Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
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Herausgeber BUND-Regionalverband Westharz in Verbindung mit: Petersilienstr. 23 38640 Goslar – FEMO e.V., Königslutter Tel. 0 53 21 / 4 69 60 75 www.bund-westharz.de – UNESCO Global Geopark bund.westharz@bund.net Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen Autoren Titelfoto links: Herbstlicher Buchenwald im Dr. Friedhart Knolle südlichen Salzgitterschen Höhenzug, (Redaktion) Foto: Verlag Schadach Dr. Martin Bollmeier Titelfoto rechts: Schloss Liebenburg, Anke Kätzel die Geopark-Landmarke des Gebiets Foto: Verlag Schadach Karl-Friedrich Weber Für Hinweise und Mitarbeit danken wir: Ulrich Ahrens, Liebenburg; Dr. Kath- rin Baumann, Bad Harzburg; Stefan Dützer, Salzgitter; Knut Haverkamp, Lie- benburg; Mathias Kumitz, Goslar; Dr. Lothar Klappauf; Landkreis Goslar, Unte- re Naturschutzbehörde und Rainer Schlicht; Dr. Rainer Müller, TU Clausthal; Michael Ohse, Goslar; Marco Rehberg, Liebenburg; Eberhard Riech, Langelsheim; Sabine Seifarth, Goslar; Dr. Uwe Steinkamm, Goslar; Verlag Schadach, Volker Schadach und Regine Schadach, Goslar (Fotos); Siegfried Wielert, Goslar; Wiebke Warmbold, Braunschweig; Design Office, Silke Duda-Koch, Bad Harzburg; Dr. Hart- mut Knappe, Wernigerode; Hubert Spaniol, Liebenburg; Walter Wimmer, Salzgitter; Dr. Henning Zellmer, Königslutter. 3. verbesserte Digitalauflage, Goslar 2021 Gesamtherstellung Andreas Bremer Mediengestaltung und Druckservice Osterode am Harz andreas.bremer@vodafone.de
Herbstlicher Buchenwald im südlichen Salzgitterschen Höhenzug, Foto Verlag Schadach Willkommen im Landschaftsschutz- und FFH-Gebiet Salzgitterscher Höhenzug (Goslar) Der südliche Teil des Salzgitter- Zudem sind die oxidischen Eisen- schen Höhenzugs befindet sich erze, auch die des Salzgitterschen am Nordrand des Landkreises Höhenzugs, immer wieder Geo- Goslar und grenzt an das Gebiet top-Thema des UNESCO Global der Stadt Salzgitter, in dem sich Geoparks Harz . Braunschweiger die Fortsetzung dieses Waldrü- Land . Ostfalen. ckens befindet. Er ist sowohl aus Vor diesem Hintergrund hat der Sicht des Naturschutzes als auch BUND in den vergangenen Jahren der Geologie und der Landeskun- mit Fördermitteln eine Bestands- de eine Besonderheit und sehr aufnahme im Gebiet durchgeführt schutzwürdig. Sogar die Europä- und mehrere Natur-Erlebnispfade ische Union hat ihn größtenteils geschaffen, die insbesondere in ihr Schutzgebietssystem Natu auch für Kinder, Jugendliche und ra 2000 aufgenommen – ein Ge Familien geeignet und teilweise biet, das sozusagen die diploma- sogar barrierefrei sind. Dazu fin- tische Naturschutz-Anerkennung den Sie spezielle Tipps im Text. von Brüssel bekommen hat. Darüber hinaus entstand vorlie- Es gibt derzeit praktisch keinerlei gende Informationsbroschüre, um populäre und öffentlich verfügba- die Besonderheiten von Natur, re Darstellung oder Broschüre, in Landschaft und UNESCO Global der sich Besucher und Anwohner Geopark Harz . Braunschweiger über den gesamten südlichen Salz- Land . Ostfalen für dieses Gebiet gitterschen Höhenzug informie- darzustellen. Das Projekt wird ab- ren können. Die Folge ist ein Wis- gerundet durch sechs Informa- sensdefizit vieler Bürger über die tionstafeln, die ebenfalls den ge- Schutzwürdigkeit des Gebiets. nannten Kriterien genügen. 3
Der südliche Salzgittersche Hö- Inhalt henzug benötigt unseren Schutz – 1 Die Natur des südlichen Salzgitterschen Höhenzugs 5 aber man wird nur schützen, was 1.1 FFH- und Landschaftsschutzgebiet 5 man kennt. Möge diese Broschüre 1.2 Weidenutzung und Kalk- dazu beitragen, das Wissen um die Halbtrockenrasen 6 Schutzwürdigkeit des Gebiets zu 1.3 Mittelwaldnutzung 8 mehren. 1.4 Pflanzen- und Tierwelt 10 Für die Förderung danken wir der 2. UNESCO Global Geopark Harz . Niedersächsischen Lottostiftung Braunschweiger Land . Ostfalen 24 und „Natur erleben in Niedersach- 2.1 Klassische Quadratmeile der Geologie 24 sen“ des Niedersächsischen Minis- 2.2 Zunächst ein Blick in die teriums für Umwelt, Energie und Erdgeschichte – das Erdmittelalter 24 Klimaschutz sowie allen weiteren 2.3 Salztektonik und südlicher genannten und nicht genannten Salzgitterscher Höhenzug 26 Unterstützern ganz herzlich. 3. Geschichte und Geschichten des süd- Wir widmen diese Veröffentli- lichen Salzgitterschen Höhenzugs 33 3.1 Altsteinzeit 33 chung unserem Mitglied Volker 3.2 Mittel- und Jungsteinzeit 33 Schadach. Er gründete 1983 die 3.3 Bronzezeit 33 Arbeitsgruppe Biotop- und Ar- 3.4 Eisenzeit 34 tenschutz im BUND Goslar und 3.5 Römische Kaiserzeit 34 1987 den Verein „Natur- und 3.6 Mittelalter 35 Umwelthilfe Goslar e.V.“ Wir 3.7 Neuzeit 36 kennen niemanden, der in den 4. Geo-Routen, Erlebnispunkte und Erlebnispfade 39 letzten Jahrzehnten eine so er- Route 1: Ein Profil durch den Höhenzug – folgreiche Naturschutzarbeit im der Aufschluss im Flöteberg 39 Bereich des südlichen Salzgitter- Route 2: Geologische und biologische schen Höhenzugs geleistet hat Vielfalt: Flöteberg, Galgenberg, wie Volker Schadach und seine Grevelberg und Gipskuhle Othfresen 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Route 3: Kunigunde – Eisenhütte und Pul- ter. Ad multos annos! verfabrik an der Innerste 50 Route 4: Die Innerstemulde 52 Route 5: Mittelwald bei Dörnten und Dr. Friedhart Knolle Tagebau Grube Barley 54 1. Vorsitzender Route 6: Bergbaurelikte – die Gruben Georg-Friedrich bei Dörnten und BUND-Regionalverband Westharz Fortuna bei Groß Döhren 59 Route 7: Schroederstollen bei Groß Döhren – 2005 wieder geöffnet 64 Route 8: Die Eisenerzgrube Morgenstern – ein Umweltskandal 67 5. Wie verhalte ich mich im FFH- und Landschaftsschutzgebiet? 72 6. Helfen Sie uns helfen! 73 7. Wollen Sie mehr wissen? 73 Quellen und Literatur 74 4
