DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41

Die Seite wird erstellt Leonard Schmidt
 
WEITER LESEN
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
Unabhängige Monatszeitschrift für die Zentralschweiz mit Kulturkalender
NO 6 Juni 2018 CHF 9.– www.null41.ch

             LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST
                                         DAS GROSSE FRESSEN
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
ANZEIGEN

Bruce
Nauman
DISAPPEARING ACTS
 17. MÄrz – 26. August 2018
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
EDITORIAL

                        Genügend Fleisch
                        am Knochen?
                        Immer wenn ich unsere Kolumne «Gefundenes Fressen» von Sylvan
                        Müller gegenlese, rumort mein Magen. Ich meine, das ist ein gutes
                        Zeichen. Er meint, es könnte auch sein, dass ich zu wenig zu essen
                        bekomme. Um auf Nummer sicher zu gehen, habe ich mich ab Seite
                        10 gemeinsam mit der «041»-Redaktion – und Sylvan Müller – durch
                        die Kulturküchen der Umgebung gefressen. Wir wollten wissen, ob
                        die hiesigen Kulturschaffenden genug und Gutes zu essen kriegen.
                        Denn, wie wir aus dem Militär wissen (also ich nicht): Ohne Mampf
                        kein Kampf. Damit Sie nicht nur das Magazin vollsabbern, haben wir
                        die getesteten Kulturköchinnen und -köche nach Rezepten gefragt,
                        die Sie einfach und schnell nachkochen können. Sie finden diese
                        auf Seite 16. Gegen ein ganz bestimmtes Gericht hat unser Magen
                        eine Intoleranz entwickelt: Jubiläen. Monat für Monat tischen uns
                        Kommunikationsverantwortliche ihr fünftes, zehntes, zwanzigstes,
                        eintausendzweihundertfünfzigstes oder drittes Jubiläum auf und
                        finden, dass dies unbedingt mit einem Artikel berücksichtigt werden
                        muss. Das finden wir nicht. Christov Rolla schreibt in seinem Essay
                        ab Seite 18, was an Jubiläen nervt – und weshalb wir sie trotzdem
                        brauchen. Zudem präsentieren wir Ihnen unseren persönlichen
                        Trüffel des diesjährigen B-Sides Festival auf Seite 22: die Tin Shelter
                        Crew. Wohl bekomms!

                        Ausserdem: Bei der Neubesetzung unserer Redaktionsleitung sind wir
                        fündig geworden: Sophie Grossmann wird die Stelle am 1. Juni antreten.
                        Sie ist in der Zentralschweiz bestens vernetzt und mit ihrem abgeschlossenen
                        Kulturpublizistik-Studium und ihren Erfahrungen in Print- und Online-
                        redaktionen (u. a. bei «Vice», «Young Swiss Magazine») perfekt für diese
                        Stelle qualifiziert. Herzlich willkommen, wir freuen uns!
Bild: zvg von www

                        Heinrich Weingartner, Redaktionsleiter ad interim
                        weingartner@kulturmagazin.ch

                    3
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
INHALT

 AB SEITE 10
 ANGERICHTET
 Was Luzerner Kulturhäuser auftischen:
 der «041»-Gastrotest

SEITE 18
ABGESTANDEN
Was an Jubiläen nervt – und weshalb
es sie trotzdem braucht

                                                                                                                    SEITE 22
                                                                                                                AUSGESUCHT
                                               Die Tin Shelter Crew, unser B-Sides-Geheimtipp

     KOLUMNEN                                   33 Kino. Kaleo La Belle nimmt’s persönlich   PROGRAMME DER KULTURHÄUSER
6    Doppelter Fokus: Gwerb’18 in Zug           36 Wort. Zwei Zentralschweizer Schinken      40   Stattkino / LSO / Luzerner Theater
8    Gefundenes Fressen: Erdbeeren das ganze    59 Kultursplitter. Tipps aus der ganzen      42   Kulturlandschaft
     Jahr                                          Schweiz                                   46   Neubad / Südpol
                                                                                                                                                       Bilder: Sylvan Müller / Jodok Achermann

9    Lechts und Rinks: Potenzielle Ausraster    60 Ausschreibungen, Preise, Namen, Notizen   48   HSLU Musik
20   Kulturtank: Kultur «managen»?              61 Leserbriefe                               52   Haus für Kunst Uri / Kunstmuseum Luzern / Akku
41   40 Jahre IG Kultur: Ja zur Vielfalt                                                     54   Nidwaldner Museum / Museum Bellpark
62   Käptn Steffis Rätsel                                                                    56   Historisches Museum / Natur Museum / Kunsthaus Zug
                                                    KULTURKALENDER
63   041 – Das Freundebuch: Patrick Müller                                                   58   Kunsthalle
                                                38 Kinderkulturkalender
                                                39 Veranstaltungen
     SERVICE                                    53 Ausstellungen
29 Kunst. Ruth Levap malt Most
31 Musik. Stephan Hodel vertont den Jet         Titelbild: Matthias Jurt

                                                                           4
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
S C H Ö N G E S AG T

                        «Der nachhaltigste Event der Seerose
                          ist deren Verschrottung.»                                                                                             Christof Hirtler, Seite 26

                       AU F G E L I S T E T                                                                                                 G U T E N T AG

Leider fein – Gastrosünden,
                                                                                             GUTEN TAG, LUZERNER SINFONIEORCHESTER
die wir lieben:
                                                                                             Bei Euch geht’s um die Wurst: Eine halbe Mil-           Gender-Bewusstsein?). Ist das Euer Ernst? Zynisch
                                                                                             lion wollt Ihr bis am 19. Juni für Euer High-           ist auch die Message: Während sich die Luzerner
- Paprika Chips mit Gravy
                                                                                             End-Probenhaus beim Südpol fundraisen. Am 1.            Kulturszene ein halbes Jahr den Allerwertesten
- Nature Chips mit Mascarpone                                                                Mai habt ihr dazu ein Video veröffentlicht: Kurt        aufgerissen hat, um für 100 000 Franken einen
- Dicke Eier mit Mayo                                                                        Aeschbacher, Götti des ambitiösen Projekts, hält        Dokumentarfilm über die Steuerpolitik zu finan-
- Mayo mit dicken Eiern                                                                      eine halbverkohlte Bratwurst in die Kamera. Dazu        zieren, wollt Ihr, liebe Luzerner Symphoniker, das
                                                                                             rosa Hemd, das botoxerprobte Grinsen unwider-           Fünffache für euch selber.
- Hüttenkäse mit Sweet-and-Sour-Sauce
                                                                                             stehlich – also, wenn er das Probenhaus gut findet,
- In ungeschnittenen Mozzarella beissen,                                                     finden wir aus «der Bevölkerung» das auch gut!         Ist uns Wurst, 041 – Das Kulturmagazin
  weil man nicht warten kann                                                                 Am Schluss beisst Aeschbi herzhaft rein in die
- Schlagrahm mit Schoggistreusel                                                             Bratwurst – es geit um d’Wurscht! Musikalisch
- Reis mit Speckwürfeli                                                                      mögt ihr Stil haben, bei stilvollen Metaphern
                                                                                             hapert es noch. Und eine Drohne, die vom Grill
- Popcorn mit geschmolzener Butter                                                           aufwärts fliegt? Come on, das ist so 2016! Item:
- «La Grande Bouffe»                                                                         Wieso genau braucht Ihr ein Probenhaus? Die
- Spaghetti mit Ketchup und Maggi                                                            Mietwohnungen, in der die armen Orchester-
                                                                                             mitglieder laut Promo-Video nicht üben können,
- Darvida mit Cantadou
                                                                                             muten zynisch luxuriös an: freshe Küche, smar-
- Alles Obige im Bett essen,                                                                 tes Bad, Flügel im Gästezimmer, überbordend
  dazu «La Grande Bouffe» schauen                                                            pink eingerichtetes Mädchenzimmer (Guten Tag,

ANZEIGEN

                  01 8
          . Juni 2
  16. – 24

                                                                                                            ie le n
                                                                                                  n aus v en.
                                                                             z u  M   ensche           rg rü nd
                                                                         te                         te
                                                            Ko nta k                   ll e n H in uze rn la d e n
                                       l e rm   ö g li c ht n s te n ku ltu re                t a d t L
                                  s  y
                                                      c h ie d e                            S                       en,
                      oche A                                                   r in d e r                n , Fil m
 D ie A k
           ti o n sw           u n  d  m it ve rs          V e ra  n s t a lte       e n  A k tivit äte        r.
                        e rn                         un  d                        h                          h
            f ts lä n d                 ri n n e n                    ie le ri s c n d vie le m m e
 H e rku n                 n s t a lte                     und sp                     u
              h e Ve ra                      r tl ic h e n              s s io n e n                                              ch
 Zah  lr e ic
                      ll u n g e n
                                    , s  p o
                                                      d iu m s d
                                                                 is k u                                                .a a s yl.
           A u s s te g s ti s c h e n , Po                                                                   r www
 e in zu                                                                                   g ra  m  m u nte
                        t a                                                             ro
            e n , M it                                                      D et a il p
 Lesung

                                                                                                                                       5
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
D O P P E LT E R F O K U S

Gwerb’18, Gewerbeausstellung im Gemeindesaal Steinhausen (Zug), 5. Mai 2018
Bild oben Mischa Christen, rechte Seite Patrick Blank

Die beiden Luzerner Fotografen Patrick Blank und Mischa Christen zeigen zwei Blicke auf einen
Zentralschweizer Anlass, den «041 – Das Kulturmagazin» nicht besuchen würde.

