Die Wasserzeitschrift der Steiermark 1/2011 - Wasserwirtschaft ...
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IMPRESSUM Weltwassertag 2011 Medieninhaber/Verleger: Dienstag, 22. März 2011 Umwelt-Bildungs-Zentrum Steiermark 8010 Graz, Brockmanngasse 53 Postanschrift: Aufgrund einer UN-Resolution von 1992 findet alljährlich am Wasserland Steiermark 22. März der Weltwassertag statt. Im Mittelpunkt des heurigen 8010 Graz, Stempfergasse 5–7 Tel. +43(0)316/877-5801 Weltwassertages unter dem Motto „Water for Cities: Respon- (Projektleitung) ding to the Urban Challenge“ – „Wasser für die Stadt“ – stehen Fax: +43(0)316/877-2480 E-Mail: post@wasserland.at die Zunahme der Stadtbevölkerung, die Industrialisierung, der www.wasserland.at Klimawandel und deren Auswirkungen auf die Wasserressour- DVR: 0841421 cen, die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Erscheinungsort: Graz Verlagspostamt: 8010 Graz Chefredakteurin: Mag. Sonja Lackner, Mag. Dr. Margret Zorn PROGRAMMÜBERBLICK: WASSER-GANG Redaktionsteam: Uwe Kozina, Ursula Kühn-Matthes, 10 –14 Uhr: 12 und 14 Uhr Hellfried Reczek, Florian Rieckh, Führungen zum Thema Wasser Treffpunkt Mariahilferplatz Robert Schatzl, Brigitte Skorianz, 15 Uhr: Begegnen Sie Graz einmal zu Fuß von Volker Strasser, Elfriede Stranzl, Wasser- & Kanallauf 2011 seiner Wasserseite. Die Artikel dieser Ausgabe wurden Lassen Sie sich überzeugen wie viele Wasser- bis 17.30 Uhr: begutachtet von: Rudolf Hornich, Zieleinlauf am Karmeliterplatz Sehenswürdigkeiten Graz zu bieten hat. Johann Wiedner Die Artikel geben nicht unbedingt ab 19 Uhr: Dauer: ca. 2 Stunden die Meinung der Redaktion wieder. gemütlicher Ausklang Fachkundig begleitet werden Sie von Druckvorbereitung und „DieGrazGuides“, Fremdenführerclub für Graz Abonnentenverwaltung: und die Steiermark. Elfriede Stranzl … und im Anschluss ein Glas Wasser. 8010 Graz, Stempfergasse 7 WASSER-FÜHRUNGEN Tel. +43(0)316/877-2560 Holen Sie sich Ihr „Grazer Wasserglas“ bei un- post@wasserland.at WASSER-FAHRT serem Informationsstand am Karmeliterplatz. Titelbild: 10, 12 und 14 Uhr http://www.worldwaterday2011.org Treffpunkt Karmeliterplatz 7. WASSER- & KANALLAUF 2011 Holding Graz Macron Software/Entw./Market. Steigen Sie ein in unseren „Wasser“-Bus und ab 11 Uhr 8010 Graz, Andreas-Hofer-Platz verfolgen Sie den Weg des Wassers … Startnummernausgabe und Nachnennung Gestaltung: Wasser für die Stadt – Wasserversorgung am Karmeliterplatz, 8010 Graz kerstein werbung | design | Kompetenzzentrum Wasser in Andritz ab 13.30 Uhr event- u. projektmanagement Wasser für die Stadt – Hochwasserschutz Transfer der TeilnehmerInnen zum Start 8111 Judendorf-Straßengel Tel. +43(0)699/12053069 Rückhaltebecken Mariatrosterbach ins Kompetenzzentrum Wasser office@kerstein.at Wasser für die Stadt – Forschung Kleidertransport Start – Ziel www.kerstein.at Wasserbaulabor, Institut für Wasserbau und (Bushaltestelle am Karmeliterplatz) Druck: Wasserwirtschaft der TU-Graz 15 Uhr Medienfabrik Graz Start zum Wasser- & Kanallauf Wasser für die Stadt – Wasserentsorgung www.mfg.at Kompetenzzentrum Wasser, Steigen Sie ab in den Kanal Wasserwerkgasse 11, 8045 Graz Gedruckt auf chlorfrei Dauer: ca. 2,5 Stunden gebleichtem Papier. Die Strecke für die LäuferInnen und Nordic-WalkerIn- Bezahlte Inserate sind nen führt vom Wasserwerk Andritz stadteinwärts gekennzeichnet. entlang der Mur bis zum Augarten. Dort erfolgt der Einstieg in den Grazbachkanal. Unterirdisch geht es ISSN 2073–1515
I N H A LT Wasser – ein steirisches Markenzeichen! 2 Interview mit Wasserlandesrat Seitinger Mag. Sonja Lackner „Panther-Brunnen“: Danke für’s Mitvoten 3 Mag. Sonja Lackner Wassermanagement für Städte 4 DI Johann Wiedner Wasser in der Stadt 8 Univ.-Prof. DI DDr. Harald Kainz Der Andritzbach 12 Dipl.-HTL-Ing. Dietmar Lautscham Hydrologische Übersicht für das Jahr 2010 18 dann bis zur Raimundgasse und im Anschluss oberir- Mag. Barbara Stromberger | DI Dr. Robert Schatzl | Mag. Daniel Greiner disch durch den Stadtpark bis zum Ziel am Karmeli- terplatz. INARMA Central Europe Project 24 DI Dr. Robert Schatzl O Streckenlänge ca. 10 km, davon 1,5 km im Kanal – keine Zeitnehmung! Verbringung von Oberflächenwässern 26 O Parken in der Pfauengarten-Tiefgarage Mag. Erhard Neubauer um € 5,– (12.00 bis 19.00 Uhr) O Parkticket bei der Startnummernausgabe Japan zeigt Interesse an steirischen Hochwasserrückhaltebecken 34 DI Rudolf Hornich im Zelt eintauschen O Musik “De Zwa“ am Karmeliterplatz Felduntersuchungen an Hochwasserschutzbauten in der O Bei Schlechtwetter Ersatzstrecke durch den Steiermark und Vergleiche mit japanischen Fallstudien 37 Tetsuya Sumi | Sameh A. Kantoush | Akio Shirai Schloßbergstollen POOL – Nasses Vergnügen mit Verantwortung 43 WASSER & MUSIK Ing. Daniela List | Mag. Dr. Karin Dullnig 19 Uhr Zu- und Abfluss nun in einer Hand – Holding Graz 44 Gemütlicher Ausklang Mag. Gerald Pichler mit musikalischer Begleitung Kompetenzzentrum Wasser, Veranstaltungen 47 Wasserwerkgasse 11, 8045 Graz Wir laden zu Fischsuppe (bereitgestellt vom Landesfischereiverband), „wasserhaltigen“ Getränken, unter anderem Bier (bereitgestellt von der Brauunion) und zu musikalischer Unterhaltung von Ed Luis.
