DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV

Die Seite wird erstellt Hedwig Probst
 
WEITER LESEN
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
zoom
Das Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20

                               Schwerpunkt Veränderung

                              DIE
                              NASE IM
                              WIND
                               So hat sich das Bewerterwesen gewandelt

05
Andreas Campis «Hotspots»
des Wandels

18
Daniel Hengartner:
«Irgendwann ist die Party vorbei»

34
Mikrolage –
Schlüsselfaktor in der Bewertung
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Editorial —

                                                  ZEITGEMÄSS

                                                  Liebe Bewerterin
                                                  Lieber Schätzer
© Christine Kocher

                                                  «Du und deine Papieragenda.» Ich habe längst aufgehört, mich ge-
                                                  gen diese teils neckenden, teils spöttischen Aussagen zu wehren. Die
                IMPRESSUM                         bisweilen mitleidigen Blicke stecke ich locker weg. Nicht so locker
                Herausgeber                       ging ich damit um, als jemand zu mir sagte: «Du bist so was von
                                                  verklärt-nostalgisch.» Ich, die jedem Zukunftsforscher auf Insta folgt
  Schweizer Immobilienschätzer-Verband            und sich dann am wohlsten fühlt, wenn möglichst wenig konstant
      Poststrasse 23, 9000 St. Gallen
                                                  bleibt (Werte und Beziehungen ausgenommen), soll nostalgisch sein?
       T 071 223 19 19, www.siv.ch
                                                  Hmmm … Ist es tatsächlich diese sehnsuchtsvolle Hinwendung zu
                     Partner
                                                  vergangenen Gegenständen oder fast ein krankhaftes Heimweh, die
                                                  mich an der papierenen Agenda – im wahrsten Sinn des Wortes –
            Schweizer Institut für
            Immobilienbewertung                   festhalten lassen? Definitiv nicht. Für mich ist das Moleskine einfach
                                                  die bessere Wahl (bessere Übersicht, besseres Handling, bessere
                                                  ­Orientierung, ein klarer Rahmen).
         Chambre suisse d’experts
        en estimations immobilières

          Gesamtverantwortung                     Das Nachdenken über die Agenda-Wahl hat mich darüber nachden-
       Daniel Hengartner, lic. iur. HSG,          ken lassen, ob es besser ist, mit dem Mainstream zu schwimmen.
               Präsident SIV
    daniel.hengartner@siv.ch, www.siv.ch          Besser wohl nicht, möglicherweise einfacher. Wesentlich entscheiden-
               Chefredaktion
                                                  der finde ich, dass wir zeitgemäss unterwegs sind – mit unserem
                Sibylle Jung                      Denken und Verhalten also der Gegenwart entsprechen. Wenn wir
                zoom@siv.ch
                                                  den Link zum Bewertungswesen machen, geht es um Know-how,
              Redaktionsteam
         Martin Frei, Jitka Doytchinov,
                                                  Marktkenntnisse, (Plausibilisierungs-)Methoden und Möglichkeiten;
         Anne-Lea Marte, Silja Munz,              sie zu kennen und – vor allem – sie richtig anzuwenden ist entschei-
               Felix Thurnheer,
              Urs-Peter Zwingli
                                                  dend. Modern ist dabei nicht immer richtig(er). Alt bewährt – nicht
                                                  zwingend veraltet. Wenn Sie abwägen und zum Schluss kommen,
          Redaktioneller Beirat
        Martin Frei, Daniel Hengartner            dass – als Beispiel – eine «alte Methode» für den jeweiligen Fall ge-
        Konzept und Umsetzung                     nau richtig ist, sind Sie nicht nostalgisch, sondern wohl eher clever.
      Pur Kommunikation AG, St. Gallen
        www.pur-kommunikation.ch
                                                  So und so: Behalten Sie die Nase im Wind. Und schnuppern Sie
                   Design
         Agentur formidable, Berneck              ­zeitnah SIV-Luft. Zum Beispiel an der Mitgliederversammlung vom
            www.formidable.ch                      30. April 2020. Tragen Sie diesen Termin, wenn Sie es nicht bereits
                    Druck                          getan haben, am besten heute noch in Ihre Agenda ein. Ob Papier
              Cavelti AG, Gossau
               www.cavelti.ch                      oder elektronisch, ist einerlei. Ich freue mich, wenn wir uns da –
           Auflage / Erscheinung
                                                   ganz traditionell – live sehen.
            3600 Ex., 2 × jährlich

                    Cover
  Ein Quartier verändert sich: Löwengarten,
 Rorschach. Im Bild: Treppenhaus Haus West,
 Fotografie: Lukas Murer, Architekt: Bollhalder
               Eberle Architektur

                                                  Sibylle Jung

                                                   — Zoom 01 | 20 —
                                                          2
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Inhalt —

             FOCUS                                                                                               05   INTRO

                                                                          06
                                                                                                                      Geschätzt #4
                                                                                                                      mit Andreas Campi,
                                                                                                                      Halter AG

                                                                                                                 20   MARKTREPORT
                                                                                                                      Der aktuelle Markt
                                                                                                                      im Überblick

                                                                                                                 25   AUS- UND
                                                                 IM UMBRUCH                                           WEITERBILDUNG
                                                                                                                      Punktgenau, mit hoher
                                                                 Das Bewertungswesen wandelt sich
                                                                                                                      Praxisrelevanz
                                                                 ­rasant – nicht erst seit der Digitalisierung
                                                                                                                 28   MEHRWERT

                        08
                                                                                                                      Das Zünglein an der
                                                                                                                      Waage

                                                                                                                 30   DAS PRÜFSOFA
                                                                                                                      Rosinenpicker

                                                                                                                 32   REGION TESSIN
                                                                                                                      Im Fokus: das Kreis-
                                               IN ZAHLEN                                                              schreiben 7
                                      AUSGEDRÜCKT
                                                                                                                 34   REGION
                   Der Wandel vom Einzelkämpfertum                                                                    WESTSCHWEIZ
                              zur Verbandslandschaft                                                                  Die Mikrolage als
                                                                                                                      Schlüsselfaktor

                                                                                                                 36   VERBANDINFOS

                          10
                                                                                                                      Aus der Welt des SIV

                                                                                                                 38   SIV-KOPF
                                                                 ROLLE DES BEWERTERS
                                                                                                                      Marco Imhof
                                                                 4 Experten nehmen Stellung

00

00

                                                                           13
00

00

00

                                                                 «SENSOR» FÜR VERGLEICHSWERTE
00                                                               Praktisches Online-Tool, rege genutzt

                          14
00

 0
     09 10 11 12   01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12   01
         2018                      2019                          2020

      Stockwerkeigentum      Einfamilienhaus     Renditeobjekt     Landwerte

                                   DIGITALISIERUNG
                           Bringt Open Data die grosse
                                        ­Veränderung?

                                                                               — Zoom 01 | 20 —
                                                                                      3
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
Finden Sie den
           passenden Schätzer
              für Ihr Objekt:
                               siv.ch

                                                                                                          on
                                                                            fi ti e r e n S ie online v
                                                                        Pro                              e–
                                                                                           hätzersuch
                                                                         unserer Sc                      sten-
                                                                            u n te  r s tü tzen Sie ko
                                                                        wir
                                                                                   d  e r E v a lu ation Ihres
                                                                        los be   i
                                                                                      Bewerters.

Nutzen Sie zudem:
Sensor                         Marktreport                     Zoom                           Stellenportal
Service für aktuelle           2x jährlich gegenwärtige        Fachmagazin für Schweizer      Mitarbeitende via SIV-
Immobilienvergleichswerte      Marktdaten                      Immobilienbewerter             Plattform finden
Für SIV-Mitglieder kostenlos   Für SIV-Mitglieder ergänzende   Für SIV-Mitglieder kostenlos   Für SIV-Mitglieder kostenlos
                               Daten im geschützten Down-
                               loadbereich

Wenn’s um Werte geht.                                                                               www.siv.ch
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Intro —

                                GESCHÄTZT #4
          Veränderung und Immobilienentwicklung stehen in engem Zusammenhang. Einer, der das ganz genau
      weiss, ist Andreas Campi. Als Leiter Entwicklung bei Halter setzt er einen Fokus auf die marktkonforme und
      ­wertsteigernde ­Positionierung von Immobilien, wobei die nachhaltige orts- und städtebauliche E
                                                                                                     ­ ntwicklung
          ein Schlüssel­faktor ist. Zoom verrät er seine persönlichen Hotspots, die einen entscheidenden Wandel
                                                   ­mitmachten oder noch tun werden.
                                                                            Text: Anne-Lea Marte

      #1 MITTELPUNKT

                                                                                                                                                               © Andreas Campi
                                                                                                                            © Halter AG
 Attisholz-Arena: Platz
    und Durchgangsort
  zugleich und mit sei-
  nen erst zwei Jahren
   Sinnbild für die suk-
   zessive Transforma­
tion im Areal. Dem ur-
 sprünglich industriell
genutzten, abgesperr-                                                                                                                     Immobilienentwickler mit
  ten Areal wird neues                                                                                                                    Leib und Seele: Andreas
   Leben eingehaucht.                                                                                                                     Campi, Leiter Entwick-
                                                                                                                                          lung bei der Halter AG.