                                                                                6
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
7
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
GEFUNDENES FRESSEN

Erdbeeren das ganze Jahr

Anfangs März und bei deutlichen Minus-             erhältlichen, sind die aromatischen Beeren       frischen: reif, saftig und süss wie fast verges-
graden schaltete der Grossverteiler sein In-       deutlich weicher und somit viel empfindlicher    sene Erinnerungen. Weil die von Bauer Joss
serat: «Die Zeit ist reif: für Erdbeeren.» Nun,    auf mechanische Einwirkung. Sie müssen           angebaute Sorte retardierend wächst, also
irgendwo ist die Zeit wohl immer reif für          sorgfältig gepflückt werden und schnell zum      immer wieder Blüten produziert, sind die
Erdbeeren. So reif, dass derselbe Grossverteiler   Kunden gelangen, der grossartige Geschmack       Hellbühler Erdbeeren je nach Witterung bis in
einen Monat später dieselben Erdbeeren in          geht zulasten der Lagerfähigkeit. So stand       den späten Herbst erhältlich. Um beim Slogan
der 500-g-Schale bereits zum Aktionspreis          Bauernfamilie Joss eines Tages im Sommer         des Grossverteilers zu bleiben: Wenn dann der
von einem Franken angeboten hat. Um den            vor einem riesigen Berg reifer Erdbeeren und     erste Frost in den Wiesen des Littauerbergs
Geschmack dieser Beeren zu beschreiben,            alle Kunden weilten in den Ferien. Das Lager     klebt, ist die Zeit reif für die getrockneten
wäre «ein weiterer Aggregatszustand von            bereits voll mit Sirup und Konfi, begannen sie   Supererdbeeren. Oder für die Wandervögel
Wasser» wahrscheinlich ziemlich zutref-            aus der Not, die süssen Früchte zu trocknen.     als Proviant auch schon jetzt. Die Zeit ist reif.
fend gewesen. Dabei gäbe es sie noch, die          Durch den Verlust an Feuchtigkeit wurden         Für Erdbeeren. Immer halt.
Erdbeeren, die auch tatsächlich schmecken,         die ohnehin vollaromatischen Früchte zu
                                                                                                     Text und Bild: Sylvan Müller
wie sie heissen. Sie reifen halt einfach etwas     wahren Geschmacksbomben. Das hat ihnen,
später, anfangs Juni und zum Beispiel auf          hübsch verpackt als Fruchtsnack, im ver-
dem Biohof Oberzinggen in Hellbühl. Die            gangenen Jahr die Auszeichnung des Labels
Familie Joss baut eine äusserst aromatische        «Bio Gourmet» von Bio Suisse eingebracht,
Sorte an, sie heisst Annabelle und schmeckt        und uns das Vergnügen, nun tatsächlich das       Die Erdbeeren vom Biohof Oberzinggen sind ab Juni
                                                                                                    am Luzerner Wochenmarkt am Stand vom Hof Wida-
intensiv und wunderbar nach Walderdbee-            ganze Jahr unbeschwert Erdbeeren geniessen       cher erhältlich, getrocknet, als Konfi und als Sirup im
ren. Im Gegensatz zu den üblicherweise             zu können. Nun gibt’s aber erst einmal die       Online-Hofladen: www.biohofoberzinggen.ch
                                                                                                                                                              ANZEIGEN

                                                                         8
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
LEC HTS U N D R I N KS

Potenzielle Ausraster
Seit einem Jahr werden potenziell gefährliche Menschen präventiv als «Gefährder» in einer Datenbank
erfasst. Das ist ein zweischneidiges Schwert.

Das revidierte Polizeigesetz bringt linke Her-   Wer einmal als «Gefährder» erfasst ist, muss    Direktbetroffenen gemeldet. Zwar kann davon
zen wieder mal kräftig zum Hakenschla-           nachher selber über sein Verhalten beweisen,    ausgegangen werden, dass die Befürchtungen
gen: Natürlich ist es gut, wenn gewalttätige     dass er kein solcher ist. Sofern er oder sie    nicht aus der Luft gegriffen sind, wenn so
Männer zum Beispiel bei häuslicher Gewalt        überhaupt von dieser Einschätzung weiss:        eine Meldung gemacht und überprüft wird.
bekannt sind und ein Rayonverbot bekom-          Im Kanton Luzern wurden nämlich von             Trotzdem ist es eine Gratwanderung: Welche
men. Natürlich ist es sinnvoll, wenn es eine     den im ersten Jahr erfassten 352 Gefähr-        Rolle spielen subjektive Wahrnehmungen und
Handhabe gegen Stalker gibt und Behörden         dern gerade mal 111 darüber informiert.         Sichtweisen der jeweiligen Behörden? Oder
vor aggressiver Klientel geschützt sind. Damit   Die anderen wissen nichts davon. Vielleicht     von Leuten, die so etwas melden? Wie kann
das so ist, gibt es allerdings schon Gesetze     gehören ja auch Sie oder ich dazu? Wer weiss.   ausgeschlossen werden, dass beispielsweise
und Massnahmen. Sie kommen zum Einsatz,          Polizeikommandant Daniel Bussmann sagte         politische Haltungen oder von der Norm
wenn tatsächlich etwas vorgefallen ist, sich     gegenüber dem Online-Magazin Zentralplus        abweichende Lebensformen oder Verhaltens-
besagter Mensch effektiv bedrohlich und/         sogar selber, dass unter den Meldungen nicht    weisen nicht per se als bedrohlich empfunden
oder tätlich gegenüber anderen verhalten         nur substanzielle, sondern auch diffuse und     werden? Wann ist jemand einfach mal am
hat. Seit dem 2017 revidierten Polizeigesetz     schlecht fassbare Fälle seien. Da stellt sich   falschen Ort laut geworden, weil ihm oder ihr
ist das anders: Personen können präventiv        die Frage: Wer macht denn diese Meldungen       die Sicherung durchgebrannt ist, ohne dass
als «Gefährder» erfasst werden, noch bevor       und Einschätzungen überhaupt? In Luzern         darum gleich eine latente oder tatsächliche
sie etwas Unrechtes getan haben. Davon           werden potenzielle «Gefährder» dem kanto-       Bedrohung vorhanden ist? Solche und weitere
verspricht man sich, eine Straf- und/oder        nalen Bedrohungsmanagement (KBM) von            Fragen müssen bei der Auswertung des neuen
Gewalttat zu verhindern, die vielleicht in       Institutionen, Behörden, Verwaltungen und       Instrumentariums unter die Lupe genommen
Zukunft einmal passieren könnte. Vielleicht,                                                     werden. Darum ist es gut, wenn der bürger-
hätte, sein und könnte. Es handelt sich also                                                     lichen Kantonsregierung diesbezüglich auf
nicht um Tatsachen, sondern um Vermu-                                                            die Finger geschaut wird.
tungen und Spekulationen, was eine solche
Person vielleicht einmal zu tun gedenkt.                                                         PS: Hatten Sie aus Überforderung oder Verzweif-
Und das ist doch sehr schwammig für eine                                                         lung auch schon eine unangebrachte Wutattacke
so krasse Einstufung, die bei einem allfällig                                                    an einem unangebrachten Ort, obschon Sie ein
späteren Kontakt mit der Polizei oder anderen                                                    friedlicher Mensch sind? Ich auch.
Behörden bestimmt jahrelang als Etikett
an einem klebt: ein bedrohlicher Mensch.                                                          Text: Christine Weber, Illustration: Stefanie Sager

                                                                      9
DAS GROSSE FRESSEN LUZERNER KULTURKÜCHEN IM TEST - null41
K U LT U R K Ü C H E N

   Ohne Mampf
   kein Kampf

   Was isst die Zentralschweizer Kulturszene?
   Politisch nagt sie am Hungertuch, doch wie
stärkt sie sich kulinarisch? Die «041»-Redaktion
isst sich durch die Luzerner Kulturküchen. Zum
  Dessert gibt es keinen Kulturkuchen, sondern
ausgewählte Rezepte der Köchinnen und Köche.
  Die Sammlung finden Sie auf Seite 16 und 17.

                      10
K U LT U R K Ü C H E N

                                                                                    Vom Berg in die Stadt: Seit einem halben Jahr kocht Phillipp Kehrli im Treibhaus.
                                                                                    Zuvor stand er auf Pilatus Kulm hinter dem Herd.

