Das Band - Bundesverband für Körper- und ...

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Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
Das Band
  www.bvkm.de

                3/2017        Zeitschrift des Bundesverbandes für
                              körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V.

Neues Projekt             2
Tandemqualifikation
für WErkstatträte

 Rückblick               36
                              Planänderung
Jahres- und
Finanzbericht 2016

 Wissenswert            40    Ein Kind mit Behinderung
Ergänzende
unabhängige
Teilhabeberatung (EUTB)
                                    wird geboren
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
» i n h a lt                                                                                                                                                           Auftakt 3 |17

                                                                                                                      Liebe Leserin und lieber Leser,
          Meldungen                                Forum
     10    2   bvkm-Panorama                       36		 jahres- und Finanzbericht                                     Glück kann man teilen – Sorgen auch!
                                                   		 des bvkm 2016
           4   bvkm-Pinnwand                                                                                          Dieses Prinzip ist kennzeichnend für den Ver-
                                                                                                                      band, Leitbild und Verpflichtung zugleich.

          Thema                                    Ratgeber                                                           Der Bundesverband und seine regionalen
                                                                                                                      Organisationen sind aus Elterninitiativen ent-
           6	Leben mit einem behinderten Kind      39		 Termine und kontakte
                                                                                                                      standen. Eltern, die die Hilflosigkeit und das
             christa Büker
                                                                                                                      Erschrecken kennen, wenn ein Kind mit Be-
                                                   40		Recht & Praxis
                                                                                                                      hinderung geboren oder die Diagnose offen-       Und das wollen wir als Elternverband erst
          10		 einen normalen Alltag               		Katja KRuse / Sebastian Tenbergen /
                                                                                                                      bar wird. Die wissen, wie die vielen Gedan-      recht nicht aus dem Blick lassen: mit unseren
          		 gibt es nicht                           Hülya turhan
                                                                                                                      ken über Therapien, für das Geschwisterkind,     Kindern mit Behinderung und den Heraus-
          		sandra bachmann                                                                                           das nun auch anders aufwachsen wird, für         forderungen ändern wir uns, erleben uns

     24   13 „Was hat denn die Omma gesagt?“
          		 thomas becher /
                                                                                                                      die Bewältigung des Alltags und auch die
                                                                                                                      Verabschiedung von der eigenen ursprüng-
                                                                                                                      lichen Lebensplanung Kraft, Nerven und
                                                                                                                                                                       und andere anders, tragen umfangreiche-
                                                                                                                                                                       re Verantwortung, spüren Vereinsamung,
                                                                                                                                                                       aber auch Unterstützung und Anerkennung.
          		Stephanie Wilken-Dapper                                                                                   Emotionen erfordern. Wir haben uns zusam-        Die Bewältigung der enormen Herausfor-
                                                                                                                      mengetan – klassische Selbsthilfe – und tau-     derungen verwandelt uns, lässt das bisher
          18		 „Was kann ich für Sie tun?“                                                                            schen Informationen und Erfahrungen aus,         Wichtige in anderem Licht erscheinen, ver-
          		Karin Schwartzenberger /                                                                                  erhalten praktische Hilfen bei den bürokra-      rückt Maßstäbe und macht zufrieden.
          		Stephanie Wilken-Dapper                                                                                   tischen Aufwendungen, bewältigen die vie-        Nicht zu spät müssen wir für uns wissen,
                                                                                                                      len emotionalen Tiefen, die Trauer und das       wie wir im Alltag ankommen, wie wir die
          23		 austausch mit anderen Eltern                                                                           Alleingelassen werden, erleben Zusammen-         Lebensplanung aktiv fortsetzen und mit
          		 ist die wichtigste                                                                                       halt genauso wie Momente der Zuversicht          unserem vielleicht veränderten menschli-
          		informationsquelle                                                                                        und des Glücks.                                  chen Umfeld glücklich werden können. Oft
          		 astrid richter                                                                                           Selbsthilfe ist ein ständiges Geben und Neh-     entstehen dann auch Initiativen und Neues,
                                                                                                                      men, und wenn wir nicht nur das Glück,           damit unsere Kinder, wenn sie erwachsen
          24		 wir haben uns in vielen bereichen                                                                      sondern auch die Sorgen dann miteinander         werden und wir nicht mehr für sie sorgen
          		 „locker gemacht“                                                                                         teilen, geschieht etwas: wir sehen die Mög-      können, möglichst selbstbestimmt und gut
            	beret giering

     30
                                                                                                                      lichkeiten des Glücks mit unseren Kindern        betreut leben können.
                                                                                                                      und der besonderen Situation. Wir können         Um all das geht es in dieser Ausgabe unserer
          28		Informieren, informieren,                                                                               Gemeinsamkeit und Solidarität erleben, Ver-
                                                    DAS BAND auf www.bvkm.de                                                                                          Verbandszeitschrift DAS BAND.
          		informieren                                                                                               trauen wecken und daraus Kraft gewinnen.
                                                      DAS BAND finden Sie als digitale Version                                                                         Lesen Sie und Sie finden vielleicht den Ge-
              marlene Fischer/                                                                                        Am Anfang stehen vielleicht erst nur Ge-
                                                      unter www.bvkm.de (Unsere Magazine).                                                                             danken und die Unterstützung, die Ihnen
          		Stephanie Wilken-Dapper                                                                                   fühle und Vermutungen, dann folgt die
                                                      Sie können dort ein interaktives PDF                                                                             hilft und die Sie brauchen. Ich wünsche es
                                                                                                                      Diagnose und plötzlich ist alles anders. Wir     Ihnen.
          30		 fachstelle für „Väter von Kindern      herunterladen und allen MitarbeiterInnen
                                                                                                                      müssen aber nicht nur damit fertig werden,
               mit Behinderung“                       und Interessierten zeitnah zugänglich ma-
                                                                                                                      sondern geraten in einen bürokratischen
          		Daniel Wilms                              chen. Einzelne Fachbeiträge können ausge-
                                                                                                                      Dschungel, in mitunter schwierige Ausei-
                                                      druckt und für die tägliche Beratungsarbeit
          33		 wie man eine Selbsthilfegruppe
                                                                                                                      nandersetzungen mit Einrichtungen und
                                                      genutzt werden. Verlinken Sie uns!
               gründet
                                                                                                                      der Kranken- oder Pflegkasse. Und dann
                                                                                                                      müssen Entscheidungen getroffen werden           Helga Kiel
          		 helga Mesmer                             Materiallisten aus alten Ausgaben gesucht?                                                                       1. Vorsitzende des bvkm
                                                                                                                      für Therapien, Hilfsmittel und medizinische
                                                      Als Download zu finden auf www.bvkm.de
          34		 MATERIAL ZUM THEMA
                                                                                                                      Maßnahmen, wobei wir auch mit Fehldia-
                                                      (Unsere Zeitschriften)
                                                                                                                      gnosen, unprofessionellem Umgehen, nicht         Möchten Sie den bvkm-Newsletter
                                                                                                                      nachvollziehbaren Verordnungen und den           „kurz & knapp“ abonnieren?
                                                                                                                      Ratschlägen aus Familie und Nachbarschaft        Auf unserer Website unter
                                                                                                                      umgehen müssen.                                  www.bvkm.de/newsletter/

                                                                                            Das Band   Ausgabe 3/17                                                                                                    1
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
BVKM

»panor ama                                                                                                                                                                                    Nicht verpassen:                                                                                    Nicht verpassen:
                                                                                                                                                                                        8. November 2017/Hannover                                                                            16. November 2017/Berlin
 Hilfreiche Broschüre                  trächtigung in Projekte in Afrika,   gebote informieren. Das „Update“     leiten zu können. Es werden
                                       Asien und Lateinamerika, die         im Bereich Inklusion und Barriere-   die körperlichen, psychischen
 Der „Paritätische NRW“ hat            mit Menschen mit Beeinträch-         freiheit umfasst auch die Ausstel-   und sozialen Bedürfnisse von           Projekttag – „Leben im Sozialraum“.                                                          „Ergänzende unabhängige Teilhabe­
 eine hochinformative Broschüre
 zum Thema Vorstandswechsel
                                       tigung/ Behinderung arbeiten.
                                       http://www.bezev.de/media/
                                                                            lungen: z. B. sorgen im runderneu-
                                                                            erten Themenraum „Leben und
                                                                                                                 Sterbenden herausgestellt. Auch
                                                                                                                 wird der Sterbende aus medizi-
                                                                                                                                                        Freizeit, Kultur, Begegnung, Mobilität & Sport                                               beratung für Menschen mit Behinde­
 im Verein herausgegeben. Die          flyer_weltwaerts_2017-koop.pdf       Sterben“ der Dauerausstellung        nischer Sicht beschrieben. Neben                                                                                                    rung und ihre Angehörigen“
 Broschüre „Übergabe. Wie der                                               Tastobjekte, Audiodeskriptionen      der Versorgung des Verstorbenen
 Vorstandswechsel im Verein                                                 und Videos in Deutscher Gebär-       geht es auch um das Abschied-
                                                                                                                                                                                                                                                     Eine Kooperationsveranstal-          verbände aktiv mitgestalten und
 gelingt.“ Steht zum kosten-           Guide in Deutscher                   densprache für ein Museumserleb-     nehmen, die Bestattung und
                                                                                                                                                                                                                                                     tung des Bundesverbandes für         einfordern. Neben Fachbeiträgen
 losen Download bereit. https://       Gebärdensprache                      nis für alle Sinne. www.dhmd.de      die Trauerarbeit. Die Broschüre
                                                                                                                                                                                                                                                     körper- und mehrfachbehinderte       zur Förderung der EUTB von
 www.paritaet-nrw.org/filead-                                                                                    kann heruntergeladen werden.
                                                                                                                                                                                                                                                     Menschen e.V. (bvkm) und des         zuständigen Entscheider*innen
 min/user_upload/KG_Down-              Seit Mai bietet das Deutsche                                              http://www.lebenshilfe-aa-
                                                                                                                                                                                                                                                     Bundesverbandes Selbsthilfe          auf Bundes- und Landesebene,
 loads/05_Rat_und_Tat/Rat_             Hygiene-Museum einen Guide           Ausschreibung                        chen.de/uploads/sbs_dl_list/
                                                                                                                                                                                                                                                     Körperbehinderter e.V. (BSK).        werden die Teilnehmenden Ge-
 und_Tat_Veroeffentlichungen/          in Deutscher Gebärdensprache         Förderpreis Leben pur 2018           Leitfaden_Broschuere.pdf
                                                                                                                                                                                                                                                                                          legenheit haben, sich in Dialog-
 Uebergabe-Vorstandswechsel.pdf        an, der online als kostenfreie
                                                                                                                                                                                                                                                     Die Neuausrichtung der Leis-         foren zu einzelnen wesentlichen
                                       App heruntergeladen werden           Die Stiftung Leben pur schreibt

