spielstätte und ein Ausbildungszentrum für Tanz mit eigenem auf den tanzpädagogi- Theater und Tanzkompagnien. Die Sparte Ausbildung besteht aus schen Bereich ihres Beru- einer Tanzschule mit einem breiten Kurs- und Seminarprogramm fes absolvierte sie in Berlin für Groß und Klein sowie einer professionellen Tanzakademie mit die Ausbildung zur Physio- staatlich anerkannter Vollzeitausbildung im Bereich Bühnentanz therapeutin. und weiterführenden Qualifizierungen in den Bereichen Tanzpä- Ulla Agbetou liebt es beson- dagogik und Choreografie. Die Spielstätte bildet eine Plattform ders, gemeinsam mit vielen für die eigenen, aber auch Gast Compagnien, Festivals und inter- Menschen aus unterschiedli- nationale Projekte chen Nationen Projekte auf Zeit In 23 Jahren haben Ulla und Dan knapp 4000 Schülerinnen und durchzuführen und damit ein großes Schüler durch die Tanzkurse geführt. Kinder und Jugendliche lie- Netzwerk aufzubauen. „Wir sind immer gen ihr besonders am Herzen. „Tanzunterricht ist enorm wichtig noch viel unterwegs und arbeiten sparten- zur physischen und psychischen Entwicklung für Kinder und Ju- übergreifend mit Künstlern an vielen Orten in der Welt gendliche, wenn er von professionell ausgebildeten Tanzpädago- zusammen, das ist der spannende Teil der Arbeit.“ gen vermittelt wird“ ist die Überzeugung der Eltern ihrer Schüler. Die Mutter zweier Söhne unterscheidet nicht zwischen Arbeit Die DansArt Companien haben mit der Produktion zahlreicher und Privatleben. Die kleinen Jungen haben die Eltern auf den Bühnenwerke internationale Anerkennung erfahren. Die Tchek- Tourneen begleitet und sind auch schon mal am Bühnenrand po Dance Company zählt Künstler aus der ganzen Welt zu ihren eingeschlafen. „Ich bin so ein Mensch, der sich durch neue Auf- Gästen und ist selbst regelmäßig national sowie international on gaben neu gefordert fühlt und das braucht. Wenn man kein Ziel tour. Mit ihren Bühnenproduktionen verfolgen Agbetous den und keine Aufgaben hat, wird es langweilig. Ich werde kritisiert, Anspruch, den Menschen einen Spiegel vorzuhalten und zum weil ich nicht in Ruhe sitzen bleiben kann.“ Ihr Rezept für ein Denken anzuregen. erfolgreiches Leben als Künstlerin: „Immer das Ziel im Auge be- Ulla Agbetou hat ihr Leben der Tanzkunst gewidmet. Sie begann halten und geradeaus gehen mit sehr viel Selbstdisziplin, Team- bereits mit fünf Jahren mit dem klassischen Ballett. Auf Wunsch fähigkeit, Ausdauer und Beharrlichkeit. Aufhören gibt es nicht: ihrer Eltern erlernte sie zunächst den Beruf der Bürokauffrau. persönliche Zipperlein muss man hinten anstellen“. Dann startete sie durch und absolvierte eine professionelle Tanz- Kerstin Borchard, LENKWERK | EVENTWERK „2010 bot sich mir dann eine einmalige berufliche Chance.“ Ihr Partner, der „Dauerhafter Erfolg ist nur im Projektentwickler und Investor Team möglich.“ Christoph Borchard, betrieb die Umnutzung des einsti- Kerstin Borchard ist Managerin des Lenkwerks und geschäfts- gen Bekleidungsamtes der führende Gesellschafterin der haus internen Full-Service-Agentur Luftwaffe aus dem Zweiten EVENTWERK GmbH & Co. KG. Die 43-Jährige hat nach dem Abi- Weltkrieg in das Lenk- tur zuerst eine Ausbildung zur landwirtschaftlich-technischen As- werk. Innerhalb eines Jah- sistentin absolviert und später in Bielefeld Jura mit dem Schwer- res wurde die ehemalige punkt Wirtschaftsrecht studiert. Ihren beruflichen Einstieg fand Verladehalle komplett um- sie als Assistentin der Geschäftsleitung bei einem Kommunikati- gebaut. Kerstin Borchard onsdienstleister mit 600 Mitarbeitern/innen und vier Geschäfts- übernahm die Position der führern. „Das war eine harte Schule, doch ich bin dort professio- Managerin der Mischnut- nell, stark und unabhängig geworden.“ zung aus vermietbaren Un- Ausgabe – 2019
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits terstellplätzen für Liebhaberfahrzeuge, Gastronomie und Events Kerstin Borchard überzeugt. „Alle Rädchen müssen ineinander- sowie Büro- und Seminarräumen. Drei Jahre später gründete sie greifen und funktionieren. Deshalb geht es familiär zu im Lenk- ihre eigene Eventagentur EVENTWERK. Mit einem Team von werk und es wird viel Wert auf gegenseitigen Austausch und ge- fünf Mitarbeitern/innen und einer Handvoll Aushilfen organisiert genseitige Achtung gelegt.“ Auch mit ihrem Mann bildet sie ein sie Veranstaltungen sowohl für Kunden als auch die Lenkwerk starkes Team, neue Projektideen werden gemeinsam besprochen. eigenen Veranstaltungen. „Von Seminaren über Messen, Kon- „Ich hatte es hier mit starken Charakteren zu tun“, erinnert sich gresse und Modenschauen bis hin zu den jährlich stattfindenden Kerstin Borchard an ihre Anfänge als Lenkwerk-Managerin. Sie Auto-Events realisieren wir die unterschiedlichsten Formate und war damals ganz neu in diesem Berufsfeld und wusste: „Ich muss Größenordnungen. Allein über diese Veranstaltungen kommen durch Leistung überzeugen.“ Sie wünscht sich mehr Frauen in mittlerweile pro Jahr rund 200.000 Besucher in das Lenkwerk.“ Führungspositionen und fordert: „Die Politik muss für Rahmen- Inzwischen ist rund um das Hauptgebäude ein Quartier mit bedingungen sorgen, die es Frauen ermöglichen, Karriere und Fa- Wohneinheiten und mehreren Bürokomplexen entstanden. In milie miteinander zu vereinen. In anderen Ländern ist das bereits einem dieser Gebäude wurde unlängst das Arbeitswerk eröffnet, besser geregelt.