Treibhaus-Mittagstisch
Am Nebentisch sitzen drei Schüler der nahe gelegenen Kanti Alpenquai
und sind begeistert von der kalten Wassermelonen-Suppe, die an diesem
Tag im Treibhaus zum Mittagsmenü serviert wird. Nein, meist hätten
sie nicht genügend Zeit, um hierhin essen zu kommen, darum würde
man auch eher Lehrerinnen und Lehrer sehen, die hätten genügend
Zeit, erzählen sie. Prompt bekomme ich Gesellschaft an meinem Tisch in
Gestalt zweier Mathematiklehrer aus demselben Institut. Sie treffen sich
hier gelegentlich mit Lehrerkollegen zum «English-Lunch», in meiner
Anwesenheit aber wird rücksichtsvoll deutsch gesprochen. Und sie versi-
chern mit aller Vehemenz, sie hätten nicht mehr Zeit als die Schülerinnen
und Schüler, schliesslich müssten sie nach dem Unterricht noch die ganze
Schweinerei wieder in Ordnung bringen, geometrische Modelle versorgen
und überhaupt. Die Bedienung ist schnell und freundlich und kein
erschwerender Faktor unter knappen zeitlichen Voraussetzungen. Wir
bestellen. Nach der Melonensuppe wird mir sowohl der Vegi- wie auch
der Fleischgang serviert, also einmal Kartoffel-Gnocchi an Gorgonzola-
Sauce mit gedünsteten Birnen und Maronen und die Hühnerbrust gefüllt
mit Artischocken und Oliven, Tomatenrisotto und sautierten Zucchetti.
Natürlich könnte man kritteln, der Wassermelonen-Suppe hätte es an
etwas Schärfe gefehlt, die Oliven-Artischocken-Füllung beim Huhn hätte
mehr Struktur vertragen mögen und die Tomate im Risotto mehr Tiefe.
Nur bekommt man selten zu diesem Preis und in dieser entspannten
Atmosphäre einen runderen Vegi-Gang serviert – sorgfältig gekocht und
liebevoll angerichtet. Und auch der Mut, für 70 Menschen einen Risotto
zuzubereiten, gehört gewürdigt. Dessen Konsistenz war perfekt, genauso
wie der Garpunkt des Huhns. Schülerinnen und Studenten können im
Treibhaus zu unschlagbaren Preisen essen: Sowohl mittags und neu
auch freitag- und samstagabends gibt’s die Menüs für Studierende für
10 Schtutz, abends die Bier & Burger-Kombi (Fleisch- oder Vegi-Burger
mit Rösti oder Süsskartoffeln und einem Kübel Bier) für Fr. 19.50.
Unaufgefordert vorweisen: Studierendenausweis (und ID ...?).

Sylvan Müller

                                                          Essen: Wassermelonen-Ka
                                                                                        ltschale mit Basi-
                                                          likum, Vegi: Kartoffel-Gnocc
                                                                                        hi an Gorgonzola-
                                                          Sauce, gedünstete Birnen und
                                                                                            Maronen, Fleisch:
                                                          Hühnerbrust gefüllt mit Artis
                                                                                       chocken und Oliven,
                                                          Tomatenrisotto, sautierte Zuc
                                                                                          chetti
                                                         Preis: Vegi Fr. 17.50 (Studis
                                                                                         10 Franken) Fleisch
                                                         Fr. 19.50 (Studis 10 Franken
                                                                                        )
                                                         Service: Schnell, freundlich,
                                                                                         spricht mich mit
                                                         «Sie» an, also jung
                                                         Publikum: Kanti-Lehrperson
                                                                                        en (mit viel Zeit),
                                                         Kanti-Schülerinnen und Kan
                                                                                     ti-Schüler (keine
                                                         Zeit), Personal aus den angrenz
                                                                                         enden Büros
                                                        Ambiente: Bei schönem We
                                                                                     tter wie in einem
                                                        Biergarten und erst noch ohn
                                                                                    e Dirndl. Bestens!

                                                                            11
K U LT U R K Ü C H E N

                                      Essen (zweiter Besuch): Vegi-Gschnätzlets
                                      ungarische Art mit Peperoni, geräuchertem
                                      Paprika und frischen Kräutern auf cremiger,
                                      feinkörniger Polenta mit Rosmarin und Dörrap-        Jazziger Sommergroove
                                                                                    ,
                                      rikose, Joghurttopping und Brunnenkresse-Mix
                                      dazu  3 dl Mineral

                                       Preis: 15 Franken, Mineral Fr. 3.50                 «Das ist Jazz», urteilt mein Begleiter über die dudelige Musik, die
                                                                                           den Raum wie ein Schwarm winziger Flugtiere mit Leben füllt. Muss
                                       Service: Selbstbedienung, daher sehr gut
                                                                                           so sein, wir testen hier die Jazzkantine. Draussen brennt die Sonne,
                                       Publikum: Durchmischt, Geschäftsetage Radio
                                                                                     an    es ist einer diese Frühlingstage, der sich wie ein Julikind aufführt.
                                       3fach, viele Studis sitzen auf der Wiese neben
                                       Ambiente: Heiss, mit einem coolen Anflug von
                                                                                           Drinnen lässt man sich voll und ganz auf die Sommerstimmung
                                       Sehen-und-Gesehenwerden                             ein: Der Kellner dreht verträumt seine Runden durchs Lokal, der
                                                                                           Koch gibt sich alle Mühe, nicht ins Schwitzen zu geraten, der Gast
                                                                                           mit der «Luzerner Zeitung» streicht sorgfältig die Seiten glatt, als
                                                                                           wären sie sein Strandtuch. Zwei ältere Herren stecken die Köpfe so
                                                                                           sehr zusammen, dass wir unschlüssig bleiben, ob sie über Grafiker
                                                                                           lästern oder selber welche sind. Es dauert eine Weile, bis die Karte
                                                                                           kommt, und dann noch eine, bis das Wasser da ist, schliesslich noch
Bea Guggisberg versucht bei Plan B immer nur                                               zwei oder drei, bis die Melonen-Kaltschale auf dem Tisch steht. Die
so viel zu kochen, wie auch gegessen wird.
                                                                                           ist alles andere als lahm: überraschend würzig und richtig gut.
                                                                                           Als sei hier Sommer auf Capri und nicht Totehosetag in Luzern.
   «Easy-aufgetürmt-Bea-Style»                                                             Auch die Warterei auf das Hauptgericht lohnt sich. Meine Linguine
                                                                                           aglio, olio e peperoncino sind zwar mit nur wenig scharf und ich
   Die Kundschaft des Plan B Catering von Bea Guggisberg liest sich                        denke ein bisschen wehmütig an die legendären Ölseeli, die hier
   wie ein Index der Zentralschweizer Kulturinstitutionen. Guggisberg                      früher integraler Bestandteil aller Teigwarengerichte waren. Heute
   ist Anlaufstelle Nummer eins für hiesige Kulturcaterings. Bei der                       ist alles vernünftig: die geschöpfte Menge, der Einsatz von Knobli
   Volière von Radio 3fach auf dem Inseli serviert sie mittags von April                   und auch mit dem Fett übertreibt es keiner. Mein Begleiter hat die
   bis September, jeweils bei schönem Wetter, ein vegetarisches oder                       Spinat-Riccotta-Ravioli an Thaigemüsesauce mit Poulet bestellt, das
   veganes Menü. Ihre Küche: gesund, ausgefallen, nachhaltig, stets mit                    Tagesmenü. Mir klang das zu sehr nach anstrengender Fusionsküche.
   einem orientalischen Touch. «Ond, wie hesch s’Müesli gfonde?», fragt                    Doch das Gericht sieht extrem hübsch aus und soll so lecker wie
   meine Begleitung. «Easy-aufgetürmt-Bea-Style halt», antwortet ihr                       schön gewesen sein. Dann gibt’s noch einen Espresso obendrauf
   meine Sitznachbarin am nächsten Tag. Ja, ich musste zweimal hin. Es                     und zum Abschied ein paar halbgare Witze vom Pächter Domi
   ist schwierig, zu essen und sich gleichzeitig darauf zu konzentrieren,                  Meyer himself. Satt und zufrieden laufen wir zurück, kommen
   wie das Essen schmeckt und wie man das in Worten ausdrücken                             fast schon beschwingt im Büro an. Als ob wir zwei Tage aufs Meer
   soll. Vielleicht auch, weil Guggisbergs Menüs an der Volière so subtil                  geschaut hätten und nicht bloss eine Stunde in der Jazzy auf den
   daherkommen? Perfekt für eine Sommerbeiz. Im Hintergrund hört                           Kellner, den Koch und ihre Gäste.
   man die Musik nicht wirklich, aber man hört sie doch, was beim
   Essen etwas nervt. Abstellen oder voll aufdrehen, alles dazwischen                      Anna Chudozilov
   ist so blöd unverbindlich. Zurück zum Essen: «Ein aufgetürmtes
   Müesli» trifft es gut. Zahlreiche Zutaten, gemischt und geschichtet,
   mit der üblichen Kressedeko obendrauf. Das Vegi-Gschnätzlete ist
                                                                                                                   Essen: Melonen-Kaltschale, dann Linguine aglio,
   ein Traum und vermag auch die hartnäckigsten Fleischesserinnen                                                  olio e peperoncino, dazu ein grosses Mineral,
   und Fleischesser zu täuschen. Geschmackstechnisch extrem vielfältig,                                            hinterher einen Espresso
   kann man selber entscheiden, was man mit was mischen möchte.                                                    Preis: Total 31 Franken (Das Menü kostet
   Die Polenta ist etwas trocken, was aber nicht weiter stört, weil sie in                                         Fr. 19.50, Tagesteller gibt’s für Fr. 16.50,
                                                                                                                   Studis zahlen Fr. 14.50.)
   Kombination mit der Gschnätzleten-Sauce die perfekte Konsistenz
                                                                                                                   Service: Total gemütlich unterwegs (kann man
   bekommt. Es folgt ein scharfer Nachgeschmack während der nächsten                                               so oder so finden)
   halben Stunde, der auffällt und gefällt. Und zum Schluss noch dies:                                            Publikum: Am Mittwochmittag vor Auffahrt
   Alles ist schön kaufest, damit es knackt und befriedigt.                                                       kaum vorhanden
                                                                                                                  Ambiente: Sommerlich-saumselig, obwohl
   Heinrich Weingartner
                                                                                                                  doch erst Mai war

