Stadtregionen leben - Österreichischer Städtebund
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2/2016 ÖSTERREICHISCHE GEMEINDE-ZEITUNG Das Magazin des Österreichischen Städtebundes SHOPPING CENTER SHOPPING CENTER Verlagspostamt 1110 Wien • P. b. b. ZNr. 10Z038542 WARUM ÖSTERREICH EINE POLITIK FÜR STADT- UND METROPOLREGIONEN BRAUCHT Stadtregionen leben cover_oegz_oestb_20151220.indd 01_Cover_m_Adressfeld.indd 1 1 22.01.16 11:36 29.01.16 11:51
INHALT GENERALSEKRETÄR Seite 4 STÄDTEBUND AKTUELL Städtebund-Mediengespräch: Städte schultern größten Teil bei Integration von Flüchtlingen Seite 6 KOMMUNALNEWS Aktuelles aus den Städten www.mediendienst.com, Wilke Seite 8 SCHWERPUNKTTHEMA STADT- UND METROPOLREGIONEN „Die Urbanisierung hält sich nicht an Verwaltungsgrenzen“ Mag. Johannes Luxner, freier Journalist Seite 8–11 Urbane Räume müssen Interview: Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly Mag. Johannes Luxner, freier Journalist handlungsfähig bleiben Seite 12–13 Stadtregionen sind „reale“ Räume – sie bil- Interview: Bürgermeister von Paternion Ing. Alfons Arnold Mag. Johannes Luxner, freier Journalist den die Lebens- und Bezugsräume der Be- Seite 14 völkerung ab. Dabei spiegeln sie den urban geprägten Lebensstil des Großteils der ös- Interview: Verkehrsexperte DI Dr. Friedrich Zibuschka terreichischen Bevölkerung ab: ihre Tages- Mag. Johannes Luxner, freier Journalist abläufe, ihre Wege, ihre Bedürfnisse. Men- Seite 15 schen überwinden dabei täglich eine Vielzahl von administrativen Grenzen – die Demografische Trends und Perspektiven sie jedoch in ihrem täglichen Tun nicht be- Dr. Gustav Lebhart, Leiter der Landesstatistik Wien hindern sollen. Gemeinsam mit der österrei- Seite 16–17 chischen Raumordnungskonferenz setzt sich der Städtebund mit und für seine(n) KDZ: Österreichs Stadtregionen sichtbar machen Mag. Bernhard Krabina und Mag. Thomas Prorok, KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung Mitglieder(n) dafür ein, dass die kommunale Seite 18–19 Zusammenarbeit in Stadtregionen erleichtert wird und Verwaltungsgrenzen überwunden Drei Jahre zu dritt: Troifach, Hafning und Gai werden können. Dieses Bestreben stand Mag. Johannes Luxner, freier Journalist auch im Mittelpunkt des 3. Österreichischen Seite 20–21 Stadtregionstages im November 2015 in Wien. Mit der dort präsentierten Agenda für Italien und seine Verwaltungsreform österreichische Stadtregionen wurden die Dr. Francesco Palermo, Professor an der Universität Verona Seite 22 Eckpunkte einer österreichischen Stadt- und Metropolregionspolitik festgelegt – nun ÖREK-Partnerschaft „Kooperationsplattform Stadtregion“ geht es um deren Umsetzung, sodass un- DIin Melanie Lutz, Österreichischer Städtebund, Mag.a Eliette Felkel, ÖROK sere urbanen Räume auch in Zukunft hand- Seite 24–25 lungs- und entscheidungsfähig bleiben. Erfreulich ist, dass es gerade auch im Zu- Stadt-Umland-Kooperationen in Oberösterreich sammenhang mit der neuen EU-Förderperi- ObauR DIin Heide Birngruber, Amt der OÖ Landesregierung, Abteilung Raumordnung ode bereits Vielversprechendes aus den Seite 26–27 Bundesländern zu berichten gibt. Der Ös- terreichische Städtebund wird sich auch Zukunftsraum Lienzer Talboden Mag. (FH) Oskar Januschke, Stadt Lienz, Standortentwicklung, Wirtschaft und Marketing 2016 weiter für die Umsetzung der „Agenda Seite 28–29 für Stadtregionen in Österreich“ einsetzen. Steiermark: 100 Mio. Euro für die steirischen Großregionen Dr. Bernd Gassler, Regionalmanagement Steirischer Zentralraum und DIin Melanie Lutz, Österreichischer Städtebund Seite 30–31 Mobil sein und bleiben DIin Stephanie Schwer, Österreichischer Städtebund, Stadtentwicklung und Mobilität Dr. Thomas Weninger Seite 32–35 Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes 2 ÖGZ 2/2016 02_03_Inhalt-Edi_k!.indd 2 29.01.16 11:38
KDZ: 700 Mio. Euro für Städte im neuen EU-Programm für PRÄSIDENT ländliche Entwicklung Mag.a Alexandra Schantl und Mag. Thomas Prorok, KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung Seite 36–37 klimaaktiv mobil – neue Fördermöglichkeiten DI Robert Thaler und DIin Iris Ehrnleitner, BMLFUW, Abteilung Mobilität, Verkehr, Lärm Seite 38–39 KDZ: Regionale Versorgungsfunktion von zentralen Orten Dr.in Karoline Mitterer, KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung Stadt Wien, Kurt Keinrath Seite 40–41 „Wissensnetzwerk Innenstadt“ – Zentren stärker machen DIin Stephanie Schwer, Österreichischer Städtebund, Stadtentwicklung und Mobilität Seite 42–45 SPRINKLE – Smart-City-Governance-Prozesse DIin Melanie Lutz, Österreichischer Städtebund, Stadtentwicklung und Mobilität Die Gemeindewohnung Seite 46–47 als Garant für Globaler Klimaschutz als große Chance Dr. Guido Dernbauer, Österreichischer Städtebund, Umwelt, Energie und Abfallwirtschaft sozialen Frieden Seite 48–49 Viele internationale Stadtregionen stehen vor COP 21 Paris: Rückenwind für die Energiewende Herausforderungen, die mit aktuellen demo- Mag.a Leonore Gewessler, Geschäftsf., Mag. Johannes Wahlmüller, Klimasprecher, GLOBAL 2000 grafischen und ökonomischen Entwicklun- Seite 50–51 gen einhergehen. Oft im Fokus dabei: Wohnen. Eine Vielfalt der Lebensstile schafft Seite 52 die Nachfrage nach unterschiedlichen For- men des Wohnens, und dafür muss der MAGAZIN entsprechende Raum gewährleistet sein. Aus dem Städtebund; Literaturrezensionen Unabhängig von Einkommen und Herkunft. In Wien leben heute eine halbe Million Men- Seite 62 schen in 220.000 Gemeindewohnungen. RECHT Rechnet man die 200.000 geförderten Neueste Entwicklungen zum Kommunalsteuerrecht. Dr. Peter Mühlberger, Magistrat Linz, Konsulent Miet- und Genossenschaftswohnungen dazu, nutzen fast zwei Drittel die Vorzüge Seite 66 des geförderten Wohnbaus. Das Selbstbe- FINANZEN stimmungsrecht der Städte im sozialen Ertragsanteilsvorschüsse für Dezember 2015 und Jänner 2016 Wohnbau ist in den letzten Jahren mitunter durch institutionelle Immobilieninvestoren gefährdet worden. Viele österreichische Städte sind daher Partnerschaften mit Orga- nisationen wie dem Internationalen Mieter- bund und Housing Europe eingegangen. IMPRESSUM: ÖGZ – Österreichische Gemeinde-Zeitung, Nr. 2/2016 • Medieninhaber und Herausgeber: Österreichischer Städtebund, Die Stadt Wien hat etwa mittels der Resolu- 1082 Wien, Rathaus, www.staedtebund.gv.at, oegz@staedtebund.gv.at, Tel. +43(0)1/4000-89993 • Leitung: Generalsekretär tion der europäischen BürgermeisterInnen Dr. Thomas Weninger • Verleger: Bohmann Druck und Verlag Ges. m. b. H. & Co. KG, 1110 Wien, Leberstraße 122, Geschäftsführer: die Europäische Kommission aufgefordert, Dr.in Gabriele Ambros, Gerhard Milletich • Chefredakteurin des Österreichischen Städtebundes: Mag.a Silvia Stefan-Gromen, Tel. die subsidiaritätswidrigen Bestimmungen im +43(0)1/4000-89993, Fax: +43(0)1/4000-7135 • Chef vom Dienst/Redaktion: Mag. Gerald Leimlehner, Grafische Gestaltung: Beihilfenrecht zu ändern, die den sozialen Martin Hampejs, Lektorat: Mag. Bernhard Plos, Fotoredaktion: Markus Wache • Reproduktion: Repromedia Druckges. m. b. H. Nfg. KG, Leberstraße 122, 1110 Wien • Druck: Wograndl Druck Ges. m. b. H., Druckweg 1, 7210 Mattersburg • Auflage: 6.000 • Erschei- Wohnbau einschränken. Leistbares Woh- nungsweise 2016: 10 Ausgaben • Coverfoto: Trendcom Consulting GmbH / Alice Brzobohaty, Copyright für nicht (anders) bezeichnete nen muss auch für kommende Generatio- Fotos: Österreichischer Städtebund • Zum Nachdruck von Veröffentlichungen aus der ÖGZ ist ausnahmslos die Genehmigung der Re- nen auf hoher Qualität gesichert sein. Denn daktion einzuholen. Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Meinung der/des Verfassenden wieder, die sich nicht unbedingt mit jener nur der soziale Wohnbau ist Garant für das der Redaktion bzw. der Position des Städtebundes decken muss. Die Redaktion der ÖGZ bekennt sich zum Einsatz einer geschlechter- soziale Gleichgewicht in den Städten. gerechten Sprache. • Abonnements laufen ganzjährig und müssen eingeschrieben einen Monat vor Ablauf abbestellt werden, sonst er- folgen nach Usancen im Zeitungswesen Weiterlieferung und Weiterverrechnung. Einzelheft: EUR 4,50; Jahresabonnement: EUR 42; Abo-Bestellnummer: Tel. +43(0)1/740 32-466 • Anzeigen: Sascha Kovacs, s.kovacs@schmid-verlag.at, Tel. +43(0)1/740 32-573 • Advertorials sind bezahlte Einschaltungen und unterliegen der Verantwortung der Anzeigenabteilung. OFFENLEGUNG: Gemäß § 25 Mediengesetz • Medieninhaber und Herausgeber: Österreichischer Städtebund, 1082 Wien, Rathaus • Leitung: Generalsekretär Dr. Thomas Weninger • Grundlegende Richtung: Die thematische Bandbreite reicht von gemeinderechtlichen Bürgermeister Dr. Michael Häupl bis zu finanzpolitischen Fragen aus Theorie und Praxis und berichtet über die Beratung aktueller Fragen in den Ausschüssen des Öster- Präsident des Österreichischen Städtebundes reichischen Städtebundes sowie über europapolitische Themen. www.staedtebund.gv.at 3 02_03_Inhalt-Edi_k!.indd 3 29.01.16 11:38
STÄDTEBUND AKTUELL Fotolia MEDIENGESPRÄCH: STÄDTE SCHULTERN GRÖSSTEN TEIL BEI INTEGRATION VON FLÜCHTLINGEN BürgermeisterInnen der Landeshauptstädte im Städtebund- von Bundes- und Landesseite. Im Gegensatz zu Deutschland, Mediengespräch sehen Bund gefordert das der kommunalen Ebene bereits vor mehreren Monaten In einem Mediengespräch des Österreichischen Städtebundes in budgetäre Mittel für die aktuelle Situation aber auch darüber Wien haben Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Inns- hinaus zugesagt hat, fehlen diese in Österreich noch völlig. bruck), Bürgermeister Heinz Schaden (Salzburg), Bürgermeister Die deutsche Bundesregierung zahlt 670 Euro pro Monat pro Klaus Luger (Linz) und Bürgermeister Siegfried Nagl (Graz), Flüchtling an die Städte und Gemeinden, die durchgehend für sowie die zuständige Wiener Sozialstadträtin Sonja Wehsely am die Flüchtlinge zuständig sind. Zusätzliches Geld gibt es für die 18. Jänner 2016 ihre Forderungen an den Bund vor dem Asyl- unbegleiteten Minderjährigen. Insgesamt will der deutsche gipfel am 20. Jänner 2016 formuliert. Bund den Ländern und Kommunen eine Milliarde Euro zusätz- Weltweit sind derzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. lich zur Verfügung stellen. Der Deutsche Städte- und Gemein- Im Jahr 2015 hat die große Flüchtlingsbewegung insbesondere debund geht von Langzeitkosten von bis zu zehn Mrd. Euro aus der Krisenregion Syrien/Irak/Afghanistan verstärkt auch aus, wenn der Aufbau der Infrastruktur und die Integrations- Österreich betroffen: 600.000 Flüchtlinge passierten unsere maßnahmen finanziell abgedeckt werden sollen. Grenzen, 90.000 stellten 2015 in Österreich einen Asylantrag. Folgenden Aufgaben stellen sich Städte und Gemeinden bereits Den Städten kommt bei der Unterbringung und Integration seit Monaten: von Flüchtlingen eine Schlüsselrolle zu, denn Flüchtlinge zie- hen überwiegend in Städte und städtische Ballungsräume. Transit-Flüchtlinge Den BürgermeisterInnen ist bewusst, dass eine gute Integrati- Flüchtlinge, deren Ziel Deutschland oder ein anderes EU-Land onskultur unerlässlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist, wurden seit September 2015 an den Landesgrenzen und in jeder Gemeinde ist, und unzählige Maßnahmen werden ge- Bahnhöfen versorgt und in Notquartieren untergebracht. Von setzt, obwohl weder Zuständigkeit noch Finanzierung durch insgesamt 600.000 reisten allein 250.000 durch Wien, 300.000 den Bund und die Bundesländer geklärt sind. durch die Stadt Salzburg. Um eine humanitäre Katastrophe zu Um auf die Flüchtlingssituation angemessen reagieren zu kön- verhindern, haben Städte, NGOs und Freiwillige diese Erstver- nen, fordern Städte und Gemeinden dringend Unterstützung sorgung in kurzer Zeit aus dem Boden gestampft. Diese Erst- 4 ÖGZ 2/2016 04-07_Städtebund_News_kk!.indd 4 29.01.16 11:39
STÄDTEBUND AKTUELL versorgung fällt eigentlich in die Zuständigkeit des Bundes. Die eine Herausforderung für alle Städte und Gemeinden. Mutter- Notquartiere werden jetzt noch immer für Transit-Flüchtlinge sprachliche Orientierungsgespräche, Basisinformation, Ämter- genützt (in Salzburg 2.000, Graz 1.500 Plätze, Linz 970 begleitung und Ausdehnung der Arbeit der Integrationsdienst- Plätze), andererseits sind Notquartiere durch AsylwerberInnen stellen bedeuten steigenden Bedarf an Personal, Schulungen, belegt, für die es nicht genügend dauerhafte Quartiere von DolmetscherInnen und vieles mehr. Auch die finanzielle und Bund und Ländern gibt (in Wien aktuell 5.100). organisatorische Unterstützung von Integrationsprojekten, Inte- grationsveranstaltungen, Vermittlung und Mediation, zusätzli- Flüchtlinge in Grundversorgung ches Personal im Bereich Soziales und Integration, Kinder- und 80.000 Flüchtlinge befinden sich insgesamt im Asylverfahren Jugendarbeit verursachen zusätzliche Kosten. und erhalten damit Grundversorgung in Österreich. 19.000 da- von allein in Wien, 2.100 in Graz, 2.000 in Innsbruck, 1.900 Sprache in Linz, 1.800 in der Stadt Salzburg, 1.600 Personen in Klagen- Das Thema Deutschunterricht betrifft alle Städte und Gemein- furt, 333 in Bregenz und 255 in Eisenstadt. Dabei sind in Wien den bereits in der Grundversorgung, während die Asylwerbe- rund 44 Prozent der AsylwerberInnen privat untergebracht, 56 rInnen noch in der Zuständigkeit des Bundes sind. Städte und Prozent in organisierten Unterkünften. Gemeinden behelfen sich entweder mit Freiwilligenarbeit oder bezahlen professionelle Deutschkurse – auch hier füllen sie eine Unbegleitete Minderjährige Lücke, die weder der Bund noch die Länder entsprechend der Stark gestiegen ist auch die Anzahl der unbegleiteten minder- realen Dimension adressieren. jährigen Flüchtlinge (UMF), deren Unterbringung und Betreu- ung für die Städte personell und finanziell intensiv ist. So wer- Forderungen an den Bund: den unbegleitete Kinder an Pflegefamilien vermittelt oder in • Die Informationen von Seiten des Bundes sind insgesamt kleinen betreuten Wohneinheiten durch die Jugendämter ver- völlig unzureichend. Es fehlt an Zahlen, Daten, Fakten und treten und betreut. einer übergeordneten Strategie, wie mit dem Thema Flücht- Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: 6.306 linge auch in den kommenden Monaten umgegangen wer- (Österreich); 862 (Wien), 620 (Graz), 229 (Linz), 55 (St. Pöl- den kann. Eine direkte Kommunikation mit den Städten ist ten), 37 (Bregenz). Zum Vergleich: Im Jänner 2015 waren in unbedingt erforderlich; Wien 199 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Betreuung. • Klare politische Anerkennung und Unterstützung der Leis- tungen der Städte und Gemeinden im Bereich von Integra- Anerkannte Flüchtlinge tion und Unterbringung von Flüchtlingen; Asylberechtigte müssen binnen vier Monaten nach erfolgter • Einheitliche, transparente Finanzierung dieser Leistungen. Anerkennung die Grundversorgungsquartiere verlassen. Die Mehrzahl zieht anschließend in Städte und Ballungsräume, um Mehr unter: www.staedtebund.gv.at Arbeit, Ausbildung und Kontakte zu finden, das zeigen Daten über den Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS), das Phänomen ist auch aus der Migrationsforschung hinlänglich bekannt. Allein nach Wien ziehen zwei Drittel aller Personen mit positivem Asylbescheid. 