                                                                                                                                                                                                                             Foto: Collage // bvkm
                                                                                                                                                                                                                                                     tungen der Eingliederungshilfe       Kriterien der Förderung ausein-
                                       kann. Darüber hinaus können          zum 13. Mal in Folge den Förder-     SeeleFon nun auch für
                                                                                                                                                                                                                                                     auf personenzentrierte Leis-         anderzusetzen sowie Leitfragen
 weltwärts alle inklusive              sich Besucher der neu gestalteten    preis Leben pur aus. Für das Jahr    Flüchtlinge
                                                                                                                                                                                                                                                     tungen hin eröffnet Menschen         für die Fragestunde am Nach-
                                       Website www.dhmd.de auf              2018 lautet das Thema: „Teilhabe
                                                                                                                                                                                                                                                     mit Behinderung eine Vielzahl        mittag zu entwickeln. Wir laden
 Behinderung und Entwicklungs-         speziellen Unterseiten nun auch in   und Teilgabe von Menschen mit        Der Bundesverband der Ange-
                                                                                                                                                                                                                                                     von Entscheidungsoptionen, die       Sie herzlich ein, sich mit Ihren
 zusammenarbeit e.V. entsendet         Deutscher Gebärdensprache und        Komplexer Behinderung“. Einge-       hörigen psychisch erkrankter
                                                                                                                                                                                                                                                     wahrgenommen und umgesetzt           Erfahrungen und Fragen bei der
 Freiwillige mit oder ohne Beein-      in Leichter Sprache über die An-     reicht werden können Studien-,       Menschen (BApK) e.V. ist mit           Der Sozialraum: Das Wohnviertel, der Stadtteil, die Gemeinde.
                                                                                                                                                                                                                                                     werden müssen. Ab dem 1.             Entwicklung unter anderem von
                                                                            Abschluss- oder Dissertations-       seinem „SeeleFon“ für Flücht-          Hier findet das Leben statt, hier soll Inklusion verwirklicht wer-
                                                                                                                                                                                                                                                     Januar 2018 sollen aus Bundes-       Qualitätsstandards und Bera-
                                                                            arbeiten sowie Arbeiten bzw.         linge am Netz. Gemeinsam mit           den, Begegnung stattfinden, alle Bürgerinnen und Bürger sollen
  „Tandemqualifikation zur Durchführung von                                 Projekte oder Konzepte aus der       dem BKK-Dachverband bietet             gleichberechtigt agieren können, wie sie es wünschen. Die Art
                                                                                                                                                                                                                                                     mitteln neue Beratungsstellen        tungsinhalten einzubringen und
                                                                                                                                                                                                                                                     gefördert und etabliert werden.      zur Professionalisierung dieser
  Bildungsmaßnahmen für Werkstatträte“                                      Praxis mit hoher Relevanz für        der BApK das niedrigschwellige         und Weise, wie Menschen zusammenleben, prägt den Sozial-
                                                                                                                                                                                                                                                     Diese Ergänzende unabhängige         Ergänzenden unabhängigen
                                                                            den Alltag von Menschen mit          und zeitgemäße Beratungstele-          raum. Damit Inklusion gelingt, braucht es an vielen Orten Anstö-
  Der bvkm hat ein neues Projekt      qualifiziert werden, in ihrer                                                                                                                                                                                  Teilhabeberatung (EUTB) ist mit      Beratung beizutragen. Zielgrup-
                                                                            schwersten Behinderungen, die        fon an, mit dem sich Menschen          ße, Ressourcen, Unterstützung, Vernetzung und Engagement. Es
  gestartet: Mit der „Tandem-         Eigenschaft als „Experten/                                                                                                                                                                                     dem Bundesteilhabegesetz in          pen sind haupt- und ehrenamt-
                                                                            sich mit diesem oder einem an-       mit Fluchterfahrungen und              geht darum, ein Netz zu schaffen, das Anbieter, Dienstleister,
  qualifikation zur Durchführung      Expertinnen in eigener Sa-                                                                                                                                                                                     das SGB IX in § 32 implementiert     liche Beraterinnen und Berater
                                                                            grenzenden Thema beschäftigen.       anderem Migrationshintergrund          reguläre Angebote für alle BürgerInnen und ggf. auch familiäre
  von Bildungsmaßnahmen für           che“ als Ko-Referenten bzw.                                                                                                                                                                                    worden. Wir glauben, dass wir        für Menschen mit Behinderung
                                                                            Einsendeschluss: 30. November        Hilfe holen können, wenn sie           oder ehrenamtliche Unterstützung miteinander verbindet.
  Werkstatträte“ soll auch zu­        Ko-Referentinnen bei den                                                                                                                                                                                       als Fach- und Selbsthilfeorga-       und Familien mit behinderten
                                                                            2017. Der Förderpreis Leben          ihre seelische Balance verloren
  künftig der Bedarf an fachlich      Fortbildungen mitzuwirken.                                                                                                                                                                                     nisation behinderter Menschen        Angehörigen sowie die interes-
                                                                            pur 2018 ist mit 5.000 € dotiert.    haben. Präsenzzeiten des See-          Auf dem Projekttag werden Konzepte und Ideen vorgestellt, die
  qualifizierten und unab-                                                                                                                                                                                                                           und Eltern behinderter Kinder        sierte Fachöffentlichkeit aus den
                                                                            Der Preisträger wird von einer       leFon für Flüchtlinge: montags,        Begegnung im Sozialraum fördern, die Menschen mit Behinde-
  hängigen Fortbildungen für          Ziel ist es, dass Fortbildungen                                                                                                                                                                                und mit den Erfahrungen der          Verbänden und der Verwaltung.
                                                                            interdisziplinär zusammengesetz-     dienstags, mittwochs von 10 bis        rung an regulären Angeboten teilhaben lassen, die ihnen eine
  Werkstatträte gedeckt werden.       für Werkstatträte zukünftig                                                                                                                                                                                    letzten Jahre einen qualifizierten
                                                                            ten Jury der Stiftung Leben pur      12 Uhr sowie von 14 bis 15 Uhr.        Mitgestaltung ihrer Umgebung ermöglichen. Sechs Praxisbei-
  Die Ausbildung besteht aus:         gemeinsam von Fachreferenten                                                                                                                                                                                   fachlichen Beitrag zur Diskussi-     Die allgemeine Teilnahmegebühr
                                                                            ausgewählt. Weitere Informati-       Erreichbar ist es unter der Tele-      spiele aus den Reihen des bvkm zeigen, wie Anstöße für eine
                                      und Ko-Referenten durchge-                                                                                                                                                                                     on der unabhängigen Beratung         incl. Verpflegung beträgt 30,00
                                                                            onen, z. B. über Zielgruppe und      fonnummer 0228/71002425.               Öffnung und Nutzung des Sozialraums aussehen können. Sie
  Ausbildung zum Refe-                führt werden. Der bvkm führt                                                                                                                                                                                   leisten können. Auf dieser Fach-     Euro. Die Teilnahmegebühr für
                                                                            Ausschreibungskriterien, finden      https://www.bapk.de/aktu-              sind Ausgangspunkt für den Praxisaustausch dazu, wie diese An-
  renten/zur Referentin für           seit 1996 mit großem Erfolg                                                                                                                                                                                    veranstaltung möchten wir die        ehrenamtliche Peer-Berater*innen
                                                                            sich unter: www.stiftung-leben-      elles/artikel-presseberichte/          sätze in die eigene Arbeit übertragen werden können. Auch Fi-
  Werkstatt­rätefortbildungen         Fortbildungen für Werkstatträte                                                                                                                                                                                Akteure auf Bundes, Landes und       beträgt 10,00 Euro. Reisekosten
                                                                            pur.de/navigation-links/wissens-     fluechtlingstelefon.html               nanzierungswege für Projekte werden vorgestellt.
  Geplant ist die systematische       und ihre Vertrauenspersonen                                                                                                                                                                                    Betroffenenebene zusammenfüh-        werden nicht übernommen.
                                                                            austausch/foerderpreis.html.
  Ausbildung von Referenten und       durch. Die Bildungsangebote                                                                                                                                                                                    ren, unterschiedliche Sichtweisen    Der Tagungsort ist barrierefrei.
                                                                            www.stiftung-leben-pur.de                                                   Anmeldung und Programm unter:
  Referentinnen für die selbststän-   zeichnen sich durch                                                                                                                                                                                            zu den Förderkriterien wie z.B.
                                                                                                                 Förderfinder-App online                www.bvkm.de/ueber-uns/veranstaltungen/
  dige Leitung von Fortbildungen      Einrichtungsunabhängigkeit,                                                                                                                                                                                    Peer-Beratung, niedrigschwellige     Kontakt: Hülya Turhan,
  für Werkstatträte. Angesprochen     Parteilichkeit für die Interessen                                                                                                                                                                              unabhängige und sozialraumori-       Tel. 0211-64 00 4-22,
                                                                            Leitfaden zum Umgang mit             REHADAT hat die erste App zur          Kontakt: Anne Willeke, Tel. 0211-64 00 4-21,
  werden dabei insbesondere           der Werkstattbeschäftigten und                                                                                                                                                                                 entierte Beratung diskutieren und    E-Mail: huelya.turhan@bvkm.de
                                                                            Sterben, Tod und Trauer in           Suche nach Fördermöglichkeiten         E-Mail: anne.willeke@bvkm.de, www.bvkm.de
  Absolventinnen und Absol-           einen hohen Praxisbezug aus.                                                                                                                                                                                   die Beteiligung der Interessens-     www.bvkm.de
                                                                            Wohnangeboten                        für die berufliche Teilhabe von
  venten von Fachrichtungen wie                                                                                  (schwer)behinderten Men-
  Rehabilitationswissenschaften,      Das Projekt läuft bis Juni 2019.      Zunehmend müssen sich Wohn-          schen in Deutschland veröf-
  Erziehungswissenschaften,           Interessierte können sich             angebote (stationär & ambulant)      fentlicht. Arbeitgeber, Berater     nützliche Links zu Ansprechpart-     Immer wissen, was läuft! Abon-
  Pädagogik, Sozialpädagogik          melden bei: bvkm, Reinhard            mit dem Thema Tod, Sterbebe-         und Betroffene können nach          nern oder direkt zum jeweiligen      nieren Sie den wöchentlichen
  und Psychologie aus Uni-            Jankuhn (Projektleitung)              gleitung und Trauerbewältigung       bundesweiter Regelförderung         Programm. Ein umfangreiches          bvkm-Newsletter „kurz & knapp“
  versitäten, Fachhochschu-           Tel. 0211-64 00 4-13 // E-Mail:       auseinandersetzen. Aus diesem        oder nach Sonderförderprogram-      Lexikon der beruflichen Teilhabe     mit aktuellen Meldungen, An-
  len und Hochschulen.                reinhard.jankuhn@bvkm.de