                                                                                                                                             #3 FLANIERMEILE
                                                                                                                                             Die konsequente Stadtent-
                                                                                                                                             wicklung von Barcelona
                                                                                                                                             ist faszinierend. Sie zeigt,
                                                                             #2 FERNSICHT                                                    was alles möglich ist,
                                                                             Die Piazza del Duomo in                                         wenn Interessen aus Poli-
                                                                             Mailand ist eine Herzens-                                       tik, Wirtschaft und Gesell-
                                                                             angelegenheit mit Wow-                                          schaft geschickt gepaart
                                                                             Effekt. Inklusive atembe-                                       werden. Seit den Olympi-
                                                                             raubender Fernsicht vom                                         schen Sommerspielen
                                                                             Dach des Doms bis in die                                        1992 hat sich vieles posi-
                                                                             Alpen. Der Aufbruch in                                          tiv verändert. Exempla-
                                                                             die Zukunft ist positiv                                         risch dafür: der Vorplatz
                                                                             spürbar. Die Silhouette                                         der Passeig Maritím.
                                                                             von Mailand veränderte
                                                                             sich in den letzten Jahren
                                                          © Andreas Campi

                                                                                                          © Andreas Campi

                                                                             rasant, sicht- und erleb-
                                                                             bar im modernen Viertel
                                                                             um Porta Nuova.

                 GESCHÄTZT
                 Schweizer Persönlichkeiten zeigen Zoom exklusiv ihre
                 Lieblingsplätze. Es sind Orte, an denen sie gerne Zeit
                 verbringen; Räume, die sie mit besonderen Erinnerun­
                 gen verbinden. Zu Hause, unterwegs oder am Arbeits­
                 platz. Der «Marktwert»: geschätzt nach persönlichen
                 Kriterien. Das ist so gar nicht schätzertypisch – und
                 trotzdem lesenswert.

                                                                              — Zoom 01 | 20 —
                                                                                     5
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Focus —

            DIE BEWERTERBRANCHE
            IST SEIT JAHRZEHNTEN
                 IM UMBRUCH
                Das Schätzerwesen wandelt sich wegen der Digitalisierung rasant. Grosse Veränderun-
           gen gab es ­allerdings b
                                  ­ ereits seit den 1990er-Jahren: Damals setzten Professionalisierung und
                                            ­Spezialisierung ein. Ein Rück- und Ausblick.
                                                          Text: Urs-Peter Zwingli

Urs Hausmann hat sich durch ­Archive              Wüest Partner war und seit 2016 als        zelpersonen hin zu Unternehmen fort-
gewühlt, viele Seiten Fachliteratur ge-           selbständiger Berater arbeitet.            setzt: «Die Essenz der Bewertung sind
lesen und Gespräche mit Dutzenden                       Eine Folge der Entwicklungen         Wissen und Daten. Für einzelne Bewer-
Expertinnen und Experten der Immo-                seit 1990 ist, dass die Einzelbewerter     ter ist es schwieriger, diese in der be-
bilienbranche geführt. Das Resultat da-           weniger und durch Unternehmen er-          nötigten Menge aufzubringen.»
von ist ein Buch, das über 200 ­Jahre             setzt werden. Letztere haben zudem
Schweizer Bewertungsgeschichte zu-                eine Spezialisierung in Gang gebracht.         Weiterbildung essenzieller
sammenfasst.1 Es ist ein Pionierwerk,             «Diese ist nötig, um in Zeiten der fort-                  denn je
das einen Überblick zu Entwicklun-                laufend automatisierten Bewertungen        Seit über 20 Jahren beobachtet und
gen des Schätzerwesens bietet. Bei                                                           gestaltet auch Dr. Gerhard Roesch die
der Lektüre fällt auf, dass die Bran-                                                        Immobilienbewertung. Der ehemali-
che in der jüngeren Geschichte in-
nert weniger Jahrzehnte einen grund-                                «                        ge selbständige Architekt ist promo-
                                                                                             vierter Ingenieur und Präsident der
legenden Wandel durchgemacht hat.                                                            Schweizerischen Vereinigung kantona-
«Bis in die 1990er-Jahre waren Immo-                  Die Essenz der                         ler Grundstücksbewertungsexperten
bilienschätzer typischerweise Männer,
die alleine arbeiteten oder für die Ver-
                                                        Bewertung                            (SVKG). Seit 2000 leitet er die Sek­tion
                                                                                             Grundstückschätzung der ­Aargauer Ver-
waltung Bewertungen machten», sagt
Hausmann, der nicht Historiker, son-
                                                     sind Wissen und                         waltung. Damit verantwortet er jähr-
                                                                                             lich rund 25 000 Bewertungen, die der
dern promovierter Volkswirt und Jurist
ist. «Typischerweise waren das Feld-
                                                          Daten.                             Kanton vornimmt – viele davon ganz
                                                                                             oder teilweise automatisiert. «Die prä-
Wald-Wiesen-­  Schätzer, die alle Kate-
gorien von Immobilien bewerteten.»
                                                                    »                        gendste Entwicklung der vergangenen
                                                                                             20 Jahre ist die Digitalisierung und
Zudem seien alle Immobilienbewerter                                                          die damit zunehmende Verfügbarkeit
damals Autodidakten gewesen, meist                                                           von Daten und automatisierten Bewer-
mit einem beruflichen Hintergrund als             einen Mehrwert durch menschliches          tungen», sagt Roesch. Vielen Immobi-
Architekt oder Treuhänder. «Mit dem               Spezialwissen zu schaffen», sagt Haus-     lienbewertern fehle heute die nötige
Aufkommen von ersten Ausbildungs-                 mann. Die Arbeit werde den Schätzerin-     Methodenkompetenz, um die Funk­
gängen vor rund 20 Jahren setzte eine             nen und Schätzern sicher nicht ausge-      tionsweise von automatisierten Be-
Professionalisierung ein», sagt Haus-             hen, «aber sie ist im Fluss». In diesem    wertungen zu verstehen und die Er-
mann, der langjähriger Mitinhaber von             bewegten Markt müssten sich Bewerter       gebnisse entsprechend zu würdigen.
                                                  und Unternehmen beispielsweise ver-        «In diesem Bereich hinken leider auch
                                                  mehrt auf Beratungs­   tätigkeiten oder    die Ausbildungsinstitutionen in der
                                                  besondere Immobil­ienkategorien kon-       Schweiz der Entwicklung hinterher»,
1
  Urs Hausmann: «Liegenschaften wertge-
schätzt – Ein Streifzug durch zwei Jahrhunderte   zentrieren. Hausmann erwartet, dass        sagt Roesch. Es müsse in den Studien-
Schweizer Bewertungsgeschichte». Edition          sich die Konsolidierung weg von Ein-       gängen ein stärkeres Gewicht auf Sta-
Hochparterre, 2019

                                                              — Zoom 01 | 20 —
                                                                     6
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Focus —

         Digitalisierung sowie die damit zunehmende Verfügbarkeit von Daten und automatisierten Bewertungen als prägendste Entwicklung

tistik und Datenanalyse gelegt werden,                                               TRANSPARENZ BRAUCHT TRANSAKTIONSDATEN
«auch wenn gerade Statistik ein Fach                                                 Methodisch und in der Ausbildung hat die Immo­
ist, das bei Studieneinsteigern wenig                                                bilienbewertung seit den 1990er-Jahren grosse
Begeisterung wecken dürfte». Wichtig                                                 Schritte nach vorne gemacht. Einer weiteren Ver­
sei daneben auch, dass Bewertungs­                                                   besserung steht allerdings die «notorische Intrans­
unternehmen und Schätzungsbehör-                                                     parenz in den Transaktionsmärkten» im Weg, wie
den laufend Weiterbildungen anbieten.                                                Urs Hausmann in seinem Buch schreibt. Um das
So ermöglichten sie, dass ihre Mitar-                                                Schätzerwesen in der Schweiz «in neue Sphären
beitenden im Umgang mit neuen Tech-                                                  zu heben», so heisst es in der Einleitung, wäre
nologien und immer komplexeren Da-                                                   ein systematischer und zeitnaher Zugang zu Trans­
tenmengen kompetent bleiben.                                                         aktionsdaten von Einzelobjekten gefragt.
                                                                                     «Mehr Transparenz bei gehandelten Immobilien­
                                                                                     deals wäre wichtig. Diese würde noch bessere
                                                                                     ­B ewertungen als heute möglich machen», sagt

                   «                                                                 auch Daniel Zaugg, Leiter des Sektors Immobilien
                                                                                     bei Ernst & Young in der Schweiz. Allerdings sei in

      Gefragt sind                                                                   näherer Zukunft nicht zu erwarten, dass Trans­
                                                                                     aktionsdaten systematisch offengelegt werden:

      Statistik und                                                                  «Es gibt weder branchenintern noch auf politischer
                                                                                     Ebene nennenswerte Bestrebungen dazu», sagt
     Datenanalyse.                                                                   Zaugg. Er betont aber, dass die Transparenz in der

                   »
                                                                                     Immobilienbewertung Fortschritte gemacht habe.
                                                                                     Einerseits seien die Bewertungen professionalisiert
                                                                                     worden. Andererseits seien Daten einfacher verfüg­
                                                                                     bar und es hätten sich methodische Standards
                                                                                     ­e tabliert. Zur Transparenz tragen weiter Regelwer­
                                                                                     ke wie die International Valuation Standards (IVS)
                                                                                     oder die Global Standards der Royal Institution of
                                                                                     Chartered Surveyors (RICS) bei. «Diese sind nicht
                                                                                     verbindlich im Sinne von Gesetzen, aber die
                                                                                     ­g rösseren Unternehmen in der Schweiz orientieren
                                                                                     sich daran», sagt Zaugg.