“ Und dass Mann und Frau für die gleiche Arbeit ein Coworking-Space mit 18 sogenannten Hot-Desks, Büros und den gleichen Lohn erhalten, ist für sie ohnehin selbstverständlich Konferenzräumen. Auch dieses Angebot wird von EVENTWERK – und wird in ihrer Agentur längst praktiziert. Ob eine Frauenquo- und damit unter ihrer Regie koordiniert und verwaltet. te in der Politik bzw. in Führungspositionen der richtige Weg ist, Ohne ihr gutes Team wäre dauerhafter Erfolg nicht möglich, ist stellt Kerstin Borchard jedoch in Frage. Stefanie Bühner, turen, die Einführung von Regelkommunikation und die An- EFB –Elektronik GmbH schaffung einer ergonomischen Packstraße. Die Prozesse wurden verbessert und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden angepasst. „Wichtig ist, Stefanie Bühner, die schon als Kind an Zahlen und Organisation in- dass man teressiert war, liebt die Logistik, weil sie so logisch ist. „Ich stamme optimistisch aus einer bequemen Familie, und habe immer gelernt, Dinge zu an die Dinge vereinfachen“. Sie sieht sich als Prozessoptimiererin, die sich nicht mit Situationen abfindet, sondern immer wieder Ansätze zur Ver- herangeht.“ besserung sucht. Zur Unterstützung in ihrer Führungsrolle hat sie am Crossmentoring OWL teilgenommen und viel vom Austausch Stefanie Bühners Kar- mit der Logistikleiterin eines regionalen Unternehmens profitiert. riere ist ungewöhnlich: „Aber auch im Haus gibt es einen guten kollegialen Austausch“ jung, weiblich und ver- und sie fühlt sich von ihrem derzeitigen sowie ihren ehemaligen antwortlich für den ope- männlichen Chefs sehr gefördert. „Ich durfte früh eigene Projekte rativen Bereich (Logistik, durchführen, das erhöht die Motivation.“ Fertigung, Qualitätssicherung) Die junge Frau ist verheiratet und kann ihren Hund mit ins Büro der EFB-Elektronik GmbH. Die bringen. Sie ist stolz auf ihr Unternehmen, das mit modernen Bielefelder EFB-Elektronik GmbH Ansätzen der Personalentwicklung Arbeitszufriedenheit steigern gehört zu den führenden Herstellern und dem Fachkräftemangel entgegenwirken will. „Ich habe Freu- und Systemanbietern für Netzwerk- und Si- de an dem, was ich tue und wünsche mir das auch von meinem cherheitstechnik sowie für industrielle Systemlösun- Umfeld“. Im Umgang mit ihren Mitarbeitenden steht Gerechtig- gen. Die 33-jährige Diplom-Logistikerin ist als Bereichsleiterin mit keit für sie ganz oben. Sie bedauert es, dass um die Frauenquote Prokura für 110 Mitarbeiter/innen in vier Abteilungen verantwort- diskutiert werden muss, denn sie will, dass immer der bessere lich. Den ersten Kontakt zur EFB-Elektronik hatte Stefanie Bühner gewinnt. „Eine Quote macht höchstens vorübergehend Sinn, um bereits als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Fraunhofer Institut zu beweisen, was Frauen können. für Materialwirtschaft und Logistik. Als Beraterin war sie an einem Ihre Tipps an junge Frauen, die aufsteigen wollen: Gleichgesinnte Projekt zur Optimierung der Lagerprozesse des Unternehmens be- sowie Mentorinnen und Mentoren suchen, denn nicht jede Er- teiligt. Das Projekt verlief so zufriedenstellend, dass sie ins Unter- fahrung muss man selber machen; Männer so lassen, wie sie sind; nehmen übernommen wurde. sich selber reflektieren und erkennen, was man braucht, um gut Seither hat sie die Logistik des Unternehmens Stück für Stück arbeiten zu können. „Wichtig ist, dass man optimistisch an die modernisiert. Dazu gehörte u. a. der Aufbau von Teamleiterstruk- Dinge herangeht und eigene Entscheidungen trifft.“ Mehr Frauen in Führung – so geht´s! 6
Annelie Buntenbach, schlüsse, aber es gibt Luft nach oben. Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin Und wir haben bei der Gewerkschaft dasselbe Problem wie andere: die „Ich bin überzeugt, dass Quoten Frauen, die sich engagieren helfen!“ wollen – immer zu wenige, klar! – werden gleich mit Annelie Buntenbach möchte in einer Gesellschaft leben, in der Aufgaben und Funktionen alle auf Augenhöhe teilhaben können. Studiert hat die 63-Jährige überhäuft, das ist nicht der Geschichte und Philosophie an der Universität Bielefeld, seit Mai richtige Weg zur Ermu- 2006 ist sie Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand des tigung,“ skizziert sie die Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin. Situation. Der Frauenan- Nach Studium und Referendariat hat sie mehrere Jahre als Mitbe- teil unter den Mitgliedern gründerin und Setzerin in einem selbstverwalteten graphischen ist in den Gewerkschaften Betrieb in Bielefeld gearbeitet. Die gebürtige Solingerin war je nach Branche sehr unter- früh in der politischen Bildungsarbeit und in der Auseinander- schiedlich, im Dienstleistungs- setzung mit Rechtsextremismus engagiert. Von 1994 bis 2002 sektor erwartungsgemäß größer war sie Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis 90/ als in der Chemie- oder Metall- Die Grünen und dort u. a. im Ausschuss für Arbeit und Sozial- branche. Bei den hauptamtlich Mitar- ordnung aktiv. Anschließend leitete sie die Abteilung Sozialpolitik beitenden ist die Zahl der Frauen in den beim Bundesvorstand der IG Bau. letzten Jahren gestiegen, allerdings sind auf den Beim DGB ist Annelie Buntenbach für die Bereiche Arbeits- Führungsebenen Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. marktpolitik, Alterssicherung, Arbeitsschutz, Gesundheitspolitik, Gemäß ihrer grünen Tradition ist Annelie Buntenbach überzeugt, dass Migrations- und Antirassismuspolitik sowie Politik für Menschen Quoten sich bewährt haben und der gesamten Organisation nutzen, mit Behinderungen und Senioren zuständig. Sie ist Mitglied im weil sie die Kultur beeinflussen. Die Quote ist ein klares politisches Sig- Sozialbeirat, der die Bundesregierung in Fragen der gesetzlichen nal und zwingt dazu, Frauen bewusst zu unterstützen und zu fördern, Rentenversicherung berät. Seit Dezember 2006 ist sie außerdem damit sie in verantwortliche Funktionen kommen und in Führungse- für die Gruppe der Versicherten alternierende Vorsitzende des benen aufsteigen können. Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund. Oft sind gerade junge Frauen gegen Quotenregelungen, nach dem Mot- Sie glaubt, dass der erfolgreiche Weg die Gesellschaft zu verän- to: „warum Quote, brauchen wir nicht!