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Foto: gesellschaftsbilder.de / Andi Weiland
                                                                            Grund hat die Lebenshilfe Aachen     men der Länder suchen – bis         ergänzt die barrierefreie App.       kündigungen und Terminen.
                                                                            einen Leitfaden als Hilfestellung    jetzt sind über 50 verschiedene     Die kostenlose Förderfinder-         Auf unserer Website unter
  Ausbildung von Werkstat-            Gefördert wird das Projekt aus        für die Mitarbeitenden und als       Fördermöglichkeiten vorhan-         App ist in den App-Stores der        www.bvkm.de/newsletter
  träten zum Ko-Referenten/           Mitteln der Aktion Mensch.            Ergänzung zum Konzept „Pallia-       den. Der Nutzer kann die Suche      jeweiligen Anbieter erhältlich.
  zur Ko-Referentin                   Weitere Informationen zu              tive Care“ verfasst. Er stellt den   individuell gestalten und erfährt   Kontakt für Rückfragen: Andrea
  Parallel dazu sollen Menschen       den Ausbildungsmodali-                wesentlichen Handlungsablauf         in der Detailansicht mehr über      Kurtenacker, Tel. 0221 4981-
  mit Behinderung, die in einem       täten unter www.bvkm.de               und Informationen zusammen,          Zielgruppe, genaue Inhalte,         848, kurtenacker@iwkoeln.de
  Werkstattrat tätig sind, dazu                                             um in Ruhe alle notwendigen          Laufzeit und Umfang der För-
                                                                            Schritte beim Sterbefall ein-        derung. Außerdem bekommt er

2                                                                                                                                      Das Band      Ausgabe 3/17                                                                                                                                                       3
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
BVKM

» p i n n wa n d

       Duisburg                                                                                                                  
                                                                                                             Hier könnte auch eine Meldung über
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                                                                                                                                                                                        Eisenach

                                                                                                                                                                                        Sommerfest in Eisenach
                                                                                                                                                                                                                                                                      Esslingen

                                                                                                                                                                                                                                                                     Rückenwind übergibt Sche
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    ck
       Urban Gardening – Kunterbuntgruppe
       verschönert das Quartier                                                                                   E-Mail: dasband@bvkm.de                                                                                                                             Zur Scheckübergabe auf der Bau
                                                                                                                                                                                                                                                                                                        stelle trafen sich Vertreterinnen
                                                                                                                                                                                                                                                                     Rückenwind mit einem Team der                                          des Vereins
       Im Rahmen des jährlichen Um-                  Gruppe des VKM Duisburg                                                                                                                                                                                                                             Familienherberge in Illingen-Sch
                                                                                                                                                                                                                                                                     Euro sind der Erlös der letzten                                         ützingen. Stolze 6000
       welttages der Stadt Duisburg mit              e.V. aktiv mit eingebracht. Im                                                                                                                                                                                                                  Weihnachtspackaktion die im
                                                                                                                                                                                                                                                                     stattfand. Das Geld wurde nun                                     DAS ES! Esslingen
       dem Thema „Urban Gardening“                   Quartier am Michaelsplatz im                                                                                                                                                                                                                     an das Projekt Familienherberge
                                                                                                                                                                                                                                                                    Mitglieder von Rückenwind pfle                                         übergeben. Die meisten
       hat sich die Kunterbunt-Kinder-               Stadtteil Wanheimerort hat sich                                                                                                                                                                                                                  gen seit vielen Jahren ihr eigenes
                                                                                                                                                                                                                                                                    ist eine extrem fordernde Sorg                                          behindertes Kind. Dies
                                                     die inklusive Samstagsgruppe ver-                                                                                                                                                                                                              earbeit, die alle Lebensbereiche
                                                                                                                                                                                                                                                                    Freizeitmöglichkeiten und Urla                                      eine r Familie betrifft.
                                                     abredet. Mit Blümchen, Erde und                                                                                                                                                                                                                ubsziele sind meist nicht auf Men
                                                                                                               Esslingen                                                                                                                                           Pflegebedarf haben, eingestellt.                                       schen, die einen hohen
                                                     Schaufeln bewaffnet wurden die                                                                                                                                                                                                                   Eltern und Geschwisterkinder
                                                                                                                                                                                                                                                                   eine Auszeit genießen können                                        werden dort zukünftig
                                                     Baumscheiben vor der Michaels-                                                                                                                                                                                                                , während das besondere Kind
                                                                                                               Inklusives Rolli-Basketball-Turnier                                                                                                                 professionell gepflegt und gefö
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    rdert wird. Rückenwindfamilien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      im selben Haus
                                                     kirche bepflanzt. Die besonderen                                                                                                                                                                              dieses Urlaubsdomizil jetzt im                                       sind überglücklich, dass
                                                     Hingucker sind bepflanzte Gummi-                                                                                                                                                                                                              Ländle entsteht.
                                                                                                               Schon zum zweiten Mal veranstaltete der Basketballverein                                                                                            www.familienherberge-lebensw
                                                     stiefel, die schonend an die alten                                                                                                                                                                                                              eg.de
                                                                                                               Hellas Esslingen zusammen mit dem Verein für Körperbehinderte
                                                     Bäume angebracht wurden. Die
                                                                                                               Esslingen (VfK) ein Rollstuhlbasketball-Turnier unter dem Motto          Mitte Juli fand das diesjährige Sommerfest statt. Von 14 bis 17 Uhr
                                                     Aktion stieß auf großes Interesse
                                                                                                               „Gemeinsam unbehindert“. Unterstützt von einigen Profi-Spielern          waren die Türen des Vereinssitzes in der Rudolf-Breitscheid-Straße 7a
                                                     bei Anwohnern und Nachbarn.
                                                                                                               des RSKV Tübingen, zeigte der ehemalige Bundesligacoach                  für Mitarbeiter, Mitglieder und Gäste aller Art geöffnet. Zahlreiche
                                                     www.vkm-duisburg.de
                                                                                                               Michael Haidle den Kindern und Jugendlichen Grundlagen                   Menschen fanden an jenem Tag den Weg zum Verein, darunter auch
                                                                                                               des Rollstuhlbasketballs. Bei dem Turnier ging es nicht nur              der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow, der während des
                                                                                                               um den Wettbewerb sondern auch um Inklusion. Kinder und                  Nachmittags eine bewegende Rede hielt. Ebenso wurde der Landrat des
                                                                                                               Jugendliche mit und ohne Behinderung sollten durch den Sport             Wartburgkreises Reinhard Krebs freundlich als Gast empfangen und be-
                                                                                                               zusammengebracht werden. Für die Verantwortlichen war das                grüßt. Eis, Hüpfburg und viele andere Aktionen sorgten bei den kleinen
                                                                        Weitere Informationen                  Rollstuhlbasketball-Turnier ein voller Erfolg: Sie freuten sich über     Gästen für viel Spaß. Um dem Fest eine lockere Atmosphäre zu verlei-
                                                                        unter www.bvkm.de                      die gestiegene Besucherzahl und das rege Interesse der Aktiven.          hen, kreierte Komiker Martin Fromme mit einem vorgetragenen Auszug
                                                                                                               www.vfk-es.de                                                            aus seinem Programm „Besser Arm ab als arm dran“ lustige Momente.