                                                                                   12
K U LT U R K Ü C H E N

                                                Essen: Menüsalat, Curry-Gemüse-Frittata mit
                                                Spinat und Gurken-Raita
                                                Preis: Fr. 27.50. Menü Fr. 19.50 (vegetarisch),       Wie zu Hause, einfach besser
                                                Fr. 21.50 (Fleisch), inklusive Salat oder Suppe
                                                plus Café crème (4 Franken) und 3 dl Mineral (4
                                                Franken)                                              Die Meyer Kulturbeiz trägt die Kultur im Namen. Doch
                                                Service: Bedienung am Tisch, Essen und                warum ist gerade das Meyer eine Kulturbeiz? Auf den
                                                Getränke kommen schnell und sind genau-               ersten Blick wegen des Interieurs: Die Wände sind über
                                                so schnell wieder abgeräumt. Freundlich und
                                                unkompliziert                                         und über behängt mit Kunst aus dem Epizentrum der
                                                Publikum: Homeoffice-Menschen (Autorin),              Luzerner Kulturszene: Tschutti-Bildli, Fotomontagen,
                                                Mütter mit Kindern (Väter werden wohl nicht nur       Konzertbilder und wechselnde Ausstellungen bilden
                                                an diesem Mittag vermisst …), Zeitungsleserin-
Neubad-Küchenchef Patrick Schwehm gehört
                                                nen und Zeitungsleser                                 eine bunte Kunst-Collage. Auf den zweiten Blick wegen
schon zum festen Inventar des Neubads Luzern.
                                                                                                      der regelmässigen Kulturveranstaltungen: Pro Monat
                                                 Ambiente: Kreativ, freundschaftlich, wissbegie-
                                                 rig, generationenübergreifend gesprächig             finden rund drei Konzerte im Meyer statt. Doch der
                                                                                                      dritte Blick ist wohl der wichtigste: «Stille deine legalen
                                                                                                      Süchte mit lokalen Mitteln.» steht auf der Homepage.
 Kulinarisches Märchen                                                                                Was das heisst? Sämtliche Produkte kommen aus der
                                                                                                      Region: Das Gemüse aus Rothenburg, das Fleisch aus
 Das Mittagessen im Neubad ist nicht nur kulinarisch, sondern auch
                                                                                                      Zell, die Glace aus Sempach. Die Köchin Michaela
 soziologisch und literarisch eine Wohltat und sehr zu empfehlen.
                                                                                                      Muheim macht aus diesen Zutaten bodenständig-
 Die Küche konzentriert sich auf ein Vegi- und ein Fleisch-Menü am
                                                                                                      leckeres Essen – am Tag unserer Degustation eine
 Mittag und bereitet dieses mit lokalen Zutaten zu. Das schmeckt und
                                                                                                      Gemüsequiche mit Quark-Dip. Klingt simpel, doch
 sieht gut aus. Das Portemonnaie ist ein bisschen gefordert, aber das
                                                                                                      die Details machen’s aus. Der Boden ist unschlagbar
 lohnt sich durchaus. Schon nur die in Schwarz und Weiss gehaltene
                                                                                                      knusprig, der Blätterteig luftig, der Salat zur Vorspeise
 und übersichtliche Karte ist ein Erlebnis, das sich zeitweilen wie
                                                                                                      wird in einer Schüssel und mit Croutons garniert serviert
 ein Nahrungsmittel-Märchen liest. «Chutney», ja, das weckt noch
                                                                                                      – wie zu Hause, einfach besser. Besonders fein war der
 Assoziationen. Aber was ist «Raita»? «Fregola Sarda»? «Hanf-Pilz-
                                                                                                      weiche, kleine Schoggi-Pancake zum Dessert. Und für
 Kugeln»? «Randen-Meerrettich-Aiola»? «Zitronen-Kräuter-Gremo-
                                                                                                      Extra-Restaurantfeeling sorgen liebevolle Garnituren
 lata»? «Galgant-Chili-Sauce»? (Eine dieser Menü-Komponenten ist
                                                                                                      wie getrocknete Blütenblätter. Herkunftstransparenz
 übrigens erfunden.) Aber das Werweissen macht Spass und festigt
                                                                                                      und Esskultur werden grossgeschrieben, doch von
 die Vorfreude. So verspielt wie auf der Karte geht es auch unter den
                                                                                                      Gastgeberin Fiona Meyer und ihrem Team angenehm
 Tischen zu und her. Es ist eine intensive Lebenserfahrung, dieses
                                                                                                      unaufgeregt und undogmatisch gelebt. Ab 16 Uhr darf
 Mittagessen. Da schaut einer nicht richtig und schlägt sich an der
                                                                                                      man im Meyer übrigens rauchen.
 Wand den Kopf an, die andere fällt über die eigenen Füsse, der Dritte
 lässt sich ungern was sagen und bockt, es gibt Streit, man fällt sich
                                                                                                      Katharina Thalmann
 weinend in die Arme oder schreit nach Mama. Ziemlich so geht
 doch Leben! Dazu läuft aus den Boxen französische Popmusik, «Joe
 Le Taxi» von Vanessa Paradis. Es kann losgehen: Der Menüsalat
 ist farbig, die Sauce schmeckt selbstgemacht und Ruchbrot dazu
 ist ein formidabler Evergreen. Die Curry-Gemüse-Frittata als
 Hauptspeise überzeugt durch Grösse und Konsistenz, Mais und
 Erbsen geben dem salzigen Gericht eine bestechende Süsse. Der
 Spinat bleibt mehrheitlich ungewürzt und das ist gut so, man kann
 ihn nämlich in die Gurken-Raita tunken. Unter dieser versteckt sich                                                   Essen: Eine Schüssel Salat, Gemüseq
                                                                                                                                                          uiche,
 übrigens geschickt eine Rande, gelungener Überraschungseffekt!                                                        Pancake, Wasser-für-Wasser-Wasser
                                                                                                                                                         und einen
 Hier kocht jemand, der sich mit Gemüse auskennt und weiss, wie                                                        Café crème

 man es drapieren muss. Das merkt man auch dem Rest der Karte                                                          Preis: 25 Franken (Das Vegimenü
                                                                                                                                                        kostet
                                                                                                                       18 Franken, das Fleischmenü 20 Fran
 an. Nachhaltigkeit scheint weder bei den Menüs noch bei den                                                                                              ken.)
                                                                                                                      Service: Bedienung am Tisch, sehr
 Getränken ein Fremdwort zu sein. Das Neubad-Bistro gehört auf                                                        ungezwungen und zuvorkommend.
                                                                                                                                                        aufmerksam,
                                                                               Michaela Muheim arbeitet seit Sommer                                     Der Café
 den kulinarischen Radar von Liebhaberinnen und Liebhabern, die                2017 im Meyer. Ursprünglich stammt     konnte problemlos draussen getrunken
                                                                                                                                                            wurden.
 Unbekanntes und Unvorhergesehenes genauso zu schätzen wissen                  sie aus dem Kanton Uri und wuchs im    Publikum: Diverse Musikstudierende,
                                                                               Kanton Schwyz auf.                                                           ein paar
 wie einfallsreiche Menüs.                                                                                            Geschäftsleute aus der Tribschenstad
                                                                                                                                                          t. Danièle
                                                                                                                      kommt mit der Gitarre vorbei.
                                                                                                                      Ambiente: Ungezwungen und nied
 Nina Laky                                                                                                                                                erschwellig.
                                                                                                                      Sitzt man draussen, ist es durch den
                                                                                                                                                           Verkehr auf
                                                                                                                      der Langensandbrücke eher laut.
                                                                                 13
K U LT U R K Ü C H E N

