Notabene - Reformierte Kirche Kanton Zürich
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notabene Nr 1 / Februar 2019 Zeitschrift für die Mitarbeitenden der Zürcher Landeskirche Was es braucht, Paarberatung und Mediation / damit die Liebe hält Seite 12 Seite 4 10 000 Briefe und eine Bibel Bitte einmischen! Wie Zürich die Reformation in die Welt Beatrice Müller, Ex-Tagesschau-Frau hinaustrug plädiert für eine Kirche, die mitredet
Editorial / Inhaltsverzeichnis Liebe Leserin, lieber Leser Die Kirche gilt nicht gerade als erste Ad- grosse Dienste leistet, wenn es darum Aktuell resse für Fragen zur Sexualität, ge- geht, Paare in Beziehungsfragen zu be- schweige denn für Tipps zu knisternder raten und zu unterstützen. Die Fachstel- Nachrichten Erotik. Jahrhundertelang wurden viele len der «Paarberatung und Mediation 3–8 ihrer Vertreter nicht müde, alles Körper- im Kanton Zürich» wurden von der re- liche hauptsächlich zu verteufeln und formierten und der katholischen Kirche Nachgefragt Sexualität höchstens als Fortpflanzungs- in den 1950er Jahren ins Leben gerufen Beatrice Müller, wo ist die mechanismus verschämt in den und leisten bis heute fachlich qualifi- Stimme der Kirche gefragt? Schranken der Ehe zuzulassen. Diese ri- zierte und geschätzte Arbeit. (Lesen Sie 4 giede Haltung ist zwar mittlerweile passé dazu den Artikel ab Seite 10.) und die Moralkeule Ihre kirchliche Best of «diesseits.ch» beiseitegelegt. Trägerschaft hän- Darf die Kirche politisieren? Gleichwohl tut gen die Beratungs- sich die Kirche nicht «Heisse Tipps fürs stellen nicht an die 5 leicht, das Thema, Beziehungsleben.» grosse Glocke – und Schwerpunkte das in der Gesell- betonen dafür stär- Teilrevision Kirchenordnung: schaft omnipräsent ker ihre Fachkom- ist, aus ihrer Sicht offen aufzugreifen. petenz und ihre Offenheit für alle Ratsu- So wird sie umgesetzt Im letzten Herbst hat sich immerhin chenden, unabhängig von religiöser 9 die Frauenkonferenz des SEK an das Herkunft, sexueller Orientierung und Paarberatung: Wir müssen Thema gewagt und gefragt, wie man gelebter Beziehungsform. reden – aber nicht nur heute über Sexualität reden, welche Bei- Dass Paare das Know-how der Bezie- 10 – 11 träge die Theologie leisten kann und ob hungsprofis nicht nur im Krisenfall be- Wie Zürich die Reformation auch in der Bibel Anknüpfungspunkte anspruchen dürfen, sondern auch heisse zu finden sind, um Sexualität als Ge- Tipps für mehr «Qualitätszeit» unter der zum Exportschlager machte schenk wertschätzen und geniesssen zu Bettdecke beziehen können, streichen 12 – 14 dürfen. Die Antworten darauf waren die Fachstellen derzeit mit einer witzi- Jenseits der vielschichtig und unverkrampft. gen Kampagne heraus. Das ist kein billi- Pilgerautobahnen Übrigens: Ziemlich keck und direkt ger Marketingtrick, sondern spiegelt 15 hört man derzeit im Zwingli-Film auch eine Haltung, die kirchlich getragene den Reformator über die «Brunst» refe- Paarberatung nicht nur problemfixiert Rubriken rieren, als er sich vor 500 Jahren daran versteht – sondern auch die lustvollen Themen und Termine machte, den Zölibat abzuschaffen... Seiten des Beziehungslebens zu benen- 16 – 18 Also ist und war die Kirche doch nicht nen und unverschämt zu schätzen weiss. immer so verklemmt, wie man gemein- Porträt: Ostsee-Mission 19 hin annimmt. So oder so darf man der Christian Schenk Kirche anrechnen, dass sie seit langem Redaktor «notabene» Impressum / Cartoon 20 2 notabene 1 / 2019
Karl-Barth-Jahr 2019 / Gedenken an den Foto: © epd-bild / Hans Lachmann Popstar der Theologie sch. Vor 100 Jahren sorgte der Schweizer fältigen Aktionen an den Theologen. Pfarrer Karl Barth (1886 – 1968) mit ei- Christiane Tietz, Professorin für sys- nem Kommentar zum Römerbrief in der tematische Theologie an der Universität theologischen Fachwelt für Furore. Er- Zürich und Barth-Biografin, bringt das schüttert durch das Grauen des Ersten Bahnbrechende von Barths Theologie Weltkriegs und die Billigung des Kriegs- auf den Punkt: «Wer von Gott etwas er- Mehr Barth treibens durch die Kirche, wandte er sich fahren will, kann nicht vom Menschen • Ausstellung: Der Reformierte ab von der Theologie seiner Zeit. Später ausgehen.» Gott sei der ganz Andere, Bund in Deutschland stellt Arbeits- positionierte er sich als Theologieprofes- erklärte Tietz Barths Ansatz in einem materialien bereit. Darunter eine Wanderausstellung für Kirchge- sor in Bonn gegen Hitler und wurde als Interview auf SRF, «so anders, dass wir meinden: www.karl-barth-jahr.eu Mitbegründer der Bekennenden Kirche als Menschen eigentlich nicht über Gott Die Ausstellung wird vom 27. Mai aus Deutschland ausgewiesen. sprechen können». bis zum 7. Juni am Hirschengraben Dank seinem Widerstand gegen die Die Aufgabe der Theologie ist es aller- 50 in Zürich zu sehen sein. Naziideologie, die auch die Kirchen jener dings, über Gott zu sprechen. Diese • Biografie: Christiane Tietz: «Karl Barth. Ein Leben im Widerspruch». Zeit zu vereinnahmen suchte, erlangte Spannung sei wichtig, damit man sich C.H. Beck, 2018. 538 Seiten, Fr. Barth Anerkennung weit über theologi- als Theologe und Theologin nicht dazu 48.90. Die Autorin kann für Refera- sche Fachkreise hinaus. Der fortan an der versteigt, Gott in einen Satz zwischen te angefragt werden. Kontakt: Universität Basel lehrende Theologe zwei Punkte zu fassen.Tietz zeichnet in christiane.tietz@theol.uzh.ch wurde in der Nachkriegszeit so bekannt, der Biografie auch das von Brüchen ge- • Barth auf der Bühne: Michael dass er auf das Cover der Magazine zeichnete Beziehungsleben des promi- Schwyter, bekannt vom Zwingli- Puppentheater, bringt neu auch «Spiegel» und «Time» gesetzt wurde. nenten Pfarrers und Vaters von fünf Karl Barth zum Sprechen. Er kann 2019 erinnern die evangelischen Kirchen Kindern nach. für Veranstaltungen angefragt in Deutschland und der Schweiz mit viel- werden: schwyter@gmx.de Stadt Zürich / Gemeindeleben ermöglichen in der Grossstadt sch. «Herzlich willkommen in der neuen stellen. Sie sei zuversichtlich, dass die Foto: zVg Kichgemeinde Zürich Kirchgemeinde Zürich»: Mit diesem Kirchgemeinde ein intensives Gemein- Slogan auf Plakaten und mit Flaggen deleben ermögliche und effizient und auf den Kirchen hat die neu formierte kostengünstiger jene Leistungen erbrin- Kirchgemeinde der Stadt Zürich ihren gen werde, die die Mitglieder von ihr er- Start und das Zusammenkommen von warten und brauchen. Kirchenratspräsi- rund 80 000 reformierten Kirchenmit- dent Michel Müller drückte im Namen gliedern im Januar gefeiert. Persönlich- des Kirchenrates seine Dankbarkeit aus: keiten aus Politik und Kirche gratulier- «Zürich nimmt Verantwortung wahr für ten den Verantwortlichen für den Mut, sich selber und als grösste Kirchge- den Reformwillen und die Umsetzung meinde mit knapp einem Fünftel Anteil des Vereinigungsprozesses, der nach der an den Mitgliedern der Landeskirche Zustimmung der Stimmbevölkerung an auch für diese. Dafür brauche es Mitar- die Hand genommen wurde. beitende, die ihr Berufsleben oder ihre Regierungsrätin Jacqueline Fehr sagte, Freizeit einsetzten.» Zu den Gratulan- der neue Rahmen biete die Chance, auf ten gehörten auch SEK-Ratspräsident die Bedürfnisse eines urbanen Umfelds Gottfried Locher und Franziska Drie- optimal einzugehen und die Kirche in ssen-Reding, Präsidentin des Synodal- der Gesellschaft noch besser zu profilie- rats der Katholischen Kirche im Kanton ren. Stadtpräsidentin Corine Mauch Zürich. Plakataktion in der Innenstadt: Willkommen in kommentierte, es liege in der DNA der der grösste Kirchgemeinde der Schweiz. Reformierten, Überliefertes in Frage zu Mehr lesen auf: www.reformiert-zuerich.ch notabene 1 / 2019 3
