EMEINDE SCHWEIZER - UB Basel
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Nr. 5/2014 SCHWEIZER EMEINDE Commune Suisse Comune Svizzero Vischnanca Svizra Schwerpunkt Raumplanung Schweizerischer Gemeindeverband Association des Communes Suisses Strom sparen – Associazione dei Comuni Svizzeri Associaziun da las Vischnancas Svizras Pumpen wechseln
INHALT 5 Schweizerischer Gemeindeverband Stellungnahmen Jahresbericht In Ittigen wird seit 1976 9 Aktuell der Mehrwert abgeschöpft. 10 Gemeinden Das Bild aus dem Jahr 2012 13 Gemeindeschreiber zeigt, dass die Verdichtung 14 Raumplanung nach innen – «Gemeinden haben Gestaltungsspielraum» gelungen ist. – Methoden nachhaltiger Raumentwicklung Seite 20 – Ein wichtiges Instrument – Eine Lebensader, die ihren Namen verdient – Dank Planung Siedlungsräume erhalten – Auf dem Weg zu einem Arbeitszonenpool – Stadtentwicklung in Delsberg 34 Finanzen Mehrwert dank Verdichtung Le réaménagement 36 Pressespiegel de la place de la Gare, désormais libérée 38 Siedlungsentwicklung du trafic de transit, Dichte gestalten, Qualität erhalten a été la première réalisation 41 Zentrumsentwicklung emblématique «Es braucht ein gemeinsames Vorgehen» de la ville. Page 29 43 Energie Der Pumpencheck spart Strom 46 Energiestadt 47 Association des Communes Suisses Avis politiques Rapport annuel Trinkwasser- pumpen sind 50 Trafic der grosse Prix Villes cyclables Stromfresser. Ein Pumpencheck 52 Agenda lohnt sich auf jeden Fall und spart Strom. 53 Firmeninformationen Seite 43 54 Firmenverzeichnis 56 Mosaik Titelseite «Schweizer Gemeinde» interaktiv Stadt Delsberg Bild: Pierre Montavon Die Zeitschrift ist neu online zu lesen. Sie ist auf der Website des Verbands abrufbar. Der Clou: Die Links unter den Artikeln sind aktiv und füh- ren Sie zu weiteren Infos. Ein Click genügt. Un- ser Ziel ist, dass alle Interessierten schneller zu ihren Informationen kommen. www.chgemeinden.ch > Schweizer Gemeinde Schweizer Gemeinde 5/14 1
EDITORIAL Entwicklung muss Le développement möglich bleiben doit rester possible Per 1. Mai 2014 hat der Bundesrat die Alors que le Conseil fédéral a mis en neuen Bestimmungen in der Raumpla- vigueur les nouvelles dispositions en nung in Kraft gesetzt. Damit liegt der matière d’aménagement du territoire Ball nun bei den Kantonen und Ge- le 1er mai 2014, la balle est maintenant meinden. Einzelne Kantone haben zu dans le camp des cantons et des com- Recht darauf hingewiesen, dass die munes. Certains cantons ont fait re- neuen Bestimmungen nicht jene be- marquer à juste titre que ces nouvelles strafen dürfen, die ihre Hausaufgaben dispositions ne doivent pas les pénali- bereits gemacht haben. Zahlreiche ser pour avoir déjà rempli leurs de- Kantone haben eine Kulturland und voirs. Plusieurs cantons ont en effet Ressourcen schonende Siedlungsent- mis en place un développement terri- wicklung bereits in die Wege geleitet. torial respectueux des terres cultiva- Für viele Gemeinden gilt dasselbe. Sie bles et des ressources foncières. Il en haben in ihrer Ortsplanung nur so viel va de même pour de nombreuses Land eingezont, wie für eine nachhal- communes. Dans leur aménagement tige Entwicklung der local, elles n’ont prévu que la quantité Gemeinde notwendig de zones à bâtir nécessaire à leur déve- ist. Und das eingezonte loppement durable. Et ces terrains ré- Bauland entspricht den pondent aux exigences d’un dévelop- Anforderungen einer pement territorial orienté vers l’ inté- nach innen gerichteten rieur et concerté avec les communes und mit den umliegen- aux alentours. Il est par conséquent den Gemeinden abge- impératif que les cantons ne sanction- stimmten Siedlungsent- nent pas ces communes de leur côté. wicklung. Die Kantone Les communes que les nouvelles di- sind folglich gefordert, rectives vont amener à prendre des diese Gemeinden nicht mesures doivent bénéficier d’outils ihrerseits zu bestrafen. pratiques et compatibles avec le sys- Jenen Gemeinden, die tème de milice de la part de la Confé- Handlungsbedarf ha- dération et des cantons. Ces instru- ben, sind von Bund und ments doivent mettre les responsables Kantonen miliztaugli- de toutes les communes en état de che, praxisbezogene Hilfsmittel zur Ver- remplir leurs devoirs avec aide et as- fügung zu stellen. Mit solchen Werk- sistance, mais sans mise sous tutelle ni zeugen müssen die Verantwortlichen in limitation de leur autonomie. L’Asso- allen Gemeinden befähigt werden, ihre ciation des Communes Suisses a mon- Hausaufgaben mithilfe und Unterstüt- tré avec sa publication «Revitalisation zung, aber nicht unter Bevormundung des centres de villes et de localités» à und Einschränkung ihrer Autonomie quoi peut ressembler un guide pour zu erledigen. Der Schweizerische Ge- les communes. Lors de la journée du meindeverband hat mit dem Leitfaden 15 mai intitulée «Arrêter le mitage du «Revitalisierung von Stadt- und Orts- territoire – mais comment?», d’autres kernen» gezeigt, wie ein Wegweiser für pistes pratiques étaient présentées die Gemeinden aussehen kann. An der (voir dès page 13). En s’armant d’ef- Tagung vom 15. Mai zum Thema «Zer- forts supplémentaires, il s’agira de per- siedelung stoppen – aber wie?» wur- mettre, avec des projets concrets, un den weitere praxisnahe Anregungen développement territorial durable éga- vermittelt (ab Seite 13). Mit zusätzli- lement dans l’espace rural. Enfin, tout chen Anstrengungen wird es darum ne doit plus être possible partout en gehen, konkrete Projekte für eine sinn- matière d’aménagement du territoire, volle Siedlungsentwicklung auch im certes, mais cela ne doit pas signifier ländlichen Raum zu ermöglichen. Letzt- que plus rien n’est possible dans cer- lich soll in der Raumplanung zwar nicht taines communes. mehr überall alles möglich sein. Doch darf dies nicht dazu führen, dass in ein- zelnen Gemeinden gar nichts mehr möglich ist. Ständeratspräsident Hannes Germann Präsident/président Schweizer Gemeinde 5/14 3
