Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld

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Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Mehr Frauen
in Führung – so geht’s!
                               Ausgabe 2019

           Karrieren
           Profile, Strukturen, Klischees

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Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Impressum

Herausgeber:                  WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft
                              Bielefeld mbH
                              Geschäftsführer: Gregor Moss
                              Prokuristin: Brigitte Meier (V.i.S.d.P)
                              Prokuristin: Petra Waimann
                              Goldstraße 16–18
                              33602 Bielefeld
                              www.wege-bielefeld.de

Stand:                        2019

Redaktion,
Koordination:                 Vera Wiehe, Projektleitung Frauen und
                              Wirtschaft, WEGE mbH

Gestaltung:                   Drucktante Jennifer Horstmeier, Bielefeld

Bildnachweis:
Vera Wiehe, WEGE mbH (S. 3),Ulla Agbetou, DansArt Tanznetworks (S. 5), Kerstin Borchard, LENKWERK
| EVENTWERK (S. 5), Stefanie Bühner, EFB –Elektronik GmbH (S. 6), Annelie Buntenbach, Deutscher
Gewerkschaftsbund Berlin (S.7), Cornelia Christian, moBiel GmbH (S. 7), Prof. Dr. Anne Dreier, Fach-
hochschule des Mittelstands (S. 8), Astrid Drexhage, Weber Data Service IT GmbH (S. 8), Dr. Britta von
Esmarch-Rummler, Miele & Cie. KG (S. 9), Antje Fieber, AGFEO GmbH & Co. KG (S. 10), Doris Fischer, BST
Eltromat International GmbH (S. 11), Simone Grusdas, itelligence AG (S. 11), Britta Herbst, Pioneers Club
(S. 12), Bettina Kraemer, Schüco International AG (S. 13), Prof. Dipl.Ing. Bettina Mons, Fachhochschule
Bielefeld, Campus Minden (S. 13), Solveig Münstermann, WDR Studio Bielefeld (S. 14), Petra Quademe-
chels, Diamant Software GmbH (S. 15), Susanne Sorg, EK Servicegroup (S. 15), Regine Tönsing, DEHOGA
Ostwestfalen (S. 16), Angela Vogt, TEUTODATA Computer Systems GmbH (S. 17), Barbara Franke,
Fotografie & Design (S. 18–25), EFB-Elektronik GmbH (S. 26–27), Sparkasse Bielefeld (S. 28), Diamant
Software (S. 30), itelligence AG (S. 32–34), Prof. Dr. Kerstin Pull , Eberhard Karls Universität Tübingen &
Prof. Dr. Anja Iseke, Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Lemgo (S. 36, 37, 39), Dr. Annette von Alemann,
Universität Paderborn (S. 43), Dr. Ulrike Struwen, Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit
e.V. (44–46), Ines Großkopf, Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. (S. 46), Prof.
Dr. Swetlana Franken, Fachhochschule Bielefeld (S. 48), Prof. Dr. Claudia Hornberg, Medizinische Fakultät
der Universität Bielefeld in Gründung (S. 51), Annika Eweler, FHM (S. 52), Benni Janzen (S. 53), Barbara
Tigges-Mettenmeier, BTM Personalmanagement GmbH (S. 53), Nicole Heymann, Managerinnen OWL
(S. 54), Susanne Fabry, Bereichsleiterin Steuerung Deutsches Netz bei E.ON SE, Essen (S. 55), Martina
Hammerschmid, MöllerFlex GmbH (S. 55), Nicole Kreie, WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG (S. 56),
Prof. Dr. Sabrina Backs, Universität Bielefeld (S. 59, 60) Julia Trulley, Founders Foundation gGmbH (S. 61),
Ursula Moos, CollarCare (S. 62), Lea Nüsgen, Tartes & Törtchen (S. 62), Karin Siebert, Dreiplus (S. 63), Lara
Tilleke, Brillenliebe (S. 64), Kristina Vasileva, KAVAU Modedesign (S. 64), Vera Wiehe, WEGE mbH
(S. 65), Adobe Stock – kritchanut (S. 65), Christina Rouvray, Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL
(S. 66, 68–71), Katrin Biller (S. 72–75), Vera Wiehe, WEGE mbH (S. 77), Christiane Gräfin Matuschka,
FidAR/Top Executive Consulting im Pioneers Club (S. 79–81), Prof. Dr. Ulrike Detmers Mestemacher-
Gruppe (S. 83)
Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Editorial

                              Mehr Frauen in
                            Führung – so geht´s!
Wir haben vor zwei Jahren einen Kulturwandel hin zu mehr Frauen
in Führung konstatiert. Aber gibt es diesen wirklich? 2018 hatten
Frauen genauso wie 2017 im Durchschnitt 21 Prozent weniger auf
dem Gehaltszettel als Männer. Eine Studie des Wissenschaftszent-
rums Berlin fand heraus, dass Personaler Frauen bei Bewerbungen
um einen Ausbildungsplatz im Schnitt eine Note schlechter bewer-
ten als Männer.
In Deutschland waren im Jahr 2017 rund 29 % der Führungsposi-
tionen von Frauen besetzt. Damit blieb der Anteil im Vergleich zu
den beiden Vorjahren nahezu unverändert. „Schlusslicht Deutsch-
land“, titelt deswegen die Allbright-Stiftung in einer Studie aus
dem Oktober 2018, die den Frauenanteil in den DAX-30-Unter-
nehmen mit den ebenfalls 30 größten Konzernen anderer Län-
dern verglichen hat. Deutschland schneidet dabei mit einem 12,1
prozentigen Frauenanteil in den Vorständen der DAX-Konzerne
schlecht ab und befindet sich auf einem Niveau wie Indien oder
die Türkei. Eine Studie der Boston Consulting Group von Dezem-
ber 2018 kommt zu vergleichbaren Ergebnissen. Hier wurden              Vera Wiehe, WEGE mbH
die nach Börsenwert 100 größten deutschen Unternehmen auf
die paritätische Besetzung von Führungspositionen und auf die
bestehenden Gehaltsunterschiede hin untersucht. Bei gleichblei-        Die WEGE mbH präsentiert in der dritten Ausgabe dieses Ma-
bender Geschwindigkeit würde es noch 40 Jahre dauern, bis Spit-        gazins Ergebnisse des Projektes „Mehr Frauen in Führung – so
zenpositionen gleichermaßen mit Frauen und Männern besetzt             geht´s“ sowie weitere Praxisbeispiele aus Bielefelder Unterneh-
seien, heißt es dort. Bemerkenswert ist, dass auch vermeintlich        men. Wir haben viele engagierte und mutige Frauen in Fach- und
moderne Unternehmen aus der IT-Branche auf Frauen in Füh-              Führungspositionen, spannende und innovative Gründerinnen,
rung verzichten. Auf dem letzten Platz landeten der Online-Es-         Unternehmerinnen und Wissenschaftlerinnen gefunden, die bele-
senslieferdienst Delivery Hero, der Architektur-Software-Anbieter      gen: Der Kulturwandel ist weiterhin im Gange. In diesem Maga-
Nemetschek und der Internetprovider United Internet. In diesen         zin finden Sie insgesamt 33 Storys von klugen Frauen aus Bielefeld
Unternehmen war 2018 keine Führungsposition mit einer Frau             und der Region, die selbstbewusst ihren Weg gehen. Wir freuen
besetzt.                                                               uns über Wegbereiterinnen wie die Managerinnen OWL, die Inge-
                                                                       nieurinnen OWL oder das Crossmentoring OWL.
Es macht also weiter Sinn, Strategien, Rahmenbedingungen und           Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und gute Anregungen,
Erfolgsfaktoren für mehr Geschlechtergerechtigkeit am Arbeits-         damit Kulturwandel für Frauen in der ostwestfälischen Wirtschaft
platz und eine Erhöhung des Anteils von Frauen im Management           zur Normalität wird.
zu sammeln und zu veröffentlichen. Die Wirtschaftsentwicklungs-
gesellschaft Bielefeld mbH, die Gleichstellungsstelle der Stadt Bie-
lefeld und das Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL haben
ihre in 2015 begonnene Kampagne „Mehr Frauen in Führung
– so geht´s“ fortgesetzt. Wir haben Gespräche mit Unternehmen          Vera Wiehe
geführt und Frauenförderstrategien aus Unternehmen vorgestellt.        Projektleitung Frauen und Wirtschaft, WEGE mbH

Ausgabe – 2019
                                                                                                                                            3
Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Inhalt

