Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade

Die Seite wird erstellt Vera Zahn
 
WEITER LESEN
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Geopfade

Der südliche Salzgittersche Höhenzug

              Acht Geopark-Erlebnispfade
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Herausgeber
  BUND-Regionalverband Westharz in Verbindung mit:
  Petersilienstr. 23
  38640 Goslar                   – FEMO e.V., Königslutter
  Tel. 0 53 21 / 4 69 60 75
  www.bund-westharz.de           – UNESCO Global Geopark
  bund.westharz@bund.net           Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen

Autoren                Titelfoto links:   Herbstlicher Buchenwald im
Dr. Friedhart Knolle                      südlichen Salzgitterschen Höhenzug,
(Redaktion)                               Foto: Verlag Schadach

Dr. Martin Bollmeier   Titelfoto rechts: Schloss Liebenburg,
Anke Kätzel                              die Geopark-Landmarke des Gebiets
                                          Foto: Verlag Schadach
Karl-Friedrich Weber

Für Hinweise und Mitarbeit danken wir: Ulrich Ahrens, Liebenburg; Dr. Kath-
rin Baumann, Bad Harzburg; Stefan Dützer, Salzgitter; Knut Haverkamp, Lie-
benburg; Mathias Kumitz, Goslar; Dr. Lothar Klappauf; Landkreis Goslar, Unte-
re Naturschutzbehörde und Rainer Schlicht; Dr. Rainer Müller, TU Clausthal;
Michael Ohse, Goslar; Marco Rehberg, Liebenburg; Eberhard Riech, Langelsheim;
Sabine Seifarth, Goslar; Dr. Uwe Steinkamm, Goslar; Verlag Schadach, Volker
Schadach und Regine Schadach, Goslar (Fotos); Siegfried Wielert, Goslar; Wiebke
Warmbold, Braunschweig; Design Office, Silke Duda-Koch, Bad Harzburg; Dr. Hart-
mut Knappe, Wernigerode; Hubert Spaniol, Liebenburg; Walter Wimmer, Salzgitter;
Dr. Henning Zellmer, Königslutter.

3. verbesserte Digitalauflage, Goslar 2021

Gesamtherstellung
Andreas Bremer
Mediengestaltung und Druckservice
Osterode am Harz
andreas.bremer@vodafone.de
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Herbstlicher Buchenwald im südlichen Salzgitterschen Höhenzug, Foto Verlag Schadach

Willkommen im Landschaftsschutz- und FFH-Gebiet
Salzgitterscher Höhenzug (Goslar)
 Der südliche Teil des Salzgitter-            Zudem sind die oxidischen Eisen­-
schen Höhenzugs befindet sich                erze, auch die des Salzgitterschen
am Nordrand des Landkreises                  Höhenzugs, immer wieder Geo-
Goslar und grenzt an das Gebiet              top-Thema des UNESCO Global
der Stadt Salzgitter, in dem sich            Geoparks Harz . Braunschweiger
die Fortsetzung dieses Waldrü-               Land . Ostfalen.
ckens befindet. Er ist sowohl aus             Vor diesem Hintergrund hat der
Sicht des Naturschutzes als auch             BUND in den vergangenen Jahren
der Geologie und der Landeskun-              mit Fördermitteln eine Bestands-
de eine Besonderheit und sehr                aufnahme im Gebiet durchgeführt
schutzwürdig. Sogar die Europä-              und mehrere Natur-Erlebnispfade
ische Union hat ihn größtenteils             geschaffen, die insbesondere
in ihr Schutzgebietssystem Natu­             auch für Kinder, Jugendliche und
ra 2000 aufgenommen – ein Ge­                Familien geeignet und teilweise
biet, das sozusagen die diploma-             sogar barrierefrei sind. Dazu fin-
tische Naturschutz-Anerkennung               den Sie spezielle Tipps im Text.
von Brüssel bekommen hat.
                                              Darüber hinaus entstand vorlie-
 Es gibt derzeit praktisch keinerlei         gende Informationsbroschüre, um
populäre und öffentlich verfügba-            die Besonderheiten von Natur,
re Darstellung oder Broschüre, in            Landschaft und UNESCO Global
der sich Besucher und Anwohner               Geopark Harz . Braunschweiger
über den gesamten südlichen Salz-            Land . Ostfalen für dieses Gebiet
gitterschen Höhenzug informie-               darzustellen. Das Projekt wird ab­-
ren können. Die Folge ist ein Wis-           gerundet durch sechs Informa-
sensdefizit vieler Bürger über die           tionstafeln, die ebenfalls den ge-
Schutzwürdigkeit des Gebiets.                nannten Kriterien genügen.

                                                                                      3
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Der südliche Salzgittersche Hö-    Inhalt
    henzug benötigt unseren Schutz –    1     Die Natur des südlichen
                                              Salzgitterschen Höhenzugs           5
    aber man wird nur schützen, was
                                        1.1 FFH- und Landschaftsschutzgebiet      5
    man kennt. Möge diese Broschüre
                                        1.2 Weidenutzung und Kalk-
    dazu beitragen, das Wissen um die       Halbtrockenrasen                      6
    Schutzwürdigkeit des Gebiets zu     1.3 Mittelwaldnutzung                     8
    mehren.                             1.4 Pflanzen- und Tierwelt               10
     Für die Förderung danken wir der   2. UNESCO Global Geopark Harz .
    Niedersächsischen Lottostiftung         Braunschweiger Land . Ostfalen       24
    und „Natur erleben in Niedersach-   2.1 Klassische Quadratmeile
                                            der Geologie                         24
    sen“ des Niedersächsischen Minis-
                                        2.2 Zunächst ein Blick in die
    teriums für Umwelt, Energie und         Erdgeschichte – das Erdmittelalter   24
    Klimaschutz sowie allen weiteren    2.3 Salztektonik und südlicher
    genannten und nicht genannten           Salzgitterscher Höhenzug             26
    Unterstützern ganz herzlich.        3.    Geschichte und Geschichten des süd-
     Wir widmen diese Veröffentli-            lichen Salzgitterschen Höhenzugs 33
                                        3.1   Altsteinzeit                      33
    chung unserem Mitglied Volker
                                        3.2   Mittel- und Jungsteinzeit         33
    Schadach. Er gründete 1983 die      3.3   Bronzezeit                        33
    Arbeitsgruppe Biotop- und Ar-       3.4   Eisenzeit                         34
    tenschutz im BUND Goslar und        3.5   Römische Kaiserzeit               34
    1987 den Verein „Natur- und         3.6   Mittelalter                       35
    Umwelthilfe Goslar e.V.“ Wir        3.7   Neuzeit                           36
    kennen niemanden, der in den        4.    Geo-Routen, Erlebnispunkte und
                                              Erlebnispfade                      39
    letzten Jahrzehnten eine so er-
                                        Route 1: Ein Profil durch den Höhenzug –
    folgreiche Naturschutzarbeit im
                                        der Aufschluss im Flöteberg             39
    Bereich des südlichen Salzgitter-
                                        Route 2: Geologische und biologische
    schen Höhenzugs geleistet hat       Vielfalt: Flöteberg, Galgenberg,
    wie Volker Schadach und seine       Grevelberg und Gipskuhle Othfresen       45
    Mitarbeiterinnen und Mitarbei-      Route 3: Kunigunde – Eisenhütte und Pul-
    ter. Ad multos annos!               verfabrik an der Innerste              50
                                        Route 4: Die Innerstemulde               52
                                        Route 5: Mittelwald bei Dörnten und
    Dr. Friedhart Knolle                Tagebau Grube Barley                     54
    1. Vorsitzender                     Route 6: Bergbaurelikte – die Gruben
                                        Georg-Friedrich bei Dörnten und
    BUND-Regionalverband Westharz       Fortuna bei Groß Döhren                  59
                                        Route 7: Schroederstollen bei
                                        Groß Döhren – 2005 wieder geöffnet       64
                                        Route 8: Die Eisenerzgrube
                                        Morgenstern – ein Umweltskandal          67
                                        5.    Wie verhalte ich mich im FFH-
                                              und Landschaftsschutzgebiet?       72
                                        6.    Helfen Sie uns helfen!             73
                                        7.    Wollen Sie mehr wissen?            73
                                        Quellen und Literatur                    74

4
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Der Salzgittersche Höhenzug im Landkreis Goslar ist Landschaftsschutzgebiet, Fotos Verlag Schadach