                                                                                                                                                                                        www.vdb-wartburgkreis.de
                  Ludweiler

                  Kyu-Prüfung in Päd-Ka
                                                                             „Päd-Ka“ (Pä-                                                                                            Meerbusch
                  Seit zweieinhalb Jahren bietet der TV Ludweiler
                                      e)  für Mens   chen  mit   Behin   derun   g an. Zweimal                   Königsbrunn
                  dagogisches Karat
                                                                          oder   körpe rlicher                                                                                        Ferien vor Ort
                  wöchentlich können Menschen mit geistiger
                  oder Mehrfachbehinderung für eine Stund             e  trainie ren.  Auch                      Preis für Fritz-Felsenstein-Haus
                                                                            Training wird geleitet                                                                                    In den Ferien freiwillig zur Schule gehen? Für jeweils 15 Schüler der
                  Rollstuhlfahrer sind herzlich willkommen. Das
                                                  n Gottf ried  Graeb    ner   (7. DAN). Ziele                   Das Fritz-Felsenstein-Haus in Königsbrunn ist mit                    Mosaikschule in Grevenbroich und der Sebastianus-Schule in Kaarst          Velbert
                   von dem Arbeitspäd     agoge
                                              a. die Steige  rung    der   Leistu ngsfähigkeit                   dem BGW Gesundheitspreis 2017 ausgezeichnet                          war das gar keine Frage. Hier wurde ihnen in den ersten drei Sommer-
                   des Traini ngs sind in  u.
                   und die Schaffung eines Ausgleichs bei          Bewe    gungs   mangel. Wie                   worden. Die Berufsgenossenschaft für Gesund-                         ferienwochen ein abwechslungsreiches Programm in ihrer gewohnten           Ferienspiele in Velbert
                                                      a der Gesun     dheits  vorso  rge, der                    heitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) würdigte                      Umgebung geboten. Jede Woche bekam ein anderes Motto: In der
                   jeder Sport, dient auch Päd-K
                                                 etenz  und   gesell  schaft  lich benac   h­teiligter           mit dem Preis vorbildliches Engagement für die                       ersten Ferienwoche standen unter dem Motto „Cowboy und India-              Der Verein Pro Mobil hat zum dritten Mal in Folge in Kooperation mit der Schule am
                   Förderung sozialer    Komp
                                                                                n in diesem                                                                                           ner“ das Basteln von Kopfbedeckungen und Traumfängern, Ausflüge
                    Gruppen. Koordination und Konzentration stehe                                                Gesundheit und Sicherheit im Betrieb. Das Fritz-                                                                                                Thekbusch das Ferienprogramm angeboten. Drei Wochen dauerte der Spaß, die meisten
                                                                               und Selbstver-                                                                                         mit Planwagen und in den Tannenbusch und eine Schnitzeljagd auf
                    Training an erster Stelle, aber auch Stressabbau                                             Felsenstein-Haus ist in Königsbrunn im Landkreis                                                                                                Kinder waren zum wiederholten Male dabei. Der Verein Pro Mobil hat gemeinsam mit
                                                      chläss  igt.  Im  Juni  2017    konnten                    Augsburg angesiedelt. 280 Kinder und Jugendliche                     dem Programm. In der zweiten Woche ging es um „Wasser, Luft und            einem Team von neun Betreuerinnen und Betreuern den Ferienspaß für Förderschüler
                    teidigung werden nicht verna
                                                  a-Trai nings   erfolg   reich  die Prüfu  ng                   sowie 70 Erwachsene mit Körper- und Mehrfach-                        Elemente“. Neben den Ausflügen nach Toverland und Bobolandia wurde         organisiert. Das Motto: Sommer, Sonne, Ferienspaß. Und Regen? Kein Problem. Eine
                    fünf Mitglieder des    Päd-K
                                                 en. Die  Gürte   l  wurde   n  vom   Vizepräsi-                 behinderung werden hier beim Lernen, Leben,                          auch modelliert und gemalt. Die dritte Woche war „kunterbunt“. Das         Hüpfburg in der Turnhalle, Bastelangebote und andere spannende Dinge sorgten dafür,
                    zum gelbe   n Gürte l ableg
                                                                                e.V.) überreicht.                                                                                     Angebot des Vereins für Behinderte e. V. Meerbusch, der das Programm
                     denten des SKV (Saarländischer Karateverband                                                Wohnen und Arbeiten begleitet. Dafür sind rund                                                                                                  dass es den Kinder und Jugendlichen im Ferienspaß von Pro Mobi nicht langweilig wurde.
                                                     TV  Ludw   eiler,                                           400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz.                     mit finanzieller Unterstützung des Rhein-Kreises Neuss und der Sparkasse   www.pmobil.de
                     Kontakt: Susanne Schwarz,
                                                                                                                 www.felsenstein.org                                                  Neuss, sowie aus Mitteln der Sparkassenstiftung im Rhein Kreis Neuss
                     Abt. Karate, 0160/96 86 93 26,
                                                                                                                                                                                      organisiert, ermöglicht es damit auch Kindern mit Behinderung, eine
                     www.tvl-karate.de
                                                                                                                                                                                      sorglose, abwechslungsreiche und spannende Ferienzeit zu erleben.
                                                                                                                                                                                      www.vfb-meerbusch.de

4                                                                                                                                                                    Das Band          Ausgabe 3/17                                                                                                                                                                  5
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
THEMA

                                                                                                                                                                                                                                                                    ■ EINFACHE SPRACHE

 Leben mit einem                                                                                                                                                                                                                                                    Christa Büker ist eine Expertin. Sie hat eine Um-Frage mit
                                                                                                                                                                                                                                                                    Müttern gemacht. Diese Mütter haben ein behindertes
                                                                                                                                                                                                                                                                    Kind. Frau Büker wollte wissen, wie die Mütter mit der

behinderten Kind                                                                                                                                                                                                                                                    Behinderung ihres Kindes zurecht kommen. Frau Büker
                                                                                                                                                                                                                                                                    hat herausgefunden, dass Mütter mit einem behinderten
                                                                                                                                                                                                                                                                    Kind nach der Geburt verschiedene Abschnitte erleben.
                                                                                                                                                                                                                                                                    Im ers­ten Abschnitt sind die Mütter sehr traurig, weil das
         Bewältigungshandeln pflegender Mütter
                                                                                                                                                                                                                                                                    Kind eine Behinderung hat. Sie wissen oft nicht, wie es
                                                       Christa Büker                                                                                                                                                                                                weitergehen soll. Im zweiten Abschnitt danach geht es
                                                                                                                                                                                                                                                                    den Müttern dann schon etwas besser. Im dritten Ab-
                                                                                                                                                                                                                                                                    schnitt sammeln sie sehr viele Informationen über die
                                                                                                                                                                                                                                                                    Behinderung des Kindes. Im vierten Abschnitt haben die
        Die Geburt eines behinderten Kindes ist ein Einschnitt, der                                                                                                                                                                                                 Mütter schon ganz viel Erfahrung mit der Behinderung.
                                                                                                                                                                                                                                                                    Sie haben jetzt keine Angst mehr. Im fünften Abschnitt
        das Leben der betroffenen Familien nachhaltig verändert.
                                                                                                                                                                                                                                                                    werden Müttern dann zu Expertinnen. Sie wissen fast al-
    Wie lernen die Mütter, mit dieser neuen Situation umzuge-
                                                                                                                                                                                                                                                                    les über die Behinderung und schließen sich oft mit ande-

                                                                                                                                                                                                                                             Fotos: Michael Bause
        hen? Und wie bewältigen sie im Laufe der Zeit die neuen
                                                                                                                                                                                                                                                                    ren Eltern zusammen. Frau Büker sagt aber auch, dass es
          Herausforderungen? Eine qualitative Studie bietet einen                                                                                                                                                                                                   sehr wichtig ist, die Mütter zu unterstützen.            ■
          Einblick in das Bewältigungshandeln pflegender Mütter.
                                                                          Die Fotos von Michael Bause auf den Seiten 6-22 sind illustrierend. Sie zeigen Kinder und MitarbeiterInnen des Integrativen Montessori Kindergarten/Familienzen-
                                                                          trums des Vereins „Menschen im Zentrum e. V.“ in Mönchengladbach. www.das-z-mg.de