Nachgefragt / Wo ist die Stimme Foto: www.beatricemueller.com der Kirche gefragt? rod. Beatrice Müller war von 1997 bis 2013 das Gesicht der Schweizer Tages- schau. Heute wirkt sie als selbständige Unternehmensberaterin und aktuell als «Seid lauter, seid aktueller, seid pointierter»: Beatrice Müller. Moderatorin an dern Kappeler Kirchen- tagung. Wie beurteilt sie den medialen Auftritt der Landeskirche? Wie beurteilen Sie als Kommunikati- Ungerechtigkeiten medienwirksam an- onsexpertin das mediale Auftreten der prangert. Die Kirche gibt sich oft etwas Wie haben Sie damals beim Schweizer Landeskirche? allzu vornehm, vielleicht auch zu intel- Fernsehen die Landeskirche wahrge- Für mich ist die Landeskirche zu wenig lektuell, vielleicht auch zu abgehoben. nommen, etwa Pfarrer Sieber? präsent. Das liegt daran, dass sie sich zu Seid lauter, seid aktueller, seid pointier- Über Persönlichkeiten wie Ernst Sieber aktuellen Fragen zu leise äussert. Die ter! Ich bin mir bewusst, dass das in ei- und sein soziales Engagement hat das Kirche könnte durchaus etwas frecher ner demokratischen Institution auch Schweizer Fernsehen oft berichtet. Sein auftreten und vermehrt klar Position zu Probleme bringt. Trotzdem: Steht medi- Wirken hat indirekt auch das Engage- brennenden aktuellen Fragen beziehen enwirksam auf und habt eine Meinung. ment der Kirche sichtbar gemacht. Pfar- – auf die Gefahr hin, dass diese Positio- Es geht längst nicht mehr nur um «Reli- rer Sieber hat Menschen am Rande der nen von einigen dann eben nicht gou- gion». Die Kirche sollte im gesellschaft- Gesellschaft eine Sprache gegeben. Mit tiert werden. Die Kirche sollte meiner lichen Diskurs mehr in Erscheinung tre- seinen Projekten hat er auf Themen auf- Meinung nach aktiv die aktuellen gesell- ten. Sich zu aktuellen Themen, die die merksam gemacht, die im öffentlichen schaftlichen Prozesse mitgestalten. Sie Menschen heute beschäftigen, äussern. Diskurs oft wenig Beachtung finden. sollte wieder zu einer «Stimme» werden, Es nützt nichts, wenn man nur im Elfen- die eine Meinung vertritt und sich bei all beinturm gescheite Ideen austauscht. Welchen Bezug zur Kirche haben Sie den drängenden gesellschaftlichen Her- Kirche muss sich mit allen Facetten des persönlich? ausforderungen hörbar einmischt. Nur täglichen Lebens konfrontieren. Sie Ich bin keine grosse Kirchgängerin und so wird sie als Gesprächspartnerin auch muss mitdenken, mitreden, mitstreiten. auch nicht «gläubig» im klassischen wieder wahrgenommen. Dazu bräuchte es mehr Menschen, die Sinn, habe aber als Zwinglianerin ein sich öffentlich zeigen und zu schwieri- durchaus positives Verhältnis zur refor- Wie kann die Kirche zu dieser Stimme gen Themen klar und deutlich eine Mei- mierten Kirche und anerkenne ihre gro- werden, die sich Gehör verschafft? nung vertreten, eben «Flagge zeigen»! ssen Leistungen. Ich bin der Ansicht, Wer immer nur in Grautönen redet, dass die Kirche als Institution auch wird eben nicht wahrgenommen. Viel- Gesellschaftliche Relevanz der Kirche: heute noch eine gesellschaftlich wichtige leicht sollte die Kirche sich ein Beispiel Thema an der diesjährigen Kappeler Aufgabe zu erfüllen hat. an Amnesty International nehmen, die Kirchentagung: zhref.ch/kirchentagung DFA sucht Freiwilllige / Mentoring für Erwerbslose rod. Persönliche Unterstützung bei der derten Qualität und Quantität und sol- analysieren Inserate, setzen Bewer- Stellensuche: Die von der reformierten len dadurch beitragen, eine passende bungsschreiben auf und übermitteln Landeskirche und der Katholischen Anstellung zu finden. Die Stellensu- diese per Mail oder online. Interessierte Körperschaft gemeinsam getragene chenden profitieren von der Erfahrung, sollen Grundkompetenzen mitbringen, Kirchliche Fachstelle bei Arbeitslosig- der Fachkenntnis und vom beruflichen etwa gute PC-Anwenderkenntnisse, gu- keit DFA lanciert ein neues Angebot für Netzwerk ihres Mentors. tes Deutsch, respektvollen Umgang mit Klientinnen und Klienten, die bei ihrer Die DFA sucht nun freiwillige Mento- Stellensuchenden und Offenheit für Suche nach einem neuen Job auf Hilfe rinnen und Mentoren, die bereit sind, Menschen unterschiedlicher Milieus. angewiesen sind. Neu erhalten Interes- während mindestens drei Monaten ihrer Die Mentorinnen und Mentoren werden sierte dafür eine freiwillige persönliche Klientin, ihrem Klienten wöchentlich eingeführt und kontinuierlich begleitet. Mentorin oder einen Mentor. Diese ge- die geforderte Hilfe zu leisten. Sie wäh- währleisten Bewerbungen in der gefor- len passende Stellenausschreibungen, fw-koordination@dfa.ch., 044 298 60 94 4 notabene 1 / 2019
Leserbriefe / Erste Best of Blog / Pfarrerinnen Eintauchen auf diesseits.ch hoch geachtet «notabene» 8/2018 und 9/2018: Politikverbot für Kirchen? 100 Jahre Frauenordination Die beiden Leserbriefe haben Recht: Die Stephan Jütte, Leiter Hochschulforum christlichen Glaubens auf die ganze berufliche Situation der Zürcher Theo- Gerhard Pfister hat diese Lust anzu- Existenz der Gläubigen. Mit dem christ- loginnen vor dem neuen Kirchengesetz ecken, zu provozieren und damit Dis- lichen Glauben ist das so eine Sache. von 1963 wurde viel zu negativ darge- kussionen in Gang zu bringen, die ihm Man kann als Gläubiger und als religiös stellt. Gewiss: Rosa Gutknecht wurde vielleicht wichtiger sind als seine eigene Unmusikalischer ganz wunderbar über 1919 als «Hülfskraft der Herren Geistli- Haltung zu den jeweiligen Fragen. Er religiöse, ethische oder kulturelle Fragen chen» von der Kirchenpflege Gross- versteht das C im Parteinamen als Be- streiten und sprechen, ohne dass man münster angestellt. Aber seit Beginn kenntnis zur christlich geprägten Tradi- sich zwangsläufig missversteht. Man predigte sie regelmässig wie ihre Freun- tion. Nicht mehr, aber auch nicht weni- spricht dann über etwas. Das ist aber din Elise Pfister in der Kirchgemeinde ger. nicht dasselbe wie Neumünster und vollzog Taufen, Hoch- Was dieses «nicht aus dem Glauben zeiten oder Beerdigungen. Faktisch am- mehr» bedeutet, heraus zu sprechen. teten die beiden wie die späteren Kolle- wissen wir spätes- «Der liberale Aus dem Glauben ginnen Marianne Kappeler, Gertrud tens seit Anfang Rechtsstaat heraus zu sprechen, Epprecht, Elsy Weber und Rosmarie Januar. Da hat meint nicht von ei- Bruppacher auf einer gemeindeeigenen Pfister