1 Die Natur des südlichen
                                                 Die FFH-Richtlinie
Salzgitterschen Höhenzugs
 Der südliche Salzgittersche Höhen-
                                                 Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie,
zug wird umgrenzt von den Stadttei-              kurz FFH-Richtlinie oder Habitat-
len und Ortschaften – aufgezählt im              richtlinie, ist eine Naturschutz-
Uhrzeigersinn – Liebenburg, Groß                 Richtline der Europäischen Union,
und Klein Döhren, Weddingen, Im-                 die 1992 einstimmig beschlossen
menrode, Hahndorf, Dörnten, Heiß-                wurde. Sie dient gemeinsam mit der
um und Othfresen. Innerhalb des                  Vogelschutzrichtlinie im Wesentli-
Höhenzugs befindet sich als größe-               chen der Umsetzung der Berner Kon-
re Siedlung nur Heimerode.                       vention, d.h. dem Erhalt der wild-
                                                 lebenden Tiere und Pflanzen sowie
1.1 FFH- und Landschafts-                        ihrer Lebensräume. Dazu wird ein
schutzgebiet                                     zusammenhängendes Netz von
                                                 Schutzgebieten entwickelt, das
 Die Lebensräume des Salzgitter-                 „Natura 2000“ genannt wird. Der
schen Höhenzugs sind von erheb-                  Begriff FFH leitet sich ab von „Fau-
licher über­
           regionaler Bedeutung –                na“ (Tiere), „Flora“ (Pflanzen) und
daher wurde hier ein FFH-Gebiet aus-             „Habitat“ (Lebensraum).
gewiesen.
 Das FFH-Gebiet „Salzgitterscher Hö-­
henzug (Südteil)“ (FFH Niedersachsen             malige Mittel- und Niederwälder.
122, EU-Meldenummer 3928/301) ist                Eine botanische Besonderheit sind
ein bewaldeter Höhenzug mit Kalk-                die hier vorkommenden Kalk-Pionier-
rücken und zahlreichen Tälern. Hier              und Trockenrasen. Das Gebiet enthält
stocken großflächig Labkraut-Eichen-             den Lebensraumtyp 6210 (Naturnahe
Hainbuchenwälder sowie Waldmeister-              Kalk-Trockenrasen und deren Ver-
Buchenwälder, z. T. Orchideen- und               buschungsstadien) teilweise in priori-
Hainsimsen-Buchenwälder sowie ehe-               tärer Ausprägung.

                                                                                                 5
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Das FFH-Gebiet „Salzgitterscher         geologische und daraus resultie-
    Höhenzug (Südteil)“ ist somit ins-       rende geomorphologische Situation
    gesamt ein großer und wichtiger          entlang des Harzvorlandes ergab
    Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald           sich, dass die Kalkrippen des süd-
    mit örtlich historischer Mittel- und     lichen Salzgitterschen Höhenzugs
    Niederwaldnutzung sowie repräsen-        in den früheren Jahrhunderten vom
    tatives Gebiet für die Waldmeister-      Menschen, weil nicht anders nutz-
    und Orchideen-Buchenwälder des           bar, als Weideflächen bewirtschaftet
    Innerste-Berglandes.                     wurden. Die regelmäßige Beweidung
     Der Schutz der FFH-Lebensräume          sorgte für einen ständigen Nähr-
    wird durch das Landschaftsschutz-        stoffaustrag, verhinderte die Verbu-
    gebiet „Salzgitterscher Höhenzug         schung und natürliche Bewaldung.
    (Landkreis Goslar)“ gewährleistet –      Besonders genügsame, recht kleine
    die Verordnung findet sich in www.       Pflanzenarten konnten sich ansie-
    landkreis-goslar.de. Zusätzlich ist      deln und überleben. Wegen der ge-
    eine Reihe von Naturdenkmalen als        ringen Wuchshöhe dieser Pflanzen
    Einzelschöpfungen der Natur ge-          sprechen wir von „Rasen“. Fast alle
    schützt.                                 dieser Rasen befinden sich heute
                                             an und auf Bergkuppen wie hier im
                                             Salzgitterschen Höhenzug. Bei allen
    1.2 Weidenutzung und                     Flächen handelt es sich um hoch-
    Kalk-Halbtrockenrasen                    gradig schützenswerte Kalkvegeta-
                                             tionsflächen, die wegen der vorhan-
      Im Gebiet befinden sich auch die       denen Flora und der sich vermehrt
    von der Natur- und Umwelthilfe           ansiedelnden Fauna von hoher bota-
    Goslar e.V. mit erheblicher Unter-       nischer Bedeutung für die gesamte
    stützung der Umweltlotterie BINGO-       Region sind. Dafür spricht ein gro-
    Lotto, des Landkreises Goslar als un-    ßer Bestandteil seltener Pflanzen
    terer Naturschutzbehörde und der         wie Mannsknabenkraut, Bienenrag-
    Klosterkammer Hannover innerhalb         wurz, Mückenhändelwurz, Gefleck-
    von 30 Jahren großflächig aufge-         tes Knabenkraut, Rapunzelblättrige
    kauften und renaturierten Kalk-Halb-     Glockenblume u.v.m., deren Schutz
    trockenrasen im südlichen Salzgit-       (Rote Liste) unbedingt geboten ist.
    terschen Höhenzug: Hirschberg und        Durch die historische Nutzung –
    Backenberg bei Heißum und Gre-           insbesondere die Wanderschäferei
    velberg, Galgenberg und Flöteberg        – wurden viele Pflanzen- und Tier-
    sowie die Gipskuhle bei Othfresen.       arten immer wieder über die einzel-
    Durch den ergänzenden Zukauf von         nen Flächen verteilt. Mit Wegfall die-
    Ackerflächen und deren aufwendige        ser Nutzung droht oft nicht nur die
    Renaturierung konnte somit hier ein      Verbuschung der Flächen, sondern
    großflächiges Biotopverbundsystem        es entfällt auch die Verbreitung der
    geschaffen werden. Diese Lebens-         Arten. Eine wenig mobile Artengrup-
    räume sind aus landesweiter Sicht        pe, die darunter besonders gelitten
    heute wieder Kleinodien sowohl hin-      hat, sind die Schnecken – besonders
    sichtlich ihrer Biotop- als auch ihrer   die Heideschnecken. Hier ist die Si-
    Geotopqualitäten. Bedingt durch die      tuation ganz ähnlich wie im südöst-

6
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Blutbuche
                                             Kastanie
                                                                                                Eichen am Ehrenmal

           Linde vor der Kirche

                                                               Linde (Kirchlinde)
                    Friedenseiche                                                   Blutbuche
                                                   Erzbasis-AufschluVV "Fortuna"

                                                Buche

                     Eiche an der Kirche

                     Dorflinde (Thielinde)

                                                          Elsbeere

                                                               Kastanie

Hofesche

                                                        Naturdenkmale
     Eichengruppe

                                                        LandschaftsVchutzgebiet
                                                                                                                     7
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Blick auf das vom Verein Natur- und Umwelthilfe Goslar e.V. gepflegte
    Gelände bei Liebenburg-Heißum, Foto Verlag Schadach

    lich gelegenen Harly (WIMMER 2009).           historisch interessante Bewirtschaf-
    Während in früheren Jahrhunder-               tungsform erhalten. In den ersten
    ten mehrere Arten im Gebiet leb-              nachchristlichen Jahrhunderten la-
    ten, ist heute die Gemeine Heide-             gen die kleinen Ansiedlungen der
    schnecke die einzige Art, die noch            Menschen inmitten großflächiger
    regelmäßig auf den Magerrasen                 Wälder. Es waren jedoch kaum noch
    im Salzgitterschen Höhenzug vor-              Urwälder, sondern vielseitig genutz-
    kommt. Die Flächen sind fast alle             te Wirtschaftswälder. Bereits 5000 v.
    gesetzlich    geschützte    Biotope           Chr. lebten die Bandkeramiker in ei-
    (§ 30 Bundesnaturschutzgesetz)                ner Wärmezeit, in welcher der Wald
    und befinden sich im FFH-Gebiet               überwiegend aus Eichen und Hasel-
    122. Mehr zu diesem Thema siehe               nusssträuchern bestand. Mit etwa
    Kapitel 1.4.                                  sieben Einwohnern je Quadratkilo-
                                                  meter lebten in dieser Epoche mehr
    1.3 Mittelwaldnutzung                         Menschen bei uns als zu Beginn des
     Eine alte Form der Waldnutzung,              Mittelalters, für das zwei Einwohner
    der Mittelwald, wird im Niedersäch-           je Quadratkilometer angesetzt wer-
    sischen Forstamt Liebenburg auf               den können. Die Massenausbreitung
    über 200 Hektar Fläche als kultur-            der Rotbuche begann erst um 1500