             U
                          nter den 6,9 Millionen Menschen mit Behin-      trachtungsweise. Es konnte aufgezeigt werden, dass es                         da dieses Konzept die Handlungsdimensionen von Be-                 sich auf die Bewältigung der behinderungsbedingten
                          derungen in Deutschland gelten etwa 160 000     vielen Familien durchaus gelingt, ihr Leben mit einem                         wältigung in den Blick nimmt und temporale Aspekte be-             Herausforderungen. Dabei wird deutlich, dass das Be-
                          Kinder und Jugendliche als schwerbehindert      behinderten Kind trotz der enormen Herausforde-                               rücksichtigt. In Anbetracht der Zielsetzung der Untersu-           wältigungshandeln pflegender Mütter sich als ein Pro-
                          (Statistisches Bundesamt 2009). Kinder mit      rungen zu bewältigen. In Folge richtete sich der Fokus                        chung erschien es notwendig, die Sicht der Betroffenen             zess charakterisieren lässt, in dem verschiedene Phasen
               Behinderungen stellen demnach eine zahlenmäßig eher        wissenschaftlicher Untersuchungen vermehrt auf das                            in den Mittelpunkt zu stellen, da sie die Einzigen sind, die       identifiziert werden können. Im Verlauf dieses Prozesses
               kleine Bevölkerungsgruppe dar. Dennoch handelt es sich     Bewältigungsgeschehen, allerdings in erster Linie auf                         in umfassender Weise über ihre Lebenssituation und ih-             vollziehen die Mütter eine beeindruckende Entwicklung:
               um eine besonders vulnerable Gruppe, die vielfältigen      psychische Aspekte von Bewältigung.                                           ren Alltag Auskunft geben können. Der Forschungsarbeit             aus anfänglich tiefer Verzweiflung und Hilflosigkeit hin
               gesundheitlichen Risiken ausgesetzt ist und oftmals ei-                                                                                  wurde daher ein qualitatives Forschungsdesign zugrunde             zu einer zunächst angepassten, später lernenden und
               ner besonderen Versorgung bedarf. Viele der Kinder sind Dem Bewältigungsgeschehen auf der Handlungsebene,                                gelegt. Mit insgesamt 27 Müttern schwerstbehinderter               schließlich Spezialistenstatus einnehmenden Persön-
               lebenslang auf umfangreiche medizinische, rehabilitativealso dem Umgang mit Krankheit und Behinderung im                                 Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und 17 Jahren,              lichkeit. Zu den zentralen Erkenntnissen der Untersu-
               und präventive Maßnahmen, pflegerische Unterstützung    Alltag der Familien, wurde eher wenig Beachtung ge-                              die zugleich auch als pflegebedürftig anerkannt waren,             chung gehört die Herausarbeitung einer Verlaufskurve
               sowie Hilfe bei Alltagsaktivitäten angewiesen.          schenkt. Die Bearbeitung dieser Lücke war das Ziel einer                         konnten leitfadengestützte Interviews durchgeführt wer-            des mütterlichen Bewältigungshandelns. Im Folgenden
                                                                       empirischen Untersuchung (Büker 2010), deren zentra-                             den. Die Auswertung erfolgte in Anlehnung an die Prin-             sollen zunächst die einzelnen Phasen dieses Prozesses
               Das Leben mit einer Behinderung ist jedoch nicht nur le Ergebnisse nachfolgend vorgestellt werden.                                       zipien der Grounded Theory (Glaser/Strauss 2005).                  näher betrachtet werden. Auszüge aus den Interviews
               für die Betroffenen mit weitreichenden Konsequenzen                                                                                                                                                         veranschaulichen und unterstreichen dabei wesentliche
               verbunden, sondern auch für die Familien, die sich mit                                                                                                                                                      Erkenntnisse.
               einem komplexen Versorgungsbedarf ihres Kindes kon- Studie untersucht Bewältigungshandeln                                                Geburt als „biografische Zäsur“
               frontiert sehen und diesen über lange Zeit bewältigen
               müssen. Die Situation von Familien mit einem behin- Bewusst richtete sich der Fokus der Untersuchung auf                                 Wie die empirische Untersuchung aufzeigt, beeinflusst              Bewältigung als Prozess
               derten Kind ist bereits seit Jahrzehnten Gegenstand um- die Person der Mutter. Sie ist in aller Regel diejenige,                         eine kindliche Behinderung das Leben der betroffenen
               fangreicher Forschungsaktivitäten.                      die sich vorrangig um das Kind kümmert und den Groß-                             Mütter in nachhaltiger Weise. Der Schicksalsschlag                 Phase I: Handlungsunfähigkeit
                                                                       teil der Pflege und Versorgung leistet. Gefragt wurde                            kommt einer „biografischen Zäsur“ gleich (Bury 2009).              Den Ausgangspunkt im Bewältigungsgeschehen bildet
               Lange Zeit stand die Belastungssituation von betrof- im Einzelnen nach den Herausforderungen und Hand-                                   Er bewirkt eine Aufteilung des Lebens in die Zeit davor            die mehr oder weniger plötzliche Wahrnehmung einer
               fenen Familien im Mittelpunkt wissenschaftlicher Un- lungserfordernissen im täglichen Leben mit einem be-                                und die Zeit danach. Die daraus resultierenden Verän-              gesundheitlichen Beeinträchtigung des Kindes. Diese
               tersuchungen. Das behinderte Kind wurde quasi zur hinderten Kind, nach dem daraus resultierenden kon-                                    derungen betreffen alle Bereiche des Lebens: Alltag,               erste Phase ist gekennzeichnet von einer tiefgreifen-
               Tragödie erklärt, von der sich die Familie nie wieder kreten Bewältigungshandeln der Mütter sowie nach                                   Familie und Partnerschaft, Beruf, soziale Kontakte, Frei-          den Erschütterung der Mütter. Je nachdem, ob eine
               erholt und die die Familie sogar potenziell gefährdet. den Veränderungen des Bewältigungshandelns im Zeit-                               zeit und die eigene Biografie. In all diesen Bereichen             Diagnosestellung plötzlich und unerwartet oder nach
               Erst mit zunehmender Kritik an diesem Eindruck einer verlauf. Ihre theoretische Verortung fand die Arbeit im                             gilt es, die anstehenden Herausforderungen zu bewäl-               einer Zeit der Ungewissheit unter dem Damokles-
               „behinderten“ Familie kam es zu einem Wandel der Be- Trajektkonzept von Corbin/Strauss (Corbin et al. 2009),                             tigen. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren                schwert eines ungeheuerlich erscheinenden Verdachts

6                                                                                                                             Das Band                   Ausgabe 3/17                                                                                                                                                     7
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
THEMA