78 Prozent aller asylberechtigten BMS-BezieherInnen des Bun- deslandes Salzburg leben in der Stadt Salzburg. Städte und Ge- meinden finanzieren die Sozialleistungen, insbesondere die Mindestsicherung, über Umlagen zu einem großen Teil mit. Integration Nimmt man an, dass bei 90.000 Asylanträgen (2015) und ge- schätzten weiteren 120.000 Flüchtlingen 2016 rund die Hälfte einen positiven Asylbescheid erhält, so sind von der kommuna- len Ebene zusätzlich Ressourcen für rund 100.000 Menschen bereitzustellen – noch ohne den zu erwartenden Familiennach- zug. Dies wäre entsprechend der EinwohnerInnenzahl die fünftgrößte Stadt in Österreich. Wohnraum, Kindergärten, Schulplätze, Hortbetreuung, Deutschkurse und Weiterbildung, die gesamte kommunale Infrastruktur muss daher zur Verfü- gung gestellt und finanziert werden. Integrationsleistungen, Niederlassungsbegleitung, Orientierung Fotolia und Arbeitsmarktförderung für 100.000 neue BürgerInnen sind www.staedtebund.gv.at 5 04-07_Städtebund_News_kk!.indd 5 29.01.16 11:39
KOMMUNALNEWS Verlag J. Heindl SCHÄRDING WIRD 700: EINE STADT FEIERT IHR GROSSES ERBE 2016 feiert die Stadtgemeinde ein besonderes Jubiläum: 804 Gratulanten erwartet: Ritter aus dem Mittelalter, Landsknecht- wurde „Scardinga“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt und Trosse aus dem Barock, schwere Kavallerie aus der Zeit Napole- 1316 zur Stadt erhoben. ons und sogar ein K & K Dragonerregiment wird am Schärdin- „Scardinga“, wie es in der ersten urkundlichen Erwähnung ge- ger Stadtplatz einreiten. Sie werden an markante Ereignisse in nannt wird, war seit jeher ein pulsierender Verkehrs- und Han- der Geschichte der Stadt Schärding erinnern. delsknotenpunkt. Der Handel mit Salz machte die Stadt reich, Auf historische Spuren führt auch die neu geschaffene „Via zahlreiche Brauereien und Schenken zeugten (und zeugen noch Scardinga“, ein zweieinhalb Kilometer langer Themenweg mit heute) von der Genussfähigkeit der Schärdinger. Seit mehr als rund 20 teils interaktiven Stationen, der im Mai öffnen wird. einem Jahrhundert ist Schärding zudem Kurort und somit ein An die lange Braugeschichte der Stadt knüpft das erste Brau- guter Platz zum Innehalten und Auftanken. Ein Spaziergang ereischiff Europas an, das im April vom Stapel laufen wird: Auf durch die Altstadt ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Vor der Fahrt durchs wild-romantische Inntal zwischen Schärding dieser prächtigen Kulisse feiert die Stadt ihren runden Geburts- und Passau wird an Bord Bier gebraut – und natürlich auch tag mit den unterschiedlichsten Aktivitäten. verkostet. Am 4. und 5. Juni 2016 geht das große „Jubiläums-Spectacu- lum“ über die Bühne. Zum festlichen Anlass werden einige Infos unter: www.schaerding.at 6 ÖGZ 2/2016 04-07_Städtebund_News_kk!.indd 6 29.01.16 11:39 _PR_Ho
KOMMUNALNEWS JUBILÄUM FÜR DEN NIEDERÖSTERREICHISCHEN SOZIALPREIS „LÖWENHERZ 2015“ Ende 2015 wurden zum zehnten Mal die Niederösterreichi- engagieren. Sie alle tragen dazu bei, dass unsere Gesellschaft schen Löwenherzen bei einem Festakt in der Fachhochschule nicht auseinanderbricht und sie bilden die Basis der sozialen St. Pölten verliehen. Gekommen waren LH-Stellvertreterin Ka- und gesellschaftlichen Arbeit, die den sozialen Frieden in unse- rin Renner (Präsidentin des Vereins Pro Niederösterreich), pro- ren Gemeinden sichert und stabilisiert. Denn zu einer friedli- minente SponsorInnen und die hochkarätig besetzte Jury, um chen Gesellschaft gehört sozialer Frieden, und sozialer Frieden mit Bürgermeister Matthias Stadler die VertreterInnen der prä- folgt aus sozialer Gerechtigkeit“, betonte Pro NÖ-Präsidentin mierten Projekte, die „Löwenherzen 2015“, auszuzeichnen. LH-Stv. Karin Renner in ihrer Laudatio. Sie wies auch darauf hin, dass „viele Bereiche des gemein- „Sozialer Frieden folgt aus sozialer Gerechtigkeit“ schaftlichen Lebens ohne ehrenamtliche Arbeit nicht denkbar Diese durften sich über Preisgelder im Gesamtwert von wären. Das Würdigen dieser verdienstvollen Tätigkeit soll sich 22.500 Euro freuen. Die Jury hatte die schwierige Aufgabe, allerdings nicht nur auf Danksagungen beschränken. Wir aus 36 auszeichnungswürdigen Projekten ihre Wahl zu treffen. wollen mithelfen, dieses Engagement auch finanziell zu unter- Die Projekte reichten von Hilfe für Kinder und Pflegebedürf- stützen.“ tige in Butea bis hin zu Quartieren für AsylwerberInnen, vom „Viele Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen leisten Frauenzentrum in St. Pölten bis hin zum Solar-Taxi in Hei- täglich im Verborgenen Gutes und zeichnen sich durch eine denreichstein oder dem Projekt „Interkulturelles Mentoring große Hilfsbereitschaft aus. Wir wollen einige von ihnen vor für Schulen“. Alle PreisträgerInnen sowie Projektbeschreibun- den Vorhang bitten und sie stellvertretend für alle auszeich- gen sind auf der Website von Pro Niederösterreich unter nen“, so Bürgermeister Stadler: „Viele Bereiche des gesell- www.pronoe.at nachzulesen. schaftlichen Lebens würden ohne ehrenamtliche Arbeit und „Es ist erfreulich zu sehen, wie viele Menschen sich freiwillig Engagement nicht funktionieren – das wissen wir Kommunal- in den verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens politiker ganz besonders zu schätzen.“ HOLLU SYSTEMHYGIENE GMBH Saubere hollu Finanzierung: 100% Maschinenpower, 0% Zinsen! Die Anschaffungskosten verteilen sich auf 12 überschaubare und vor AUF DAS NEUE MASCHINEN- allem fixe Monatsraten, aber die Maschine kann bereits vom ersten SORTIMENT FOLGT EIN Foto: © hollu Tag an voll genutzt werden – mit der attraktiven 0%-Finanzierung ATTRAKTIVES FINANZIERUNGS- zeigt sich Hygienespezialist hollu als verlässlicher Partner und bietet MODELL VON HOLLU: 0% ZINSEN UND KEINE GEBÜHREN! seinen Kunden vor allem eines: Sicherheit. „Mit unserem Finanzierungsmodell ermöglichen die Anschaffung der Maschine für Kunden und Vorteile der maschinellen Reinigung aus einer wir eine einfache Finanzierung ohne Risiko, Interessenten zu erleichtern. „Wir sind stets be- Hand. Noch Fragen? Ihr hollu Fachberater ohne Gebühren, ohne versteckte Kosten“, müht, unsere Kunden in ihrem Reinigungs- berät Sie gerne im Detail. bringt es hollu Geschäftsführer Simon Meinschad alltag optimal zu unterstützen und sie mit inno- Mehr Informationen: www.hollu.com auf den Punkt. Das heißt: Durch die Finanzie- vativen Lösungen zu begeistern“, so Meinschad. BEZAHLTE ANZEIGE rung teilt sich der Kaufpreis der Maschine ein- Als Österreichs führender Hygienespezialist ent- fach nur auf 12 Monate auf – es kommen wickelt hollu seit 110 Jahren ganzheitliche Rei- Informationen: weder Gebühren noch Zusatzkosten hinzu. nigungs- und Hygienelösungen und punktet hollu Systemhygiene GmbH Während der Laufzeit bleibt die Rate immer dabei branchenübergreifend als professioneller Salzstraße 6, 6170 Zirl gleich hoch und es fallen auch keinerlei Zinsen Partner. Mit dem neuen Maschinensortiment Telefon: 0800 100 76 10 an: 0%! Ziel dieses attraktiven Angebots ist es, der Marke FIMAP gewährleistet hollu alle www.hollu.com _PR_Holluschek_1_2q_abf._210x148.indd 04-07_Städtebund_News_kk!.indd 7 1 22.01.16 29.01.16 11:45 11:49