“ Diese Einstellung wertet Anne- dern darin besteht, sich einzumischen, gemeinsam mit anderen lie Buntenbach als Erfolg der Quoten, denn „man hält die Ergebnisse für Anliegen zu platzieren und Selbstorganisation zu unterstützen. Sie so selbstverständlich, dass man vergessen hat, woran es gelegen hat.“ arbeitet gerne mit anderen zusammen und versucht ihre Ziele im Ihre Ermutigung für junge Frauen lautet: Sich nicht einreden lassen, Team zu erreichen. Dabei helfen der Wahl-Bielefelderin aber auch ihr Anliegen wäre es nicht wert, gehört zu werden. Wichtig ist es, sich ihre ostwestfälische Sturheit gepaart mit dem ihr eigenen Humor. Mitstreiter/innen zu suchen, dann kann man auch Rückschläge besser „In Bezug auf Frauen hat sich etwas getan, wir haben hier gute Be- wegstecken. Cornelia Christian, moBiel GmbH wechselte 1998 zum Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Dort führte „Wer es sich zutraut, kann auf- sie als Prokuristin den flächen- steigen.“ größten Tarif Deutschlands ein. 2011 wechselte sie in Cornelia Christian steht für die Zukunft der Mobilität. Die 50-jährige die Geschäftsführungen Diplomökonomin mit dem Studienschwerpunkt Transportwirtschaft der OWL Verkehr und und breiten Erfahrungen im öffentlichen Personennahverkehr ist seit 2017 der Westfalentarif Herbst 2017 bei moBiel Bereichsleiterin Kundenmanagement und GmbH und war für den zusätzlich für Verkehrsplanung zuständig. Das Verkehrsunterneh- Zusammenschluss der men betreibt als 100-prozentige Tochter der Stadtwerke Bielefeld Verkehrsunternehmen und Teil der Stadtwerke Bielefeld Gruppe vier StadtBahn-Linien in Ostwestfalen-Lippe sowie 76 Bus-Linien. und die Entwicklung des Cornelia Christian hat sich als Expertin für den Aufbau von Ver- Westfalen-Tarifs zuständig. kehrsverbünden und die Einführung von Tarifen einen Namen ge- Der Netzwerkerin ist es hier macht. Sie begann 1994 beim Rhein-Main-Verkehrsverbund und gelungen 63 erlösverantwort- Ausgabe – 2019
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits liche Partner zusammenzuführen, eine Aufgabe, die viel argumen- strukturiert und sieht die Doppelbelastung als Training für Reflek- tative Überzeugungsarbeit erforderte. tionsfähigkeit und Resilienz. Sie hält es für entscheidend, sich of- Bei moBiel ist sie verantwortlich für ca. 100 Mitarbeitende. Die- fensiv Unterstützung zu organisieren. Sie selbst hat auf „Aupair“ se sind u. a. tätig im Kundenservice, Vertrieb, Verkehrsplanung, gesetzt und sich eine große Aupair-Familie aufgebaut. Wichtig zur Bauplanung und der Fahr- und Dienstplanung. „Ich habe hier die Förderung von Frauenkarrieren ist nach ihrer Meinung die gesell- Möglichkeit, an verschiedenen Stellschrauben ein Gesamtkonzept schaftliche Akzeptanz für berufstätige Mütter. „Sich nicht vertei- zu entwickeln, das ist für mich außerordentlich reizvoll.“ Der digen zu müssen, ist die Basis.“ ÖPNV ist seit Jahren im Umbruch, das ist für sie eine sehr span- Sie ist überzeugt, dass Frauen Ermutigung brauchen, um ihren nende Zeit, um dort mitzugestalten. Mit Hilfe der Digitalisierung beruflichen Weg zu gehen. Deshalb begrüßt sie das Mentoring- werden in Zukunft bessere Kundeninformationen zur Verfügung programm der Stadtwerke Bielefeld für Frauen mit Aufstiegsam- stehen, digitales Einkaufen zur Selbstverständlichkeit und neue bitionen sehr. Die gesetzliche Quote hält sie für sehr hilfreich, Produkte wie Roller Sharing am Markt etabliert. Das Ziel ist, alles aber nicht ausreichend. Die strukturellen Bedingungen passen für über ein Plattforum anzubieten. Aufgabe von moBiel sei es dabei, Frauen häufig nicht. Dass z. B. Kommunalpolitik hauptsächlich die Weichen für die Mobilitätsstrategien der Zukunft gemeinsam männlich besetzt ist und junge Frauen den Weg dorthin scheuen, mit der Politik und den Bielefelder Bürgern zu stellen. hänge mit den vielen Abendterminen zusammen, die für Frauen Die alleinerziehende Mutter eines 15-jährigen Sohnes ist gut zusätzlich zu Arbeit und Kindererziehung nicht umsetzbar seien. Prof. Dr. Dr. h.c. Anne Dreier, Mit einer Agentur für Kommunikations-Strategien im Bereich der Fachhochschule des Druck- und Medienindustrie gründete Anne Dreier 1994 ihr zweites Mittelstands Unternehmen. Seit 2004 ist sie als Hochschullehrerin an der Fach- hochschule des Mittelstands (FHM) tätig. Als Professorin für Medien- „Man ist nur und Kommunikationsmanagement leitete sie von 2004 bis 2012 das erfolgreich, Dekanat des Fachbereichs Medien und verantwortete die Entwick- wenn man lung der Bachelor-Studiengänge Medienwirtschaft, Medienkommu- das voran- nikation & Journalismus sowie Eventmanagement & Entertainment und des Master-Studiengangs Unternehmenskommunikation. treibt, was Sie liebt die Bildungsbranche und ist erst dann zufrieden, wenn richtig Spaß die Studierenden an der FHM sehr gut für die sich ändernden macht.“ Anforderungen der Wirtschaft und der Gesellschaft qualifiziert werden und möglichst direkt nach dem Abschluss einen guten Job Seit Februar 2010 ist Prof. finden oder ein aufbauendes Studium anschließen. Ihr Ziel ist es, Dr. Anne Dreier Rektorin der ein lebendiges und motivierendes Umfeld zu schaffen, in dem sich Fachhochschule des Mittel- jede/r entwickeln und seine/ihre individuellen Interessen und stands in Bielefeld. Die FHM be- Vorstellungen umsetzen kann. reitet an neun Standorten und in Zu- Gleichberechtigung ist Anne Dreier sehr wichtig und eine Leitidee sammenarbeit mit Kooperationspartnern der FHM, die mit unterschiedlichen Modellen zur Förderung von aus der Wirtschaft über 5.000 Studierende auf Frauen in Führung und im Studium umgesetzt wird. Entspre- berufliche Fach- und Führungstätigkeiten im In- und chend hoch ist auch der Frauenanteil an der Hochschule: 57,5 % Ausland vor. der Studierenden sind weiblich; außerdem sind 31 % der Profes- Die Themen Medien und Kommunikation, die Verbindung von The- soren Frauen. Bei den wissenschaftlichen Mitarbeitenden beträgt orie und Praxis sowie das Engagement für gesellschaftliche Themen der Anteil sogar 80 %. begleiten die berufliche Biografie der 56-jährigen Sozialwissenschaft- Ihr Tipp für Frauen, die Karriere machen wollen lautet: „Natürlich lerin. Inspiriert von der ökologischen Bewegung in den 80er Jahren braucht man entsprechende Rahmenbedingen. Außerdem muss war sie bereits während ihres Studiums als Mitgesellschafterin und man sich selbst einbringen, aktiv sein und beharrlich das voran- später als Geschäftsführerin eines Großhandels von umweltfreundli- treiben, was einem wirklich Spaß macht!