        geschieht, durchleben die Mütter in dieser Phase eine      nahmen treffen auf eine Leerstelle im Erfahrungsreper-       identifizieren, deren Kernaufgabe in der dauerhaften
        existenzielle Krise, gekennzeichnet durch einen schwe-     toire der Mütter. Mehr oder weniger hilflos und einge-       Ausgestaltung des Lebens mit einem behinderten Kind
        ren Schock, lähmendes Entsetzen und tiefe Trauer. Fast     schüchtert „irren“ sie durch das Versorgungssystem und       liegt. Die Behinderung und der Umgang damit bilden
        alle interviewten Mütter konnten sich auch nach Jah-       fügen sich unhinterfragt den Anweisungen der professi-       inzwischen einen inhärenten Bestandteil des Lebens der
        ren noch sehr deutlich an den Moment der Diagnose-         onellen Akteure, wie das folgende Interviewzitat zeigt:      Mütter. Die erworbenen Kompetenzen werden in Rou-
        stellung erinnern, wie diese Mutter, der am Tag nach       „Das ist schon wie, ja, hilflos alleine in einem Urwald      tinen überführt und durch Erfahrungslernen weiterent-
        der Entbindung mitgeteilt wurde, dass ihr Kind ein         stehen. Ich wusste gar nicht, was es da gab an The-          wickelt: „Mittlerweile ist es auch so, ich geh’ da nicht
        Down-Syndrom hat:                                          rapien oder so. Und dann hat mir die Frühförderung           mehr einfach so immer mit ihm zum Arzt. Ich hol’ die
        „Da ist man auch so geschockt und so weit unten. Und       gesagt: ‚Geh mal zur Krankengymnastik.‘ Und die hat          Medikamente (…). Wir wissen ja mittlerweile, was wir
        tief unten in einem so großen, tiefen, schwarzen Loch      mir dann gesagt: ‚Du kannst da und da einen Antrag           machen müssen“ (M 06: 109 – 110).
        (…). Im fünften Stock lag ich da oben und ich hab’ be-     stellen.‘ Und dann habe ich das alles so gemacht“ (M         Mit dem Älterwerden des Kindes, der immer größeren
        stimmt mehr als einmal gedacht, ob ich da rausspringe      08: 343 – 345).                                              Vertrautheit auch mit krisenhaften Auswirkungen der        stung wird jedoch im hiesigen Gesundheits- und Sozialsy-
        oder nicht. Oder sollte ich lieber mein Kind da raus-      Die vorherrschenden Bewältigungsmuster in dieser             Behinderung, dem Zugewinn an Handlungssicherheit,          stem bislang nicht hinreichend Rechnung getragen. Nach
        schmeißen?“ (M 09: 478 – 482).                             Phase sind die der Anpassung an die Situation und der        bedingt durch kontinuierlich steigende Kompetenz und       wie vor erfolgt eine Konzentration auf das gesundheitlich
        Das bisherige Leben scheint sich in diesem Moment in       Versuch, allen Anforderungen gerecht zu werden. Im           Erfahrung, gelingt es den Müttern, die Herausforde-        beeinträchtigte Kind, während den Bedürfnissen der Fa-
        nahezu vollständiger Auflösung zu befinden. Zentra-        Alltag bemühen sich die Mütter geradezu verzweifelt          rungen nicht nur zu meistern, sondern als Normalität in    milien vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt
                                                                   um ein Festhalten an gewohnten Routinen. Wenn-               den Alltag zu integrieren.                                 wird. Bisher vorhandene Entlastungsangebote wie Kurz-
                                                                   gleich die kindliche Gesundheitsstörung klar vor Au-                                                                    zeitpflegeeinrichtungen für pflegebedürftige Kinder oder
                                                                   gen steht, leben sie faktisch noch in ihrer alten Welt       Phase V: Spezialistentum                                   Familienunterstützende Dienste sind entweder noch
                                                                   und in der Hoffnung auf eine Rückkehr zum früheren           In der fünften Phase hat sich das Leben mit dem be-        nicht flächendeckend vorhanden oder wirken lediglich
                                                                   Leben. Noch haben sie nicht realisiert, dass ihnen dies      hinderten Kind weitgehend stabilisiert und läuft in ge-    punktuell entlastend. Es fehlt an einer Gesamtkonzep-
                                                                   nicht möglich und ein dauerhafter Wandel unumgäng-           wohnten Bahnen. Viele Mütter haben sich inzwischen         tion, die den speziellen Bedürfnissen insbesondere der
                                                                   lich sein wird.                                              zu regelrechten Spezialisten entwickelt. Auf der Basis     Mütter Rechnung trägt und passgenaue Unterstützung
                                                                                                                                weitreichenden theoretischen und handlungsprak-            zum richtigen Zeitpunkt bereithält. Ein zentrales Ergeb-
                                                                   Phase III: Sukzessiver Kompetenzzuwachs                      tischen Wissens sowie mittlerweile jahrelanger Erfah-      nis der empirischen Untersuchung bildet die Erkenntnis,
                                                                   Mit Eintreten in die dritte Phase wird den Müttern die       rung haben sie eine hohe Expertise herausgebildet,         dass wirksame Unterstützungsmaßnahmen einer Orien-
                                                                   Nachhaltigkeit der Auswirkungen der kindlichen Ge-           ähnlich der Expertise professioneller Akteure. Im Unter-   tierung entlang der Verlaufskurve bedürfen. Eine zentrale
                                                                   sundheitsstörung zunehmend bewusst. Es kristallisiert        schied zu diesen handelt es sich jedoch nicht um ein       Rolle bei der Unterstützung von Familien mit einem be-
                                                                   sich heraus, dass ein einigermaßen geordnetes „Wei-          generelles Spezialistentum. Vielmehr handelt es sich       hinderten Kind könnte der professionellen Pflege zukom-
                                                                   terleben“ auf Dauer nur gelingen kann, wenn sie sich         um eine von hoher Individualität geprägte Expertise,       men. Entsprechende Möglichkeiten gibt es bereits heute,
                                                                   der Situation stellen und gezielt Strategien zu ihrer        gepaart aus Fachwissen und Vertrautheit mit den per-       beispielsweise durch häusliche Schulung und Beratung
                                                                   Bewältigung entwerfen. Im Folgenden durchleben sie           sönlichen Eigenarten des Kindes, wie das nachfolgende      nach dem Pflegeversicherungsgesetz oder im Rahmen
                                                                   einen Entwicklungsprozess, dessen zentrales Merkmal          Interviewzitat eindrücklich zeigt:                         der sozialpädiatrischen Nachsorge. Wünschenswert wäre
                                                                   das Lernen ist. In großem Umfang werden Wissen, Fer-         „Und der Epileptologe sagt mir jedes Mal, er sei der       ferner ein Ausbau eines zielgruppenspezifischen Case
                                                                   tigkeiten und Fähigkeiten erworben, um die Vorausset-        Spezialist der Epilepsie. Aber ich bin im Grunde ge-       Managements. Als weiteres vielversprechendes Konzept
                                                                   zungen für ein Leben mit einem behinderten Kind zu           nommen der Spezialist für diese Epilepsie“ (M 23: 453      könnte die Familiengesundheitspflege wirksame Unter-
                                                                   schaffen, wie diese Mutter verdeutlicht:                     – 455).                                                    stützung von betroffenen Familien leisten.
                                                                   „Was ich weiß, habe ich vorwiegend aus Büchern,              Gesundheitliche Krisen des Kindes können bereits oft-
                                                                   auch Fachbücher. Also ich hab’ einfach viel gelesen.         mals im Vorfeld erspürt werden und die Mütter han-
                                                                   Man beschäftigt sich damit. Und bei der Krankengym-          deln ohne große Überlegungen intuitiv richtig, um sie      Literatur
                                                                                                                                                                                           Büker, C. (2010): Leben mit einem behinderten Kind. Bewälti-
                                                                   nastin, bei der habe ich mir viel abgeguckt“ (M 24:          zu bewältigen. Sie haben ein hohes Vertrauen in die
                                                                                                                                                                                           gungshandeln pflegender Mütter im Zeitverlauf. Bern: Huber
        le Aufgabe der ersten Phase ist die Bewältigung des        300 – 303).                                                  eigenen Fähigkeiten und eine hohe Problemlösungs-          Bury, M. (2009): Chronische Krankheit als biografischer Bruch.
        Traumas und die Überwindung der schockbedingten            Angepasstheit und Passivität sind überwunden, ak-            kompetenz.                                                 In: Schaeffer, D. (Hrsg.): Bewältigung chronischer Krankheit im
        Handlungsunfähigkeit.                                      tives Lernen wird zur zentralen Handlungsstrategie.                                                                     Lebenslauf. Bern: Huber, S. 75 – 90
                                                                                                                                                                                           Corbin, J.; Hildenbrand, B.; Schaeffer, D. (2009): Das Trajektkon-
                                                                   Damit gelingt den Müttern zugleich die Rückgewin-                                                                       zept. In: Schaeffer, D. (Hrsg.): Bewältigung chronischer Krankheit
        Phase II: Anpassungsbemühungen                             nung der Selbstbestimmung über das eigene Leben              Mütter bedürfen Unterstützung                              im Lebenslauf. Bern: Huber, S. 55 – 74
        Unmittelbar nach dem Abklingen der ersten Schocksymp­      und das ihres Kindes. Außerdem ist ihnen bewusst             entlang der Verlaufskurve                                  Glaser, B.G.; Strauss, A. L. (2005): Grounded Theory. Strategien
                                                                                                                                                                                           qualitativer Forschung. 2. Auflage. Bern: Huber
        tome, sehen sich die Mütter in der zweiten Phase mit den   geworden, dass sie zwar in einem gut ausgebauten                                                                        Statistisches Bundesamt (2009): Statistik der schwerbehinderten
        Konsequenzen der kindlichen Gesundheitsstörung kon-        Gesundheitssystem leben, dort aber weitgehend auf            Die Tatsache, dass den meisten Müttern eine Bewälti-       Menschen. Kurzbericht. Wiesbaden
        frontiert. Die ersten Monate nach Manifestierung der       sich allein gestellt sind und es entscheidend auf ihre       gung ihrer Lebenssituation gelingt, darf nicht darüber
        Diagnose sind oftmals geprägt von erheblichen Turbu-       Eigeninitiative ankommt.                                     hinwegtäuschen, dass es sich bei der Zuständigkeit für     Kontakt
                                                                                                                                                                                           Prof. Dr. Christa Büker, Fachhochschule Bielefeld,
        lenzen, großer Unsicherheit und Orientierungslosigkeit.                                                                 ein behindertes Kind um eine äußerst kräftezehrende        christa.bueker@fh-bielefeld.de
        Schwer zu deutende (Verhaltens-)Auffälligkeiten des        Phase IV: Routinisierung                                     Angelegenheit handelt und die Mütter im wahrsten
                                                                                                                                                                                           Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in der Zeitschrift
        Kindes, der Bedarf an speziellen Pflegemaßnahmen und       Nach einer Zeit intensiver Lerntätigkeit lässt sich im Be-   Sinne des Wortes „Schwerstarbeit“ verrichten. Ihren        „Die Schwester/Der Pfleger“, 51. Jahrgang, Ausgabe 8/2012,
        die Notwendigkeit vielfältiger Therapie- und Fördermaß-    wältigungshandeln pflegender Mütter eine neue Phase          berechtigten Wünschen nach Unterstützung und Entla-        S. 814-818.