SCHWEIZERISCHER GEMEINDEVERBAND Rentenreform: finanzielle Folgen für Gemeinden klären Der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) unterstützt den Vorentwurf zur Reform der Altersvorsorge 2020. Er fordert aber, dass die Auswirkungen auf das Sozialsystem aufgezeigt werden. Auch Gemeinden und Städte werden von der Reform tangiert. Der SGV beurteilt den Vorentwurf zur offen und nachvollziehbar aufgezeigt Anpassung des Mindestumwandlungs- Reform der Altersvorsorge 2020 als ziel- werden, damit die finanzielle Tragbar- satzes in der beruflichen Vorsorge. führend. Er begrüsst den Ansatz einer keit der Revision überprüft werden «Diese Massnahme darf aber nicht zu Gesamtschau, weist jedoch darauf hin, kann.» Der SGV verlangt deshalb, dass Rentenkürzungen und damit zu Mehr- dass die Auswirkungen der Reform auf die Vorlage mit den entsprechenden kosten in der Sozialhilfe und bei den Er- das Sozialsystem berücksichtigt werden Grundlagen ergänzt wird. gänzungsleistungen führen», fordert müssten. «Der heutige Kostendruck auf Im Weiteren begrüsst der SGV die Ein- der SGV. Deshalb seien die vorgeschla- Kantone respektive Gemeinden und führung eines einheitlichen Rentenal- genen Ausgleichsmassnahmen unver- Städte infolge starker Zunahme der Er- ters. Er unterstützt auch die Flexibilisie- zichtbar. pb gänzungsleistungen und Sozialhilfe ist rung des Rentenbezugs. Ebenfalls ein- erheblich und muss auf Dauer reduziert verstanden ist er mit der schrittweisen Stellungnahme: www.tinyurl.com/p99e3ze werden», hält der SGV in seiner Stel- lungnahme fest. Es sei darauf zu achten, dass gegenwärtige und zukünftige Leis- tungsversprechen nicht zulasten späte- rer Generationen gemacht werden. Er unterstützt den Grundsatz, dass die Renten nicht gekürzt werden sollen, sondern die Sanierung vor allem durch erhöhte Beiträge, längere Beitrags- dauer, Prämien und Steuern auf der Ein- nahmeseite erfolgen soll. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass Gemein- den und Städte als Arbeitgeber durch höhere Beiträge, Steuern usw. von der Revision tangiert seien. «Die finanziel- len Konsequenzen der Reform müssen Bundesrat Bersets Botschaft zur Reform der Altersvorsorge soll Ende Jahr vorliegen. Bild: zvg Erwachsenen- und Kindesschutz Der SGV unterstützt die Stossrichtung 2013 für die Ausstellung der Handlungs- haben und nicht einem Berufsgeheim- der Parlamentarischen Initiative «Publi- fähigkeitszeugnisse zuständig waren, nis unterstehen. Der SGV befürwortet kation von Erwachsenenschutzmass- diese Dienstleistung auch zukünftig er- diese Ausdehnung der Meldepflicht. Er nahmen». Diese fordert, die Erwachse- bringen können. begrüsst auch die Bestimmung, wonach nenschutzbehörde zu verpflichten, «das Personen, die dem Berufsgeheimnis un- Betreibungsamt am Wohnsitz der be- Besserer Schutz der Kinder terstehen, z.B. Ärztinnen und Ärzte, ra- troffenen Person über die Ergreifung vor Misshandlung und Missbrauch scher eine Meldung machen können. oder die Aufhebung einer Massnahme Der SGV hat zu einer Änderung des Gleichzeitig weist der SGV darauf hin, des Erwachsenenschutzrechts zu infor- Schweizerischen Zivilgesetzbuches be- dass die grössere Regelungsdichte im mieren». Zudem verlangt sie, dass die züglich Kindesschutz Stellung genom- Bereich des Kindesschutzes die Komple- Information im Betreibungsregister ein- men. Die Änderung stützt sich auf die xität erhöhe und den Vollzug für die be- getragen wird. Der SGV begrüsst die Motion «Schutz des Kindes vor Miss- troffenen Behörden auf kommunaler Publikation im Betreibungsregisteraus- handlung und sexuellem Missbrauch» Ebene erschwere. Er verlangt deshalb, zug. Er beantragt jedoch, dass die Er- aus dem Jahr 2008. Nach geltendem das Gesetz auf das Wesentliche zu redu- wachsenenschutzbehörde auch den Ein- Recht sind nur Personen in amtlicher Tä- zieren, und fordert, dass Bund und Kan- wohnerdiensten mitteilt, wenn sie einer tigkeit verpflichtet, eine Meldung an tone den Behörden und Fachpersonen volljährigen Person die Handlungsfä- die Kindesschutzbehörde zu erstatten, gezielte Informationen geben und Hilfe higkeit entzieht oder diese einschränkt. wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist. anbieten. pb Dies, damit die Einwohnerdienste, die Diese Verpflichtung soll neu auf Fach- bis zum Inkrafttreten der neuen Erwach- personen ausgedehnt werden, die be- Stellungnahmen: www.tinyurl.com/ocu86yb senenschutzmassnahmen per 1. Januar ruflich regelmässig Kontakt mit Kindern und www.tinyurl.com/og9lkt5 Schweizer Gemeinde 5/14 5
SCHWEIZERISCHER GEMEINDEVERBAND Gezieltes Engagement für leistungsfähige Gemeinden Der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) hat 2013 unter anderem 29 Stellungnahmen verfasst, einen Leitfaden zur Revitalisierung von Ortskernen publiziert und drei Fachtagungen (mit-)organisiert. Ein grosser Erfolg ist der Einbezug der Gemeinden im neuen Energiegesetz. Die Raumentwicklung war im vergange- In Zusammenarbeit mit dem Schweize- die Anstrengungen der Wirtschaft und nen Jahr einer der politischen Schwer- rischen Gewerbeverband publizierte er der Gemeinden», heisst es in Artikel 5. punkte des SGV. Für die Abstimmung den Leitfaden «Revitalisierung von Und in Artikel 11: «Die Kantone erarbei- zur Revision des Raumplanungsgeset- Stadt- und Ortskernen», der unter ten mit der Unterstützung des Bundes zes fasste er die Ja-Parole, da aus kom- www.chgemeinden.ch zum Download ein Konzept für den Ausbau der erneuer- munaler Sicht die Vorteile überwiegen, bereitsteht. Basierend auf den Erkennt- baren Energien, insbesondere für die etwa die Massnahmen zur Bewahrung nissen aus den elf Praxisbeispielen wur- Wasser- und für die Windkraft. Sie bezie- der landschaftlichen Qualität, die Schaf- den fünf Erfolgskriterien und zehn Hand- hen die Gemeinden und die betroffenen fung von Handlungsspielräumen für die lungsempfehlungen für die Revitalisie- Kreise angemessen ein.» Damit wird der wirtschaftliche Entwicklung sowie der Er- rung von Stadt- und