                                                              — Zoom 01 | 20 —
                                                                      7
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Focus —

 VOM EINZELKÄMPFERTUM
ZUR VERBANDSLANDSCHAFT
             Die Immobilienbewerter sind ab den 1990er-Jahren von Einzel- zu Teamplayern geworden.
          Mit der ­besseren Organisation der Branche kamen zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten dazu.
               Doch Pioniere haben dem S
                                       ­ chätzerwesen bereits vor 1990 ihren Stempel aufgedrückt –
                                   etwa in der Form von wegweisenden P
                                                                     ­ ublikationen.
                                                       Text: Urs-Peter Zwingli

Die Siedlungsfläche in der              Autodidakten,                   beispielsweise einen Chief              1988
Schweiz ist in den letzten          ­e rste Diplome und                 Digital Officer (CDO).3
30 Jahren stetig gewachsen –       neue digitale Berufe                                               Der Schweizerische Verband
das bedeutet auch mehr Ar­                                                        2020                der Immobilien-Treuhänder
beit für Immobilienbewerte­                  1990                                                     (SVIT) schafft die interne
rinnen und -bewerter. Branche                                           Neben dem eidgenössi-         Schätzungsexperten­
und Fachbereich sind nicht         Bis Mitte der 1990er-Jahre:          schen Fachausweis gibt es     kammer (SEK-SVIT).
mehr die gleichen wie noch         Schätzer von Grundstücken            heute Aus- und Weiterbil-
vor wenigen Jahrzehnten: Aus       waren fast ausschliesslich           dung auf Hochschulniveau                1989
Einzelmasken wurden Berufs­        Einzelpersonen. Sie agier-           wie etwa den CAS Immobi-
verbände, aus Autodidakten         ten ohne spezifische ­­­Aus-         lienbewertung oder den        In der Westschweiz schliesst
nach offiziellen Richtlinien       oder Weiterbildung als               MAS Real Estate Manage-       sich die «Chambre suisse
ausgebildete und geprüfte Ex­     ­Autodidakten.1                       ment, die von der SIV-Aus-    d’experts en esti­mations
perten. Und obwohl es in der                                            bildungsinstitution SIREA     immobilières» ­zusammen.
Schweiz mehrere Verbände                     1999                       in Zusammenarbeit mit
gibt, arbeiten diese bei Bedarf                                         Schweizer Fachhochschulen               1998
zusammen. Ein Beispiel dafür       9 Frauen und 54 Männer               angeboten werden.
sind etwa die Bewertungs­         ­erhielten erstmals den ­T itel                                     Der Schweizer Immobilien-
richtlinien «Swiss Valuation       «Immobilien-Schätzer                                               schätzer-Verband (SIV) wird
Standard», die SIV, SVIT und       bzw. -Schätzerin mit eidge-                  Die Branche           in Bern gegründet. An der
RICS Switzerland gemeinsam         nössischem Fachausweis».                 ­o rganisiert sich        ersten Mitgliederversamm-
veröffentlichen. Sie sind ­        2005 wurde die Bezeich-                                            lung im April 1999 zählt
heute zum Referenzpunkt der        nung zu «Immobilien­                           1974                der Verband bereits
Schweizer Immobilien­              bewerterin/­-bewerter mit                                          306 Mitglieder, davon elf
bewertung geworden. Die            eidgenössischem Fach­                Die Vereinigung der amt­      Unter­nehmen.
Zoom-­Redaktion hat Fakten         ausweis» ­geändert.2                 lichen Schätzer des Kantons
und Zahlen zusammengetra­                                               Bern (VAS) wird gegründet.              2003
gen, die einige Veränderungen                2010
und Meilensteine im                                                               1979                Mit der Royal Institution
Bewerter­wesen aufzeigen.          Ab Mitte der 2010er-Jahre:                                         of Chartered Surveyors,
                                   Neue Funktionen entstehen             Die leitenden Schätzer in    Switzerland (RICS) erfolgt
                                   in der Immobilienbranche:             der Verwaltung schliessen    die vorerst letzte Verbands-
                                   6 Prozent aller Unter­                sich in der Vereinigung      gründung in der Schweiz.4
                                   nehmen in der Schweizer              ­k antonaler Grundstücks­
                                  ­Immobilienbranche be-                 bewertungsexperten (VKG,
                                   schäftigen im Frühling 2019           ab 1993 SVKG) zusammen.

                                                           — Zoom 01 | 20 —
                                                                    8
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
— Focus —

               SIEDLUNGSFLÄCHE                                                       Pioniere und ihre                               1993
                IN DER SCHWEIZ                                                         Publikationen
                                                                                                                   gibt der Berner VAS unter
                                                                                             1945                  Leitung des Immobilien­
                                                                                                                   experten Francesco Canonica
                                                                                   veröffentlicht der Zürcher      das Buch «VAS-Schätzerlehr-
                                                                                   Tiefbauamt-Mitarbeiter          gang – Praktische Anleitung
                                                                                   Adolf Hägi das Buch «Die        für Grundstückschätzer» vor.
                                                                                   Bewertung von Liegen-           Ebenfalls mit Canonica als
                                                                                   schaften». Es ist das erste     Autor legte der SIV 2000 das
                                                                                   Lehrbuch zur Schätzungs-        Lehrbuch «Die Immobilien-
                                                                                   lehre in der Schweiz über       schätzung. Schätzerlehrgang
                                                                                   nicht landwirtschaftlich        Grundwissen» vor. Beide
                                                                                  ­genutzte Grundstücke.7          ­Bücher dienten der Vermitt-
                                                                                                                    lung von Schätzerwissen
                                                                                             1958                   im Selbststudium.10
               Über 20 Prozent Wachstum in 30 Jahren11
                       ■ 1979: rund 2500 Quadratkilometer                         veröffentlicht der Zürcher                         2020
                       ■ 2009: rund 3100 Quadratkilometer
        Zum Vergleich Gesamtfläche Schweiz: rund 41 000 Quadrat­kilometer
                                                                                  Architekt Wolfgang Naegeli
                                                                                  das Buch «Die Wertberech-        soll eine Schriftenreihe
                                                                                  nung des Baulandes», das         rund ums Thema
                                                                                  die Lageklassenmethode           «Immobilien­ökonomie» er-
       Einheitliche                                     2014                      postuliert. Dieses Buch ent-     scheinen. ­Autoren sind Ste-
 ­B ewertungsstandards                                                            steht basierend auf seinen       fan Fahrländer und Stephan
  und ein Berufskodex                     Basierend auf den SVS er-               Erfahrungen als Schätzungs-      Kloess. H
                                                                                                                           ­ erausgeber ist der
                                          lässt der SIV seine Standes-            experte und als nebenamt­        SIV.
               2007                       regeln in drei Sprachen.                licher Bezirksrichter in
                                          Diese für die ­SIV-Mitglieder           ­Meilen. Um bessere Metho-
Vertreter des SIV, des SVIT               geltenden Regeln schreiben               den für die Berechnung
und von RICS Switzerland                  unter anderem vor, die                   des ­Baulandwertes zu fin-
erarbeiten und veröffent­                 Pflichten gegenüber Auf-                 den, wertet Naegeli unter
lichen gemeinsam die                      traggebern «sachkundig,                  anderem über 200 Schät-
«Swiss Valuation Stan-                    ehrlich und integer» zu er-              zungen aus einem Zeitraum
dards». Diese werden mitt-                füllen.6                                 von 83 Jahren systematisch
lerweile als Immobilien­                                                           aus.8                           Quellen
bewertungsstandards der                                                                                            1 Hausmann, Urs: Liegenschaften wert­