Interview mit Wasserlandesrat Seitinger: Wasser – ein steirisches Markenzeichen! Mag. Sonja Lackner Kaum ein Begriff hat in den letzten Jahren so sehr an Bedeutung für die Amt der Steiermärkischen Landesregierung Bevölkerung gewonnen wie Sicherheit. Die Steiermark ist ein Land mit Fachabteilung 19A - hervorragenden Ressourcen, kostbaren Lebensräumen und einer charakte- Wasserwirtschaftliche Planung und Siedlungs- ristischen Lebensfreude. Dies zu sichern und zugleich weiter zu entwickeln wasserwirtschaft sieht Wasserlandesrat Johann Seitinger als oberstes Ziel seiner politischen 8010 Graz, Stempfergasse 7 Tätigkeit. Im Interview mit „Wasserland Steiermark“ betont Landesrat Tel. +43(0)316/877-2574 sonja.lackner@stmk.gv.at Seitinger, wie wichtig etwa eine sichere Wasserversorgung und ein präventiver Hochwasserschutz in der Steiermark sind. Herr Landesrat, wie schützenswert LR S: „Unser ‚weißes Gold‘, das Ihres Ressorts geworden. Wird hier und schützensnotwendig ist das steirische Wasser ist das wichtigs- das Land Steiermark künftig weiter steirische Wasser? te Lebensmittel für uns Menschen. in die Sicherheit der Bürger inves- LR S: „Wir haben in der Steiermark Es ist unsere Pflicht dieses wichti- tieren? Verantwortung übernommen und ge Gut auch in Zukunft zu schützen LR S: „Die Hochwasserkatastro- im Bereich der Trinkwasserversor- – auch um es sinnvoll nützen zu phen der letzten Jahre haben die gung bei der Verteilung zwischen können. Mit diesem Hintergrund Notwendigkeit und Bedeutung ei- dem Norden und dem Süden unse- haben wir den Wasserwirtschafts- nes umfassenden Hochwasser- res Landes einen Ausgleich ge- plan erarbeitet. Dabei handelt es schutzes aufgezeigt. Es muss bei schaffen, der mit dem Wassernetz- sich um ein Ziel- und Strategiepa- der Raumplanung beginnen; es werk Steiermark hochprofessionell pier bis 2015 mit folgenden inhaltli- braucht Hochwasserschutzbauten, begründet wurde. chen Schwerpunkten: aber auch zeitgerechte Hochwas- Das heißt: ‚Schützen und sparsam 1. Erhaltung eines ausgeglichenen serprognosen. Wir bieten in der nützen!‘, was im Detail bedeutet, Wasserhaushaltes Steiermark ein international aner- dass es in der Steiermark mit Si- 2. Steirische Gewässer in gutem kanntes Hochwassermanagement, cherheit keinen Ausverkauf des Zustand erhalten denn der Schutz unserer Bürger hat Wassers geben wird und ein flä- 3. Die steirischen Fließgewässer für mich oberste Priorität. Das Land chendeckender Ausbau öffentli- als wertvollen Natur- und Erho- Steiermark wird daher auch weiter- cher, qualitätsgesicherter Trink- lungsraum erhalten hin Geld investieren - denn, die wasserversorgungsanlagen sicher- 4. Eine gute Abwasserentsorgung Kosten bei einer Schadenswieder- gestellt ist. Außerdem müssen wir zum Schutz der Gewässer ge- gutmachung werden immer höher wieder mehr Bewusstsein dafür währleisten sein als sinnvolle Präventionsmaß- schaffen, dass jede und jeder Ein- 5. Eine sichere Trinkwasserversor- nahmen. Konkret wurden in den zelne von uns sorgsam mit dem Le- gung gewährleisten vergangenen Jahren für das Aus- bensmittel Wasser umgehen soll.“ 6. Ausbau des Hochwasserschut- bauprogramm für Hochwasserrück- zes forcieren haltebecken jährlich insgesamt 20 Der Wasserreichtum des Landes ist 7. Wasserbewusstsein in der Be- Millionen Euro investiert. Auch eine unverzichtbare Grundlage völkerung verankern künftig werde ich versuchen mit auch für viele Bereiche der Wirt- Die Steirische Wassercharta, die dem Bund ein vergleichbares In- schaft und bildet die Basis für wert- wir im Mai 2009 auf der Murinsel in vestitionsvolumen zu realisieren, vollen Natur- und Erholungsraum. Graz für mehr Bewusstsein in der wobei noch stärker Prioritäten zu Kurz, wir leben vom und mit dem Bevölkerung veröffentlicht haben, setzten sein werden.“ Wasser. Welche Herausforderun- gen sehen Sie in den kommenden entspricht diesen Punkten voll und Das diesjährige Motto des jährli- Jahrzehnten auf uns zukommen? ganz.“ chen Weltwassertages am 22. März Auch der Hochwasserschutz ist an- lautet „Water for Cities: Respon- gesichts der Klimaveränderung zu ding to the Urban Challenge“. Die einer der wichtigsten Aufgaben 2 Wasserland Steiermark 1/2011
Herausforderungen des urbanen Wassermanagements in den Berei- Danke für’s Mitvoten chen der Erhaltung und Verbesse- rung der Wasserqualität sowie der Abwasserreinigung sind angesichts der steigenden Bevölkerungsdichte in den Städten sicherlich groß? Tausende Steirerinnen und Steirer haben LR S: „Das 21. Jahrhundert ist das ihren „Panther-Brunnen“ gewählt! Jahrhundert der natürlichen Res- sourcen, insbesondere des Was- Wasserlandesrat Johann Seitinger hat es sich zur sers. Das heißt konkret: Wir müs- Aufgabe gemacht, das Thema Wasser in den Köpfen sen mit unseren Ressourcen ers- der Menschen wieder mehr ins Bewusstsein zu rü- tens sparsamer und effizienter um- gehen, zweitens müssen wir die cken. Aus diesem Grund wurde im Sommer vergan- Regionalwirtschaft stärken und genen Jahres gemeinsam mit dem Medienpartner drittens müssen wir unseren Le- Kronen Zeitung, einer Fachjury und einer Publikums- bensstil ändern. Zweifelsohne sind jury der „Steiermark-Brunnen“ gekürt. global die Herausforderungen der wachsenden Städte, auch im Lichte des Klimawandels unverhältnismä- ßig größer als für die Steiermark. Die Steiermark hat in den letzten Jahrzehnten die Aufgabe der Erhal- tung und Verbesserung der Was- serqualität erfüllt. Rund 4 Milliarden Euro an Investitionen in die Abwas- serreinigung in den letzten 4 Jahr- zehnten haben die Wassergüte des Grundwassers und der Fließgewäs- ser erheblich verbessert. Die künf- tige Herausforderung der Städte, aber auch der Gemeinden, wird in der dauerhaften Erhaltung der was- Die Herausforderung, einen universell auf öffentlichen Plätzen serwirtschaftlichen Infrastruktur der Steiermark einsetzbaren Trinkwasserbrunnen zu entwerfen, liegen. Die steirischen Ballungsräu- war für alle beteiligten eine Herausforderung. Nach den ge- me sind für die Zukunft in puncto strengen Blicken der Fachjury, bestehend aus Architekten, Wasserversorgung und Abwasse- Designern sowie honorigen Personen aus dem öffentlichen rentsorgung gut gerüstet.“ Leben, schafften es 3 Brunnen ins letzte Stechen – dem Publi- Und im Bereich des städtischen kumsvoting. Mehrere tausend Steirerinnen und Steirer haben Hochwasserschutzes? mit abgestimmt. In beiden Aus wahlverfahren ging das Desig- LR S: „Für den städtischen Hoch- nerteam motion code: blue mit ihrem „Panther-Brunnen“ als wasserschutz, wie zum Beispiel Sieger hervor. Als kleines Dankeschön für’s Mitvoten via Inter- beim Einzugsgebiet der Stadt Graz, net wurden 20 mal 200 Euro Gewinngutscheine für den eigenen gibt es noch Handlungsbedarf. Hier Wasserhaushalt verlost. setzen wir etwa mit dem internatio- Zwei der „Panther Brunnen“ wurden als neuer Steiermark- nalen Forschungsprojekt SUFRI (= Brunnen bereits gebaut. Die beiden Pilotbrunnen stehen in den Nachhaltige Strategien für das Gemeinden Ludersdorf-Wilfersdorf und St. Johann-Köppling. Hochwasserschutzmanagement in Der Steiermark-Brunnen soll künftig als Fixpunkt in vielen steiri- Städten zur Beherrschung des schen Gemeinden das Ortsbild prägen, als Kommunikationszen- Restrisikos mit nicht-technischen trum dienen und als Anziehungspunkt für Einheimische und Maßnahmen, Anm. Red.) gezielte Gäste positive Emotion und Faszination wecken. Er sollte aber Maßnahmen und erwarten entspre- vor allem Bewusstsein für unser qualitativ hochwertiges chende Informationen über die An- Wasser bilden und stärken. wendbarkeit derartiger Prognose- modelle sowie eine Verbesserung des städtischen Hochwasserrisiko- managements.“ 3
