DAS LEBEN IST ZERBRECHLICH - JAHRGANG | April - Juni 2020 - Lebensmission Haiti
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E Gefährliche Reise nde Oktober 2019 wagten Dieufort Wittmer, Chris Köhl und ich die Reise Und wenn es anders kommt als gedacht? War das Unglaube oder mangelndes DAS LEBEN IST Druck auf den Lungen – kommt der von Verspannungen, weil ich wieder ange- fangen habe, gymnastische Übungen zu Der Corona-Virus ist auch in Haiti ange- kommen, und Sie, liebe Freunde der Le- bensmission, werden in diesem Heft mehr ZERBRECHLICH nach Haiti trotz des gerade bevorste- Gottvertrauen? Ich denke nicht. Auch als machen und es nicht mehr gewohnt bin, darüber erfahren. Wie er sich auf unsere Ar- henden Höhepunktes der politisch- Christen bleiben wir Menschen, die sich oder sind das die ersten Anzeichen einer beit auswirkt, haben wir auch schon in dem wirtschaftlichen Proteste gegen den irren und täuschen können auch in dem, beginnenden Lungenentzündung? So letzten E-Mail-Freundesbrief von Ende März regierenden Präsidenten Jovenel Moise. was sie für den Willen Gottes und für sei- höre ich in mich hinein und es wäre so 2020 dargestellt (den Sie gerne in unserem Trotz geschlossener Tankstellen und nen Auftrag halten. Das war mir bewusst, leicht, den möglichen ersten Anzeichen Büro bestellen dürfen, wenn Sie aktuelle In- Banken und trotz oft kriminell han- und für den Fall, dass ich mich getäuscht Von Karlheinz Wittmer, 1. Vorsitzender von Corona nachzugeben und sich davon formationen aus Haiti/unserer Arbeit auch delnder Demonstranten, die Autofah- haben sollte in meinem Gefühl des Frie- überwältigen zu lassen. zwischen den Erscheinungsterminen des rer an Straßensperren überall im Land dens und der Sicherheit über das Bewah- nommen werden wir dadurch, dass wir unser Leben ist, und dass wir auch in der Das tue ich aber nicht und habe es nicht Missionsheftes erhalten möchten). nicht passieren ließen und teilweise ren und Begleiten Gottes, wollte ich auch glauben und erfassen lernen, was Gott westlichen Welt nicht alles in der Hand getan. Ich glaube und vertraue dem Bitte bleiben Sie trotz Corona-Pandemie an beraubten, misshandelten oder sogar vorgesorgt haben und mich von nichts selbst für uns durch Leben und Sterben haben. Ich schreibe diese Zeilen in den Schutz und der Bewahrung Gottes und unserer Seite und an der Seite der Menschen töteten, machten wir uns auf den Weg. überraschen lassen. Letztendlich wollte und Auferstehen seines einzigen Sohnes letzten Tagen einer mir vom Gesund- ich sage es noch einmal klar und deut- Haitis, trotz möglicher eigener finanzieller Wir hatten Frieden im Herzen gefun- ich auch dem (vielleicht) Sterbenmüssen Jesus getan hat. Jesus nahm freiwillig die heitsamt auferlegten vierzehntägigen lich: Ich habe bisher weder einen Schnup- Verluste durch den wirtschaftlichen Still- den und Vertrauen in den Schutz Got- und meinem möglichen Tod mutig und Strafe für unsere Sünden als Menschen häuslichen Quarantäne als direkte Kon- fen noch Husten noch Fieber oder eine stand/Schaden in Europa und der Welt. tes und waren guten Mutes, dass Jesus getrost ins Auge sehen können. auf sich und wurde als Beglaubigung der taktperson eines als infiziert Gemeldeten geschädigte Lunge – danke, Jesus! Und Beten wir gemeinsam, dass wir (Sie als uns beschützen, leiten und bewahren Ich habe bisher ein gutes (wenn auch Rechtsgültigkeit dieses Handels dafür von aus meinem nahen Umfeld. Zwar habe selbst wenn ich es bekommen würde und Privatpersonen und wir als Lebensmission würde und wir den Weg ins Kinderdorf kein vollkommenes) und interessantes Gott wieder zum Leben erweckt, und sitzt ich selbst bisher weder Schnupfen noch selbst wenn ich sterben müsste: Ich könn- in Deutschland, der Schweiz und Haiti) in Leben gehabt, war meinen bis zu seiner Wiederkunft zur rechten Husten noch Fieber bekommen, aber te gehen, weil ich weiß, an Träumen nachgerannt Seite Gottes, um für uns Menschen als manchmal scheint es mir, als wenn die wen ich glaube und wohin (von denen ich wichtige Fürsprecher und Hohepriester einzutre- Möglichkeit zu diesen Symptomen nur ich gehe. „Sterben ist für auch nicht erreicht habe – ten. Das glaube ich von ganzem Herzen einen kleinen Schritt weit von mir ent- Christen ein Gewinn und aber es wenigstens versucht und das gibt mir Gewissheit, wohin und fernt wäre: der Tod ist verschlungen zu haben, gibt mir schon zu wem ich gehe. Ich schlage mich schon lange mit chro- in den Sieg!“, so sagt uns ein gutes Gefühl!) und nisch verstopften Nasennebenhöhlen der Apostel Paulus im Rö- dachte und denke, wenn Muss ich den Tod durch den herum und gelegentlich läuft die Nase merbrief. Und das ist keine Gott mich jetzt mit 63 Jah- Corona-Virus fürchten? auch mal etwas – wird aus dem „mal Theorie oder theoretische ren abberufen würde aus Genau das gibt mir auch Halt und Trost etwas“ ein regelmäßiges Laufen werden? Theologie für mich, son- meinem irdischen Leben, in der momentanen Corona-Pandemie, Gelegentlich muss ich auch niesen oder dern praktisch angewen- dann könnte ich jetzt auch die uns Menschen auch wieder aktuell husten – wird daraus mehr werden? Au- deter Glaube. Und ja na- gehen – obwohl ich Fehler die Augen dafür öffnet, wie zerbrechlich ßerdem fühle ich einen nicht greifbaren türlich, ich lebe gerne, und gemacht habe, auch Irr- bin froh, wenn und dass wege gegangen bin, Men- ich noch länger leben darf schen verletzt und mich an und den Schutz und die und wieder zurück zum Flughafen ihnen und Gott versündigt habe! Bewahrung Gottes oder Heilung erfahre. der Krise auch die Chancen zu positiven schaffen würden – wie es letztendlich Veränderungen erkennen und nutzen, und dann auch gekommen ist, trotz aben- Gerecht aus Glauben Die „Corona“ des Lebens von Gott getragen und gehalten durch die teuerlicher Umwege und spannender Als Christ weiß ich, dass mein Ange- erlangen! Krise gehen. Erlebnisse an Straßensperren. Trotz- nommensein und bei Gott Ankommen Zu Zeiten der Christenverfolgungen im dem habe ich vor meiner Abreise nach nicht von meiner eigenen Gerechtigkeit Römischen Reich sprach man davon, dass Haiti mein Testament geschrieben und meinen guten Werken abhängig ist. die Märtyrer, die für ihren Glauben an und meiner Frau eine Geschäfts- und Vor dem vollkommenen, heiligen Gott Jesus ihr Leben ließen, die „Corona fidel“ Bankvollmacht ausgestellt für den ist unsere eigene Gerechtigkeit nur wie erhalten würden, die Krone (oder den Sie- Fall, dass ich nicht aus Haiti zurück- ein beschmutztes Kleid und keiner von geskranz) des Glaubens. Nach dieser Krone kommen würde. uns hat die moralische Qualität, die wollen wir alle streben, ganz egal, ob es so Jesus ausgezeichnet hat. Von Gott ange- oder so kommt in der Corona-Pandemie. 2 3