STADTREGIONEN „Die Urbanisierung hält sich nicht an Verwaltungsgrenzen“ Der 3. Österreichische Stadtregionstag und die 10. Stadt-Umland-Konferenz teilten sich am 9. November 2015 als gemeinsame Veranstaltung den Festsaal des Wiener Rathauses. Ergebnisse und Erfahrungsberichte aus dem In- und Ausland wurden präsentiert. Im Mittelpunkt stand die „Agenda Stadtregionen in Österreich“, die erstmals einen deutlichen Leitfaden für stadtregionales Handeln bietet – ebenso wurde der Philosophie Raum geboten, um Grenzen etwas anders zu denken. Mag. Johannes Luxner, freier Journalist D as Thema für Konrad Paul Liess- sein, wie sie trennen. Grenzen schließen chischen Stadtregionstags ein grundlegen- manns Keynote im Rahmen der genauso aus, wie sie Identität stiften - und der Blick in die Praxis voran. Unter der 10. Stadt-Umland-Konferenz stand sie definieren unser Verhalten, weil jedes Moderation von Corinna Milborn drehte bereits fest, bevor sich die ganz großen Gesetz eine Begrenzung darstellt, so Liess- sich das erste Podium des Tages um Flüchtlingsströme in Richtung Europa mann, der auch darauf verweist, dass es „Stadt- und Metropolregionen heute und aufmachten. Vor dementsprechend aktuel- historisch insbesondere die Städte waren, morgen“. Der Nürnberger Oberbürger- lem Hintergrund zeigten sich Liessmanns die in Grenzen denken mussten. Und na- meister Ulrich Maly beschrieb den Weg Reflexionen über die Konstruktion von türlich gebe es keine Grenze, die von ewi- zum dortigen Zusammenschluss und be- Grenzen aller Art. Der Philosoph näherte gem Bestand ist, so Liessmann, der in Be- tonte vor allem das dahinterstehende frei- sich assoziativ jenen Phänomenen, die mit zug auf das Verhältnis zwischen Stadt und willige Wollen der Kommunen (siehe In- „Grenzziehungen und Grenzüberschrei- Land insbesondere eine Entwicklung be- terview Seite 12). Von kommunalen tungen“ einhergehen, um daraus auch Be- obachtet: „Die kulturelle Grenze zwischen Zwangsverheiratungen hält Maly wenig. deutungen für das Verhältnis von Städten Stadt und Land verliert an Bedeutung.“ Staatssekretärin Sonja Stessl erläuterte die zu ihren Umlandgemeinden abzuleiten. Liessmann nennt die neuen Medien als österreichische Sondersituation mit nur ei- Liessmann betonte die paradoxe Seite von maßgeblichen Motor dieser kulturellen ner Metropole und vielen Stadtregionen Grenzziehungen, und dass entsprechende Entwicklung, die aber längst auch in vie- sowie kleinen funktionalen Einheiten. Überschreitungen unabdingbar mit dem len anderen Bereichen bis hin zur Infra- Stessl lenkte damit das Thema bereits auf ziehen von Grenzen verbunden seien – struktur mit immer schneller werdendem die neue „Agenda Stadtregionen in Öster- eine nahezu natürliche Wechselwirkung, Tempo voranschreitet. Diesen abstrakten reich“ der Kooperationsplattform Stadtre- der sich niemand entziehen kann. Gren- Annäherungen an Grenzen und Nachbar- gion, die im Zuge der ÖREK-Partner- zen können ebenso etwas Verbindendes schaften ging im Rahmen des 3. Österrei- schaft initiiert wurde. Die Agenda, die sich als Leitfaden für eine österreichische Stadtregionspolitik versteht, hält erstmals schriftlich fest, wie der Weg zu funktionie- renden regionalen Aktivitäten beschritten werden kann. Stessl gab zugleich zu be- denken, dass die Umsetzung des Leit fadens ein ganz anderes Thema sei. Als Vertreter des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl beschrieb SPÖ Wien Klubobmann Rudolf Schicker die seit 15 Jahren herrschende Dynamik an den nördlichen und südlichen Ausläufern Wiens. Was den Süden Wiens betrifft, war das Podium mit dem langjährigen Fürthner (3) Perchtoldsdorfer Bürgermeister und nie- derösterreichischen Landtagsabgeordneten Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann, Philosoph Martin Schuster prominent vertreten. 8 ÖGZ 2/2016 08-51_Hauptteil_kk.indd 8 01.02.16 09:42
STADTREGIONEN Ehrengäste am 3. Stadtregionstag: (v.l.n.r) Dr. Thomas Weninger, MLS | Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes, Oberbür- germeister Dr. Ulrich Maly | Stadt Nürnberg, DIin Renate Zuckerstätter-Semela | Stadt-Umland-Management Niederösterreich Wien Nord/ SUM Nord, Klubobmann DI Rudi Schicker (i.V. v. LH Dr. Michael Häupl) | Stadt Wien, Staatssekretärin Mag.a Sonja Steßl | Bundeskanz- leramt, Prof. Helmut Mödlhammer | Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, LAbg. Bgm. Martin Schuster (i.V. v. LH Dr. Erwin Pröll) | Land Niederösterreich, DI Andreas Hacker | Stadt-Umland-Management Niederösterreich Wien Süd/SUM Süd Schuster betonte die Wichtigkeit der Ent- generelle Relevanz von Vernetzungsmaß- wies auf ähnliche Situationen in Amstet- scheidung, das Stadt-Umland-Manage- nahmen aller Art unterstrich: „Nicht nur ten, Wiener Neustadt und St. Pölten; er ment ins Leben zu rufen. Es gebe viele die Vernetzung zwischen Wien und den unterstrich außerdem die generelle Wich- Kleinigkeiten, die eine Plattform benöti- Umlandgemeinden ist wichtig, die Um- tigkeit gut funktionierender Zentralorte. gen, um das Tagesgeschäft entsprechend landgemeinden müssen sich auch unterei- Thomas Weninger, Generalsekretär des erledigen zu können, so Schuster, der die nander koordinieren. Die regionale Leit- Österreichischen Städtebundes, eröffnete planung in Mödling das zweite Podium – das sich den Ergeb- ist ein gutes Bei- nissen und Erfahrungsberichten aus Ös- spiel.“ Das ganzheit- terreich und Deutschland widmete – mit liche Denken dürfe einer ähnlichen Stoßrichtung. „Wir müs- nicht bei den Ver- sen das Kirchturmdenken hinter uns las- kehrsströmen aufhö- sen und in Wirtschafts-, Lebens- und So- ren, sondern muss zialräumen denken“, so Weninger, der ins- sich auch mit Be- besondere die Wichtigkeit von sozialer In- triebsansiedelungen frastruktur im ländlichen Raum betonte, und allen relevanten die einen erheblichen Einfluss auf regio- Raumordnungsthe- nale Abwanderungsprozesse ausübt. Mit men auseinanderset- der „Agenda Stadtregionen in Österreich“, zen, forderte Schus- sei laut Weninger ein schönes Projekt auf ter. Er meinte damit Schiene, das aber nach viel Folgearbeit v.l.n.r.: Mag. Jakob Richter, Ing. Alfons Arnold, Moderatorin nicht nur den Süden verlangt: „Jetzt müssen wir Fahrt aufneh- Corinna Milborn, Dr. Thomas Weninger, Mag. Georg Schadt Wiens, sondern ver- men.“ Wobei Weninger in Hinsicht auf www.staedtebund.gv.at 9 08-51_Hauptteil_kk.indd 9 01.02.16 09:42