      Inhaltsverzeichnis
      2      Impressum                                                 52   Erfolgreich durch Mentoring
      3      Editorial                                                 52   Bin ich eigentlich erfolgreich?
                                                                            Mit Mentoring reflektiert den nächsten Schritt gehen
      5      Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits               53   CrossMentoring OWL für weibliche Potenzialträgerinnen
                                                                            mit Unternehmen der Region
      5      Ulla Agbetou, DansArt Tanznetworks
      5      Kerstin Borchard, LENKWERK | EVENTWERK                    54   Managerinnen OWL
      6      Stefanie Bühner, EFB –Elektronik GmbH                     54   Ohne Vernetzung ist alles nichts
      7      Annelie Buntenbach, Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin
      7      Cornelia Christian, moBiel GmbH                           58   Gründerinnen
      8      Prof. Dr. Anne Dreier, Fachhochschule des Mittelstands    58   Wir sind am Start
      9      Astrid Drexhage, Weber Data Service IT GmbH               58   Genderaspekte in der Lehre im Gründungsmanagement
      9      Dr. Britta von Esmarch-Rummler, Miele & Cie. KG           60   Expertinnen-Profile
      10     Antje Fieber, AGFEO GmbH & Co. KG                         60   Prof. Dr. Sabrina Backs, Universität Bielefeld
      11     Doris Fischer, BST Eltromat International GmbH            61   Julia Trulley, Founders Foundation gGmbH
      11     Simone Grusdas, itelligence AG                            62   Gründerinnen-Profile
      12     Britta Herbst, Pioneers Club                              62   Ursula Moos, CollarCare
      13     Bettina Kraemer, Schüco International AG                  62   Lea Nüsgen, Tartes & Törtchen
      13     Prof. Dipl.Ing. Bettina Mons, Fachhochschule Bielefeld,   63   Karin Siebert, Dreiplus
             Campus Minden                                             64   Lara Tilleke, Brillenliebe
      14     Solveig Münstermann, WDR Studio Bielefeld                 64   Kristina Vasileva, KAVAU Modedesign
      15     Petra Quademechels, Diamant Software GmbH                 65   Buchtipp
      15     Susanne Sorg, EK Servicegroup
      16     Regine Tönsing, DEHOGA Ostwestfalen                       66   Projektbericht
      17     Angela Vogt, TEUTODATA Computer Systems GmbH              66   Erfolgreiche Frauen machen Unternehmen erfolgreich.
                                                                            Fachkräftesicherung durch gute Rahmen­bedingungen für
      18     Wir brauchen Chefinnen für die digitale                        weibliche Beschäftigte
             Transformation – Expertinnentalk
      18     Gender 4.0 – Chancen und Risiken der Digitalisierung      72   Kampagenen und Kooperationen
             für Frauenarbeit                                          72   Mehr Verantwortung für Frauen in Forschung &
                                                                            Entwicklung! – VDI OWL
      26     Erfolgsfaktor gemischte Teams in Unternehmen              77   Bielefelder Bündnis für Familie
      26     Unternehmenskultur durch Gleichberechtigung geprägt –          Sechs Bielefelder Unternehmen für ihre familienbewusste
             EFB-Elektronik GmbH                                            Personalpolitik ausgezeichnet – Lokale Bündnisse für
      28     Zwillinge und Leitungsfunktion: Eine wahre Win-Win-            Familie
             Situation – Sparkasse Bielefeld                           79   Dieser Weg wird kein leichter sein – FidAR
      30     Die Zusammensetzung des Teams steht im Vordergrund –      82   NÜRNBERGER RESOLUTION 2018
             Diamant Software                                               #FRAUENwollenMEHR
      32     Gender Diversity: Business Women‘s Network bei
             itelligence Deutschland – itelligence AG

      35     Genderfragen – Ergebnisse aus der Forschung
      35     Weibliche Nachwuchskräfte gewinnen? Mit Geschlechter­-
             stereotypen brechen!
      40     Mythen und Fakten zu Frauen in Führungspositionen
      44     Ein Blick in die MINT-Berufe
      47     Digitale Transformation als Chef(innen)sache –
             Warum Frauen die Digitalisierung mitgestalten sollten
      49     Medizin – Gesundheit – Geschlecht

                                                                                                     Mehr Frauen in Führung – so geht´s!
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Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits

Ulla Agbetou, DansArt Tanznetworks                                    ausbildung in Berlin und Paris mit einer
                                                                      klassischen Basisausbildung sowie
„Ich tanze schon mein Leben                                           Modern Dance und Jazztanz. Jah-
lang.“                                                                relang pendelte sie zwischen
                                                                      Berlin und Paris und arbei-
Ulla Agbetou ist Tänzerin, Tanzpädagogin und Choreografin. Seit       tet an vielen Stationen mit
1995 betreibt sie gemeinsam mit ihrem Mann Tchekpo Dan Ag-            namhaften Choreografen
betou die DansArt Tanznetworks, eine international ausgerichte-       zusammen. Im Hinblick
te Spielstätte und ein Ausbildungszentrum für Tanz mit eigenem        auf den tanzpädagogi-
Theater und Tanzkompagnien. Die Sparte Ausbildung besteht aus         schen Bereich ihres Beru-
einer Tanzschule mit einem breiten Kurs- und Seminarprogramm          fes absolvierte sie in Berlin
für Groß und Klein sowie einer professionellen Tanzakademie mit       die Ausbildung zur Physio-
staatlich anerkannter Vollzeitausbildung im Bereich Bühnentanz        therapeutin.
und weiterführenden Qualifizierungen in den Bereichen Tanzpä-         Ulla Agbetou liebt es beson-
dagogik und Choreografie. Die Spielstätte bildet eine Plattform       ders, gemeinsam mit vielen
für die eigenen, aber auch Gast Compagnien, Festivals und inter-      Menschen aus unterschiedli-
nationale Projekte                                                    chen Nationen Projekte auf Zeit
In 23 Jahren haben Ulla und Dan knapp 4000 Schülerinnen und           durchzuführen und damit ein großes
Schüler durch die Tanzkurse geführt. Kinder und Jugendliche lie-      Netzwerk aufzubauen. „Wir sind immer
gen ihr besonders am Herzen. „Tanzunterricht ist enorm wichtig        noch viel unterwegs und arbeiten sparten-
zur physischen und psychischen Entwicklung für Kinder und Ju-         übergreifend mit Künstlern an vielen Orten in der Welt
gendliche, wenn er von professionell ausgebildeten Tanzpädago-        zusammen, das ist der spannende Teil der Arbeit.“
gen vermittelt wird“ ist die Überzeugung der Eltern ihrer Schüler.    Die Mutter zweier Söhne unterscheidet nicht zwischen Arbeit
Die DansArt Companien haben mit der Produktion zahlreicher            und Privatleben. Die kleinen Jungen haben die Eltern auf den
Bühnenwerke internationale Anerkennung erfahren. Die Tchek-           Tourneen begleitet und sind auch schon mal am Bühnenrand
po Dance Company zählt Künstler aus der ganzen Welt zu ihren          eingeschlafen. „Ich bin so ein Mensch, der sich durch neue Auf-
Gästen und ist selbst regelmäßig national sowie international on      gaben neu gefordert fühlt und das braucht. Wenn man kein Ziel
tour. Mit ihren Bühnenproduktionen verfolgen Agbetous den             und keine Aufgaben hat, wird es langweilig. Ich werde kritisiert,
Anspruch, den Menschen einen Spiegel vorzuhalten und zum              weil ich nicht in Ruhe sitzen bleiben kann.“ Ihr Rezept für ein
Denken anzuregen.                                                     erfolgreiches Leben als Künstlerin: „Immer das Ziel im Auge be-
Ulla Agbetou hat ihr Leben der Tanzkunst gewidmet. Sie begann         halten und geradeaus gehen mit sehr viel Selbstdisziplin, Team-
bereits mit fünf Jahren mit dem klassischen Ballett. Auf Wunsch       fähigkeit, Ausdauer und Beharrlichkeit. Aufhören gibt es nicht:
ihrer Eltern erlernte sie zunächst den Beruf der Bürokauffrau.        persönliche Zipperlein muss man hinten anstellen“.
Dann startete sie durch und absolvierte eine professionelle Tanz-

Kerstin Borchard, LENKWERK | EVENTWERK                                „2010 bot sich mir dann eine einmalige
                                                                      berufliche Chance.“ Ihr Partner, der
„Dauerhafter Erfolg ist nur im                                        Projektentwickler und Investor
Team möglich.“                                                        Christoph Borchard, betrieb
                                                                      die Umnutzung des einsti-
Kerstin Borchard ist Managerin des Lenkwerks und geschäfts-           gen Bekleidungsamtes der
führende Gesellschafterin der haus­   internen Full-Service-Agentur   Luftwaffe aus dem Zweiten
EVENTWERK GmbH & Co. KG. Die 43-Jährige hat nach dem Abi-             Weltkrieg in das Lenk-
tur zuerst eine Ausbildung zur landwirtschaftlich-technischen As-     werk. Innerhalb eines Jah-
sistentin absolviert und später in Bielefeld Jura mit dem Schwer-     res wurde die ehemalige
punkt Wirtschaftsrecht studiert. Ihren beruflichen Einstieg fand      Verladehalle komplett um-
sie als Assistentin der Geschäftsleitung bei einem Kommunikati-       gebaut. Kerstin Borchard
onsdienstleister mit 600 Mitarbeitern/innen und vier Geschäfts-       übernahm die Position der
führern. „Das war eine harte Schule, doch ich bin dort professio-     Managerin der Mischnut-
nell, stark und unabhängig geworden.“                                 zung aus vermietbaren Un-