Schweiz von allen relevan-                                                                   1984                  geschätzt – Ein Streifzug durch zwei Jahr-
                                                                                                                   hunderte Schweizer Bewertungsgeschichte.
ten Verbänden und Hoch-                                                                                            Edition Hochparterre, 2019. S. 287
schulen getragen. Sie                                                             legt der ETH-Bauingenieur        2 Hausmann, S. 288
                                                                                                                   3 Digitalisierungsstudie: Immobilien­branche
­heissen deshalb heute                                                            und Ökonom Kaspar Fierz
                                                                                                                   Schweiz, EY Real Estate Schweiz, April 2019
 in der Einzahl «Swiss Valua-                                                     in der Schriftenreihe der        3 Digitalisierungsstudie: Immobilienbranche
 tion Standard» (SVS).5                                                           Treuhandkammer das Werk          Schweiz, EY Real Estate Schweiz, April 2019
                                                                                                                   4 Hausmann, S. 285–287
                                                                                  «Wert und Zins bei Immo­
                                                                                                                   5 Camenzind, M., Schnider, L.G. & Schweizer,
                                                                                  bilien» vor. Fierz setzt erst-   M.: Fair-Value-Bewertung von Immobilienpro-
Marktwert aller Immobilien in der Schweiz:                                        mals auf die Berechnung          jektentwicklungen. Igel Verlag RWS, 2010. S. 42
                                                                                                                   6 SIV-Standesregeln
deutliche Zunahme innert zwölf Jahren (in Mrd. CHF)                               von Ertragswerten mittels
                                                                                                                   7 Hausmann, S. 18
                                                                                  der Barwertmethode und           8 Pfister, Stefan & Ochsner, Beat:
 1218

                             1146

                                                                                  betrachtet die Immobilien-       Die Geschichte der Immobilienbewertung
                918

                                                                                                                   in der Schweiz. In: CUREM Zürich (Hrsg.):
                                                                                  schätzung konsequent aus
        640

                                    622
                      462

                                                                                                                   Immobilienwirtschaft aktuell. 2009,
                                           323

                                                                                  ökonomischer Perspektive.9
                                                 187

                                                        151

                                                              113

                                                                                                                   vdf Hochschulverlag, S. 7.
                                                                                                                   9 Pfister & Ochsner, S. 17.
                                                                                                                   10 Hausmann, S. 287
   EFH            EWH          MW           Büro­       Verkaufs-­
                                           flächen       flächen                                                   11 BfS, Arealstatistik
■ 2. Quartal 201912                                                                                                12 Wüest Partner, Immo-Monitoring, 2020/1
■ 2. Quartal 200713                                                                                                13 Wüest Partner, Immo-Monitoring 2008/1

                                                                       — Zoom 01 | 20 —
                                                                              9
DIE NASE IM WIND zoomDas Fachmagazin für Schweizer Immobilienschätzer 01 | 20 - SIV
DIE ROLLE DER ­B EWERTER:
           VIER EXPERTEN
        ­N EHMEN STELLUNG
       Was macht einen Bewerter zu einem guten Bewerter? Welche Eigenschaften sind typisch Bewerter?
                  Wie bleiben Bewerter à jour? Diese und weitere Fragen hat Zoom verschiedenen
                                    Experten aus der Immobilienbranche gestellt.
                                                  Text: Anne-Lea Marte

STEPHAN NAEF                              sionellen Schätzer hinzuzuziehen. Die-    zu kennen, sondern vielmehr auch da-
Senior Kundenberater Finanzen und         ser kann im besten Fall einen echten      rum, sie auf das jeweilige Objekt – sei
­Mitglied des Führungskaders              Mehrwert generieren. Ein professio-       es Industrieobjekt, klassisches Mehrfa-
acrevis Bank AG, St. Gallen               neller Bewerter bildet seine Meinung      milienhaus oder komplexe Gebäude­
                                          unabhängig von externen Einflüssen.       struktur mit Entwicklungspotenzial –
«In den letzten Jahren zeigte der         So entsprechen seine Schätzwerte dem      zu übertragen. Essenziell ist, punkto
Schweizer Immobilienmarkt eine sehr       Markt und werden nicht durch exter-       Know-how immer auf dem aktuellen
dynamische Entwicklung, die p­ unktuell   ne Einflüsse verzerrt. Grundvorausset-    Stand zu sein. Grundlage dafür bildet
jedoch zu Preisübertreibungen führ-       zungen für eine gute Bewertung sind       die tägliche Auseinandersetzung mit
te. Um beim (Ver-)Kauf einer Immo-        langjährige regionale Marktkenntnis-      dem Immobilienmarkt und den lokalen
bilie die Situation besser abschätzen     se, Unabhängigkeit und stetige Wei-       Gegebenheiten sowie das Netzwerk.
zu können und Unsicherheiten zu re-       terbildung. Bei den lokalen Marktver-     Hier gilt: je grösser, desto besser. Nicht
duzieren, lohnt es sich, einen profes-    hältnissen geht es nicht nur darum, sie   zuletzt gilt es, auch der Digitalisierung

                                                      — Zoom 01 | 20 —
                                                            10
— Focus —

                                       «
                 Wer gut sein will,
          braucht Methodenkompetenz,                                                             Stephan Naef

         interdisziplinäre Fachkompetenz
                  und Erfahrung.
                                       »

genügend Aufmerksamkeit zu schen-         Transparenz, Unabhängigkeit und Ver-                   Thomi Jourdan
ken. Die Mehrwerte, die sich durch den    trauenswürdigkeit des Bewerters als
digitalen Fortschritt ergeben, sollen     Basis der Zusammenarbeit. Im Hin-
auch bei Bewertungen gezielt genutzt      blick auf die Gewährleistung von Qua-
werden. BIM ist ein Beispiel.»            litätsstandards nehmen die Verbände
                                          eine immer wichtigere Funktion ein. In
                                          ­einer Zeit, in der Informationen über-
THOMI JOURDAN                              all verfügbar und hedonische Bewer-
Geschäftsführer                            tungsangebote als beliebte Alternative
Trimag Treuhand-Immobilien AG, Basel       angesehen werden, ist es enorm wich-
                                           tig, die klassische Immobilienbewer-                  Jan Bärthel
«Der Bewerter übernimmt bei diversen       tung als qualitativ hochwertiges Pro-
Fragestellungen im Immobilienbereich       dukt mit klar definiertem Zusatznutzen
eine zentrale Rolle. Neben der eigent-     zu positionieren. Entsprechend gilt es,
lichen Wertermittlung von bestehen-        als Bewerter mit breiten Marktkennnis-
den Immobilien unterstützt er Grund-       sen, Know-how und e   ­ inem interdiszip-
eigentümer, Investoren und Entwickler      linären Netzwerk zu überzeugen. Ele-
beispielsweise auch bei Potenzialab-       mentar ist ausserdem ein persönlicher
rechnungen von Neubauprojekten, der        Kundenkontakt auf Augenhöhe: um-
Bewertung von Immobilienportfolios         fassend, verständlich, nachvollziehbar.
oder dem Eruieren von Wertelementen        Schliesslich soll dieser sofort merken,               Dr. Gerhard Roesch
bei nachbarschaftsrechtlichen Frage-       dass er in besten Händen ist.»
stellungen. Bei der Bewertung handelt
es sich um eine eigenständige Diszip-
lin, die oft Teil einer umfassenden Be-   JAN BÄRTHEL                                   ab. Je nachdem, welche Bedürfnisse
ratungsdienstleistung ist. Wer gut sein   Partner, Geschäftsleitungsmitglied,           dominieren, unterscheidet sich auch
will, braucht entsprechend Methoden-      Head of Valuation                             die Arbeit des Bewerters. Selten ist
kompetenz, interdisziplinäre Fachkom-     Wüest Partner AG, Zürich                      es nur der ermittelte Marktwert, der
petenz und Erfahrung. Im Weiteren ist                                                   re­levant ist. Weitere Kennzahlen sind
eine fundierte Auseinandersetzung mit     «Mit der gestiegenen Professionalität         für den Auftraggeber von Interesse,
dem zu bewertenden Objekt und dem         im Immobiliensektor und den wach-             etwa Marktmieten und Einschätzungen
Umfeld genauso unabdingbar, wie die       senden Anforderungen seitens F
                                                                       ­ INMA,         ­zukünftiger Instandsetzungskosten.
Bereitschaft, in Szenarien zu denken      SNB oder SFAMA hat die Bedeutung              Immobilienbewertungen generieren
und interdisziplinäres Know-how in        der Immobilienbewertung zugenom-              zudem Daten für ein Management-
die eigene Einschätzung zu integrie-      men. Welche Rolle der Bewerter ein-           Infor­mations-System und dienen zur
ren. Hinzu kommen hundertprozentige       nimmt, hängt vom jeweiligen Auftrag           Beurteilung verschiedener Szenarien

                                                      — Zoom 01 | 20 —
                                                              11
— Focus —

                                                                                                  Das Gespür für den
                                                                                                  Markt ist neben Fach-
                                                                                                  und Selbstkompetenz
                                                                                                  matchentscheidend.