8
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Schematische Darstellung der Mittelwaldwirtschaft nach A. SICKERT (2001) aus
www.leipziger-auwald.de

v. Chr. Die Buche wurde von den          Eicheln, Bucheckern, Beeren und Wild-
Menschen jedoch zurückgedrängt,          obst. Eine regellose Waldnutzung
weil der lichte Eichenwald mit Vogel-    konnte es jedoch zu keiner Zeit
beere, Wildkirsche, Wildbirne, Wild-     geben, weil alle Nutzungen gleichzei-
apfel, Elsbeere und Linde (Honig) eine   tig auf der Gesamtfläche den Wald in
bessere Lebensgrundlage bot.             kurzer Zeit zerstört hätten.
 Die Eiche wurde also seit langer         Mit zunehmender Beanspruchung
Zeit begünstigt. Sie diente nicht        der Wälder im Laufe der Jahrhunderte
                                         entwickelte sich so überwiegend ein
nur als Bau- und Brennholz, son-
                                         bäuerlicher Gemeinschaftsbesitz, auf
dern vor allem als Mastbaum für
                                         dem die Nutzung durch die Dorfge-
Schweine. Der griechische Geograph
                                         meinschaft geregelt wurde. Als Feuer-
Strabon (66 v. Chr. - 24 n. Chr.)
                                         holz benötigten die Menschen schwa-
schreibt über die Wirtschaftsweise
                                         ches Holz, das schnell nachwuchs,
der Gallier: „Ihre gewöhnliche Nah-
                                         für den Bau ihrer Häuser Bauholz
rung ist Milch und allerhand Fleisch,
                                         und als Futtergrundlage für das Vieh
besonders Schweinefleisch, frisch        das Mastholz. So entstanden zwei
und eingesalzt. Die Schweine bleiben     Etagen im Wald – das gleichaltrige
im Winter draußen und zeichnen sich      Unterholz, meist aus Stockausschlag
durch Höhe, Stärke und Schnelligkeit     bestehend, und das ungleichaltri-
aus.“ Neben den Hauptnutzungen           ge Oberholz. Einen Wald, in dem das
Holz, Weide und Mast lieferte dieser     Holz vollständig als Stockausschlag
lichte Laubwald zahlreiche Neben-        genutzt wird, bezeichnen wir als Nie-
produkte: Laubheu, Bodenstreu, Grä-      derwald. Im Gegensatz hierzu stehen
ser und Kräuter, Zeidlerei, Wild-bret,   die Hochwälder, in denen die Bäume
Lindenbast, Galläpfeltinte, Nüsse,       fast ausschließlich aus Samen (die

                                                                                 9
Der südliche Salzgittersche Höhenzug - Geopfade - Acht Geopark-Erlebnispfade
Forstleute bezeichnen das als Kern-         Außerdem finden wir noch zahlrei-
 wuchs), nicht aber aus Stockaus-             che andere Baumarten, die in unserer
 schlag entstehen und aus denen               Heimat sonst eher selten sind. Insge-
 möglichst die alten und dicken Bäu-          samt kommen rund 30 verschiedene
 me genutzt werden. Der Mittelwald            Baumarten und über 15 verschiede-
 nimmt also eine Zwischenform der             ne Straucharten im Salzgitterschen
 Waldnutzung ein. Mehr zu diesem              Höhenzug vor. Als Besonderheit ver-
 Thema siehe Kapitel 4, Route 5.              dienen Wildapfel und Wildbirne, aber
                                              auch die zahlreichen Elsbeeren eine
     1.4 Pflanzen- und Tierwelt               Erwähnung. Diese Fülle an Gehölzen
                                              führt zu einem besonderen Reich-
  Im Salzgitterschen Höhenzug domi­-
                                              tum der weiteren Pflanzenwelt und
 nieren drei bedeutende Lebensräu-
                                              besonders der Tierwelt. Vom Hoch-
 me für Pflanzen und Tiere: die Wäl-
                                              wald besitzt nur das Rotbuchen-Alt­-
 der, die Kalk-Halbtrockenrasen und           holz eine große Bedeutung für die
 die durch den Bergbau entstandenen           Natur. Zum Mittelwald siehe Kapitel
 Biotope. Im Westen des Gebiets ver-          4, Route 5.
 läuft die Innerste mit ihrer Auenland-        Von außerordentlicher Schönheit
 schaft, die wir hier mit betrachten.         und Mannigfaltigkeit ist die Früh-
 Die Dörfer und vor allem die Äcker           jahrsvegetation. Die lichten Wälder
 haben heute für die Tierwelt nur noch        beherbergen Märzenbecher in gro-
 eine sehr untergeordnete Bedeutung           ßer Anzahl, Seidelbast, Leberblüm-
 (Bollmeier & Steube 1992, Bollmeier et al.   chen, Echte und Hohe Schlüssel­     -
 2004).                                       blume, verschiedene Veilchenarten,
                                              Waldgelbstern, Busch- und Gelbes
     Die Wälder                               Windröschen, Lungenkraut, Hohe
  Große Flächen des Salzgitterschen           Sternmiere, Goldnessel und viele
 Höhenzugs werden von Wäldern                 weitere Arten. Im Juni und Juli blü-
 bedeckt, wobei die Mittelwälder für          hen Kleines Wintergrün, Straußblü-
 die Tierwelt von herausragender Be-          tige Wucherblume, Langblättriges
 deutung sind. Diese Wälder sind im           Hasenohr, Türkenbund und Gelber
 Vergleich zu den Hochwäldern deut-           oder Wolfs-Eisenhut sowie verschie-
 lich lockerer bestanden. Sie sind            dene Orchideenarten, von denen
 dadurch heller und wärmer als z.B.           Stattliches    Knabenkraut,    Vogel-
 ein Rotbuchenaltholz oder eine Fich-         nestwurz, Bleiches Waldvöglein und
 tenschonung. Stieleiche und Hain-            Breitblättrige Sumpfwurz genannt
 buche machen das Gros des Baum-              werden sollen. Die Violette Sumpf-
 bestandes aus, Rotbuche, Esche,
                                              wurz, die nur an wenigen Stellen –
 Bergahorn und Feldahorn folgen.
                                              vor allem in lichten Buchenalthölzern
 Fichten und andere standortfrem-
                                              – vorkommt, ist eine der am spä-
 de Nadelbäume sind in der Vergan-
 genheit gelegentlich gepflanzt wor-          testen blühenden Arten des Jahres.
 den. Heute sind diese Bestände zu            Mehr als 40 Pflanzenarten der Roten
 einem großen Teil schwer geschä-             Liste kommen allein in den Wäldern
 digt und werden wohl in wenigen              vor und machen diese sehr wertvoll
 Jahren sämtlich verschwunden sein.           und schutzwürdig.

10
Bärlauchblüte im Salzgitterschen Höhenzug, Foto Walter Wimmer

 In der Vogelwelt sind vor allem die       sehen. Der Schwarzmilan hat in den
Spechte von Bedeutung, da sie als          vergangenen Jahren mehrfach bei
Bewohner alter Bäume ihre Brut-            Othfresen gebrütet. Weitere charak-
höhlen selbst zimmern und so für           teristische Vogelarten sind Ringel-
die Folgejahre Wohnungen für viele         taube, Singdrossel, Amsel, mehrere
Tierarten bauen. Neben dem Bunt-           Meisenarten, Buchfink, Waldlaub-
specht als häufigstem Specht beob-         sänger, Zilpzalp, Mönchsgrasmücke,
achten wir aber auch den inzwischen        Eichelhäher und der Kernbeißer, der
sehr seltenen Grauspecht, den Grün-        mit seinem wuchtigen Schnabel so-
specht und den Kleinspecht. Der Mit-       gar Kirschkerne zu knacken vermag.
telspecht, der erst in den letzten Jah-     In den über- und untertägigen Le-
ren mehrfach gesehen wurde, ist ein        bensräumen des Gebiets kommen
Charaktervogel alter Wälder. Er be-        mehrere Fledermausarten vor, wo-
vorzugt alte Eichen als Lebensraum.        bei die Zwergfledermaus die mit
Der Schwarzspecht baut die größten         Abstand häufigste ist. Daneben
Höhlen – seine Nachmieter sind oft         kommen Braunes Langohr, Breitflü-
Hohltauben, von denen etwa 10 - 15         gelfledermaus, Fransenfledermaus,
Paare im südlichen Salzgitterschen         Großer Abendsegler, Große und Klei-
Höhenzug brüten.                           ne Bartfledermaus, Großes Mausohr
 Von den Greifvögeln kommen Mäu-           sowie Rauhaut-, Teich- und Wasser-
sebussard, Rotmilan, Habicht und           fledermaus vor. Mit Neufunden von
Sperber in den Wäldern vor. Auch           Arten ist zu rechnen. Weitere Säu-
Turm- und Baumfalke brüten im Ge-          getiere sind Reh und Wildschwein,
biet. Der sehr heimliche Wespenbus-        Fuchs, Dachs, Stein- und Baum-
sard zählt ebenfalls zu den Brutvö-        marder, Eichhörnchen, Feldhase,
geln im Salzgitterschen Höhenzug.          Igel und verschiedene Mäuse- und
Da dieser Zugvogel erst aus dem            Spitzmausarten. Eine Besonderheit
Winterquartier kommt und mit dem           der Eichen-Hainbuchen-Mittelwälder
Nestbau beginnt, wenn die Bäume            sind die zahlreichen Siebenschlä-
bereits belaubt sind, wird er oft über-    fer, die bei der Nistkastenkontrolle