Wassermanagement für Städte DI Johann Wiedner Das Motto des Weltwassertages 2011 lautet „Wasser für Städte: Antwort auf urbane Heraus- Amt der Steiermärkischen Landesregierung forderungen“, verkürzt kann es mit „Wassermanagement für Städte“ umschrieben werden. Abteilung 19 – Neben den aktuellen Herausforderungen soll der Blick in die Zukunft vor allem auf die stark Wasserwirtschaft und wachsenden Städte im Zeichen des Klimawandels gerichtet werden. Abfallwirtschaft 8010 Graz, Stempfergasse 7 Tel. +43(0)316/877-2025 Die Städte und Ballungsräume der Was bedeutet das Motto Es gilt im weltweiten Vergleich als johann.wiedner@stmk.gv.at Steiermark sind nicht vergleichbar des Weltwassertages aber für positiv zu bewerten, dass Trinkwas- Österreich und im Konkreten mit den globalen Zentren. Der Welt- ser aus besonders geschützten für die Steiermark? wassertag erfordert sicherlich einen Grundwasservorkommen bzw. aus Blick über die regionalen Grenzen, Stand der Städtischen Wasser- den alpinen Regionen zugeleitet, dennoch ist auch die Beschäftigung wirtschaft in der Steiermark: ohne Aufbereitung den Haushalten mit den steirischen Städten bzw. Bal- Die Steiermark hat insgesamt 35 zur Verfügung gestellt werden lungsräumen zulässig und ange- Städte mit Einwohnerzahlen von kann. Diese Bereitstellung erfolgt bracht. rund 1.000 bis 250.000 Einwohnern. mit einem Preis von durchschnitt- Der Weltwassertag geht auf eine Re- Insgesamt leben in der Steiermark lich 1,20 - 1,80 Euro pro Kubikmeter solution der Vereinten Nationen aus mehr als eine halbe Million Men- zu Konditionen, die eine Wasser- dem Jahre 1992 zurück, in der die schen in Städten und angrenzen- nutzung entsprechend den Erfor- Staaten aufgefordert wurden, Aktivi- den Gemeinden. International wür- dernissen und dem gewünschten täten zu setzen und der Öffentlichkeit de man wohl nur dem Ballungs- Komfort ermöglicht. Die Wasser- den Wert des Wassers bewusst zu raum Graz und Regionen ähnlich versorgungs- und Abwasserentsor- machen. Für 2011 haben die maß- Leoben bzw. Bruck/Kapfenberg ur- gungsinfrastruktur erfüllt in bedeu- geblichen UN-Organisationen das banen Charakter zugestehen. tendem Ausmaß die Anforderungen Motto „Water for Cities: Responding Diesen Zentralräumen aber auch der Gesundheitsvorsorge mit einem to the Urban Challenge“ festgelegt, den anderen Bezirksstädten ist ei- hohen technischen Standard und mit zumutbaren Gebühren für die nes gleich, sie verfügen über eine Dienstleistung. Einer Dienstleis- Weltweit gesehen erfolgt in zahlreichen umfassende hochwertige wasser- tung, die unter kommunaler Verant- Städten ein rasanter Anstieg der Bevölke- wirtschaftliche Infrastruktur. Im wortung von qualitätsgesicherten rungszahlen und wird mit Sorge auf den Durchschnitt werden 95 - 100 % der Organisationen effizient erbracht Klimawandel und seine Folgen geblickt. Bevölkerung von öffentlichen Trink- wird. wasserversorgungs- und Abwas- und dabei der zunehmenden Urbani- serentsorgungsanlagen erreicht. sierung und den damit verbundenen Herausforderungen der Wasserver- sorgung und Abwasserentsorgung Rechnung getragen. Bei weltweiter Abb.1: Trinkwasserversorgung – eine wichtige Sicht der Thematik ist zu unterschei- Dienstleistung für Städte den zwischen dem städtischen Raum entwickelter Staaten und jenem der Entwicklungs- und Schwellenländer. So stehen vor allem in den Entwick- lungs- und Schwellenländern die hy- gienisch einwandfreie Trinkwasser- versorgung und der Umgang mit Ab- wässern als wesentliches Element der Gesundheitsvorsorge im Vorder- grund. In zahlreichen Städten erfolgt ein rasanter Anstieg der Bevölke- rungszahlen und wird mit Sorge auf den Klimawandel und seine Folgen geblickt. 4 Wasserland Steiermark 1/2011
Abb. 2: Bevölkerungsentwicklung in der Steiermark – Absolute Bevölkerungsveränderung in den Gemeinden 2009 - 2030 Neben der Ver- und Entsorgungsin- Während in all den anderen Bezir- Für die Städte wird in Zukunft neben frastruktur wurde in den letzten ken im Allgemeinen ein Bevölke- dem teilweisen Neubau von Anlagen, Jahrzehnten der Hochwasser- rungsrückgang zu erwarten ist, insbesondere die Erhaltung der Systeme schutz ausgebaut und dem Wasser werden die Ballungsräume sowie in Funktion und Wert von vorrangiger als Natur- und Erholungsraum ver- mehrere Bezirksstädte mit den an- Bedeutung sein. stärkt Bedeutung zugemessen. grenzenden Regionen ebenfalls Zu- Daraus lässt sich auch ableiten, nahmen aufweisen. Es ist davon Eine 2007 veröffentlichte Studie des dass sich die Wohnqualität eines auszugehen, dass mit der Bevölke- Joanneum Research, Institut für städtischen Raumes in der Steier- rungszunahme die Entwicklung von Technologie und Regionalpolitik mit mark, aber auch in Österreich und Siedlungs- und Wirtschaftsgebie- dem Titel „Wasser & Wirtschaft im weiten Teilen Europas wesentlich ten sowie der weitere Ausbau der Klimawandel – konkrete Ergebnisse über eine hochwertige wasserwirt- Verkehrsinfrastruktur eng verbun- am Beispiel der sensiblen Region schaftliche Infrastruktur, die zwi- den bleiben. Oststeiermark“, hat aufgezeigt, wie schenzeitlich eine Inanspruchnah- Die Bindung der Entwicklung von wichtig die Verfügbarkeit von Was- me von Wasser als Natur- und Er- Städten an die unmittelbare Verfüg- ser für die wirtschaftliche, insbe- holungsraum miteinschließt, defi- barkeit von Wasser und der Bewäl- sondere auch für die touristische niert. tigung von Wassergefahren war in Entwicklung einer Region ist. zurückliegenden Jahrhunderten ei- Sind die steirischen Städte Wie entwickeln sich die steirischen Ballungsräume? ne wesentlich größere als sie aktu- auf die zukünftigen Herausforde- ell ist. Obwohl mit den Mitteln der rungen vorbereitet? Wie im Heft 13/2010 der