8                                                                                                                  Das Band     Ausgabe 3/17                                                                                                                    9
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
THEMA

               „Einen normalen Alltag
               gibt es nicht“
                                                                                                                                                                                                                                                                                       „Den Eltern ist es
                                                                                                                                                                                                                                                                                       besonders wichtig,
                                                                                                                                                                                                                                                                                       dass ihre Kinder
                                                                                                                                                                                                                                                                                       selbstständig
                                                                                                                                                                                                                                                                                       werden, sie sich
               Wie Eltern von chronisch kranken Kindern ihre Situation erleben                                                                                                                                                                                                         wie andere Kinder
                                                                                                                                                                                                                                                                                       auch entwickeln
               Sandra Bachmann                                                                                                                                                                                                                                                         und verhalten

                                                                                                                                       Fotos: Michael Bause
                                                                                                                                                                                                                                                                                       können und sie in
                                                                                                                                                                                                                                                                                       ihrer Lebensqualität
                                                                                                                                                                                                                                                                                       nicht eingeschränkt
                                                                                                                                                                                                                                                                                       werden.“

 Ob Asthma, Epilepsie, Krebserkrankungen oder Rheuma im                   Folge haben, wie die Fanconi-Anämie wurden ebenfalls                                nischen Erkrankung und die damit verbundene, nicht         werden. Sie wünschen sich stabile Phasen und weniger
                                                                          in die Untersuchung mit aufgenommen. Die Ergebnisse                                 planbare Zukunft für ihr Kind. Die Nebenwirkungen der      akute und unvorhersehbare Ereignisse, da diese meist mit
 Kindesalter, alle diese Krankheiten haben gemein, dass sie den
                                                                          der Untersuchung zeigten unterschiedliche Auswir-                                   Therapie und die Sorge, dass ihre heranwachsenden Kin-     einer Verschlechterungen des Gesundheitszustands und
 Alltag der betroffenen Kinder und ihrer Familien auf den Kopf            kungen der chronischen Erkrankung eines Kindes auf die                              der die Therapie verweigern, belasten die Eltern und das   erheblichen Einschnitten der wiedergewonnenen Nor-
 stellen. Die Familien sehen sich konfrontiert mit existentiellen         gesamte Familie und das soziale Umfeld. Eine chronische                             gesamtes Familienleben zusätzlich.                         malität im Familienalltag verbunden ist. Für ihre Kinder
                                                                          Erkrankung oder Behinderung bedeutet besonders für die                                                                                         wünschen sich die Eltern ein glückliches Leben und eine
 Fragen aber zugleich auch mit alltäglichen Fragen wie: Wer
                                                                          Eltern, aber auch für das gesamte soziale Netz, eine zeit-                                                                                     unbeschwerte Kindheit. Sie hoffen auf neue Forschungs-
 betreut morgen das Geschwisterkind? Welche Schulform ist                 und auch kostenintensive Herausforderung. Unbestritten                              Unterstützung: Ja bitte!                                   ergebnisse und Therapieverbesserungen, die ihnen und
 die richtige? Kann unsere Tochter in den Regelkindergarten?              ist die Bedeutung der Unterstützung durch die Familie,                                                                                         ihrem Kind mehr Freiraum und Bewegungsspielraum im
                                                                          insbesondere der Partner, die Geschwister und die Groß-                             Die Eltern wünschen sich Unterstützung von ihrem so­       Alltag lassen und ihnen neue Perspektiven ermöglichen.
 Wer hilft uns im Haushalt?                                               eltern spielen eine große Rolle. Von der Unterstützung                              zialen Umfeld und von professionellen Helfern. Feste und   Die Einschränkungen, die ein Familienmitglied durch
                                                                          durch das familiäre Netzwerk ist aber auch die Stabilität                           professionelle Ansprechpartner helfen den Eltern, durch    die Erkrankung erfährt, führen zu Veränderungen der

              D
                                                                          der Versorgungssituation des chronisch kranken oder be-                             das fragmentierte und nicht vernetzte Hilfe- und Ge-       gesamten Familienstrukturen und müssen von profes­
                          iese und andere Fragen nach der Lebenswirk-     hinderten Kindes abhängig. Sehr kleine und pflegeinten-                             sundheitssystem zu kommen. Selbsthilfeorganisationen       sioneller Seite immer mit gedacht werden. Die Eltern
                          lichkeit von Familien mit chronisch kranken     sive Kinder, aber auch Kinder und Jugendliche mit lebens-                           und Elternverbände dienen als wesentliche Informations-    pflegen ihre Kinder nicht, sie umsorgen und sie beschüt-
                          Kindern und den eingesetzten Strategien im      verkürzenden oder lebensbedrohenden Erkrankungen,                                   und Austauschquelle für die Eltern. Ausgleichend und       zen sie und sie führen notwendige pflegerische und me-
                          Alltag bildete die Grundlage für eine empi-     scheinen für das Belastungserleben der Eltern eine hohe                             gesundheitsfördernd wirkt sich insbesondere eine stabile   dizinische Maßnahmen durch, da die Erkrankung dies
               rische Untersuchung, an der Familien mit einem chronisch   Bedeutung zu haben. Bedeutsam ist ebenso die Dauer                                  Partnerschaft, die Unterstützung innerhalb der Familie     erfordert (Büscher/Schnepp 2011; Horn 2008; Metzing
               kranken und/oder körperbehinderten Kind teilgenom-         der Erkrankung, die Auswirkungen der medikamentösen                                 und einem beständigen sozialen Netzwerk aus. Die El-       2007; Schnepp 2006). Die Eltern durchlaufen einen Pro-
               men haben (Bachmann 2014). Das Krankheitsspektrum          Behandlung sowie der Grad der Behinderung des Kindes                                tern fühlen sich sehr stark belastet durch den bürokra-    zess von der Diagnosestellung an, über die zunehmende
               und das Alter der betroffenen Kinder reichte von Asth-     auf das Belastungserleben der Eltern. (Büker 2010; Coffey                           tischen Aufwand im Gesundheits- und Sozialsystem und       Kontrolle, bis hin zur Loslösung und Abgabe der Kontrol-
               ma über Diabetes, Epilepsie und Rheuma, lebensbe-          2006; Clements et al. 1990; Gallo/Knafl 1998; Hatton                                wünschen sich gerade hier mehr systematische Beratung      le an ihr heranwachsendes Kind. Zu Beginn dieses Pro-
               drohlichen Krebs- oder Herzerkrankungen, körperlichen      et al. 1995; Herber 2005; Hirchert 2004; Hirose/Ueda                                und Begleitung, verbunden mit unbürokratischen und         zesses stehen die ersten Krankheitssymptome und/oder
               Behinderungen bis zu Kindern mit zystischer Fibrose        1990; Hodgkinson/Lester 2002; Köhlen et al. 1999; Mi-                               zeitnahen Hilfen aus einer Hand. Im Verlauf der Erkran-    die Diagnosestellung und der damit verbundene Schock,
               (Mukoviscidose). Auch Kinder mit sehr seltenen Erkran-     les et al. 1999; Prakke 2004; Ray/Ritchie 1993; Schnee-                             kung ihres Kindes entwickeln die Eltern unterschiedliche   das Trauma, die „biografische Zäsur“ (Schaeffer/Moers
               kungen, die eine Verkürzung der Lebenserwartungen zur      kloth/Wahl 2005; Seiffge-Krenke/Kichheim 2003; Sieber                               Strategien. Zu den wesentlichen Strategien zählt der
                                                                          et al. 2008; Thimm 2001; Wilson et al. 2005; Wingen-                                Wissens- und Kompetenzerwerb. Er ist ein wesentlicher      ■ EINFACHE SPRACHE
                                                                          feld/Büker 2007). Das zentrale Ergebnis der Untersu-                                Schritt in der Krankheitsbewältigung und eine wichtige
                                                                                                                                                                                                                         Sandra Bachmann ist eine Expertin. Sie hat eine Um-Frage gemacht. Sie hat
                                                                          chung ist, dass das Wohl der Kinder für die Eltern immer                            Voraussetzung auf dem Weg zur Normalisierung des
                                                                          im Vordergrund aller Entscheidungen steht. Sie selber                               Familienlebens. Die Eltern erlangen mehr Kontroll- und
                                                                                                                                                                                                                         mit Familien gesprochen, die ein behindertes Kind haben. Frau Bachmann hat
                                                                          stellen sich mit ihren Wünschen und Bedürfnissen hinter                             Steuerungsmöglichkeiten und können somit flexibler auf     herausgefunden, dass die Eltern sich gerade am Anfang sehr viele Sorgen um
                                                                          das Wohl ihrer Kinder und wollen nur das Beste für ihr                              aktuelle Veränderungen und unabhängiger von fremder        das Kind machen. Und dass manche Eltern sehr traurig waren, dass das Kind
                                                                          Kind. Sie halten durch und kämpfen, setzen sich mit für                             Hilfe agieren. Die befragten Familien wünschen sich in     eine Behinderung hat. Frau Bachmann hat aber auch herausgefunden, dass
                                                                          sie fremden und neuen Fragen und Wissensgrundlagen                                  erster Linie, ihren normalen Alltag und ihre Unabhän-
                                                                                                                                                                                                                         sich die Stimmung ändert und die meisten Eltern bald gut mit der Behinde-
                                                                          auseinander. Durchlaufen eine Kompetenzentwicklung                                  gigkeit wiederzuerlangen. Den Eltern ist es besonders
                                                                          und werden zum Experten für die Erkrankung und die                                  wichtig, dass ihre Kinder selbstständig werden, sie sich   rung ihres Kindes zurecht kommen. Irgenwann sind die Eltern auch wieder
                                                                          Bedürfnisse ihres Kindes. Sorgen und Probleme bereiten                              wie andere Kinder auch entwickeln und verhalten kön-       glücklich. Und viele Eltern werden schnell zu Experten in eigener Sache.      ■
                                                                          den Eltern die Unvorhersehbarkeit im Verlauf einer chro-                            nen und sie in ihrer Lebensqualität nicht eingeschränkt