Ortskernen formu- besonderen Bedeutung der kommuna- halt von ausreichend Kulturland für die liert. Mit dem Leitfaden sollen Städte len Ebene im Energierecht des Bundes Landwirtschaft. Nach Annahme der Vor- und Gemeinden ermuntert werden, Re- Rechnung getragen. lage engagierte sich der SGV in den Ar- vitalisierungsprojekte zu lancieren. beitsgruppen für die Ausarbeitung der Den Wissenstransfer Raumplanungsverordnung, der techni- Gemeinden werden und den Dialog fördern schen Richtlinien zur Bauzonenredimen- im neuen Energiegesetz genannt Der SGV informiert jeweils an Fachta- sionierung sowie der erneuerten Leitfä- Anfang 2013 erarbeitete der SGV Positio- gungen praxisbezogen über beispiel- den für die Richtplanung der Kantone. nen zur Energiestrategie 2050 des Bun- hafte Lösungen, damit Gemeinden ge- des. Ein Teil davon ist in die Stellung- genseitig vom vorhandenen Fachwissen Raumplanungsverordnung: nahme zur Strategie Stromnetze sowie und von Erfahrungen profitieren. Im ver- zahlreiche Korrekturen verlangt in Stellungnahmen zu zwei weiteren gangenen Jahr fanden drei Tagungen Im Vernehmlassungsverfahren zur neu- energiepolitischen Vorlagen des Bundes statt, die auf breites Interesse stiessen: en Raumplanungsverordnung verlangte eingeflossen. Zudem setzte sich der SGV Im Juni im Rahmen der Generalver- der SGV zahlreiche Anpassungen: Ihm gezielt dafür ein, die für die Gemeinden sammlung in Bern die Tagung «Gemein- fehlt eine Gesamtschau, der Eingriff in wichtiger werdende Rolle im Energiebe- den und Wirtschaft – gemeinsam für die kantonalen und kommunalen Kom- reich zu konkretisieren. Ein grosser Er- starke Standorte» (u.a. mit einer Rede petenzen ist zu gross, und die Informa- folg des SGV ist die vorgesehene Auf- des damaligen Bundespräsidenten Ueli tionspflichten sind zu umfangreich. nahme der Gemeinden ins neue Energie- Maurer), im September in Olten die Ta- Besonders befasste sich der SGV mit gesetz: «Bund und Kantone koordinieren gung «Kommunale Gesundheitspolitik – dem Thema «Verdichtung nach innen». ihre Energiepolitik und berücksichtigen gleichwertige Grundversorgung für alle» und im November, ebenfalls in Ol- ten, in Zusammenarbeit mit der Schwei- zerischen Konferenz der Stadt- und Ge- meindeschreiber und dem Schweizeri- schen Städteverband die Tagung «Infor- mation ist alles – wie Städte und Gemeinden kommunizieren». Im Juni fand zudem die 21. Ausgabe der Suisse Public statt. Der SGV ist Patronatspart- ner dieser alle zwei Jahre stattfindenden Schweizer Fachmesse für öffentliche Be- triebe und Verwaltungen. Der SGV erneuerte Anfang 2013 seinen Internetauftritt. Mit dem Relaunch der Website wurde ebenfalls der monatlich erscheinende Newsletter neu gestaltet. Die «Schweizer Gemeinde» feierte 2013 ein doppeltes Jubiläum: den 50. Jahr- gang und die 500. Ausgabe. pb Jahresbericht: Der SGV setzt sich auf Bundesebene für die Anliegen der Gemeinden ein. Bild: Miryam Azer www.tinyurl.com/ppw7wbo Schweizer Gemeinde 5/14 7
Gezielt kommunizieren dank Gemeindeadressen Die Geschäftsstelle des Schweizerischen Gemeindeverbandes verkauft die Post-, E-Mail- und Websiteadressen der Schweizer Gemeinden als Excellisten oder als Klebeetiketten. Schweizerischer Gemeindeverband, Laupenstrasse 35, 3001 Bern, Tel. 031 380 70 00, verband@chgemeinden.ch
AKTUELL Lärm an der Quelle bekämpfen Abschnitte von Gemeindestrassen, die übermässigen Lärm verursachen, müssen bis Ende März 2018 saniert werden. Eine Möglichkeit ist der Einbau lärmarmer Beläge. Damit können Gemeinden auch allfälligen künftigen Forderungen nach Lärmentschädigungen entgegenwirken. Gemäss neuen Berechnungen des Bun- desamts für Umwelt (Bafu) ist in der Schweiz tagsüber jede fünfte Person am Wohnort von schädlichem Strassenlärm betroffen. In der Nacht ist es jede sechste Person. Das Umweltschutzgesetz und die Lärmschutzverordnung verpflichten Bund resp. Kantone und Gemeinden, Strassenabschnitte, die übermässigen Lärm verursachen, bis 2015 resp. 2018 zu sanieren. Schon heute können Eigen- tümer von Liegenschaften Lärmentschä- digungen geltend machen. Anstelle der bisherigen richterlichen Entschädigungs- praxis soll eine neue Regelung im Um- weltschutzgesetz geprüft werden. Mit einer Lärmausgleichsnorm (LAN) soll den betroffenen Grundeigentümern ein Einbau eines Strassenbelags. Bild: Baerlocher Partner AG gesetzlicher Anspruch auf eine jährliche Auszahlung von Ausgleichsleistungen Lärmarme Strassenbeläge weniger pro geschützte Person», sagt gewährt werden. Die finanziellen Folgen wirken flächendeckend Sophie Hoehn, Sektionschefin Stras- wären vor allem für Gemeinden und Die Lärmbekämpfung muss laut Bafu in senlärm beim Bafu. Um den Erfah- Kantone, welche die meisten Strassen Zukunft noch stärker an der Quelle an- rungsaustausch und den Einbau lärm- besitzen, beträchtlich. setzen. Eine Möglichkeit im Strassenbe- armer Strassenbeläge zu fördern, hat Die Schweizerische Bau-, Planungs- und reich ist der Einbau lärmarmer Beläge. das Bafu auf seiner Website u.a. eine Umweltdirektoren-Konferenz hat sich Der Bund beteiligt sich an der Erfor- Liste mit Best-Practice-Beispielen auf- im Rahmen der Vorkonsultation gegen schung lärmarmer Beläge und leistet geschaltet. pb die LAN ausgesprochen. Das Eidgenös- Beiträge an deren Einbau auf Innerorts- sische Departement für Umwelt, Ver- strecken. «Im Gegensatz zu Schall- kehr, Energie und Kommunikation prüft schutzwänden wirken lärmarme Stras- Informationen: www.tinyurl.com/n7fyp3o jetzt Alternativen. senbeläge flächendeckend und kosten www.tinyurl.com/kpytzcp Tamiflu und Pandemieplanung Das Grippemedikament Tamiflu wirke Pandemieplanung hat die neue Coch- Dienstleistungen für die Bevölkerung», nur schwach und habe ausgeprägtere rane-Analyse keine unmittelbaren Kon- sagt Maria Luisa Zürcher, stellvertre- Nebenwirkungen als bisher bekannt, sequenzen», sagte Daniel Koch, Leiter tende Direktorin des SGV und Mitglied die Einlagerung des Medikaments Abteilung Übertragbare Krankheiten