die Kirchen begründet nämlich ner bestimmten Pfarrstelle. für die Einmi- keine Werte.» Wahrheit zu zehren, Rosa Gutknecht bezeichnete Elise schung in die Poli- die bloss einem er- Pfister im Nachruf als «weiblichen Pfar- tik kritisiert. Die leuchteten Kreis of- rer unter dem Namen Pfarrhelferin», darin fehlende Trennung von Kirche fen steht. Aus dem Glauben heraus zu und sich und ihre Kolleginnen sah sie als und Politik sei ein tiefer Rückfall ins sprechen, meint in einem gewissen Sinne «Frauen im Pfarramt». Diese wurden Mittelalter. Man könnte Pfister nun bös- selbst die Frage zu sein, die verhandelt von den Gemeindegliedern liebevoll und artig unterstellen, dass der kirchliche wird. Hier zu schweigen, hiesse nicht mit Ehrfurcht «Fräulein Pfarrer» ge- Widerstand gegen die Lockerung von bloss, eine Meinung für sich zu behalten, nannt und waren hoch geschätzt. Ausser Waffenausfuhrbestimmungen, gegen sondern sich selbst, was einen ausmacht, gewissen Pfarrherren, Kirchenpflegern den Abbau der Sozialhilfe oder die nicht ausdrücken zu dürfen. Das kann oder Kirchenräten sprach niemand den breite Unterstützung für die Konzern- der liberale Rechtsstaat aber auch um Theologinnen das Pfarrerinnen-Sein ab. verantwortungsinitiative einfach zu viel seiner selbst willen nicht wollen. Seit 1919 sind also bei den Schweizer waren. Dass es reines politisches Kalkül Der liberale Rechtsstaat begründet Reformierten Pfarrerinnen tätig – ist, das diesen Mann antreibt. Dass der nämlich keine Werte. Er ist von Werten gleichwertig, mit strukturellen Diskri- CVP-Präsident für seine Tagesgeschäfte abhängig, die er selbst nicht erzeugen minierungen, aber noch nicht gleichge- das C zu opfern bereit sei. Aber das wäre kann und es als liberaler Rechtsstaat auch stellt. Die rechtliche Gleichstellung nicht nur bösartig, sondern falsch. gar nicht soll. Freilich: Auch eine Religi- erfolgte in der Zürcher Landeskirche Besonders stört es ihn, wenn Kirchen onsgemeinschaft kann das nicht. Das erst 1963. oder Kirchenvertreter «aus einem theo- kann nur der gesellschaftliche Umgang Peter Aerne, Autor eine Doppelbiografie logisch motivierten Anspruch so tun, als mit Religionen, Ideologien, Wertvorstel- über Rosa Gutknecht und Elise Pfister hätten sie deshalb einen höheren Wahr- lungen leisten, für die der Rechtsstaat ei- heitsanspruch – oder wenn man christ- nen Rahmen zu garantieren hat. Jede lich mit sozialistisch gleich setzt». Dem Gruppierung, jede Partei und jede Kirche Foto: wikipedia.com ist gerade aus theologischer Perspektive ist dabei unter der Bedingung zugelassen, zuzustimmen! Kein Geringerer als Karl dass sie diesen Rahmen aus eigenen Barth hat die Kirche eindringlich davor Gründen respektiert. Nur wenn das C zu gewarnt, zur Partei zu werden. einem liberal-programmatischen Inhalt So weit so gut. Aber wenn Pfister die stilisiert wird, müssen Kirchen aus den Kirchen als politisch enthaltsame Glau- Debatten und Meinungsbildungsprozes- bensgemeinschaften bestimmt, verkennt sen ausgeschlossen werden. Rosa Gutknecht: Nur wenige sprachen ihr er sowohl den Anspruch des liberalen 1919 ihr Pfarrerin-Sein ab. Rechtsstaates, als auch den Anspruch Weiterlesen auf: www.diesseits.ch notabene 1 / 2019 5
Kirchenbund / Aus SEK CAS Diakonie / Der Sozialen Arbeit in der wird EKS Kirche ein Fundament geben sch. Die Abgeordneten des Schweizeri- sch. In der sechsten Auflage startet die- nen und das sozialdiakonische Handeln schen Evangelischen Kirchenbundes sen Sommer der Bildungslehrgang professionell aufzubauen.» Der CAS, (SEK) haben am 18. Dezember 2018 die «CAS Diakonie – Soziale Arbeit in der geleitet von Urs Frey (ZHAW), Yasmine neue Verfassung angenommen. Damit Kirche». Der zertifizierte Lehrgang, den Altmann und Christoph Sigrist, befasst ist der Weg vom Dachverband zur Evan- die Landeskirche in Zusammenarbeit sich auch mit Strategien zur Gewinnung gelisch-reformierten Kirche Schweiz mit der Zürcher Hochschule für Ange- von Freiwilligen und fördert Partizipa- (EKS) geebnet. Als Datum der Inkraft- wandte Wissenschaften (ZHAW) durch- tion. Der CAS wird abgeschlossen mit setzung der neuen Verfassung wurde der führt, ist auf Berufsleute mit einer einer schriftlichen Arbeit zu einem in 1. Januar 2020 festgelegt. Grundausbildung in Sozialer Arbeit zu- der Gemeinde erarbeiteten Projekt. Mit der neuen Verfassung wird die geschnitten und qualifiziert sie für ihre Abgeordnetenversammlung in eine nati- diakonischen Aufgaben in einer Kirch- onale Synode umgewandelt. Dies unter- gemeinde. Der Lehrgang wird berufsbe- streicht den kirchlichen Charakter des gleitend absolviert und erarbeitet Ant- Gremiums. Neu wird die EKS eine drei- worten auf die Fragen, wie kirchliche gliedrige Leitung haben: synodal durch Soziale Arbeit für Menschen lebensun- die nationale Synode, kollegial durch terstützend wirken und ihnen Orientie- den Rat und personal durch die Präsi- rung bieten kann. dentin, den Präsidenten des Rates. Die Für Yasmine Altmann, Studienleite- Start Ausbildung 2019 Konferenz der Kirchenpräsidien wird rin und Verantwortliche für Aus- und Infoveranstaltung: 10. April, 18 bis institutionalisiert und erhält eine bera- Weiterbildung Diakonie der Landeskir- 20 Uhr. Ausbildungsstart: tende Funktion. Kern der Verfassung ist che, geht es darum, Sozialdiakone und 27. August. Anmeldung: www. der inhaltliche Auftrag: die Verkündi- Sozialdiakoninnen für ihre anspruchs- zhaw.ch/sozialarbeit Die Kosten werden für Mitarbei- gung des Evangeliums von Jesus Chris- volle Aufgabe zu stärken. Der CAS zeige tende von der Landeskirche über- tus durch Wort und Sakrament, Diako- Wege auf, wie sich Sozialdiakonie in Ge- nommen. Kontakt: yasmine.alt- nie und Seelsorge, Erziehung und meinden einbringen kann, in denen mann@zh.ref.ch, 044 258 91 59 Bildung. auch staatliche und private Institutionen www.zhref.ch/intern/diakonie wie Gemeinschaftszentren, Altersheime oder Krippen agieren. Ebenfalls wichti- Alumni-Treffen Förderprogramm / Sparen ger Baustein des Studiums sei die theo- Erstmals seit Einführung des CAS logische Reflexion und die kirchliche Diakonie 2009 treffen sich die Ab- beim Heizen Verankerung der diakonischen Arbeit. «Wir sorgen für Rüst- und Werkzeug, solventinnen und Absolventen zu einem Austausch. 