Ausgabe – 2019
Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits

    terstellplätzen für Liebhaberfahrzeuge, Gastronomie und Events           Kerstin Borchard überzeugt. „Alle Rädchen müssen ineinander-
    sowie Büro- und Seminarräumen. Drei Jahre später gründete sie            greifen und funktionieren. Deshalb geht es familiär zu im Lenk-
    ihre eigene Eventagentur EVENTWERK. Mit einem Team von                   werk und es wird viel Wert auf gegenseitigen Austausch und ge-
    fünf Mitarbeitern/innen und einer Handvoll Aushilfen organisiert         genseitige Achtung gelegt.“ Auch mit ihrem Mann bildet sie ein
    sie Veranstaltungen sowohl für Kunden als auch die Lenkwerk              starkes Team, neue Projektideen werden gemeinsam besprochen.
    eigenen Veranstaltungen. „Von Seminaren über Messen, Kon-                „Ich hatte es hier mit starken Charakteren zu tun“, erinnert sich
    gresse und Modenschauen bis hin zu den jährlich stattfindenden           Kerstin Borchard an ihre Anfänge als Lenkwerk-Managerin. Sie
    Auto-Events realisieren wir die unterschiedlichsten Formate und          war damals ganz neu in diesem Berufsfeld und wusste: „Ich muss
    Größenordnungen. Allein über diese Veranstaltungen kommen                durch Leistung überzeugen.“ Sie wünscht sich mehr Frauen in
    mittlerweile pro Jahr rund 200.000 Besucher in das Lenkwerk.“            Führungspositionen und fordert: „Die Politik muss für Rahmen-
    Inzwischen ist rund um das Hauptgebäude ein Quartier mit                 bedingungen sorgen, die es Frauen ermöglichen, Karriere und Fa-
    Wohneinheiten und mehreren Bürokomplexen entstanden. In                  milie miteinander zu vereinen. In anderen Ländern ist das bereits
    einem dieser Gebäude wurde unlängst das Arbeitswerk eröffnet,            besser geregelt.“ Und dass Mann und Frau für die gleiche Arbeit
    ein Coworking-Space mit 18 sogenannten Hot-Desks, Büros und              den gleichen Lohn erhalten, ist für sie ohnehin selbstverständlich
    Konferenzräumen. Auch dieses Angebot wird von EVENTWERK                  – und wird in ihrer Agentur längst praktiziert. Ob eine Frauenquo-
    und damit unter ihrer Regie koordiniert und verwaltet.                   te in der Politik bzw. in Führungspositionen der richtige Weg ist,
    Ohne ihr gutes Team wäre dauerhafter Erfolg nicht möglich, ist           stellt Kerstin Borchard jedoch in Frage.

                               Stefanie Bühner,                              turen, die Einführung von Regelkommunikation und die An-
                                  EFB –Elektronik GmbH                       schaffung einer ergonomischen Packstraße. Die Prozesse wurden
                                                                             verbessert und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden angepasst.
                                         „Wichtig ist,                       Stefanie Bühner, die schon als Kind an Zahlen und Organisation in-
                                          dass man                           teressiert war, liebt die Logistik, weil sie so logisch ist. „Ich stamme
                                           optimistisch                      aus einer bequemen Familie, und habe immer gelernt, Dinge zu
                                            an die Dinge                     vereinfachen“. Sie sieht sich als Prozessoptimiererin, die sich nicht
                                                                             mit Situationen abfindet, sondern immer wieder Ansätze zur Ver-
                                            herangeht.“                      besserung sucht. Zur Unterstützung in ihrer Führungsrolle hat sie
                                                                             am Crossmentoring OWL teilgenommen und viel vom Austausch
                                                 Stefanie Bühners Kar-       mit der Logistikleiterin eines regionalen Unternehmens profitiert.
                                                 riere ist ungewöhnlich:     „Aber auch im Haus gibt es einen guten kollegialen Austausch“
                                                jung, weiblich und ver-      und sie fühlt sich von ihrem derzeitigen sowie ihren ehemaligen
                                              antwortlich für den ope-       männlichen Chefs sehr gefördert. „Ich durfte früh eigene Projekte
                                             rativen Bereich (Logistik,      durchführen, das erhöht die Motivation.“
                                           Fertigung, Qualitätssicherung)    Die junge Frau ist verheiratet und kann ihren Hund mit ins Büro
                                         der EFB-Elektronik GmbH. Die        bringen. Sie ist stolz auf ihr Unternehmen, das mit modernen
                                     Bielefelder EFB-Elektronik GmbH         Ansätzen der Personalentwicklung Arbeitszufriedenheit steigern
                                  gehört zu den führenden Herstellern        und dem Fachkräftemangel entgegenwirken will. „Ich habe Freu-
                           und Systemanbietern für Netzwerk- und Si-         de an dem, was ich tue und wünsche mir das auch von meinem
                  cherheitstechnik sowie für industrielle Systemlösun-       Umfeld“. Im Umgang mit ihren Mitarbeitenden steht Gerechtig-
    gen. Die 33-jährige Diplom-Logistikerin ist als Bereichsleiterin mit     keit für sie ganz oben. Sie bedauert es, dass um die Frauenquote
    Prokura für 110 Mitarbeiter/innen in vier Abteilungen verantwort-        diskutiert werden muss, denn sie will, dass immer der bessere
    lich. Den ersten Kontakt zur EFB-Elektronik hatte Stefanie Bühner        gewinnt. „Eine Quote macht höchstens vorübergehend Sinn, um
    bereits als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Fraunhofer Institut     zu beweisen, was Frauen können.
    für Materialwirtschaft und Logistik. Als Beraterin war sie an einem      Ihre Tipps an junge Frauen, die aufsteigen wollen: Gleichgesinnte
    Projekt zur Optimierung der Lagerprozesse des Unternehmens be-           sowie Mentorinnen und Mentoren suchen, denn nicht jede Er-
    teiligt. Das Projekt verlief so zufriedenstellend, dass sie ins Unter-   fahrung muss man selber machen; Männer so lassen, wie sie sind;
    nehmen übernommen wurde.                                                 sich selber reflektieren und erkennen, was man braucht, um gut
    Seither hat sie die Logistik des Unternehmens Stück für Stück            arbeiten zu können. „Wichtig ist, dass man optimistisch an die
    modernisiert. Dazu gehörte u. a. der Aufbau von Teamleiterstruk-         Dinge herangeht und eigene Entscheidungen trifft.“