10                                                                                                                        Das Band                            Ausgabe 3/17                                                                                                                        11
Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
THEMA

                                                                                                                                                                    „Was hat denn
                                                                                 das der Familie verbessern. Am Ende – und in der siebten
                                                                                 Phase – steht für die Eltern aufgrund der physiologischen
                                                                                 Entwicklung ihres Kindes zum Erwachsenen der Loslö-

                                                                                                                                                                    die Omma gesagt?“
                                                                                 sungsprozess. Diese Loslösung fordert von den Eltern
                                                                                 die Abgabe der Kontrolle über die Erkrankung und die
                                                                                 Übertragung dieser an ihr heranwachsendes Kind. Diese
                                                                                 Phase fällt den Eltern besonders schwer und wird sicher
                                                                                 von der Art, dem Verlauf und der Prognose der Erkran-
                                                                                 kung beeinflusst. Dennoch wünschen sich die Eltern mit                             Sich mit den Familien auf den gemeinsamen Weg machen
                                                                                 zunehmendem Alter ihres Kindes die Selbstständigkeit
                                                                                 und Unabhängigkeit ihrer Kinder. Diese sieben Phasen,                              Thomas Becher / Stephanie Wilken-Dapper
                                                                                 die die Eltern im Rahmen der Bewältigung der Erkran-
                                                                                 kung ihres Kindes durchlaufen, werden beeinflusst von
                                                                                 der Schwere der Erkrankungen und der damit verbun-
                                                                                 denen stabilen und instabilen Phasen. Für die professi-
                                                                                 onellen Akteure ergeben sich folgende Erkenntnisse aus                             Wilken-Dapper: „Traumatisches Erlebnis“ oder „Gelin-         Wenn sich bei einem Kind eine Entwicklungsstörung oder Be-
                                                                                 dieser Untersuchung:                                                               gendes Gespräch“ – Wie und in welchem Setting teilt
                                                                                                                                                                                                                                 hinderung abzeichnet, ist es für die Eltern wichtig, die Ursache
                                                                                 • Die Familie mit einem chronisch kranken Kind muss                                man Eltern die Diagnose mit?
                                                                                    von Beginn der Diagnosestellung an in ihrer Gesamt-                             Becher: Ich glaube, dass der Beginn der Diagnosevermitt-     zu erfahren oder eine Diagnose zu erhalten. Ein solches Aufklä-
                                                                                    heit und in ihrem Prozess der Lebensgestaltung und                              lung schon im Beziehungsaufbau ganz zu Anfang liegt.         rungsgespräch erfordert großes Fingerspitzengefühl seitens der
                                                                                    Bewältigungsprozess gesehen werden. Die Eltern be-                              Die Eltern kommen in der Regel mit einer konkreten Fra-
                                                                                    nötigen mit Beginn der Diagnosestellung und über                                gestellung, wenn es sich um ein Kind handelt, das eine
                                                                                                                                                                                                                                 Fachleute. Thomas Becher, Oberarzt im Kinderneurologischen
                                                                                    den gesamten Krankheitsverlauf hinweg eine profes-                              unklare Entwicklungsstörung hat, und es darum geht,          Zentrum der Sana Kliniken Düsseldorf (Gerresheim), erklärt, wie
                                                                                    sionelle, multidisziplinäre, sektorübergreifende und                            eine Diagnose und eine Ursache für die Entwicklungs-
                                                                                                                                                                                                                                 solche Gespräche gelingen können und zum Ausgangspunkt
„Eltern wünschen     2008: 15). Die Eltern erleben große Sorge und Angst            aufsuchende Begleitung und Beratung.                                            problematik zu finden. Dann geht es darum, einen ge-
sich Unterstützung   um das Leben ihres Kindes. Sie erleben Hilflosigkeit und    • Biografische Übergänge und entwicklungsbedingte                                  meinsamen Blick auf das Kind zu entwickeln, dass man         für eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit werden.
von ihrem sozialen   Unsicherheit vor der unklaren Perspektive. In der Konse-       Veränderungen sind bei der professionellen Beglei-                              die Phänomenologie gemeinsam beschreibt und dann
Umfeld und von       quenz dieser Unsicherheit und mit dem Wissen, für ihr          tung und Beratung der Familien zu berücksichtigen.                              miteinander entscheidet, welche diagnostischen Schritte
professionellen      Kind und ihre Familie sorgen zu müssen und keine ande-      • Wissens- und Kompetenzerwerb d. Eltern unterstützen.                             wichtig sind und dies auch immer wieder im Austausch       keit im Verlauf der Behandlung Komplikationen wie eine
Helfern.“            re Wahl zu haben, eignen sie sich in der zweiten Phase      • Zugang zum Versorgungssystem und die sozialrecht-                                und in der Rückkoppelung tut. Anders ist die Situation,    Hirnblutung entwickelt. Dann ist die Situation anders.
                     Wissen an und wachsen an ihren Aufgaben. Ein „suk-             lichen Angelegenheiten müssen auf die Kennzeichen                               wenn es sich um ein Kind handelt, das offensichtlich ein   Dann kommt es aus meiner Perspektive in erster Linie
                     zessiver Kompetenzzuwachs“ findet statt (Büker 2010:           chronischer Erkrankungen im Kindesalter zugschnitten                            Syndrom hat oder ein Kind, das durch Frühgeburtlich-       auf Ruhe, Zeit und Hoffnung an.
                     106). Sie versuchen, ihre Ängste zu überwinden; schöp-         und vernetzt werden.
                     fen Hoffnung und Vertrauen und nehmen die Krankheit         Ziele der professionellen Beratung von Eltern sollten, im                                                                                                                                              „Bei der Diagnostik
                     an. Zu ihrer Unterstützung, forciert durch die Erfahrung,   Sinne eines professionellen Case Managements, insbe-                                                                                                                                                   von Kindern mit Ent-
                     oft allein zu sein und zu einer Randgruppe zu gehören,      sondere die Stabilität und (Re-)Organisation des Alltags                                                                                                                                               wicklungsstörungen
                     suchen sie in der dritten Phase nach Verbündeten inner-     der Familie, die Einbindung in ein Hilfesystem (inklusive                                                                                                                                              ist es am wichtigsten,
                     halb ihres sozialen Umfeldes, in Selbsthilfeorganisati-     Selbsthilfeorganisationen) und in das Versorgungssystem,                                                                                                                                               dass man sehr klar mit
                     onen, Gesprächskreisen oder bei professionellen Helfern.    die krankheitsbezogene Kompetenzentwicklung der El-                                                                                                                                                    den Eltern spricht, was
                     Die zunehmende Expertise und die Unterstützung durch        tern und der Abbau von Ängsten, die Unterstützung bei                                                                                                                                                  man sieht, ohne gleich
                     Verbündete helfen den Eltern in der vierten Phase, Ent-     der Entwicklung eines Kriseninterventionsplans sowie die                                                                                                                                               zu werten.“
                     scheidungen zu treffen, die das Wohl und die Zukunfts-      Berücksichtigung der Lebensqualität, der Ressourcen und
                     perspektive des Kindes und der Familie beeinflussen.        Bedürfnisse sein (GKV Spitzenverband 2012; Podeswik
                     Diese Entscheidungen berühren sowohl entwicklungs-          et al. 2009; Porz/Podeswik 2006). Im Vordergrund der
                     bedingte als auch krankheitsbedingte Entscheidungen.        Unterstützung stehen pragmatische Lösungen, die der
                     Somit erlangen die Eltern im Verlauf der Erkrankung und     Familie einen selbstständigen Umgang mit der Situation
                     Entwicklung ihres Kindes und mit zunehmendem Kom-           ermöglichen. So drückt eine Mutter ihren Wunsch nach
                     petenzzuwachs in der fünften Phase mehr Kontrolle über      Wertschätzung und Begleitung im abschließenden Zitat
                     ihre Situation. Mit der zunehmenden Kontrolle über die      aus: „Ich denke mal, wir meistern das irgendwie. Ist
                     Erkrankung, eröffnen sich den Eltern neue Freiheiten.       manchmal nicht ganz einfach, aber 12 Jahre haben wir
                     Sie haben die Möglichkeit, in der sechsten Phase der        schon geschafft.“ (Bachmann 2012)
                     Bewältigungsstrategien die Entwicklung ihres Kindes zu
                                                                                                                                             Fotos: Michael Bause

                     beeinflussen und zu gestalten. Sie können ihrem Kind,       Kontakt
                                                                                 Prof. Dr. Sandra Bachmann, Hochschule für Gesundheit
                     trotz der Erkrankung, mehr Normalität und Freiheit ge-      Department für Pflegewissenschaft
                     währen und somit die Lebensqualität ihres Kindes und        E-Mail: sandra.bachmann@hs-gesundheit.de

   12                                                                                                                           Das Band                            Ausgabe 3/17                                                                                                                  13
Das Band - Bundesverband für Körper- und ... Das Band - Bundesverband für Körper- und ...
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