“ Anne Dreier hält es für chem Papier unternehmerisch tätig. Nach verschiedenen Stationen, wichtig, dass jeder die Verantwortung für sich und sein Umfeld unter anderem als Pressereferentin in mittelständischen Unterneh- übernimmt und seinen eigenen Beitrag leistet, denn „dann wird men, schloss sie 1994 ihre Promotion im Fachbereich Sozialwissen- die Welt jeden Tag ein wenig besser.“ schaften der Ruhr Universität Bochum ab. Mehr Frauen in Führung – so geht´s! 8
Astrid Drexhage, Weber Data Service IT GmbH unserer Mitarbeiter/innen ernst neh- men. Flexible Arbeitszeiten und „Delegieren ist die ganze Kunst.“ Chancengleichheit von Män- nern und Frauen sind kein Astrid Drexhage ist eine der wenigen Führungsfrauen in der Lo- Lippenbekenntnis, sondern gistikbranche. Die 44-Jährige ist gemeinsam mit Mathias Tem- fester Bestandteil unserer meyer Geschäftsführerin der Weber Data Service IT GmbH. Unternehmenskultur.“ Eigentlich hatte die Betriebswirtin keine Ambitionen in das von Die begeisterte Hobby- ihrem Vater bereits 1985 gegründete Unternehmen einzusteigen. reiterin ist überzeugt, Sie begann nach dem Studium zunächst im Bereich der IT- & dass Verantwortung ab- SAP-Beratung bei der KPMG in Frankfurt. Fünf Jahre lang analy- geben und sich selbst er- sierte sie Prozesse in Unternehmen und begleitete die Umsetzung setzbar machen, für eine komplexer SAP-Projekte. Sie liebte diese Arbeit und das Leben Führungskraft eine sehr in Frankfurt, doch ein Anruf des Vaters aus Bielefeld veränderte wertvolle Eigenschaft ist. alles. Der mittlerweile neue Eigentümer des ehemals väterlichen „Erfolgreich bin ich dann, Betriebs meldete bereits ein Jahr nach der Übernahme Insolvenz wenn ich meine eigenen an. „Da muss man doch etwas machen“, lautete die Botschaft. Maßstäbe erfüllt und alles gege- Innerhalb von drei Monaten kaufte Astrid Drexhage das Unter- ben habe. Dass die Sache gut läuft, nehmen gemeinsam mit zwei langjährigen Mitarbeitern zurück. bemesse ich an der Zufriedenheit von Der IT-Dienstleister WEBER DATA Service bietet mit mittlerwei- Kunden und Mitarbeitern/innen.“ le 39 Mitarbeiter/innen sehr erfolgreich Standardsoftware für Eine spezifische Karriereförderung für Frauen hält die Logistikdienstleister an. Diese Branche ist aktuell im Wandel sie für eine veraltete Vorstellung. Sie glaubt, das Thema werde durch Herausforderungen der Digitalisierung und des Fachkräf- sich automatisch nivellieren, weil der Arbeitsmarkt im Wandel ist temangels. Die Unternehmerin ist sehr glücklich darüber, ihren und die nachwachsende Frauengeneration hoch qualifiziert und Beitrag zur Umstrukturierung beizutragen. „Ich habe eine Rie- selbstbewusst ihren Weg macht. senchance ergriffen und hatte dank der elterlichen Prägung keine Ihre Tipps für karriereorientierte junge Frauen lauten: „an sich Angst vor Entscheidungen und Risiken.“ selber glauben, pragmatisch an die Dinge herangehen, tolerant Astrid Drexhage leistet die Geschäftsführung in Teilzeit. Das mit sich selbst sein und keine Angst vorm Scheitern haben“. Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist der Mutter eines 6-jährigen Sohnes nicht nur aus Eigeninteresse wichtig. „Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber, weil wir die Work-Life-Balance Dr. Britta von Esmarch-Rummler, Miele & Cie. KG Leitung der Abteilung Technologieent- wicklung am Standort Bielefeld „Man muss Ausdauer und vor allem und verantwortet zusätzlich seit Vertrauen in sich selbst haben“ Februar 2017 das Innovati- onsmanagement für den ge- Dr. Britta von Esmarch-Rummler ist als rheinische Frohnatur vor samten Geschäftsbereich rund neun Jahren ins ostwestfälische Bielefeld gekommen. Sie Miele Professional – in hat die Stadt als kleine, unterschätzte Perle lieben gelernt, jedoch Summe umfasst dies vier vermisst sie vor allem den Karneval und den Rhein. Sie leitet die Gruppen mit insgesamt Bereiche Innovationsmanagement und Technologieentwicklung 30 Mitarbeiter/innen. der Miele & Cie. KG im Geschäftsbereich Professional. Das Team des Innova- Die 41-jährige Diplom-Oecotrophologin befasste sich in Ihrer tionsmanagements be- Promotion mit dem Thema „Qualifizierung einer physikalischen schäftigt sich mit über- Methode zur Bestimmung der Trocknungsleistung beim maschi- greifenden Lösungsideen nellen Geschirrspülen“ welche mit den SEPAWA-Förderpreis „He- von morgen und erarbeitet rausragende Promotionsarbeit 2010“ ausgezeichnet wurde. zielstrebig disruptive Innovati- Nach der Teilnahme an einem internen Aufstiegsprogramm hat onen sowie neuartige Geschäfts- sie bei Miele schnell Karriere gemacht und übernahm 2014 die modelle für sämtliche Anwendungs- Ausgabe – 2019 9