der Eidgenössischen Pandemiekommis- durch Regierungen sei zu hinterfragen: beim Bundesamt für Gesundheit ge- sion. Es gehe um die Information der Zu diesem Schluss kommen Wissen- genüber dem «Tagesanzeiger». Man Bevölkerung, die Sicherstellung des schaftler des Forschernetzwerks Coch- werde die Fachdiskussion weltweit ab- kommunalen Gesundheitswesens, die rane. Ihre Resultate wurden Mitte April warten. Der Schweizerische Gemeinde- Sicherstellung der Trinkwasser- und in der britischen Medizinzeitschrift «Bri- verband (SGV) empfiehlt den Gemein- Energieversorgung und der Abfallent- tish Medical Journal» veröffentlicht. Die den, Konzepte zur Vorbereitung auf eine sorgung und die Aufrechterhaltung der Herstellerfirma Roche widerspricht den Pandemie zu erarbeiten (siehe Artikel in öffentlichen Sicherheit. Für die weiteren Ergebnissen der Cochrane Collabora- der Märzausgabe). Aus seiner Sicht hat konkreten Schutzmassnahmen sind tion in einer Stellungnahme. die Fachdiskussion um das Medika- Bund und Kantone zuständig. «Eine op- ment Tamiflu ebenso wenig wie auf timale Pandemiebewältigung hängt Pandemiebewältigung dank Bundesebene direkten Einfluss auf die wesentlich von den Vorbereitungsarbei- guter Vorbereitung Vorbereitungsarbeiten für einen mögli- ten ab», sagt Zürcher. Darauf habe der Auch die Schweizer Regierung hat im chen Pandemiefall in Gemeinden. «Für SGV Gemeinden und Städte mit dem Zuge des Vogelgrippeausbruchs von die Verwaltungen der Gemeinden geht Artikel in der «Schweizer Gemeinde» 2003 sowie bei der Schweinegrippe von es während einer Pandemie primär um über die Pandemieplanung aufmerksam 2009 Tamiflu eingelagert. «Für unsere die Sicherstellung von lebenswichtigen gemacht. pb/sda Schweizer Gemeinde 5/14 9
GEMEINDEN Klein Matterhorn Bellinzona ren Geschwindigkeit des Verkehrs die Strasse dort überqueren sollten, wo sie Der Gipfel darf nicht Rekurs gegen sich am sichersten fühlten. Entfalle die überbaut werden Windpark Pflicht, den Fussgängerstreifen zu be- nutzen, seien die Passanten auch nicht Der Gipfel des Klein Matterhorns darf DerTessiner Heimatschutz (STAN) wehrt mehr zu Umwegen gezwungen. sda nicht überbaut werden. Dies hat der sich weiterhin gegen ein Windparkpro- Walliser Regierungsrat entschieden. Da- jekt am Gotthard. Gegen den Richtplan mit hiess er Beschwerden von Natur- der Gemeinde Airolo (TI) legte der Ver- Energiestadt und Heimatschutzorganisationen gegen band Rekurs beim Staatsrat, der Kan- Zahl der Energiestädte die Teilrevision des Zonennutzungs- tonsregierung, ein. Die Heimatschützer plans «Klein Matterhorn» der Ge- fürchten negative Folgen für das Land- steigt auf 355 meinde Zermatt teilweise gut. Diese schaftsbild der Gotthardregion. Die ver- hatte beantragt, das Klein Matterhorn in schiedenen Interessen – sprich Natur- Die Schweiz hat neun neue «Energie- die Skisportzone einzuzonen. Die Walli- schutz gegenüber der Nutzung von städte». Die Zahl der Städte und Gemein- ser Regierung hat beschlossen, dass Windenergie – sind nach Ansicht der den, die als Auszeichnung für ihre nach- eine Einzonung in die Ski- und Touris- STAN nicht ausreichend gegeneinander haltige Energiepolitik das Label tragen muszone am Klein Matterhorn nur un- abgewogen worden. Der Rekurs wird dürfen, erhöht sich damit auf 355, wie terhalb von 3840 m ü. M. sinnvoll er- auch von der Stiftung für Landschafts- der Trägerverein mitteilte. Neu zertifiziert scheint. Eine Einzonung bis zum Gipfel schutz unterstützt. sda wurden Altbüron, Cugnasco-Gerra, Ein- (3883 m ü. M.) wurde abgelehnt, «damit siedeln, Hagenbuch, Sementina, Stam- den Interessen des Natur- und Land- mertal, Steinach, Trogen und Walenstadt. schaftsschutzes, den Gipfelbereich des Berner Jura Das Gütezeichen erhalten Orte, die 79 in Zwei Gemeinden eine Liste aufgenommene energiepoliti- sche Massnahmen ergriffen oder be- spannen zusammen schlossen haben. Wer das Label trägt, muss sich regelmässig überprüfen las- Die Stimmberechtigten von Péry und sen. Nach Angaben des Trägervereins La Heutte im Berner Jura haben deut- Energiestadt lebt mehr als die Hälfte der lich Ja gesagt zur «Hochzeit» ihrer Ge- Menschen in der Schweiz in einer Ener- meinden. In La Heutte betrug die Zu- giestadt. Über 600 Städte und Gemein- stimmung zum Fusionsvertrag 90 %, in den sind Mitglied des Trägervereins und Péry 82 %. Die neue Gemeinde Péry–La erhalten damit Unterstützung auf dem Heutte wird etwa 1900 Einwohner zäh- Weg, eine Energiestadt zu werden. sda len. Die Stimmbeteiligung betrug 48 % in Péry und 54 % in La Heutte, wie Mi- Das kleine Matterhorn Bild: Zermatt.ch chel Vogt, Präsident der zuständigen Bergdietikon mit der Bergstation der Luftseilbahn. Kommission, mitteilte. Die Ergebnisse Kanton weist sind nicht überraschend, zumal die bei- Klein Matterhorns von zusätzlichen Bau- den Gemeinden schon vorher auf ver- Beschwerde ab ten und Anlagen frei zu halten, Rech- schiedenen Gebieten zusammengear- nung getragen werden kann». sda beitet haben. sda Der Gemeinderat von Bergdietikon hat bei der Behandlung eines Gestaltungs- plans für eine Überbauung keine Fehler E-Voting-Sicherheit Schwyz gemacht. Die Gemeindeabteilung des Keine Lücke bei Open-SSL- Verzicht auf aargauischen Departementes Volks- wirtschaft und Inneres wies eine Be- Systemen einiger Kantone Tempo-30-Zone schwerde ab. Diese hatten verlangt, dass der Gemeinderat von einer Zuger Bau- Der sogenannte «Heartblead» Bug Das Zentrum von Schwyz ist nach An- herrin eine vertraglich vereinbarte Kon- konnte den E-Voting-Systemen einiger sicht des Gemeinderates für Fussgänger ventionalstrafe in Höhe von 300 000 Fran- Kantone nichts anhaben. Die im April be- am sichersten, wenn für Autos das nor- ken einfordern müsse. Als Grund führ- kannt gewordene Lücke in bestimmten male Tempo-50-Regime herrscht. Die ten sie an, dass die Bauherrin den Versionen der Verschlüsselungsbiblio- Gemeinde verzichtet deshalb darauf, flä- Gestaltungsplan für eine Überbauung thek OpenSSL ermöglichte