                                                                                  11
Türkenbund

                                                                 Bienenragwurz

                                            Seidelbast

                                                              Hainbuche
                      Esche

 Pflanzen des Salzgitterschen Höhenzugs, Zeichnungen Michael Papenberg

12
Stieleiche

                                       Silberweide

                    Salweide

                               Buche

             Erle

                                                     13
im Herbst in fast jedem Kasten ihre     dagegen bei weitem noch nicht
 Spuren hinterlassen haben. Viel sel-    so gut erforscht, jedoch kommen
 tener, jedoch ebenfalls ein Bilch wie   sicherlich weit mehr als 100 Arten in
 der Siebenschläfer, ist die Hasel-      den Wäldern vor. Einer der auffälligs-
 maus, die ebenfalls die warmen          ten Nachtfalter ist der Nagelfleck, der
 Mittelwälder bevorzugt und vor          auch tagsüber vor allem im Mai als
 allem durch ihre charakteristischen
                                         orangefarbener Fleck an den Wan-
 Fraßspuren an Haselnüssen nach-
 gewiesen werden kann. Außerdem          derern vorbeihuscht. Ihn irgend-
 beherbergen die Wälder des Salzgit-     wo sitzen zu sehen, um ihn in aller
 terschen Höhenzugs auch Wildkat-        Ruhe betrachten zu können, ist nicht
 zen, eines der scheuesten Wildtiere     jedem vergönnt.
 unserer Heimat.
                                          In der Heuschreckenfauna finden
  Fast alle der wenigen Bäche des        wir eine stark gefährdete Art, die
 Gebiets beherbergen den Feuer-          wir entlang vieler Waldwege fast
 salamander. Kleinere Teiche und         im gesamten Höhenzug beobach-
 Tümpel sind Laichplätze von Gras-       ten können, die Rote Keulenschre-
 frosch, Erdkröte, Bergmolch und         cke. Sie hat ihren Namen nach den
 Teichmolch.    Blindschleiche und
                                         keulen­artig verdickten Fühlern, die in
 Wald­eidechse kommen vor allem
                                         einem weißen Punkt auslaufen, und
 an warmen Böschungen, Weg- und
 Wald­rändern vor.                       einem oft rötlich überlaufenen Hin-
                                         terleib. Sie gehört wie der Gemeine
 Außerordentlich artenreich ist die      Grashüpfer und der Nachtigall-Gras-
 Schmetterlingswelt     des   Gebiets,   hüpfer zu den Kurzfühler-Heuschre-
 wobei bisher nur die Tagfalter          cken. Während bei dieser Gruppe
 umfassend bearbeitet wurden. Mehr       die Fühler nur etwa halb so lang wie
 als 30 verschiedene Arten kommen
                                         der gesamte Körper sind, überragen
 allein in den Wäldern vor. Neben
 den Allerweltsarten wie Kleiner         die Fühler der Langfühler-Heuschre-
 Fuchs, Tag­   pfauenauge, Zitronen-     cken den Körper oft deutlich. Zu die-
 falter, Waldbrettspiel, Aurorafalter    ser Gruppe gehören die Gewöhnliche
 und Kohlweißling finden wir auch        Strauchschrecke, das Zwitscher-Heu-
 Besonderheiten, die sehr selten und     pferd und das Große Heupferd.
 oft stark gefährdet sind, wie etwa      Während die Strauchschrecke sich
 den schon früh im Jahr fliegenden       durch kurze Zick-Rufe verrät, sin-
 Trauermantel. Der orangefarbene         gen die beiden Heupferdarten oft
 Kaisermantel ist darunter wohl die
                                         minutenlang ununterbrochen, nicht
 auffälligste Art. Gerade entlang von
                                         selten von mittags bis in die spä-
 blütenreichen Waldwegen, auf Lich-
 tungen und an Waldrändern kön-          ten Abendstunden hinein. Eine wei-
 nen wir im Juli und August nicht        tere charakteristische Heuschrecke
 selten mehr als zehn Exemplare          ist die Eichenschrecke, die gar nicht
 dieses großen Tagfalters gleichzei-     singt, sondern mit den Füßen auf
 tig entdecken. Die Nachtfalter sind     den Blättern trommelt. Dieser Ins-

14
Waldeidechse im Salzgitterschen Höhenzug, Foto Verlag Schadach

trumentallaut ist nur wenige Zenti-        tere Besonderheiten sind die Kleine
meter weit zu hören.                       Fässchenschnecke, die im Moos und
 Durch den kalkreichen Untergrund,         in der Laubstreu verborgen lebt,
die unterschiedlichen Feuchtigkeits-       sowie die Bezahnte Glattschnecke,
verhältnisse und die verschiedens-         die oft nur punktuell und isoliert an
ten Waldstrukturen kommen im Ge-           besonders nassen und krautreichen
biet zahlreiche Schnecken-Arten vor.       Stellen im Wald vorkommt.
Schon der Braunschweiger Schne-
ckenforscher VICTOR VON KOCH und            Artenvielfalt der Kalk-
Professor BLASIUS haben im südli-
                                            Halbtrockenrasen
chen Höhenzug an den Bärenköp-
fen in der zweiten Hälfte des 19.           Die Kalk-Halbtrockenrasen sind Le-
Jahrhunderts verschiedene Arten            bensraum für mehr als 20 gefähr-
dokumentiert, darunter Ohrförmige          dete Pflanzenarten. Die Früchte der
Glasschnecke, Zweizähnige Laub-            Gewöhnlichen Hundszunge werden
schnecke, Riemenschnecke sowie             im Fell von Tieren weiterverbreitet.
Bauchige und Faltenrandige Schließ-        Gelb blühen Sonnenröschen, Echte
mundschnecke (v. KOCH 1881,1887).          Schlüsselblume, Kleines Habichts-
Wo der Wald hinreichend offen ist,         kraut und Frühlings-Fingerkraut.
kann die Weinbergschnecke, unse-           Weitere gefährdete Arten sind Groß-
re größte Gehäuseschnecke, überall         blütige Braunelle, Wiesen-Salbei,
gefunden werden. Auch die Weiß-            Stattliches Knabenkraut sowie die
mündige und die Schwarzmündige             Bienenragwurz, die erst vor mehr als
Bänderschnecke sowie die Genabelte         15 Jahren im Gebiet entdeckt wurde.
Strauchschnecke sind weit verbreitet       Deutscher und Fransenenzian mit
und häufig. Weniger auffällig, aber        ihren violetten bzw. blauen Blüten
an den warmen Wegrändern und               beenden die Vegetationsperiode im
Säumen durchaus regelmäßig zu fin-         September und Oktober.
den, ist die Große Laubschnecke. Sie        Dieser Lebensraum beherbergt im
ist allerdings nirgends häufig. Wei-       Vergleich zum Wald viel weniger