Landessta- Technik die unmittelbare Abhängig- Die zentralen Siedlungs- und Wirt- tistik Steiermark ausgeführt, wird keit reduziert werden konnte, ist die schaftsräume sind grundsätzlich die Bevölkerung in der Stadt Graz Sicherstellung der wasserwirt- mit einer ausreichenden Wasser- um rund 20 % und der Raum Graz- schaftlichen Infrastruktur für die versorgung ausgestattet. Durch die Umgebung um rund 30 % bis 2050 Entwicklung von Siedlungs- und Sicherung der notwendigen Trink- zunehmen. Das heißt, die Stadt Wirtschaftsräumen von großer Be- wasserresourcen teilweise auch Graz wird dieser Prognose zufolge deutung. Dies gilt für die Wasser- durch Zukauf sowie durch das im im Jahr 2050 mehr als 300.000 Ein- versorgung, die Abwasserentsor- letzten Jahrzehnt realisierte Was- wohner haben, die Region Graz und gung aber zunehmend auch für den sernetzwerk Steiermark ist die pro- Graz-Umgebung zusammen rund Schutz vor wasserbedingten Gefah- gnostizierte Entwicklung zu bewäl- 500.000 Einwohner. ren wie dem Hochwasser. tigen. Dies gilt unter der Annahme, 5
Abb. 3: Die Erhaltung der abwassertechnischen Infrastruktur am Stand der Technik, eine ständige Herausforderung - Kläranlage Leibnitz dass der Haushaltswasserver- Die vorhandene Sicherheit bedeu- Nutzung aufgezeigt. So werden Be- brauch auf dem Niveau der letzten tet aber nicht, dass vereinzelt keine trieben mit größeren Abwassere- Jahre verbleibt und Verbrauchspro- Engpässe für neue Betriebe mit ho- missionen bei Einhaltung des vor- gnosen für den Wasserbedarf von hem Wasserbedarf entstehen kön- gegebenen Gewässerzustandszie- Wirtschaft und Tourismus sich nen. Eine aktuelle Studie über „An- les an vergleichsweise kleinen bzw. nicht wesentlich verändern. passungsstrategien an den Klima- belasteten Gewässern Grenzen ge- wandel für Österreichs Wasser- setzt sein. Eine besondere Herausforderung stellt wirtschaft“, erstellt von der Zentral- Die technische Ausstattung der Ab- derzeit der Schutz der Ballungsräume vor anstalt für Meteorologie und Geo- wasserentsorgungssysteme ist in wasserbedingten Gefahren dar. dynamik und der Technischen Uni- den Städten über Jahrzehnte ge- versität Wien, im Auftrag des Bun- wachsen und war nicht immer auf Weiters ist die Sicherheit der Was- desministeriums für Land- und die tatsächlichen Entwicklungen serversorgung auch an den ausrei- Forstwirtschaft, Umwelt und Was- von Siedlungs- und Wirtschaftsräu- chenden Grundwasserschutz ge- serwirtschaft – Sektion Wasser so- men ausgerichtet. Es treten weni- bunden. Der Wasserversorgungs- wie den 9 Bundesländern, weist vor ger Probleme beim Anschluss von plan Steiermark hat für den Zeit- allem den Südosten der Steiermark häuslichen Abwässern an öffentli- raum 2001 bis 2031 eine Steigerung als ein Gebiet aus, in dem wasser- che Kanalisationsanlagen auf, viel- des Gesamtwasserbedarfes der öf- wirtschaftliche Maßnahmen zu mehr zeigen sich Grenzen, vor al- fentlichen Wasserversorger von 70 überlegen sein werden. Neben dem lem bei Mischwasserkanälen städ- Mio. m³ auf 87 Mio. m³ ermittelt. weitestgehend umgesetzten Netz- tischer Kerngebiete und in unzurei- Dieser Anstieg wird im Wesentli- werk wird es auch darum gehen, chenden Regenwasserkanälen chen auf die wirtschaftliche Ent- einer Übernutzung der vorhande- bzw. Regenwasserbewirtschaf- wicklung und den daraus abgeleite- nen Ressourcen zu begegnen. tungsanlagen in den städtischen ten zusätzlichen Bedarf zurückge- Das „Referenzjahr“ 2003 hat ange- Randlagen. Eine gesamthafte Be- führt. deutet, dass der Südosten und Os- trachtung zur Optimierung der aktu- ten der Steiermark begrenzte ellen und zukünftigen Abwasser- Grundwasserneubildungsraten und und Regenwasserbewirtschaftung Trinkwasserressourcen haben. Das wird für die wachsenden Ballungs- hat auch Auswirkungen auf die räume erforderlich sein. Wasserführung der Bäche und Flüsse und der damit verbundenen 6 Wasserland Steiermark 1/2011
Trend Graz 1938 Trend Graz 2000 Trend Graz Prognose 2050 Abb. 4: Aus der Studie Lebensraum Mur – Die Entwicklung des Ballungsraums Graz – Grazerfeld von 1938 bis 2050 (freiland Umweltconsulting) Für die Städte wird in Zukunft ne- baut. Am Beispiel der Stadt Graz für unsere Regionen ausweist, wird ben dem teilweisen Neubau von sieht man, wie schwer ein „nach- der Hochwasserschutz eine beson- Anlagen, insbesondere die Erhal- träglicher“ Hochwasserschutz rea- dere Herausforderung, vor allem tung der Systeme in Funktion und lisiert werden kann. auch der städtischen Siedlungsge- Wert von vorrangiger Bedeutung Mit dem Sachprogramm des Lan- biete, noch für längere Zeit darstel- sein. Vielfach wird das städtische des Steiermark zur hochwassersi- len. bzw. kommunale Vermögen der cheren Entwicklung von Siedlungs- wasserwirtschaftlichen Infrastruk- Ein gutes Wassermanagement wird in räumen wurden wichtige Vorsorge- tur und damit die Verpflichtung zur Zukunft noch mehr als bisher die Lebens- maßnahmen für die Flächenwid- Erhaltung zu wenig wahrgenom- qualität urbaner Räume mitbestimmen. mung bzw. Baulandausweisung ge- men. Die Rahmenbedingungen der setzt. Für den städtischen Bereich Städte bzw. der wachsenden Ge- jedoch vielfach zu spät und für die Das Beispiel des Ballungsraumes meinden der Ballungsräume sollten wachsenden Regionen ein ständi- Graz und Graz-Umgebung zeigt, mit den Gebührenaufkommen eine ges Ringen um Flächen und Abwä- dass durch das Zusammenwach- den zukünftigen Anforderungen gen von öffentlichen Interessen. sen von Siedlungsräumen in Zu- entsprechende Bereitstellung der kunft noch verstärkt die Gewässer- Mit technischem Hochwasser- Wasserversorgungs- und Abwas- läufe wichtige Funktionen als Na- schutz lässt sich vieles an Schutz serentsorgungsinfrastruktur ermög- tur- und Erholungsraum überneh- herstellen, es wird aber in Zukunft lichen. men werden. Eine 2005 präsentierte auch verstärkt darum gehen, mit Hochwassergefahren zu leben und Studie zum Lebensraum Mur Sicherheit in der Steiermark richtig umzugehen. Die EU-Hoch- (spaceunit network und freiland Eine besondere Herausforderung Umweltconsulting im Auftrag der wasserrichtlinie weist hierzu den stellt derzeit der Schutz der Bal- Abteilung 16 des Amtes der Steier- Weg mit der Erstellung von Hoch- lungsräume vor wasserbedingten märkischen Landesregierung – wasserrisikomanagementplänen Gefahren dar. In den letzten Jahr- Landes- und Gemeindeentwick- bis 2015. zehnten wurden große Flächen ver- lung) hat hier bereits umfassende siegelt und Retentions- und Ab- Auch wenn die bereits erwähnte Überlegungen zur Entwicklung die- flussräume von Gewässern ver- Klimastudie über Anpassungsstra- ses Raumes unter Einbindung der tegien der Wasserwirtschaft keine Mur bzw. der angrenzenden Flä- Verstärkung der Hochwasserge- chen dargestellt. fährdung durch den Klimawandel 7