26. März, 18.30 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. um die sozialen Brennpunkte zu erken- Anmeldung: monika.hein@zh.ref.ch kom. Rund die Hälfte aller Kirchen in der Schweiz wird elektrisch beheizt – das verschlingt viel Strom. Auch bei der Be- leuchtung besteht in vielen Kirchen Kirchlicher Sozialdienst / «Von Nöten» seit 1918 Sparpotenzial. Das Förderprogramm ProChileWatt von «oeku Kirche und Umwelt» gibt Gegensteuer und unter- sch. 2018 feierte der Kirchliche Sozial- diakonischen Dienst, der zusammen mit stützt Kirchgemeinden, die ihren Strom- dienst Zürich sein 100-Jahr-Jubiläum Freiwilligen Menschen in Notlagen un- verbrauch senken möchten, mit Förder- und publiziert jetzt unter dem Titel «Von terstützte. Erste Leiterin war Rosa Gut- geldern und Beratung. Mit dem Nöten und Guten Diensten» ein Buch, knecht, die im selben Jahr zu einer der Förderprogramm wird der Einbau einer das die Geschichte seiner Gründung und ersten Pfarrerinnen in Zürich ordiniert Heizungssteuerung unterstützt, die die seinen Werdegang widergibt. Gegründet worden war. Ihre Nachfolgerin, Marie Heizelemente in der Kirche optimal an- wurde das bis heute in der Stadt tätige re- Sophie Bremi, leitete den Sozialdienst steuert. Dadurch sinkt der Stromver- formierte Werk im Krisenjahr 1918, als mehrere Jahrzehnte, in denen sich die Or- brauch um bis zu 30 Prozent. Abhängig die Not der Arbeiterschaft in Zürich ganisation zunehmend professionalisierte von der Einsparung übernimmt ProChi- gross war und weder staatliche Institutio- und sich auf die sich wandelnden Bedürf- leWatt bis zu 40 Prozent der Investiti- nen noch Kirchgemeinden in der Lage nisse der Menschen einstellte. onskosten. waren, sie zu lindern. So formierten www.pro-chilewatt.ch kirchliche Akteurinnen einen zentralen Kontakt und Buchbestellung: www.ksdz.ch 6 notabene 1 / 2019
Zeitung «reformiert.» / Guter Draht zu den Mitgliedern sch. Mit Inkrafttreten der Teilrevision der rechtlichen Form der Kirche ist Kirchenordnung ist «reformiert.» offiziell «reformiert.» zentral. die Mitgliederzeitung aller Reformierten im Kanton. Während die meisten Kirch- Trotz kirchlicher Trägerschaft gemeinden die Zeitung ihren Mitgliedern bleibt die Redaktion unabhän- seit langem zukommen lassen, werden gig. Wie kritisch kann und darf dies die restlichen Gemeinden nach einer «reformiert.» über die Kirche be- Übergangsfrist ebenfalls einrichten. Kir- richten? chenrat Andrea Marco Bianca ordnet den Die Redaktion darf durchaus kir- Entscheid ein. chenkritisch sein. Kritik aus den eigenen Reihen gehört zur DNA Andrea Bianca, Sie haben sich lange der Reformierten. Das heisst aber dafür eingesetzt, dass alle Reformier- zugleich: Die Redaktion muss ten das «reformiert.» zu lesen kriegen. ebenso selbstkritisch sein. Überlebens- Warum ist das so wichtig? wichtig für die Kirche aus meiner Sicht Weil unsere Kirchenmitglieder in der ist, dass die Redaktion gezielt die religi- Mehrheit «Passivmitglieder» sind. Ohne ösen und spirituellen Anliegen der passi- eine Mitgliederzeitung haben sie kaum ven Mitglieder thematisiert und damit Kontakt mit der Kirche. Über die Jahre bewusst auch die aktiven Kirchen hinweg verblasst damit ihr Bild der Kir- mitglieder herausfordert. Wo sonst che, wird museal. Oder schlimmer noch, kommen diese zu Wort? Im Blick auf im Medienbereich zeigen, dass es für ihr Kirchenbild wird verfälscht, da die veränderte Glaubensweisen und Gottes- den Erfolg einer Zeitung neben einer re- säkularen Medien zumeist nur von den vorstellungen müssen gerade auch die in levanten Themensetzung und Hinter- Kirchen berichten, wenn etwas schwie- der Kirche Engagierten dazu lernen. grundberichten immer auch ein persön- rig oder negativ ist. Somit fehlt Passiv- liche Nähe schaffendes Lokalkolorit mitgliedern oft ein aktueller, positiver Die Gemeindeseiten werden von den braucht. Dafür sind die Beilagen ideal. Kirchenbezug. Dank «refomiert.» blei- Kirchgemeinden nach wie vor selber In den lokalen oder regionalen News ben Mitglieder mit der Vielfalt der Kir- produziert und «reformiert.» beigelegt. können die Kirchgemeinden zeigen, chenformen und dem Wertekanon des Welche Rolle spielen die lokalen News? dass sie in Bezug auf Form und Inhalt christlichen Glaubens verbunden. Ihre Ein sehr grosse. Die Kirchgemeinden oft sehr viel innovativer und auf die Be- Austrittsneigung wird so hoffentlich bleiben über die Themenaufbereitung dürfnisse der breiten Bevölkerung bezo- auch unterbunden. Für die Mitglieder- von «reformiert.» hinaus der Primärbe- gener sind, als es viele landläufigen Mei- pflege und die Erhaltung der öffentlich- zug für alle Mitglieder. Untersuchungen nungen über die Kirche vermuten lassen. Wie gut kommt «reformiert.» bei der Leserschaft an? Umsetzung Die Herausgeber der vier Ausgaben von «reformiert.» prüfen regelmässig, wie gut die «reformiert.» für alle Zeitung bei den Leserinnen und Lesern ankommt und wie lange diese die Themenpa- Für die Umsetzung von «reformiert.» lette aus Politik, Gesellschaft und Kirche zu fesseln vermag. Die jüngsten Ergebnisse, für alle gilt eine Übergangsfrist von erhoben von der Firma Demoscope, legte der Verlag Ende 2018 offen. Sie bescheini- einem Jahr, ab dem 1. Januar 2019. gen dem Blatt, das allein im Kanton Zürich schon vor der flächendeckenden Einfüh- Innerhalb dieses Rahmens bestimmt rung in einer Auflage von über 220 000 Exemplaren erscheint, hohe Beachtung: die Kirchgemeinde einen individuel- 74 Prozent der Empfänger lesen die Zeitung intensiv oder blättern sie zumindest len Starttermin für die erweiterte Zu- durch. Wer die Zeitung liest, tut dies regelmässig und liest durchschnittlich 17 Minu- stellung. Alle Kirchgemeinden, wel- ten lang darin. Die Zeitung erreicht überdies mehr Menschen, als die Angeschriebe- che die Zeitung den Mitgliedern nen. In über der Hälfte der Haushalte lesen eine oder mehrere Personen zusätzlich im bisher nur auf Wunsch zustellen lie- «reformiert.». ssen, sind gehalten, die Adressda- Auch bei Leserinnen und Lesern, die sich als eher «kirchenfern» charakterisieren, ge- ten für den Versand der Zeitung neu niesst die Zeitung eine gute Beachtung. Rund zwei Drittel von ihnen lesen oder blät- auf alle Haushalte auszuweiten. Ver- tern die Zeitung durch. Das ist insofern wichtig, als das «reformiert.» für diese Ziel- lagsleiter Hans Ramseier steht den gruppen eine der wenigen Berührungspunkte darstellt, die sie mit der reformierten Kirchgemeinden bei Fragen zum Kirche und ihrem Wirken und ihren Werten in Kontakt bringt. Bei «Kirchennahen» liegt Prozedere gerne zur Verfügung: die Beachtungsrate bei 85 Prozent. Auch die Gemeindebeilagen erreichen einen ho- hans.ramseier@reformiert.info hen Beachtungsgrad. 87 Prozent lesen sie gelegentlich oder immer. 044 268 60 06. notabene 1 / 2019 7