WIRTSCHAFTLICHES einen Fixbetrag zur Verfügung zu stellen, mit dem sie haushalten lernen sollen. Arbeit zu suchen bleibt meist erfolglos. Deswegen heißt es, sich seine Einnah- Schulgebühren für mich und für mei- nen jüngeren Bruder zu bezahlen. Oft DENKEN Transportgeld für TapTap oder Moped mequelle selbst zu schaffen! Grenzen konnte ich meiner Mutter mit diesem als öffentliche Verkehrsmittel müssen sind hier keine gesetzt und so Mancher Verdienst auch aushelfen, wenn das Geld stets bei jeder Fahrt bezahlt werden. So kommt auf kreative Ideen. Wenn sich für Lebensmittel knapp war. Ich ging nur etwas wie Maxx-Tickets (Monatskarten hier Spiel und Spaß mit dem Bedarf ver- nachmittags zur Schule, weil ich vormit- für Schüler oder Auszubildende) gibt einen und zu einem kleinen „biznis“, tags auf der Straße verkaufte, um für es nicht. In einem Land wie Haiti wird dem sogenannten Geschäftle, werden, er- mich selbst sorgen zu können und mei- viel Geld für Getränke ausgegeben, weil lernen Kinder Fertigkeiten, die sie durch ne Mutter mit meinen Geschwistern zu man bei den hohen Temperaturen ger- Leben tragen. unterstützen. Ja, es war hart. Aber auch ne etwas Gekühltes zu sich nimmt und Unsere Kinderdorfkinder haben nicht das schön. Besonders als junges Mädchen. es keine Wasserhähne mit Trinkwasser Umfeld, das ihnen modellhaft beibringt, Jungs nutzen es gerne aus, wenn Mäd- gibt, aus denen man sich Literflaschen Wassertüten zu verkaufen, an der Straße chen hungrig sind. Sie geben ihnen ein füllen könnte. Oft fallen in den Familien Essen zuzubereiten oder auf dem Markt bisschen Geld und bedienen sich dann Mahlzeiten aus, weil das Haushaltsbud- für ihre Mutter den Stand zu betreuen. sexuell. Das ist Missbrauch. get nicht ausreicht. Pubertierende Jungs Doch auch sie haben die gleichen Be- Es ist deshalb wichtig, dass Kinder früh lernen, wie sie ihre Talente einsetzen Links oben: können, um sich ein bisschen Geld selbst Schnaider kauft zu verdienen. Während der Schulzeit Bonbons von Gé- ronne bieten sich viele Möglichkeiten, dies zu trainieren. Eigenständig und selbstver- Links Mitte: antwortlich sind Kinder besser vor Miss- Makramee-Produk- brauch geschützt. te von Renise In einer Institution, wie es das Kinder- dorf der Mission de Vie ist, ist es ebenso Links unten: Ilda fertigt Taschen wichtig, den Kindern beizubringen, etwas aus Kekstüten herzustellen und zu verkaufen. Auch wenn sie heute keinen Hunger haben, UND I Warum es für Kinder in dürfnisse wie alle anderen Kinder und werden sie später auf die Universität ge- Haiti so wichtig ist, Fertig- Jugendlichen. Deswegen organisieren hen oder wieder bei Verwandten wohnen. wir in den Ferien oder an den Wochen- HANDWERKLICHES Wir möchten nicht, dass sie dann wegen n allen Ländern dieser Erde brauchen keiten zu erlernen, die ih- Kinder stets ein bisschen Kleingeld in ih- enden immer wieder manuelle Aktivitä- jedem kleinen Betrag jemand anbetteln nen eine kleine Einkom- ten wie Makramee-Knüpfkunst, Nähen, müssen. Sie sollen lernen, mit ihrem rer Hand, das bekannte Taschengeld. Sei mensquelle eröffnen GESCHICK es, um Freunden ein kleines Geschenk Kochen und Backen, Schreinerprojekte Budget klarzukommen, aber auch, sich machen zu können, sich etwas Persön- Von Schnaider Fortunat u.a.m. Dabei sind bereits wunderschöne selbst immer wieder etwas zu schaffen, liches zu kaufen oder einen Gaumen- Ohrringe, Taschen, Geldbeutel, Sanda- um das Selbstbewusstsein zu entwickeln, schmauß zu genießen. Oft sind es die El- leben auch in anderen Ländern mit ei- len, Gürtel, Kosmetiktäschchen aus re- sich gegen profitierende Beziehungen zu tern, die ihren Kindern regelmäßig eine nem gewissen Dauerhunger im Bauch, cycelten Spaghettitüten und Kekspapier schützen. gewisse Summe zur Verfügung stellen, und in Haiti ist es ein noch größeres Be- etc. entstanden. Herausfordernd sind die Heute mögen die Kinder es als Freizeit- andere stecken ihnen ab und zu etwas dürfnis, sich ab und an eine zusätzliche wirtschaftlichen Berechnungen wie Ma- vergnügen erlernen und Manches nicht zu. Manche suchen sich einen kleinen Mahlzeit kaufen zu können. So hat jeder terialkosten, Transportwege, Arbeitszeit, so ernst nehmen, doch wenn sie es eines Job, um sich ihr Taschengeld aufzubes- Schüler täglich einen gewissen Bedarf an möglicher Verkaufspreis, tatsächlicher Tages brauchen werden, wird es abrufbar sern oder überhaupt eigenes Geld zu er- Kleingeld. Gewinn und der nötige erneute Einsatz sein. Zugleich bedeutet es im Hier und wirtschaften. Arbeitsplätze sind generell rar, so dass von einem gewissen Muttergeld. Jetzt viel Freude, schöpferisch tätig zu In Haiti haben die Eltern in der Regel die in anderen Ländern typischen Jobs Ich selbst bin früher durch die Straßen sein und Erfolgserlebnisse beim Verkauf selbst nicht genügend Geld, so dass es für Jugendliche oder junge Erwachsene gelaufen und habe verschiedene Artikel zu feiern. nicht üblich ist, den Kindern regelmäßig schlichtweg nicht verfügbar sind. Eine verkauft, um mit diesen Einnahmen die 4 5
D as haitianische Jugendamt (IBESR) verschärft nach und nach sei- wird Blut abgenommen, Bronchien und Lunge abgehört und es wird nach dem aktuellen gesundheitlichen Befinden U-Untersuchungen umsetzen, wird ange- sichts der im Vordergrund stehenden La- bortests leider nicht wirklich geachtet. uns als pädagogische Einrichtung indi- viduell zu prüfen und auf unsere Fragen und Bedürfnisse einzugehen, zwingt uns ne Auflagen für die Heimeinrichtungen. befragt. Da unsere Kinder während der Die Vorschriften zur gesundheitlichen das Jugendamt, diese sehr teuren Extra- Am 1. April 2014 unterzeichnete Haiti das Sommerferien mehrere Wochen bei ihren Fürsorge in Heimeinrichtungen sind Untersuchungen zu machen, anstatt zu Haager Übereinkommen vom 29. Mai Verwandten verbringen, ist auch jeweils definitiv sinnvoll und sollten auch insbe- überprüfen, wie wir die restliche Zeit des 1993 über den Schutz von Kindern und ein HIV- und ein Syphilis-Test verpflich- sondere in einem Land wie Haiti vom Ju- Jahres Gesundheitsfürsorge umsetzen. die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der tend. Zur haitianischen Routine gehört gendamt überwacht werden. Wir wollen Sie lesen sicher einen gewissen Unmut internationalen Adoption. Seitdem sind ebenso der Urintest auf Infektionen sowie mit den staatlichen Behörden kooperie- zwischen den Zeilen heraus. Wir wollen internationale Gremien stark an den Vor- ein Stuhltest hinsichtlich Würmern und ren und uns der Obrigkeit unterordnen, es als Beispiel nehmen, um nachhaltige gaben für IBESR beteiligt. Ziel ist es, die Parasiten. Die Laborergebnisse erhalten um ihr den gebührenden Respekt zu zol- Entwicklungszusammenarbeit