Business-Feeling
Im Bistro des Kunstmuseums lässt sich ein gemütlicher oder auch produktiver
Tag verbringen. Dieses Bistro ist in dieser Hinsicht ein Alleskönner! Diskurse über
Galeristen, Lesen von Lektüren mit Blick aufs dunkelblaue Wasser … aber auch die
Altersvorsorge lässt sich dort gut regeln. Unter dem Publikum finden sich nämlich
auch Vermögensberaterinnen und Vermögensberater sowie deren Kundschaft. Dicke,
weisse Ordner liegen auf und man fragt sich gegenseitig, ob sich eine Pensionierung
in der Schweiz überhaupt finanzieren lässt. Das Gespräch nebenan lässt allerdings
sanfte Hitzewallungen bei der Autorin aufkommen. «Vorsorge?! Kapitaleinlagen?!»
– es könnten aber auch die Getränke sein: eine geschmacksintensive Kombination
aus Ingwer und Koffein. Da die an der Bar ausgestellten Beispiele von Ingwertee (der                 Bastian Mantey, Executive Chef vom World Café, bei der
                                                                                                     Ausgabe an der Salattheke. Hungrige Gäste können Salate
schon lange nicht mehr dampft) und Caffè freddo (ein halbes Glas braune Suppe)                       und Snacks auch mitnehmen.
leider nicht gerade zum Probieren einladen, entschied sich der Gast für eine Limo
und einen Kaffee. Sympathisch: Der Kaffeerahm kommt im Kännchen und nicht
im Plastikbecher daher. Aber leider ungünstig: Die Schrift auf den Empfehlungs-
zettelchen an der Bar lassen sich kaum entziffern. Dass es sich bei der Limo um
eine Apfel-Ingwer-Mischung aus dem Wallis handelt, die mit regionalen Früchten
hergestellt wird, ist erst der Etikette der Flasche zu entnehmen. Ein paar Stockwerke
weiter unten befindet sich das World Café, in dem die Welt heute ziemlich klein
scheint: Viele der Gäste kennen sich, sie winken sich und den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern fleissig zu. Das Angebot am Mittag kann für Vegetarier eher
enttäuschend ausfallen; von sechs Mittagsmenüs sind zwei vegetarisch. An diesem
Tag kann man wählen zwischen einer Lasagne mit Pesto und Rucola (Fr. 16.60)
und einer Grünkernpfanne mit grünen Bohnen, Mais und Zucchetti (Fr. 16.90).
Dazu gäbe es diverse Salate (Fr. 13.90), Wraps (Fr. 10.50), Quiche (9 Franken) oder
eine Tagessuppe (Fr. 8.50). Da die Tintenfisch-Zubereitung eine kleine Wissenschaft
ist (in Italien werden zum Beispiel Weinkorken im Garfond mitgekocht, damit das
Fleisch zarter wird, die Griechen hingegen schlagen aus demselben Grund die Tiere
vor dem Kochen gegen Steine), entscheidet sich die Autorin für diesen. Das kleine
Menü mit Reis ist ästhetisch nichts Besonderes, allerdings schmeckt der Pulpo (aus
Spanien) sehr zart und intensiv. Schade verliert sich der Fisch in einer farblosen
Sauce, in der der Koriander anscheinend mitgekocht wurde. Frische Kräuter hätten
dem Gericht nicht nur geschmacklich gut getan, sondern auch dessen Farbkonzept.
Weisser Reis ist weisser Reis und war ganz in Ordnung. An der Theke arbeitete
der Service schnell und effektiv. Ideal für einen kurzen, zentralen Business-Lunch.

Nina Laky

                  Essen: Frisch zubereitete Canapés (Thon, Ei,
                                                                              Essen: Pulpo in Tamarinden-Zitronengras-Sauce
                  Sellerie, Spargel, Salami, Schinken), hausge-
                                                                              mit Kefen, Shitakepilzen, Stangensellerie, Korian-
                  machte Glace (Becher für 5 Franken), Cookies
                                                                              der mit Basmatireis
                  Preis: Für Kaffee und Opaline-Apfel-Ingwer-
                                                                              Preis: Fr. 16.50 (kleine Portion)
                  Limo Fr. 10.50
                                                                              Service: Selbstbedienung, Geschirr wird abge-
                 Service: Bestellung an der Bar, rascher Service,
                                                                              räumt, locker und ruhebewahrend
                 aber eher schlecht gelaunt, Tisch wird bedient
                 und abgeräumt                                                Publikum: Aktuelle und vergangene Arbeitskol-
                                                                              legen machen Mittag, Familien auf Wanderun-
                 Publikum: Managerinnen, Galeristen, Kunst-
                                                                              gen, Touristen
                 museums-Besucherinnen, Wanderer und Schiff-
                 fahrerinnen, Menschen mit Hüten, die picknicken              Ambiente: Kantinen-Stimmung, gut für schnelle
                                                                              und effektive Mittagspause
                 Ambiente: Kultiviert und leistungsorientiert

                                                                             14
K U LT U R K Ü C H E N

                                                                                                         Heiss und nice
Essen: Grosszügiges Salatbuffet oder Suppe,
Rainers Schweinsschnitzel Wiener Art und
Kartoffelsalat mit Gurken, dazu 3 dl Wasser für
                                                                                                         Beliefert von der Abwärme des Spitals Wolhusen herrscht
Wasser                                                                                                   im Tropenhaus ein Klima wie am Amazonas. Die
Preis: Fr. 19.50, Wasser 1 Franken                                                                       entsprechende Flora gedeiht im riesigen Gewächshaus
Service: an der Theke etwas unflexibel, im                                                               prächtig und liefert mitunter Zutaten für das hauseigene
Servierbereich hingegen ausgezeichnet                                                                    Restaurant Mahoi. Der Empfang ist herzlich, der Weg
Publikum: Durchmischt, von Handwerkern über                                                              vom Vorraum an den Tisch in der Halle wird zum
Kulturschaffende bis Büroteams                                                                           Ferienstart im Kleinformat: Ein Platz inmitten des
                                                    Der Schnitzelking Rainer Macherhammer am
Ambiente: Viel Platz in der Shedhalle, sehr ruhig   Brutzeln.                                            Regenwalds, Wasser plätschert hinter Bäumen und
und angenehm
                                                                                                         Lianen, es zwitschern die Vögel, T-Shirt-Temperaturen –
                                                                                                         genauso muss es in den Tropen sein, denkt sich einer, der
     Schnitzelpolizei im Südpol                                                                          noch nie am Äquator war. An diesem Mittwochmittag
                                                                                                         ist nur ein halbes Dutzend der Tische belegt. Neben mir
     Es ist Zeit. Zeit für die Schnitzelpolizei. Seit Antritt des Oberösterreichers                      wuchert eine Kardamonstaude, ein Schmetterling fliegt
     Rainer Macherhammer, seines Zeichens Chefkoch im Südpol, wirbt                                      vorbei. Die beiden Gänge (Salat und Suppe werden
     das dortige Bistro mit dessen gutbürgerlicher Küche. Der Kaiser unter                               gemeinsam serviert) folgen in angenehmem Tempo und
     den Kulinarikschmankerln: Rainers Schweinsschnitzel Wiener Art.                                     schmecken. Herausgestochen ist die Suppe, die überdies
     Diese Deklaration ist zentral in Österreich, gilt doch nur ein Schnitzel                            genau die richtige Temperatur hatte. Mittags würden
     mit Kalbfleisch als Wiener Schnitzel; nach Wiener Art heisst hingegen,                              einfachere Menüs angeboten, meint Küchenchef Andreas
     dass im gleichen Hergang das günstigere Schweinefleisch verarbeitet                                 Halter, der seit dem Start des Tropenhauses vor acht
     wird. Die Südpol-Titulierung geht demnach in Ordnung: Ab ins Bistro!                                Jahren dabei ist. Abends aber drehe das siebenköpfige
     Im Vorfeld wurde zwecks Foodwaste-Vermeidung um Anmeldung                                           Küchenteam auf und liefere aufwendige Mehrgänger. Ich
     gebeten – eine Bestätigung kam aber trotz Nachfragen nicht zurück.                                  stelle mir vor, wie ein Ausflug ins Tropenhaus während
     Ob sich wohl alle Essenden in der Shedhalle angemeldet haben? Wohl                                  einer mehrwöchigen Nebelphase im November die
     kaum, so pumpenvoll, wie die ist. Vor dem Tresen hat sich bereits eine                              klimatische Erholung vor der Wetterdepression bietet.
     amtliche Schlange gebildet, die schnell schrumpft: Wer im Südpol                                    Wie alle Ferien hat auch dieser Besuch ein Ende, nach
     nämlich bestellt, erhält einen Pager, der reagiert, sobald das Essen –                              einer Weile wird es «tüppig». Ich verzichte deshalb auf
     wahlweise Variante Fleisch oder Vegi – bereit ist. Deshalb nimmt                                    den Kaffee.
     auch nur eine Person Bestellungen entgegen und schenkt Getränke
     aus. Da meine Begleitung Mühe mit dem Gurken-Kartoffel-Salat hat,                                   Mario Stübi
     fragt man nach einer Alternative; die gibt’s jedoch ausnahmsweise
     nicht aufgrund der hohen Anzahl Gäste und dem damit verbundenen
     unflexiblen, weil genauestens getakteten Workflow. Dann also ran ans
     grosszügige Suppen- und Salatbuffet mit Brot und allerlei Pimp-your-
     salad-Programm à Nüssen, Kernen, Saucen und vielem mehr. Lediglich
     eine Alternative zum Olivenbrot wäre wünschenswert gewesen; die
     Früchte sind nicht jedermanns Sache. Alsbald surrt auch schon der
     Pager – nach gerade mal 20 Minuten stehen zwei Prachtstücke an
     Schnitzel bereit. Macherhammer macht’s, wie es sich gehört: Fleisch                                               Tropenhaus-Küchenchef Andreas Halter schneidet
                                                                                                                       Süsskartoffeln, um daraus Chips herzustellen.
     dünn klopfen, in Mehl, verquirltem Ei und Semmelbrösel wenden
     und im heissen Öl (oder Butterschmalz) ausbacken. Das Menü ist ein
     Gustostückerl – als Sohn einer gebürtigen Österreicherin ist man sich
     gute Schnitzel gewöhnt und hat Ansprüche. Die erfüllt Macherhammer
     bestens, zumal auch sein Kartoffelsalat sehr gut schmeckt. Lediglich                      Essen: Salat vom Biohof Widacher Malters mit Guaven-
     die Panade löst sich auffallend schnell bei unseren Schnitzeln und die                    vinaigrette und einer Karottensuppe mit Mango und
                                                                                               Basmatireis, Pouletgeschnetzeltes an einer hausgemach-
     Preiselbeermarmelade ist nicht klassisch körnig, sondern zu geleeartig.                   ten Süss-Sauer-Sauce mit Jasminreis und Broccoli
     Aber das sind Details, die gerade in Anbetracht des sehr fairen Preises                   Preis: 27 Franken (günstigere Alternative: Pastagericht
     kaum stören. Und wenn schliesslich Servicechef Robert Leirer mit dem                      für 18 Franken), 1 dl Seetaler Pinot Noir für Fr. 8.60,
                                                                                               Karaffe Wasser für Wasser für 2 Franken
     breitesten Österreicher Akzent «Hat’s geschmeckt?» fragt, wähnt man
     sich in der Heimat des Herzens: Dankscheen, Bussi und servus pfiat di!                    Service: Nach Lehrbuch, freundlich und zuvorkommend
                                                                                               Publikum: Ältere Ausflügler, Angestellte vom nahen
                                                                                               Spital
     Stoph Ruckli
                                                                                               Ambiente/Atmosphäre: Ungewohnt sommerlich und
                                                                                               ferienhaft, nach einer Weile etwas drückend aufgrund der
                                                                                      15       Feuchtigkeit
Das Kochmagazin