Brot für alle / Starke Laufen / Clip zeigt Frauen für eine erfolgreiche gerechte Welt Jugendarbeit kom. Seit 50 Jahren engagieren sich Brot rod. Ein neuer Videoclip erzählt die Er- für alle und Fastenopfer mit der Ökume- folgsgeschichte aus einer Kirchgemeinde nischen Kampagne für eine gerechtere im Nordzipfel des Kantons: Jugendliche Welt. Der Einsatz für Menschenrechte und junge Erwachsene in Laufen, die und Menschenwürde zieht sich wie ein sich begeistert in der Jugendarbeit enga- roter Faden durch die letzten Jahrzehnte. gieren. Vor einigen Jahren hat ein Pfar- So auch in der Jubiläumskampagne rer mit einer Gruppe Konfirmandinnen 2019, wo die Stärkung der Rechte der und Konfirmanden das Projekt «Zä- Frauen in Gebieten mit Rohstoffabbau ment» für die Jugendarbeit ins Leben das zentrale Anliegen ist. gerufen. Die Idee fand grossen Anklang, Handeln Ziel ist es, die Öffentlichkeit zu sensi- das Projekt wuchs. Seither stossen jedes Während der Kampagne vom bilisieren und «auf die Ungerechtigkei- 6. März bis 21. April stehen Aktivis- Jahr neue Leiterinnen und Leiter dazu. ten aufmerksam zu machen, die dazu tinnen und Akteure aus dem Aus- Sie bilden eine Gemeinschaft, die ver- führen, dass 800 Millionen Menschen in land oder Fachleute aus der antwortlich leitet, neue Projekte für Hunger und Armut leben müssen», Schweiz für Referate bereit. Kinder und Jugendliche initiiert und schreiben die kirchlichen Hilfswerke im Am 30. April findet der Rosen- diesen das kirchliche Leben näher Verkaufstag statt, an dem sich Kampagnenmagazin: «Nicht das Wis- bringt. Gemeinden ebenfalls beteiligen sen um diese Ungerechtigkeiten verän- können. Kampagnen-Material auf: Im «Zäment» können sich junge Men- dert die Welt, aber unser Handeln.» sehen-und-handeln.ch schen kreativ einbringen und entfalten, ihre Wünsche und Visionen umsetzen und eine offene, moderne Kirche erle- ben. Zwei der aktiven jungen Erwachse- Kontaktpflege / Ostergrüsse verschicken nen engagieren sich heute sogar in der Kirchenpflege. Das Projekt zeigt, wie eine Kirche der Beteiligung im Rahmen kom. Ein starkes Bild weckt Emotionen, genügt es, ein Bild hochzuladen, den des Prozesses KirchGemeindePlus macht neugierig oder nachdenklich. Text zu erfassen und die Adressen zu im- Kräfte für neue Ideen freisetzt. Die drei Weil bei Postkarten das Bild im Zent- portieren. Noch einfacher funktioniert Gemeindeteile Laufen, Dachsen und rum steht, bereiten sie Freude und wer- die Gestaltung mit den Kartenvorlagen Flurlingen unterstützen das Gefäss; ihr den oftmals aufgestellt. Deshalb eignen der Landeskirche. Die Post kümmert gemeinsamer Treffpunkt, die Messmer- sie sich auch für Kirchgemeinden, um sich um Druck und Versand. Schür in Laufen, ist attraktiver mit den Mitgliedern in Kontakt zu blei- Übrigens: Verschiedene Landeskir- Begegnungsort. ben und diese positiv zu überraschen. chen beteiligen sich dieses Jahr an einer Eine gute Gelegenheit für einen Post- Aktion, bei der alle reformierten Haus- kartenversand bietet etwa das bevorste- halte eine Osterkarte bekommen sollen. hende Osterfest. Mit dem Onlinedienst Zusammen mit der PR-Agentur Wirz PostCard Creator der Schweizerischen wurde die Umsetzung mit Bild und Bot- Post können Kirchgemeinden ein sol- schaft erarbeitet. Die Vorlagen dazu ches Ostermailing selbst gestalten. Dazu werden Mitte Februar zur Verfügung gestellt – auch im PostCard Creator. Kirchgemeinden erhalten auf den PostCard Creator- Mailings 10 Prozent Rabatt. Für den Aktionscode und den Zugang zu den Kartenvorlagen Dieses und weitere Projekte innovativer genügt eine E-Mail an: info@ Gemeindeentwicklung finden Sie auf: zh.ref.ch www.kirchgemeindeplus.ch/gemeinde- www.post.ch/postcardcreator praxis/profilierte-orte-formen 8 notabene 1 / 2019
Kirchenordnung / So wird die Teilrevision umgesetzt sch. Am 1. Januar 2019 ist die Teilrevi- den Themen kommt es zu Veränderun- bereit. Die Kirchgemeinden haben ihre sion der Kirchenordnung in Kraft getre- gen. Sie werden im Laufe des ersten Kirchgemeindeordnung bis 31. Dezem- ten. Mit einem Schreiben an Pfarrschaft Halbjahres 2019 in der teilrevidierten ber 2021 anzupassen. und Kirchenpflegen hat der Kirchenrat Verordnung über das Pfarramt in der Mitte Januar über den Umsetzungspro- Landeskirche beschrieben. Vorgesehen Kirchliche Vielfalt zess orientiert. Er gibt eine Übersicht ist eine Vernehmlassung im ersten Quar- Der neue Art. 155 will die kirchliche über jene Bestimmungen, die mit der tal und die Inkraftsetzung der Verord- Vielfalt fördern. Damit soll das inhaltli- Teilrevision geändert werden und erläu- nung Mitte Jahr. che Zielbild von KirchGemeindePlus, tert, wie sie umgesetzt werden. Unter Zur neu obligatorischen Pfarrdienst- Kirchgemeinden mit verschiedenen anderen wird das Vorgehen bei folgen- ordnung stellt der Kirchenrat im ersten kirchlichen Orten und Formen, geför- den Themen referiert: Quartal 2019 ein Muster mit einem On- dert werden. Der Kirchenrat veröffent- line-Instrument zur Verfügung. Die licht dazu – voraussichtlich 2019 – eine Aufnahme von Mitgliedern Pfarrdienstordnung wird durch das Handreichung für Kirchgemeinden. Bisher hatten Pfarrerinnen und Pfarrer Pfarramt erarbeitet und von der Kir- bei der Aufnahme vorab eine Bescheini- chenpflege genehmigt. Kirchenmusikkapitel gung des Kirchenrates einzuholen. Die- Die Bemessung der Pfarrstellen voll- Katechetikkapitel ses Erfordernis entfällt zugunsten einer zieht sich neu in zwei Schritten. Die Zu- Die Installation der neuen Kapitel für unverzüglichen Information der Kir- teilung erhalten die Kirchgemeinden bis Kirchenmusikerinnen und Kirchenmu- chenpflege, des Kirchenrates und der Anfang Mai 2019, basierend auf den siker sowie für Katechetinnen und Kate- politischen Gemeinde nach erfolgter Mitgliederzahlen Ende 2018. Dazu dient cheten erfolgt ab 1. Januar 2020. Im Jahr Aufnahme. den Kirchgemeinden ein Online-Tool 2019 starten im Gespräch mit den Be- zur Berechnung ihrer Pfarrstellenpro- rufsverbänden und den zuständigen Mitgliederregister zente. Für die Zuteilung von zusätzli- Fachmitarbeitenden die Vorbereitungs- Mit der Umsetzung ist die Firma KW- chen Stellenprozenten wird der Kirchen- arbeiten. Software AG beauftragt, die mit «Ki- rat Kriterien für die Einreichung von Kartei» über ein Programm verfügt, das Gesuchen mitteilen. Geschäftsordnung in einigen Zürcher Kirchgemeinden be- Kirchenpflege reits im Einsatz ist. Kirchgemeindeschreiber/in Überarbeitete Muster-Geschäftsord- Angestrebt wird der Erlass der von der Die Kirchgemeindeschreiberin oder der nungen für Kirchenpflegen und BKP Kirchenordnung vorgesehenen Verord- Kirchgemeindeschreiber ist neu ein Be- stehen zum Download bereit. Die Um- nung durch die Kirchensynode im Juni ruf mit einem Berufsbild und einem An- setzung in den Kirchgemeinden hat bis 2019 und eine Umsetzung des Projekts forderungsprofil. Es entspricht nicht di- 31. Dezember 2019 zu erfolgen. auf den 1. Januar 2020. rekt dem bisherigen Profil einer Verwaltungsleiterin oder eines Verwal- Kirchliche Handlungen tungsleiters. Der Kirchenrat entwickelt Die vollständigen Angaben zur Umset- Neu können Trauung, Taufe und Ab- derzeit Kompetenzmodelle für alle zung der Teilrevision und Links zu den dankung auf Wunsch auch ausserhalb kirchlichen Berufsfelder. Daraus abge- Vorlagen finden Sie auf: www.zhref.ch/ des Kirchengebäudes gefeiert werden. leitet werden Anforderungsprofile und intern/kirchenpflege/allgemeines/ Das Pfarramt entscheidet. Im Laufe des Stellenbeschreibungen entwickelt. downloads Jahres 2019 wird der Kirchenrat Emp- fehlungen veröffentlichen zu Dienstleis- Zusammenschlüsse Für Rückfragen stehen der Rechtsdienst tungen von Kirchgemeinden für Mit- Der Kirchenrat möchte weiterhin jene oder die zuständigen Fachstellen der glieder und Nichtmitglieder. Kirchgemeinden besonders unterstüt- Gesamtkirchlichen Dienste zur Verfügung. zen, die sich zusammenschliessen. Dazu Leiter Rechtsdienst, Martin Röhl, 044 258 «reformiert.» für alle wird er im Rahmen seiner Regionalpla- 92 21, martin.roehl@zh.ref.ch Jedes mündige Mitglied der Landeskir- nung ab Januar 2019 auf die Kirchge- che hat Anrecht auf ein gedrucktes Ex- meinden in den Regionen zugehen und emplar der Zeitung «reformiert.». (Um- massgeschneiderte Unterstützungspa- setzung siehe Seite 7). kete zur Verfügung stellen. Pfarramt Kirchgemeindeordnung Bei der Bemessung der Pfarrstellen so- Eine überarbeitete Muster-Kirchge- wie bei weiteren, das Pfarramt betreffen- meindeordnung steht zum Download notabene 1 / 2019 9