es, aus Ser- chendeckend Tempo 30 einzuführen, wie nicht fristgerecht eingereicht habe und vern sensible Daten wie Passwörter aus- sie mitteilte. Die Gemeinde hatte die dass somit die Strafe wirksam wurde. zulesen, die zuvor über das Internet an Frage durch einen externen Verkehrsin- Die Frist für die Einreichung des Gestal- diese Server gesandt worden waren. genieur abklären lassen. In Tempo-30- tungsplans lief am 31. März 2013 ab. Wie die Standeskanzlei Graubünden Zonen hätten die Autos gegenüber den Das beauftragte Architekturbüro hatte mitteilte, seien die Server der Kantone Fussgängern Vortritt. Fussgängerstrei- die Unterlagen bereits am 31. Januar Aargau, Freiburg, Graubünden, Schaff- fen könnten aber nur in Ausnahmefäl- 2013 der Gemeinde unterbreitet. Die hausen, Solothurn, St. Gallen, Thurgau len angebracht werden. Den weitgehen- Einwohner machten trotz Einhaltung und Zürich sicher. Im E-Voting-System, den Verzicht auf Fussgängerstreifen in der Frist geltend, dass die Unterlagen einem Pilotprojekt, wurde keine der feh- Tempo-30-Zonen begründet die Bera- nicht genügten und noch einmal über- lerhaften Versionen des OpenSSL-Ver- tungsstelle für Unfallverhütung (bfu) arbeitet werden mussten, also nicht schlüsselungsprotokolls eingesetzt. red damit, dass Fussgänger dank der tiefe- bewilligungsfähig waren. Die Gemein- 10 Schweizer Gemeinde 5/14
GEMEINDEN deabteilung ist laut der Gemeinde zum sunde finanzielle Basis. Die finanziellen sind die Zweitwohnungen in den sechs Schluss gekommen, dass die verlangte Unterschiede im Einzelfall, sei es auf- Gemeinden im Durchschnitt zwischen Nachbearbeitung nicht zu beanstanden grund der mangelnden Ressourcen 35 und 40Tagen pro Jahr belegt. Das Be- sei, weil die fristgerechte Einleitung des oder aufgrund der übermässigen Las- rechnungsmodell wolle Besitzer nicht anschliessenden Genehmigungsverfah- ten, seien aber weiter gross und hätten unbedingt dazu zwingen, ihre Wohnun- rens nicht tangiert wurde. sda sich in den letzten Jahren noch vergrös- gen mehr zu vermieten, sagt Pascal Rey, sert. Solche Unterschiede liessen sich Präsident der interkommunalen Vereini- nur durch einen modernen und wirksa- gung, die das Projekt ausgearbeitet hat. Kriens men Finanzausgleich massvoll reduzie- Vielmehr sollten Zweitwohnungsbesit- Defizit fällt ren, heisst es weiter. Nach rund zehn zer dazu angeregt werden, öfters nach Jahren und 21 Gemeindefusionen mit Crans-Montana zu kommen. Die geplan- kleiner aus insgesamt 83 beteiligten Gemeinden ten Steuern belaufen sich auf 20 Fran- lasse sich erstmals eine konkrete Aus- ken pro Quadratmeter Wohnfläche. Im Jahr 2013 ist das Defizit von Kriens sage über die Entwicklung der Steuer- Für eine Wohnung von 80 Quadratme- kleiner ausgefallen als budgetiert. füsse machen. Die zum Zeitpunkt der tern würde dies eine jährliche Steuer Bei einem Gesamtaufwand von rund Fusion festgesetzten Steuerfüsse er- von 1600 Franken bedeuten. sda 157 Mio. Fr. weist die Luzerner Vor- wiesen sich als nachhaltig. 19 fusio- ortsgemeinde einen Fehlbetrag von nierte Gemeinden hätten den Steuer- 1,8 Mio. Fr. aus. Veranschlagt war ein fuss unter dem durchschnittlichen Aarburg Minus von 2,7 Mio. Fr. Wie die Ge- Steuerfuss der einzelnen Gemeinden Gemeinderat steigt auf meinde mitteilte, hat sich der Rech- festsetzen können. Seit der Fusion habe nungsabschluss im Verlaufe des Jahres St. Antönien den Steuerfuss anheben die Barrikaden verbessert. Noch im Herbst war Kriens müssen. Tomils und Bregaglia konnten davon ausgegangen, dass das Defizit ihn senken. red Der Gemeinderat von Aarburg wehrt grösser ausfallen dürfte als veran- sich gegen einen Entscheid des Kantons schlagt. Entlastet wurde die Rechnung Aargau, der in der Gemeinde 90 asylsu- etwa, weil bei den Schulen weniger Crans Montana chende Familien einquartieren will. Auf Lohnkosten anfielen. Die Heime schlos- Steuer für Zweitwohnungen Anfrage der «Schweizer Gemeinde» sen finanziell besser ab als budgetiert, sagte Gemeindeammann Hans-Ulrich und für die Pensionskasse mussten vor dem Volk Schär: «Der Kanton hat seine Zusiche- keine Sanierungsbeiträge mehr bezahlt rungen, keine weiteren Asylbewerber in werden. Mehreinnahmen gab es bei den Die sechs Gemeinden des Walliser Fe- der Gemeinde unterzubringen, nicht Nach- und Straf- sowie den Erbschafts- rienortes Crans-Montana wollen eine eingehalten.» Die Gemeinde sei jahre- steuern. Allerdings gab es auch Ver- Steuer für Besitzer von Zweitwohnun- lang mit dem Departement Gesundheit schlechterungen. So musste Kriens mehr gen einführen. Je kälter die Betten der und Soziales im Gespräch gewesen. Geld als erwartet für die Fürsorge und die Ferienwohnungen, desto höher sollen «Man hat uns versprochen, dass keine Sozialhilfe ausgeben. Die ordentlichen Besitzer besteuert werden. Das letzte weiteren Asylsuchenden in Aarburg ein- Steuern blieben 2,4 Mio. Fr. unter Budget. Wort haben die Einwohner am 16. Juni. quartiert werden.» Dass der Kanton die Mindereinnahmen gab es auch wegen Die Infrastruktur und dieTourismusanla- Gemeinde am 1. April vor vollendete neuer Bestimmungen zu den Unterhalts- gen könnten nicht mehr durch die bishe- Tatsachen gestellt habe, «ist ein absolu- kosten, die Hausbesitzer geltend machen rigen Steuereinnahmen finanziert wer- ter Vertrauensbruch», wird Schär in der können. Die Gemeinde Kriens habe noch den, teilten die Gemeinden mit. Die «Aargauer Zeitung» zitiert. Er betont immer ein strukturelles Defizit von rund Steuer soll nur Zweitwohnungsbesitzer aber, «in anderen Bereichen ist die Zu- 2 Mio. Fr., schreibt Finanzvorsteher Paul betreffen, deren Wohnungen weniger sammenarbeit mit dem Kanton Aargau Winiker in der Mitteilung. Vorgesehen als 75 Tage im Jahr belegt sind. Derzeit gut». Hintergrund des Widerstands der sei, ab 2017 wieder schwarze Zahlen zu Gemeindeexekutive ist, dass Aarburg schreiben. Weil die Stimmberechtigten einen Ausländeranteil von 42 % aus- aber die Abschaffung der Liegenschafts- weist. Vielen