aufzu- Standards in Haiti auf ein internationales wir sieben bis vierzehn Tage später, wo- len und als Vorzeigeheim im Land Licht zeigen. Gewisse Regeln und ein guter Niveau zu heben. Der Staat gibt jedoch zu raufhin bei Bedarf entsprechende Medi- und Salz zu sein. Rahmen von außen ist durchaus sinnvoll diesen Auflagen keinerlei Finanzierungs- kamente verschrieben werden. Bei Bedarf Zugleich befinden wir uns wieder einmal und notwendig. Wird dieser jedoch nur hilfen an die betroffenen Einrichtungen werden Folgetermine vereinbart. Auf eine in einer Situation, in der zwar Regeln von außen übergestülpt ohne entspre- und bietet keinerlei Fortbildungsmaß- ganzheitliche Untersuchung wie es zum erlassen werden, jedoch völlig stur durch- chende Schulung und Begleitung der nahmen für deren Mitarbeiter an. Beispiel die deutschen und französischen geführt und dadurch etwas an der Rea- Mitarbeiter, die diese Strukturen umset- Inzwischen ist beispielweise ein jährli- zen werden, verliert man ganz schnell cher medizinischer kompletter Check-Up das Ziel und die Vision dahinter aus den der betreuten Kinder Vorschrift und muss nachgewiesen werden. So vereinbaren DIE WUNSCHLISTE Augen. Wahre Veränderung und Entwick- lung muss von innen heraus ansetzen, in DES JUGENDAMTES wir einen Termin mit unserer zustän- den Gremien, die am Alltagsgeschehen digen Kinderärztin, die gemeinsam mit pulsieren. Von hierarchischer Obrigkeit einer Arzthelferin für einen gesamten aufgesetzte Veränderungen ohne entspre- Tag ins Kinderdorf kommt. Jedem Kind Von Martina Wittmer chende Fortbildung über die Sinnhaftig- keit und praktische Anwendung führt nur zu einem weiteren Machtinstrument, das missbraucht wird und der Korruption Tür und Tor öffnet. Wieder einmal wird deutlich, dass Ent- wicklungszusammenarbeit auf allen Ebenen, auch auf international politi- scher Ebene wie dem Haager Abkommen, stets den längeren Weg gehen muss, um tatsächlich nachhaltig erfolgreich zu sein. lität vorbei. In unserer pädagogischen Einrichtung führen wir für jedes unserer Nicht nur im medizinischen Bereich Kinder eine ausführliche Akte, in der macht das Jugendamt Vorschriften. So auch alle medizinischen Belange präzise kritisiert es zum Beispiel aktuell auch dokumentiert werden. Bei den jährlichen unseren Spielplatz und unsere Bade- Tests werden diese Dokumente jedoch zimmer in den Kinderhäusern als nicht keineswegs berücksichtigt. War ein Kind regelkonform. Für den Spielplatz sam- drei Wochen vor dem Jugendamts-Ter- meln wir fleißig Spenden! Zum Thema min bereits beim Arzt, da es krank war, so Badezimmer wird im nächsten Heft ein wird dieser Bluttest nicht anerkannt, da Artikel folgen. er ein anderes Datum aufweist. Anstatt 6 7
S mich Martina Wittmer und Christian, Walner im einer der letztjährigen Besucher in Haiti, Landauer Wasserwerk eit bald acht Jahren darf ich für erwarteten. Es war höchste Zeit – hätte die Mission de Vie in Haiti tätig sein. Martina mir nicht sofort einen Mantel Als erstes fiel mir auf, wie einfach das Le- Als haitianischer Direktor arbeitete ich gegeben, wäre ich trotz der Pullover, die ben in Europa doch ist. Wir konnten das eng mit den deutschen Missionaren und ich trug, schier erfroren. Fahrrad nehmen und damit zum Büro dem europäischen Vorstand zusammen. Nach meiner Ankunft in Landau bei Dieu- radeln. Das ist etwas, das ich in Haiti Ich lebe und arbeite auf dem Missions- fort und Martina, bei denen ich während noch nie habe machen können – eine Gelände in Gonaives, wo ich als Direktor meines Aufenthaltes wohnte, konnte ich interessante Erfahrung für mich. Ein immer wieder Besucher und Volontäre mich endlich ein wenig von dieser langen warmes Essen steht nach 30 bis 45 Minu- für mehr oder weniger lange Zeiträume Reise erholen. Gemeinsam mit Martina, ten fix und fertig auf dem Tisch, in Haiti begrüßen durfte. Durch diese Menschen, der Koordinatorin der Lebensmission, dauert es zwei Stunden, bis eine Mahlzeit fertig ist. Wie groß war meine Überra- deutschen und der haitianischen Gesell- schung, als ich merkte, dass man nur ei- RÜCKBLICK AUF MEINE schaft wirklich sind und dass es dabei nicht nur um Unterschiede im Wirt- schaftssystem der beiden Länder geht, nen beliebigen Wasserhahn im Haushalt aufdrehen muss, um frisches Trinkwas- ser zu haben. In Haiti haben nur die ganz DEUTSCHLANDREISE sondern auch um wesentliche kulturelle Verschiedenheiten. Glücklichen überhaupt fließendes Wasser im Haus und selbst sie würden sich damit nicht einmal die Zähle putzen, aus Angst, Von Walner Michaud Walner mit dem deutschen dass das Leitungswasser sie krank macht. Vorstand Ich sagte hier bewusst „die ganz Glückli- mit denen und für die ich seit mehr als ging ich das schon vorher für meinen sieben Jahren engagiert bin, konnte ich Aufenthalt vorbereitete Programm durch. einen Einblick in die deutsche Kultur Es gab viele Programmpunkte für sehr gewinnen und wurde mir verschiedener wenig Zeit, aber ich war sicher, dass das Herausforderungen bewusst, die zwi- alles klappen würde, denn ich kenne das schen unseren beiden Kulturen bestehen. Organisationstalent und die große Dis- So war es eine große Freude für mich, zipliniertheit der Deutschen. Schon am Anfang dieses Jahres eine Einladung zu nächsten Morgen durfte ich bei einem einem Besuch in Deutschland zu erhal- angenehmen Frühstück, das sie für mich ten. Ich sah darin für mich die Möglich- vorbereitet hatten, die Mitarbeiterinnen keit, noch viel mehr über die deutsche des Büros in Landau kennenlernen. Nur Kultur zu erfahren und viele der Mitar- Kristin und Geni waren während meiner beiter kennenzulernen, mit denen ich in Zeit bei der Mission de Vie bereits einmal regelmäßigem Austausch stehe, ohne sie in Haiti, Iris und Barbara traf ich nun je getroffen zu haben. zum ersten Mal. Der Reisetermin wurde auf den 28. Janu- Die Wochen in Deutschland waren gefüllt ar 2020 festgelegt. Ein Besuch mitten im mit langen Arbeitssitzungen und vielen Winter machte mir schon etwas Sorgen, schönen Besuchen, mit Gesprächen über aber ich sagte mir gleichzeitig, dass das die verschiedenen Projekte mit den Mit- auch eine neue Erfahrung ist, die inter- arbeiterinnen und dem Vorstand, mit essant sein könnte. Nach einem langen Treffen mit ehemaligen Mitarbeitern und Flug von Haiti über die Dominikanische Spendern, mit Vorträgen über die Arbeit Republik nach Frankreich nahm ich den der Mission. All diese Treffen zeigten mir, Zug von Paris nach Kaiserslautern, wo wie groß die Unterschiede zwischen der 88 9