(Stichwort Risikomanagement) oder            DR. GERHARD ROESCH                          fen Flexibilität und gute Kommunika-
zur Messung der Performance. Ein gu-         SVKG-Präsident, Leiter                     tionsfähigkeiten, damit die Informa-
ter Bewerter ist für mich in den meis-       Sektion Grundstückschätzung                tionen verständlich, nachprüfbar und
ten Fällen ein Generalist mit einem          ­Kanton Aargau                             nachvollziehbar ankommen. In Bezug
breiten technischen, ökonomischen                                                       auf die Weiterbildung empfehle ich, ge-
und rechtlichen Fachwissen sowie lo-         «Mit der zunehmenden Komplexität           genüber neuen Anforderungen neu-
kalen Marktkenntnissen und einem gu-         von Bewertungsaufgaben und voran-          gierig und offen zu sein, regelmässig
ten Gespür. Weiter vermag er sich in         schreitender Digitalisierung hat sich      Fachtagungen zu besuchen, geeignete
die Rolle des Eigentümers hineinzuver-       das Berufsbild und damit die Rolle der     Literatur zu konsumieren und die Platt-
setzen, um für die Bewertung ein rea-        Immobilienbewerterin/des Immobilien-       form-Angebote der Verbände zu nut-
listisches und wirtschaftlich sinnvolles     bewerters verändert. Die Bewertungs-       zen. Wenn ich an die Zukunft denke, gilt
Bewirtschaftungsszenario annehmen            fachleute müssen sich heute stärker        es, zwei Aspekten besondere Beach-
zu können. Für potenzielle Auftrag­          mit den Technologien beschäftigen, die     tung zu schenken: zum einen der Frage,
geber sind Unabhängigkeit, Kompe-            hinter den Analysemethoden und Be-         wie Nachhaltigkeit und Energie­effizienz
tenz beim Umgang mit verschiedenen           wertungs-Tools stecken. Ausserdem          ­einer Immobilie in der Bewertung be-
Bewertungsmethoden, personelle Res-          verlangen immer mehr Auftraggeber           rücksichtigt werden können und wie
sourcen sowie die Sicherstellung der         nach einem Komplettservice, eine um-        Bewerter zu verlässlichen Daten kom-
wichtigen Weiterbildung entscheidend.        fassende Immobilienberatung auch            men, zum anderen der Digitalisierung
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, sich       in Sachen Finanzierung, Steuern und         und Automatisierung. Künftig wird es
rund um die fortschreitende Digitali-        Recht und zu Nachhaltigkeitsfragen.         noch wichtiger, zwischen Individual-
sierung und – damit verbunden – die          Die Immobilienbewertung fordert da-         und Massengeschäft zu unterscheiden.
zunehmende Bedeutung von Big Data            mit immer mehr beide Kompetenzen:           Es gilt, Daten nicht einfach zu nutzen,
zu rüsten. Wir bei Wüest Partner tun         Fachqualitäten und Beraterfähigkeiten.      sondern deren Qualität richtig einzu-
das etwa, indem wir weitere relevan-         Eine gute Bewerterin oder ein guter         schätzen, die Herkunft zu hinterfragen
te Daten erfassen sowie durch Neu-           Bewerter sollte nebst seiner Fach- und      und stichprobenartig zu überprüfen.»
und Weiterentwicklung von Applikatio-        Selbstkompetenz ein gutes Marktge-
nen, mit denen die Daten verständlich        spür haben, mit nicht rationalisierbaren
­visualisiert und intuitiv analysiert wer-   Faktoren umgehen, über den Tellerrand
 den können.»                                blicken sowie neue Ideen, Veränderun-
                                             gen und die eigenen Grundsätze, Takti-
                                             ken und Strategien positiv-kritisch be-
                                             trachten können. Auftraggeber müssen
                                             sich zu 100 Prozent auf die Fähigkei-
                                             ten des Bewerters und seine unpartei-
                                             ische, unabhängige Arbeit verlassen
                                             können. Bei der Zusammenarbeit hel-

                                                         — Zoom 01 | 20 —
                                                               12
— Focus —

           PRAKTISCHES HILFSMITTEL,
                REGE GENUTZT
                   500 bis 700 pro Monat – so viele Abfragen verzeichnet der Online-Service für Immobilienvergleichswerte
      ­«Sensor». 2016 vom SIV ins Leben gerufen, wurde das Tool seither laufend erweitert. Ende April 2020 steht
          ein grösseres Update an, das deutlich mehr Module und Funktionalitäten verspricht. Ein Ein- und Ausblick.
                                          Inputs: Felix Thurnheer, Immocompass; Manuel Lehner, Fahrländer Partner

Das kann «Sensor»                                            – Marktübliche Nettoanfangsrenditen      lung dienen. Der Benutzer kann in sei-
«Sensor» gibt zu folgenden Indikatoren                       – Makro-Lagetext                         nen Dokumenten den Marktbeschrieb
statistische Benchmarks:                                     – Preise Stockwerkeigentum,              und die Herleitung der Marktwerte auf
– Mietpreise und Insertionszeiten zu                           ­Einfamilienhäuser                     ­Basis des Sensors vornehmen und sich
   Wohnen, Büro, Verkauf und Lager                           – Landpreise                              damit auf Datenquellen wie SRED und
– Betriebs-, Unterhalts- und Instand-                                                                  REIDA berufen. Die Wertermittlung im
   setzungskosten, Ertragsausfall­                           Die Benchmarks sollen zur Orientie-       konkreten Einzelfall muss der Bewer-
   quoten                                                    rung bei einer eigenen Wertermitt-        ter auch künftig immer noch selber vor-
                                                                                                       nehmen.

  2019 wurden insgesamt rund 6600 Abfragen von                                                        Für diese Zielgruppe ist «Sensor»
  knapp 200 SIV-Mitgliedern getätigt.                                                                 gedacht
                                                                                                      Das Online-Tool ist für alle Mitglieder
                                                                                                      des SIV zugänglich. Gedacht ist er für
                    700
                                                                                                      regional tätige kleinere Firmen aus den
                                                                                                      Bereichen Bewertung, Architektur, Ent-
                    600                                                                               wicklung, Treuhand oder Immobilien-
                                                                                                      dienstleitungen. Das Tool versteht sich
                    500
                                                                                                      als Service für Vereinsmittglieder und
                                                                                                      soll keineswegs Hauptgrund sein, beim
                                                                                                      SIV Mitglied zu werden. Genauso we-
                    400                                                                               nig ist es als Hauptarbeitsmittel zu ver-
 Anzahl Abfragen

                                                                                                      stehen, das bestehende Angebote auf
                    300
                                                                                                      dem Markt ersetzt.

                                                                                                      Das bringt das «Sensor»-Update 2020
                    200                                                                               Das Update 2020 bringt einen neuen,
                                                                                                      modulartigen Aufbau. Neue Modu-
                    100                                                                               le wie Wohnmarkt, Mietpreisrechner
                                                                                                      und Geschäftsflächenmarkt werden das
                                                                                                      Angebot ausbauen. Charts und Dia-
                      0
                          09 10 11 12   01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12    01                     gramme kommen in neuem Look da-
                              2018                      2019                             2020         her. Jedes SIV-Mitglied profitiert von
                                                                                                      20 kostenlosen Abfragen pro Modul.
                           Stockwerkeigentum      Einfamilienhaus    Renditeobjekt        Landwerte

                                                                          — Zoom 01 | 20 —
                                                                                    13
— Focus —

           BRINGT
    OPEN DATA DIE G
                  ­ ROSSE
       VERÄNDERUNG?
    Grosse Datenmengen und die Automatisierung führen zu mehr Objektivität in der Immobilien­bewertung.
        Das menschliche Element bleibt wichtig: etwa, um softe Faktoren zu berücksichtigen oder spezielle
        ­Immobilien einzuschätzen. Gleichzeitig läuft die Diskussion darüber, wie mit Daten umzugehen ist.
                                                           Text: Urs-Peter Zwingli

          160
                                                   sition, die es laut der erwähnten Stu-     der Mensch ins Spiel. Er recherchiert
                                                   die nur in sechs Prozent der Schweizer     und füllt Datenlücken auf.» Seger sagt,
                                                   Immobilienunternehmen überhaupt            er sei darum ein Verfechter von Open
                                                   gibt. «Als CDO erarbeite ich mit der       Data für alle Teilnehmer des Immobi­
                                                   Geschäftsleitung eine digitale Strate-     lienmarktes. «Ich gehe davon aus, dass
           Unternehmen befragt                     gie und gestalte darauf aufbauend un-      in den nächsten Jahren den Markt-