   Die Köchinnen und Köche
   unseres Tests präsentieren ihre
   Lieblingsrezepte. Einfach für
   Sie zum Nachkochen. Einige
   schonen das Portemonnaie, alle
   verwöhnen den Gaumen. Für
   Veganerinnen oder Veganer
   nicht geeignet. Sorry.

Jazzy-Panino
Zutaten:
       1 Ciabatta-Brot                   Kräuter fein hacken, Avocado schälen und grob schneiden. Alles in eine Schale geben, Olivenöl dazu und mit Gabel
       1 Ananas                          zerdrücken, dann mit Pfeffer und Salz abschmecken. Ananas in Würfel schneiden und mit wenig Chili in der Pfanne
         Chili                           anziehen. 70 g Zucker dazu und das Ganze karamellisieren, mit Weisswein ablöschen und mit Salz, Pfeffer und Curry
       1 Pouletbrust                     würzen. Köcheln lassen, bis es sämig wird. Poulet anbraten und mit Salz und Pfeffer würzen. Ciabatta aufschneiden
         Kräuter                         und das Poulet halbieren. Ciabatta mit Avocadocreme bestreichen, Poulet drauflegen und Ananas-Chili-Chutney auf
       1 Avocado (weich)                 das Poulet geben. Dann eine Scheibe Rahmkäse oben drauf und fünf bis sieben Minuten bei 150 Grad in den Ofen.
         Rahmkäse
                                         En Guete!, Domi Meyer (Jazzkantine)

Bohneneintopf mit Speck
Zutaten (für 4 Personen):
   400 g getrocknete Bohnen              Die Bohnen über Nacht in einem mit Wasser gefüllten Topf einlegen. Am darauffolgenden Tag das Wasser abgiessen,
           (2 Sorten nach Belieben)      die Zwiebeln und Knoblauchzehen in kleine Stücke und den Speck in kleine Würfel schneiden. In einer Pfanne das Öl
       4 Knoblauchzehen                  erhitzen und die Zwiebeln sowie den Knoblauch darin anschwitzen. Den Speck und die Bohnen beigeben und ebenfalls
       2 Zwiebeln                        anschwitzen. Im Anschluss Pelati, Poulet-Fond, Essig sowie Thymian und Majoran beigeben und das Ganze mit Salz,
   200 g Speck (am Stück)                Pfeffer und Paprika abschmecken. Den Eintopf während ca. 60 Minuten auf kleiner Stufe köcheln lassen und im An-
       1 Dose Pelati                     schluss beispielsweise mit (selbstgemachten) Bandnudeln servieren.
  400 ml Poulet-Fond
                                         Mahlzeit!, Rainer Macherhammer (Südpol)
    2 EL Essig
    4 EL Öl
           Thymian, Majoran
           Salz, Pfeffer, Paprika

Fregola Sarda mit grünem Spargel, Frühlingszwiebeln, Radieschen und frischen Kräutern
Zutaten (für 4 Personen):
   500 g Fregola Sarda                   Fregola Sarda mit ca. 3 Liter Wasser (gesalzt) sieben bis neun Minuten al dente kochen, mit kaltem Wasser gut abschre-
           (am besten aus dem Tessiner   cken (abkühlen). Ein bisschen Olivenöl darüber, damit die Pasta nicht klebt. Den grünen Spargel nur wenig schälen und
           Laden in der Neustadt)        drei Minuten blanchieren und mit kaltem Wasser abkühlen. Peperoni in kleine Würfel schneiden. Frühlingszwiebel in kleine
     1 kg grüner Spargel                 Ringe schneiden. Zitrone mit einer Raffel reiben, Zitronensaft pressen. Peterli hacken. Spargel in mundgerechte Stücke
  2 Bund Frühlingszwiebeln               schneiden. Alles zusammenbauen. Eine grosse Pfanne bei mittlerer Hitze mit Olivenöl erhitzen. Peperoniwürfel andüns-
   1 rote Peperoni                       ten. Frühlingszwiebeln dazugeben. Spargel dazugeben. Mit der Fregola Sarda vermischen. Zitronenreste, Zitronensaft,
1 Zitrone (Bio)                          Salz, Pfeffer, frische Kräuter dazu. Auf warmen Tellern servieren, mit Basilikum austarieren und mit einem Schuss Olivenöl
  1 Bund Peterli                         beträufeln.
           Olivenöl, Salz, Pfeffer
                                         Ein super Gericht für einen schönen Tag, Patrick Schwehm (Neubad)

                                                                               16
Giersch-Focaccia
Zutaten:
  190 ml    lauwarmes Wasser                       Hefe mit dem Zucker im Wasser auflösen und 2 EL Olivenöl dazugeben. Die Salz-Mehl-Mischung mit der Flüssigkeit
   250 g    Weissmehl                              vermengen und die Masse mit dem kleingehackten Giersch während 10 Minuten zu einem glatten Teig kneten. Den
    4 EL    Olivenöl                               Teig nach dem Gehenlassen auf einem mit 1 EL Olivenöl bestrichenen Blech auslegen (ca. 2 cm dick)‚ mit 1 EL Olivenöl
     1 TL   Salz                                   einreiben, mit Fleur de Sel bestreuen und 30 Minuten bei 175 Grad backen.
        1   Prise Zucker
      1/2   Hefe
        1   Handvoll Giersch (nur die jungen
            Blätter), findet man gratis in jedem
            Park/Wiese/Nachbarsgarten
            Fleur de Sel

Plan-B-Ofen-Ratatouille
Zutaten:
        1Zwiebel                                   Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Zwiebeln und Knoblauch schälen und in Spalten schneiden. Paprikaschoten
        1Knoblauch                                 waschen, schälen, entkernen. Zucchini und Aubergine waschen. Das Gemüse in ca. 2 cm grosse Würfel schneiden. In
        1Chilischote                               einer grossen Pfanne 2 EL Olivenöl erhitzen, Zwiebeln und Knoblauchzehen darin glasig braten, das Gemüse und den
   500 g Aubergine, Zucchetti, Peperoni            Kreuzkümmel dazugeben und kurz anbraten. Alles in eine grosse, ofenfeste Form geben und die gewaschenen, ganzen
   200 g Cherrytomaten                             Cherrytomaten, den grob gehackten Rosmarin und Thymian, Salz und Pfeffer dazugeben und alles vermengen. Alles
                                                   im Ofen bei 180 Grad ca. 20 bis 40 Minuten schmoren (das Gemüse darf noch Biss haben). Ratatouille aus dem Ofen
     1 TLKreuzkümmel, Salz und Pfeffer
        1Handvoll Thymian, Rosmarin und            nehmen, grob gehackten Basilikum untermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit einem Klecks Sauerrahm und
                                                   dem frischen Giersch-Focaccia servieren.
         Basilikum
       1 Kübeli Sauerrahm
                                                   Genüsslichen Appetit!, Bea, Plan B

KKL Steak Tartar
Zutaten:
   150 g Schweizer Rinderfilet, so fein wie        Alle Zutaten bis und mit Pfeffer mit einer Gabel vermengen. Kapern und Cornichons nach Belieben hinzugeben
          möglich geschnitten (am besten bei       oder als Garnitur verwenden. Brot zum Servieren dazureichen.
          der Metzgerei machen lassen)
     19 g Olivenöl (Orica ATG)                     En Guete, Bastian Mantey
        1 Eigelb
     20 g Schalotten, fein gewürfelt
      3 g Cayenne-Pfeffer
      3 g frischer Limettensaft
     12 g Salz
      8 g schwarzer Pfeffer aus der Mühle
     15 g Kapern
     15 g Cornichons
 4 Stück Toast oder leicht getoastetes Brot