sich dick anziehen, bevor man das Haus durfte. Mir wurde bewusst, wie viel eine Geschwister in Haiti für Opfer bringen. verlässt und jeder kämpft mit einer lau- kleine Handlung eines Menschen auf der Alle haben bei mir einen positiven Ein- fenden Nase. Gleichzeitig ist der Lebens- Erde an Positivem oder Negativem nach druck hinterlassen. rhythmus viel schneller und man muss sich ziehen kann. Mit neuem Elan und einem liebenden sich ständig beeilen, um seinen verschie- Ich habe andere Orte besucht und andere Herzen für meine Landsleute bin ich nach denen Verpflichtungen nachzukommen. Menschen getroffen, die mich ebenfalls diesem angenehmen Aufenthalt nach Aber ich durfte auch viele wundervolle beeindruckt haben, ich könnte in diesem Haiti zurückgekehrt. Es war eine große Menschen mit einem großen Herzen Artikel gar nicht über alle berichten: Mein Freude für mich, diese menschliche und treffen: Treffen mit dem Schweizer Vorstand, Wer- klimatische Wärme wieder zu erleben, die Günther, diesen einfachen und fleißigen ni und seiner Frau, Marianne, Raymond ich während der drei Wochen in Europa Menschen, der Haiti und die Haitianer und Ursula. Meine Begegnung mit Karin, vermisst hatte, diese Lebensfreude, dieses im Herzen trägt. Er hat mir viel darüber Thomas und seiner Frau Esther, deren Lächeln, das allen Haitianern eigen ist, erklärt, wie die Stadt Landau organisiert Winzerbetrieb in Bötzingen ich besuchen trotz der großen wirtschaftlichen Nöte. ist, er hat mit mir eine Behinderten-Ein- durfte. Mein Besuch bei der Familie un- Bei den Teninger richtung besucht, wo ich gespürt habe, seres ehemaligen Volontärs Tobias und Haiti-Freunden Oben: Walner mit dem schwei- zer Vorstand Rechts: im Weingut Schaffner in Bötzingen chen“, denn ich denke dabei auch an die Vielen, die keinerlei Zugang zu Trinkwas- ser haben und für die es fast ein Wunder ist, wenn sie für den täglichen Gebrauch etwas Trinkwasser auftreiben. Ich brauchte fast zwei Wochen, um mich an den Zeitunterschied zwischen Haiti und Deutschland zu gewöhnen. Trotz al- Was mir auch sofort auffiel, war, wie Ähnliches zeigt sich in den Kirchen, die was hinter diesem Bibelvers steht: „Gott ihrem Viehbetrieb. Zeit, die ich bei dem Zum Ende meines Berichtes möchte ich ler Müdigkeit entging mir jedoch die gute wenig Menschen man auf den Straßen ich in Deutschland besucht habe. Da schuf uns alle nach seinem Bilde“ – Hai- ehemaligen Vereinsvorsitzenden Heinz von Herzen all denen danken, die mich Organisation nicht, die in diesem Land sieht. Man könnte den Eindruck gewin- gibt es kleine Gemeinden mit vielleicht tianer oder Deutsche, Juden oder Asiaten, und seiner Frau Helga verbringen durfte. so herzlich in ihrem Land aufgenommen herrscht, wo alles gut strukturiert ist. Es nen, dass in diesem Land nur wenige fünfzig Mitgliedern, während es in Haiti Gesunde oder Menschen mit Handikap, Ein großes haitianisches Abendessen bei haben, ganz besonders dem Vorstand der hat mich zum Beispiel beeindruckt, wie Hundert Menschen leben, so leer ist es. In große Kirchengebäude gibt, die Hunderte er hat seinen Geist und seine Fähigkeiten Robert und Regina. Meine Treffen in den Lebensmission und der Familie Wittmer, man solch große Städte sauber halten Haiti spielt sich fast das ganze Leben der von Mitgliedern zählen. in jeden von uns hineingelegt. Es liegt an Kirchen, die Gebetszeit mit der Gruppe die mir diesen Aufenthalt ermöglicht und kann. Da ist die Müllentsorgung geregelt, Menschen im Freien und auf der Straße Mein Besuch in Deutschland war eine uns zu entdecken, wie wir unsere Gaben von Jugend mit einer Mission in Frei- mich mit den verschiedensten deutschen der Müll wird zuvor getrennt und die Ab- ab, selbst diejenigen, die nichts zu tun sehr schöne Erfahrung für mich. Ich für andere einsetzen und unsere Rolle burg. Meine letzte Woche zur Erholung Gerichten bekannt gemacht haben: Bre- fuhr geht in wenigen Sekunden vonstat- haben, stürzen sich in das Treiben. Die konnte einen Eindruck davon gewinnen, auf dieser Erde ausfüllen können. bei Karlheinz, dem jetzigen Vorsitzenden. zeln, Donuts, und die verschiedensten ten. Wir Haitianer könnten davon viel Straßen sind zu jeder Tageszeit überfüllt, wie unsere Mitarbeiter und Spender leben Oder Rüdiger, diesen besonderen deut- Meine Teilnahme an einer Sitzung des Sorten von Würsten......Hmmmmm !!! lernen, um diese Sauberkeit in unserem man könnte meinen, es gäbe 200 Millio- und in welchem Umfeld sie arbeiten. Ge- schen Förster, von dem ich in den drei europäischen Vorstandes – ich durfte er- Land zu erreichen. nen Haitianer. rade im Winter muss man planen und Stunden unseres Treffens viel lernen fahren, was alle diese Menschen für ihre 10 11
DAS CORONA-VIRUS – EINE KRISE ZU VIEL FÜR HAITI Von Walner Michaud, am 6. 4. 2020 von positiv auf Covid-19 getesteten Perso- der verschiedenen staatlichen Stellen D nen gab, hat die Regierung per Präsidenti- und Organisationen zur Kontaktbe- al-Dekret verfügt, dass sich nicht mehr als schränkung sich nicht wirklich in der as Corona-Virus (Covid-19), das 10 Personen zusammenfinden dürfen. Die Bevölkerung auszuwirken, vor allem schon seit Monaten die Welt heimsucht, ist Schulen und Universitäten sind geschlos- nicht in den mittleren und unteren Be- eine Krise zuviel für die haitianische Regie- sen, der Handel funktioniert auf Spar- völkerungsschichten. Keine einzige der rung, die damit nicht fertig werden kann. flamme, in den Kirchen dürfen maximal verfügten Maßnahmen wird respektiert, Seit Beginn der Pandemie erreichten uns 10 Personen gemeinsam den Gottesdienst die meisten Leute gehen ihren Aktivitä- alarmierende Nachrichten aus dem Aus- feiern, in den öffentlichen Verkehrsmitteln ten nach, als sei nichts geschehen. Die land, die nicht dazu angetan waren, uns sollte ein Social Distancing von 1,5 m ein- öffentlichen Verkehrsmittel, TapTaps zu beruhigen. Sagte man nicht zu Zeiten gehalten werden. und Busse, sind überfüllt, die Märkte im der Kolonie: „Wenn Frankreich niest, hat Heute, während ich diese Zeilen schreibe, Freien funktionieren wie immer, und die Saint Domingue die Grippe“? An dieser gibt es im Land offiziell 20 positiv getes- meisten Menschen wissen nichts vom Co- Situation hat sich bis heute leider nichts tete Fälle und ungefähr 400 Personen rona-Virus oder haben bis jetzt noch nie geändert und man kann immer noch wurden durch die Regierung unter Qua- davon gehört; zumindest behaupten sie sagen: „Wenn Europa und die USA niesen, rantäne gestellt. das. Es gibt zwei für Haiti typische Grün- hat Haiti die Grippe“. Wenn sich sogar die Im Land kann man eine paradoxe Si- de für dieses unverantwortliche Verhalten großen Länder, die über gut ausgebaute tuation beobachten. Einerseits ist das der Menschen, die man nur unschuldig Infrastrukturen und Gesundheitssysteme medizinische Personal, Ärzte und Kran- nennen kann: Zum einen das allgemeine verfügen, in einer quasi unerträglichen kenschwester, das vorher schon nicht Misstrauen gegenüber dem Präsidenten Situation wiederfinden, wie gravierender ausreichend war, in Panik und streikt, und seiner Regierung. So gibt es für die ist die Lage für Haiti, ein Land, dem alle um zu erreichen, dass der Staat ihm die meisten Leute keinerlei bestätigten Coro- wirtschaftlichen, finanziellen und sani- nötigen Strukturen an Hand gibt, um die na-Fall im Land. Ihrer Meinung nach ist tären Grundlagen fehlen, das völlig au- zahlreichen Patienten aufnehmen und dies nur Propaganda, eine weitere List der ßerstande ist, so etwas in den Griff zu be- versorgen zu können, die in den Kran- kommen, vor allem, wenn es nicht auf die kenhäusern zu erwarten sind. Marie-Mène, Ariane und Unterstützung der westlichen Welt zählen Andererseits scheinen das Dekret des Gracienda nähen kann? Nachdem es zwei bestätigte Fälle Präsidenten und die Ermahnungen Mund-Nase-Schutzmasken 12 13