STADTREGIONEN Fürthner (8) DI Andreas Trisko, Stadt Wien/MA 18 und DIin Ilse Wollansky, Land NÖ/ 10 Jahre SUM! – DI Dr. Pracherstorfer, Bgm. Schuster, Abt. Raumordnung-Regionalplanung gratulieren SUM-ManagerInnen DIin Jilka, GR Maresch, DIin Wollansky, Univ.-Prof. DI Dr. Zibuschka, DIin Renate Zuckerstätter-Semela (2. v.l.) und DI Andreas Hacker (r.) DI Madreiter, DIin Zuckerstätter-Semela, DI Hacker (v.l.n.r.) TU präsentierte AGENDA: DIin Dr.in Nina Svanda und Planungsinstrumente und -prozesse für Stadtregionen: Impulse von DIin Dr.in Petra Hirschler, TU Wien, Regionalplanung und Raum- Dr. Andreas Schmidbaur, Stadt Salzburg; DIin Ilse Wollansky, Land entwicklung, erklärten die Agenda-Inhalte (v.l.n.r.) NÖ; Planungsdirektor DI Thomas Madreiter, Stadt Wien (v.l.n.r.) die in Österreich enorm hohe Bodenver- Thema bei, weil sie Dank eines deutlichen dreht sich die Agenda Stadtregionen um siegelungsrate eine besonders intensive Rahmens nun die Diskussionen fokussiert. Themenkomplexe wie Wissensmanage- Auseinandersetzung in den Bereichen Der Nachmittag des 9. November gehörte ment sowie um Aktionsfelder und gene- Raumentwicklung, Verkehr und Mobilität der SUM-Konferenz, die das zehnte Jubi- relle Schwerpunkte stadtregionalen Han- als nötig erachtet. Das Thema sei „Gebot läum mit gedanklichen Rückblicken von delns. der Stunde“. Renate Zuckerstätter-Semela und Andres Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Georg Schadt vom Bundeskanzleramt gab Hacker vom Stadt-Umland-Management Stadt Wien, hielt es abschließend mit ähn- einen Ausblick auf etwaige zukünftige ge- Wien/Niederösterreich in den Vorder- lichen Worten wie bereits zuvor Stessl und setzliche Hebel für eine entsprechende grund stellte. Zuckerstätter-Semela sprach Weninger: Nur das Papier und der Text Stadtregionspolitik. Die politische, rechtli- von der ungeahnten Dynamik der Materie: der Agenda Stadtregionen helfen nicht che und planerische Handlungsfähigkeit „Begriffe, die es bei unserer Gründung weiter – es gelte nun die Dinge umzuset- von Stadtregionen müsse erhöht werden. noch gar nicht gab, waren wenige Jahre zen. Madreiter lobte die Agenda ausdrück- Aktuell sei hier von Seite des Bundes an später Thema der Konferenz – etwa wenn lich und sprach von viel „Hirn und Themen wie Wohnbauoffensive, Baunor- ich an Smart Region denke.“ Schweiß“, das in der Publikation steckt: men und Vereinheitlichung der Bodenpo- Im Anschluss galt es, die „Agenda Stadtre- „Die Agenda ist innovativ – sie ist wert litik zu denken. Deutschland und die gionen in Österreich“ im Detail vorzustel- durchgesehen zu werden“, so Madreiters Schweiz hätten es aufgrund der gesetzli- len. Ein deutlicher Leitfaden, der sowohl Aufruf, der im selben Atemzug an die chen Lage weitaus einfacher, Instrumente Zuständigkeiten, Bewusstseinsbildung und Ausgangslage und damit auch den eigent- zu entwickeln, so Schadt, der auch weiß, Lobbying thematisiert als auch zeigt, wie lichen Grund des Zusammentreffens im dass das Thema Tabus birgt: „Mit Kompe- Kooperationen entstehen können. Aber es Wiener Rathaus erinnerte: „Die Urbani- tenzfragen sollte man sich zurückhalten.“ werden auch Planungsinstrumente und sierung hält sich nicht an Verwaltungs- Die Agenda Stadtregionen trage aber laut -prozesse sowie die Gestaltung der Finan- grenzen – und schon gar nicht an jene, die Schadt insofern bereits sehr viel zum zierungsinstrumente dargestellt. Ebenso vor 60 Jahren gezogen wurden.“ ■ 10 ÖGZ 2/2016 08-51_Hauptteil_kk.indd 10 01.02.16 11:12
STADTREGIONEN Spannende Diskussionen in den Arbeitsgruppen... StudentInnen fassten Diskussionsergebnisse zusammen... Arbeitsgruppe „Stadtregionen leben Governance“... Arbeitsgruppe „Siedlung und Standort nachhaltig entwickeln“... www.staedtebund.gv.at 11 08-51_Hauptteil_kk.indd 11 01.02.16 09:42
STADTREGIONEN Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister von Nürnberg Das Interview zeigt den Spagat von der Bewusstseinsbildung bis zur Vermarktung einer Metropolregion auf. Die Grenzen funktionaler Räume sind andere, als jene der Verwaltungseinheiten. Interview von Mag. Johannes Luxner, freier Journalist Was sind – am Beispiel Nürnberg – die Ganz offensichtlich wurde es mit der Grün- auf der individuellen Entscheidung der je- entscheidenden Faktoren für eine funk dung und Weiterentwicklung des Verkehrs- weiligen Kommune. tionierende Metropolregion? Und in verbundes Großraum Nürnberg (VGN) seit Wirkung entfaltet sicherlich auch die Umbe- wiefern unterliegen diese Faktoren dem 1987. Die Pendlerströme zeigen die funkti- nennung des Regionalteils unserer größten Wandel der Zeit? onale Verflechtung bezüglich der Arbeits- Regionalzeitung Nürnberger Nachrichten in Dr. Ulrich Maly: Ich denke, die Metropol- märkte am deutlichsten. Die damit verbun- „Metropolregion Nürnberg“ gleich nach der region muss einen tatsächlichen funktionalen denen Herausforderungen für die Sicherstel- Gründung 2005. Raum abbilden. Das kann einen gemeinsa- lung der Mobilität führten dann zur Grün- men Arbeitsmarkt und Pendlerströme betref- dung des VGN. Der VGN wurde seit der Welche Missverständnisse herrschen? fen. Das kann so unterschiedliche funktio- Gründung der Metropolregion 2005 deut- Was kann eine Metropolregion leisten nale Verflechtungen wie Freizeitverkehre und lich erweitert und umfasst inzwischen ca. und was nicht? Cluster betreffen. So gibt es gemeinsame drei Viertel des Gebietes der Metropolregion. Eine Metropolregion kann keine Wunder Ziele und Projekte, die einen Mehrwert Diese Erweiterungen waren interessanter- wirken und sie kann nicht – gegen die beste- schaffen. Die „Außengrenze“ dieses Raumes weise auch stark durch Freizeitverkehre be- henden historisch-administrativen Verwal- ist dabei durchaus veränderbar. gründet. Naherholung und Kurzurlaube tungseinheiten – Politik machen. Sie kann Entscheidend sind auch die Spielregeln der nehmen seit Jahren stetig zu. Und natürlich auch nicht etwaige Versäumnisse staatlicher Zusammenarbeit. Und hier ist die gleiche werden die Freizeitangebote vor der Haus- Regional- und Strukturpolitik aufholen und Augenhöhe zwischen den kooperierenden türe durch eine gute Erreichbarkeit besonders nacharbeiten. Aber sie kann und muss für Partnern zentral – denn nur so entsteht Ver- attraktiv. Auch für den zuletzt beigetretenen ihre (funktionalen) Themen Positionen ent- trauen als Voraussetzung für Kooperation. In Landkreis Lichtenfels war der zu erwartende wickeln und kann durch Projekte auch Ver- der Metropolregion Nürnberg ist dies vor al- Tourismus ein wichtiges Motiv. änderungen bewirken. Da kommt es dann lem die gleiche Augenhöhe zwischen Städten Die Deckungsgleichheit von VGN und Met- darauf an, ob die Metropol-Themen im di- und Landkreisen. Dies ist aus meiner Sicht ropolregion in der Zukunft wird angestrebt. rekten kommunalen Wirkungsbereich oder für alle Metropolregionen wichtig, weil die Aktuell deckt er den gesamten Regierungsbe- anderer beteiligter Partner liegen. Manch- großen Ballungsräume