Wasser in der Stadt Univ.-Prof. DI DDr. Die Entwicklungen auf unserer Erde in den letzten Jahren haben an Dynamik deutlich Harald Kainz TU Graz zugenommen. Das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern ist nach wie vor Institut für Siedlungs- ungebrochen. Heuer im Sommer werden mehr als 7 Milliarden Menschen unseren Planeten wasserwirtschaft und bevölkern. Durch die Konzentration der Bevölkerung in den großen städtischen Zentren Landschaftswasserbau 8010 Graz, Stremayrgasse 10/I explodieren diese Megacities regelrecht. Die Politik und Verwaltung ist aus wirtschaftlichen, Tel. +43(0)316/873-6030 organisatorischen und gesellschaftlichen Gründen oft nicht in der Lage die erforderliche kainz@sww.tugraz.at Infrastruktur zu errichten und zu betreiben. Die Vereinten Nationen haben für die sich als breiter Gürtel um die Dr. Munala hat ein Modell erstellt, den Weltwassertag 2011 das Motto Ballungsräume schließen, in denen in dem viele kleine, demokratisch „Water for Cities: Responding to eine unzureichende und für die Be- organisierte Einheiten, vergleichbar the Urban Challenge“ ausgerufen. völkerung oft nicht bezahlbare Ver- mit unseren Genossenschaften, ge- Damit wird auf die weltweit rasche sorgung mit Trinkwasser und nur bildet werden, die die technische Zunahme der Stadtbevölkerung und punktuell eine Entsorgung der Ab- und wirtschaftliche Verantwortung die sich daraus ergebenden Prob- wässer vorhanden ist. für kleine Netze übernehmen. Die leme für die Wasserver- und Ab- Kommune errichtet und betreibt ein wasserentsorgung hingewiesen. Modelle zur Versorgung übergeordnetes Verteilnetz und und Entsorgung von Informal Settlements in Kenia verkauft kostendeckend an diese lokalen Organisationen. Die Investi- Dr. Gerryshom Munala, ein Assis- tionen in die Verteilnetze sind durch tent der Jomo Kenyatta University die Regierung, die Kommune und of Agriculture and Technology Nai- internationale Organisationen vor- robi, hat bei uns seine Dissertation zufinanzieren. Der Betrieb, die lau- über Modelle zur Versorgung und fende Rehabilitation und auch die Entsorgung von Informal Settle- Rückzahlung von Krediten kann ments in Kenia am Beispiel der über die Wassergebühren in den Abb. 1: Frauen transportieren Trinkwasser Stadt Kisumu am Viktoriasee er- lokalen Organisationen sicherge- in 20 l Kanistern von den Abgabestellen stellt. Die eingesetzte Technik, die stellt werden. über große Entfernungen (täglicher organisatorische Umsetzung und Bedarf einer Familie 50 l bis 100 l) Die Umsetzung dieses Praxisversu- die Finanzierung der Wasserinfra- ches für die ersten Bereiche läuft struktur in diesen Vorstädten muss an. Es ist eine gewaltige Herausfor- Gleichzeitig kommt es durch Bau- auf die kulturellen, sozialen, finanzi- derung solche Modelle organisato- maßnahmen in den Städten zu ei- ellen und technischen Möglichkei- risch, rechtlich und wirtschaftlich ner zunehmenden Versiegelung der ten dieser Länder und Bereiche ab- auf die Beine zu stellen. Der Aus- Flächen. Der Anteil des abfließen- gestimmt werden (Abb. 1). bau der Infrastruktur ist auch ein den Niederschlagswassers nimmt Wettlauf mit der Zeit, da die Infor- Die Ergebnisse der soziologischen zu und Starkniederschläge führen mal Settlements in Kisumu jährlich Erhebungen von Dr. Munala zeigen, häufiger zu Überflutungen. Ver- um 20.000 bis 30.000 Einwohner dass die Kosten für einen Liter stärkt wird dieser Effekt durch die wachsen. Wasser in den Informal Settlements Klimaerwärmung, die langfristig hö- von Kisumu stark von der jahres- here Extremniederschlagsereignis- zeitlichen Verfügbarkeit von Was- se ermöglicht. ser abhängen und ein Mehrfaches Diese vielfältigen Fragestellungen der Kosten in Mitteleuropa betra- habe ich bei meiner Berufung vor gen. Etwa 20 % des Familienein- 10 Jahren in den Mittelpunkt der kommens von 1 bis 2 Euro pro Tag wissenschaftlichen Arbeit meines sind für Trinkwasser aufzubringen. Institutes gestellt und bei meiner Viele Familien können sich diese Antrittsvorlesung unter dem Titel Beträge nicht leisten und konsu- „Wasser in der Stadt“ präsentiert. mieren verunreinigtes Wasser (Abb. 2). Die Folge sind jährlich al- Abb. 2: Jugendliche entnehmen Wasser Die Konsequenzen sind rasch lein in Kisumu tausende Tote durch aus verseuchten Brunnen in den Informal wachsende „Informal Settlements“, Krankheiten. Settlements und verkaufen es 8 Wasserland Steiermark 1/2011
Herausforderungen in Österreich In Österreich besitzen wir hervorra- gende wasserwirtschaftliche Rah- menbedingungen und eine sehr gu- te Wasserinfrastruktur. Trotzdem kommen auf uns vielfältige Heraus- Abb. 3: Rohrschaden und Reparatur mit einer Rohrschelle forderungen zu. (Fotos: Wiener Wasserwerke) Unsere Wasserversorgungsnetze und Kanäle wurden in den letzten 150 Jahren, der Großteil nach dem 2. Weltkrieg, erstellt und damit gute hygienische Bedingungen für die Bevölkerung geschaffen. In Öster- reich wurden über 30 Milliarden Euro, das sind etwa 4.000 Euro pro Einwohner, in diese Wasserinfra- struktur investiert. Bei Nutzungsdauern von 50 bis 100 Jahren erreichen diese Netze nun die Grenze ihrer technischen Le- bensdauer (Abb. 3). Die Sicherstel- lung des Wertes und der Funktion der Wasserversorgungsnetze und Entwässerungssysteme ist daher neben dem Schutz der Wasserres- sourcen und der Reinhaltung der Gewässer die wesentliche Heraus- forderung der Siedlungswasser- wirtschaft für die kommenden Jahr- Abb. 4: Auswertung der Schäden von Graugussleitungen mit Durchmesser < 250 mm zehnte. (Verlegejahr 1910 bis 1945) zur Ermittlung der Ausfallsraten Seit über 10 Jahren arbeitet am In- stitut für Siedlungswasserwirt- auf die Rohrleitungen bewerten zu (Abb. 6) können in Verbindung mit schaft und Landschaftswasserbau können. akustischen Verfahren Schäden der Technischen Universität Graz und Schadensentwicklungen sehr Diese Methodik ist in das Software- eine Forschungsgruppe unter der gut dokumentiert, verfolgt und re- paket „Pipe Rehabilitation Manage- Leitung von Univ.