                                                                                                                 Mehr Frauen in Führung – so geht´s!
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Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Annelie Buntenbach,                                                      schlüsse, aber es gibt Luft nach oben.
Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin                                       Und wir haben bei der Gewerkschaft
                                                                         dasselbe Problem wie andere: die
„Ich bin überzeugt, dass Quoten                                          Frauen, die sich engagieren
helfen!“                                                                 wollen – immer zu wenige,
                                                                         klar! – werden gleich mit
Annelie Buntenbach möchte in einer Gesellschaft leben, in der            Aufgaben und Funktionen
alle auf Augenhöhe teilhaben können. Studiert hat die 63-Jährige         überhäuft, das ist nicht der
Geschichte und Philosophie an der Universität Bielefeld, seit Mai        richtige Weg zur Ermu-
2006 ist sie Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand des           tigung,“ skizziert sie die
Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin.                                 Situation. Der Frauenan-
Nach Studium und Referendariat hat sie mehrere Jahre als Mitbe-          teil unter den Mitgliedern
gründerin und Setzerin in einem selbstverwalteten graphischen            ist in den Gewerkschaften
Betrieb in Bielefeld gearbeitet. Die gebürtige Solingerin war            je nach Branche sehr unter-
früh in der politischen Bildungsarbeit und in der Auseinander-           schiedlich, im Dienstleistungs-
setzung mit Rechtsextremismus engagiert. Von 1994 bis 2002               sektor erwartungsgemäß größer
war sie Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis 90/               als in der Chemie- oder Metall-
Die Grünen und dort u. a. im Ausschuss für Arbeit und Sozial-            branche. Bei den hauptamtlich Mitar-
ordnung aktiv. Anschließend leitete sie die Abteilung Sozialpolitik      beitenden ist die Zahl der Frauen in den
beim Bundesvorstand der IG Bau.                                          letzten Jahren gestiegen, allerdings sind auf den
Beim DGB ist Annelie Buntenbach für die Bereiche Arbeits-                Führungsebenen Frauen nach wie vor unterrepräsentiert.
marktpolitik, Alterssicherung, Arbeitsschutz, Gesundheitspolitik,        Gemäß ihrer grünen Tradition ist Annelie Buntenbach überzeugt, dass
Migrations- und Antirassismuspolitik sowie Politik für Menschen          Quoten sich bewährt haben und der gesamten Organisation nutzen,
mit Behinderungen und Senioren zuständig. Sie ist Mitglied im            weil sie die Kultur beeinflussen. Die Quote ist ein klares politisches Sig-
Sozialbeirat, der die Bundesregierung in Fragen der gesetzlichen         nal und zwingt dazu, Frauen bewusst zu unterstützen und zu fördern,
Rentenversicherung berät. Seit Dezember 2006 ist sie außerdem            damit sie in verantwortliche Funktionen kommen und in Führungse-
für die Gruppe der Versicherten alternierende Vorsitzende des            benen aufsteigen können.
Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund.                  Oft sind gerade junge Frauen gegen Quotenregelungen, nach dem Mot-
Sie glaubt, dass der erfolgreiche Weg die Gesellschaft zu verän-         to: „warum Quote, brauchen wir nicht!“ Diese Einstellung wertet Anne-
dern darin besteht, sich einzumischen, gemeinsam mit anderen             lie Buntenbach als Erfolg der Quoten, denn „man hält die Ergebnisse für
Anliegen zu platzieren und Selbstorganisation zu unterstützen. Sie       so selbstverständlich, dass man vergessen hat, woran es gelegen hat.“
arbeitet gerne mit anderen zusammen und versucht ihre Ziele im           Ihre Ermutigung für junge Frauen lautet: Sich nicht einreden lassen,
Team zu erreichen. Dabei helfen der Wahl-Bielefelderin aber auch         ihr Anliegen wäre es nicht wert, gehört zu werden. Wichtig ist es, sich
ihre ostwestfälische Sturheit gepaart mit dem ihr eigenen Humor.         Mitstreiter/innen zu suchen, dann kann man auch Rückschläge besser
„In Bezug auf Frauen hat sich etwas getan, wir haben hier gute Be-       wegstecken.

Cornelia Christian, moBiel GmbH                                          wechselte 1998 zum Verkehrsverbund
                                                                         Berlin-Brandenburg. Dort führte
„Wer es sich zutraut, kann auf-                                          sie als Prokuristin den flächen-
steigen.“                                                                größten Tarif Deutschlands
                                                                         ein. 2011 wechselte sie in
Cornelia Christian steht für die Zukunft der Mobilität. Die 50-jährige   die Geschäftsführungen
Diplomökonomin mit dem Studien­schwerpunkt Trans­port­wirtschaft         der OWL Verkehr und
und brei­ten Erfahrungen im öffentlichen Personennahver­kehr ist seit    2017 der Westfalentarif
Herbst 2017 bei moBiel Bereichsleiterin Kundenmanagement und             GmbH und war für den
zusätzlich für Verkehrsplanung zuständig. Das Verkehrsunterneh-          Zusammenschluss der
men betreibt als 100-prozentige Tochter der Stadtwerke Bielefeld         Verkehrsunternehmen
und Teil der Stadtwerke Bielefeld Gruppe vier StadtBahn-Linien           in Ostwestfalen-Lippe
sowie 76 Bus-Linien.                                                     und die Entwicklung des
Cornelia Christian hat sich als Expertin für den Aufbau von Ver-         Westfalen-Tarifs zuständig.
kehrsverbünden und die Einführung von Tarifen einen Namen ge-            Der Netzwerkerin ist es hier
macht. Sie begann 1994 beim Rhein-Main-Verkehrsverbund und               gelungen 63 erlösverantwort-

Ausgabe – 2019
Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits

    liche Partner zusammenzuführen, eine Aufgabe, die viel argumen-          strukturiert und sieht die Doppelbelastung als Training für Reflek-
    tative Überzeugungsarbeit erforderte.                                    tionsfähigkeit und Resilienz. Sie hält es für entscheidend, sich of-
    Bei moBiel ist sie verantwortlich für ca. 100 Mitarbeitende. Die-        fensiv Unterstützung zu organisieren. Sie selbst hat auf „Aupair“
    se sind u. a. tätig im Kundenservice, Vertrieb, Verkehrsplanung,         gesetzt und sich eine große Aupair-Familie aufgebaut. Wichtig zur
    Bauplanung und der Fahr- und Dienstplanung. „Ich habe hier die           Förderung von Frauenkarrieren ist nach ihrer Meinung die gesell-
    Möglichkeit, an verschiedenen Stellschrauben ein Gesamtkonzept           schaftliche Akzeptanz für berufstätige Mütter. „Sich nicht vertei-
    zu entwickeln, das ist für mich außerordentlich reizvoll.“ Der           digen zu müssen, ist die Basis.“
    ÖPNV ist seit Jahren im Umbruch, das ist für sie eine sehr span-         Sie ist überzeugt, dass Frauen Ermutigung brauchen, um ihren
    nende Zeit, um dort mitzugestalten. Mit Hilfe der Digitalisierung        beruflichen Weg zu gehen. Deshalb begrüßt sie das Mentoring-
    werden in Zukunft bessere Kundeninformationen zur Verfügung              programm der Stadtwerke Bielefeld für Frauen mit Aufstiegsam-
    stehen, digitales Einkaufen zur Selbstverständlichkeit und neue          bitionen sehr. Die gesetzliche Quote hält sie für sehr hilfreich,
    Produkte wie Roller Sharing am Markt etabliert. Das Ziel ist, alles      aber nicht ausreichend. Die strukturellen Bedingungen passen für
    über ein Plattforum anzubieten. Aufgabe von moBiel sei es dabei,         Frauen häufig nicht. Dass z. B. Kommunalpolitik hauptsächlich
    die Weichen für die Mobilitätsstrategien der Zukunft gemeinsam           männlich besetzt ist und junge Frauen den Weg dorthin scheuen,
    mit der Politik und den Bielefelder Bürgern zu stellen.                  hänge mit den vielen Abendterminen zusammen, die für Frauen
    Die alleinerziehende Mutter eines 15-jährigen Sohnes ist gut             zusätzlich zu Arbeit und Kindererziehung nicht umsetzbar seien.

                               Prof. Dr. Dr. h.c. Anne Dreier,               Mit einer Agentur für Kommunikations-Strategien im Bereich der
                                  Fachhochschule des                         Druck- und Medienindustrie gründete Anne Dreier 1994 ihr zweites
                                     Mittelstands                            Unternehmen. Seit 2004 ist sie als Hochschullehrerin an der Fach-
                                                                             hochschule des Mittelstands (FHM) tätig. Als Professorin für Medien-
                                          „Man ist nur                       und Kommunikationsmanagement leitete sie von 2004 bis 2012 das
                                           erfolgreich,                      Dekanat des Fachbereichs Medien und verantwortete die Entwick-
                                           wenn man                          lung der Bachelor-Studiengänge Medienwirtschaft, Medienkommu-
                                            das voran-                       nikation & Journalismus sowie Eventmanagement & Entertainment
                                                                             und des Master-Studiengangs Unternehmenskommunikation.
                                            treibt, was                      Sie liebt die Bildungsbranche und ist erst dann zufrieden, wenn
                                            richtig Spaß                     die Studierenden an der FHM sehr gut für die sich ändernden
                                            macht.“                          Anforderungen der Wirtschaft und der Gesellschaft qualifiziert
                                                                             werden und möglichst direkt nach dem Abschluss einen guten Job
                                            Seit Februar 2010 ist Prof.      finden oder ein aufbauendes Studium anschließen. Ihr Ziel ist es,
                                           Dr. Anne Dreier Rektorin der      ein lebendiges und motivierendes Umfeld zu schaffen, in dem sich
                                         Fachhochschule des Mittel-          jede/r entwickeln und seine/ihre individuellen Interessen und
                                      stands in Bielefeld. Die FHM be-       Vorstellungen umsetzen kann.
                                   reitet an neun Standorten und in Zu-      Gleichberechtigung ist Anne Dreier sehr wichtig und eine Leitidee
                               sammenarbeit mit Kooperationspartnern         der FHM, die mit unterschiedlichen Modellen zur Förderung von
                          aus der Wirtschaft über 5.000 Studierende auf      Frauen in Führung und im Studium umgesetzt wird. Entspre-
                 berufliche Fach- und Führungstätigkeiten im In- und         chend hoch ist auch der Frauenanteil an der Hochschule: 57,5 %
    Ausland vor.                                                             der Studierenden sind weiblich; außerdem sind 31 % der Profes-
    Die Themen Medien und Kommunikation, die Verbindung von The-             soren Frauen. Bei den wissenschaftlichen Mitarbeitenden beträgt
    orie und Praxis sowie das Engagement für gesellschaftliche Themen        der Anteil sogar 80 %.
    begleiten die berufliche Biografie der 56-jährigen Sozialwissenschaft-   Ihr Tipp für Frauen, die Karriere machen wollen lautet: „Natürlich
    lerin. Inspiriert von der ökologischen Bewegung in den 80er Jahren       braucht man entsprechende Rahmenbedingen. Außerdem muss
    war sie bereits während ihres Studiums als Mitgesellschafterin und       man sich selbst einbringen, aktiv sein und beharrlich das voran-
    später als Geschäftsführerin eines Großhandels von umweltfreundli-       treiben, was einem wirklich Spaß macht!“ Anne Dreier hält es für
    chem Papier unternehmerisch tätig. Nach verschiedenen Stationen,         wichtig, dass jeder die Verantwortung für sich und sein Umfeld
    unter anderem als Pressereferentin in mittelständischen Unterneh-        übernimmt und seinen eigenen Beitrag leistet, denn „dann wird
    men, schloss sie 1994 ihre Promotion im Fachbereich Sozialwissen-        die Welt jeden Tag ein wenig besser.“
    schaften der Ruhr Universität Bochum ab.