sonst auf Kosten der zirk Mittelfranken ab, einen Teil Oberfran- mal ist das wichtigste Mittel Lobbying. Das ländlichen Räume wachsen und diese „sub- kens, Teile der Oberpfalz und Unterfrankens ist z.B. der Fall bei überregionalen Verkehrs- urbanisieren“. und sogar einen sehr kleinen Teil des Regie- themen. Hier werden Briefe geschrieben, Ge- Oder – und das ist die bessere Lösung – man rungsbezirks Oberbayern. spräche geführt und Positionspapiere bei findet ein gemeinsames Leitbild und ver- Konsultationen der EU eingereicht. sucht, diese Entwicklungen gemeinsam zu Welche Instrumente der Bewusstseins Unser Gemeinschaftsstand auf der jährlich steuern und zu gestalten. Das ist in Nürn- bildung waren besonders essenziell um stattfindenden Immobilienmesse Expo Real berg die Polyzentralität, das Bild von einem eine gewisse Identität in der Metropol in München hingegen wird federführend „Netz mit vielen starken Knoten“, einem region zu stiften? durch das Wirtschaftsreferat der Stadt Nürn- ausgewogenen Stadt-Land-Mix. Damit kön- Ich denke, da wirkte viel zusammen. Am berg organisiert. Hinzu kommen Unterneh- nen Landkreise und Städte gleichermaßen meisten beeindruckt sicher die Flut der men und weitere Kommunen aus allen Teil- leben und sich in ihrer Eigenheit entfalten. Schilder „Metropolregion Nürnberg“ an un- regionen, die sich durch diesen Stand präsen- seren Autobahnen. Inzwischen sind es 120 tieren und sichtbar werden auf den Radar- Wann wurde im Raum Nürnberg histo an der Zahl. Sie werden als Zusatzschilder schirmen der Entscheider. Oder der „Wissen- risch erstmals offensichtlich, dass die an die bestehenden Tourismus-Schilder der schaftstag“ der Metropolregion: dabei lädt Grenzen funktionaler Räume andere Kommunen angebracht. Jedes dieser Schilder im jährlichen Wechsel eine unserer 20 Hoch- sind als jene Grenzen, die politische ist ein Statement für die Zugehörigkeit zur schulen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik Räume und Verwaltungseinheiten defi Metropolregion, denn diese Schilder wurden ein und präsentiert ihre Kompetenzen. Diese nieren? nicht zentral finanziert, sondern beruhen Wissenschaftstage ziehen bis zu 1.000 Besu- 12 ÖGZ 2/2016 08-51_Hauptteil_kk.indd 12 01.02.16 09:42 _PR_Ka
STADTREGIONEN cher und Besucherinnen an. Insbesondere gisch die Stadt- Unternehmen nutzen dieses niederschwellige Land-Partnerschaft Angebot, um sich über die Hochschulen zu und die guten Netz- informieren. Für all diese Aufgaben braucht werke der Metropol- die Metropolregion im Übrigen immer wie- region wirksam. der die Unterstützung von Land, Bund und Unerwähnt blieb manchmal auch Europa. bislang die Regional- kampagne „Original Können Sie Vorzeigeprojekte nennen, Regional aus der die die Metropolregion Nürnberg ge Me t ro p o l re g i o n “ . rade in den vergangenen Jahren beson Dort haben sich 25 ders prägten? Regionalinitiativen Fürthner Spannend ist der Spitzencluster „Medical zusammengeschlos- Valley“, der seit seiner Gründung einen kla- sen, die mehr als Obgm. Dr. Maly (li.) berichtete am 3. Stadtregionstag von den ren Schwerpunkt in der Städteachse Nürn- 1.500 Direktver- Erlebnissen der Zusammenarbeit in der Stadtregion Nürnberg. berg-Fürth-Erlangen hat. In den letzten markter und Anbie- fünf Jahren kommen jedoch mehr und mehr ter von Regionalprodukten vertreten. dem Nürnberger Christkindlmarkt. Hochschulen und Unternehmen aus weiter Ziel ist es, den Bewohnern und Bewohne- entfernten Landkreisen und Städten der rinnen die Qualität und Vielfalt der regio- Wie würden Sie das Kräfteverhältnis Metropolregion dazu. nalen Produkte zu vermitteln. Dazu wurde zwischen Nürnberg und den Umlandge In Forchheim wird im nächsten Jahr ein eine Anbieter-Datenbank für die Bürger- meinden in wenigen Worten beschrei weiteres großes Medical Valley For- schaft aufgebaut. Es werden auch gemein- ben? schungscenter entstehen. Da werden strate- same Großauftritte organisiert, z.B. auf Entspannt … ■ Wickelrucksack ÜBERREICHEN AUCH SIE IHRER JUNGFAMILIE DIESES WERTVOLLE für Gemeinden PRÄSENT! Das perfekte Willkommensgeschenk für die neuen Erdenbürger! Foto: Marketingservice Thomas Mikscha GmbH Bereits jede dritte Gemeinde in ganz Österreich nutzt den Wickelrucksack als Willkommensgeschenk für Neugeborene. Ein individueller Aufdruck der Gemeinde macht den Rucksack einzigartig. Er überzeugt durch seine geräumige Ausführung, die neutrale Farbe, reißfeste Materialien sowie ein Thermofach und einer flauschigen Wickelauflage. Dem nicht genug, ist er prall gefüllt mit hochwertigen Baby-Artikeln und Gutscheinen. Auch Rucksäcke mit dem Aufdruck aber ohne Inhalt werden gerne von Gemeinden bestellt. Ein hochwertiges Geschenk an die Bürger, welches die Gemeinde repräsentiert und Nachhaltig- keit erzeugt. Die Qualität besticht, der Inhalt begeistert und der Preis überzeugt! Kontakt: Karin Bayer, 0676/64 53 986 Marketingservice Thomas Mikscha GmbH, Messestraße 6, 3100 St. Pölten, www.mstm.at BEZAHLTE ANZEIGE _PR_Karin_Bayer_1_2q_abf._210x148.indd 08-51_Hauptteil_kk.indd 13 1 26.01.16 09:42 01.02.16 16:40
STADTREGIONEN Kooperationsgeist in Kärnten Die Stadt-Umland Regionalkooperation Villach sorgt bereits seit Ende der 1990er-Jahre für regionale Dynamik von Öffentlichem Nahverkehr über Kultur bis hin zu den Themen Energieeffizienz und Weiterbildung. Ing. Alfons Arnold, Bürgermeister von Paternion und Präsident der Stadt-Umland Regionalkooperation Villach, hat der ÖGZ geschildert, wo die Herausforderungen liegen und welche Früchte die regionale Kooperationsbereitschaft bereits gezeitigt hat. Interview von Mag. Johannes Luxner, freier Journalist Wie würden Sie das Kräfteverhältnis dem Schwerpunkt Energieeffizienz. Die Ge- entwickelt und erfolgreich umgesetzt werden zwischen Villach und den Umlandge meinden hätten weder die zeitlichen noch fi- können, ist ohne Zweifel gewachsen. meinden in wenigen Sätzen beschrei nanziellen Ressourcen für die Abwicklung ben? von Projekten in diesem Umfang. Generell Welche Projekte werden in den kom Ing. Alfons Arnold: Die Stadt Villach bil- wäre die Gründung der LEADER-Region menden Jahren zentral sein, um die det zweifellos einen bedeutenden Anzie- wohl auch kaum möglich gewesen. Stadtregion vital zu halten? hungspunkt in vielen Bereichen. Ob es sich Die Projekte in unserer Stadt-Umland-Ko- Die Region hat über zwei Jahre an einem um Kultur, Gastronomie oder Einkaufsmög- operation sind thematisch sehr breit ange- Masterplan für die EU-Programmperiode lichkeiten handelt, oder um das Angebot für setzt – daher bezieht sich auch der Einfluss- 2014-2020 gearbeitet – inklusive Bürgerbe- Bildung und Arbeitsplätze. Villach stellt zu- bereich auf viele Sektoren. Öffentlicher Nah- teiligung. Hier sind Schwerpunkte wie Er- dem einen wesentlichen Verkehrsknoten- verkehr gehört hier ebenso dazu wie Energie- haltung von Natur und Kulturerbe oder Da- punkt zwischen Österreich, Italien, Slowe- und Umweltthemen oder touristische Basis- seinsvorsorge zu nennen. Als Alleinstellungs- nien und Deutschland dar. Ein „Sogeffekt“ infrastruktur, aber auch Öffentlichkeits merkmal soll die Lage als Dreiländerregion ist sicherlich nicht