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits bereiche vom gewerblichen Geschirrspülen, Wäschereitechnik bis Britta von Esmarch-Rummler ist Marathonläuferin und hat be- zur Medizintechnik. Die Basis bildet jeweils eine umfassende reits 25 Marathonläufe sowie einige Triathlons bestritten. Sie be- Kundenanalyse, wo mit Hilfe des Customer Process Monitorings schreibt sich als wissbegierig, leistungsorientiert und beharrlich. optimal die Kundenbedürfnisse identifiziert werden. Parallel „Man muss Ausdauer und das Vertrauen in sich selbst haben. Je- dazu werden die charakteristischen Trends analysiert und ein doch darf auch nie der Frohsinn fehlen – ich lache viel zu gerne.“ Zukunftsszenario definiert, anhand dessen neue Handlungsfel- Sie ist sich sicher, dass ohne Quote der berufliche Aufstieg von der bzw. innovative Lösungen abgeleitet werden. Sie liebt diese Frauen nicht selbstverständlich wird. Ihr liegt die Unterstützung Vorgehensweise, mit der akribisch und reproduzierbar das eigent- von jungen technisch orientierten Frauen sehr am Herzen. Sie liche Kundenbedürfnis identifiziert und dann Neues entwickelt engagiert sich im Rahmen des CrossMentoring OWL. „Der offene wird. Das Credo ist: „Wenn wir den Markt umkrempeln wollen, Austausch und das konstruktive Feedback sind wichtige Tools für müssen wir den Kunden besser verstehen. Wir wollen Dinge an- die Entwicklung der jungen Frauen“. Bei den Mangerinnen OWL ders machen – wir wollen Dinge besser machen.“ findet sie den notwendigen Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe Operativ ist sie in diversen nationalen sowie internationalen Ar- und die Vernetzung über die verschiedenen Branchen. Wichtig beitskreisen tätig und vertritt als Vorsitzende des Gremiums DKE/ findet sie auch MINT-Angebote für Mädchen als Gegengewicht AK 513.5.4 die nationale Meinung hinsichtlich der Gebrauchs- zu der gesellschaftlich noch immer vorgesehenen Familienorien- tauglichkeit Gewerblicher Geschirrspülmaschinen. tierung der Frauen. Antje Fieber, Die Digitalisierung führt auch in ihrem Unternehmen zu starken AGFEO GmbH & Co. KG Umwälzungen. AGFEO ist nicht nur Pionier in der digitalen Kom- munikationstechnik – vom papierlosen Büro über elektronische „Geht nicht, Bilanzen bis zum Bewerbermanagement – alles ist digitalisiert. gibt es nicht.“ Ihre Einsatzbereitschaft ist durch ihr Streben nach finanzieller Unabhängigkeit motiviert. Wenn man in Deutschland etwas er- Antje Fieber ist kauf- reichen will, dann kann man es auch“, ist ihre Überzeugung. männische Leiterin und Beruflicher Erfolg bedeutet für sie Zufriedenheit mit der Arbeit Prokuristin der AGFEO und positive Resonanz von außen. Mittlerweile geht sie die Arbeit GmbH & Co. KG. Die etwas ruhiger an und genießt das Leben mit gutem Essen und Bielefelder AGFEO mit Städtereisen. 133 Beschäftigten gehört Auf Grund der beruflichen und privaten Situation hat sie sich ge- zu einem der führenden meinsam mit ihrem Partner gegen Kinder entschieden. „Wenn es Anbieter von kleinen und früher Betreuungsmöglichkeiten gegeben hätte, hätte ich auch mittleren Kommunikations- Kinder, das ist leider bis heute nicht zufriedenstellend gelöst.“ systemen. Die engagierte Personalerin beklagt einen gesellschaftlichen Rück- Die Diplom Kauffrau mit dem schritt in Bezug auf die Geschlechterklischees. „Jungen dürfen Schwerpunkt Steuerrecht hatte nicht weinen und Mädchen werden darauf vorbereitet, die Fa- bereits ein halbes Jahr vor ihrem Hoch- milie zu umsorgen. Eine Frau muss dreimal so viel leisten wie ein schulabschluss eine leitende Stellung in einem Mann, um den gleichen Posten bei geringerem Gehalt zu bezie- Ingenieurbüro für Bauwesen und Umwelttechnik. Sie entschied hen.“ Sie hält Frauen oftmals für die besseren Führungskräfte auf- sich gegen eine Beteiligung am Unternehmen und wechselte zum grund ihrer Empathie und kommunikativen Kompetenz und for- Hersteller für Lichtlösungen Zumtobel in Lemgo und bereitete dert mehr Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen im Unternehmen. dort den Börsengang mit vor. Mit hohem zeitlichen Einsatz war Ihre Ratschläge für aufstiegswillige junge Frauen lauten: „Bildung, sie für Quartalsabschlüsse, Audit, Steuerprüfung u. ä. verantwort- Durchsetzungsvermögen, Ausdauer und ein Job, der Spaß macht, lich. Von dort wechselte sie 2007 in die kaufmännische Leitung das ist das Wichtigste überhaupt. Die Voraussetzungen für Erfolg beim Mittelständler AGFEO. Hier obliegt ihr das Controlling, das sind, belastbar sein, vor Problemen nicht die Augen verschließen Rechnungswesen und das Personalwesen. Durch ständige Wei- und adäquate Lösungen finden.“ terbildung bleibt die 55-Jährige immer auf dem neuesten Stand. Mehr Frauen in Führung – so geht´s! 10
Doris Fischer, BST Eltromat International GmbH Sie sieht hier viel Potential kreativ und eigenständig den Wandel des Unter- „Ich gehe gern neue Wege und nehmens mitzugestalten und da- nehme mein Team auf dem Weg bei ihre Fußstapfen zu hinterlas- mit.“ sen. Die sportliche Managerin beschreibt sich als Reformer- Doris Fischer ist seit Februar 2018 kaufmännische Leiterin und Pro- typ, sie hinterfragt und ver- kuristin der BST Eltromat in Bielefeld. Die BST Group ist ein füh- ändert gerne und ist zufrie- render Komplettanbieter von Qualitätssicherungssystemen für die den, wenn sie es geschafft Fertigungs-Industrie mit 600 Mitarbeitenden weltweit und gehört hat, „die Dinge auf ein zur elexis- und SMS-Unternehmensgruppe. anderes Level zu bringen Die 52-jährige Betriebswirtin startete ihre Karriere nach einer Aus- und dabei die Menschen bildung zur Industriekauffrau im Rechnungswesen der Warsteiner mitzunehmen“. Ihr ist ein Brauerei, war dann im Controlling und Rechnungswesen der Ben- kooperativer Führungsstil ge- teler AG tätig und studierte nebenberuflich Betriebswirtschaft. 