ehemaligen Asylbewer- steuer beschlossen hätten, müsse die benden wurde die Aufenthaltserlaubnis Gemeinde ab 2015 Mindereinnahmen oder die Niederlassung gewährt. Aar- von jährlich 1,5 Mio. Fr. verkraften. sda burg hat damit verbunden auch die höchste Sozialquote im Kanton. Die Kosten übersteigen die Ausbildungs- Graubünden kosten, so die Gemeinde. Ausserdem Solide Steuerfüsse nach stösst die Infrastruktur an Grenzen. «Es fehlen Plätze und Möglichkeiten an den Gemeindefusionen Schulen und die finanziellen Mittel.» Im Rahmen der Stadtaufwertung und des Diese Bündner Gemeindefinanzstatistik «ProjetUrbain» habe Aarburg Schritte zeigt, dass sich der positive Trend soli- unternommen, um die Gemeinde at- der Gemeindefinanzen im Jahr 2012 traktiver zu machen und die Schulden- fortgesetzt hat. «Als positiv zu werten ist quote zu senken. «Mit zusätzlichen Asyl- die Entwicklung des durchschnittlichen bewerbenden ist ein weiterer Anstieg Steuerfusses», teilte das Amt für Ge- der Sozialquote zu erwarten, was die meinden des Kantons mit. Die meisten Verschuldung der Gemeinde erhöht», Gemeinden verfügten über eine ge- Crans Montana. Bild: zvg sagte Schär weiter. czd Schweizer Gemeinde 5/14 11
DER GEMEINDESCHREIBER «Die Ortsplanung ist zentral für die Entwicklung» Die intensive Auseinandersetzung mit der Ortsplanung motivierte Christian Reusser, Gemeinde- schreiber von Worb (BE), zu einer Weiterbildung. In der 11 300 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Ortschaft steht ein Neuanlauf für die Revision der Ortsplanung an. nannten. Die Gemeinde hatte darin ver- tere Entwicklung heraus, die in einem schiedene Gebiete zur Neueinzonung Schlussbericht veröffentlicht wurden. vorgesehen und beabsichtigte, Mass- nahmen zur Verdichtung im Ortszen- 2011 war die Kommunikation nicht op- trum zu ergreifen. Die Vorlage kam 2011 timial … zur Abstimmung und wurde abgelehnt. Dieses Mal haben diejenigen Massnah- Besonders mit einer beabsichtigten Neu- men Priorität, welche die innere Ver- einzonung waren wir bei den Anwoh- dichtung und Umzonung behandeln. nern auf Widerstand gestossen. Ausserdem erhalten wir Unterstützung von einem externen Kommunikations- Was war schiefgelaufen? büro. Bezüglich der internen Aufgaben- Im Abstimmungskampf lag der Fokus verteilung wird die Planungskommis- stark auf den Neueinzonungen. Von Sei- sion beim aktuellen Entwicklungspro- ten der Gemeinde gelang es uns nicht, zess zudem stärker in die Führung des unseren Grundsatz, haushälterisch mit Projekts eingebunden. So finden etwa dem Land umzugehen und deshalb Veranstaltungen zur Ortsplanungsrevi- nicht nur einzuzonen, sondern auch ver- sion immer mit Vertretern der Kommis- dichtet zu bauen, wirksam zu kommuni- sion und des Gemeinderats statt. zieren. Die Situation war unbefriedi- gend: Während der ganzen Planungs- Wie geht die Gemeinde vor, wenn es phase war es uns nicht gelungen, das um die innere Verdichtung geht? Interesse der Bevölkerung für das Pro- Um das Zentrum verdichten zu können, jekt genügend zu wecken. Der Wider- müssen die Eigentümer der Parzellen stand begann sich erst in der Schluss- ins Boot geholt werden. Deshalb finden phase zu regen, als die Planung schon nun viele Gespräche mit Landbesitzern abgeschlossen war. statt, um abzuklären, was wo möglich Christian Reusser, Bild: zvg ist. Gemeindeschreiber in Worb. Wie erlebten Sie persönlich die Ableh- nung? Als studierter Historiker und Betriebs- «Schweizer Gemeinde»: Sie sind seit Verwaltungsintern waren wir über- ökonom haben Sie zuerst in der Berner zwölf Jahren Gemeindeschreiber in zeugt, dass die Ortsplanrevision eine Stadtverwaltung auf dem Finanzin- Worb. In welcher Form befassen Sie gute Sache ist. Nach dem Engagement, spektorat gearbeitet. Bevor Sie Ge- sich mit der Ortsplanung? mit dem wir die Sache aufgegleist hat- meindeschreiber in Worb wurden, wa- Christian Reusser: In diesem Bereich ten, war die Ablehnung ein Dämpfer für ren Sie hier stellvertretender Leiter der bin ich vor allem für die Öffentlichkeits- mich und die anderen involvierten Ver- Abteilung Finanzen. Wie haben Sie Zu- arbeit zuständig, beteilige mich aber waltungsstellen. Während des Abstim- gang zum Thema Siedlungsentwick- auch, wenn es darum geht, eine Revi- mungskampfs habe ich mich aber neu- lung gefunden? sion methodisch zu planen. Die Orts- tral verhalten, da ich es als Gemeinde- Bei der intensiven Beschäftigung mit planung, mit der wir aktuell arbeiten, schreiber nicht als meine Aufgabe an- dem ersten Konzept der Gesamtrevi- stammt aus dem Jahr 1993. Seit ich im sehe, politische Aussagen zu machen. sion des Ortsplans merkte ich, dass ich Amt bin, haben wir ungefähr sieben Teil- in diesem Bereich Wissensdefizite habe. revisionen vorgenommen. Es ist meine Welche Lehren zog die Gemeinde aus Deshalb entschloss ich mich dazu, den Aufgabe, solche Planungsschritte an die der Abstimmungsschlappe? Fachausweis für Gemeindeangestellte Bevölkerung zu kommunizieren. Wer- Im März stimmte das Gemeindeparla- zu machen. Diese Ausbildung enthält den Teilrevisionen vorgenommen, ist ment einem Kredit für einen Neuanlauf auch Module zum Bau- und Planungs- die Information allerdings relativ ein- für die Ortsplanung zu. Die Gemeinde wesen. Mir wurde zudem stark bewusst, fach, weil man den genauen Bereich zieht bei diesem neuen Projekt die Be- dass die Ortsplanung das wichtigste In- nennen kann, den die Revision betrifft. völkerung von Anfang an in den Ent- strument für die Entwicklung einer Ge- wicklungsprozess mit ein. So fanden meinde ist: Wird eine Revision abge- Eine Gesamtrevision der Ortsplanung letztes Jahr drei öffentliche Foren statt, lehnt, ist die gesamte Gemeindeent- war schon einmal vorgesehen … an denen sich jeweils 60 bis 80 Perso- wicklung auf Jahre hinaus blockiert. Ja. 2006 starteten wir mit einem Kon- nen beteiligten. Es kristallisierten sich zept, das wir «Gesamtrevision 06Plus» dabei fünf Stossrichtungen für die wei- Interview Julia Konstantinidis Schweizer Gemeinde 5/14 13