abzuleugnen. Trotzdem, arbeit und Bewusstseinsbildung mit dem verstärkt genutzt werden. Querschnittsthe- oder gerade deshalb, wird auf verschiedenen Schwerpunkt Regionalität. men wie Jugend, Bildung und Gender ha- Ebenen versucht, einen Ausgleich im Rah- ben Priorität. Und die Region wird sich be- men von Kooperationen zu schaffen. Beson- Welche Fortschritte in der Bewusst sonders mit der Problematik der Abwande- ders auch durch die Stadt-Umland-Koopera- seinsbildung hinsichtlich eines stadt rung einerseits und verstärkter Zuwande- tion Villach, die ja auch auf Initiative der regionalen Denkens sind besonders au rung in der Stadt und den angrenzenden Stadt 1999 gegründet wurde, hat sich mit genfällig? Gemeinden andererseits beschäftigen müssen der Anzahl an gemeinsamen erfolgreichen Die Stadt-Umland-Kooperation ist bei den – ebenso wie mit dem demografischen Wan- Projekten auch das Bewusstsein für die Gemeinden nun wesentlich stärker verankert del oder der Entwicklung von Maßnahmen Wichtigkeit der Zusammenarbeit und regio- – es werden immer mehr Ideen für Koopera- zur „Klimawandelanpassung“. Es wartet nalen Abstimmung erhöht. tionsprojekte eingebracht. Das Bewusstsein, viel Arbeit auf uns – umso besser, wenn man dass Projekte im Rahmen dieser Plattform das gemeinsam angehen kann. ■ Welche Entwicklungen der vergangenen Jahre wären in Paternion ohne die dazu gehörige Stadtregion nur schwer oder anders denkbar gewesen? Wo ist der Einfluss einer starken Stadtregion auf das allgemeine Leben am offensicht lichsten? Es gibt einige Projekte, die ohne die Stadt- Umland-Kooperation nicht existieren wür- den: der Samstag-Nachtbus der Region Vil- lach etwa, der seit 2001 in Betrieb ist; oder das mehrjährige Fortbildungsprojekt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ge- meindekindergärten des gesamten Bezirks. Es gab mehrere Beschäftigungsprojekte für langzeitarbeitslose Menschen, Projekte mit Fürthner kulturtouristischen Inhalten, bis hin zu ei- nem großen EU-Projekt (LEADER) mit Bgm. Ing. Arnold (2. v.l.) als Podiumsgast beim 3. Österreichischen Stadtregionstag. 14 ÖGZ 2/2016 08-51_Hauptteil_kk.indd 14 01.02.16 09:42
STADTREGIONEN „Das Thema Öffentlicher Verkehr wird noch spannend“ Seit 1. Dezember 2015 ist Prof. Friedrich Zibuschka in Ruhestand. Der langjährige oberste niederösterreichische Verkehrsplaner wurde im Rahmen des 3. Österreichischen Stadtregionstags und der 10. SUM-Konferenz entsprechend gewürdigt. Für die ÖGZ blickte Zibuschka vor und zurück. Interview von Mag. Johannes Luxner, freier Journalist Was war das kniffligste Stück an Ver- kehrsplanung in Ihrer Laufbahn? Und wie war das zu lösen? Friedrich Zibuschka: Mit Sicherheit das alte Projekt des Semmering Basistunnels. Das Projekt wurde einröhrig – also mit Gegenver- kehr – geplant und hatte daher aus meiner Sicht enorme Sicherheitsmängel. Da der Tun- nel rund 500 Meter unter der Erde war, gab es Notausgänge, die zwei bis drei Kilometer lang waren. Heute wissen wir durch Vorfälle wie den Brand des Zuges am Kitzsteinhorn, was das bedeutet. Das Projekt durchquerte außerdem eine äußerst sensible Zone, was Wasserhaltung und Naturschutz betrifft. Die Fürthner Planer davon zu überzeugen, dass das kein zukunftsfähiges Projekt ist, war nicht einfach. Prof. Friedrich Zibuschka begleitete das Stadt-Umland Management NÖ/Wien seit Beginn. Trotzdem gelang es den Bund und die ÖBB zu einem Neustart zu bewegen. ASFINAG, ÖBB und auch den Landesstel- ten verändert? Das neue Projekt ist jetzt zweiröhrig mit kur- len umfassend eingesetzt wird. Als ich angefangen habe, gab es zwischen zen Rettungswegen in die zweite Tunnelröhre Wien und Niederösterreich große Konflikt- und weicht dem sensiblen Gebiet, durch das Wie lauten die größten Herausforde- felder: im Bereich des Spitalswesens, der das alte Projekt gefahren ist, aus. Heute gibt rungen der Zukunft, was Raumplanung, Energie sowie des Verkehrs. Zusammenar- es allgemeinen Konsens. Der Anstich des Umwelt und Verkehr anbelangt, was beit war nicht angesagt. In den letzten zwei Haupttunnels erfolgte am 23. November wird Ihren Nachfolger beschäftigen? Jahrzehnten gab es ein aktives Aufeinander- 2015 in vollem Einvernehmen aller Akteure. Raumordnung und Verkehr stärker zu ver- zugehen, auch von den beiden Spitzenper- netzen und Bewusstsein dafür schaffen, dass sönlichkeiten in Wien und in Niederöster- Für Verkehr glaubt jeder/jede Experte neue Siedlungen auch ein Mehr an Verkehr reich. Als Beispiel möchte ich das Stadt- bzw. Expertin zu sein. Was ist in der bedeuten, ist zentral. Umland-Management nennen, wo es gelun- Vermittlung großer Projekte besonders Die große Herausforderung liegt im Bereich gen ist, eine konstruktive Gesprächsebene wesentlich, um breiten Konsens zu des Öffentlichen Verkehrs, vor allem im zwischen den Abgeordneten, Bezirksvorste- schaffen? grenzüberschreitenden Pendlerbereich. Wir hern und -vorsteherinnen der Stadt Wien In jedem Fall gilt es, einen ganz offenen brauchen ein größeres Angebot, dass es aller- sowie den lokalen Akteuren und Akteurin- Planungsprozess zu führen. Gemeindevertre- dings zu finanzieren gilt. Derzeit stoßen nen in Niederösterreich herzustellen. Diese ter und -vertreterinnen, vor allem aber die Bund, Länder sowie Gemeinden an Gren- Kooperationsbereitschaft gilt nicht nur im Bevölkerung ist von Anfang an, also ab dem zen. Um nachhaltigen Öffentlichen Verkehr Verkehrsbereich, wo wir kürzlich in den Vorliegen erster Ideen, einzubinden. Dabei zu ermöglichen, muss es hier einen Paradig- neuen Landesmobilitätskonzepten ein ge- muss auf Fragen der Betroffenen sofort eine menwechsel geben. Das wird noch span- meinsames Kapitel wortgleich erarbeitet konkrete Antwort gegeben werden. nend. und beschlossen haben. Ebenso gibt es eine Hier hat sich das Instrumentarium der Bür- gemeinsam erarbeitete Raumordnungsstrate- gerinformation in den letzten Jahren zu ei- Inwiefern hat sich das stadtregionale gie für Wien und das Umland: die Stadt nem Standardverfahren entwickelt, das von Denken in den vergangenen Jahrzehn- region 2030+. ■ www.staedtebund.gv.at 15 08-51_Hauptteil_kk.indd 15 01.02.16 11:54
STADTREGIONEN Stadtregionen im Wandel: Demografische Trends und Perspektiven Die Folgen des demografischen Wandels sind seit Jahren in Österreich erkennbar und werden in den nächsten Jahrzehnten vielfältige Auswirkungen auf die Bevölkerungs- und Sozialstruktur haben. Es ist daher von hoher Relevanz, die demografischen Veränderungen und die damit verbundenen Auswirkungen frühzeitig zu erkennen. Hieraus ergeben sich für Klein- und Mittelstadtregionen sowie für die Metropolregion Wien unterschiedliche Handlungserfordernisse für die Lebens- und Bezugsräume. Dr. Gustav Lebhart, Leiter der Landesstatistik Wien I n Österreich sind Stadtregionen weder Versorgung mit Infrastruktureinrichtun- greifenden und aufeinander aufbauenden als eigene Raumtypen noch als Pla- gen für die allgemeine Daseinsvorsorge. interdisziplinären „Story-lines“. Im Fol- nungs- und Handlungsebenen in Politik In der Bevölkerungsprognostik hat man genden werden Prognoseergebnisse aus und Verwaltung verankert. Vor dem Hin- eine Vielzahl von Einflussfaktoren zu be- der aktuellen ÖROK-Publikation1 skiz- tergrund der prognostizierten demografi- rücksichtigen, die in ein begründbares ziert und beschrieben. schen Entwicklung stellt sich die Frage, und nachvollziehbares Annahmen-Set welche Konsequenzen sich für planungs- transkribiert werden müssen. An demo- Bevölkerungsentwicklung relevante Stadtentwicklungsmaßnahmen grafischen Erkenntnissen mangelt es Die Einwohnerzahl Österreichs nimmt ergeben und zwar im Hinblick auf die nicht, vielmehr fehlt es an themenüber- zu. Bereits im Jahr 2030 könnte der Be- 16 ÖGZ 2/2016 08-51_Hauptteil_kk.indd 16 01.02.16 09:42