Der Salzgittersche Höhenzug im Landkreis Goslar ist Landschaftsschutzgebiet, Fotos Verlag Schadach 1 Die Natur des südlichen Die FFH-Richtlinie Salzgitterschen Höhenzugs Der südliche Salzgittersche Höhen- Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, zug wird umgrenzt von den Stadttei- kurz FFH-Richtlinie oder Habitat- len und Ortschaften – aufgezählt im richtlinie, ist eine Naturschutz- Uhrzeigersinn – Liebenburg, Groß Richtline der Europäischen Union, und Klein Döhren, Weddingen, Im- die 1992 einstimmig beschlossen menrode, Hahndorf, Dörnten, Heiß- wurde. Sie dient gemeinsam mit der um und Othfresen. Innerhalb des Vogelschutzrichtlinie im Wesentli- Höhenzugs befindet sich als größe- chen der Umsetzung der Berner Kon- re Siedlung nur Heimerode. vention, d.h. dem Erhalt der wild- lebenden Tiere und Pflanzen sowie 1.1 FFH- und Landschafts- ihrer Lebensräume. Dazu wird ein schutzgebiet zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten entwickelt, das Die Lebensräume des Salzgitter- „Natura 2000“ genannt wird. Der schen Höhenzugs sind von erheb- Begriff FFH leitet sich ab von „Fau- licher über regionaler Bedeutung – na“ (Tiere), „Flora“ (Pflanzen) und daher wurde hier ein FFH-Gebiet aus- „Habitat“ (Lebensraum). gewiesen. Das FFH-Gebiet „Salzgitterscher Hö- henzug (Südteil)“ (FFH Niedersachsen malige Mittel- und Niederwälder. 122, EU-Meldenummer 3928/301) ist Eine botanische Besonderheit sind ein bewaldeter Höhenzug mit Kalk- die hier vorkommenden Kalk-Pionier- rücken und zahlreichen Tälern. Hier und Trockenrasen. Das Gebiet enthält stocken großflächig Labkraut-Eichen- den Lebensraumtyp 6210 (Naturnahe Hainbuchenwälder sowie Waldmeister- Kalk-Trockenrasen und deren Ver- Buchenwälder, z. T. Orchideen- und buschungsstadien) teilweise in priori- Hainsimsen-Buchenwälder sowie ehe- tärer Ausprägung. 5
Das FFH-Gebiet „Salzgitterscher geologische und daraus resultie- Höhenzug (Südteil)“ ist somit ins- rende geomorphologische Situation gesamt ein großer und wichtiger entlang des Harzvorlandes ergab Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald sich, dass die Kalkrippen des süd- mit örtlich historischer Mittel- und lichen Salzgitterschen Höhenzugs Niederwaldnutzung sowie repräsen- in den früheren Jahrhunderten vom tatives Gebiet für die Waldmeister- Menschen, weil nicht anders nutz- und Orchideen-Buchenwälder des bar, als Weideflächen bewirtschaftet Innerste-Berglandes. wurden. Die regelmäßige Beweidung Der Schutz der FFH-Lebensräume sorgte für einen ständigen Nähr- wird durch das Landschaftsschutz- stoffaustrag, verhinderte die Verbu- gebiet „Salzgitterscher Höhenzug schung und natürliche Bewaldung. (Landkreis Goslar)“ gewährleistet – Besonders genügsame, recht kleine die Verordnung findet sich in www. Pflanzenarten konnten sich ansie- landkreis-goslar.de. Zusätzlich ist deln und überleben. Wegen der ge- eine Reihe von Naturdenkmalen als ringen Wuchshöhe dieser Pflanzen Einzelschöpfungen der Natur ge- sprechen wir von „Rasen“. Fast alle schützt. dieser Rasen befinden sich heute an und auf Bergkuppen wie hier im Salzgitterschen Höhenzug. Bei allen 1.2 Weidenutzung und Flächen handelt es sich um hoch- Kalk-Halbtrockenrasen gradig schützenswerte Kalkvegeta- tionsflächen, die wegen der vorhan- Im Gebiet befinden sich auch die denen Flora und der sich vermehrt von der Natur- und Umwelthilfe ansiedelnden Fauna von hoher bota- Goslar e.V. mit erheblicher Unter- nischer Bedeutung für die gesamte stützung der Umweltlotterie BINGO- Region sind. Dafür spricht ein gro- Lotto, des Landkreises Goslar als un- ßer Bestandteil seltener Pflanzen terer Naturschutzbehörde und der wie Mannsknabenkraut, Bienenrag- Klosterkammer Hannover innerhalb wurz, Mückenhändelwurz, Gefleck- von 30 Jahren großflächig aufge- tes Knabenkraut, Rapunzelblättrige kauften und renaturierten Kalk-Halb- Glockenblume u.v.m., deren Schutz trockenrasen im südlichen Salzgit- (Rote Liste) unbedingt geboten ist. terschen Höhenzug: Hirschberg und Durch die historische Nutzung – Backenberg bei Heißum und Gre- insbesondere die Wanderschäferei velberg, Galgenberg und Flöteberg – wurden viele Pflanzen- und Tier- sowie die Gipskuhle bei Othfresen. arten immer wieder über die einzel- Durch den ergänzenden Zukauf von nen Flächen verteilt. Mit Wegfall die- Ackerflächen und deren aufwendige ser Nutzung droht oft nicht nur die Renaturierung konnte somit hier ein Verbuschung der Flächen, sondern großflächiges Biotopverbundsystem es entfällt auch die Verbreitung der geschaffen werden. Diese Lebens- Arten. Eine wenig mobile Artengrup- räume sind aus landesweiter Sicht pe, die darunter besonders gelitten heute wieder Kleinodien sowohl hin- hat, sind die Schnecken – besonders sichtlich ihrer Biotop- als auch ihrer die Heideschnecken. Hier ist die Si- Geotopqualitäten. Bedingt durch die tuation ganz ähnlich wie im südöst- 6
Blutbuche Kastanie Eichen am Ehrenmal Linde vor der Kirche Linde (Kirchlinde) Friedenseiche Blutbuche Erzbasis-AufschluVV "Fortuna" Buche Eiche an der Kirche Dorflinde (Thielinde) Elsbeere Kastanie Hofesche Naturdenkmale Eichengruppe LandschaftsVchutzgebiet 7
Blick auf das vom Verein Natur- und Umwelthilfe Goslar e.V. gepflegte Gelände bei Liebenburg-Heißum, Foto Verlag Schadach lich gelegenen Harly (WIMMER 2009). historisch interessante Bewirtschaf- Während in früheren Jahrhunder- tungsform erhalten. In den ersten ten mehrere Arten im Gebiet leb- nachchristlichen Jahrhunderten la- ten, ist heute die Gemeine Heide- gen die kleinen Ansiedlungen der schnecke die einzige Art, die noch Menschen inmitten großflächiger regelmäßig auf den Magerrasen Wälder. Es waren jedoch kaum noch im Salzgitterschen Höhenzug vor- Urwälder, sondern vielseitig genutz- kommt. Die Flächen sind fast alle te Wirtschaftswälder. Bereits 5000 v. gesetzlich geschützte Biotope Chr. lebten die Bandkeramiker in ei- (§ 30 Bundesnaturschutzgesetz) ner Wärmezeit, in welcher der Wald und befinden sich im FFH-Gebiet überwiegend aus Eichen und Hasel- 122. Mehr zu diesem Thema siehe nusssträuchern bestand. Mit etwa Kapitel 1.4. sieben Einwohnern je Quadratkilo- meter lebten in dieser Epoche mehr 1.3 Mittelwaldnutzung Menschen bei uns als zu Beginn des Eine alte Form der Waldnutzung, Mittelalters, für das zwei Einwohner der Mittelwald, wird im Niedersäch- je Quadratkilometer angesetzt wer- sischen Forstamt Liebenburg auf den können. Die Massenausbreitung über 200 Hektar Fläche als kultur- der Rotbuche begann erst um 1500 8