                                                                                   15
Bergmolch, Männchen

                                                    Kammmolch, Weibchen

     Geburtshelferkröte mit Laich

                                    Schwarzstorch

     Eisvogel

 Tiere des Salzgitterschen Höhenzugs, Zeichnungen Michael Papenberg

16
Wildkatze

   Uhu

                             Wanderfalke

            Großes Mausohr

                                           Wasserfledermaus

                                                              17
Wirbeltierarten. Spezialisierte Säuge-    Bedeutend ist die Tagfalterfauna der
 tierarten kommen nicht vor, jedoch       Kalk-Halbtrockenrasen. Obwohl die-
 werden die Kalk-Halbtrockenrasen         se nur knapp über 20 Hektar groß
 nachts von Fledermäusen zur Nah-         sind, kommen doch fast 30 Arten
 rungssuche aufgesucht. Hasen und         auf ihnen vor. Herauszuheben sind
 Rehe nutzen das abwechslungsrei-         hier die Bläulinge und die Dickkopf-
 che Nahrungsangebot gern, und der        falter. Neben dem recht verbreiteten
 Fuchs stellt den Mäusen nach.            Hauhechel- oder Gemeinen Bläuling
  Aus der Vogelwelt ist vor allem der     finden wir auch noch den Geißklee-
 Neuntöter hervorzuheben. Dieser          Bläuling und gelegentlich sogar den
 Zugvogel kommt im Mai aus dem            Kleinen Sonnenröschen-Bläuling.
 Winterquartier zurück. Er baut sein      Erst seit wenigen Jahren kommt der
 Nest meist in einen Dornenstrauch,       Zwergbläuling vor, jedoch hat sich
 wo es gut gegen Feinde geschützt         diese Art, die an das Vorkommen des
 ist. Dieser amselgroße Vogel, bei        Wundklees gebunden ist, inzwischen
 dem Männchen und Weibchen un-            stark vermehrt und stellt heute wohl
 terschiedlich gefärbt sind, kann so-     den häufigsten Bläuling dar. Unter
 gar Mäuse fangen, die er zum Teil        den Dickkopffaltern beobachten wir
 auf Dornen aufspießt. Mithilfe dieser    neben den häufigen Braunkolbigen
 „Speisekammer“ kann er eine küh-         und Rostfarbigen Dickkopffaltern
 le Witterungsperiode im Sommer           auch Kommafalter und Mattschecki-
 gut überstehen. Vor allem profitiert     ge Braundickkopffalter, zwei Raritä-
 er aber vom Insektenreichtum der         ten unserer Heimat. Weitere typische
 Kalk-Halbtrockenrasen. Neben den         Tagfalterarten sind Schachbrettfal-
 zahllosen Heuschrecken des Gebiets       ter, Kleines Wiesenvögelchen und
 frisst er auch Käfer und viele andere    Ochsenauge. Mit viel Glück lässt sich
 Insekten sowie Spinnen, Würmer und       auch der Schwalbenschwanz entde-
 zahlreiche andere Kleintiere. Gele-      cken, einer der größten und schöns-
 gentlich erbeutet er auch Blindschlei-   ten, aber auch seltensten Tagfalter
 chen und Waldeidechsen, unsere bei-      des Salzgitterschen Höhenzugs.
 den Reptilienarten, die wir auf den       Auffallend sind die zahllosen Heu-
 Kalk-Halbtrockenrasen, aber auch         schrecken, die im Sommer beim
 auf Waldwegen und Böschungen be-         Gang über die Kalk-Halbtrockenrasen
 obachten können.                         vor uns aufspringen. Hier kommen
  Der als gefährdet geltende Feld-        vor allem Kurzfühlerschrecken vor.
 sperling besiedelt gern Baumhöhlen       Gemeiner Grashüpfer, Nachtigall-
 und Nistkästen des Gebiets. Wei-         Grashüpfer und Brauner Grashüpfer
 tere Charakterarten sind Baumpie-        sind wohl die häufigsten, jedoch fin-
 per, Goldammer, Zilpzalp und die         den wir auch den Bunten Grashüpfer
 buschbewohnende Dorngrasmücke.           und den Weißrandigen Grashüpfer.
 Mit viel Glück kann man vor allem        Im Bestand gefährdet ist der Heide-
 abends das minutenlange Sirren des       grashüpfer, der nach einem Insekten-
 Feldschwirls vernehmen, außerdem         kundler auch als Panzers Grashüpfer
 brüten gelegentlich Wendehals und        bezeichnet wird. Seine feinen und
 Schwarzkehlchen im Gebiet.               leisen „Ssst“-Laute kann man am bes-

18
Bie
B enen
   nen
     nrag
      ra
       agw
       ag wu
          wur
           urzz (lin
                   nks)
                    k ) un
                    ks   nd Schw
                             chwalbenschw
                                       hwaanz (r
                                              (reec
                                                 e chts), Foto Ve
                                                               Verla
                                                                 rlagg Schadac
                                                                       S   dac
                                                                            ach
                                                                              h

ten hören, wenn man sich im Som-                 Seite ist im Zuge dieser Eingriffe
mer ein paar Minuten auf die Erde                eine Bergbaufolgelandschaft mit
legt. Von den Langfühlerschrecken                neuen Lebensräumen entstanden.
ist Roesels Beißschrecke zu nennen,              Hier sind insbesondere zwei ver-
ebenfalls nach einem Insektenkund-               schiedene Biotoptypen zu nennen:
ler benannt. Diese Art, die auch an               » Kalksteinbrüche, Tagebaue oder
Wegrändern nicht selten ist, ruft oft            Bruchfelder, auf deren Sohle sich
minutenlang ihr monotones Sirren.                nicht selten Gewässer gebildet ha-
                                                 ben
 Da die Kalk-Halbtrockenrasen reich
                                                  » Klär- oder Schlammteiche, in de-
an Blüten sind, können wir neben
                                                 nen Wasser für die Erzaufbereitun-
den verschiedenen Hummelarten
                                                 gen geklärt und zur Wiederbenut-
auch viele Solitärbienen und andere
                                                 zung bevorratet wurde.
blütenbestäubende Tierarten entde-
cken, darunter zahllose Schwebflie-               Die Kalksteinbrüche und Tagebaue
gen und Käfer aller Farben und Grö-              mit ihren oft steil abfallenden Flan-
ßen, denen die Hornisse nachstellt               ken bilden heute Refugien für Tie-
(BOLLMEIER & STEUBE 1992, BOLLMEIER et           re, die im Salzgitterschen Höhenzug
al. 2001, 2004, NATUR- UND UMWELTHILFE           sonst wohl nicht vorkommen wür-
GOSLAR 2010b).                                   den. So brütet schon seit vielen Jah-
                                                 ren der Uhu in einem dieser Gebie-
                                                 te. Besonders interessant ist aber
Durch den Bergbau zerstörte
                                                 die Tierwelt der neu entstandenen
und neu entstandene Biotope
                                                 Gewässer. Da sie oft von Fischen
 Die massiven Umwelteingriffe des                frei sind, hat sich hier eine über-
Bergbaus haben im Salzgitterschen                aus reichhaltige Amphibiengemein-
Höhenzug große Waldflächen und                   schaft gebildet, die diese Gewässer
zahlreiche Biotope zerstört und Alt-             jährlich zur Fortpflanzung nutzt.
lasten hinterlassen. Auf der anderen             Der Grasfrosch legt seine Laichbal-

                                                                                         19
len gern in Gemeinschaft ab, wo-       das Männchen ins Gewässer, wo sich
 bei wir nicht selten bis zu 100 die-   die Kaulquappen aus ihren Eihüllen
 ser Ballen in einem Gewässer finden    befreien. Leider werden die Geburts-
 können. Die Erdkröte hingegen legt     helferkröten in den letzten Jahren
 ihren Laich in langen Schnüren ab,     immer seltener, weil sie auf Löcher
 die sie um Wasserpflanzen, Wurzeln     unter Steinen oder Wurzeln auf war-
 u.a. wickelt. Typisch für diese Ge-    men Böschungen als Wohnraum an-
 wässer sind die Molche als Vertreter   gewiesen sind, die immer mehr zu-
 der Schwanzlurche. Der Bergmolch,      wachsen und verschatten, so z.B. im
 leicht an seinem orangeroten Bauch     Tagebau Glockenberg.
 erkennbar, und der Teichmolch, des-     Ganz andersartig ist hingegen die
 sen Männchen im Wasser einen ho-       Tierwelt der Klär- oder Schlammtei-
 hen Rückenkamm trägt, sind in fast     che, die an den Gruben Morgenstern,
 jedem Gewässer zu beobachten und       Fortuna und Ida gebaut wurden. Ihre
 kommen auch in Gartenteichen re-       flachen Ufer haben große Schilfflä-
 gelmäßig vor. Wesentlich seltener,     chen entstehen lassen, die beson-
 aber in mehreren Gewässern nach-       ders für die Vogelwelt von Bedeutung
 gewiesen, ist der Kammmolch. Die-      sind. Im Frühjahr und Herbst kom-
 se Art wird mit knapp 20 cm Länge      men Stare, Bachstelzen und Schwal-
 fast doppelt so lang wie Berg- und     ben oft zu Hunderten oder gar Tau-
 Teichmolch und ist schon aufgrund      senden zum Übernachten ins Schilf.
 ihrer Größe unverwechselbar. Das       Diese Vogelmasse lockt natürlich
 Männchen trägt im Wasser einen         Beutegreifer wie Habicht, Sperber
 hohen, an der Schwanzwurzel un-        oder auch den sehr seltenen Baum-
 terbrochenen Kamm und wird des-        falken an, die dann auf Jagd gehen.
 halb im Volksmund auch als „Was-       Im Schilf brüten Rohrammer und
 serdrache“ bezeichnet. Die Art gilt    Teichrohrsänger, dazu viele Wasser-
 in Niedersachsen als stark gefähr-     vogelarten, von denen Stockente,
 det, kommt im Salzgitterschen Hö-      Blässhuhn und Teichhuhn die häu-
 henzug aber noch in mehreren           figsten sind. Jedoch vermehren sich
 Gewässern vor. Eine weitere Beson-     hier gelegentlich auch Graureiher
 derheit dieser Tagebaugewässer ist     und Tafelente, außerdem kommen
 die Geburtshelferkröte, die nur etwa   Haubentaucher und der nur faust-
 daumengroß wird. Ihr Ruf kann als      große Zwergtaucher regelmäßig vor.
 kurzes „ü“ bezeichnet werden, wo-      In den letzten Jahren haben sich
 bei sie bei Annäherung meist ver-      auch Graugänse angesiedelt. Weite-
 stummt. Dieser feine, glockenähnli-    re Besonderheiten der Schilfgürtel
 che Ruf hat ihr im Volksmund auch      sind die Wasserralle und die Rohr-
 den Namen „Glockenfrosch“ einge-       weihe. Während sich die gefährde-
 tragen. Einmalig in unserer Amphi-     te Wasserralle mit ihrem schlanken
 bienwelt ist es, dass das Männchen     Körper gut zwischen den Schilf-
 die vom Weibchen ausgeschiedenen       halmen hindurchzwängen kann
 Laichschnüre aufnimmt, befruch-        und sich in der Regel nur durch ihr
 tet und sich anschließend um die       schweineartiges Quieken verrät, ist
 Hinterbeine wickelt. Kurz vor dem      die Rohrweihe häufig und regelmä-
 Schlüpfen der Kaulquappen wandert      ßig am Himmel zu beobachten. Die-