               56
                                                   seren Transformationsprozess», sagt        teilnehmern über Plattformen deut-
                                                   Seger. Ein CDO sei für Firmen in der       lich mehr Daten zur Verfügung stehen
                                                   Grösse von KPMG Schweiz – das Un-          werden als heute. Dazu wird auch der
                                                   ternehmen beschäftigt hierzulande          Druck des Transak­tionsmarktes beitra-
                                                   rund 2100 Mitarbeitende – hilfreich,       gen: Nur Immobi­lien, deren vollstän-
           % haben Fragezeichen                    um die verschiedenen Digitalisierungs-     dige Daten digitalisiert sind, sind sicht-
                                                   projekte zu bündeln und in Einklang        bare Immobilien.» Derart geschaffene
                                                   mit der Geschäftsstrategie zu bringen.     Transparenz würde den Bewertungs-
                                                   Seger arbeitet neben seinem CDO-           prozess «entscheidend verändern». Die
Die Digitalisierung verändert die Im-              Pensum von 50 Prozent weiter im All-       Kombination von Informationen etwa
mobilienwelt grundlegend: In der                   tagsgeschäft. «Ich will als Stratege den   aus dem Servicemarkt, dem Kapital-
Schweizer Immobilienbranche gehen                  Kontakt zur Basis nicht verlieren.»        markt, dem Baumarkt, dem Bestand,
laut einer aktuellen EY-Studie praktisch                                                      der Wirtschaft und Bereichen wie Geo-
alle 160 befragten Unternehmen davon                         Der Mensch füllt                 grafie, Demografie, Verkehr oder Um-
aus, dass sich die digitale Transforma-                      ­D atenlücken auf                welt werde den Einsatz prädiktiver Mo-
tion in den nächsten fünf Jahren mit-              Im Bereich der Immobilienbewertung         delle erlauben. Seger: «Diese sind nicht
tel bis stark auf sie auswirken wird.1             sei der digitale Umbruch schon weit        nur tagesaktuell, sondern wohl auch
Gleichzeitig besteht bei 56 Prozent die-           fortgeschritten – «zumindest für Re­       akkurater als eine kognitiv gefärbte
ser Immobilienunternehmen Unkennt-                 gionen und Immobilien, für die Daten       Schätzung.» Allerdings sei momentan
nis darüber, wie digitale Technologien             in genügend grosser Menge verfüg-          noch offen, ob die Marktakteure diese
im aktuellen Geschäftsmodell einge-                bar sind». Das gelte etwa für Wohn-        Transparenz goutieren und ob die Ak-
setzt werden sollen. In diesem Feld,               einheiten und teilweise Mehrfamilien-      tualität der Wertinformationen im eher
das von Veränderung und Unsicherheit               häuser in dicht besiedelten Regionen,      statischen Immobi­lienmarkt Mehrwert
geprägt ist, arbeitet Beat Seger. Er ist           bei deren Bewertung die automatisier-      generiert.
seit Anfang 2019 Chief ­Digital Officer            te Anwendung von hedonischen Mo-
(CDO) bei KPMG Schweiz – eine Po-                  dellen Standard sei. «Grundsätzlich           Beherrschen der Datenflut
                                                   ist die ­Datenlage in der Schweiz aber           ist Herausforderung
                                                   noch immer schwierig und uneinheit-        Für einen «kollaborativen Umgang
1
    EY Real Estate Schweiz. «
                            ­ Digitalisierungs­-
                                                   lich», sagt Seger. Das erschwere die       mit Daten» spricht sich auch Patrick
 studie Immobilienbranche Schweiz».
­A pril 2019.                                      automatisierte Bewertung. «Da kommt        Schnorf von Wüest Partner aus. Er er-

                                                               — Zoom 01 | 20 —
                                                                     14
— Focus —

wähnt als Beispiel die Vision einer             in der Immobilienbewertung» dok-                    schreibt Fahrländer in einem aktuel-
Swiss Real Estate Ledger. Bei dieser            toriert und ist heute zudem Dozent                  len wissenschaftlichen Beitrag zum
Blockchain-Anwendung steht die ge-              am C ­ enter for Urban & Real Estate                Thema.2 Er erwarte im Bereich der Da-
meinsame Nutzung von Daten rund um              Management (­CUREM) der Universi-                   tenverfügbarkeit in den kommenden
Liegenschaften im Zentrum. Die Idee:            tät Zürich. «Dank der Digitalisierung               Jahren keinen grossen Durchbruch,
Über eine Plattform könnten Marktteil-          und der grösseren verfügbaren Da-                   sagt Fahrländer auf Nachfrage. «Wenn
nehmer wie etwa Investoren, Architek-           tenmenge sind Bewertungen konsis-                   überhaupt, dann werden Datenban-
ten, Bauunternehmen, Behörden, Ban-             tenter und auch objek­tiver geworden.               ken mit anonymisierten Daten entste-
ken und Mieter gemeinsam Daten zu               Früher hatten die Annahmen von ein-                 hen.» In seinem wissenschaftlichen
Liegenschaften dokumentieren. Dank              zelnen Personen in Schätzungen viel                 Beitrag schreibt Fahrländer weiter, es
Blockchain-Technologie wären dabei              Gewicht, das ist heute weniger der                  gehe heute gar nicht unbedingt da-
der Schutz und die Vertraulichkeit der          Fall», sagt Fahrländer. Dennoch brau-               rum, mehr Daten zur Verfügung zu
Daten gewährleistet, während gleich-            che es den Menschen weiterhin in der                haben – vielmehr sei das «Beherr-
zeitig mehr Daten für die Analyse zur           Bewertung, betont er. «Der Mensch                   schen, Analysieren und Interpretieren
Verfügung stehen würden. «Davon                 bringt Faktoren ein, die von Algorith-              der verfügbaren Datenflut die Heraus-
würden alle Akteure im Immobilien-              men heute noch nicht berücksichtigt                 forderung.»
markt profitieren», sagt Schnorf.               werden.» Dabei gehe es etwa um bau-
       Mit der digitalisierten Bewer-           rechtliche Fragestellungen oder um
tung von Immobilien beschäftigt sich            langfristige Planungen. Hinzu kom-
seit mehr als 20 Jahren auch Stefan             me, dass «Eigenschaften wie Aussicht                2
                                                                                                      Stefan Fahrländer: «Transformation von
Fahrländer, CEO von Fahrländer Part-            oder Besonnung einer Wohnung nicht                  ­ atenanalyse und Immobilienbewertung».
                                                                                                    D
                                                                                                    In: Transformation Real Estate. Change­
ner Raumentwicklung. Er hat 2005                wirklich maschinell beurteilt werden                prozesse in Unternehmen und für Immobilien.
zum Thema «Hedonische Methoden                  können. Dies zumindest heute nicht»,                Springer, 2019.

     Bewertungen sind dank der Digitalisierung konsistenter und objektiver geworden; den Menschen braucht es nach wie vor resp. mehr denn je.

                                                               — Zoom 01 | 20 —
                                                                       15
— Focus —

    NACHWEISLICH BESSER
    Bewertungsgutachten ist nicht gleich Bewertungsgutachten. Beat Brunner verrät, welche Anforderungen
                        ­erfüllt sein müssen, damit ein Gutachten als gut eingestuft werden kann.
                                                                                                                                       Text: Beat Brunner

                                                                                                                                                 Beat S. Brunner
                                                                                                                                                 Präsident Prüfungs-
                                                                                                                                                 kommission SIREA
                                                                                                                                                 Gerichtsexperte
                                                                                                                                                 im Fachgebiet der
                                                                                                                                                 ­Immobilienbewertung
                                                                                                                                                  ISO 17024/SEC 04.01,
                                                                                                                                                  Zert. Nr. 080

Ein gutes Marktwertgutachten ist klar                                                                     ­ arameter berücksichtigt, verarbeitet
                                                                                                          P                                                              ten fünf Jahren verschiedentlich an-
strukturiert, in allen Teilen nachvollzieh-                                                               und klar dargelegt werden.                                     gepasst und wird den Studierenden
bar, methodisch richtig, in einer gut                                                                            Weil die Prüfungskommission                             zu Beginn der Semesterarbeit abgege-
lesbaren, fehlerfreien Sprache verfasst                                                                   ­SIREA mit der Qualität der eingereich-                        ben. Fünf Jahre Erfahrung zeigen, dass
und berücksichtigt alle bewertungs­                                                                        ten Semesterarbeiten im CAS Immo-                             die Anwendung dieses Rasters nach-
relevanten Faktoren. Was in einem ein-                                                                     bilienbewertung nicht zufrieden war,                          weislich zu besseren Semesterarbeiten
zigen Satz zusammengefasst werden                                                                          erarbeitete sie vor sechs Jahren ein                          führt. Grund genug, das Schema in zu-
kann, ist in der Praxis anspruchsvoll,                                                                     Schema zum Aufbau eines Marktwert-                            sammengefasster Form hier wiederzu-
denn es müssen viele verschiedene                                                                          gutachtens. Dieses wurde in den letz-                         geben (siehe nächste Seite).

                                                                                                                                                             DER RICHTIGE INHALT,
                                                                                                                                                             DER RICHTIGE UMFANG,
                                                                                                                                                             DIE RICHTIGE FORM
                                                                                                                                                             Die detaillierten Anforderungen an
                                                                                                                                                             ein Marktwertgutachten sind im
                                                              n
                                             r d e r u ngen a                                                                                                ­entsprechenden SIREA-Themenheft
                                       Anfo                 ten
                                          t u n g s gutach                                                                                                   ­ausführlich ­dargelegt.

                                   Beweenran
                                     ng                         01                                                                                           Themenheft 01 – Anforderungen an
                                deru tachten
                                                                                                                                  ng

                              r
                                                                                                                          wertu

                            o
                                                                                                                ilienbe
                                                                                                                                                             ­Bewertungsgutachten
                          f
                                                                                                           ob
                                                                                                    ft Imm

                       An           gu
                                                                                             enhe
                                                                                  Them

                                ngs
                                                                            SIREA
                                                                                                                                                              Bezug: https://shop.siv.ch/
                          r t u
                    B ewe                        01                                     ng
                                                                                 ertu
                                                                           bew
                                                                     ien
                                                          m   obil
                                                    ft Im
                                              nhe
                                         me
                                   The
                              EA
                        SIR

                                                                                                                                        — Zoom 01 | 20 —
                                                                                                                                              16
— Focus —

                                      Struktur eines Bewertungsgutachtens
                     Abweichungen in Reihenfolge und Umfang sind je nach Aufgabenstellung angezeigt.