Schematische Darstellung der Mittelwaldwirtschaft nach A. SICKERT (2001) aus www.leipziger-auwald.de v. Chr. Die Buche wurde von den Eicheln, Bucheckern, Beeren und Wild- Menschen jedoch zurückgedrängt, obst. Eine regellose Waldnutzung weil der lichte Eichenwald mit Vogel- konnte es jedoch zu keiner Zeit beere, Wildkirsche, Wildbirne, Wild- geben, weil alle Nutzungen gleichzei- apfel, Elsbeere und Linde (Honig) eine tig auf der Gesamtfläche den Wald in bessere Lebensgrundlage bot. kurzer Zeit zerstört hätten. Die Eiche wurde also seit langer Mit zunehmender Beanspruchung Zeit begünstigt. Sie diente nicht der Wälder im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich so überwiegend ein nur als Bau- und Brennholz, son- bäuerlicher Gemeinschaftsbesitz, auf dern vor allem als Mastbaum für dem die Nutzung durch die Dorfge- Schweine. Der griechische Geograph meinschaft geregelt wurde. Als Feuer- Strabon (66 v. Chr. - 24 n. Chr.) holz benötigten die Menschen schwa- schreibt über die Wirtschaftsweise ches Holz, das schnell nachwuchs, der Gallier: „Ihre gewöhnliche Nah- für den Bau ihrer Häuser Bauholz rung ist Milch und allerhand Fleisch, und als Futtergrundlage für das Vieh besonders Schweinefleisch, frisch das Mastholz. So entstanden zwei und eingesalzt. Die Schweine bleiben Etagen im Wald – das gleichaltrige im Winter draußen und zeichnen sich Unterholz, meist aus Stockausschlag durch Höhe, Stärke und Schnelligkeit bestehend, und das ungleichaltri- aus.“ Neben den Hauptnutzungen ge Oberholz. Einen Wald, in dem das Holz, Weide und Mast lieferte dieser Holz vollständig als Stockausschlag lichte Laubwald zahlreiche Neben- genutzt wird, bezeichnen wir als Nie- produkte: Laubheu, Bodenstreu, Grä- derwald. Im Gegensatz hierzu stehen ser und Kräuter, Zeidlerei, Wild-bret, die Hochwälder, in denen die Bäume Lindenbast, Galläpfeltinte, Nüsse, fast ausschließlich aus Samen (die 9
Forstleute bezeichnen das als Kern- Außerdem finden wir noch zahlrei- wuchs), nicht aber aus Stockaus- che andere Baumarten, die in unserer schlag entstehen und aus denen Heimat sonst eher selten sind. Insge- möglichst die alten und dicken Bäu- samt kommen rund 30 verschiedene me genutzt werden. Der Mittelwald Baumarten und über 15 verschiede- nimmt also eine Zwischenform der ne Straucharten im Salzgitterschen Waldnutzung ein. Mehr zu diesem Höhenzug vor. Als Besonderheit ver- Thema siehe Kapitel 4, Route 5. dienen Wildapfel und Wildbirne, aber auch die zahlreichen Elsbeeren eine 1.4 Pflanzen- und Tierwelt Erwähnung. Diese Fülle an Gehölzen führt zu einem besonderen Reich- Im Salzgitterschen Höhenzug domi- tum der weiteren Pflanzenwelt und nieren drei bedeutende Lebensräu- besonders der Tierwelt. Vom Hoch- me für Pflanzen und Tiere: die Wäl- wald besitzt nur das Rotbuchen-Alt- der, die Kalk-Halbtrockenrasen und holz eine große Bedeutung für die die durch den Bergbau entstandenen Natur. Zum Mittelwald siehe Kapitel Biotope. Im Westen des Gebiets ver- 4, Route 5. läuft die Innerste mit ihrer Auenland- Von außerordentlicher Schönheit schaft, die wir hier mit betrachten. und Mannigfaltigkeit ist die Früh- Die Dörfer und vor allem die Äcker jahrsvegetation. Die lichten Wälder haben heute für die Tierwelt nur noch beherbergen Märzenbecher in gro- eine sehr untergeordnete Bedeutung ßer Anzahl, Seidelbast, Leberblüm- (Bollmeier & Steube 1992, Bollmeier et al. chen, Echte und Hohe Schlüssel - 2004). blume, verschiedene Veilchenarten, Waldgelbstern, Busch- und Gelbes Die Wälder Windröschen, Lungenkraut, Hohe Große Flächen des Salzgitterschen Sternmiere, Goldnessel und viele Höhenzugs werden von Wäldern weitere Arten. Im Juni und Juli blü- bedeckt, wobei die Mittelwälder für hen Kleines Wintergrün, Straußblü- die Tierwelt von herausragender Be- tige Wucherblume, Langblättriges deutung sind. Diese Wälder sind im Hasenohr, Türkenbund und Gelber Vergleich zu den Hochwäldern deut- oder Wolfs-Eisenhut sowie verschie- lich lockerer bestanden. Sie sind dene Orchideenarten, von denen dadurch heller und wärmer als z.B. Stattliches Knabenkraut, Vogel- ein Rotbuchenaltholz oder eine Fich- nestwurz, Bleiches Waldvöglein und tenschonung. Stieleiche und Hain- Breitblättrige Sumpfwurz genannt buche machen das Gros des Baum- werden sollen. Die Violette Sumpf- bestandes aus, Rotbuche, Esche, wurz, die nur an wenigen Stellen – Bergahorn und Feldahorn folgen. vor allem in lichten Buchenalthölzern Fichten und andere standortfrem- – vorkommt, ist eine der am spä- de Nadelbäume sind in der Vergan- genheit gelegentlich gepflanzt wor- testen blühenden Arten des Jahres. den. Heute sind diese Bestände zu Mehr als 40 Pflanzenarten der Roten einem großen Teil schwer geschä- Liste kommen allein in den Wäldern digt und werden wohl in wenigen vor und machen diese sehr wertvoll Jahren sämtlich verschwunden sein. und schutzwürdig. 10
Bärlauchblüte im Salzgitterschen Höhenzug, Foto Walter Wimmer In der Vogelwelt sind vor allem die sehen. Der Schwarzmilan hat in den Spechte von Bedeutung, da sie als vergangenen Jahren mehrfach bei Bewohner alter Bäume ihre Brut- Othfresen gebrütet. Weitere charak- höhlen selbst zimmern und so für teristische Vogelarten sind Ringel- die Folgejahre Wohnungen für viele taube, Singdrossel, Amsel, mehrere Tierarten bauen. Neben dem Bunt- Meisenarten, Buchfink, Waldlaub- specht als häufigstem Specht beob- sänger, Zilpzalp, Mönchsgrasmücke, achten wir aber auch den inzwischen Eichelhäher und der Kernbeißer, der sehr seltenen Grauspecht, den Grün- mit seinem wuchtigen Schnabel so- specht und den Kleinspecht. Der Mit- gar Kirschkerne zu knacken vermag. telspecht, der erst in den letzten Jah- In den über- und untertägigen Le- ren mehrfach gesehen wurde, ist ein bensräumen des Gebiets kommen Charaktervogel alter Wälder. Er be- mehrere Fledermausarten vor, wo- vorzugt alte Eichen als Lebensraum. bei die Zwergfledermaus die mit Der Schwarzspecht baut die größten Abstand häufigste ist. Daneben Höhlen – seine Nachmieter sind oft kommen Braunes Langohr, Breitflü- Hohltauben, von denen etwa 10 - 15 gelfledermaus, Fransenfledermaus, Paare im südlichen Salzgitterschen Großer Abendsegler, Große und Klei- Höhenzug brüten. ne Bartfledermaus, Großes Mausohr Von den Greifvögeln kommen Mäu- sowie Rauhaut-, Teich- und Wasser- sebussard, Rotmilan, Habicht und fledermaus vor. Mit Neufunden von Sperber in den Wäldern vor. Auch Arten ist zu rechnen. Weitere Säu- Turm- und Baumfalke brüten im Ge- getiere sind Reh und Wildschwein, biet. Der sehr heimliche Wespenbus- Fuchs, Dachs, Stein- und Baum- sard zählt ebenfalls zu den Brutvö- marder, Eichhörnchen, Feldhase, geln im Salzgitterschen Höhenzug. Igel und verschiedene Mäuse- und Da dieser Zugvogel erst aus dem Spitzmausarten. Eine Besonderheit Winterquartier kommt und mit dem der Eichen-Hainbuchen-Mittelwälder Nestbau beginnt, wenn die Bäume sind die zahlreichen Siebenschlä- bereits belaubt sind, wird er oft über- fer, die bei der Nistkastenkontrolle 11
Türkenbund Bienenragwurz Seidelbast Hainbuche Esche Pflanzen des Salzgitterschen Höhenzugs, Zeichnungen Michael Papenberg 12