20
Artenvielfalt auf den vom Verein Natur- und Umwelthilfe Goslar e.V. renaturierten Flächen,
Foto Verlag Schadach

ser knapp bussardgroße Greifvogel               als Froschkonzert an lauen Som-
ist ein Zugvogel. Er kommt Anfang               merabenden bis zu einem Kilometer
April aus Afrika zurück. Männchen               weit hören. Als typische Tierfamilie,
und Weibchen sind unterschied-                  die sich regelmäßig an Gewässern
lich gefärbt und haben im Vergleich             aufhält, wollen wir mit den Libellen
zum Mäusebussard deutlich schma-                unseren kurzen Exkurs in die Tier-
lere Flügel. In der Balzzeit lassen             welt beenden. Mehr als 20 Libellen-
sich die Flugspiele der Rohrweihe               arten haben wir bisher an den Klär-
über allen Klärteichen beobachten.              teichen nachgewiesen. Unter diesen
Hier baut sie auch auf umgeknick-               sind neben häufigen Arten wie Huf-
ten Schilfhalmen über dem Wasser                eisen- und Becher-Azurjungfer, Frü-
ihr Nest. Der Vogel schaukelt auf               her Adonislibelle, Vierfleck und
seinem Suchflug über Schilf und Ge-             Plattbauch, Blaugrüner und Herbst-
treidefeldern meist nur in wenigen              Mosaikjungfer sowie verschiedenen
Metern Höhe – eine Jagdweise, die               Heidelibellenarten auch seltene Li-
kein anderer unserer Greifvögel im              bellen wie der Schilfjäger und die
Salzgitterschen Höhenzug zeigt.                 Winterlibelle, die schon früh im Jahr
 Neben Kamm-, Berg- und Teich-                  im Mai beobachtet werden können.
molch, Erdkröte und Grasfrosch                  Als Pflanzenart verdient das Ge-
kommt in den Klärteichen auch der               fleckte Knabenkraut eine besondere
Teichfrosch vor, oft zu Hunderten.              Erwähnung, da es auf den Sandflä-
Sein typisches Quaken lässt sich                chen der Klärteiche in größeren Be-

                                                                                             21
ständen vorkommt. Leider wachsen          und Jerstedt gibt. Dafür ist der Arten-
 diese Flächen aber mit Rot-Erlen zu.      reichtum hier bei optimalen Bedin-
  Die Klärteiche neigen – wie viele        gungen außergewöhnlich. Brachäcker
 andere Gewässer auch – in nieder-         bei Jerstedt beherbergten bis zu 20
 schlagsarmen Jahreszeiten zum Aus-        Rote Liste-Pflanzenarten, darunter
 trocknen, weil ihnen aufgrund der         Sommer-Adonisröschen, Kornblume,
 technischen Anlage ein natürlicher        Acker-Rittersporn und Kleinblütiger
 Zulauf weitgehend fehlt und nach          Frauenspiegel. Bei Othfresen kamen
 Schließung der Gruben und Aufbe-          Acker-Haftdolde und Acker-Stein-
 reitungen auch der künstliche Zulauf      same dazu, bei Immenrode Venus­
 versiegte. Dieses Phänomen wird           kamm und Sand-Mohn. Heute sind
 beim Morgenstern-Teich beobachtet         die meisten Äcker des Gebiets wegen
 und auch öffentlich diskutiert. Es wird   Unwirtschaftlichkeit aufgegeben und
 schwierig sein, diesem Trend ent-         verbrachen oder werden mit Mais für
 gegenzuwirken. Der Fortuna-Teich          die Biogasanlagen bestellt.
 östlich von Heißum ist bereits völlig
 verlandet. Beide Fälle sind allerdings    Die Innersteaue
 nicht vergleichbar, denn der Morgen-       Die Innerste führte einst im Früh-
 stern-Teich hat ein größeres natür-       jahr nach der Schneeschmelze im
 liches Einzugsgebiet und damit die        Harz oft erhebliche Mengen an Kies
 bessere Überlebens­chance als offene      und Steinen mit, darunter auch gro-
 Wasserfläche.                             ße Pochsandmengen und schwerme-
                                           tallhaltige Trübstoffe von den Halden
     Äcker und Wiesen                      bei Clausthal-Zellerfeld, Wildemann
  Artenarm sind die meisten Äcker          und Lautenthal. Seit der Inbetrieb-
 und Wiesen des Gebiets. Intensiv          nahme der Innerstetalsperre im Jahr
 gedüngt und mehrmals jährlich             1966 sind Hochwässer eine Selten-
 gegen verschiedenste „Schadorganis-       heit geworden. Die Pochsande sind
 men“ gespritzt, kommen Ackerwild-
                                           für viele Pflanzenarten so giftig, dass
 kräuter und Insekten hier nur noch
 selten vor. Das Rebhuhn, früher ein       diese dort nicht wachsen können.
 häufiger Bewohner der Feldmark, zu        Nur wenige Arten sind schwerme-
 hören oder gar zu sehen ist ein großer    tallverträglich und können dann die
 Glücksfall. Der Kiebitz ist aus dieser    als Schwermetallrasen bezeichneten
 Agrarlandschaft verschwunden, auch        Bereiche oft zu Tausenden besiedeln.
 Hase und Feldlerche sind heute sehr       Hierzu gehören vor allem die rot
 selten. Nur auf Grenzertragsböden         blühende Hallersche Grasnelke – im
 können wir noch seltene und gefähr-       Volksmund auch als Innersteblume
 dete Ackerwildkräuter beobachten,         bezeichnet – und die weiß blühende
 hier aber oft in großer Anzahl. Prä-
                                           Frühlingsmiere (Knolle et al. 2011).
 destiniert sind Ackerränder auf flach-
 gründigen Kalkböden, von denen es         Da die Innerste ihren Lauf an den
 aber nur noch ganz wenige Bereiche        meisten Stellen noch von Menschen-
 bei Othfresen, Heißum, Immenrode          hand unberührt wählen darf, bilden

22
Aspekt des Morgenstern-Teichs, ehemals Klärteich der Grube Morgenstern,
Foto Verlag Schadach

sich immer wieder steile Uferabbrü-           Zweigestreifte Quelljungfer, Gebän-
che und Kolke. In die Steilufer baut          derte und Blauflügel-Prachtlibelle.
der Eisvogel seine Brutröhre, in den          Die kurzrasige Schwermetallvege-
Kolken und im Fluss lebt die Elritze,         tation beherbergt auch zahlreiche
ein kleiner Charakterfisch der In-            Heuschreckenarten. Als Charakter-
nerste, den der Eisvogel bejagt. Die          art der Innersteaue sei die Gefleckte
Insektenwelt ist artenreich – neben           Keulenschrecke      genannt,    deren
mehreren gefährdeten Tagfalter-               Männchen leicht an den abgewinkel-
arten beobachten wir an Flüssen,              ten Fühlerspitzen zu erkennen sind
Altwassern und Kiesteichen etwa               (NATUR- UND UMWELTHILFE GOSLAR 2010a).
20 verschiedene Libellenarten, da-            Eine Besonderheit in der Innersteaue
runter neben Allerweltsarten wie              ist auch das häufige Vorkommen un-
Becher- und Hufeisen-Azurjungfer,             serer größten Heuschrecke, des War-
Früher Adonislibelle, Plattbauch,             zenbeißers (BOLLMEIER & STEUBE 1992,
Vierfleck, Blutroter Heidelibelle,            BOLLMEIER et al. 2001, 2004, NATUR-
Königslibelle und Blaugrüner Mo-              UND UMWELTHILFE GOSLAR 2010b).
saikjungfer auch Seltenheiten wie