 Deckblatt

 Inhaltsverzeichnis

 1. Zusammenfassung                                                  4. Objektbeschreibung

 ■ Auftrag                                                           ■ Steuer- und Gebäudeversicherungswerte, Sachpläne,
                                                                        ­Richtpläne, Bauzonen, planungs- und baurelevante Inhalte,
 ■ Auftragsanalyse                                                       Schutzinventare, Altlasten, Gefahrenkarte
 ■ ermittelter Marktwert                                             ■ Parzellen- und Gebäudebeschreibung
 ■ Zusammenstellung der wichtigsten Zahlen und Fakten               ■ aktuelle Nutzung / Mieterträge / Kosten
    des Objekts
                                                                     5. Beurteilung
 ■ Stichtag der Bewertung
                                                                     ■ Allgemeines
 ■ Name und Kontaktdaten des Bewerters/der Bewerterin
                                                                     ■ Markt, objekttypische Käufergruppen, Objekttypologie
 ■ Datum, Unterschrift                                                   der Immobilie, besondere Qualifikationen, Nutzungen,
 ■ verbale Darstellung und Begründung aller                            ­Umnutzungen, Nachhaltigkeit
    ­wertrelevanten ­Gegebenheiten                                   ■ Lage
 2. Ausgangslage                                                     ■ Makro-, Mikro-, Wohn-, Geschäfts-, Verkehrslage /
 ■ Auftraggeber(in) des Marktwertgutachtens                             ­Eignung / ­Erschliessung / Umgebung / Lageklasse

 ■ Eigentümerschaft der Liegenschaft                                 ■ Grundstück

 ■ Auftrag der Bewertung und Analyse des Auftrags                    ■ Grösse, Form etc.

 ■ Bewertungszweck                                                   ■ baulicher Zustand der Bauten

 ■ Definition des Marktwerts                                        6. Gliederung der Immobilie in Objekte und Wertelemente
    (oder je nach Auftrag weitere ­Definitionen)
                                                                     7. Annahmen / Berechnungen durch Bewerter(in)
 ■ Stichtag und Gültigkeit der Bewertung
                                                                     ■ Mietwertanalyse, Berechnung des Mietwerts
 ■ Besichtigung
                                                                     ■ Berechnung der Instandsetzungskosten
 ■ Bewertungsunterlagen
                                                                     ■ Berechnung des Nettozinssatzes
 ■ Vorbehalte
                                                                     ■ Berechnung der jährlichen Instandsetzungsrate für
 ■ Diverses                                                             ­grosszyklische Erneuerungen

 3. Bewertungssystem, M
                      ­ ethodik und Fachnormen                       ■ Berechnung des Kapitalisierungs- bzw. des Diskontsatzes

 ■ Beschreibung der angewendeten Systeme und Methoden                ■ … (z. B. weitere Vorrechnungen für DCF)

 ■ Verweis auf relevante Normen von Fachverbänden                    ■ Berechnung der einzelnen Werte der Objekte und Wertelemente

 4. Objektbeschreibung                                               ■ Ertragswert, technische Entwertung, befristete Elemente,
                                                                        DCF Tabelle, etc.
 ■ Grundbuch
                                                                     8. Berechnung des Marktwerts
 ■ Flächen, Rechte und Lasten etc.
                                                                     ■ Zusammenzug der Werte der einzelnen Objekte und
 ■ behördliche Angaben / Auflagen                                       Wertelemente

 ■ Lage (Makro-, Mikrolage)                                          ■ Auswertungen und Renditeberechnungen mit Kommentar

 Schlussbemerkungen

 Beilagen

Alternativ zu diesem Aufbau kann der Berechnungsteil auch in einem separaten Anhang ausgegliedert werden.
Ein Gutachten mit integrierten Berechnungen ist aber meistens besser nachvollziehbar.

                                                          — Zoom 01 | 20 —
                                                                17
— Focus —

                    «IRGENDWANN IST
                    DIE PARTY VORBEI»
    Gestunken habe es ihm nie, sagt SIV-Präsident Daniel Hengartner. Ganz im Gegenteil: Er habe das Amt ­
immer sehr, sehr gerne gemacht. Per diesjähriger Mitgliederversammlung wird er zurücktreten. Ein Abschieds­
             gespräch über Reputationsherausforderungen, Sorgenkinder und verdiente Gin Tonics.
                                   Interview: Sibylle Jung, Fotografie: Patrick Baeriswyl

Daniel Hengartner, Sie waren neun Jah­    ernst genommen wurde. Schliesslich         abhängig machen. Ich glaube, diese
re Präsident des Schweizer Immobi­        ist er es doch, der als Erster etwas von   Aufgabe wurde weitgehend gemacht.
lienschätzer-Verbandes. Spontan: Wel­     Wert versteht. Allgemein finde ich, dass   Bezüglich Veränderungen des Mark-
ches war Ihr grösstes Highlight?          jeder, der einen relevanten Part rund      tes: Ich weiss nicht, ob man heute
Puh, schwierige Frage (denkt nach).       um Immobilien spielt, mindestens eine      noch von einem einzigen Immobili-
Es ist nicht ein spezielles Thema, das    Grundahnung von Immobilienbewer-           enmarkt oder – aufgrund der enor-
heraussticht – vielmehr waren es ver-     tung haben sollte. Wenn man vom Wert       men regionalen Unterschiede – bes-
schiedene kleinere und grössere Erfol-    nichts versteht, nützt alles nichts. Ein   ser von mehreren Märkten sprechen
ge und Errungenschaften, die die ge-      CAS würde bereits helfen. Dass wir es      sollte. Was in Chur funktioniert, muss
samte Amtszeit zu einer Art Highlight     als Immobilienbewerter in die Stamm-       nicht zwingend in Zürich und schon
machten.                                  gruppe Planung bei «BauenSchweiz»          gar nicht in Genf funktionieren. Umso
                                          geschafft haben, in der auch die Archi-    wichtiger sind die lokalen Marktkennt-
Erzählen Sie …                            tekten, Ingenieure und Geologen sit-       nisse, genauso wie die Fachkenntnis-
Die Wende bei SIREA gehört sicherlich     zen, schenkt ebenfalls ins Thema «Re-      se als Antwort auf eine generell höhe-
dazu. Wir haben das Ausbildungsinsti-     putationssteigerung» ein. Es ist genau     re Professionalisierung.
tut von einem Sorgenkind zu einer Per-    dieses Selbstbewusstsein, das die Be-
le weiterentwickelt. Toll war auch die    werter brauchen.                           Wir befinden uns in einer Sättigungs­
Zusammenarbeit im Vorstand und das                                                   phase. Was bedeutet das für den
Ausloten und Festigen möglicher Zu-       Die Wahrnehmung der Bewerter hat           Bewerter?
sammenarbeiten mit anderen Verbän-        sich verändert. Auch der Markt. Ihr        Er wird immer wichtiger. In einem stei-
den. Das hat alles sehr viel Spass ge-    Antritts-Editorial im August 2011 titel­   genden Markt ist der Bewerter – böse
macht.                                    ten Sie mit «Und wir haben sie doch,       gesagt – nicht so wichtig; Fehler kor-
                                          die Immobilienblase». «Es bleibe zu        rigieren sich fast von allein. Anders,
Spass ist gut; was haben Sie inhaltlich   hoffen», schrieben Sie weiter, «dass die   wenn es heute um wichtige Investi­
bewegt?                                   hohen Preise solide finanziert sind und    tionsentscheide geht – eine falsche
Wer mich kennt, weiss, ich e
                           ­ ntscheide,   die Tiefzinsphase genutzt wird, um das     Bewertung kann fatale Folgen haben.
schaue, modifiziere und ­entwickle wei-   Fremdkapital zurückzuzahlen.» Viel         Wo wir aufpassen müssen, dass künf-
ter. So pragmatisch war ich auch als      Zeit ist verstrichen … wo stehen wir       tig nicht nur noch die Grossen mit-
Präsident des SIV. Der Verband und        heute?                                     machen.
auch die Branche waren vor neun Jah-      Das habe ich vor acht Jahren ge-
ren andere. Es gab vieles, was man        sagt …?! Damit, dass die Tiefzins­          Sie hatten sich auf die Fahne geschrie­
im Schätzerbereich und für die Bewer-     phase so lange anhält, hat wohl nie-        ben, die Dienstleistungen für die
ter tun konnte. Ein für mich zentrales    mand gerechnet. Die Aussagen zählen        ­Verbandsmitglieder auszubauen. Wie
Thema war die Steigerung der Reputa­      nach wie vor; irgendwann ist die Party      schaut es hier aus?
tion. Mich hat’s manchmal richtig wü-     vorbei. Deshalb sollte man sich in gu-      Sehr gut. Ich kann Ihnen fünf Beispiele
tend gemacht, dass der Bewerter nicht     ten Zeiten möglichst von Banken un-         geben. Erstes Beispiel ist der «
                                                                                                                     ­ Sensor»,