Stieleiche Silberweide Salweide Buche Erle 13
im Herbst in fast jedem Kasten ihre dagegen bei weitem noch nicht Spuren hinterlassen haben. Viel sel- so gut erforscht, jedoch kommen tener, jedoch ebenfalls ein Bilch wie sicherlich weit mehr als 100 Arten in der Siebenschläfer, ist die Hasel- den Wäldern vor. Einer der auffälligs- maus, die ebenfalls die warmen ten Nachtfalter ist der Nagelfleck, der Mittelwälder bevorzugt und vor auch tagsüber vor allem im Mai als allem durch ihre charakteristischen orangefarbener Fleck an den Wan- Fraßspuren an Haselnüssen nach- gewiesen werden kann. Außerdem derern vorbeihuscht. Ihn irgend- beherbergen die Wälder des Salzgit- wo sitzen zu sehen, um ihn in aller terschen Höhenzugs auch Wildkat- Ruhe betrachten zu können, ist nicht zen, eines der scheuesten Wildtiere jedem vergönnt. unserer Heimat. In der Heuschreckenfauna finden Fast alle der wenigen Bäche des wir eine stark gefährdete Art, die Gebiets beherbergen den Feuer- wir entlang vieler Waldwege fast salamander. Kleinere Teiche und im gesamten Höhenzug beobach- Tümpel sind Laichplätze von Gras- ten können, die Rote Keulenschre- frosch, Erdkröte, Bergmolch und cke. Sie hat ihren Namen nach den Teichmolch. Blindschleiche und keulenartig verdickten Fühlern, die in Waldeidechse kommen vor allem einem weißen Punkt auslaufen, und an warmen Böschungen, Weg- und Waldrändern vor. einem oft rötlich überlaufenen Hin- terleib. Sie gehört wie der Gemeine Außerordentlich artenreich ist die Grashüpfer und der Nachtigall-Gras- Schmetterlingswelt des Gebiets, hüpfer zu den Kurzfühler-Heuschre- wobei bisher nur die Tagfalter cken. Während bei dieser Gruppe umfassend bearbeitet wurden. Mehr die Fühler nur etwa halb so lang wie als 30 verschiedene Arten kommen der gesamte Körper sind, überragen allein in den Wäldern vor. Neben den Allerweltsarten wie Kleiner die Fühler der Langfühler-Heuschre- Fuchs, Tag pfauenauge, Zitronen- cken den Körper oft deutlich. Zu die- falter, Waldbrettspiel, Aurorafalter ser Gruppe gehören die Gewöhnliche und Kohlweißling finden wir auch Strauchschrecke, das Zwitscher-Heu- Besonderheiten, die sehr selten und pferd und das Große Heupferd. oft stark gefährdet sind, wie etwa Während die Strauchschrecke sich den schon früh im Jahr fliegenden durch kurze Zick-Rufe verrät, sin- Trauermantel. Der orangefarbene gen die beiden Heupferdarten oft Kaisermantel ist darunter wohl die minutenlang ununterbrochen, nicht auffälligste Art. Gerade entlang von selten von mittags bis in die spä- blütenreichen Waldwegen, auf Lich- tungen und an Waldrändern kön- ten Abendstunden hinein. Eine wei- nen wir im Juli und August nicht tere charakteristische Heuschrecke selten mehr als zehn Exemplare ist die Eichenschrecke, die gar nicht dieses großen Tagfalters gleichzei- singt, sondern mit den Füßen auf tig entdecken. Die Nachtfalter sind den Blättern trommelt. Dieser Ins- 14
Waldeidechse im Salzgitterschen Höhenzug, Foto Verlag Schadach trumentallaut ist nur wenige Zenti- tere Besonderheiten sind die Kleine meter weit zu hören. Fässchenschnecke, die im Moos und Durch den kalkreichen Untergrund, in der Laubstreu verborgen lebt, die unterschiedlichen Feuchtigkeits- sowie die Bezahnte Glattschnecke, verhältnisse und die verschiedens- die oft nur punktuell und isoliert an ten Waldstrukturen kommen im Ge- besonders nassen und krautreichen biet zahlreiche Schnecken-Arten vor. Stellen im Wald vorkommt. Schon der Braunschweiger Schne- ckenforscher VICTOR VON KOCH und Artenvielfalt der Kalk- Professor BLASIUS haben im südli- Halbtrockenrasen chen Höhenzug an den Bärenköp- fen in der zweiten Hälfte des 19. Die Kalk-Halbtrockenrasen sind Le- Jahrhunderts verschiedene Arten bensraum für mehr als 20 gefähr- dokumentiert, darunter Ohrförmige dete Pflanzenarten. Die Früchte der Glasschnecke, Zweizähnige Laub- Gewöhnlichen Hundszunge werden schnecke, Riemenschnecke sowie im Fell von Tieren weiterverbreitet. Bauchige und Faltenrandige Schließ- Gelb blühen Sonnenröschen, Echte mundschnecke (v. KOCH 1881,1887). Schlüsselblume, Kleines Habichts- Wo der Wald hinreichend offen ist, kraut und Frühlings-Fingerkraut. kann die Weinbergschnecke, unse- Weitere gefährdete Arten sind Groß- re größte Gehäuseschnecke, überall blütige Braunelle, Wiesen-Salbei, gefunden werden. Auch die Weiß- Stattliches Knabenkraut sowie die mündige und die Schwarzmündige Bienenragwurz, die erst vor mehr als Bänderschnecke sowie die Genabelte 15 Jahren im Gebiet entdeckt wurde. Strauchschnecke sind weit verbreitet Deutscher und Fransenenzian mit und häufig. Weniger auffällig, aber ihren violetten bzw. blauen Blüten an den warmen Wegrändern und beenden die Vegetationsperiode im Säumen durchaus regelmäßig zu fin- September und Oktober. den, ist die Große Laubschnecke. Sie Dieser Lebensraum beherbergt im ist allerdings nirgends häufig. Wei- Vergleich zum Wald viel weniger 15
Bergmolch, Männchen Kammmolch, Weibchen Geburtshelferkröte mit Laich Schwarzstorch Eisvogel Tiere des Salzgitterschen Höhenzugs, Zeichnungen Michael Papenberg 16
Wildkatze Uhu Wanderfalke Großes Mausohr Wasserfledermaus 17
Wirbeltierarten. Spezialisierte Säuge- Bedeutend ist die Tagfalterfauna der tierarten kommen nicht vor, jedoch Kalk-Halbtrockenrasen. Obwohl die- werden die Kalk-Halbtrockenrasen se nur knapp über 20 Hektar groß nachts von Fledermäusen zur Nah- sind, kommen doch fast 30 Arten rungssuche aufgesucht. Hasen und auf ihnen vor. Herauszuheben sind Rehe nutzen das abwechslungsrei- hier die Bläulinge und die Dickkopf- che Nahrungsangebot gern, und der falter. Neben dem recht verbreiteten Fuchs stellt den Mäusen nach. Hauhechel- oder Gemeinen Bläuling Aus der Vogelwelt ist vor allem der finden wir auch noch den Geißklee- Neuntöter hervorzuheben. Dieser Bläuling und gelegentlich sogar den Zugvogel kommt im Mai aus dem Kleinen Sonnenröschen-Bläuling. Winterquartier zurück. Er baut sein Erst seit wenigen Jahren kommt der Nest meist in einen Dornenstrauch, Zwergbläuling vor, jedoch hat sich wo es gut gegen Feinde geschützt diese Art, die an das Vorkommen des ist. Dieser amselgroße Vogel, bei Wundklees gebunden ist, inzwischen dem Männchen und Weibchen un- stark vermehrt und stellt heute wohl terschiedlich gefärbt sind, kann so- den häufigsten Bläuling dar. Unter gar Mäuse fangen, die er zum Teil den Dickkopffaltern beobachten wir auf Dornen aufspießt. Mithilfe dieser neben den häufigen Braunkolbigen „Speisekammer“ kann er eine küh- und Rostfarbigen Dickkopffaltern le Witterungsperiode im Sommer auch Kommafalter und Mattschecki- gut überstehen. Vor allem profitiert ge Braundickkopffalter, zwei Raritä- er aber vom Insektenreichtum der ten unserer Heimat. Weitere typische Kalk-Halbtrockenrasen. Neben den Tagfalterarten sind Schachbrettfal- zahllosen Heuschrecken des Gebiets ter, Kleines Wiesenvögelchen und frisst er auch Käfer und viele andere Ochsenauge. Mit viel Glück lässt sich Insekten sowie Spinnen, Würmer und auch der Schwalbenschwanz entde- zahlreiche andere Kleintiere. Gele- cken, einer der größten und schöns- gentlich erbeutet er auch Blindschlei- ten, aber auch seltensten Tagfalter chen und Waldeidechsen, unsere bei- des Salzgitterschen Höhenzugs. den Reptilienarten, die wir auf den Auffallend sind die zahllosen Heu- Kalk-Halbtrockenrasen, aber auch schrecken, die im Sommer beim auf Waldwegen und Böschungen be- Gang über die Kalk-Halbtrockenrasen obachten können. vor uns aufspringen. Hier kommen Der als gefährdet geltende Feld- vor allem Kurzfühlerschrecken vor. sperling besiedelt gern Baumhöhlen Gemeiner Grashüpfer, Nachtigall- und Nistkästen des Gebiets. Wei- Grashüpfer und Brauner Grashüpfer tere Charakterarten sind Baumpie- sind wohl die häufigsten, jedoch fin- per, Goldammer, Zilpzalp und die den wir auch den Bunten Grashüpfer buschbewohnende Dorngrasmücke. und den Weißrandigen Grashüpfer. Mit viel Glück kann man vor allem Im Bestand gefährdet ist der Heide- abends das minutenlange Sirren des grashüpfer, der nach einem Insekten- Feldschwirls vernehmen, außerdem kundler auch als Panzers Grashüpfer brüten gelegentlich Wendehals und bezeichnet wird. Seine feinen und Schwarzkehlchen im Gebiet. leisen „Ssst“-Laute kann man am bes- 18
Bie B enen nen nrag ra agw ag wu wur urzz (lin nks) k ) un ks nd Schw chwalbenschw hwaanz (r (reec e chts), Foto Ve Verla rlagg Schadac S dac ach h ten hören, wenn man sich im Som- Seite ist im Zuge dieser Eingriffe mer ein paar Minuten auf die Erde eine Bergbaufolgelandschaft mit legt. Von den Langfühlerschrecken neuen Lebensräumen entstanden. ist Roesels Beißschrecke zu nennen, Hier sind insbesondere zwei ver- ebenfalls nach einem Insektenkund- schiedene Biotoptypen zu nennen: ler benannt. Diese Art, die auch an » Kalksteinbrüche, Tagebaue oder Wegrändern nicht selten ist, ruft oft Bruchfelder, auf deren Sohle sich minutenlang ihr monotones Sirren. nicht selten Gewässer gebildet ha- ben Da die Kalk-Halbtrockenrasen reich » Klär- oder Schlammteiche, in de- an Blüten sind, können wir neben nen Wasser für die Erzaufbereitun- den verschiedenen Hummelarten gen geklärt und zur Wiederbenut- auch viele Solitärbienen und andere zung bevorratet wurde. blütenbestäubende Tierarten entde- cken, darunter zahllose Schwebflie- Die Kalksteinbrüche und Tagebaue gen und Käfer aller Farben und Grö- mit ihren oft steil abfallenden Flan- ßen, denen die Hornisse nachstellt ken bilden heute Refugien für Tie- (BOLLMEIER & STEUBE 1992, BOLLMEIER et re, die im Salzgitterschen Höhenzug al. 2001, 2004, NATUR- UND UMWELTHILFE sonst wohl nicht vorkommen wür- GOSLAR 2010b). den. So brütet schon seit vielen Jah- ren der Uhu in einem dieser Gebie- te. Besonders interessant ist aber Durch den Bergbau zerstörte die Tierwelt der neu entstandenen und neu entstandene Biotope Gewässer. Da sie oft von Fischen Die massiven Umwelteingriffe des frei sind, hat sich hier eine über- Bergbaus haben im Salzgitterschen aus reichhaltige Amphibiengemein- Höhenzug große Waldflächen und schaft gebildet, die diese Gewässer zahlreiche Biotope zerstört und Alt- jährlich zur Fortpflanzung nutzt. lasten hinterlassen. Auf der anderen Der Grasfrosch legt seine Laichbal- 19
len gern in Gemeinschaft ab, wo- das Männchen ins Gewässer, wo sich bei wir nicht selten bis zu 100 die- die Kaulquappen aus ihren Eihüllen ser Ballen in einem Gewässer finden befreien. Leider werden die Geburts- können. Die Erdkröte hingegen legt helferkröten in den letzten Jahren ihren Laich in langen Schnüren ab, immer seltener, weil sie auf Löcher die sie um Wasserpflanzen, Wurzeln unter Steinen oder Wurzeln auf war- u.a. wickelt. Typisch für diese Ge- men Böschungen als Wohnraum an- wässer sind die Molche als Vertreter gewiesen sind, die immer mehr zu- der Schwanzlurche. Der Bergmolch, wachsen und verschatten, so z.B. im leicht an seinem orangeroten Bauch Tagebau Glockenberg. erkennbar, und der Teichmolch, des- Ganz andersartig ist hingegen die sen Männchen im Wasser einen ho- Tierwelt der Klär- oder Schlammtei- hen Rückenkamm trägt, sind in fast che, die an den Gruben Morgenstern, jedem Gewässer zu beobachten und Fortuna und Ida gebaut wurden. Ihre kommen auch in Gartenteichen re- flachen Ufer haben große Schilfflä- gelmäßig vor. Wesentlich seltener, chen entstehen lassen, die beson- aber in mehreren Gewässern nach- ders für die Vogelwelt von Bedeutung gewiesen, ist der Kammmolch. Die- sind. Im Frühjahr und Herbst kom- se Art wird mit knapp 20 cm Länge men Stare, Bachstelzen und Schwal- fast doppelt so lang wie Berg- und ben oft zu Hunderten oder gar Tau- Teichmolch und ist schon aufgrund senden zum Übernachten ins Schilf. ihrer Größe unverwechselbar. Das Diese Vogelmasse lockt natürlich Männchen trägt im Wasser einen Beutegreifer wie Habicht, Sperber hohen, an der Schwanzwurzel un- oder auch den sehr seltenen Baum- terbrochenen Kamm und wird des- falken an, die dann auf Jagd gehen. halb im Volksmund auch als „Was- Im Schilf brüten Rohrammer und serdrache“ bezeichnet. Die Art gilt Teichrohrsänger, dazu viele Wasser- in Niedersachsen als stark gefähr- vogelarten, von denen Stockente, det, kommt im Salzgitterschen Hö- Blässhuhn und Teichhuhn die häu- henzug aber noch in mehreren figsten sind. Jedoch vermehren sich Gewässern vor. Eine weitere Beson- hier gelegentlich auch Graureiher derheit dieser Tagebaugewässer ist und Tafelente, außerdem kommen die Geburtshelferkröte, die nur etwa Haubentaucher und der nur faust- daumengroß wird. Ihr Ruf kann als große Zwergtaucher regelmäßig vor. kurzes „ü“ bezeichnet werden, wo- In den letzten Jahren haben sich bei sie bei Annäherung meist ver- auch Graugänse angesiedelt. Weite- stummt. Dieser feine, glockenähnli- re Besonderheiten der Schilfgürtel che Ruf hat ihr im Volksmund auch sind die Wasserralle und die Rohr- den Namen „Glockenfrosch“ einge- weihe. Während sich die gefährde- tragen. Einmalig in unserer Amphi- te Wasserralle mit ihrem schlanken bienwelt ist es, dass das Männchen Körper gut zwischen den Schilf- die vom Weibchen ausgeschiedenen halmen hindurchzwängen kann Laichschnüre aufnimmt, befruch- und sich in der Regel nur durch ihr tet und sich anschließend um die schweineartiges Quieken verrät, ist Hinterbeine wickelt. Kurz vor dem die Rohrweihe häufig und regelmä- Schlüpfen der Kaulquappen wandert ßig am Himmel zu beobachten. Die- 20