                                                                                       23
2. U
     NESCO Global Geopark Harz . Braunschweiger Land .
    Ostfalen
     2.1 Klassische Quadratmeile
     der Geologie
  Der Harz mit dem nordwestlichen         Internet suchen, gehen Sie auf die
 Vorland, wo der Harz in das Braun-       Seite www.geopark-harz.de – von
 schweiger Land übergeht, wird seit       dort erreichen Sie die GeoPark-Be-
 Alexander von Humboldt „Die Klassi-      reiche Braunschweiger Land sowie
 sche Quadratmeile der Geologie“ ge-      Harz und können sich auch die Har-
 nannt (KNOLLE 2010). Die Abfolge der     zer Geopark-Landmarken-Faltblätter
 Gesteine vom Erdaltertum bis zu den      kostenlos herunterladen.
 Eiszeiten ist lückenlos auf engstem       Die für unser Gebiet einschlägige
 Raum aufgeschlossen – einzigartig        Landmarke ist die Nr. 18 (Schloss Lie-
 in Mitteleuropa. Diese Tatsache ist      benburg), siehe GEOPARK HARZ . BRAUN-
 der wesentliche Grund dafür, dass        SCHWEIGER L AND . OSTFALEN (2010). In
 das nördliche Harzvorland und da-        diesem Faltblatt sind einige der nach-
 mit auch der südliche Salzgittersche     folgend beschriebenen Lokalitäten in
 Höhenzug Teil des 2002 gegründe-         kurzer Form aufgeführt.
 ten Geoparks Harz . Braunschweiger
 Land . Ostfalen sind.                    2.2 Zunächst ein Blick in die Erd-
  Der Geopark gibt einen Überblick        geschichte – das Erdmittelalter
 über die wechselhafte regionale
                                           Der südliche Salzgittersche Hö-
 Erdgeschichte der vergangenen 500
                                          henzug besteht aus Gesteinen des
 Mio. Jahre. Der Begriff kennzeichnet
                                          geologischen Erdmittelalters (Meso-
 kein Schutzgebiet, sondern er ist
                                          zoikum). Versuchen wir, ein wenig
 ein Prädikat wie z.B. das UNESCO-
                                          Ordnung in das Erdmittelalter zu
 Weltkulturerbe der Städte Goslar
                                          bringen. Es wird in die drei geolo-
 und Quedlinburg. In einem GeoPark
                                          gischen Formationen Trias, Jura und
 können Geotope, d.h. Erscheinun-
                                          Kreide gegliedert.
 gen von besonderer geologischer
 Bedeutung, Seltenheit oder Schön-
 heit, besucht und nachhaltig erlebt      Trias
 werden. Auch bietet der Geopark In-       In der Trias bildeten die Landmas-
 formationen zu Pflanzen- und Tier-       sen der Erde den riesigen zusam-
 welt, Geschichte, Kunst, Kultur und      menhängenden Kontinent Pangäa,
 Tourismus. Seine 3.000 Jahre alte        bestehend aus Laurasia (Nordame-
 Bergbaugeschichte ist heute in 13        rika, Eurasien) und Gondwana (Süd-
 Besucherbergwerken zu erleben.           amerika, Afrika, Antarktika, Indien,
  Fünf Schauhöhlen kommen noch            China und Australien). Das Klima
 hinzu. Geopark-Informationszentren       war weltweit überwiegend wüsten-
 befinden sich in Goslar, Königslut-      haft und trocken (arid). Aber bereits
 ter, Salzgitter-Salder und an der Ein-   in dieser Zeit brach Pangäa ausein-
 hornhöhle – ein Besuch lohnt sich        ander. Die Erde stand vor dem Be-
 immer. Wenn Sie den Geopark im           ginn einer unruhigen Zeit.

24
An der Innerste,                 Kalkgesteine prägen große Teile des südlichen
Foto Walter Wimmer               Salzgitterschen Höhenzugs, Foto Verlag Schadach

Jura                                      gelchen sanken schließlich zu Boden
 In den Ozeanen trat aktiver Spalten-     und wurden durch Kalk oder Ton
vulkanismus auf. Der Meeresspie-          zu festem Eisen-Oolith verkittet. So
gel hob sich, große Meeresvorstöße        wurden die ältesten norddeutschen
führten bei uns in Mitteleuropa zu        Jura-Eisenerzlagerstätten gebildet,
einer Verbindung des Nordmeeres           die z.B. in den Gruben Friederike bei
mit dem weltumspannenden Mee-             Bad Harzburg, Ernst-August bei Rot-
resgürtel des Südmeeres, der Te-          torf am Klei und Echte im Landkreis
thys. Die Landmassive lagen wie In-       Northeim abgebaut wurden.
seln in diesem Meer. Sie veränderten       Später, im Oberjura (Malm oder Wei-
im Laufe der Jurazeit ihre Lage und       ßer Jura), kam es insbesondere durch
Größe.                                    die Verbindung zum kalkreichen
 Im Unterjura (Lias oder Schwarzer        Tethys-Südmeer überwiegend zur
Jura) kam es in über 200 m tiefen         Ablagerung von Karbonaten. Aber
Meeresbecken zur Ablagerung von           es wurden auch weitere Eisenerze
dunklen Sedimenten, die z.B. als Po-      gebildet, so z.B. die Korallenoolith-
sidonienschiefer mit Gehalten von         Erze der Lagerstätten, die in den
über 10 % organischem Kohlenstoff         Gruben Hansa bei Bad Harzburg
zum wichtigsten Erdölmuttergestein        und Konrad in Salzgitter abgebaut
Mitteleuropas wurden (Ölschiefer          wurden.
bei Schandelah). Durch die Verwitte-       Zu weiteren Details der Erzentste-
rung festländischer Gesteine wurde        hung im Jura siehe Kapitel 2.3.
über die Flüsse Eisen in den Flachwas-
serbereich um kleinere Festlands-
                                           Kreide
partien transportiert. Dabei legten
sich eisenhaltige Mineralschichten         In der folgenden Kreide, populär
um winzige Kerne aus Quarz oder           auch „Kreidezeit“ genannt, waren
Kalkschalenteilchen. Diese Eisenkü-       weite Gebiete Europas von Meer

                                                                                   25
bedeckt. Die „Süderde“ Gondwana          Motor dieser Dynamik? Dazu müs-
 brach endgültig auseinander. Quer        sen wir tiefer zurück in die Erdge-
 durch Mitteldeutschland kam es in        schichte gehen, in das Erdaltertum.
 der Unterkreide zunächst zu einer        Dort spielen Salzgesteine für unse-
 Landhebung im Bereich des mittel-        re Betrachtung eine wichtige Rolle
 deutschen Festlands und der Böhmi-       – ohne deren Verhalten können wir
 schen Masse. Die Nordküste dieses        diese Fragen nicht beantworten.
 Landes verlief etwa in unserem
 Raum. Sie war der buchtige, von           2.3 Salztektonik und südlicher
 Inseln und Untiefen durchsetzte           Salzgitterscher Höhenzug
 Rand der sogenannten Hildeshei-           Der Höhenzug ist in der Kreidezeit
 mer Halbinsel. Im Norden entstan-        durch den Aufstieg von Zechstein-
 den durch Landabsenkungen mehre-         Salzen entstanden, welche die jün-
 re kleine Becken. Wo im küstenna-        geren Deckschichten des Mesozoi-
 hen Bereich eisenhaltige Gesteine        kums sattelartig aufgewölbt haben.
 aus dem Jura anstanden, wurden           Die Entstehung der Salzstöcke geht
 sie nun erodiert und im beweg-           auf die Zeit vor 250 Millionen Jah-
 ten Flachwasser zertrümmert. So          ren zurück, als während einer aus-
 bildeten sich in den von den Geolo­-     gedehnten Periode warmen Klimas
 gen als Hauterive, Barreme und           riesige Mengen von Salzmineralien
 Alb bezeichneten Stufen der Unter-       durch Eindunstung von Meerwasser
 Unterkreide die sogenannten Trüm-        abgeschieden wurden. Dabei ent-
 mer-Eisenerze im Raum Salzgitter         stand die Gesteinsformation des
 und in unserem Gebiet des süd-           Zechsteins mit einer charakteristi-
 lichen Salzgitterschen Höhenzugs.        schen Schichtenfolge von Gipsen,
 Später, während der Oberkreide-          Salzen und anderen Gesteinen. Im
 zeit, wiederholte sich der Vorgang       weiteren Verlauf der Erdgeschich-
 im Santon. Nun wurden allerdings         te wurden diese Formationen von
 die Unterkreideablagerungen erneut       Ablagerungen der Trias, des Jura,
 aufgearbeitet. So entstanden die         der Kreidezeit und weiter in der Erd-
 marinen Erzlagerstätten von Barbe-       neuzeit von Schichten des Tertiärs
 cke-Lengede-Broistedt, Bülten-Aden-      und Quartärs überlagert, wie oben
 stedt und Peine.                         dargestellt. Unter der Last dieser
 Diese Eisenerze des Jura und der         Schichten begannen sich die Salz-
 Kreidezeit waren im 19. und bis          massen plastisch zu verformen und
 Mitte des 20. Jh. die Grundlage für      örtlich aufzusteigen, zuerst in Form
 die bis heute existierende Stahlin-      flacher Kissen, dann als Salzstöcke
 dustrie des Großraums Salzgitter.        und gelegentlich sogar in ausge-
                                          dehnten Salzmauern – diese geolo-
 Zu weiteren Details der Erzentste-       gischen Formen werden auch „Dia-
 hung in der Kreidezeit s. Kapitel 2.3.   pire“ genannt. Der Salzgittersche
  Doch wodurch wurden nun die             Höhenzug befindet sich über einem
 Hebungen und Senkungen der               solchen Salzstock und ist eine der
 Schichtpakte des Salzgitterschen         markanten Salzstrukturen in Süd-
 Höhenzugs ausgelöst? Was war der         ostniedersachsen.