                                                                                                               Mehr Frauen in Führung – so geht´s!
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Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Astrid Drexhage, Weber Data Service IT GmbH                            unserer Mitarbeiter/innen ernst neh-
                                                                       men. Flexible Arbeitszeiten und
„Delegieren ist die ganze Kunst.“                                      Chancengleichheit von Män-
                                                                       nern und Frauen sind kein
Astrid Drexhage ist eine der wenigen Führungsfrauen in der Lo-         Lippenbekenntnis, sondern
gistikbranche. Die 44-Jährige ist gemeinsam mit Mathias Tem-           fester Bestandteil unserer
meyer Geschäftsführerin der Weber Data Service IT GmbH.                Unternehmenskultur.“
Eigentlich hatte die Betriebswirtin keine Ambitionen in das von        Die begeisterte Hobby-
ihrem Vater bereits 1985 gegründete Unternehmen einzusteigen.          reiterin ist überzeugt,
Sie begann nach dem Studium zunächst im Bereich der IT- &              dass Verantwortung ab-
SAP-Beratung bei der KPMG in Frankfurt. Fünf Jahre lang analy-         geben und sich selbst er-
sierte sie Prozesse in Unternehmen und begleitete die Umsetzung        setzbar machen, für eine
komplexer SAP-Projekte. Sie liebte diese Arbeit und das Leben          Führungskraft eine sehr
in Frankfurt, doch ein Anruf des Vaters aus Bielefeld veränderte       wertvolle Eigenschaft ist.
alles. Der mittlerweile neue Eigentümer des ehemals väterlichen        „Erfolgreich bin ich dann,
Betriebs meldete bereits ein Jahr nach der Übernahme Insolvenz         wenn ich meine eigenen
an. „Da muss man doch etwas machen“, lautete die Botschaft.            Maßstäbe erfüllt und alles gege-
Innerhalb von drei Monaten kaufte Astrid Drexhage das Unter-           ben habe. Dass die Sache gut läuft,
nehmen gemeinsam mit zwei langjährigen Mitarbeitern zurück.            bemesse ich an der Zufriedenheit von
Der IT-Dienstleister WEBER DATA Service bietet mit mittlerwei-         Kunden und Mitarbeitern/innen.“
le 39 Mitarbeiter/innen sehr erfolgreich Standardsoftware für          Eine spezifische Karriereförderung für Frauen hält
die Logistikdienstleister an. Diese Branche ist aktuell im Wandel      sie für eine veraltete Vorstellung. Sie glaubt, das Thema werde
durch Herausforderungen der Digitalisierung und des Fachkräf-          sich automatisch nivellieren, weil der Arbeitsmarkt im Wandel ist
temangels. Die Unternehmerin ist sehr glücklich darüber, ihren         und die nachwachsende Frauengeneration hoch qualifiziert und
Beitrag zur Umstrukturierung beizutragen. „Ich habe eine Rie-          selbstbewusst ihren Weg macht.
senchance ergriffen und hatte dank der elterlichen Prägung keine       Ihre Tipps für karriereorientierte junge Frauen lauten: „an sich
Angst vor Entscheidungen und Risiken.“                                 selber glauben, pragmatisch an die Dinge herangehen, tolerant
Astrid Drexhage leistet die Geschäftsführung in Teilzeit. Das          mit sich selbst sein und keine Angst vorm Scheitern haben“.
Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist der Mutter eines
6-jährigen Sohnes nicht nur aus Eigeninteresse wichtig. „Wir
sind ein attraktiver Arbeitgeber, weil wir die Work-Life-Balance

Dr. Britta von Esmarch-Rummler, Miele & Cie. KG                        Leitung der Abteilung Technologieent-
                                                                       wicklung am Standort Bielefeld
„Man muss Ausdauer und vor allem                                       und verantwortet zusätzlich seit
Vertrauen in sich selbst haben“                                        Februar 2017 das Innovati-
                                                                       onsmanagement für den ge-
Dr. Britta von Esmarch-Rummler ist als rheinische Frohnatur vor        samten Geschäftsbereich
rund neun Jahren ins ostwestfälische Bielefeld gekommen. Sie           Miele Professional – in
hat die Stadt als kleine, unterschätzte Perle lieben gelernt, jedoch   Summe umfasst dies vier
vermisst sie vor allem den Karneval und den Rhein. Sie leitet die      Gruppen mit insgesamt
Bereiche Innovationsmanagement und Technologieentwicklung              30 Mitarbeiter/innen.
der Miele & Cie. KG im Geschäftsbereich Professional.                  Das Team des Innova-
Die 41-jährige Diplom-Oecotrophologin befasste sich in Ihrer           tionsmanagements be-
Promotion mit dem Thema „Qualifizierung einer physikalischen           schäftigt sich mit über-
Methode zur Bestimmung der Trocknungsleistung beim maschi-             greifenden Lösungsideen
nellen Geschirrspülen“ welche mit den SEPAWA-Förderpreis „He-          von morgen und erarbeitet
rausragende Promotionsarbeit 2010“ ausgezeichnet wurde.                zielstrebig disruptive Innovati-
Nach der Teilnahme an einem internen Aufstiegsprogramm hat             onen sowie neuartige Geschäfts-
sie bei Miele schnell Karriere gemacht und übernahm 2014 die           modelle für sämtliche Anwendungs-

Ausgabe – 2019
                                                                                                                                           9
Karrieren - Mehr Frauen in Führung - so geht's! - WEGE Bielefeld
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits

     bereiche vom gewerblichen Geschirrspülen, Wäschereitechnik bis       Britta von Esmarch-Rummler ist Marathonläuferin und hat be-
     zur Medizintechnik. Die Basis bildet jeweils eine umfassende         reits 25 Marathonläufe sowie einige Triathlons bestritten. Sie be-
     Kundenanalyse, wo mit Hilfe des Customer Process Monitorings         schreibt sich als wissbegierig, leistungsorientiert und beharrlich.
     optimal die Kundenbedürfnisse identifiziert werden. Parallel         „Man muss Ausdauer und das Vertrauen in sich selbst haben. Je-
     dazu werden die charakteristischen Trends analysiert und ein         doch darf auch nie der Frohsinn fehlen – ich lache viel zu gerne.“
     Zukunftsszenario definiert, anhand dessen neue Handlungsfel-         Sie ist sich sicher, dass ohne Quote der berufliche Aufstieg von
     der bzw. innovative Lösungen abgeleitet werden. Sie liebt diese      Frauen nicht selbstverständlich wird. Ihr liegt die Unterstützung
     Vorgehensweise, mit der akribisch und reproduzierbar das eigent-     von jungen technisch orientierten Frauen sehr am Herzen. Sie
     liche Kundenbedürfnis identifiziert und dann Neues entwickelt        engagiert sich im Rahmen des CrossMentoring OWL. „Der offene
     wird. Das Credo ist: „Wenn wir den Markt umkrempeln wollen,          Austausch und das konstruktive Feedback sind wichtige Tools für
     müssen wir den Kunden besser verstehen. Wir wollen Dinge an-         die Entwicklung der jungen Frauen“. Bei den Mangerinnen OWL
     ders machen – wir wollen Dinge besser machen.“                       findet sie den notwendigen Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe
     Operativ ist sie in diversen nationalen sowie internationalen Ar-    und die Vernetzung über die verschiedenen Branchen. Wichtig
     beitskreisen tätig und vertritt als Vorsitzende des Gremiums DKE/    findet sie auch MINT-Angebote für Mädchen als Gegengewicht
     AK 513.5.4 die nationale Meinung hinsichtlich der Gebrauchs-         zu der gesellschaftlich noch immer vorgesehenen Familienorien-
     tauglichkeit Gewerblicher Geschirrspülmaschinen.                     tierung der Frauen.