1996 paart mit Durchsetzungskraft wechselte sie in den Gildemeister Konzern und sammelte hier vielfäl- sehr wichtig. Sie weiß, dass Ver- tige Erfahrungen in Veränderungsprozessen. Sie übernahm verschie- änderungen behutsam umgesetzt dene Leitungsfunktionen im Bereich Controlling/Finanzen mehrerer werden müssen, „damit die Mitar- Konzern Gesellschaften und Business Units bis zum Chief Financial beiter sich respektiert und mitgenommen Officer für die europäischen Vertriebs- und Servicegesellschaften der fühlen“. Das Thema Personalentwicklung liegt DMG Europe Holding GmbH. 2010 wurde sie kaufmännische Leite- ihr besonders am Herzen. Dazu gehören auch, die Karrier- rin der Eriks Holding Deutschland und Osteuropa, Teil einer interna- echancen von Frauen zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Beruf und tionalen Gruppe technischer Handelsunternehmen. 2015 übernahm Familie im Unternehmen voran zu bringen, Frauen eine Plattform zu sie die kaufmännische Leitung der europäischen Gesellschaften des bieten und dabei traditionelle Karrierepfade zu verlassen. amerikanischen Verpackungsspezialisten Packsize in Herford. Ihre Empfehlung an junge karriereorientierte Frauen lautet: „Seid Bei der BST Eltromat sieht sie ihre Herausforderung darin, das Zu- sehr gut ausgebildet, mutig und durchsetzungsstark. Man muss sicht- sammenwachsen der unterschiedlichen Betriebskulturen der ehemals bar werden, sich engagieren und ein paar zusätzliche Meilen machen. inhabergeführten Eltromat GmbH mit der BST International GmbH Wichtig ist dabei ein Partner, der auf Augenhöhe die Karriereabsich- zu unterstützen, die Prozesse weiter zu optimieren und das Wachs- ten akzeptiert. Wenn der Partner mitzieht, lassen sich alle Dinge or- tum der Unternehmensgruppe nachhaltig profitabel voranzutreiben. ganisieren.“ Simone Grusdas, itelligence AG HGB. Anschließend übernahm sie die Leitung des Finanz- und „Ich will Spuren hinterlassen statt Rechnungswesens der SMS Staub.“ Dataplan GmbH & Co KG in Eschborn. 1999 wechselte Simone Grusdas ist überzeugt, dass das 21. Jahrhundert das Jahr- Simone Grusdas zur itelli- hundert für karriereorientierte Frauen ist. Als internationale Bilanz- gence AG nach Bielefeld, buchhalterin ist sie Head of Corporate Finance and Accounting, für die sie mittlerweile Vice President und Prokuristin der itelligence AG, die als eines seit fast 20 Jahren tätig der erfolgreichsten SAP-Beratungshäuser weltweit mehr als 8.000 ist. Eine lange Zeit, in Mitarbeitende beschäftigt. Darüber hinaus ist sie Geschäftsführerin der sie viel erlebt und der Recruit Company GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der tiefreichende Erfahrun- itelligence AG. gen gesammelt hat. Nicht Zahlen waren schon in der Schule die Passion von Susanne Grus- nur, dass die Zahl der Mitar- das, das ist bis heute so geblieben. Nach ihrer Ausbildung star- beiter/innen in diesem Zeit- tete die internationale Bilanzbuchhalterin und Steuerfachgehilfin raum von 530 auf fast 8.000 ihre Karriere bei der SMS Corporation. Dort leitete sie vier Jah- gewachsen ist. Darüber hinaus hat re die Buchhaltung in der Frankfurter Zweigniederlassung und sie den anspruchsvollen Prozess der bilanzierte nach amerikanischen Standards (US Gaap) und nach Börsennotierung begleitet, eine Krise über- Ausgabe – 2019 11
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits standen und das erneute Wachstum des Unternehmens miterlebt: junge Frauen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen. Für sie als „Als der neue Markt 2003 zerbrach, ist unser Aktienkurs plötzlich sogenanntes Role Model eine Herzensangelegenheit, für die sie von rund 30 Euro auf 71 Cent gefallen“, erzählt Simone Grusdas. sich im Mentoring-Projekt OWL engagiert, wo sie bereits die sieb- „Um diese Krise zu meistern, haben wir rund um die Uhr gearbei- te qualifizierte Frau unter ihre Fittiche genommen hat. Darüber tet – das hat uns alle sehr eng zusammengeschweißt.“ hinaus ist sie im Netzwerk der Managerinnen OWL aktiv. Das Arbeitsleben der 52-Jährigen ist von Disziplin, Selbstreflektion Simones Grusdas Tipp an junge Frauen: „Ihr müsst Karriere wirk- und dem absoluten Willen, etwas zu erreichen, geprägt. Simone lich wollen und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Ho- Grusdas möchte Spuren hinterlassen statt Staub – ein Motto, das hes Expertenwissen in Kombination mit der Bereitschaft sich zu sie für männliche Kollegen und Geschäftspartner mitunter zu ei- positionieren und immer wieder zu hinterfragen – das führt zum ner unbequemen Gegnerin macht: „Meine Direktheit und mein Erfolg.“ Gleichwohl ist sie überzeugt, dass eine Quotenregelung Hang zur Professionalität und Perfektion haben den ein oder an- notwendig ist, damit Frauen strukturell gleiche Chancen erhalten. deren schon in die Defensive gebracht.“ Sie ist überzeugt, dass Wie bei der itelligence AG, die als japanisches Tochterunterneh- Frauen mit Macht weniger selbstverliebt sein sollten. Sie sollten mens aktuell einen Anteil vorgibt, was dort auch neue Impulse für ihre Position nutzen, um als Netzwerkerinnen zu agieren und die Förderung qualifizierter Frauen gibt. Britta Herbst, Pioneers Club Die 31-Jährige ist das Herz und die treibende Kraft dieser Com- munity von digitalen Talenten in OWL. Sie ist überzeugt, dass die „Wenn man Angebote des vierköpfigen Teams im Pioneers Club nicht nur den liebt, was man Startups, den Unternehmen und ihren jungen Talenten helfen, tut, macht sondern auch den Standort Bielefeld attraktiver machen. man es auch Die Bielefelderin ist stolz, Teil einer Entwicklung zu sein, die das lokale Potential des digitalen Wandels fördert. Als Format für Wis- gut.