                                                      — Zoom 01 | 20 —
                                                            18
— Focus —

                    Vieles für den SIV erreicht: Präsident Daniel Hengartner

das Online-Tool für aktuelle Immobili-            Klingt nach Sonnenschein-Amtsperio­        die es braucht, um diesen Verband zu
envergleichswerte, das bis 700 Abfra-             den. Wo hat’s geharzt?                     führen. Wir freuen uns, dass er sich
gen pro Monat verzeichnet; ein zwei-              Es war purer Sonnenschein (lacht).         das antut (lacht verschmitzt). Im Ernst:
tes ist der Marktreport, der zweimal              Spass beiseite. Geharzt hat es bei der     Ich wünsche ihm viel Freude und auch
jährlich gegenwärtige Marktdaten an               Personen-Zertifizierung. Sie ist aner-     Spass in seiner neuen Rolle als SIV-
Referenzliegenschaften aufzeigt und in            kannt und wird gebraucht. Wir haben        Präsident.
einem geschützten Downloadbereich                 es jedoch nicht geschafft, Kunden wie
für SIV-Mitglieder ergänzende Daten               grosse Banken ins Boot zu holen. Sie       Und was wünschen Sie dem SIV und
bereithält. Das dritte Beispiel ist das           bleiben bei den eigenen, für sie be-       seinen Mitgliedern?
SIV-Stellenportal, für SIV-Mitglieder             währten Akkreditierungen. Solange Fir-     Zwei Sachen: Erstens Offenheit und
ebenfalls kostenlos. Das Schätzerver-             men und Banken diese Zertifizierung        Mut, auf einander zuzugehen – ich den-
zeichnis, das neu auch für Nicht-Mit-             nicht unterstützen, bleibt das Thema       ke da vor allem an andere Verbände;
glieder zugänglich ist und erstmals für           schwierig. Ein Thema für meinen Nach-      gemeinsam macht stärker. Und als
Transparenz in Sachen Aus- und Wei-               folger …                                   Zweites wünsche ich den Bewertern
terbildung sorgt, ist das vierte Beispiel.                                                   Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in Bezug
Das fünfte Element für ein Plus an Ser-           Vorausgesetzt, Sie amteten eine wei­       auf die Aufträge. In einem funktionie-
vice ist, was Sie aktuell in den Händen           tere Periode als Präsident. Welche The­    renden Markt sind kritische Stimmen
halten: das Zoom, das sich von der Ver-           men wären für Sie zentral?                 eher lästig. Der Bewerter, der kritisch
bandsinfo zum Fachmagazin weiterent-              Die Aus- und Weiterbildung.                anregt und auffordert zu reflektieren,
wickelt hat.                                                                                 gilt leider viel zu oft als Störefried,
                                                  Am 30. April 2020 übergeben Sie das        während sich Architekten und Bauher-
Im Vorstellungs-Interview im Zoom von             Zepter. Wie geht es Ihnen dabei?           ren gegenseitig bestärken. Bleibt hart-
Februar 2011, das damals noch SIV                 Ich habe mich gefreut und war stolz,       näckig und stark, liebe Bewerter, egal,
Infos hiess, sagten Sie, Sie wollen den           als ich das Amt 2011 übernahm, und         wie rau der Wind ist.
Verband national aufstellen. Und?                 ich freue mich jetzt, neun Jahre später,
Die Absicht war absolut richtig. Wir              «den Präsidenten» weiterzugeben. Es        Abschliessend: Ihre erste Amtshand­
sind irgendwo in der Hälfte stehen ge-            waren gute neun Jahre. Jetzt ist Zeit,     lung, wenn Sie nicht mehr Präsident
blieben, was wahrscheinlich realistisch           loszulassen und etwas Neues zu star-       sind?
ist. Die Westschweiz tickt eigen und hat          ten, Zeit auch für frisches Blut.          Ich werde einen Gin Tonic an der Hotel­
mit dem CEI einen guten «eigenen»                                                            bar trinken.
Verband. Im Tessin haben wir eine bei-            Das «frische Blut» heisst Silvan Mohler.
nahe 100-prozentige Marktabdeckung.               Weshalb ist er der Richtige?
Wichtig ist, das gilt nicht nur für das           Silvan Mohler ist ein versierter Fach-
Bewertungswesen, national zu denken               mann mit dem nötigen Rucksack und
und dann die Leute in den Regionen                der richtigen Erfahrung. Ausserdem ist
auch machen zu lassen.                            er neugierig. Alles wichtige Faktoren,

                                                                 — Zoom 01 | 20 —
                                                                         19
— Marktreport —

 BAUTÄTIGKEIT RÜCKLÄUFIG,
   PREISE BLEIBEN HOCH
 Die Vorzeichen für die Immobilienmärkte sind positiv: Die Bauaktivität lässt leicht nach, die Nachfrage bleibt
  stabil und die Abschlüsse bei den Mieterträgen steigen durchgehend. Der Transaktionsmarkt zeigt weitere
     starke Preisanstiege paradoxerweise besonders stark bei den kommerziell genutzten Liegenschaften.
                                                    Text: Felix Thurnheer

          3,8
                                                   Paradoxe Situation                 mobilienmarkt fliessen soll, und das zu
                                           Insgesamt ist die geplante Bautätig-       knappe Angebot bestimmen die Prei-
                                           keit im Jahr 2019 rückläufig, gemäss       se und nicht Überlegungen im Funda-
                                           Baublatt liegt die geplante Bausumme       mentalmarkt. So liegen Ende 2019 die
    % Ertragsausfall «institutionell»
                                           im Hochbau 9,1 % tiefer als im Vorjahr.    Nettorenditeerwartungen für eine Woh-

          2,8
                                           Derweil dürfte die Anzahl Beschäftig-      nimmobilie bei 2,9 %, für eine gemischt
                                           ter weiter gestiegen sein. Dies lassen     genutzte Immobilie bei 2,7 % und eine
                                           die tieferen Arbeitslosenzahlen und        kommerziell genutzte Immobilie bei
                                           die höhere Anzahl an offenen Stellen       2,8 % und damit praktisch gleich auf.
                                           Ende 2019 im Vergleich mit dem Vorjahr     Als ob hier das Risiko überall gleich
       % Nettorenditeerwartung             gemäss SECO vermuten. Die positive         wäre und als ob eine kommerziell ge-
                                           Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hält      nutzte Liegenschaft inzwischen siche-
                                           seit 2017 an. Damit dürfte sich auch in    rer sei als eine Wohnliegenschaft. In-
                                           den kommerziellen Immobilienmärkten        nerhalb von einem halben Jahr hätten
                                           die Ertragssituation stabilisieren. Die    sich damit die Preise um 10 % bis 18 %
Die Nachfrage durch Zuwanderung            Ertragsausfallquote im institutionellen    erhöht.
2019 ist mit einem Wanderungs­saldo        Immobilienportfolio ist mit 8,0 % Ende
von 55 000 Personen gleich hoch wie        2019 hoch – ein Trend, der seit 2015 an-
2018; derweil hat sich die geplante        hält. Dafür sind 2019 die Mieterträge
Bausumme in Renditeliegenschaften          klar gestiegen. In den Grosszentren be-
gemäss Baublatt um 2,3 % reduziert.        trug der Zuwachs bei den Bestandes-
Die Bautätigkeit lässt damit seit 2018     mieten 4,4 %, bei den Neuabschlüssen
kontinuierlich nach, während das Wan-      3,8 %. Auch die Mittel- und Kleinzent-
derungssaldo stabil bleibt. Damit dürf-    ren zeigen höhere Abschlüsse bei den
te sich die Ertragssituation wieder sta-   Büromieten.
bilisieren. Während im institu­tionellen          Der Transaktionsmarkt spiegelt
Portfolio die Ertragsausfallquoten mit     die Marktverhältnisse im Sinne von
3,8 % auf einem Höchststand sind, ha-      Nachfrage und Angebot paradoxerwei-
ben sich die Marktmieten für Wohn-         se nicht. Die Anzahl der Transak­tionen                        Felix Thurnheer
raum Ende 2019 stabilisiert und sind im    bei REIDA ist zwar sehr gering und mit                         MSc in Geografie;
                                                                                                          MBA, Internationales
Vergleich zum Vorjahr sogar leicht ge-     grosser Vorsicht zu geniessen. Trotz-                          Immobilienmanage-
stiegen. Der Anstieg fand in den Klein-,   dem sind die Tendenzen sehr deutlich:                          ment; Geschäftsführer
Mittel- und Grosszentren statt. Er be-     Es werden immer noch höhere Preise                             ImmoCompass AG,
                                                                                                          Zürich
trug in den Grosszentren bei den Be-       bezahlt und die Rendite­  erwartungen
standesmieten rund 1,3 % und bei den       sinken immer weiter. Das tiefe Zins-
Neuabschlüssen 3,1 %.                      niveau, das viele Geld, das in den Im-

                                                       — Zoom 01 | 20 —
                                                             20
Sie können auch lesen