                                Antje Fieber,                             Die Digitalisierung führt auch in ihrem Unternehmen zu starken
                                  AGFEO GmbH & Co. KG                     Umwälzungen. AGFEO ist nicht nur Pionier in der digitalen Kom-
                                                                          munikationstechnik – vom papierlosen Büro über elektronische
                                        „Geht nicht,                      Bilanzen bis zum Bewerbermanagement – alles ist digitalisiert.
                                         gibt es nicht.“                  Ihre Einsatzbereitschaft ist durch ihr Streben nach finanzieller
                                                                          Unabhängigkeit motiviert. Wenn man in Deutschland etwas er-
                                              Antje Fieber ist kauf-      reichen will, dann kann man es auch“, ist ihre Überzeugung.
                                               männische Leiterin und     Beruflicher Erfolg bedeutet für sie Zufriedenheit mit der Arbeit
                                               Prokuristin der AGFEO      und positive Resonanz von außen. Mittlerweile geht sie die Arbeit
                                               GmbH & Co. KG. Die         etwas ruhiger an und genießt das Leben mit gutem Essen und
                                               Bielefelder AGFEO mit      Städtereisen.
                                               133 Beschäftigten gehört   Auf Grund der beruflichen und privaten Situation hat sie sich ge-
                                              zu einem der führenden      meinsam mit ihrem Partner gegen Kinder entschieden. „Wenn es
                                             Anbieter von kleinen und     früher Betreuungsmöglichkeiten gegeben hätte, hätte ich auch
                                           mittleren Kommunikations-      Kinder, das ist leider bis heute nicht zufriedenstellend gelöst.“
                                         systemen.                        Die engagierte Personalerin beklagt einen gesellschaftlichen Rück-
                                      Die Diplom Kauffrau mit dem         schritt in Bezug auf die Geschlechterklischees. „Jungen dürfen
                                   Schwerpunkt Steuerrecht hatte          nicht weinen und Mädchen werden darauf vorbereitet, die Fa-
                              bereits ein halbes Jahr vor ihrem Hoch-     milie zu umsorgen. Eine Frau muss dreimal so viel leisten wie ein
                        schulabschluss eine leitende Stellung in einem    Mann, um den gleichen Posten bei geringerem Gehalt zu bezie-
     Ingenieurbüro für Bauwesen und Umwelttechnik. Sie entschied          hen.“ Sie hält Frauen oftmals für die besseren Führungskräfte auf-
     sich gegen eine Beteiligung am Unternehmen und wechselte zum         grund ihrer Empathie und kommunikativen Kompetenz und for-
     Hersteller für Lichtlösungen Zumtobel in Lemgo und bereitete         dert mehr Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen im Unternehmen.
     dort den Börsengang mit vor. Mit hohem zeitlichen Einsatz war        Ihre Ratschläge für aufstiegswillige junge Frauen lauten: „Bildung,
     sie für Quartalsabschlüsse, Audit, Steuerprüfung u. ä. verantwort-   Durchsetzungsvermögen, Ausdauer und ein Job, der Spaß macht,
     lich. Von dort wechselte sie 2007 in die kaufmännische Leitung       das ist das Wichtigste überhaupt. Die Voraussetzungen für Erfolg
     beim Mittelständler AGFEO. Hier obliegt ihr das Controlling, das     sind, belastbar sein, vor Problemen nicht die Augen verschließen
     Rechnungswesen und das Personalwesen. Durch ständige Wei-            und adäquate Lösungen finden.“
     terbildung bleibt die 55-Jährige immer auf dem neuesten Stand.

                                                                                                           Mehr Frauen in Führung – so geht´s!
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Doris Fischer, BST Eltromat International GmbH                           Sie sieht hier viel Potential kreativ und
                                                                         eigenständig den Wandel des Unter-
„Ich gehe gern neue Wege und                                             nehmens mitzugestalten und da-
nehme mein Team auf dem Weg                                              bei ihre Fußstapfen zu hinterlas-
mit.“                                                                    sen. Die sportliche Managerin
                                                                         beschreibt sich als Reformer-
Doris Fischer ist seit Februar 2018 kaufmännische Leiterin und Pro-      typ, sie hinterfragt und ver-
kuristin der BST Eltromat in Bielefeld. Die BST Group ist ein füh-       ändert gerne und ist zufrie-
render Komplettanbieter von Qualitätssicherungssystemen für die          den, wenn sie es geschafft
Fertigungs-Industrie mit 600 Mitarbeitenden weltweit und gehört          hat, „die Dinge auf ein
zur elexis- und SMS-Unternehmensgruppe.                                  anderes Level zu bringen
Die 52-jährige Betriebswirtin startete ihre Karriere nach einer Aus-     und dabei die Menschen
bildung zur Industriekauffrau im Rechnungswesen der Warsteiner           mitzunehmen“. Ihr ist ein
Brauerei, war dann im Controlling und Rechnungswesen der Ben-            kooperativer Führungsstil ge-
teler AG tätig und studierte nebenberuflich Betriebswirtschaft. 1996     paart mit Durchsetzungskraft
wechselte sie in den Gildemeister Konzern und sammelte hier vielfäl-     sehr wichtig. Sie weiß, dass Ver-
tige Erfahrungen in Veränderungsprozessen. Sie übernahm verschie-        änderungen behutsam umgesetzt
dene Leitungsfunktionen im Bereich Controlling/Finanzen mehrerer         werden müssen, „damit die Mitar-
Konzern Gesellschaften und Business Units bis zum Chief Financial        beiter sich respektiert und mitgenommen
Officer für die europäischen Vertriebs- und Servicegesellschaften der    fühlen“. Das Thema Personalentwicklung liegt
DMG Europe Holding GmbH. 2010 wurde sie kaufmännische Leite-             ihr besonders am Herzen. Dazu gehören auch, die Karrier-
rin der Eriks Holding Deutschland und Osteuropa, Teil einer interna-     echancen von Frauen zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Beruf und
tionalen Gruppe technischer Handelsunternehmen. 2015 übernahm            Familie im Unternehmen voran zu bringen, Frauen eine Plattform zu
sie die kaufmännische Leitung der europäischen Gesellschaften des        bieten und dabei traditionelle Karrierepfade zu verlassen.
amerikanischen Verpackungsspezialisten Packsize in Herford.              Ihre Empfehlung an junge karriereorientierte Frauen lautet: „Seid
Bei der BST Eltromat sieht sie ihre Herausforderung darin, das Zu-       sehr gut ausgebildet, mutig und durchsetzungsstark. Man muss sicht-
sammenwachsen der unterschiedlichen Betriebskulturen der ehemals         bar werden, sich engagieren und ein paar zusätzliche Meilen machen.
inhabergeführten Eltromat GmbH mit der BST International GmbH            Wichtig ist dabei ein Partner, der auf Augenhöhe die Karriereabsich-
zu unterstützen, die Prozesse weiter zu optimieren und das Wachs-        ten akzeptiert. Wenn der Partner mitzieht, lassen sich alle Dinge or-
tum der Unternehmensgruppe nachhaltig profitabel voranzutreiben.         ganisieren.“

Simone Grusdas, itelligence AG                                           HGB. Anschließend übernahm sie
                                                                         die Leitung des Finanz- und
„Ich will Spuren hinterlassen statt                                      Rechnungswesens der SMS
Staub.“                                                                  Dataplan GmbH & Co KG in
                                                                         Eschborn. 1999 wechselte
Simone Grusdas ist überzeugt, dass das 21. Jahrhundert das Jahr-         Simone Grusdas zur itelli-
hundert für karriereorientierte Frauen ist. Als internationale Bilanz-   gence AG nach Bielefeld,
buchhalterin ist sie Head of Corporate Finance and Accounting,           für die sie mittlerweile
Vice President und Prokuristin der itelligence AG, die als eines         seit fast 20 Jahren tätig
der erfolgreichsten SAP-Beratungshäuser weltweit mehr als 8.000          ist. Eine lange Zeit, in
Mitarbeitende beschäftigt. Darüber hinaus ist sie Geschäftsführerin      der sie viel erlebt und
der Recruit Company GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der              tiefreichende Erfahrun-
itelligence AG.                                                          gen gesammelt hat. Nicht
Zahlen waren schon in der Schule die Passion von Susanne Grus-           nur, dass die Zahl der Mitar-
das, das ist bis heute so geblieben. Nach ihrer Ausbildung star-         beiter/innen in diesem Zeit-
tete die internationale Bilanzbuchhalterin und Steuerfachgehilfin        raum von 530 auf fast 8.000
ihre Karriere bei der SMS Corporation. Dort leitete sie vier Jah-        gewachsen ist. Darüber hinaus hat
re die Buchhaltung in der Frankfurter Zweigniederlassung und             sie den anspruchsvollen Prozess der
bilanzierte nach amerikanischen Standards (US Gaap) und nach             Börsennotierung begleitet, eine Krise über-