“ senstransfer wurde das Digital Gym entwickelt, ein interaktives Trainingskonzept, mit dem die Teilnehmer/innen agile Arbeits- Zu sehen, wie echte Er- methoden und den Umgang mit neuen Kundenanforderungen folgsteams entstehen und und intensiviertem Wettbewerbsdruck lernen. „Wir brechen ihre Mitarbeiterzahlen konservative Strukturen auf und schaffen neue Arbeitsformen in nur 1,5 Jahren verdrei- weg vom Konkurrenzdenken hin zu einer „voneinander Lernen fachen ist großartig, sagt Mentalität“. Die Menschen lernen ein Denken „outside the box“, Britta Herbst, die junge Un- damit verändern wir nachhaltig die Kultur in den Unternehmen“. ternehmen dabei unterstützt, Voller Ideen und Empathie, zugleich strukturiert und gelassen indem sie mit dem Pioneers Club steuert Britta Herbst diese anspruchsvollen Aufgaben. Bei ihr die passenden Strukturen schafft. gehen Arbeit und privates Engagement nahtlos ineinander über. Mitten in der Bielefelder Altstadt ist Die zweifache Mutter organisiert ein ’Family Network‘ für die weit mehr als ein reiner Coworking Space Mitglieder des Pioneers Clubs mit Kindern: hier werden Eltern entstanden. In der Innovationschmiede treffen mittel- über digitale Themen ins Gespräch gebracht und Kinder lernen ständische Unternehmen auf Startups und Kreative, um gemeinsam spielerisch den Umgang mit Computern und das Programmieren. neue Geschäftsideen zu entwickeln, neue Arbeitsformen zu erpro- In ihrer Freizeit organisiert sie weitere digitale Projekte. Sie ben und Synergien zu nutzen. Britta Herbst hat ihre 10-jährige Ver- hat eine Kinderbuch-App geschrieben und war kürzlich an der triebs- und Marketingerfahrung aus der Immobilienbranche, ihre Entwicklung einer Kopfhörermarke für Frauen beteiligt, „Hear Leidenschaft für das Vernetzen von Menschen und ihr Interesse hër – Frauen Gehör verschaffen“, die einen Teil des Erlöses an für Innovation zusammengebracht, um den Club aufzubauen. Der UN-Women weiterleitet. Sie ist überzeugt, dass die Förderung Pioneers Club ist die Plattform für Talente in Ostwestfalen mit der von Frauen auf die Agenda von Wirtschaft und Politik gehört. Vision zur Gestaltung einer vernetzenden Zukunft, um die Wettbe- Sie ermuntert junge Frauen mit offenen Augen durchs Leben zu werbsfähigkeit der Region zu sichern. gehen und mit Mut die Chancen zu ergreifen, die sich bieten. Mehr Frauen in Führung – so geht´s! 12
Bettina Kraemer, Schüco International KG steht bei Schüco im Mittelpunkt. Des- halb tun wir viel, damit sich alle Be- „Offen sein für Veränderungen ist schäftigten langfristig entwickeln das Grundprinzip.“ können, sich wohl fühlen und Spaß an der Arbeit haben.“ Bettina Kraemer führt das Leben einer modernen Nomadin. Die Schüco versucht den Aus- 61-Jährige leitet den Personalbereich der Schüco International KG gleich zwischen Beruf und ist zwischen den Unternehmensstandorten in ganz Deutsch- und Privatleben der Mit- land unterwegs. Auch privat pendelt sie zwischen ihren Wohnsit- arbeitenden mit flexib- zen in Bielefeld und Bonn hin und her. len Arbeitszeitmodellen, Internationalität und Wandlungsfähigkeit prägen ihre gesamte beruf- Kinderbetreuungsange- liche Karriere. Nach dem Studium der angewandten Sprachwissen- boten, betrieblicher Ge- schaften mit den Schwerpunkten Spanisch und Französisch arbeite- sundheitsförderung und te Bettina Kraemer in den Bereichen Kultur, Presse und Tourismus qualifizierten Weiterbil- in der bolivianischen Botschaft in Bonn. Anschließend sammelte sie dungsprogrammen zu unter- erste Erfahrungen im Personalbereich bei einem Automobilzuliefe- stützen. rer in Brühl. Hautnah erlebte sie den Aufbau Ost in Berlin als Mit- Bettina Kraemer ist keine Freun- arbeiterin der EFBE Management KG, die im Auftrag der Treuhand din der Quote, sieht aber die Not- an der Sanierung von Unternehmen in den Neuen Bundesländern wenigkeit die Karrierechancen von beteiligt war. Von dort wechselte sie in die Leitung des Personalbe- Frauen zu fördern. Sie glaubt, dass Frauen reichs für Europa der CEAG-Gruppe der Cooper Industries Inc.. dazu neigen, alles auf sich zu beziehen und zu sehr Seit 2001 steht sie für die Entwicklung des Personalbereichs der ihre Schwächen hinterfragen. „Das können Frauen sich abtrainie- SCHÜCO KG, die mit 5.336 Mitarbeiter/innen in 80 Ländern mit ren“ ist sie überzeugt. „Wichtig ist es den Frauen die Möglichkeit Produkten und Services rund um die Gebäudehülle aktiv ist. Die zu geben einfach zu machen,“ deshalb wird explizit nach geeig- Sprachwissenschaftlerin liebt die unterschiedlichen Menschen, Kul- neten Kandidatinnen für neu zu besetzende Positionen gesucht. turen, Sprachen, Typen, die ihren beruflichen Alltag begleiten. Das Unternehmen bereitet talentierte weibliche High Potentials Bis heute ist sie begeistert von der großen Gestaltungs- und Ent- auf die Herausforderung im Top-Management vor und bietet aus- scheidungsfreiheit ihrer beruflichen Position. Der Personalbereich gewählten Mitarbeiterinnen die Teilnahme am internationalen ist im Umbruch: unter den Stichworten agile Führung und flache Mentoringprogramm Anna & Cie an. Hierarchien ist der Wandel der Unternehmenskultur für die unge- Ihr Rezept für Erfolg lautet: man muss ihn wollen, Disziplin haben duldige Gestalterin eine spannende Herausforderung. „Der Mensch und sich einlassen und die Lebensfreude dabei nicht vergessen. Prof. Dipl.Ing. Bettina Mons, Architekturbüros in Hamburg Projek- Fachhochschule Bielefeld, Campus Minden te geplant, dazu gehörten das Büro von Gerkan, Marg und Partner „Frauen in technischen Berufen und die Architekten Hentrich, brauchen Leitbilder“ Petschnigg und Partner mit Sitz in Hamburg und Berlin. Bettina Mons liebt die Arbeit in interdisziplinären Kooperations- Zu ihren Forschungs- und projekten mit anderen Fachbereichen und externen Partnern wie Arbeitsschwerpunkten z. B. der Wohnungswirtschaft. Seit März 2001 ist sie Professorin am Campus in Minden an der Fachhochschule Bielefeld am Campus Minden. Die 54-Jäh- gehören die Lehre in den rige vertritt das Lehrgebiet Architektur, Planungstheorie und Pro- Bachelor Studiengängen jektsteuerung unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Architektur, Projektma- Frau im Baubetrieb und Handwerk. nagement Bau und dem Nach einer Ausbildung als Bauzeichnerin in Detmold absolvierte sie Masterstudiengang Integra- von 1985–1992 das Architekturstudium an der RWTH Aachen und les Bauen in den Bereichen der ETH Zürich. Schon während des Studiums war sie freiberuflich in Planungs- und Baumanage- verschiedenen Architekturbüros, u. a. bei gmp Architekten in Aachen ment, Projektsteuerung, Projekt- und Hamburg sowie bei Suter+Suter Architekten in Zürich tätig. entwicklung und Entwerfen. Die Nach dem Studium hat Bettina Mons fast zehn Jahre lang in großen Umstellung auf die Bachelor/Master-Stu- Ausgabe – 2019 13