Politiker, um sich zu Lasten des Volkes zu Kühlschrank, um irgendetwas frisch zu Um die Ausbreitung des Virus in Haiti ein- bereichern. Die Undurchsichtigkeit aller halten. Selbst wenn sie es wollte, könnte zuschränken, haben wir als Verantwort- öffentlichen Handlungen erleichtert eine die Mehrheit der Bevölkerung die Präven- liche der Mission de Vie in Absprache mit solche Sicht. Daneben gibt es den spiri- tionsmaßnahmen gegen die Krankheit dem europäischen Vorstand entschieden, tuellen und mystischen Glauben einer gar nicht einhalten oder zuhause bleiben, unser Personal zu verringern und die Mit- großen Mehrheit des Volkes, das glaubt denn um sich mit Nahrung zu versorgen, arbeiter, die von außen gekommen, gebe- an Aussagen wie „Bondieu bon“ (Gott ist muss man jeden Tag hinaus. ten, zuhause zu bleiben. Sie kommen nur gut) oder: „Mikrob pa tiye ayitien“ (Die Man muss bedenken, dass sich die Anzahl noch nach besonderer Aufforderung auf Mikroben können den Haitianer nicht der Familien, die sich in einer Notlage das Gelände, wenn dringende Arbeiten zu töten), was dazu führt, dass niemand befinden, aufgrund dieser Krise massiv erledigen sind. Wir mussten einige Projek- sich um Hygiene- und Vorsorge-Maß- erhöhen wird, was die schon desaströse te herunterfahren, die einen regelmäßigen nahmen schert. Eine Konsequenz dieses wirtschaftliche Lage mit einer Inflations- Kontakt zwischen unseren Mitarbeitern Volksglaubens ist die Tendenz, blind auf rate von 20%, bei der man schon heute und den unterstützten Menschen erfordern. religiöse und/oder mystische Handlun- 100 Gourdes für einen USD ausgeben So wurden bis auf weiteres die Besuche gen zu vertrauen, die manche Pastoren, muss, weiter verschlimmern wird, denn und die Seminare des Patenschaftsprojek- Propheten, Priester oder Hougans (Voo- fast alles, was wir konsumieren oder ver- tes und der Mikrokreditkasse eingestellt. doo-Priester) praktizieren, ohne sich zu brauchen, kommt aus dem Ausland und Für die Versorgung der Kinder des Kin- fragen, was vernünftig ist und was nicht. muss in USD bezahlt werden. Die Zahl derdorfes bleiben bestimmte Mitarbeiter Wenn sie krank werden, weigern manche der Arbeitslosen in dieser Bevölkerung, beschäftigt: der haitianische Direktor, der sich, ins Krankenhaus zu gehen, sondern die sich selbst überlassen bleibt, wird Sozialpädagoge (der mit seiner Familie ins bleiben zuhause und vertrauen auf die steigen, denn die Menschen werden keine Kinderdorf ziehen musste), die Kinderdor- Gnade Gottes oder auf Loa-Zeremonien, Unterstützung von ihren Angehörigen in fleiterin und natürlich die Kindermütter. um im Falle von Verschlechterung des der Diaspora mehr erhalten können. Die- Diese haben nun keine freien Tage mehr Gesundheitszustandes oder Tod den bö- se betrug in der Vergangenheit mehr als und verlassen das Kinderdorf nur noch für sen Mächten die Schuld zu geben. 138 Millionen USD pro Jahr, was 36 Pro- unerlässliche Einkäufe. Glücklicherweise Und dann darf man auch jene nicht ver- zent des Bruttoinlandsproduktes unseres haben wir die Möglichkeit, die wichtigsten gessen, die im tiefsten Elend dahinvege- Landes entspricht. Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel tieren und keinerlei Möglichkeit haben, In dieser Situation muss jeder mehr je auf Vorrat einzukaufen und zu lagern. Wir auch nur die geringsten, geschweige zuvor für sich selbst Verantwortung über- sind unseren europäischen Spendern, die denn die notwendigen Maßnahmen der nehmen. Das hat die Mission de Vie von dies möglich machen, unendlich dankbar. Vorsorge umzusetzen. Es ist unmöglich, Anfang an verstanden und die notwendi- Wir hoffen auch, dass unsere Nothilfe- Abstand voneinander zu halten ange- gen Hygienemaßnahmen ergriffen, um kasse aufgestockt werden kann, damit wir sichts der großen Anzahl Menschen, die unseren Mitarbeitern und den Menschen, weiterhin den Ärmsten der Armen helfen in einem einzigen Zimmer in den eng denen wir dienen, zu helfen, sich gegen können, die von Tag zu Tag in immer grö- bebauten Armutsvierteln leben. Für die- diese Pandemie zu schützen. ßerer Zahl zu uns kommen. se Menschen ist es schon sehr schwierig, Schon Anfang Februar haben wir begonnen, Bei aller menschlichen Unfähigkeit, etwas Wasser für die wichtigsten Dinge zu alle unsere Mitarbeiter und Kinder über die dieser Geisel zu begegnen, möchten wir bekommen, das sie zudem kilometerweit Gefahren des Corona-Virus aufzuklären. unser Vertrauen weiterhin auf Gott set- im Eimer nach Hause tragen müssen, wie Bei Treffen am 2. und 9. März haben wir zen, der allmächtig und mitfühlend ist. sollen sie über sauberes Wasser verfügen, alle wichtigen Informationen an die Fa- Wir beten für unsere Geschwister in aller um sich regelmäßig die Hände zu wa- milien des Patenschaftsprojektes weiterge- Welt, ganz besonders für unsere betroffe- schen? Es ist schier unmöglich für diese geben. Obwohl es immer weniger Material nen Freunde und Spender in Europa. Wir Menschen, zuhause zu bleiben, denn sie gibt, haben wir an verschiedenen Stellen des hoffen, dass die Lebensmission weiterhin können nicht Vorräte für mehrere Tage Kinderdorfes Wassereimer aufgestellt, damit ihren Einsatz für die Verletzlichen brin- anlegen, nicht nur, weil ihnen das Geld die Mitarbeiter, die Patenschaftsfamilien gen kann, um den Menschen zu helfen, dazu fehlt, sondern auch, weil sie keinen und die Kinder der Mission de Vie sich regel- die in dieser schwierigen Zeit an Strom haben, geschweige denn einen mäßig die Hände waschen können. unsere Tür klopfen. 14 15