-Prof. Dr. Peter pariert werden. ment“ (PIREM) eingeflossen, das Kauch und Dr. Daniela Fuchs-Ha- laufend erweitert und verfeinert Alle Erhebungen sind in einem An- nusch an Methoden zur Analyse wird. Wir sind stolz, dass unser lagenbewertungsmodell zusam- der Restlebensdauer von Rohrlei- Verfahren inzwischen von mehre- menzuführen. Nur anhand gesi- tungen. Aufbauend auf vergleich- ren großen Städten wie Wien, Ber- cherter Daten über den Netzzu- baren Gruppen von Rohrleitungen lin, Linz, Salzburg und Graz einge- stand können der Betrieb und die (Durchmesser, Material und Verle- setzt wird. Rehabilitation eines Versorgungs- gejahr (Abb. 4)) und Schadensana- netzes wirtschaftlich optimiert er- lysen über mehrere Jahrzehnte Ergänzt wird die Bewertung des Zu- folgen. können Prognosen über die Scha- standes und der Restlebensdauer densentwicklung (Abb. 5) von Lei- von Wasserversorgungsnetzen In der österreichischen Wasserver- tungsabschnitten und den tech- durch ein gezieltes Wasserverlust- sorgungswirtschaft werden daher nisch und wirtschaftlich optimalen management, mit dem Schäden und seit 8 Jahren Kennzahlenvergleiche Rehabilitationszeitpunkt getroffen Systemmängel rasch und gezielt er- durchgeführt, um den Zustand und werden. Zusätzlich laufen wissen- hoben werden können. Durch die Betrieb der Netze anhand objekti- schaftliche Projekte, um zukünftig Abgrenzung und Bilanzierung von vierter Werte beurteilen zu können. auch die Auswirkungen des Bo- Messzonen und die Beobachtung Die Qualität der Prozessabläufe bei dens und der Verkehrsbelastungen der nächtlichen Verbrauchsminima den Versorgern wird verglichen 9
Während der Ausbau der Wasser- vor Ableitung einer Vorreinigung versorgungsnetze praktisch abge- (z. B. Sedimentationsbecken oder schlossen ist und durch den eher Abscheider) zu unterziehen. rückläufigen Wasserverbrauch kein Kläranlagen sind heute für städti- großer Ausbaubedarf mehr gege- sche Kanalnetze flächendeckend ben ist, besteht im Bereich der Ka- vorhanden. Sie eliminieren die bio- nalisationsnetze noch Erweite- logisch abbaubaren Verunreinigun- rungs- und Anpassungsbedarf. Zum gen mit einem Wirkungsgrad von einen sind einige ländliche Berei- über 95 % und weitgehend auch die che noch nicht flächendeckend mit Nährstoffe Phosphor und Stickstoff. Kanälen und Kläranlagen erschlos- Die größte Belastung für unsere sen und zum anderen sind die städ- Gewässer aus dem städtischen tischen Entwässerungssysteme in Entwässerungssystem kommt nun Bezug auf die Niederschlagswas- aus den Mischwasserentlastungs- Abb. 5: Überflutung durch Bruch einer großen Versorgungsleitung ser- und die Mischwasserbewirt- (Foto: Wiener Wasserwerke) bauwerken der Kanäle bei Regen- schaftung noch an den Stand der ereignissen. Aus hydraulischen Technik anzupassen. Gründen kann nicht das gesamte und positive Erfahrungen innerhalb Stand der Technik sind sogenannte bei Starkregen über die Kanäle ge- der Branche werden weitergege- modifizierte Entwässerungssyste- sammelte Abwasser der Kläranlage ben („Lernen vom Besten“). me. Ziel dieser Systeme ist es, nicht zugeführt werden. Ein Teil des In ähnlicher Weise gilt es die Ent- oder nur gering verunreinigtes Nie- durch Niederschlagswasser ver- wässerungssysteme instand zu hal- derschlagswasser (Abb. 7) von den dünnten Abwassers wird als ten und an die aktuellen techni- Kanälen möglichst fernzuhalten und Mischwasser in unsere Bäche und schen und rechtlichen Anforderun- auf kurzem Wege in den natürli- Flüsse abgeworfen. gen anzupassen. Entwässerungs- chen Wasserkreislauf zurückzufüh- Durch die Errichtung großer Spei- chervolumina im Kanalnetz und von Mischwasserbecken vor der Klär- anlage werden in Zukunft die Men- Anstieg der Einspeisemen- ge durch Zunahme nicht ge dieses in die Gewässer abge- gemeldeter, detektierbarer worfenen Mischwassers und die gemeldete Leckage Leckagen (Rate of Rise) Belastung der Gewässer deutlich reduziert. Bei durchschnittlichen Regenereignissen kann dann das gesamte Abwasser zurückgehalten und nach dem Regen der Kläranla- ge zugeführt werden. Zukünftig darf nur bei wenigen Regenereignissen im Jahr Mischwasser in die Ge- geringste Einspeisemenge nach erfolgter Leckortung wässer ausgeleitet werden. und Reparatur aller gefundenen Leckagen Durch den in den neuen techni- Abb. 6: Messung der Nachteinspeisemenge zur Erkennung von Leckagen schen Richtlinien (ÖWAV Regelblatt 19, 2007) festgelegten Mindestwir- systeme besitzen den Vorteil, dass ren. Niederschlagswasser von kungsgrad der Weiterleitung von im das Kanalnetz im Regelfall nicht un- Dachflächen und gering verunrei- Wasser gelösten Verunreinigungen ter Druck steht und auf Grund der nigte Wässer von Vorplätzen sollen und von Feststoffen, wird die Rest- großen Durchmesser begangen möglichst versickert werden. Bei belastung soweit gesenkt, dass un- oder zumindest mit Kamerarobotern undurchlässigem Untergrund sind sere Gewässer durch ihre Selbst- befahren werden kann. diese Wässer in Zisternen zwi- reinigungskraft diese Verunreini- schen zu speichern und nach den gungen problemlos abbauen kön- Nach der Reinigung des Kanals ist Regenereignissen langsam in die nen. eine detaillierte Schadenserhebung Oberflächengewässer einzuleiten Die Forschungsgruppe Nieder- mit Videokamera und Zustandsbe- bzw. zur Gartenbewässerung zu schlags- und Mischwasserbewirt- wertung möglich. Daraus abgeleitet nutzen. schaftung an meinem Institut unter werden Prioritätenlisten mit den er- Bei Bedarf sind diese Nieder- Leitung von Dr. Günter Gruber stellt forderlichen Reparatur-, Instand- schlagswässer vor der Versicke- sich seit 10 Jahren der Herausfor- setzungs- bzw. Erneuerungsmaß- rung einer Reinigung (z. B. durch derung, ökologisch und wirtschaft- nahmen. Passage eines Bodenfilters) und lich optimale Ansätze und Systeme 10 Wasserland Steiermark 1/2011
Abb. 7: Parkplatzentwässerung über Rasenmulden (Foto: G. Gruber) Abb. 8: Überflutung der B 73 im Bereich der A2-Unterquerung (Foto: Nussbaum) zur Planung und Gestaltung der er- versiegelten Flächen. Trotz Bemü- den in Wohnhäusern und Betrieben forderlichen Bauwerke zu finden. hungen um die Versickerung und zu überlagern. Die Stadt Graz be- Dafür werden mit hydrologischen den Rückhalt der Niederschlags- sitzt mehrere Bereiche in denen und hydrodynamischen Simulati- wässer nimmt der Abfluss in unse- Überflutungsereignisse regelmäßig onsprogrammen die gesamten Ka- ren Entwässerungssystemen zu. auftreten. nalnetze nachgebildet und die un- Immer häufiger werden die Ka- Die wasserwirtschaftlichen Syste- terschiedlichsten Ausbauvarianten nalsysteme daher hydraulisch me in unseren Städten haben ge- untersucht. Besondere Kompetenz überlastet. Der Kanal staut zurück waltige Investitionen zur Errichtung besitzen wir in der Online–Messung und das Niederschlagswasser kann erfordert und verursachen sehr ho- der Abwasserverunreinigungen, bei nicht mehr vollständig über den Ka- he Kosten für den Betrieb, den Er- der über bestimmte Sonden in Mi- nal abgeleitet werden. Im ungüns- halt der Funktion und den Ausbau nutenabständen Parameter zur Ab- tigsten Fall tritt Abwasser aus den dieser Wasserinfrastrukturanlagen. schätzung der Verunreinigung di- Kanalnetzen aus und überflutet Kel- Über 100 Jahre haben wir an der rekt im Abwasserstrom gemessen ler, Industriehallen