Paarberatung / Wir müssen reden, aber nicht nur www.paarberatung-mediation.ch - gestalten AG, Zürich Zur Paarberatung kann man auch, bevor es kriselt. Die Fachstellen der «Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich» zeigen mit einem frischen Auftritt, dass sie auch mit den lustvollen Seiten des Beziehungslebens vertraut sind. Von Christian Schenk Anregungen für gute Bettgeschichten Paarberatung soll stärker als eine nor- Erotik in der Beziehung wieder Platz zu und mehr Qualitätszeit unter der Bettde- male Beratungsstelle, als Kompetenz- geben, Bewährtes zu beleben und Neues cke: die kecken Ansagen und sinnlichen zentrum für Beziehungsfragen wahrge- zu wagen». Rückfragen an den Paarbe- Sujets der neuen Kampagne der «Paar- nommen werden. «Es ist wie bei der rater sind an diesen Gruppenanlässen beratung und Mediation im Kanton Zü- Elternbildung», sagt Brülhart, «vieles möglich. Für längere Gespräche emp- rich» gondelten jüngst als Aushänge in gelingt automatisch gut, aber eine Bera- fiehlt Huwiler allerdings das klassische Zürcher Trams und Bussen durch den tung kann hilfreich und nötig sein, wenn Setting der Einzelpaarberatung. Kanton. Sie werben für «Beziehungs- gewisse Kompetenzen fehlen oder Er- Dieses Angebot nutzen jährlich rund Talks», an denen Paare Impulse für ihr wartungen sich nicht mehr erfüllen». 2000 Paare im Kanton Zürich. Sie be- Beziehungsleben erhalten – nicht nur für sprechen je nach Ausgangslage in meh- gute Gespräche, sondern auch für Ero- Erotik neu entdecken reren Sitzungen, wie sie Hürden in ihrer tik und Sexualität. Mit ihrer Kampagne Paarbeziehung meistern können. Die und neuen Beratungsformaten zeigen Der neue Ansatz stösst auf gute Reso- Problemfelder ergeben sich oft entlang die von der katholischen und der refor- nanz. Die ersten «Beziehungs-Talks» mierten Kirche getragenen und vom waren ausgebucht – und die Rückmel- Kanton mitfinanzierten öffentlichen dungen von Paaren, die sich auf die zwei Werner Huwiler, Paartherapeut: Paarberatungsstellen, dass sie ihr Ange- Abendveranstaltungen eingelassen ha- bot nicht nur problemfixiert, sondern ben, erfreulich. «Es sind Leute ange- «Der Erotik in der auch als ressourcenorientierte Beratung sprochen, die neugierig sind, sich über Beziehung wieder verstehen, erklärt Stefan Brülhart, Lei- ter der Geschäftsstelle. Das sei deshalb Intimität und Sexualität in ihrer Bezie- hung auszutauschen», sagt Werner Hu- Platz geben.» wichtig, weil die Hemmschwelle, eine wiler, Paar- und Sexualtherapeut und Paarberatungsstelle aufzusuchen, bei einer der Kursleiter. Man starte den biografischer Umbrüche, die die meisten vielen Menschen immer noch hoch sei. Abend mit einem Input zum Thema Paare durchleben: die Zeit nach der ers- Nicht selten zögerten manche Paare Türöffner zur Sexualität und lasse dann ten Verliebtheit; der Paaralltag mit Kin- dann zu lange, bis sie Rat von Fachleu- die Paare an Zweiertischen über eigene dern; die Phase, wenn die Kinder in die ten einholten. «Da wollen wir Gegen- Erfahrungen und neue Wünsche reden. Pubertät kommen oder ausziehen. All steuer geben», sagt Stefan Brülhart. Die Ziel sei es, «Räume zu öffnen, um der das fordert Paare heraus. Auch persönli- 10 notabene 1 / 2019
Du, ich Grosse Liebe. Zu zweit Quality www.paarberatung-mediation.ch - gestalten AG, Zürich Erste Fragen. und doch Langes Schweigen. allein? Time Ich, du Endlich Worte. Wir zusammenreden.ch zusammenreden.ch zusammenreden.ch zusammenreden.ch Eine Initiative der Paarberatung & Mediation im Kanton Zürich Eine Initiative der Paarberatung & Mediation im Kanton Zürich Eine Initiative der Paarberatung & Mediation im Kanton Zürich Eine Initiative der Paarberatung & Mediation im Kanton Zürich Die von den Kirchen getragene «Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich» kennt ein weites Spektrum von Beziehungsfragen. Pfarrerin Rita Famos, Trägerverein: «Die Begleitung von Paaren und Familien ist ein Herzensanliegen der Kirche.» che Frustrationen, Streit und Verletzun- sondern auch über juristische Bera- gen werfen ihre Schatten auf die Bezie- tungskompetenz. «Damit Paare davon 70 Jahre Erfahrung hung. Manchmal kann es auch ein erfahren und von diesen Kompetenzen Seit den 1950er Jahren führen re- gionale Vereine der reformierten äusserer Anlass sein, der das Paarleben profitieren können, müssen wir uns in und der katholischen Kirche Ehe- plötzlich in Schieflage bringt: eine Aus allen Regionen noch bekannter ma- beratungsstellen. In den siebziger senbeziehung, eine Krankheit. Dann chen», sagt Geschäftsleiter Stefan Brül- Jahren werden sie zu einem öku- brauchen Paare Unterstützung, um mit hart. Dies gelinge nicht nur mit Werbe- menischen Beratungsangebot vereinigt und ab 1988 vom Kanton dieser Veränderung klarzukommen. kampagnen, sondern auch durch eine Zürich unterstützt. gute Vernetzung der Regionalstellen mit 2015 wird die Paarberatung mit ei- Wenn es nicht mehr weitergeht anderen Institutionen. ner kantonalen Trägerschaft reor- Auch die Pfarreien und Kirchgemein- ganisiert. Dazu bilden die beiden «Manche kommen auch in der Überzeu- den sind als Multiplikatoren gefragt, Kirchen den «Ökumenischen Ver- ein Paarberatung & Mediation im gung, dass ihre Beziehung nicht mehr zu sagt Brülhart. Sie dürften mit Stolz dar- Kanton Zürich», der von Rita Fa- retten ist, wollen aber einen letzten Ver- auf hinweisen, dass es ihre Paarberatung mos, Leiterin der Abteilung Spezi- such wagen», erzählt Huwiler. Wenn ist. Dies bekräftigt auch die Präsidentin alseelsorge der Landeskirche, prä- sich herausstellt, dass eine gemeinsame des ökumenischen Trägervereins, Pfar- sidiert wird. Eine zentrale Zukunft nicht mehr möglich ist, suche rerin Rita Famos. «Begleitung und Be- Geschäftsstelle koordiniert die vereinheitlichten Angebote der Be- man nach Wegen, damit die Trennung ratung von Paaren und Familien ist seit ratungsstellen. ohne zusätzliche Verletzungen gelingt. vielen Jahren ein Herzensanliegen der • Nächster Beziehungs-Talk: Das ist vor allem auch für Paare mit Kirche.» Die Leiterhin der Abteilung 13. und 25. März, 19 bis 21 Uhr. Kindern entscheidend. Dann arbeitet Spezialseelsorge streicht heraus, dass die Kirchgasse 14, Zürich man auf eine aussergerichtliche, aber neun Beratungsstellen im Kanton nieder- • PaarImPuls Tag 2019: 16. März, 9 bis 14 Uhr bindende Vereinbarung hin, die die Be- schwellig, professionell und kostengüns- • Weitere Termine und Infos: treuung der Kinder regelt und die tig arbeiten. Sie bilden ein Kompetenz- www.zusammenreden.ch Wohnfrage und die Modalitäten der Un- zentrum, das Ratsuchende – unabhängig www.paarberatung-mediation.ch terhaltsleistungen klärt. Auch dafür sind von religiöser Herkunft, sexueller Orien- die Beratungsstellen eingerichtet und tierung oder gelebter Beziehungsform – verfügen nicht nur über psychosoziale, unterstützt. notabene 1 / 2019 11