Ganz links: Bürogebäude für alle Projekte Links: Lehrwerkstatt Unten: Walner beim Ausstellen von Gehaltsschecks insbesondere für die vielen technischen Belange sowie die Instandhaltung der Gebäude. Hier fehlt es uns noch an einem Adressaten-Pool, an den wir uns mit sol- chen Anträgen wenden können (Stiftun- gen, Unternehmen, Kirchen....) Generell sind wir derzeit dabei, die Projektneben- kosten der Tochter-Projekte detailliert zu berechnen und die Kinder als zuver- MUTTER- lässige Stützen ihrer Mutter zur Seite zu stellen. Gemeinsam sind sie Familie. Je- TOCHTER- der steht für jeden ein. Die Kinder haben ihr Anschubinvestment von ihrer Mama erhalten, nun dürfen sie strukturell auch PROJEKTE? ihr erneut auf feste Beine helfen. Eine Mutter wird ihr Leben lang für ihre E Mikrokreditkasse, eine Sockenwerkstatt, ten des Kinderdorfes mitgenutzt. Miete, Kinder sorgen, sie in Krisenzeiten tragen ein Kindergarten, der Ausbildungs- und Abnutzungsgebühr, Beteiligung an den Von Martina Wittmer und ihnen Gutes tun. Kinder mögen zu s begann damals mit dem Kin- Studienfonds, das Gästehaus für Volontä- Instandhaltungskosten, Fuhrpark.... mündigen und reifen Persönlichkeiten derdorf. Waisenkinder und Bildung wa- re und Besucher.... Für ein Mutterherz sind dies nicht nur heranwachsen, für sich und die Ihren ren die primären Ziele und sind es bis Eine Mutter freut sich über ihre Kinder Fremdwörter, sondern ein emotionaler über 40 Jahre alt und braucht dement- Gott Herzen berühren. Zudem möchten sorgen lernen, geschwisterlich solida- heute geblieben. Durch all die Jahrzehn- und deren Heranwachsen, über Multi- Affront. Betriebswirtschaftlich gesehen sprechend verstärkt fürsorgliche Auf- wir saisonale Bedarfsbudgets für zum risch handeln sowie ihre Eltern ehren. te hindurch blieb das Kinderdorf DAS plikation. Ihr Glück ist es, eine große sind es Fachbegriffe einer notwendigen merksamkeit. Beispiel Schulanfang, Weihnachtsfest, Ein gesundes dynamisches Geben und Herzensprojekt der Lebensmission. Familie beisammen zu beherbergen und Struktur, die das Herzensprojekt auf ein Wir danken allen Personen, Gruppen und Arztchecks, Ferienprogramme etc. Nehmen in einem Garten, der alle In Haiti erklärte mir einmal ein weiser zu vereinen. Für einen gleichgesinnten solides Fundament stellen. Denn: Bricht Kirchen, die immer wieder großzügig für stärker bewerben. Was wäre es Beteiligten aufblühen lässt. Ein, Mann, dass Eltern oft alles geben, damit Freund ist an der schmackhaft gedeck- die Mutter zusammen, kommen alle Kin- das Kinderdorf spenden! Auch viele freien für eine Erleichterung, sich wie ich finde, sehr schönes Bild ihre Kinder schick aussehen und gut im ten Tafel immer noch ein Platz frei. So der ins Wanken. Spenden fließen seit Jahrzehnten stets ins auf jährliche Zusagen als Fazit der Überarbeitung Leben stehen, dass sie sich irgendwann wurden auch in der Lebensmission neue Rein finanziell gesehen bangt das Kin- Mutterprojekt und halten es am Laufen. von Unternehmen stüt- gewisser Grundfragen des Fi- jedoch selbst dadurch vernachlässigen. Ideen geboren, reiften heran und wurden derdorf jeden Monat neu um das nötige Unser Gebetsanliegen für die Zukunft zen zu können, die ihre nanzierungskonzeptes. Sie geben tatsächlich alles für ihre Kin- groß. Manche starben, andere zogen aus, Budget. Die Patenschaften für die Kinder ist eine solide finanzielle Absicherung steuerliche Abschrei- Nun, lasst es uns anpa- der. Vom Herzen her eine bewunderns- um auf eigenen Beinen zu stehen oder und Mitarbeiter decken nur einen Bruch- des zentralen Kinderdorfes. Kein „Von- bung mit gutem Pres- cken. werte Hingabe, strukturell gesehen aber den Bund mit einem neuen Partner ein- teil des monatlichen Bedarfs. Renovie- der-Hand-in-den-Mund-Überleben“ tige verbinden – und bedenklich, sobald es aus der gesunden zugehen, was mitunter auch zu segens- rungen und Anschaffungen müssen stets mehr, bei dem es gelegentlich nötig ist, das nicht nur zum Balance kippt.. reichen Ehen geführt hat. Wieder andere über gesonderte Projektanträge bewor- für das monatliche Fix-Budget Anleihen Jahresende, sondern Dieser Vergleich erinnert mich an die machten lehrreiche Erfahrungen, wie es ben werden, weil das allgemeine Budget bei den Tochter-Projekten zu machen, über das Jahr verteilt. Entwicklung der Lebensmission-Projek- im Leben eben läuft. dies nicht hergibt. So verzögern sich so um Durststrecken zu überstehen. Wir Ergänzend brauchen te. Aus dem Kinderdorf heraus entstan- Mit großer Selbstverständlichkeit bedie- zentrale Anliegen wir die Erneuerung der wünschen uns eine Multiplikation von wir Projektanträge, den bald noch weitere Projekte wie die nen sich Kinder der vorhandenen Res- Trinkwasseraufbereitungsanlage oder verbindlichen Partnerschaften. Hierfür Patenschaften, die Nothilfekasse, der sourcen und lassen sich eigene Löcher die Restaurierung und Aufstockung der investieren wir bewusst Zeit und Energie Barnabas-Dienst zur Pastorenausbil- stopfen. Vorhandene Infrastrukturen Mauer über Jahre hinweg. Ein unhalt- in Kirchen, Schulen, Kindergärten, Ju- dung, die Schreiner-Lehrwerkstatt, die wurden stets von den Tochter-Projek- barer Zustand. Unsere Infrastruktur ist gend- und Frauengruppen u.a.m.; möge 16 17 17
HABITAT-LM die Schulbildung der Kinder sind sie vor DANK UND 16 Jahren nach Gonaives gezogen. Seine Von Martina Wittmer Frau Margarette versorgt die drei Kinder, während sie auch andere betrauert, die 2008 komplett zerstört. Nach dem Tod ihres Mannes musste Felicemène hart nicht überlebt haben. Sobald ein bisschen Geld vorhanden ist, FÜRBITTE kämpfen, um das Grundstück auf ihren beginnt sie einen kleinen Wiederkauf. Sie Das Haus für Familie Estimé steht. WIR DANKEN GOTT Namen übertragen zu lassen, ihre Brüder läuft mit ihrer Ware durch die Straßen, verteidigten sie dabei. Eine Latrine wurde um das Wenige, das sie haben, zu ver- Es ist jedes Mal neu ein Fest! von der Spendenorganisation ACF gebaut mehren. Beim Erdbeben verlor Marga- für das Engagement und die Treue unserer haitia- Mama Felicemène wirkt mit ihren 51 und ist bis heute funktionstüchtig. rette einen Cousin, der von einer Mauer nischen Mitarbeiter, die Nachhaltigkeit ihrer Arbeit, Jahren etwas verhärmt. Ihr Mann starb Das Grundstück ist nur durch einen erschlagen wurde. Bei der letzten Flut insbesondere in der Zeit ohne europäische Mitar- 2011 an der Cholera. Fünf gemeinsame schmalen Korridor zu Fuß erreichbar, kamen andere Familienangehörige ums beiter vor Ort Kinder sind bis heute von Felicemène nur die angrenzende Straße am Kanal Leben. Man steht mal wieder da und abhängig, das jüngste ist zehn Jahre alt, kann befahren werden. So packten die fragt sich, wie Menschen solche Schick- für den Einsatz des reduzierten Teams in Gonaives die älteste Tochter hat ein Krabbelkind, jungen Männer der Familie selbstver- salsschläge wegstecken. zum Wohle unserer Kinderdorfkinder, der Paten- das sie mit aufzieht. Sie selbst konnte die ständlich mit an, um das Baumaterial Atilien leidet wohl an einer Hernie, er