Artenvielfalt auf den vom Verein Natur- und Umwelthilfe Goslar e.V. renaturierten Flächen, Foto Verlag Schadach ser knapp bussardgroße Greifvogel als Froschkonzert an lauen Som- ist ein Zugvogel. Er kommt Anfang merabenden bis zu einem Kilometer April aus Afrika zurück. Männchen weit hören. Als typische Tierfamilie, und Weibchen sind unterschied- die sich regelmäßig an Gewässern lich gefärbt und haben im Vergleich aufhält, wollen wir mit den Libellen zum Mäusebussard deutlich schma- unseren kurzen Exkurs in die Tier- lere Flügel. In der Balzzeit lassen welt beenden. Mehr als 20 Libellen- sich die Flugspiele der Rohrweihe arten haben wir bisher an den Klär- über allen Klärteichen beobachten. teichen nachgewiesen. Unter diesen Hier baut sie auch auf umgeknick- sind neben häufigen Arten wie Huf- ten Schilfhalmen über dem Wasser eisen- und Becher-Azurjungfer, Frü- ihr Nest. Der Vogel schaukelt auf her Adonislibelle, Vierfleck und seinem Suchflug über Schilf und Ge- Plattbauch, Blaugrüner und Herbst- treidefeldern meist nur in wenigen Mosaikjungfer sowie verschiedenen Metern Höhe – eine Jagdweise, die Heidelibellenarten auch seltene Li- kein anderer unserer Greifvögel im bellen wie der Schilfjäger und die Salzgitterschen Höhenzug zeigt. Winterlibelle, die schon früh im Jahr Neben Kamm-, Berg- und Teich- im Mai beobachtet werden können. molch, Erdkröte und Grasfrosch Als Pflanzenart verdient das Ge- kommt in den Klärteichen auch der fleckte Knabenkraut eine besondere Teichfrosch vor, oft zu Hunderten. Erwähnung, da es auf den Sandflä- Sein typisches Quaken lässt sich chen der Klärteiche in größeren Be- 21
ständen vorkommt. Leider wachsen und Jerstedt gibt. Dafür ist der Arten- diese Flächen aber mit Rot-Erlen zu. reichtum hier bei optimalen Bedin- Die Klärteiche neigen – wie viele gungen außergewöhnlich. Brachäcker andere Gewässer auch – in nieder- bei Jerstedt beherbergten bis zu 20 schlagsarmen Jahreszeiten zum Aus- Rote Liste-Pflanzenarten, darunter trocknen, weil ihnen aufgrund der Sommer-Adonisröschen, Kornblume, technischen Anlage ein natürlicher Acker-Rittersporn und Kleinblütiger Zulauf weitgehend fehlt und nach Frauenspiegel. Bei Othfresen kamen Schließung der Gruben und Aufbe- Acker-Haftdolde und Acker-Stein- reitungen auch der künstliche Zulauf same dazu, bei Immenrode Venus versiegte. Dieses Phänomen wird kamm und Sand-Mohn. Heute sind beim Morgenstern-Teich beobachtet die meisten Äcker des Gebiets wegen und auch öffentlich diskutiert. Es wird Unwirtschaftlichkeit aufgegeben und schwierig sein, diesem Trend ent- verbrachen oder werden mit Mais für gegenzuwirken. Der Fortuna-Teich die Biogasanlagen bestellt. östlich von Heißum ist bereits völlig verlandet. Beide Fälle sind allerdings Die Innersteaue nicht vergleichbar, denn der Morgen- Die Innerste führte einst im Früh- stern-Teich hat ein größeres natür- jahr nach der Schneeschmelze im liches Einzugsgebiet und damit die Harz oft erhebliche Mengen an Kies bessere Überlebenschance als offene und Steinen mit, darunter auch gro- Wasserfläche. ße Pochsandmengen und schwerme- tallhaltige Trübstoffe von den Halden Äcker und Wiesen bei Clausthal-Zellerfeld, Wildemann Artenarm sind die meisten Äcker und Lautenthal. Seit der Inbetrieb- und Wiesen des Gebiets. Intensiv nahme der Innerstetalsperre im Jahr gedüngt und mehrmals jährlich 1966 sind Hochwässer eine Selten- gegen verschiedenste „Schadorganis- heit geworden. Die Pochsande sind men“ gespritzt, kommen Ackerwild- für viele Pflanzenarten so giftig, dass kräuter und Insekten hier nur noch selten vor. Das Rebhuhn, früher ein diese dort nicht wachsen können. häufiger Bewohner der Feldmark, zu Nur wenige Arten sind schwerme- hören oder gar zu sehen ist ein großer tallverträglich und können dann die Glücksfall. Der Kiebitz ist aus dieser als Schwermetallrasen bezeichneten Agrarlandschaft verschwunden, auch Bereiche oft zu Tausenden besiedeln. Hase und Feldlerche sind heute sehr Hierzu gehören vor allem die rot selten. Nur auf Grenzertragsböden blühende Hallersche Grasnelke – im können wir noch seltene und gefähr- Volksmund auch als Innersteblume dete Ackerwildkräuter beobachten, bezeichnet – und die weiß blühende hier aber oft in großer Anzahl. Prä- Frühlingsmiere (Knolle et al. 2011). destiniert sind Ackerränder auf flach- gründigen Kalkböden, von denen es Da die Innerste ihren Lauf an den aber nur noch ganz wenige Bereiche meisten Stellen noch von Menschen- bei Othfresen, Heißum, Immenrode hand unberührt wählen darf, bilden 22
Aspekt des Morgenstern-Teichs, ehemals Klärteich der Grube Morgenstern, Foto Verlag Schadach sich immer wieder steile Uferabbrü- Zweigestreifte Quelljungfer, Gebän- che und Kolke. In die Steilufer baut derte und Blauflügel-Prachtlibelle. der Eisvogel seine Brutröhre, in den Die kurzrasige Schwermetallvege- Kolken und im Fluss lebt die Elritze, tation beherbergt auch zahlreiche ein kleiner Charakterfisch der In- Heuschreckenarten. Als Charakter- nerste, den der Eisvogel bejagt. Die art der Innersteaue sei die Gefleckte Insektenwelt ist artenreich – neben Keulenschrecke genannt, deren mehreren gefährdeten Tagfalter- Männchen leicht an den abgewinkel- arten beobachten wir an Flüssen, ten Fühlerspitzen zu erkennen sind Altwassern und Kiesteichen etwa (NATUR- UND UMWELTHILFE GOSLAR 2010a). 20 verschiedene Libellenarten, da- Eine Besonderheit in der Innersteaue runter neben Allerweltsarten wie ist auch das häufige Vorkommen un- Becher- und Hufeisen-Azurjungfer, serer größten Heuschrecke, des War- Früher Adonislibelle, Plattbauch, zenbeißers (BOLLMEIER & STEUBE 1992, Vierfleck, Blutroter Heidelibelle, BOLLMEIER et al. 2001, 2004, NATUR- Königslibelle und Blaugrüner Mo- UND UMWELTHILFE GOSLAR 2010b). saikjungfer auch Seltenheiten wie 23