RAUMPLANUNG «Gemeinden haben viel Gestaltungsspielraum» Die Revision des Raumplanungsgesetzes, die das Volk im März 2013 beschlossen hat, bedeutet für Schweizer Gemeinden, dass sie kein Bauland mehr einzonen können. Planen und Bauen im Bestand verlangt kleinen Gemeinden viel ab. Direktor Lukas Bühlmann von der Vereinigung für Landesplanung (VLP-ASPAN) erzählt, was er in den Dörfern erlebt. Ruedi Weidmann: Die VLP bietet ihr sie beträchtliche Gestaltungsspielräume Beratungsprogramm «Dialog Sied- haben. Natürlich ist es für die Gemein- lung» Gemeinden an, die Fragen im Be- den eine enorme Aufgabe, Lösungen reich der Ortsplanung haben. Wie hel- für strukturelle Probleme zu entwickeln – fen Sie den Gemeinden? ich beobachte aber oft, dass sie mit der Lukas Bühlmann: Zuerst gehen wir auf Zeit Freude daran bekommen. Die Sied- Ortsbesichtigung mit einem Gemeinde- lungsentwicklung gehört zu den ureige- rat, dem Bauverwalter oder einer Be- nen Kernaufgaben der Gemeinden. Sie hördendelegation. Wir lassen uns die sind nun gefordert, etwas aus dem Be- Probleme erläutern, schauen aber auch stehenden zu machen – wie sie das tun, nach links und rechts und stellen Fra- können sie selber am besten bestim- gen. Dann schreiben wir einen Bericht men. mit einer Einschätzung der Lage und schlagen der Gemeinde nächste Schritte Welche neuen Fragen kommen auf die vor (vgl. Kasten). Diese bieten wir nicht Lukas Bühlmann, Bild: zvg Gemeinden zu? selber an, sondern empfehlen dafür pri- Direktor VLP-ASPAN. Die Anliegen, mit denen sich die Ge- vate Büros oder Hochschulinstitute. Je meinden an uns wenden, sind vielfältig, nach Ausgangslage und Problemstel- Wie kommt das verschärfte Raumpla- doch drehen sie sich um ähnliche struk- lung schlagen wir eine Machbarkeitsstu- nungsgesetz in den Gemeinden an? turelle Probleme. Meist werden diese die, einen Studienauftrag oder eine Test- Unterschiedlich. Einige treten sogar aus zuerst im Ortszentrum bewusst, oft an planung mit zwei bis drei Planungsbü- der VLP-ASPAN aus mit der frustrierten einzelnen Problemliegenschaften: Soll ros vor. Oder als günstigere Variante ein Begründung, sie könnten nun nicht die Gemeinde eine Wirtschaft am Dorf- Projekt mit Studierenden. mehr planen, der Kanton schreibe ja platz kaufen, für die sich kein Pächter jetzt alles vor. Viele merken aber, dass mehr findet? Bei der Begehung merken Warum war in ländlichen Gemeinden wir dann, dass man die Frage in einem Verdichten bisher kein Thema? grösseren Rahmen betrachten muss: Weil die Gemeinden einfach neues Bau- Dialog Siedlung Der ganze Ortsteil hat Probleme, Läden land einzonen konnten, wenn jemand ziehen weg, Durchgangsverkehr macht bauen wollte. Das ist viel einfacher als Das Bevölkerungswachstum, die das Wohnen unattraktiv, Wohn- und Bauen im Bestand. Das ist nun vorbei. zahlreichen Ansprüche an den Raum, Ökonomiegebäude stehen leer usw. Das Volk hat im März 2013 der Revision die zunehmende Mobilität und der Aus der Distanz können wir eine ge- des Raumplanungsgesetzes zugestimmt. scharfe Standortwettbewerb verlan- samtheitliche Sicht einbringen, Poten- Nun merken die Gemeinden, dass sie gen von den Städten und Gemein- ziale für mögliche Entwicklungen erken- nicht mehr um die Innenentwicklung den eine sorgfältige Weiterentwick- nen und zeigen, wie andere Gemeinden herum kommen. Kleine und mittlere lung ihrer Siedlungen. Das neue Be- mit ähnlichen Situationen umgehen. Gemeinden – mit nebenamtlichen Ge- ratungszentrum «Dialog Siedlung» meinderäten und minimalen Verwaltun- der Vereinigung für Landesplanung Wo brennt es mehr, in den Agglomera- gen – sind damit rasch überfordert. (VLP-ASPAN) unterstützt Städte und tionen oder in Randgebieten? Darum bieten wir die Beratung an. Gemeinden bei Fragen zur Verdich- Überall. In boomenden Agglomerations- tung, Zentrumsplanung, Gebietser- gemeinden ist zwar die Ausgangslage Sie sprechen von Innenentwicklung, neuerung und zur Förderung der eine ganz andere als in schrumpfenden nicht von Verdichten. Mit Absicht? Siedlungsqualität. Dabei hilft ihnen Berggemeinden. Die Aufgabe einer Ja. Verdichten, im Sinn von dichter und eine noch im Aufbau befindliche nachhaltigen Siedlungsentwicklung ist höher bauen, ist nur ein Teil der Sied- Datenbank mit Best-Practice-Bei- aber für alle eine enorme Herausforde- lungsentwicklung nach innen. Zu dieser spielen. Die Dienstleistung wird lan- rung. gehören auch Massnahmen, die das desweit angeboten und erfreut sich Bauvolumen nicht vergrössern, son- schon im ersten Jahr einer regen Planen im Bestand ist gewiss komplex, dern bestehende Bauten besser und Nachfrage. vor allem, wenn noch Auflagen vom vielfältiger nutzen. «Innenentwicklung» Ortsbild- und Denkmalschutz hinzu- ist im ländlichen Raum auch weniger Informationen: www.vlp-aspan.ch kommen. Der Eindruck entsteht, dass ein Reizwort als «Verdichten». Gemeinden das Potenzial ihres Be- 14 Schweizer Gemeinde 5/14
RAUMPLANUNG stands nicht erkennen: Wertvolle Alt- bauten, Gärten, Plätze oder Bachufer bleiben ungenutzt oder werden gar be- seitigt. Ja, das stimmt leider. Ich glaube, das ist die Folge einer Überforderung. Die Ge- meinden sind ja nicht nur in der Raum- planung, sondern auch bei der Bildung, im Sozialwesen laufend stärker gefor- dert; gleichzeitig steht weniger Geld zur Verfügung. Das kann Frust erzeugen. Aber ich treffe auch erfreuliche Situatio- nen an und staune, wie stark sich man- che Gemeindebehörden engagieren. Lähmend für die Innenentwicklung ist das Horten von Bauland: Eigentümer von eingezontem Land bebauen es nicht, weil sie hoffen, später mehr Geld dafür zu erhalten. Viele Gemeinden konnten Bauwilligen deswegen kein Land anbieten und zon- ten darum neues ein. Das revidierte RPG weist nun die Kantone an, rechtli- che Massnahmen gegen die Bauland- hortung vorzusehen, etwa ein Kaufrecht Verdichten durch Anbauen in Fläsch GR: Der Altbau bleibt erhalten, Bild: Ruedi Weidamann der Gemeinde nach zehn