Visualisierung: www.sg.ethz.ch/reformation: Porträts: wikipedia.org So kommunizierten die Reformatoren vor 500 Jahren / Reformation mit Ausstrahlung Mit Tausenden von Briefen knüpften die Reformatoren im 16. Jahrhundert ihr Netzwerk in ganz Europa. Mittendrin und federführend: Zürich und der Zwingli-Nachfolger Heinrich Bullinger. Seine Korrespondenz gibt einzigartige Einblicke in Europas Geistes- und Sozial- geschichte. Von Madeleine Stäubli-Roduner «Zürich hat es Heinrich Bullinger zu Briefe pro Woche erhalten geblieben. Zudem sei die damalige politische verdanken, dass es im 16. Jahrhundert Aus der Sammlung hat das Editionsteam Entwicklung mit dem Verständnis der von einem relativ unwichtigen Ort zu ei- in den vergangenen neun Jahren 1000 religiösen Fragen eng verknüpft gewe- ner international bedeutenden Stätte Briefe in gedruckter und elektronischer sen. In einer Phase religiös-politischer wurde – dies dokumentieren die zahlrei- Form ediert. 9000 Briefe warten noch Spannungen habe sich Bullinger mit po- chen Briefe von und für Zwinglis Nach- auf ihre Bearbeitung. litischen Nachrichten an Staatsmänner folger», sagt Reinhard Bodenmann, wie etwa an einen Strassburger Rats- Leiter der Bullinger-Briefedition am Ins- Fake News aufdecken herrn gewandt. Rege habe er sich mit titut für Schweizerische Reformations- Bekannten in Konstanz, Ulm, Augs- geschichte an der Uni Zürich. Der Re- Jede Epistel hält Überraschungen bereit, burg, Marburg, Heidelberg, Bern, Genf formator habe sich nicht nur mit seiner die gängige Vorstellungen, wie etwa und Basel ausgetauscht, Kritik gegen- ausgeprägten brieflichen Korrespon- über die Kluft zwischen Reformierten über Kaiser Karl V. oder dem Schmal- denz nach halb Europa einen Namen und Katholiken, auf den Kopf stellen kaldischen Bund geäussert und sich gemacht. Seine Bibelkommentare seien und differenziertere Verhältnisse auf- Flüchtlingen, wie dem schottischen etwa in Italien gern gelesen worden, und zeichnen, die so nicht Eingang in die John Hooper, angenommen. Schon seit in seiner Zürcher Wohnstätte habe er Geschichtsbücher gefunden haben. 1538 und besonders unter König Edu- sich als zuvorkommender Gastgeber er- «Von Anfang an unterlag unser Projekt ard VI. und Königin Elisabeth I. von wiesen. Durch dieses Wirken habe keinerlei Zensur», sagt Bodenmann. So England seien Bullingers Schriften auch Bullinger Bekanntheit erlangt und dürfe man etwa in kritischer Offenheit auf Englisch übersetzt worden. gleichzeitig das nach der Kappeler Nie- darlegen, dass der Taktiker Bullinger im derlage von 1531 angeschlagene Image Dienst der Verständigung durchaus lü- Bullinger taktiert von Zürich aufgewertet. gen konnte. «Uns liegt eine der ergie- bigsten Quellen Europas für das 16. Der Zürcher Theologe habe stets als klu- 10 000 Briefe erzählen vom Alltag Jahrhundert vor.» Denn nicht nur aka- ger, pragmatischer Taktiker agiert, der demisch Gebildete hätten sich brieflich die zahlreichen Gäste in Zürich freund- Solche und unzählige weitere Erkennt- mit dem Zürcher ausgetauscht, sondern lich empfing und seine Gegenüber mit nisse gibt das Briefmaterial aus dem 16. auch viele im Alltagsleben verwurzelte Geschenken oder Ehrenbezeugungen Jahrhundert frei. Dessen Dimensionen Menschen. Eine derart vielfältige Quelle milde stimmte. Mit seiner Entspan- sind riesig: Aus einer Zeit grosser politi- sei ein Glücksfall für Historiker, da sie nungshaltung habe er zur Ausstrahlung scher Umwälzungen sind durchschnitt- neuartige Zugänge zu einer von Umwäl- von Zürichs Gedankengut beigetragen. lich 4,5 Briefe, manchmal sogar bis zu 12 zungen geprägten Epoche erlaube. «Nicht zuletzt diesem diplomatischen 12 notabene 1 / 2019
Netzwerk der Reformatoren Sprüngli schon damals Wer hat sich zwischen Wittenberg und Zürich ausgetauscht? Über wen lief die Einen vielsagenden Brief erhält Kommunikation zwischen reformatorischen Akteuren? Ein ETH-Wissenschaft- Bullinger am 20. November 1546 steam packte das aussergewöhnliche Vorhaben an, die Briefkorrespondenz von einem Briefschreiber namens der Reformatoren mithilfe von statistischen Netzwerkmethoden zu analysie- Hochholzer. Dieser berichtet vom ren. Unter variierenden Gesichtspunkten untersuchen Professor Frank Ableben des Pfarrers Johannes Schweitzer, Lehrstuhl für Systemgestaltung an der ETH Zürich, und Doktoran- Senger von Veltheim und seiner din Ramona Roller 17 000 Briefe von 2500 Personen in den Jahren von 1510 bis Frau, die acht Kinder hinterliessen. 1575 zwischen Frankreich und Weissrussland und stellen sie in Grafiken dar. Der älteste Sohn habe im Bäcker- Ihr Ansatz basiert auf der systematischen Verarbeitung von gezielt ausgewähl- handwerk Begabung gezeigt. Ver- ten Datenbanken aus Büchern und Archiven und generiert interpretierbare In- wandte wünschten, dass er in Zü- formationen etwa über die Interaktionen von Personengruppen oder zwischen rich, «wo es sehr gute geografischen Orten. Die quantitativen Resultate können einerseits mit quali- Bäckermeister gibt, angestellt tativen Ergebnissen verglichen werden, um zu prüfen, ob beide Methoden zu wird». Daher bitten sie – die Ver- denselben Antworten gelangen. Falls dies gelingt, könnten Historiker anderer- wandten – Bullinger, den Knaben seits Netzwerkmethoden verwenden, um neue Hypothesen für ihre qualitative «Jakob Sprüngli oder einem ande- Forschung zu generieren. Wie hat sich beispielsweise die soziale Rolle Bullin- ren tüchtigen und geschickten Bä- gers im Lauf der Zeit verändert? – Die Netzwerk-Visualisierung gibt erste Ant- cker zu empfehlen». wortansätze, die mit statistischen Verfahren überprüft werden können. www.sg.ethz.ch/reformation Die computergrafische Visualisierung der ETH zeigt die Briefwechsel zwischen Reformato- rengruppen in Europa. Besondere Knotenpunkte sind Zürich (Zwingli / Bullinger) und Wittenberg (Luther / Melanchthon). Geschick ist es zu verdanken, dass in der riker zurück. Die oft schwer leserlichen schichtlich erweise es sich immer wieder Schweiz kein Glaubenskrieg ausbrach», Handschriften wie auch das in diesen als eindrücklich, «wie ähnlich die Men- sagt Bodenmann. «Bullinger war weit- Briefen verwendete Latein oder das ver- schen von damals den heutigen waren». sichtig und bemüht, den Ruf Zürichs bis trackte Frühneuhochdeutsch stellen gro- Seit einiger Zeit drückt das Team eine in die Ferne zu fördern.» Die ersten sse Hausforderungen dar. «Es ist eine grosse Sorge: Die Landeskirche und der Früchte seines Wirkens als Kommunika- Arbeit, die enorm viel Know-how vor- Nationalfonds als langjährige Sponso- tor, Gutachter und Bibelkommentator aussetzt und Geduld abverlangt, um