Ausgabe – 2019
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Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits

     standen und das erneute Wachstum des Unternehmens miterlebt:           junge Frauen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen. Für sie als
     „Als der neue Markt 2003 zerbrach, ist unser Aktienkurs plötzlich      sogenanntes Role Model eine Herzensangelegenheit, für die sie
     von rund 30 Euro auf 71 Cent gefallen“, erzählt Simone Grusdas.        sich im Mentoring-Projekt OWL engagiert, wo sie bereits die sieb-
     „Um diese Krise zu meistern, haben wir rund um die Uhr gearbei-        te qualifizierte Frau unter ihre Fittiche genommen hat. Darüber
     tet – das hat uns alle sehr eng zusammengeschweißt.“                   hinaus ist sie im Netzwerk der Managerinnen OWL aktiv.
     Das Arbeitsleben der 52-Jährigen ist von Disziplin, Selbstreflektion   Simones Grusdas Tipp an junge Frauen: „Ihr müsst Karriere wirk-
     und dem absoluten Willen, etwas zu erreichen, geprägt. Simone          lich wollen und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Ho-
     Grusdas möchte Spuren hinterlassen statt Staub – ein Motto, das        hes Expertenwissen in Kombination mit der Bereitschaft sich zu
     sie für männliche Kollegen und Geschäftspartner mitunter zu ei-        positionieren und immer wieder zu hinterfragen – das führt zum
     ner unbequemen Gegnerin macht: „Meine Direktheit und mein              Erfolg.“ Gleichwohl ist sie überzeugt, dass eine Quotenregelung
     Hang zur Professionalität und Perfektion haben den ein oder an-        notwendig ist, damit Frauen strukturell gleiche Chancen erhalten.
     deren schon in die Defensive gebracht.“ Sie ist überzeugt, dass        Wie bei der itelligence AG, die als japanisches Tochterunterneh-
     Frauen mit Macht weniger selbstverliebt sein sollten. Sie sollten      mens aktuell einen Anteil vorgibt, was dort auch neue Impulse für
     ihre Position nutzen, um als Netzwerkerinnen zu agieren und            die Förderung qualifizierter Frauen gibt.

                               Britta Herbst, Pioneers Club                 Die 31-Jährige ist das Herz und die treibende Kraft dieser Com-
                                                                            munity von digitalen Talenten in OWL. Sie ist überzeugt, dass die
                                     „Wenn man                              Angebote des vierköpfigen Teams im Pioneers Club nicht nur den
                                      liebt, was man                        Startups, den Unternehmen und ihren jungen Talenten helfen,
                                        tut, macht                          sondern auch den Standort Bielefeld attraktiver machen.
                                         man es auch                        Die Bielefelderin ist stolz, Teil einer Entwicklung zu sein, die das
                                                                            lokale Potential des digitalen Wandels fördert. Als Format für Wis-
                                          gut.“                             senstransfer wurde das Digital Gym entwickelt, ein interaktives
                                                                            Trainingskonzept, mit dem die Teilnehmer/innen agile Arbeits-
                                                Zu sehen, wie echte Er-     methoden und den Umgang mit neuen Kundenanforderungen
                                                folgsteams entstehen und    und intensiviertem Wettbewerbsdruck lernen. „Wir brechen
                                               ihre Mitarbeiterzahlen       konservative Strukturen auf und schaffen neue Arbeitsformen
                                              in nur 1,5 Jahren verdrei-    weg vom Konkurrenzdenken hin zu einer „voneinander Lernen
                                             fachen ist großartig, sagt     Mentalität“. Die Menschen lernen ein Denken „outside the box“,
                                            Britta Herbst, die junge Un-    damit verändern wir nachhaltig die Kultur in den Unternehmen“.
                                          ternehmen dabei unterstützt,      Voller Ideen und Empathie, zugleich strukturiert und gelassen
                                        indem sie mit dem Pioneers Club     steuert Britta Herbst diese anspruchsvollen Aufgaben. Bei ihr
                                     die passenden Strukturen schafft.      gehen Arbeit und privates Engagement nahtlos ineinander über.
                                  Mitten in der Bielefelder Altstadt ist    Die zweifache Mutter organisiert ein ’Family Network‘ für die
                            weit mehr als ein reiner Coworking Space        Mitglieder des Pioneers Clubs mit Kindern: hier werden Eltern
                  entstanden. In der Innovationschmiede treffen mittel-     über digitale Themen ins Gespräch gebracht und Kinder lernen
     ständische Unternehmen auf Startups und Kreative, um gemeinsam         spielerisch den Umgang mit Computern und das Programmieren.
     neue Geschäftsideen zu entwickeln, neue Arbeitsformen zu erpro-        In ihrer Freizeit organisiert sie weitere digitale Projekte. Sie
     ben und Synergien zu nutzen. Britta Herbst hat ihre 10-jährige Ver-    hat eine Kinderbuch-App geschrieben und war kürzlich an der
     triebs- und Marketingerfahrung aus der Immobilienbranche, ihre         Entwicklung einer Kopfhörermarke für Frauen beteiligt, „Hear
     Leidenschaft für das Vernetzen von Menschen und ihr Interesse          hër – Frauen Gehör verschaffen“, die einen Teil des Erlöses an
     für Innovation zusammengebracht, um den Club aufzubauen. Der           UN-Women weiterleitet. Sie ist überzeugt, dass die Förderung
     Pioneers Club ist die Plattform für Talente in Ostwestfalen mit der    von Frauen auf die Agenda von Wirtschaft und Politik gehört.
     Vision zur Gestaltung einer vernetzenden Zukunft, um die Wettbe-       Sie ermuntert junge Frauen mit offenen Augen durchs Leben zu
     werbsfähigkeit der Region zu sichern.                                  gehen und mit Mut die Chancen zu ergreifen, die sich bieten.

                                                                                                              Mehr Frauen in Führung – so geht´s!
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Bettina Kraemer, Schüco International KG                               steht bei Schüco im Mittelpunkt. Des-
                                                                       halb tun wir viel, damit sich alle Be-
„Offen sein für Veränderungen ist                                      schäftigten langfristig entwickeln
das Grundprinzip.“                                                     können, sich wohl fühlen und
                                                                       Spaß an der Arbeit haben.“
Bettina Kraemer führt das Leben einer modernen Nomadin. Die            Schüco versucht den Aus-
61-Jährige leitet den Personalbereich der Schüco International KG      gleich zwischen Beruf
und ist zwischen den Unternehmensstandorten in ganz Deutsch-           und Privatleben der Mit-
land unterwegs. Auch privat pendelt sie zwischen ihren Wohnsit-        arbeitenden mit flexib-
zen in Bielefeld und Bonn hin und her.                                 len Arbeitszeitmodellen,
Internationalität und Wandlungsfähigkeit prägen ihre gesamte beruf-    Kinderbetreuungsange-
liche Karriere. Nach dem Studium der angewandten Sprachwissen-         boten, betrieblicher Ge-
schaften mit den Schwerpunkten Spanisch und Französisch arbeite-       sundheitsförderung und
te Bettina Kraemer in den Bereichen Kultur, Presse und Tourismus       qualifizierten     Weiterbil-
in der bolivianischen Botschaft in Bonn. Anschließend sammelte sie     dungsprogrammen zu unter-
erste Erfahrungen im Personalbereich bei einem Automobilzuliefe-       stützen.
rer in Brühl. Hautnah erlebte sie den Aufbau Ost in Berlin als Mit-    Bettina Kraemer ist keine Freun-
arbeiterin der EFBE Management KG, die im Auftrag der Treuhand         din der Quote, sieht aber die Not-
an der Sanierung von Unternehmen in den Neuen Bundesländern            wenigkeit die Karrierechancen von
beteiligt war. Von dort wechselte sie in die Leitung des Personalbe-   Frauen zu fördern. Sie glaubt, dass Frauen
reichs für Europa der CEAG-Gruppe der Cooper Industries Inc..          dazu neigen, alles auf sich zu beziehen und zu sehr
Seit 2001 steht sie für die Entwicklung des Personalbereichs der       ihre Schwächen hinterfragen. „Das können Frauen sich abtrainie-
SCHÜCO KG, die mit 5.336 Mitarbeiter/innen in 80 Ländern mit           ren“ ist sie überzeugt. „Wichtig ist es den Frauen die Möglichkeit
Produkten und Services rund um die Gebäudehülle aktiv ist. Die         zu geben einfach zu machen,“ deshalb wird explizit nach geeig-
Sprachwissenschaftlerin liebt die unterschiedlichen Menschen, Kul-     neten Kandidatinnen für neu zu besetzende Positionen gesucht.
turen, Sprachen, Typen, die ihren beruflichen Alltag begleiten.        Das Unternehmen bereitet talentierte weibliche High Potentials
Bis heute ist sie begeistert von der großen Gestaltungs- und Ent-      auf die Herausforderung im Top-Management vor und bietet aus-
scheidungsfreiheit ihrer beruflichen Position. Der Personalbereich     gewählten Mitarbeiterinnen die Teilnahme am internationalen
ist im Umbruch: unter den Stichworten agile Führung und flache         Mentoringprogramm Anna & Cie an.
Hierarchien ist der Wandel der Unternehmenskultur für die unge-        Ihr Rezept für Erfolg lautet: man muss ihn wollen, Disziplin haben
duldige Gestalterin eine spannende Herausforderung. „Der Mensch        und sich einlassen und die Lebensfreude dabei nicht vergessen.