schaftsfamilien und anderen, von Corona betroffe- Schule nur bis zur 6. Klasse versuchen. zum Grundstück zu tragen. Felicemène kann keinerlei schwere Arbeiten mehr nen Haitianern. Manchmal kann sie als Tagelöhnerin für hat seit einem Sturz vor einem Jahr Oben: Das bisherige Haus von verrichten, ohne es in den darauffolgen- eine andere Familie waschen und bügeln, chronische Schmerzen im rechten Arm. Familie Petit-Homme den Wochen gesundheitlich zu büßen. für das gute Einleben der Zwillinge im ersten Kin- wird aber nicht regelmäßig gerufen. Feli- Sie ließ es sich dennoch nicht nehmen, Unten: Familie Petit-Homme Das bringt die Einnahmequelle durch derhaus und die harmonische Gemeinschaft aller cemène hat fünf Brüder, von denen einer unsere Bauarbeiter mit Trinken und den Ackerbau ins Wanken. Kinderdorfbewohner verstorben ist. Seine zwei Söhne leben das Mahlzeiten zu versorgen. In dieser Gegen Die selbst errichtete Unterkunft hat weder gesamte Schuljahr bei ihr und sind nur gibt es keine Brunnen, das Wasser ist zu ein Fundament noch Mauersteine. Nur für die gelungene Deutschland-Reise von Walner in den Ferien bei ihrer Mutter in Grand salzhaltig. Dusch- und Trinkwasser muss ein winziges Zimmer ist abschließbar. für die gesegnete Reintegration von Familie Witt- Morne. Die beiden Jungs haben sich ei- in 800 Meter Entfernung an der nächst- Bei Regen läuft das Wasser von mehreren mer in Deutschland nen eigenen kleinen Verschlag gebaut, in gelegenen Straße eingekauft werden. Seiten hinein. dem sie hausen. Die Familie bedankte sich immer wieder Habitat-LM möchte dieser Familie ein Felicemènes verstorbener Mann war Maurerboss, hatte leider andere Frauen bei unserem Bauleiter Frantz Pierre und betonte, wie wenig Worte aussagen könn- Haus bauen, in dem man gerne Quaran- täne verbringen würde. BITTE BETEN SIE MIT UNS und somit auch weitere Kinder zu versor- ten für solch ein Geschenk. für Gottes Schutz und Segen über dem Kinderdorf gen. Mit Felicemène erwarb er ein kleines Links: Estimé mit Kids vor dem Grundstück, auf dem er ein Einzimmer- Was macht eigentlich für die Bewahrung unserer Kinder und Mitarbeiter Haus haus hochmauerte. Dieses Gebäude wur- Unten: Zugang zum Ingenieur Dieufort? vor Corona de bei der Flut nach Hurrikan „Jeanne“ Grundstück Estimé Dieufort Wittmer trat zum Jahresanfang 2020 eine Stel- für ein konstruktives Krisen-Management der hai- le als Statiker in Landau an. Er tianischen Regierung betreut die Projekte in Haiti weiterhin, nun ehrenamtlich, für Weisheit und Kraft unserer Mitarbeiter in Go- Nun sammelt Habitat-LM für die Familie und ist stets in regem Aus- naives im Umgang mit der Krise, den Kindern und Petit-Homme, die etwas außerhalb an tausch mit seinem haitiani- den Nöten außerhalb des Kinderdorfes der Zufahrtsstraße nach Gonaives wohnt. schen Team. für ausreichende Gelder zur Bewältigung der aku- Vater Atilien ist 49 Jahre alt und macht ten Situation, zur Deckung der monatlichen Bud- einen fürsorglichen Eindruck. In Gonai- ves haben sie kein Feld zum Bepflanzen, getkosten und zur Finanzierung der wichtigen an- daher reist er in der Regenzeit zum elter- stehenden Anschaffungen und Renovierungen lichen Grundstück in Grand Morne. Für 18 19 19
A NOTHILFEKASSE ANDERE LÄNDER – ANDERE SITTEN – ANGESICHTS ll die Jahre habe ich mich um einen Artikel zu diesem Thema herumge- drückt: HUNGER. Ich muss gestehen, ich EIN APRILSCHERZ DER kenne es nicht am eigenen Leib. Noch nie in meinem Leben musste ich Hunger lei- den. Freiwillig sieben Tage komplett fasten, DER HUNGERSNOT HAITIANISCHEN ART okay. Aber da konnte ich gut auf meine Von Martina Wittmer Von Djsharlens Alexis Im Sinne des Ausspruchs des franzö- Pölsterchen zurückgreifen und ich hätte es jederzeit abbrechen können. Es bleibt mir Essenzeit kamen, die sich ihre Portion und ob ich es bitte für sie holen könne, ein Thema, mit dem ich in den acht Jah- abholten ohne Mitarbeiter zu sein. „Manje sischen Schriftstellers Edouard Herriot: weil sie gerade mit dem Frühstück der ren auf Haiti täglich konfrontiert war – in pa genyen mèt“ (Essen hat keinen Besit- „Die Kultur ist das, was bleibt, wenn Kinder beschäftigt sei. Ganz naiv trottete Haitis Normalzustand: zer) lautet eine haitianische Weisheit. Man man alles vergessen hat“, ist der 1. April ich zu Angeline, die mich informierte, Du wirst angerufen. Nach der Begrüßung verweigert anderen kein Essen. Auch wenn wie in vielen anderen Ländern ein Tag dass das Handy sich inzwischen im Büro fragt man sich, wie es einem geht, und der die Mahlzeit nicht für die eigene Familie Oben: Angeline putzt Spinat der Scherze, an dem man mit ernster bei Lenddie befände. Ich merkte immer Haitianer stellt dir die Frage, ob du heute ausreicht – sobald Nachbarn sich während Links: Thomon und Lenddie Miene andere hereinlegt. Angesichts der noch nichts und lief zurück ins Büro, um schon gegessen hast – egal zu welcher des Essens vors Haus setzen, erhalten sie bringen Essensrationen weltweiten Corona-Pandemie, die auch Lenddie nach dem Handy zu fragen. Erst Uhrzeit am Tag. Falls du bejahst, wirst du einen Anteil. Diese Solidarität lässt Men- unseren Klienten oft, nichts Essbares zu in Haiti wütet, könnte man sich fragen, als diese lauthals loslachte, begriff ich, gefragt, was du denn gegessen hast, um zu schen und Familien überleben. Auf dem verkaufen, weil man bei Bedürftigen nicht Nun wird Covid-19 weiteren Tribut for- ob es überhaupt möglich ist, andere mit dass ich auf einen Aprilscherz hereinge- überprüfen, ob es der Bezeichnung „Mahl- Land schicken Eltern ihre Kinder stets eine Nein sagen kann und das Geschäft Gefahr dern. einem Aprilscherz zu überraschen, ob fallen war. Auf einmal sammelten sich zeit“ würdig war. Ein guter Freund über- Portion der zubereiteten Mahlzeit zum läuft, Konkurs zu gehen. Die Nothilfekasse ist auch für medizini- überhaupt jemand der Sinn nach sol- alle Kinder um mich herum und sangen geht dieses Thema nicht, da es existentiell Nachbarn bringen, bevor sie selbst essen Sehr befremdend war für mich auch der sche Versorgung da, doch in diesen Zeiten chem kulturellen Vergnügen steht. ein Spottlied. Mein einziger Trost war in ist. Keiner meiner europäischen Freunde dürfen. So lernen sie von klein auf: Essen extreme Fokus auf Essen bei Festen, sei es wird hauptsächlich nach Nahrungshilfe Bei vielen Haitianern hat die durch Co- diesem Moment, dass die Kindermütter hat mich je gefragt ob ich gegessen habe. schmeckt nicht, wenn dein Nachbar nichts Weihnachten, eine Hochzeit oder Geburts- gefragt. Es ist eine Anlaufstelle, zu der vid-19 hervorgerufene Panik jedes kultu- zuvor selbst schon von unserem Direktor Kinder quengeln, weil sie Hunger haben, abbekommt. tage. Geschenke, anerkennende Worte.... Menschen