STADTREGIONEN völkerungsstand rund 9,16 Mio. betra- sche Profil der Regionen. Hier zeigen sich Aufgrund unterschiedlicher Problemlagen gen. Der Bevölkerungszuwachs für Öster- besonders klare Unterschiede zwischen ergeben sich im Zuge der zu erwartenden reich in Höhe von rund 650.000 Perso- städtischen und länd lichen Lebensräu- Bevölkerungsentwicklung Herausforde- nen bedeutet einen Zuwachs von 7,6 Pro- men. Die internationale Zuwanderung rungen von unterschiedlicher Art und zent. Hinter diesem Befund stehen aber konzentriert sich vor allem auf die Lan- Weise. Obwohl die regionale Divergenz unterschiedliche demografische Gewich- deshauptstädte sowie in Tirol, Salzburg der altersspezifischen Fertilitäts- und tungen, deren Folgewirkungen insbeson- und Kärnten auch auf touristisch geprägte Mortalitätsraten in Österreich nur mehr dere auf regionaler Ebene kritisch zu eva- Regionen. In den Stadtagglomerationen eine geringe Rolle spielt, könnte die Ge- luieren sind. Bereits in der Vergangenheit korrelieren die Binnen- und mehr noch burtenentwicklung in den größeren Städ- setzte die demografische Entwicklung re- die Außenwanderungen relativ hoch mit ten relativ an Bedeutung gewinnen. gionale Akzente und war von zwei gegen- der Gesamtdynamik des Bevölkerungs- Eine bedarfsgerechte Infrastruktur für sätzlichen Trends geprägt: Bevölkerungs- standes im Zeitverlauf. Während städti- Kinder und Jugendliche wird einen weite- gewinne in den städtischen Verdichtungs- sche Agglomerationsräume Ziel von inter- ren Ausbau von Bildungs- und Betreu- räumen und Einwohnerrückgänge in pe- nationaler Migration sein werden, dürften ungsplätzen zur Folge haben. Auf der an- ripheren und zentrumsferneren Regionen. Binnenwanderungsprozesse die Stadt- deren Seite wird der Bedarf an Einrich- Diese beobachtete Bevölkerungsdynamik Umlandregionen akzentuieren. Für die tungen für ältere Menschen aufgrund der würde sich im ÖROK-Raumszenario fort- peripheren Regionen Österreichs werden steigenden Lebenserwartung zunehmen setzen. So variieren die Prognoseergeb- für die nächsten Jahre weiterhin Bevölke- und Planungsperspektiven nach einer be- nisse im Jahr 2030 zwischen Plus 27 Pro- rungsverluste durch Sterbeüberschüsse darfsgerechten Wohn- und Gesundheits- zent für den Wiener Gemeindebezirk Do- und Wanderungsverluste prognostiziert. infrastruktur für die ehemaligen „Baby- naustadt und Minus 13 Prozent für den Boomer“ aufwerfen. Seit Jahren kommt Bezirk Murau. Bis zum Jahr 2030 könnte Ausblick der internationalen Migration eine tra- in 14 Prognose-Regionen die Einwohner- In Wien und in den größeren Städten Ös- gende Rolle zu, die das zukünftige Bevöl- zahl um mehr als 15.000 Personen zuneh- terreichs stehen die Zeichen auf Wachs- kerungsregime der Stadtregionen stärker men, die zusammen mehr als die Hälfte tum. Sie gewinnen zunehmend an Bedeu- prägen wird. Durch die fortschreitende (59 Prozent bzw. plus 380.000) des prog- tung als Wohn- und Arbeitsstandort und Heterogenisierung der Gesellschaft und nostizierten Gesamtzuwachses ausma- bieten eine Vielzahl ökonomischer, sozia- den zunehmenden sozialräumlichen Dis- chen. Im Besonderen werden die Ostre- ler und kultureller Angebote, die sich wie- paritäten ergeben sich querschnittsorien- gion Österreichs sowie die Landeshaupt- derum positiv auf die Lebensqualität aus- tierte Anforderungen für die Stadtpla- städte von einem stärkeren Bevölkerungs- wirken. Aber auch individuelle Präferen- nung und -politik. Es ist ferner davon wachstum gekennzeichnet sein. Auf der zen und Lebensstile verändern sich im ur- auszugehen, dass in Zukunft auch die in- anderen Seite wird der inneralpine Raum banen Umfeld stetig. Stadtregionen sind terregionale Migration, die meist ausbil- aber auch geografische Randlagen in den zudem attraktive Absatzmärkte, die auch dungs- und wohnumfeldbezogen ist, die kommenden Jahren weiterhin mit Ein- stark von funktionalen Pendlerverflech- Stadtagglomerationen weiterhin akzentu- wohnerverlusten zu rechnen haben, was tungen mit benachbarten Nachbar ieren wird, wobei auch deren Dynamik zu einer Verschärfung der demografischen regionen geprägt werden. Ländliche und zunehmend durch heterogene Nachfrage- Disparitäten führen könnte. periphere Regionen weisen in der Regel gruppen bestimmt sein wird. ■ höhere Auspendlertendenz durch gerin- Bevölkerungskomponenten gere Arbeitsplatzangebote auf, das zu einer Lebhart, Gustav | Hiess, Helmut (2015): Bevölkerungs- 1 entwicklung bis 2030 im Raumszenario „Alles Wettbewerb“. Die natürlichen Komponenten der Bevöl- selektiven Abwanderung jüngerer Bevöl- In: ÖROK-Regionalprognosen 2014-2030, Teil 1: kerungsbewegung werden auch in Zu- kerungsgruppen führen kann und letztlich Bevölkerung, Wien 2015. S. 111-122. kunft einen erheblichen Anteil an der indirekt die demografische Alterung ver- räumlichen Divergenz der Einwohnerent- stärkt. Mittel- und langfristig werden die FAZIT wicklung haben. Damit einher geht auch quantitativen als auch qualitativen Verän- In den kommenden Jahren wird die demografische eine Verschiebung der räumlichen Ge- derungen das demografische Regime ge- Entwicklung die städtischen Ballungsräume in Öster- wichte im Westen und im Osten des Bun- stalten, die ihren Niederschlag wiederum reich im besonderen Maße treffen. Diese Prognose desgebietes. Mehr Sterbefälle als Geburten in der räumlichen Entwicklung haben bedeutet aber auch, dass es „den großen Wurf, die werden flächendeckend in Burgenland, werden. Die Veränderung der Altersstruk- große Lösung“ weder in der Stadtplanung noch in Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich tur sowie die ansteigende Internationali- der Stadtpolitik geben wird. Es wird nur viele kleintei- und der Steiermark prognostiziert. Nur in sierung der Bevölkerung durch Zuwande- lige, aber bedeutsame Einzelmaßnahmen geben kön- Westösterreich und in Wien dürfte das rung aus dem Ausland werden zuneh- nen, bei denen die Balance bei der Gratwanderung Bevölkerungswachstum auch durch Ge- mend die demografische Landschaft Ös- zwischen Lebensqualität und Infrastrukturanpassung burtenüberschüsse verstärkt werden. Wie terreichs prägen, wobei Nah- und Außen- ständig neu gefunden werden muss. Diese Einzel- in der Vergangenheit prägt die Migration wanderung vor allem die Städte betreffen maßnahmen werden bezüglich Wettbewerbsfähigkeit aus dem In- und Ausland das demografi- (werden). von Regionen entscheidend sein. www.staedtebund.gv.at 17 08-51_Hauptteil_kk.indd 17 01.02.16 09:42
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