Prof. Dipl.Ing. Bettina Mons,                                          Architekturbüros in Hamburg Projek-
Fachhochschule Bielefeld, Campus Minden                                te geplant, dazu gehörten das Büro
                                                                       von Gerkan, Marg und Partner
„Frauen in technischen Berufen                                         und die Architekten Hentrich,
brauchen Leitbilder“                                                   Petschnigg und Partner mit
                                                                       Sitz in Hamburg und Berlin.
Bettina Mons liebt die Arbeit in interdisziplinären Kooperations-      Zu ihren Forschungs- und
projekten mit anderen Fachbereichen und externen Partnern wie          Arbeitsschwerpunkten
z. B. der Wohnungswirtschaft. Seit März 2001 ist sie Professorin       am Campus in Minden
an der Fachhochschule Bielefeld am Campus Minden. Die 54-Jäh-          gehören die Lehre in den
rige vertritt das Lehrgebiet Architektur, Planungstheorie und Pro-     Bachelor Studiengängen
jektsteuerung unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der          Architektur, Projektma-
Frau im Baubetrieb und Handwerk.                                       nagement Bau und dem
Nach einer Ausbildung als Bauzeichnerin in Detmold absolvierte sie     Masterstudiengang Integra-
von 1985–1992 das Architekturstudium an der RWTH Aachen und            les Bauen in den Bereichen
der ETH Zürich. Schon während des Studiums war sie freiberuflich in    Planungs- und Baumanage-
verschiedenen Architekturbüros, u. a. bei gmp Architekten in Aachen    ment, Projektsteuerung, Projekt-
und Hamburg sowie bei Suter+Suter Architekten in Zürich tätig.         entwicklung und Entwerfen. Die
Nach dem Studium hat Bettina Mons fast zehn Jahre lang in großen       Umstellung auf die Bachelor/Master-Stu-

Ausgabe – 2019
                                                                                                                                            13
Am wichtigsten ist Souveränität – Portraits

     diengänge und die damit verbundene Weiterentwicklung von Curri-            Arbeitskreis ‚Stadtentwicklung‘ in der Kooperationsinitiative ‚Bielefeld
     cula empfindet sie als spannende Herausforderung. Ein besonderes be-       2000plus‘. Die Mutter zweier Söhne sieht zunehmend viele Studentin-
     rufliches Highlight war für sie die nutzerseitige Projektleitung für das   nen im Bauwesen, die sich stark mit den Berufsfeldern im Bauwesen
     Neubauvorhaben der Fachhochschule Bielefeld. Seit 2008 war sie für         identifizieren und Einfluss nehmen wollen. Immer mehr Frauen machen
     die Belange der Hochschule bei der Entwicklung des gesamten Hoch-          u. a. als Bauleiterinnen einen sehr guten Job oder sind Geschäftsführe-
     schulcampus verantwortlich. „Es war uns ganz wichtig eine Hoch-            rin in Architekturbüros oder in Berufsverbänden. Sie ist überzeugt, dass
     schule zu schaffen, deren Offenheit und Transparenz sich im Gebäude        die Frauen erfolgreich sein können, wenn sie sich klar positionieren,
     wiederspiegeln. Es ist eine Plattform für Kommunika­tion entstanden,       Eigenmarketing betreiben und auch mal nein sagen können zu zeitfres-
     die unterschiedliche Fachbereiche bündelt und für Beschäftigte und         senden Aufgaben, die sie inhaltlich nicht wirklich weiterbringen.
     Studierende eine angenehme und inspirierende Atmosphäre bietet.            Sie bedauert, dass es noch zu wenig Leitbilder für junge Frauen in
     Das ist uns gemeinsam mit allen Projektbeteiligten wirklich gelungen.“     technischen Berufen gibt und dass die männlichen Netzwerke häufig
     Die engagierte Netzwerkerin steht für den Transfer zwischen Hoch-          besser funktionieren und rät zu einer ausgewogenen Mischung von
     schule, Wirtschaft und Öffentlichkeit und die Kooperation mit außer-       Netzwerkerinnen und Netzwerkern, erst dann wird bei Einstellun-
     universitären Einrichtungen. Sie ist Mitglied der Architektenkammer        gen und Aufgabenverteilungen auch in Führungspositionen allein die
     Nordrhein-Westfalen, dem Bund Deutscher Architekten und leitet den         Qualifikation und nicht das Geschlecht entscheiden.

                                   Solveig Münstermann,                         stellvertretende Leiterin des WDR-Studios in Essen. Sie ist eine
                                     WDR Studio Bielefeld                       Powerfrau und liebt es, sich in kleinen Teams gegenseitig voran
                                                                                zu bringen.
                                            „Ich habe                           In Ostwestfalen-Lippe kennt die bekennende Rheinländerin mitt-
                                             immer die                          lerweile die Strukturen bestens und konnte sich ein tragfähiges
                                              Bereitschaft,                     Netzwerk aufbauen. Ihr imponiert das stark vernetzte Unter-
                                              mir erst mal                      nehmertum mit der familiengeprägten Tradition. In ihrer Hei-
                                                                                matstadt Aachen ist sie noch immer verwurzelt. Ihr Ehemann
                                               alles neutral                    arbeitet dort als Zeitungsjournalist und Gastronom. Gemeinsam
                                               anzu­sehen!“                     mit ihm hat sie vor Jahrzehnten Szenekneipen in Aachen eröff-
                                                                                net. Sohn und Schwiegertochter, Arzt und Psychologin, leben
                                                 „Ich will mitten drin sein,    ebenfalls in Aachen und erwarten Ende Mai ihr zweites Kind.
                                                genau hinsehen, recher-         Nach ihrer Berentung bleibt Solveig Münstermann der Region als
                                              chieren: ich finde Menschen       Moderatorin erhalten.
                                             spannend, mich interessiert        Nahbar, offen für alle Probleme, entscheidungs­freudig, hart in der
                                           deren Geschichte.“ Dieses Jagd-      Sache, so kennen sie Mitarbeiter/innen und Kollegen/innen. Sie
                                        fieber hat sie auch nach 40 Jahren      ist immer bereit für Auseinandersetzungen, auch mit sich selbst,
                                    Journalismus nicht verlassen. Solveig       „man wird ja weise im Alter“.
                                Münstermann leitet das Studio Bielefeld         Das Thema Karrierechancen von Frauen in den Medien sieht
                          des WDR seit November 2012.                           Solveig Münstermann differenziert. Frauen nehmen zunehmend
     Die Geisteswissenschaftlerin mit den Fächern Germanistik, Philo-           verantwortungsvolle Positionen ein, leider nicht durchgängig in
     sophie und Kunstgeschichte absolvierte nach ihrem Studium ein              allen Bereichen. Beim WDR ist die Situation für weibliche Füh-
     Volontariat bei einem Zeitungsverlag. Fünf Jahre lang war sie an-          rungskräfte erfreulich, ihr Anteil liegt bei 36,2% Solveig Münster-
     schließend als Redakteurin bei den „Aachener Nachrichten“ tätig,           mann steht für die Frauenquote ein, trommelt aber nicht dafür.
     u. a. als Gerichtsreporterin. Seit 1989 arbeitet die heute 65-Jähri-       „Ich bemühe mich meinen Beitrag zu leisten und unterstütze
     ge beim Westdeutschen Rundfunk. 2001 wurde sie Hörfunkleite-               junge Führungsfrauen. Sie ist beteiligt am Mentoringprogramm
     rin im WDR-Studio Aachen. Es folgten viele Sondereinsätze und              „Mit Frauen in Führung“ des Kölner Bündnisses und hat auch das
     Vertretungen im Studio Paris. Sie war die erste, die aus einem             Programm Kompetenz im Management (KIM) des Familienminis-
     Regionalstudio die Auslandsvertretung übernehmen durfte. Ob                teriums NRW während ihrer Zeit in Essen mit viel Freude unter-
     der Doping-Skandal der Tour de France 1998 oder der Concor-                stützt. „Wenn Frau angstfrei und immer auf Augenhöhe agiert,
     de-Absturz im Jahr 2000, hautnah begleitete sie diese Ereignisse           wird ihr vieles zugetraut und sie kann ihre Chancen nutzen“, ist
     medial. 2006 wechselte sie vom Rheinland ins Ruhrgebiet – als              sie überzeugt.

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