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits diengänge und die damit verbundene Weiterentwicklung von Curri- Arbeitskreis ‚Stadtentwicklung‘ in der Kooperationsinitiative ‚Bielefeld cula empfindet sie als spannende Herausforderung. Ein besonderes be- 2000plus‘. Die Mutter zweier Söhne sieht zunehmend viele Studentin- rufliches Highlight war für sie die nutzerseitige Projektleitung für das nen im Bauwesen, die sich stark mit den Berufsfeldern im Bauwesen Neubauvorhaben der Fachhochschule Bielefeld. Seit 2008 war sie für identifizieren und Einfluss nehmen wollen. Immer mehr Frauen machen die Belange der Hochschule bei der Entwicklung des gesamten Hoch- u. a. als Bauleiterinnen einen sehr guten Job oder sind Geschäftsführe- schulcampus verantwortlich. „Es war uns ganz wichtig eine Hoch- rin in Architekturbüros oder in Berufsverbänden. Sie ist überzeugt, dass schule zu schaffen, deren Offenheit und Transparenz sich im Gebäude die Frauen erfolgreich sein können, wenn sie sich klar positionieren, wiederspiegeln. Es ist eine Plattform für Kommunikation entstanden, Eigenmarketing betreiben und auch mal nein sagen können zu zeitfres- die unterschiedliche Fachbereiche bündelt und für Beschäftigte und senden Aufgaben, die sie inhaltlich nicht wirklich weiterbringen. Studierende eine angenehme und inspirierende Atmosphäre bietet. Sie bedauert, dass es noch zu wenig Leitbilder für junge Frauen in Das ist uns gemeinsam mit allen Projektbeteiligten wirklich gelungen.“ technischen Berufen gibt und dass die männlichen Netzwerke häufig Die engagierte Netzwerkerin steht für den Transfer zwischen Hoch- besser funktionieren und rät zu einer ausgewogenen Mischung von schule, Wirtschaft und Öffentlichkeit und die Kooperation mit außer- Netzwerkerinnen und Netzwerkern, erst dann wird bei Einstellun- universitären Einrichtungen. Sie ist Mitglied der Architektenkammer gen und Aufgabenverteilungen auch in Führungspositionen allein die Nordrhein-Westfalen, dem Bund Deutscher Architekten und leitet den Qualifikation und nicht das Geschlecht entscheiden. Solveig Münstermann, stellvertretende Leiterin des WDR-Studios in Essen. Sie ist eine WDR Studio Bielefeld Powerfrau und liebt es, sich in kleinen Teams gegenseitig voran zu bringen. „Ich habe In Ostwestfalen-Lippe kennt die bekennende Rheinländerin mitt- immer die lerweile die Strukturen bestens und konnte sich ein tragfähiges Bereitschaft, Netzwerk aufbauen. Ihr imponiert das stark vernetzte Unter- mir erst mal nehmertum mit der familiengeprägten Tradition. In ihrer Hei- matstadt Aachen ist sie noch immer verwurzelt. Ihr Ehemann alles neutral arbeitet dort als Zeitungsjournalist und Gastronom. Gemeinsam anzusehen!“ mit ihm hat sie vor Jahrzehnten Szenekneipen in Aachen eröff- net. Sohn und Schwiegertochter, Arzt und Psychologin, leben „Ich will mitten drin sein, ebenfalls in Aachen und erwarten Ende Mai ihr zweites Kind. genau hinsehen, recher- Nach ihrer Berentung bleibt Solveig Münstermann der Region als chieren: ich finde Menschen Moderatorin erhalten. spannend, mich interessiert Nahbar, offen für alle Probleme, entscheidungsfreudig, hart in der deren Geschichte.“ Dieses Jagd- Sache, so kennen sie Mitarbeiter/innen und Kollegen/innen. Sie fieber hat sie auch nach 40 Jahren ist immer bereit für Auseinandersetzungen, auch mit sich selbst, Journalismus nicht verlassen. Solveig „man wird ja weise im Alter“. Münstermann leitet das Studio Bielefeld Das Thema Karrierechancen von Frauen in den Medien sieht des WDR seit November 2012. Solveig Münstermann differenziert. Frauen nehmen zunehmend Die Geisteswissenschaftlerin mit den Fächern Germanistik, Philo- verantwortungsvolle Positionen ein, leider nicht durchgängig in sophie und Kunstgeschichte absolvierte nach ihrem Studium ein allen Bereichen. Beim WDR ist die Situation für weibliche Füh- Volontariat bei einem Zeitungsverlag. Fünf Jahre lang war sie an- rungskräfte erfreulich, ihr Anteil liegt bei 36,2% Solveig Münster- schließend als Redakteurin bei den „Aachener Nachrichten“ tätig, mann steht für die Frauenquote ein, trommelt aber nicht dafür. u. a. als Gerichtsreporterin. Seit 1989 arbeitet die heute 65-Jähri- „Ich bemühe mich meinen Beitrag zu leisten und unterstütze ge beim Westdeutschen Rundfunk. 2001 wurde sie Hörfunkleite- junge Führungsfrauen. Sie ist beteiligt am Mentoringprogramm rin im WDR-Studio Aachen. Es folgten viele Sondereinsätze und „Mit Frauen in Führung“ des Kölner Bündnisses und hat auch das Vertretungen im Studio Paris. Sie war die erste, die aus einem Programm Kompetenz im Management (KIM) des Familienminis- Regionalstudio die Auslandsvertretung übernehmen durfte. Ob teriums NRW während ihrer Zeit in Essen mit viel Freude unter- der Doping-Skandal der Tour de France 1998 oder der Concor- stützt. „Wenn Frau angstfrei und immer auf Augenhöhe agiert, de-Absturz im Jahr 2000, hautnah begleitete sie diese Ereignisse wird ihr vieles zugetraut und sie kann ihre Chancen nutzen“, ist medial. 2006 wechselte sie vom Rheinland ins Ruhrgebiet – als sie überzeugt. Mehr Frauen in Führung – so geht´s! 14
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