und Straßen. Errichtung der heute genutzten An- werden. lagen sowie deren Anpassung an Überlagert wird dieses Problem den Stand der Technik gebaut. An- Diese hochauflösende Messung durch vermehrte Überflutungen von passungen des Systems, wie z. B. der Abwasserverunreinigungen er- Bächen mit städtischem Einzugsge- eine weitgehende Niederschlags- laubt es, die Steuerung des Ka- biet. Die zunehmende Bebauung in wasser- und Mischwasserbewirt- nalsystems nicht nur nach den den Randzonen der Städte ohne schaftung, und auch die Rehabilita- Wassermengen sondern auch nach ausreichende Niederschlagswas- tion der Anlagen benötigen auf den tatsächlichen Schmutzfrachten serbewirtschaftung erhöht den Dauer große Anstrengungen. zu optimieren. Bei gleichem Investi- Hochwasserabfluss in diesen Bä- tionsaufwand werden dadurch die Der Weltwassertag mit dem Motto chen signifikant. Meist fehlen aus- Gewässer besser geschützt und „Water for Cities: Responding to reichende Flächen zur Retention mehr Schmutzfracht den Abwas- the Urban Challenge“ ist daher ein dieser Hochwasserspitzen. Dazu serreinigungsanlagen zugeführt. gegebener Anlass die politischen kommt, dass kleine Gräben und Bä- Entscheidungsträger aufzufordern, Aqua Urbanica che teilweise über die Kanalisati- die strategischen Vorgaben für den onssysteme abgeleitet werden. Die Gemeinsam mit der ETH (Eidgenös- Erhalt der Wasserinfrastruktur so- Abflussereignisse in den Bächen sische Technische Hochschule) Zü- wie die Anpassung der Funktion und Kanalnetzen überlagern und rich, der Technischen Universität durch langfristig ausreichende verstärken sich so gegenseitig und Kaiserslautern und der Universität Budgets sicherzustellen. führen zu großflächigen Überflu- Innsbruck veranstalten wir mit der tungsereignissen und Schäden. „Aqua Urbanica“ von 1. bis 3. Mai 2011 in Graz erstmalig eine große Die Abflussverhältnisse in städti- Versäumnisse in wasser- internationale Tagung zum Thema schen Bächen und Entwässerungs- wirtschaftlichen Planungen und Niederschlagswasser- und Misch- systemen sind daher gemeinsam zu Investitionen von heute muss wasserbewirtschaftung. betrachten. Zur Abschätzung des die Gesellschaft in der Zukunft Die ständige Zunahme der Bebau- Hochwasser- und Überflutungsrisi- doppelt bezahlen. ung in unseren Städten führt zu ei- kos (Abb. 8) sind die möglichen ner laufenden Vergrößerung der Szenarien mit den möglichen Schä- 11
Der Andritzbach – eine große Chance für eine nachhaltige Gewässerentwicklung im städtischen Bereich Dipl.-HTL-Ing. Dietmar Der Andritzbach ist aktuell Gegenstand umfassender Hochwasserschutzprojekte. Lautscham Daneben wird jedoch auch versucht, eine ökologisch orientierte Entwicklung des Amt der Steiermärkischen Landesregierung Bachlaufes zu verfolgen. FA19B - Schutzwasser- wirtschaft und Bodenwasserhaushalt Wortgeschichtlich leitet sich der An der Grenze zwischen der Ge- Für die Mittelwasserführung ent- 8010 Graz, Stempfergasse 7 Name Andritz vom altslawischen meinde Stattegg und der Stadt Graz scheidend ist die Karstquelle des Tel. +43(0)316/877-3177 dietmar.lauscham@stmk.gv.at „jendru“, das bedeutet stark, (Bach-km 3,86) hat sich bereits eine Andritz-Ursprungs, deren Wasser schnell („jenritza“ = rasch fließen- deutliche Talsohle ausgebildet. Im wenige 100 m nördlich der Stadt- der Bach), ab. engeren Stadtgebiet führt das Bett grenze in den Andritzbach gelangt. Der Andritzbach entspringt im nörd- des Andritzbaches entlang der Sie ist dafür ausschlaggebend, lichen Grazer Bergland zwischen Stattegger Straße, durch das Ge- dass der Andritzbach – in starkem der Rannach und dem Schöckel. Im lände der Maschinenfabrik Andritz, Gegensatz zum Schöckelbach – ein Oberlauf in der Gemeinde Stattegg entlang der Max-Kraft-Gasse und gesichertes Wasserkontinuum be- wird er auch Statteggerbach ge- mündet „offen“ beim Wasserwerk sitzt. nannt. Graz-Andritz linksufrig in den Mur- Bachabwärts der Maschinenfabrik fluss. Andritz wird nahe der Max-Kraft- Daten: Gasse über eine Wehranlage, Was- Hauptfließrichtung: Hydrologische Kenndaten ser des Andritzbaches für die von Nord nach Süd (Profil: Mündung in die Mur): Grundwasseranreicherung im Was- Wasserscheide (höchster AE = 18,51 km2 serwerk Nord entnommen. Punkt): 1.049 m (Erhardhöhe) HQ30 = 26 m3/s Mündung in die Mur: 350 m HQ100 = 41 m3/s Gesamtlänge: 8,8 km Abb. 1: Übersicht - Bäche im Grazer Stadtbezirk Andritz (Einzugsgebiete) 1. Falkenbach 2. Gabriachbach 3. Andritzbach 4. Schöckelbach 5. Stufenbach 12 Wasserland Steiermark 1/2011
Hochwasser- Abflussuntersuchung 1997 Eine im Jahr 1997 von DI Dr. Bern- hard Sackl durchgeführte Abfluss- untersuchung über eine Ab- schnittslänge innerhalb der Stadt Graz von 3,9 km, hat für den HQ100- Abfluss etwas mehr als 300 gefähr- dete Objekte ausgewiesen. Aufbauend auf diese Abflussunter- suchung wurde 2001 von DI Dieter Kremmel ein Maßnahmenvorschlag Abb. 2: Andritzer Reichsstraße (Maschinenfabrik Andritz), Hochwasser 1975 (Foto: Dr. Ludwig Koban) mit Prioritätenreihung erarbeitet. Sachprogramm „Grazer Bäche“ 2006 Das 2006 fertig gestellte Programm, erstellt von DI Reinhard Burkelz hatte zum Ziel, einen Schutz der ge- fährdeten Siedlungsräume und Inf- rastruktureinrichtungen bis HQ100 zu erreichen. Das Hochwasserschutzkonzept sieht folgende Maßnahmen vor: O Ober- und Mittellauf: Errichtung von zwei Hochwasserrückhalte- becken in der Gemeinde Stat- tegg (Andritz- und Höllbach, bei- de Standorte befinden sich im Kompetenzbereich des Forst- technischen Dienstes für Wild- bach- und Lawinenverbauung). Mit diesen beiden Hochwasser- Abb. 3: Stattegger Straße, Hochwasser am 21. August 2005 (Foto: FF Andritz AG) rückhaltemaßnahmen kann im Bereich der Mündung in die Mur das HQ100 von 41 m3/s auf 27 m3/s reduziert werden. Hier bietet sich einzigartig inner- rung des Andritzbaches von seiner halb des Grazer Stadtgebietes die damaligen Einmündung in den O Mittel- und Unterlauf (Kompe- große Möglichkeit an, einen vor Mühlgang bis zur geplanten Mün- tenzbereich der Bundeswasser- Jahrzehnten hart regulierten Bach dung in die Mur südlich des Was- bauverwaltung): Anpassung des nach den aktuellen Anforderungen serwerkes Nord. Bachbettes (Aufweitungen bzw. des Wasserbaus umzugestalten. Erhöhung der Uferborde in Form Um die Leistungsfähigkeit des And- von Schüttungen und Mauern) Bereits in den Siebzigerjahren gab ritzer Wasserwerkes zu erhalten, an die reduzierten Hochwasser- es im Bereich der Mündungsstre- wurde 1977 die Wasserentnahme Abflussspitzen. cke des Andritzbaches eine Viel- aus dem Andritzbach von 250 l/s auf zahl von gewässerrelevanten Akti- 480 l/s erhöht. Gegen diese erhöhte Entwicklung und Projekte vitäten. So verfolgte 1972 das Regu- Wasserentnahme aus dem Andritz- am Andritzbach lierungsprojekt „Neue Mündungs- bach hat das Stadtplanungsamt Das Hochwasserschutzprojekt An- strecke“ die Absicht, den durch das Graz Einspruch erhoben, weil man dritzbach reicht von der Mündung Stadtgebiet fließenden linken Mühl- befürchtete, dass damit die Durch- in die Mur (km 0,0) bis zur Querung gang, aus Raumordnungsgründen führung der Reaktivierung des der B67a Grazer Ring-Straße/Wein- aufzulassen. Dieser Regulierungs- Mühlgangverlaufes (Grünzone mit zöttlstraße (km 0,8). entwurf behandelte die Verlänge- Wasserführung) in Frage gestellt 13