2. U NESCO Global Geopark Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen 2.1 Klassische Quadratmeile der Geologie Der Harz mit dem nordwestlichen Internet suchen, gehen Sie auf die Vorland, wo der Harz in das Braun- Seite www.geopark-harz.de – von schweiger Land übergeht, wird seit dort erreichen Sie die GeoPark-Be- Alexander von Humboldt „Die Klassi- reiche Braunschweiger Land sowie sche Quadratmeile der Geologie“ ge- Harz und können sich auch die Har- nannt (KNOLLE 2010). Die Abfolge der zer Geopark-Landmarken-Faltblätter Gesteine vom Erdaltertum bis zu den kostenlos herunterladen. Eiszeiten ist lückenlos auf engstem Die für unser Gebiet einschlägige Raum aufgeschlossen – einzigartig Landmarke ist die Nr. 18 (Schloss Lie- in Mitteleuropa. Diese Tatsache ist benburg), siehe GEOPARK HARZ . BRAUN- der wesentliche Grund dafür, dass SCHWEIGER L AND . OSTFALEN (2010). In das nördliche Harzvorland und da- diesem Faltblatt sind einige der nach- mit auch der südliche Salzgittersche folgend beschriebenen Lokalitäten in Höhenzug Teil des 2002 gegründe- kurzer Form aufgeführt. ten Geoparks Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen sind. 2.2 Zunächst ein Blick in die Erd- Der Geopark gibt einen Überblick geschichte – das Erdmittelalter über die wechselhafte regionale Der südliche Salzgittersche Hö- Erdgeschichte der vergangenen 500 henzug besteht aus Gesteinen des Mio. Jahre. Der Begriff kennzeichnet geologischen Erdmittelalters (Meso- kein Schutzgebiet, sondern er ist zoikum). Versuchen wir, ein wenig ein Prädikat wie z.B. das UNESCO- Ordnung in das Erdmittelalter zu Weltkulturerbe der Städte Goslar bringen. Es wird in die drei geolo- und Quedlinburg. In einem GeoPark gischen Formationen Trias, Jura und können Geotope, d.h. Erscheinun- Kreide gegliedert. gen von besonderer geologischer Bedeutung, Seltenheit oder Schön- heit, besucht und nachhaltig erlebt Trias werden. Auch bietet der Geopark In- In der Trias bildeten die Landmas- formationen zu Pflanzen- und Tier- sen der Erde den riesigen zusam- welt, Geschichte, Kunst, Kultur und menhängenden Kontinent Pangäa, Tourismus. Seine 3.000 Jahre alte bestehend aus Laurasia (Nordame- Bergbaugeschichte ist heute in 13 rika, Eurasien) und Gondwana (Süd- Besucherbergwerken zu erleben. amerika, Afrika, Antarktika, Indien, Fünf Schauhöhlen kommen noch China und Australien). Das Klima hinzu. Geopark-Informationszentren war weltweit überwiegend wüsten- befinden sich in Goslar, Königslut- haft und trocken (arid). Aber bereits ter, Salzgitter-Salder und an der Ein- in dieser Zeit brach Pangäa ausein- hornhöhle – ein Besuch lohnt sich ander. Die Erde stand vor dem Be- immer. Wenn Sie den Geopark im ginn einer unruhigen Zeit. 24
An der Innerste, Kalkgesteine prägen große Teile des südlichen Foto Walter Wimmer Salzgitterschen Höhenzugs, Foto Verlag Schadach Jura gelchen sanken schließlich zu Boden In den Ozeanen trat aktiver Spalten- und wurden durch Kalk oder Ton vulkanismus auf. Der Meeresspie- zu festem Eisen-Oolith verkittet. So gel hob sich, große Meeresvorstöße wurden die ältesten norddeutschen führten bei uns in Mitteleuropa zu Jura-Eisenerzlagerstätten gebildet, einer Verbindung des Nordmeeres die z.B. in den Gruben Friederike bei mit dem weltumspannenden Mee- Bad Harzburg, Ernst-August bei Rot- resgürtel des Südmeeres, der Te- torf am Klei und Echte im Landkreis thys. Die Landmassive lagen wie In- Northeim abgebaut wurden. seln in diesem Meer. Sie veränderten Später, im Oberjura (Malm oder Wei- im Laufe der Jurazeit ihre Lage und ßer Jura), kam es insbesondere durch Größe. die Verbindung zum kalkreichen Im Unterjura (Lias oder Schwarzer Tethys-Südmeer überwiegend zur Jura) kam es in über 200 m tiefen Ablagerung von Karbonaten. Aber Meeresbecken zur Ablagerung von es wurden auch weitere Eisenerze dunklen Sedimenten, die z.B. als Po- gebildet, so z.B. die Korallenoolith- sidonienschiefer mit Gehalten von Erze der Lagerstätten, die in den über 10 % organischem Kohlenstoff Gruben Hansa bei Bad Harzburg zum wichtigsten Erdölmuttergestein und Konrad in Salzgitter abgebaut Mitteleuropas wurden (Ölschiefer wurden. bei Schandelah). Durch die Verwitte- Zu weiteren Details der Erzentste- rung festländischer Gesteine wurde hung im Jura siehe Kapitel 2.3. über die Flüsse Eisen in den Flachwas- serbereich um kleinere Festlands- Kreide partien transportiert. Dabei legten sich eisenhaltige Mineralschichten In der folgenden Kreide, populär um winzige Kerne aus Quarz oder auch „Kreidezeit“ genannt, waren Kalkschalenteilchen. Diese Eisenkü- weite Gebiete Europas von Meer 25
bedeckt. Die „Süderde“ Gondwana Motor dieser Dynamik? Dazu müs- brach endgültig auseinander. Quer sen wir tiefer zurück in die Erdge- durch Mitteldeutschland kam es in schichte gehen, in das Erdaltertum. der Unterkreide zunächst zu einer Dort spielen Salzgesteine für unse- Landhebung im Bereich des mittel- re Betrachtung eine wichtige Rolle deutschen Festlands und der Böhmi- – ohne deren Verhalten können wir schen Masse. Die Nordküste dieses diese Fragen nicht beantworten. Landes verlief etwa in unserem Raum. Sie war der buchtige, von 2.3 Salztektonik und südlicher Inseln und Untiefen durchsetzte Salzgitterscher Höhenzug Rand der sogenannten Hildeshei- Der Höhenzug ist in der Kreidezeit mer Halbinsel. Im Norden entstan- durch den Aufstieg von Zechstein- den durch Landabsenkungen mehre- Salzen entstanden, welche die jün- re kleine Becken. Wo im küstenna- geren Deckschichten des Mesozoi- hen Bereich eisenhaltige Gesteine kums sattelartig aufgewölbt haben. aus dem Jura anstanden, wurden Die Entstehung der Salzstöcke geht sie nun erodiert und im beweg- auf die Zeit vor 250 Millionen Jah- ten Flachwasser zertrümmert. So ren zurück, als während einer aus- bildeten sich in den von den Geolo- gedehnten Periode warmen Klimas gen als Hauterive, Barreme und riesige Mengen von Salzmineralien Alb bezeichneten Stufen der Unter- durch Eindunstung von Meerwasser Unterkreide die sogenannten Trüm- abgeschieden wurden. Dabei ent- mer-Eisenerze im Raum Salzgitter stand die Gesteinsformation des und in unserem Gebiet des süd- Zechsteins mit einer charakteristi- lichen Salzgitterschen Höhenzugs. schen Schichtenfolge von Gipsen, Später, während der Oberkreide- Salzen und anderen Gesteinen. Im zeit, wiederholte sich der Vorgang weiteren Verlauf der Erdgeschich- im Santon. Nun wurden allerdings te wurden diese Formationen von die Unterkreideablagerungen erneut Ablagerungen der Trias, des Jura, aufgearbeitet. So entstanden die der Kreidezeit und weiter in der Erd- marinen Erzlagerstätten von Barbe- neuzeit von Schichten des Tertiärs cke-Lengede-Broistedt, Bülten-Aden- und Quartärs überlagert, wie oben stedt und Peine. dargestellt. Unter der Last dieser Diese Eisenerze des Jura und der Schichten begannen sich die Salz- Kreidezeit waren im 19. und bis massen plastisch zu verformen und Mitte des 20. Jh. die Grundlage für örtlich aufzusteigen, zuerst in Form die bis heute existierende Stahlin- flacher Kissen, dann als Salzstöcke dustrie des Großraums Salzgitter. und gelegentlich sogar in ausge- dehnten Salzmauern – diese geolo- Zu weiteren Details der Erzentste- gischen Formen werden auch „Dia- hung in der Kreidezeit s. Kapitel 2.3. pire“ genannt. Der Salzgittersche Doch wodurch wurden nun die Höhenzug befindet sich über einem Hebungen und Senkungen der solchen Salzstock und ist eine der Schichtpakte des Salzgitterschen markanten Salzstrukturen in Süd- Höhenzugs ausgelöst? Was war der ostniedersachsen. 26