26
Übersichtskarte des Geoparks Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen

                                                                     27
Betrachten wir daher die Erdge-       steil aufgerichtet. Die Innerstemul-
 schichte und ihren Ablauf noch-        de bildet den nordwestlichen Ab-
 mals, nunmehr mit dem Wissen           schluss der Subherzynen Kreide-
 um die Salztektonik.                   mulde. Gegen Ende der Kreidezeit
  Der Salzaufstieg erreichte im Fall    bewirkte ein erneuter Salzaufstieg
 des Salzgitterschen Höhenzugs in       die Formung des heutigen Salzgit-
 der frühen Kreidezeit einen ersten     terschen Sattels.
 Höhepunkt. Dabei bildete sich ein       Dort, wo das Salz die Erdober-
 Hochgebiet, in dem die jüngsten        fläche erreichte, wurde es vom
 Ablagerungen nun der Abtragung         Grundwasser aufgelöst (Subrosi-
 unterworfen wurden, wie oben           on). Zurückgeblieben sind soge-
 schon angesprochen. Als bei die-       nannte Residualgesteine aus Gips,
 ser Abtragung die tonigen Schich-      die den für Salzstöcke charakteris-
 ten aus dem Unteren (Lias) und         tischen Gipshut (cap rock) bilden.
 Mittleren Jura (Dogger) erodiert       Durch diese Gipse, die das Salz
 wurden, reicherten sich die darin      überlagern, wird die weitere Auf-
 häufig vorkommenden karbonati-         lösung des Salzdiapirs weitgehend
 schen Toneisenstein-Knollen (Kon-      gehemmt. Durch den Gipsabbau
 kretionen) an der Erdoberfläche an     bei Othfresen wurden die Gipse
 und wurden unter Einfluss des da-      und ihre besonderen Lagerungs-
 maligen warmen Klimas in Limonit-      verhältnisse sichtbar und bieten
 Knollen umgewandelt. In der spä-       somit in der Gipskuhle Othfresen
 teren Unterkreide (Neokom) rückte      nicht nur Geologen einen anschau-
 nun das Meer wieder allmählich         lichen Blick in das Buch der Erdge-
 von Norden her über das Festland       schichte. Aufschlüsse im Gipshut
 vor und spülte dabei die Limonit-      von Diapiren sind in unserer Re-
 Knollen und -scherben lagenweise       gion selten, deshalb sind die zum
 oder in Senken am Meeresboden          Teil noch gut erhaltenen Wände
 (Erzkolke) zusammen. Die Eisener-      des Gipsbruchs bei Othfresen be-
 ze wurden danach rasch von san-        sonders beliebte Studienobjekte
 dig-tonigen, später kalkigen Mee-      für Exkursionen von Geowissen-
 resablagerungen überdeckt.             schaftlern.
  In der frühen Oberkreide bildeten      Aus welchem Erdzeitalter der Gips
 sich mächtige hellgefärbte Kalk-       stammt, ist übrigens noch unklar.
 stein-Serien, landläufig “Pläner”       Hinzu kommt, dass der Gips in der
 genannt, die heute die hellen Um-      jüngeren geologischen Vergangen-
 randungen des Höhenzugs ausma-         heit verkarstete. Es bildeten sich
 chen. Auf ihnen sind die erwähnten     Schlotten und kleine Höhlen. Viele
 schutzwürdigen Magerrasen- und         Hohlräume wurden am Ende der
 anderen Trockenbiotope angesie-        Eiszeit durch Wind und Regenwas-
 delt. An den Sattelflanken des Salz-   ser zum Teil mit Sand und Schluff
 gitterschen Höhenzugs wurden           (Staub) gefüllt.
 die Schichten durch die Hebung

28
Stratigraphisches Profil des Geoparks Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen

                                                                              29
l
                                      tte

                                                                                                                                        Oderw
        Wartjenstedt              -Sa
                           berg
                       ten                                                        Gebhardshagen

                                                                                                                                          ald-S
                                                               Sal
                   h
               LicOelber

                                                                                           Flachs k
                                                                  zgi

                                                                                           Salzsto
                                                                                                                Flach-

                                                                                                                                               attel
                                              Gustedt                                                           stöckheim

                                                                     tter
                Baddeckenstedt

                                                                                                 töckhe
                                                                         -S
                                              Inn

                                                                                                  c
                                                                          atte
                                                                                                                           Kl. Flöthe

                                                ers

                                                                              l

                                                                                                        imer
                                                    te-

                                                                                                                     Flö
                                                       M
                                                      uld

                                                                                                                       the
                                                                                    Salzgitter-Bad

                                                           e

                                                                                                                            -Mu
                                              Ringelheim

                                                                                                                              lde
                                                                                                         Liebenburg

                                                                                                                Gr. Döhren

                                                                                              Sa
                                                                              Othfresen

                                                                                                  lzg
                                                                                                                                        Beuchte
                                            l

                                                                                                     itt
                       Lutter a. B.
                                        tte

                                                                                                        er
                                          a

                                                                                                          -S
                                      r-S

                                                                              Dörnten                                                Har

                                                                                              to r

                                                                                                               att
                                                                                           lzs dte
                                                                                                                                        ly
                                  tte

                                                                                                ck

                                                                                                                el
                                                                                         Sa rste
                               Lu

                                                                                          Je
                                                                                                                           Immenrode
        Hahausen                                                              Jerstedt                    Hahndorf
                                                                                                          Su
                                                                    Har                                        bh
                                                                       zno
                                                                          rdra                                       erc
                Quartäre Lockersedimente                                      nd                                        yne
                                                     Langelsheim                stö                                             Mu
                                                                                   run                                              lde
                                                                                      g
                Oberkreide                                          HA                                                          Harlingerode
                                                                              RZ
                Trias, Jura, Unterkreide

                Paläozoikum des Harzes                0    1    2     3       4    5 km
                                                                                             Goslar                               Oker

      Der Salzgittersche Höhenzug in seinem geologischen Umfeld,
                   verändert nach BURMESTER et al. (2006)

     Schema der Entstehung von Salzstrukturen in Norddeutschland,
                       Grafik Frank Gießelmann

30
2 cm

Trümmer-Eisenerz der Unterkreide aus dem Tagebau Glockenberg der Grube
Georg-Friedrich, Foto Hartmut Knappe

                                                                         31
Geologisches Blockbild des Salzgitterschen Höhenzugs, Grafik Heinz Kolbe

32
Schloss Liebenburg, Flankierungsturm. Foto Verlag Schadach

3. Geschichte und Geschichten des südlichen
   Salzgitterschen Höhenzugs

3.1 Altsteinzeit                             3.2 Mittel- und Jungsteinzeit
 Der älteste Mensch in unserer Regi-         In der Mittelsteinzeit (Mesolithikum;
on war nach heutigem Wissen vor ca.         ca. 10.000 – 6.500 v. Chr.) lebten an
350.000 Jahren der Homo heidelber-          den Flüssen des Harznordrandes die
gensis. Seine Spuren finden sich z.B.       Menschen vom Fischen, Jagen und
bei Schöningen in Form der berühm-          Sammeln von Pflanzen, Wurzeln so-
ten Schöninger Speere. Näheres dazu         wie Früchten.
erfahren Sie im Geopark-Informati-           Mit Beginn der Jungsteinzeit (Neoli­
onszentrum Königslutter.                    thikum; ab ca. 6.500 v. Chr.) begann
 Vor ca. 200.000 Jahren trat der Ne-        in Europa die Sesshaftwerdung der
andertaler auf die Bühne und jagte          Menschen. Die Neolithiker errichte-
im Gebiet Auerochsen, Bisons, Höh-          ten Siedlungen, zähmten Wildtiere
lenbären, Mammuts, Nashörner,               und kultivierten Pflanzen. Für unser
Pferde, Rentiere, Waldelefanten und         Gebiet bedeutete das eine zuneh-
vieles mehr. Seine Spuren sind z.B.         mende Besiedlung des Nordharzvor-
an der Fuhse bei Salzgitter-Leben­          landes und von Teilen des Harzes.
stedt (Kellner-Deppner & Vanis in Krüger
2006), bei Rübeland im Harz und im           3.3 Bronzezeit
Südharz nachgewiesen.
                                             Vor über 3.000 Jahren – in der
 Vor ca. 40.000 Jahren kam mit der          Bronzezeit, die von 2000 v. Chr.
sog. Paläolithischen Revolution der         bis 800 v. Chr. andauerte – begann
moderne Mensch Homo sapiens, aus            der Bergbau im und am Harz, mög-
Afrika stammend, über den Nahen             licherweise als Folge einer noch frü-
Osten in unser Gebiet.                      heren Nutzung der oberflächennah

                                                                                     33
Sie können auch lesen