ren des akribischen Edierens werden in habe Bullinger noch erlebt. «Er trug diese für uns heute nicht mehr zugängli- absehbarer Zeit ihre Unterstützung be- massgebend zum heutigen internationa- chen Quellen wieder aussagekräftig zu enden. Bevor die Zeit davonrennt, will len Renommee der Stadt an der Limmat machen», sagt Bodenmann, der sich mit Bodenmann die Öffentlichkeit und mög- in der reformierten Welt bei.» zwei Mitarbeiterinnen täglich von mor- liche Geldgeber vom grossen Potenzial gens bis abends mit den Briefen befasst. der Bullinger-Briefe für die Geschichte, Briefe zum Sprechen bringen Wöchentlich ediert das Team drei bis vier Sprachwissenschaft und Theologie Briefe, die eine Vielfalt an sozialen Ver- überzeugen. Und noch liegen ja Tau- Von der Bearbeitung dieses umfangrei- hältnissen und zwischenmenschlichen sende Briefe unberührt im Staatsarchiv, chen Briefwechsels schrecken viele Histo- Beziehungen aufdecken. Mentalitätsge- die so viel zu erzählen hätten... Froschauer Bibel / Revolution zwischen zwei Buchdeckeln In Zürich erschien 1531 die erste ge- sprache, die möglichst für alle Leute druckte Bibel auf Deutsch. Was sie be- verständlich sein wollte. Darum finden wirkte und warum sie später von der Lu- sich treffende, lustige, komische, aber ther-Bibel überflügelt wurde, weiss auch ganz unbekannte Wendungen und Grossmünsterpfarrer Martin Rüsch. Worte darin. Daher ist es gut, dass die Ausgabe zweispaltig ist – eine sehr hilf- Foto: Wikipediea.org / Was macht die Froschauer-Bibel so be- reiche Lesehilfe. Gutenberg Museum Fribourg sonders? Es ist die erste gesamte Übersetzung aus Hat Zwingli wie Luther Wörter geschaf- den Urtexten ins Deutsche – und dies fen und die Sprache geprägt? Froschauer Bibel: Von Zwingli und seinem drei Jahre vor Luther. Dabei ist die Spra- Ja, es gab neue Worte, das heisst, eine Team übersetzt und von Christoph che sehr bemerkenswert: Es ist eine ei- Verschriftlichung von Ausdrücken und Froschauer 1531 gedruckt. Die damalige gene erste schweizerisch-deutsche Amts- Redewendungen, die man damals Weltneuheit ist jetzt neu aufgelegt. notabene 1 / 2019 13
brauchte. So erklärt sich die seltsame der Ansicht, die Zwingli-Bibel von 1531 Hat Zwinglis Verständnis der Bibel die Orthografie mit ihrer manchmal nicht interessiere nicht. Interessanterweise Gesellschaft grundlegend verändert? konsequenten Schreibweise. Zwingli aber sind ein paar Schriftsteller oder Die Bibel diente nicht mehr zur Erläute- empfand Luthers Deutsch als eher ge- auch Germanisten anderer Meinung. rung und Beweisschrift für ein kirchli- schliffen oder vielleicht etwas «abgeho- ches Lehramt. Sie konnte neu gelesen, ben», Luther umgekehrt Zwinglis Inwiefern ist die Froschauer-Bibel ein gedeutet und ausgelegt werden. Das Deutsch als etwas bäurisch oder unge- Schlüsseldokument jener Zeit? Predigtamt wurde betont. Biblisches hobelt. Offenbar gab es diese sprachli- Reformationsgeschichtlich ist sie ein Wissen wurde verbreitet und die neuen chen Empfindlichkeiten schon damals. Schlüsselwerk, das die Anliegen des Deutungen führten zu neuen Sichtwei- Kommt hinzu, dass Zwingli viel stärker «sola scriptura» (die Heilige Schrift als sen auf Welt und Gesellschaft. Reforma- humanistisch geprägt war als Luther. Mitte des Glaubens), das Ermöglichen torische Überzeugung ist, dass die des Selber-Lesens in der Muttersprache Schrift sich selber auslegt beziehungs- Warum waren von Zwingli übersetzte statt auf Latein und den humanistisch- weise der einzelne Mensch sich im Lesen Texte bisher nicht als normale Buch- reformatorischen Bildungsimpetus ver- und Hören durch den Heiligen Geist an- ausgabe erhältlich? einte. Kultur- und sprachgeschichtlich sprechen lassen kann. Dies kommt ei- Es ist erstaunlich – oder vielleicht ty- entstand in der damaligen Schweiz ein nem Ermächtigungs- wie auch einem pisch für die zwinglianische Bescheiden- Buch, das sich weit verbreitete und eine Spiritualisierungs- und Demokratisie- heit – , dass man sich im Laufe der Jahr- hier verständliche Schweizerische Amts- rungsvorgang gleich. Natürlich gab es hunderte nie auf die erste genaue und sprache hervor- und voranbrachte. Bib- auch problematische Entwicklungen wie volksnahe Übersetzung bezog. Das ist lisches Wissen, biblische Bilder und Ge- etwa allzu orthodoxe Strömungen oder völlig anders bei Luther: Seine Bibel- schichten wie auch Redewendungen eine Idolatrie des Buchstabens, ein Bibli- übersetzung wurde schon früh und spä- gingen nochmals stärker in Kultur und zismus, anstelle eines ursprünglichen ter immer wieder aufgelegt. Man war Gesellschaft ein. Wort-Gottes-Bezuges. Froschauer-Bibel Nach 500 Jahren wurde der Text der Froschauer-Bibel von 1529/31 wieder aufgelegt, typo- grafisch lesbar und synoptisch gedruckt mit der Zürcher Übersetzung von 2007. Das sprach- und kulturgeschichtlich bedeutsame Dokument ist aus der Übersetzungstätigkeit der damaligen Gelehrtenschaft am Grossmünster, der Prophezey, hervorgegangen. Dieser älteste deutsche Übersetzungstext wurde nach dem Druck im Jahr 1531 nie mehr aufge- legt. Bloss eine faksimilierte Ausgabe der Zwinglibibel wurde 1983 herausgegeben, die längst vergriffen ist. «Jch bin das brot des läbens». Neues Testament und Psalmen, Wortlaut der Froschauer-Bi- bel 1531 und Übersetzung der Zürcher Bibel 2007, Transkription von Niklaus Ulrich, Vor- wort von Martin Rüsch, TVZ 2018. Fr. 28.– Ausstellung: «Getruckt zů Zürich» Die Reformation war für die Buchdrucker in Zürich ein gutes Geschäft. Eine Ausstellung in der Schatzkammer der Zentralbibliothek Zürich zeigt, wie Froschauer zum internationalen Erfolg der Zwinglischen Reformation beigetragen hat und wie der Drucker sein Unterneh- men in Zürich ausbaute. 24. Januar bis 30. April. Zentralbibliothek, Zürich. www.zb.uzh.ch Buchdruck und Reformation in der Schweiz Buchdruck und Reformation gelten als Geschwisterpaar. Beide brauchten und förderten einander. Was das ganz konkret in Zahlen, in Schilling, in Arbeitsstunden und Aufträgen bedeutete, und was die damals neuen Medien bei Freunden und Feinden bewirkten – die- sen Fragen geht der 45. Band der Zwingliana als Begleitpublikation zur Ausstellung «Ge- druckt zu Zürich» nach. Neben Froschauers Werkstatt nehmen die Autoren und Autorinnen auch den Buchdruck und Buchhandel in Basel, Bern, Genf, St. Gallen und im Bündnerland unter die Lupe. Hg. von Urs B. Leu, Christian Scheidegger. TVZ 2018. 445 Seiten, Fr. 50.– Zürichs Rolle in der Reformation «Die Zürcher Reformation und ihre Rolle in den europäischen Reformationsbewegungen» – unter diesem Titel findet vom 6. bis 8. Februar an der Theologischen Fakultät der Uni Zü- rich eine internationale Tagung statt. An drei Tagen beleuchten Professorinnen, Professo- ren und Doktoranden aus Deutschland, Australien, Kanada, Grossbritannien, den USA, den Niederlanden Aspekte der Zürcher Reformation. Die Tagung ist allen Interessierten zu- gänglich. https://www.uzh.ch/irg 14 notabene 1 / 2019
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