mit all ihrer Not, ihrer Mutlo- relle Interesse verdrängt. Aber bei uns im hereingelegt worden waren. nörgeln aber nicht längerfristig, sondern So oft erlebte ich selbst, wie Personen ans All das kann das essentielle Grundbedürf- sigkeit und Verzweiflung kommen dürfen. Kinderdorf, wo wir eine freie Atmosphäre Gleny schlafen mitten am Tag ein. Das Gewohn- Hoftor klopften und ihr Anliegen heraus- nis und den so tief erlebten und ständig Eine offene Tür, hinter der ein ermutigen- mit Offenheit für kulturelle Tendenzen heitsphänomen, durch Schlaf dem Hun- drucksten: Wir haben seit drei Tagen nichts präsenten Mangel nicht aufwiegen. des Lächeln voller Zuwendung wartet. Ge- leben, war ich der erste, der darauf achte- gergefühl zu entfliegen, war mir bis dahin gegessen, bitte gebt mir vor allem etwas für Unsere Teens aus der Patenschaft und sehen werden, eine Hand gereicht bekom- te, nicht das Opfer eines Aprilscherzes zu völlig unbekannt. die Kinder. Eine ältere Dame kam, legte der Nachbarschaft sind ja eh recht men, nicht allein sein; all das ist Liebe, die werden. Aber die Kinder und die Kinder- Immer wieder gab es Diskussionen mit sich auf unsere Bank und sagte, sie gehe spindeldürr, doch beim Anblick der oft dem Einzelnen Würde zuspricht. Materi- mütter schafften es trotzdem. der Küche auf den Baustellen und un- nicht heim, bis ihr Magen endlich wieder hochgewachsenen Jungs ist der Begriff elle Hilfe als diakonischer Dienst ist Licht Als ich am Mittwoch, den 1. April, auf serer Zementblockherstellung, weil zu einmal gefüllt sei. mager ehrlicher. Die Lebensmission dient mitten in der Dunkelheit. Es fordert gerade das Gelände kam, wurde ich herzlich viele Nachbarn und andere Personen zur Wenn wir Patenschaftsfamilien besuchten, den Ärmsten der Armen, die bereits im jetzt unsere Mitarbeiter Lenddie, Paule von Gleny, einem Jugendlichen aus dem fragte ich gerne, wie oft das Kind am Tag Normalzustand des Landes Hunger lei- Kettia und Peguensky heraus, präsent zu 4. Kinderhaus begrüßt, der mich infor- esse. Die Antwort war meist ein etwas ver- den. Bei seiner Reise im November nach bleiben, trotz der Infektionsgefahr. mierte, dass seine Kindermutter Schna- ständnisloser Blick, Schulterzucken Gonaives war das erste, das mein Mann Lasst uns geben! Lasst uns bewusst diese ider dringend mit mir sprechen müsse. und ein: „Na, du weißt schon, mir am Telefon berichtete: „Viele haben Saat aussäen! Gerade dann, wenn es auch Obwohl in unserem Land der typische Im Nachhinein bin ich dankbar, dass eben dann, wenn wir etwas Hunger, XY und AB haben sichtlich abge- für uns selbst weniger hat als zuvor. Weil Aprilscherz darin besteht, eine Person auch in solchen Zeiten, wie wir sie gera- haben.“ Der Haitianer wahrt nommen.“ Das war die Information nach wir selbst ebenso Liebestaten bevorzugen grundlos durch die Gegend zu schicken, de erleben, Aprilscherze möglich bleiben stets seine Würde, man gibt zwei Monaten „Peyi lock“ (geschlossene statt leerer Worte in der Not. dachte ich mir in diesem Moment nichts dank des Klimas der Freude und der Soli- nicht gerne zu, zu hungern Straßen, Märkte und Läden durch poli- Möge Gott jedem einzelnen Menschen Schlimmes dabei und ging direkt zu darität untereinander. Dass die schlechten oder seine Kinder nicht tische Aufstände und Banditen), doch persönlich begegnen und sein helles Licht Schnaider. Diese schaute mich ernst an Informationen von draußen über Haiti versorgen zu können. es hielt weitere zwei Monate an. Die Pa- durch unser Handeln in Barmherzigkeit und sagte, dass sie tatsächlich meine Hil- und die Welt unsere Kinder nicht negativ In der Mikro- tenschaft gab mit der Nothilfekasse Ver- leuchten. Im Glauben dürfen wir das Auf- fe bräuchte. Sie habe Probleme mit ihrem beeinflussen, sondern sie sich trotz allem kreditkasse sorgungspakete für unsere bedürftigsten gehen dieser Saat erwarten. Handy. Ihre Kollegin Angeline hatte ihr in einer sicheren und freudigen raten wir Familien raus. helfen wollen, das Handy sei jetzt bei ihr Umgebung entwickeln dürfen. 20 21
Darline, wie geht es dir ange- mir. Unser Sozialpädagoge Djshar- gestalten, die uns guttun und ein biss- Wie ergeht es den Kindern an die Vorkehrungen. „Mwen pa pran, Singen und Linien malen gelernt und sichts Covid-19? lens klärte uns Mütter, aber auch die chen helfen, das Fehlen unserer Fami- und den Teens? mwen pa bay“ (ich nehme nichts an können schon die Farbe Rot erkennen. Als die Presse die ersten Corona-Fälle Kinder und Jugendlichen, über Stress- lie und Freunde zu verschmerzen, wie Die Kinder waschen sich vermehrt die und gebe nichts weiter) ist ihr Slogan. Die Sauberkeitserziehung klappt sehr in Haiti bekannt gab, war ich enorm symptome auf und leitete uns an, ei- zum Beispiel Filmabende. Hände. Sie wissen, dass sie sich anders Sogar unsere Freigeister gehen nur für gut, auch im Kindergarten haben sie gestresst. Nachts konnte ich nicht schla- nen guten Umgang damit einzuüben. Gestern war ich für einen ganzen Mo- verhalten müssen, auch wenn sie die absolut notwendige Einkäufe hinaus ihrer Betreuerin zum Schluss gesagt, fen. Ich verbrachte viel Zeit mit Recher- Die sportlichen Aktivitäten tun uns nat einkaufen anstelle der sonst übli- Folgen nicht ganz erfassen können. Es auf die Straße. Hier im Hof sitzen sie wenn sie zur Toilette mussten. Sie sind chen im Internet und Sorgen über- allen gut, und die Kinder helfen, auf chen wöchentlichen fällt ihnen schwer, geliebten Mitarbei- vertrauensvoll beieinander und sind total stolz, wenn sie alleine Zähne put- mannten mich. Tagsüber bemühte andere Gedanken zu kommen. Ich Marktgänge. tern von außen wie Frantz nicht mehr sich dessen bewusst, dass dies au- zen dürfen und sich abends die Füße ich mich, vor den Kindern stark zu fühle mich sicher hier im Kinderdorf, entgegenzurennen und in die Arme ßerhalb mit Nachbarn nicht der Fall waschen, auch wenn ich nochmal den sein, um ihnen meine Angst nicht zu aber die Kontaktsperre zu meiner zu springen, sondern Distanz wäre. Glaube und Gott ist ein zentrales letzten Schliff gebe. Mit Rosemilove zeigen. Marie-Mène, unsere Kinder- Familie ist schwer. Wir fünf Kin- zu wahren. Thema. und Abigael haben sie enge Freunde dorfleiterin, begriff schnell, dermütter möchten in dieser Die Teens begreifen viel im Kinderdorf gefunden. was mit mir los war, brach- Zeit gerne gemeinsame Abende mehr und halten sich Wie haben sich die Zwillin- te mir Arzneitee gegen den ge Marc-Kervens und Marc- Schock und sprach mit Kensley eingelebt? Sie bringen mich oft zum Lachen mit ihrer süßen Kindersprache. Im Kindergarten haben sie INTERVIEW MIT DARLINE 22 Kindermutter vom 1. Haus mit 6 Jungs 23 Von Martina Wittmer
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