Übersichtskarte des Geoparks Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen 27
Betrachten wir daher die Erdge- steil aufgerichtet. Die Innerstemul- schichte und ihren Ablauf noch- de bildet den nordwestlichen Ab- mals, nunmehr mit dem Wissen schluss der Subherzynen Kreide- um die Salztektonik. mulde. Gegen Ende der Kreidezeit Der Salzaufstieg erreichte im Fall bewirkte ein erneuter Salzaufstieg des Salzgitterschen Höhenzugs in die Formung des heutigen Salzgit- der frühen Kreidezeit einen ersten terschen Sattels. Höhepunkt. Dabei bildete sich ein Dort, wo das Salz die Erdober- Hochgebiet, in dem die jüngsten fläche erreichte, wurde es vom Ablagerungen nun der Abtragung Grundwasser aufgelöst (Subrosi- unterworfen wurden, wie oben on). Zurückgeblieben sind soge- schon angesprochen. Als bei die- nannte Residualgesteine aus Gips, ser Abtragung die tonigen Schich- die den für Salzstöcke charakteris- ten aus dem Unteren (Lias) und tischen Gipshut (cap rock) bilden. Mittleren Jura (Dogger) erodiert Durch diese Gipse, die das Salz wurden, reicherten sich die darin überlagern, wird die weitere Auf- häufig vorkommenden karbonati- lösung des Salzdiapirs weitgehend schen Toneisenstein-Knollen (Kon- gehemmt. Durch den Gipsabbau kretionen) an der Erdoberfläche an bei Othfresen wurden die Gipse und wurden unter Einfluss des da- und ihre besonderen Lagerungs- maligen warmen Klimas in Limonit- verhältnisse sichtbar und bieten Knollen umgewandelt. In der spä- somit in der Gipskuhle Othfresen teren Unterkreide (Neokom) rückte nicht nur Geologen einen anschau- nun das Meer wieder allmählich lichen Blick in das Buch der Erdge- von Norden her über das Festland schichte. Aufschlüsse im Gipshut vor und spülte dabei die Limonit- von Diapiren sind in unserer Re- Knollen und -scherben lagenweise gion selten, deshalb sind die zum oder in Senken am Meeresboden Teil noch gut erhaltenen Wände (Erzkolke) zusammen. Die Eisener- des Gipsbruchs bei Othfresen be- ze wurden danach rasch von san- sonders beliebte Studienobjekte dig-tonigen, später kalkigen Mee- für Exkursionen von Geowissen- resablagerungen überdeckt. schaftlern. In der frühen Oberkreide bildeten Aus welchem Erdzeitalter der Gips sich mächtige hellgefärbte Kalk- stammt, ist übrigens noch unklar. stein-Serien, landläufig “Pläner” Hinzu kommt, dass der Gips in der genannt, die heute die hellen Um- jüngeren geologischen Vergangen- randungen des Höhenzugs ausma- heit verkarstete. Es bildeten sich chen. Auf ihnen sind die erwähnten Schlotten und kleine Höhlen. Viele schutzwürdigen Magerrasen- und Hohlräume wurden am Ende der anderen Trockenbiotope angesie- Eiszeit durch Wind und Regenwas- delt. An den Sattelflanken des Salz- ser zum Teil mit Sand und Schluff gitterschen Höhenzugs wurden (Staub) gefüllt. die Schichten durch die Hebung 28
Stratigraphisches Profil des Geoparks Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen 29
l tte Oderw Wartjenstedt -Sa berg ten Gebhardshagen ald-S Sal h LicOelber Flachs k zgi Salzsto Flach- attel Gustedt stöckheim tter Baddeckenstedt töckhe -S Inn c atte Kl. Flöthe ers l imer te- Flö M uld the Salzgitter-Bad e -Mu Ringelheim lde Liebenburg Gr. Döhren Sa Othfresen lzg Beuchte l itt Lutter a. B. tte er a -S r-S Dörnten Har to r att lzs dte ly tte ck el Sa rste Lu Je Immenrode Hahausen Jerstedt Hahndorf Su Har bh zno rdra erc Quartäre Lockersedimente nd yne Langelsheim stö Mu run lde g Oberkreide HA Harlingerode RZ Trias, Jura, Unterkreide Paläozoikum des Harzes 0 1 2 3 4 5 km Goslar Oker Der Salzgittersche Höhenzug in seinem geologischen Umfeld, verändert nach BURMESTER et al. (2006) Schema der Entstehung von Salzstrukturen in Norddeutschland, Grafik Frank Gießelmann 30
2 cm Trümmer-Eisenerz der Unterkreide aus dem Tagebau Glockenberg der Grube Georg-Friedrich, Foto Hartmut Knappe 31
Geologisches Blockbild des Salzgitterschen Höhenzugs, Grafik Heinz Kolbe 32
Schloss Liebenburg, Flankierungsturm. Foto Verlag Schadach 3. Geschichte und Geschichten des südlichen Salzgitterschen Höhenzugs 3.1 Altsteinzeit 3.2 Mittel- und Jungsteinzeit Der älteste Mensch in unserer Regi- In der Mittelsteinzeit (Mesolithikum; on war nach heutigem Wissen vor ca. ca. 10.000 – 6.500 v. Chr.) lebten an 350.000 Jahren der Homo heidelber- den Flüssen des Harznordrandes die gensis. Seine Spuren finden sich z.B. Menschen vom Fischen, Jagen und bei Schöningen in Form der berühm- Sammeln von Pflanzen, Wurzeln so- ten Schöninger Speere. Näheres dazu wie Früchten. erfahren Sie im Geopark-Informati- Mit Beginn der Jungsteinzeit (Neoli onszentrum Königslutter. thikum; ab ca. 6.500 v. Chr.) begann Vor ca. 200.000 Jahren trat der Ne- in Europa die Sesshaftwerdung der andertaler auf die Bühne und jagte Menschen. Die Neolithiker errichte- im Gebiet Auerochsen, Bisons, Höh- ten Siedlungen, zähmten Wildtiere lenbären, Mammuts, Nashörner, und kultivierten Pflanzen. Für unser Pferde, Rentiere, Waldelefanten und Gebiet bedeutete das eine zuneh- vieles mehr. Seine Spuren sind z.B. mende Besiedlung des Nordharzvor- an der Fuhse bei Salzgitter-Leben landes und von Teilen des Harzes. stedt (Kellner-Deppner & Vanis in Krüger 2006), bei Rübeland im Harz und im 3.3 Bronzezeit Südharz nachgewiesen. Vor über 3.000 Jahren – in der Vor ca. 40.000 Jahren kam mit der Bronzezeit, die von 2000 v. Chr. sog. Paläolithischen Revolution der bis 800 v. Chr. andauerte – begann moderne Mensch Homo sapiens, aus der Bergbau im und am Harz, mög- Afrika stammend, über den Nahen licherweise als Folge einer noch frü- Osten in unser Gebiet. heren Nutzung der oberflächennah 33
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