Indische Linsensuppe

Zutaten (für 4 Personen):
   500 g Tomaten gewürfelt aus der Dose            Hacken Sie die Zwiebel und den Knoblauch fein und dünsten Sie beides für zwei Minuten in der Butter an. Geben Sie die
   100 g rote Linsen                               Gewürze dazu und rösten Sie alles für eine Minute an, damit sich die Aromen voll entfalten. Mixen Sie die Tomaten kurz
     20 g Butter                                   mit einem Stabmixer auf. Geben Sie dann die Tomaten, die roten Linsen, den Zitronensaft, die Gemüsebouillon und die
   3,5 dl Gemüsebouillon                           Kokosmilch dazu und bringen Sie das Ganze zum Kochen. Reduzieren Sie die Hitze und lassen Sie die Dal-Suppe eine
                                                   halbe Stunde köcheln, bis die Linsen weich sind. Schmecken Sie die Suppe mit Salz ab und garnieren Sie sie mit dem
      2 dl Kokosmilch
                                                   Joghurt und dem gehackten Koriander. Zu der Suppe passt indisches Naan-Brot sehr gut.
        1 Knoblauchzehen
        1 Zwiebel
                                                   Herzliche Grüsse aus der Tropenhaus-Küche, Andreas Halter
        1 EL Zitronensaft
        1 EL Garam Marsala Gewürzmischung
        1 KL gemahlener Kreuzkümmel
        1 Espressolöffel Kurkuma
      1/2 Espressolöffel Chilipulver
           frisch gehackten Koriander
    4 EL Joghurt Nature
           Salz

Gemüsequiche
Für die Füllung:
        1 Zwiebel, gewürfelt                       Die gewürfelten Zwiebeln vorsichtig in Öl andünsten. Den Knoblauch und das klein geschnittene Gemüse dazugeben
        1 Zehe Knoblauch, kleingeschnitten         und kurz mit anschwitzen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Wenn das Gemüse auskühlt, hat man Zeit, um den
                                                   Blätterteig auf das Blech mit Backpapier zu legen. Nicht vergessen, den Blätterteig mit einer Gabel einzustechen. Nun
    500g Gemüse, was das Herz begehrt
           (oder der Kühlschrank hergibt)          nimmt man ein weiteres Backpapier, legt es auf den Teig, beschwert ihn (am besten mit Kichererbsen) und backe dies
                                                   zehn Minuten im auf 180 Grad vorgeheizten Ofen.
Für den Guss:
     1 dl Rahm                                     Für den Guss alle Zutaten gut mischen. Zum Schluss kommt das glasierte Gemüse auf den vorgebackenen Blätterteig
     1 dl Milch                                    und wird mit dem Guss übergossen. Ab in den Ofen damit! Nach ca. 20 Minuten bei 180 Grad hat man eine herrlich-
       3 Eier                                      goldbraune Gemüsequiche mit Kleinigkeiten, die man zu Hause hatte. Dazu vielleicht eine frische Quarksauce und
   100 g Reibkäse                                  Salat?
          Salz, Pfeffer, Muskatnuss
                                                   Liebe Grüsse aus der Meyer-Küche, Michaela Muheim

                                                                                        17
18
     Illustration: Sarah Elena Müller
J U BI L Ä EN

                                            Zum
                                           letzten
                                             Mal:

 Jubiläen sind ein Graus. Und kein Grund, mit einem Artikel berücksichtigt zu werden.
  Das findet unsere Redaktion, die mit gefühlten 150 Jubiläen monatlich überschüttet
   wird. Grund genug, in der 326. Jubiläumsausgabe von «041 – Das Kulturmagazin»
       dem Jubiläum einen Artikel zu widmen. Bestellt hatten wir eine Polemik,
                      Christov Rolla* lieferte eine Festrede. Grmpf.

Ich leite seit vielen Jahren einen Kirchenchor. Es ist ein        schien mir nicht vollkommen uninteressant. Daraus
sehr lieber Chor. Letztes Jahr beschloss er, ein Jubiläum         liess sich ein bisschen Seemannsgarn für das grosse,
zu feiern. Vermutlich hatten ihm die Feierlichkeiten zum          inexakte Jubiläum spinnen.
75-jährigen Bestehen seiner Kirche so gut gefallen, dass              Ausser uns fand das allerdings niemand so richtig
er auch wieder mal ein bisschen Party machen wollte.              witzig. Oder jedenfalls lang nicht so lustig wie wir.
    Das Problem war allerdings, dass wir das Alter des            Wir grübelten im Vorstand, woran das liegen mochte.
Chors – und damit die Höhe des zu begehenden Ju-                  Humorlosigkeit schlossen wir aus, und den gefürchteten
biläums – nicht genau bestimmen konnten. Je nach                  Chorneid hielten wir für äusserst unwahrscheinlich.
Betrachtungsweise und historischer Akkuratesse kamen              Wir waren ja nicht an einem Eidgenössischen. Viel-
verschiedene Gründungsjahre infrage. Weil ich das                 mehr vermuteten wir, dass der Mensch offenbar tief
ehrliche Ungefähre der leutseligen, aber vorgeblichen             drinnen ein anständiges Jubiläum will. Also ein rundes.
Exaktheit vorziehe, den Festgelüsten meiner Sängerinnen           Kein schmürzeliges, kein unrundes und zuallerletzt ein
aber nicht im Wege stehen wollte, schlug ich dem Chor             ungefähres Jubiläum.
vor, das Jubiläumskonzert unter den Titel «Etwa 80 Jahre
Johanneschor» zu stellen. Der Chor fand das charmant,                             Es ist nämlich so:
und mir gefiel das leicht Selbstironische daran. Schliess-
lich sind die anderen beiden Krienser Kirchenchöre                Der Mensch ist bei Jubiläen auf konkrete Zahlen kon-
weitaus älter, da kann man als reformiertes Nesthäkchen           ditioniert. 5 Jahre und der Prosecco entkorkt sich von
eh nicht mit dem Alter auftrumpfen. Und so gern ich               selber. 10 Jahre: Die Hüpfburg für die Kinder ist ga-
meinen Chor habe: Sonderlich spektakulär ist seine                rantiert. 25 Jahre? Für die Feldmusik ist ein Auftritt
Geschichte nicht. Man blicke in die Chor- und sonstige            Ehrensache und der Gemeinderat ist fast vollzählig
Vereinslandschaft hinaus: Die Anekdoten, Originale und            anwesend. Zum 30-Jährigen bringt ein Regierungsrat
Ausflüge gleichen sich in unspektakulärster Weise. Dass           eine Grussbotschaft. Zum 50-Jährigen kommt er freiwillig
es bei uns aber gewisse Gründungsjahrwirrnisse gibt,              und eröffnet obendrein eine Sonderausstellung in der