Abb. 4: Übersichtslageplan Mündungsbereich Andritzbach-Mur - „Bestand“ wird. Wegen Geringfügigkeit wurde Mühlkanal und Mur befindlichen chen noch heute. Diese Anlage soll dieser Einspruch abgewiesen. Überflutungsanlage bewilligt. Die im Rahmen des Hochwasserschutz- Beschickung dieser Überflutungs- projektes neu errichtet und mit inte- Zuvor wurde im Jahr 1942 „zum becken soll statt aus dem Mühl- grierter Fischwanderhilfe ausge- Zwecke der zeitweilig außerordent- gang vom Andritzbach her erfolgen stattet werden. lich schwer fühlbar machenden Wasserknappheit“ den Stadtwer- und wird zu diesem Behufe 150 m ken Graz die Errichtung einer künst- bachabwärts, der im Zuge der And- Linksseitiger Mühlgang lichen Grundwasseranreicherungs- ritzer Reichsstraße gelegenen Brü- anlage unter Ausnützung der be- cke, ein Stauwehr mit automatisch Der linksseitige Mühlgang zweigte reits bestehenden Überflutungsbe- wirkender Klappe eingebaut. Diese beim Weinzödl-Wehr von der Mur cken sowie der alten, zwischen Wehranlage besteht im Wesentli- ab und floss bei der Keplerbrücke Abb. 5: Bauform („Transportstrecke“) im Projekt 1972 14 Wasserland Steiermark 1/2011
Abb. 6: Verlauf des linksseitigen Mühlganges zwischen dem Weinzödl-Wehr und der Einmündung des Andritzbaches (Jüngeres Mühlen-Konsortium, Übersichtskarte 1901) wieder in diese zurück. Die histori- sche Bedeutung lag in seiner Funk- tion als Energiespender für viele Gewerbe- und Industriebetriebe. Die Einstellung zahlreicher Betrie- be ließen in den Siebzigerjahren beim Eigentümer, dem Jüngeren linksseitigen Mühlenkonsortium, die Auflassungsabsicht mit Zu- schüttung reifen. 1977 hat das Pla- nungsamt der Stadt Graz eine Stu- die erstellen lassen (DI Hubert Rieß), die ermitteln sollte, welche Chance eine Revitalisierung dieses jahrhundertealten Gerinnes für den Abb. 7: Mühlgang-Studie 1977, Titelseite Stadtbewohner darstellt – (vorran- gig Freiraum für den Menschen zu- rückgewinnen). Wegen der schlechten Wasserqualität sollte nicht mehr die Mur, sondern der Andritz- und der Schöckelbach als Wasserspender dienen. Im Nahbe- reich der beiden Mündungsstellen sollten Hochwasserüberleitungen in die Mur errichtet werden. Die vorgelegte Mühlgang-Studie konnte leider nicht überzeugen. Das Bett des linksseitigen Mühl- ganges wurde in den Folgejahren zugeschüttet und über weite Stre- cken ein, von Baumbewuchs be- gleiteter Geh- und Radweg aufge- setzt. Zur gleichen Zeit wurde die weitere Mündungsstrecke des An- Abb. 8: Mühlgang-Studie 1977, Lageplanausschnitt „Andritzbach“ 15
Abb. 9: Andritzbach-Ausbau im Jahr 1979: Geometrisches, monotones Abb. 10: Mündungsbereich des Andritzbaches im Jahre 2008 – sollte Regulierungsprofil mit Maisanbau ab der Uferoberkante eigentlich „Müllbach“ heißen! dritzbaches entsprechend dem Pro- Stein-Beton-Bauweise hergestellt. Ziele des Projektes jekt 1972 ausgebaut. Die Sohlbreite und die Böschungs- O Schaffung eines ausreichenden neigungen sind vereinheitlicht. Infol- Aktuelles Projekt Hochwasserabflussprofiles „Andritzbach 2010“ ge der bruchsteingesicherten Sohle sind die Untergrundkontaktmöglich- O Bestandserhaltung der Brücke Auf dem rund 800 m langen Ab- keiten stark eingeschränkt. An den Wasserwerkgasse, der Haupt- schnitt muss der Bach einen Hö- bestehenden Steinsicherungen zei- wasserleitungsquerung, der henunterschied von rund 8 m über- gen sich nur vereinzelt Schäden. Die Steuerungsleitung KW Weinzöttl winden. Aufbauend auf einem ein- gewässerökologische Beurteilung sowie der Hochspannungslei- heitlichen Sohlgefälle von 0,5 % hat bewertet den Bach als stark beein- tungen (Gittermasten) man unmittelbar bachabwärts der trächtigt bis naturfern, vor allem we- O Orientierung am ursprünglichen Brücke Wasserwerk-Gasse (ur- gen unpassierbarer Querbauwerke. Flusstyp (gewunden), Herstel- sprünglich Weinzöttlstraße) eine lung des Fließgewässerkontinu- 1:5 geneigte Sohlrampe (h = 3 m = ums, Schaffung von flusstypi- glatte Schussrinne) und an der schen Gewässerbettstrukturen Mündung einen 1,5 m hohen Sohl- und Initiierung natürlicher Struk- absturz eingefügt. Beide sind in turelemente (Dynamisierung) Abb. 11: „Projekt Andritzbach 2010“ – Lageplan (freiland ZT-GmbH) 16 Wasserland Steiermark 1/2011
Abb. 12: „Projekt Andritzbach 2010“, Beispiel - Bachprofil (freiland ZT-GmbH) O Linienführung: pendelnd bis ge- wunden (Laufverlängerung um „Die beschriebene Zielsetzung des „Mit der geplanten Baumaßnahme ca. 140 m = ca. 20 %) Projektes, die sich in einer Differen- wird eine wertvolle Ressource im Sinne O Bachbett: Nach Möglichkeit zierung der Strukturen im Land- der Förderung der wassergebundenen Sohlüberbreiten (bis 10 m, und Wasserbereich widerspiegelt Fauna und der Sicherung verschiedener Selbstgestaltung, Tiefenrinnen, und die weitgehend der Sukzession Wasserlebewesen geschaffen. Nebengerinne, Schotterbänke), überlassenen terrestrischen Infolge der gesicherten Wasserführung ist keine massive Sohlsicherung, Bereiche entsprechen den aktuel- davon auszugehen, dass das Gewässer Ufer variabel geneigt (bis 1:10), len Erfordernissen zu Herstellung als Laichhabitat für verschiedene in der Ufersicherung mittels Bruchstei- eines stabilen autochthonen Mur vorkommende Fischarten angenom- nen (Verwendung von vorhande- Ökosystems.“ men wird.“ nem Material), Holzpiloten, Wur- (Stadt Graz, Naturschutzbeauftragter) (Landesfischereiverband) zelstöcken, Steckhölzern und standortgerechtem Bewuchs (teilweise Rohböden ohne Hu- tungsbett bzw. direkt in die Mur musierung und auch gehölzfreie abgeleitet werden. Bachauf- Zonen) wärts der Brücke Wasserwerk- gasse deckt sich das bestehen- O Längenprofil: Anstelle der bei- de mit dem neuen Sohlgefälle den Migrationshindernisse wer- (Höhenfixpunkt = Hauptwasser- den naturnah gestaltete Bäche leitungsquerung). mit sparsamer Sicherung und ei- nem Sohlgefälle von 1:35 ange- O Grundbeanspruchung: Wasser- legt. In beiden Fällen sorgen Do- werk Graz-Andritz – ca. 9.800 m2, sierbauwerke dafür, dass größe- Republik Österreich – ca. re Hochwässer in ein Entlas- 9.000 m2 17
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