                                                             19
J U BI L Ä EN

Regionalbibliothek. Spätestens beim 75-Jährigen werden           folglich länger geübt hat. Oder einer Seifenmanufaktur,
die ersten Nationalräte gesichtet und die Schulkinder            die ihr Gründungsjahr erst nach 100 Jahren (und dann
haben ein Lied einstudiert. Ab 100 Jahren darf man               zu Recht mit Stolz) auf das Seifenpapier zu drucken
mit einem bundesrätlichen Besuch rechnen und ab 500              begonnen hat. Daher als Faustregel: Immer zuerst mal
Jahren endlich mit überregionaler Berichterstattung,             ein paar Jahre bestehen. Oder besser noch Jahrzehnte.
einem Freilichtspiel oder gar einem Musical.
    Ab 750 Jahren wird es dann wieder würdevoller: An                      Man verstehe mich richtig:
die Stelle der Festschrift treten eine wissenschaftliche
Einordnung und einige beflissen nickende, tendenziell            Sollen alle feiern, wie sie lustig sind, aus jedwedem
ergraute Haarschöpfe.                                            Anlass, zu jedwedem Jubiläum. Auch ich könnte mich
    Ob in der Schweiz noch höhere Jubiläen gefeiert              jeden Tag umarmen! Bloss, was die indirekte Erwar-
werden, weiss ich nicht. Ich bezweifle es. Erstens muss          tungshaltung, dass einem dann alle voller Bewunde-
man da erst recht auf der Suche nach dem exakten Da-             rung auf die Schultern klopfen, betrifft: Da würde der
tum den angefeuchteten Daumen in den Wind halten,                einen Jubilarin oder dem anderen Jubilar etwas mehr
und zweitens: Was will man da auch feiern? 2000 Jahre            Würde und Bescheidenheit vielleicht nicht schlecht zu
kulturelle Unterlegenheit gegenüber den Römern? 20 000           Gesichte stehen.
Jahre Einführung des Faustkeils westlich der Reuss?                  Ansonsten: Lasst uns feiern! Anlässe gibt es genug!
    Jubiläen sind also äusserst populär. Allerdings mutet        Denn der Mensch hat einen tiefen Hang zum Feiern,
deren Rundheit zuweilen etwas zufällig an. Ich persön-           und wenn es keinen Grund gibt, erfindet er halt einen.
lich finde es zum Beispiel wenig schlüssig, warum 25             Geburtstag, Hochzeit und Beförderung sind ja nur die
als rund gilt, 16 hingegen nicht. Ober warum ein 40.             offensichtlichsten Feieranlässe. Aber was da nicht alles
Jubiläum festwürdiger ist als das 35ste. Aber wenn man           gefeiert wird: vom Feierabendbier zum Wichteln, vom
mit Jubiläen wie «5 Jahre Auto Moto Hunkeler», «15               Après-Schi zum ersten Schultag, von der siegreichen
Jahre Chinderhüeti Hofdere» und «45 Jahre Gartencenter           Schlacht zur erfolgreichen Hausbesetzung und vom
Grüter» aufgewachsen ist, denkt man irgendwann nicht             Begrüssungsumtrunk zum Liichemöhli – Wir sind keine
mehr darüber nach, sondern feiert einfach mit.                   Nation, wir sind eine Festgemeinde. Und ein Segen für
    Für ein zünftiges Jubiläum ist zu beachten, dass es          das Festzeltverleihgewerbe. Man könnte meinen, der
gross genug sein sollte – andernfalls könnte sich das            Mensch lebe unter dem Motto: «Man soll die Feste feiern,
eine oder andere Stirnrunzeln ereignen. Denn ausser              wie sie fallen. Und wenn sie nicht von selber fallen,
Eintagsfliegen, Bierideen und Medienhypes wird ja                dann schubsen wir sie um!» Ich bin sicher: Stellte man
fast alles ein paar Jahre alt. Darum sind Jubiläen unter         irgendwo einen Biertisch auf, es ginge nicht lange, bis ein
zehn Jahren nur selten erstaunlich und fast immer                paar Leute da sässen, Luftballone aufbliesen, Bratwürste
auch ein bisschen egal. Ich meine, ich gönne es jeder            brutzelten und sich einen Jubiläumsanlass ausdächten.
neuen Beiz, Band und Marke von Herzen, wenn sie                  Warum ist das so? Vielleicht, weil der Mensch generell
das erste Jahr überlebt hat. Ob aber das zwei- und das           so eine Frohnatur ist? Vielleicht, weil die allgemeine
dreijährige Bestehen auch so gross angekündigt werden            Wurstigkeit des Lebens sonst nicht auszuhalten ist? Oder
müssen? Wenn ich von solchen Jubiläen lese, werde                weil wir tief innen wissen, dass wir alle einmal sterben
ich unabsichtlich immer grad misstrauisch. Warum                 müssen und uns daher so gerne mit Bier, einer Tombola
in Gottes Namen feiern die denn ihr Zweijähriges?                und Chips auf Plastiktellern trösten? Ich weiss nicht,
Wenn es besonders, erstaunlich, bewundernswert ist,              ob Horaz sein «Carpe diem» in diesem Sinn ausgelegt
dass sie zwei Jahre überlebt haben – warum ist es dann           haben wollte. Aber vielleicht ist er ja ebenfalls gerade
besonders, erstaunlich, bewundernswert? Was wird                 mit Seneca auf Wolke sieben am Aperölen.
uns da verschwiegen? Juhui, wir werden drei Jahre alt,               Es fällt auf, dass bei Jubiläen ausschliesslich Jahre
obwohl unsere Küche nicht den geringsten hygienischen            gefeiert werden. Andere Zeiteinheiten existieren beim
Standards entspricht, aber keiner hat’s gemerkt? Hurra,          erwachsenen Menschen so gut wie gar nicht. Wie an-
uns gibt es schon vier Jahre, obwohl wir nicht einmal            ders war es doch in der Blüte der Jugend! Ich feierte
mehr an offenen Bühnen spielen dürfen? Noch herziger             beispielsweise das Jubiläum meines ersten geglückten
(oder eher: vollends bizarr) dünkt mich, wenn man                Beischlafs jede Viertelstunde (und freute mich mit jedem
schon nach einem Jahr etwas wie «est. 2015» unter                Atemzug). Ich zündete jeden Tag eine Kerze an für den
sein Logo schreibt. Kann man natürlich machen; aber              ersten Kuss mit der ersten grossen Liebe. Ich wollte
ich vertraue dann lieber auf das Bier einer Brauerei,            jede Woche den Gedenktag des ersten Nachtbadens
die schon 1685 established wurde und das Biermachen              im Baldeggersee abhalten. Warum Jahre warten? Ein

                                                            20
J U BI L Ä EN

Jahr war unfassbar lang. – Aber ja: Man wird älter, die               Aber 60 Jahre Regionalbibliothek bedeutet eben in erster
grossen Lebensereignisse und Erstmaligkeiten dünnen                   Linie: 60 Jahre Regionalbibliothek. 60 Jahre Bücher,
nach und nach aus, das Gedächtnis wird etappenhafter,                 60 Jahre Lesen, 60 Jahre heimelige Öffnungszeiten.
die Begeisterungsbereitschaft fauler. Vielleicht liegt das                Und vor allem sagt es, tröstlich und schön: Es gibt
Jubilieren nach Jahren auch darin begründet. Ich muss                 uns noch. Wir leben! Und ihr, die ihr mit uns feiert,
mich mittlerweile jedenfalls anstrengen, um mich über-                ebenfalls.
haupt noch an das Jahr, geschweige denn das genaue                        Und darum: Lasst uns feiern, so lange wir leben.
Datum meiner Entjungferung zu erinnern. Das macht                     Sie lebe hoch, die Regionalbibliothek; sie lebe hoch, die
aber nichts. Einerseits ist ja das erste Mal nicht in jedem           zweijährige Beiz. Und die dreijährige Band. Und das
Fall das erinnerungswürdigste. Und andererseits geht mit              vierjährige Bier! Mögen alle hochleben, die hochgelebt
dem Älterwerden ein gewisser Zugewinn an Vernunft                     gelassen werden wollen!
einher. Wenn ich mein erstes Mal bis heute noch jedes
Jahr feiern würde, mit einem geselligen Umtrunk und                      (Und ich stosse jetzt auf 10688 erfolgreich abgegebene
einer grossen Festrede, dann fände das meine jetzige                  Zeichen an. Prost!)
Freundin glaub suboptimal für den weiteren Verlauf
der Festivitäten.                                                     * Christov Rolla ist Theatermusiker, Chorleiter und schreibt
                                                                      regelmässig für «041 – Das Kulturmagazin».

                       Freilich:
Im obigen Beispiel feierte ich (erstmalige) Ereignisse; beim
landläufigen Jubiläum wird aber primär die Dauer eines
Bestehens gefeiert: Das zu Grunde liegende Ereignis,
die Gründung, der Ursprung schwingt eher so mit. Und
just diese Dauer wird wohl der Grund für das Jahr als
Jubiliereinheit sein: Ein langes Bestehen lässt sich in
Jahren schlichtweg eleganter ausdrücken.
    Abschliessend stellt sich nur noch die Frage, wa-                   Jubiläen, die uns in diesem Quartal
rum es fast immer die Dauer ist, die gefeiert wird, und                              erreichten:
nicht eine andere Kategorie. Man könnte ja auch die
                                                                                  5 Jahre Edition Bücherlese
hundertste Predigt, das tausendste verkaufte Auto,
                                                                                10 Jahre Zirkusschule Tortellini
das fünftausendste vermietete Festzelt, das millionste
                                                                                   10 Jahre Theaterpavillon
Like feiern. Aber da wird es auch schon offensichtlich:
                                                                            20 Jahre Der gesunde Menschenversand
Jubilierende wissen in der Regel recht gut, wo der feine
                                                                                      20 Jahre Radio 3fach
Grat zwischen Festfreude und Prahlsucht verläuft, und
                                                                                       20 Jahre Modul AG
noch besser wissen es die Festgäste. Würde die örtliche                        20 Jahre Jodlergruppe Schlierätal
Filiale der Versicherung die zweitausendste verkaufte                      20 Jahre Wirtschaftsmittelschule Luzern
Police mit einem Volksfest feiern, käme man sich als                                  20 Jahre Kick’n’Rush
Zaungast, Klatschvieh, gleichermassen eingeladen wie                            25 Jahre Jungzüchterverein Uri
exkludiert und irgendwie benutzt vor. Feiert sie aber                    25 Jahre berufliche Integration bei der Caritas
das 20-Jährige, dann fühlt man sich gut aufgehoben,                   30 Jahre Verein Freunde des Kollegiums St. Fidelis
abgesichert – und mitgemeint. Schliesslich haben diese                    30 Jahre Hirschmatt Buchhandlung Luzern
20 Jahre weitaus mehr mit einem zu tun als zweitausend                              50 Jahre Galerie Kriens
verkaufte Policen. Man hatte ja, zumal als Kundschaft,                               50 Jahre Pfadi Sarnen
Anteil daran.                                                                       50 Jahre Stiftung Brändi
    Alles in allem ist die Dauer von allen Jubiläums-                                50 Jahre Kunstbulletin
gründen nicht nur der am wenigsten eitle, sondern auch                          75 Jahre Trachtengruppe Kerns
ein unbestechlicher und unbezweifelbarer Wert: Wer                                        75 Jahre LSD
jubiliert, hat überlebt. Nicht mehr, nicht weniger – und                         100 Jahre Rast Kaffee Ebikon
das ist nicht selten schon viel.                                    100 Jahre Studentenverbindung Rusana der Kantonalen
    Gewiss, 60 Jahre Regionalbibliothek kann auch                                       Mittelschule Uri
bedeuten: 60 Jahre klebrige Literatur in einem dunklen,                        100 Jahre Kirchenchor Spiringen
wenig frequentierten und muffig riechenden Raum.

                                                               21
Sie können auch lesen