Jahren, wie es Kurt Hauensteins angebaute «Casascura». Obwalden kennt. So entsteht eine Bau- pflicht. Appenzell Ausserrhoden kann Wir hören zwar oft: «Verdichten ist et- tungen zu organisieren. Qualität kostet solche Flächen wieder auszonen; des- was für die Stadt, wir sind hier ein eben, aber eine gute Planung lohnt sich halb kommen solche Parzellen dort Dorf.» Doch auch in ländlichen Gemein- später x-fach. Letztlich kommt man nicht heute auf den Markt. den gibt es Potenzial für Aufzonungen, um Studienaufträge herum, trotzdem Ein Problem sind auch unternutzte etwa um die Bahnstation herum. Man suchen wir nun nach günstigeren Ver- Grundstücke: leere Scheunen oder ein- muss allerdings behutsam vorgehen! fahren, die wir kleinen Gemeinden an- stöckige Gewerbehallen an gut er- Gute Beispiele für sorgfältige Anbauten bieten können. schlossenen Lagen, wo eigentlich Woh- und Aufstockungen sind da sehr wert- nungen und Läden sinnvoll wären. voll. Was könnte das sein? Im Entwurf für ein neues Planungs- und Gut moderierte eintägige Workshops Baugesetz im Kanton St. Gallen schlägt Ein zentrales Problem ist sicher, dass in können schon viel leisten: die entschei- die Regierung vor, dass die Gemeinden kleinen Gemeinden das Wissen fehlt, denden Akteure für Probleme sensibili- über solche Parzellen Entwicklungszo- wie man solche Planungsverfahren auf- sieren, verschiedene Sichtweisen eines nen mit einem kommunalen Enteig- gleist und steuert. Dieses Wissen kann Problems erfassen, Gründe für Blocka- nungsrecht verhängen können. Nur man einkaufen – oder ist das für die Ge- den aufspüren und auch bereits mögli- schon, dass solche Verfahren möglich meinden zu teuer? che Lösungswege andenken. Natürlich sind, bringt Bewegung in den Grund- Ja, die Kosten sind ein grosses Problem. entsteht so noch kein Projekt, aber man stückmarkt. Was auch nützt, sind Ge- Wenn Gemeindevertreter hören, was kann einen Prozess lancieren und auf spräche. Die Luzerner Gemeinde Ruswil eine Testplanung oder ein Studienauf- der wichtigen Ebene der Kommunika- hat den pensionierten Verwalter der Re- trag kostet, verwerfen sie oft die Hände. tion schon erstaunlich viel erreichen. gionalbank als «Kümmerer» angestellt. Selbst wenn der Gemeinderat vom Nut- Als Respektsperson, die die lokalen Ver- zen überzeugt ist, kann der Kredit in der Der Erfolg solcher Entwicklungspro- hältnisse gut kennt, führt er Gespräche, Gemeindeversammlung scheitern. Da- zesse hängt wohl gerade in kleinen versucht zu überzeugen und Gelegen- bei geht es um niedrige sechsstellige Gemeinden davon ab, ob die Bevölke- heiten wahrzunehmen. Das ist unbefan- Beträge – wenig Geld, verglichen mit rung dahintersteht. Das bedeutet, die gener, als wenn der Gemeindepräsident dem, was eine Gemeinde für die Er- Bevölkerung einzubinden – eine weitere auftaucht, und günstiger, als wenn es schliessung von neu eingezontem Land Überforderung? Was raten Sie Gemein- der Ortsplaner macht. ausgibt. den bei diesem Thema? Aber das Resultat eines Studienauftrags Es gibt ein paar allgemeine Regeln: Die Wo liegen weitere Möglichkeiten für ist eben nicht vorhersehbar, und danach Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für die Innenentwicklung ausser im Füllen folgen noch weitere Planungsschritte. die Information der Bevölkerung ist zen- von Baulücken und im Ersetzen von Wir merken, dass wir die Gemeinden tral, man darf nicht zu hohe Erwartun- leer stehenden Bauten? hier etwas länger begleiten und besser gen wecken – aber ein allgemeingülti- Im Umnutzen von nicht mehr genutzten mit Argumenten versorgen müssen. ges Rezept gibt es nicht. Es kommt auf Ökonomiegebäuden und in Umzonun- Eine andere Möglichkeit ist, das Projekt die Art des Projekts, die Grösse des Pe- gen: Viele ländliche Gemeinden haben als Modellvorhaben des Bundes anzu- rimeters und die Vorgeschichte eines zu grosse Industrie- und Gewerbezo- melden oder Finanzierungshilfen beim Orts an: Wo schon mehrere Anläufe in nen. Auch Aufzonen kann sinnvoll sein. Kanton, bei Patengemeinden oder Stif- Konflikten geendet haben, muss man Schweizer Gemeinde 5/14 15
RAUMPLANUNG Erhalten, Umnutzen und Verdichten im Dorf: ein Beispiel aus Fläsch (GR). Bild: Ruedi Weidmann umsichtiger vorgehen als an Orten, wo laufenden Veränderungen und von vor- uns ihre Probleme, Wünsche, Bedenken sich alle einig sind, dass etwas gesche- handenem Potenzial. Dann erarbeiten und Möglichkeiten – ganz offen, denn hen muss. wir – nun zusammen mit wichtigen Ak- niemand von der Gemeinde ist anwe- Mich überzeugt nach wie vor die Vor- teuren, vor allem dem Gewerbe – eine send. So spüren wir, was nötig und gehensweise in unserem Programm Nutzungsstrategie. Sie zeigt mögliche möglich ist, und es entstehen neue «Netzwerk Altstadt», das wir schon län- Entwicklungen auf und diskutiert mögli- Ideen. In Delsberg ist das ausgezeichnet ger für Gemeinden mit einer Altstadt che Massnahmen. Diese Strategie dis- gelungen. Diese Erfahrungen von mit- anbieten (vgl. Kasten). Dort beginnen kutieren wir dann mit der Bevölkerung. wirkenden Prozessen aus dem «Netz- wir – noch ohne die Bevölkerung – mit Dann richten wir «Gassenclubs» ein: werk Altstadt» übertragen wir nun ins einer «Stadtanalyse»: einer ersten gro- Die Eigentümer aus einer Gasse setzen Programm «Dialog Siedlung». Denn das ben Einschätzung des Bestands, der sich an einen Tisch und diskutieren mit Vorgehen kann durchaus auch in Land- 16 Schweizer Gemeinde 5/14
RAUMPLANUNG bereits fachlich, etwa der Kanton Aar- es sichtbare Meilensteine gegen die Netzwerk Altstadt gau, der dafür vor einigen Jahren ein Team eingerichtet hat. Finanzielle Hilfe Ungeduld: Veranstaltungen, eine Aus- stellung, ein Fest, öffentliche Zwischen- vom Kanton für eine Prozessbegleitung nutzungen … Hilfreich sind auch gute Das Kompetenzzentrum Netzwerk können Gemeinden jedoch nicht erwar- Beispiele. Ganz wichtig ist eine Schlüs- Altstadt bietet Expertenwissen und ten. Es wäre aber grundsätzlich zu über- selperson, die sich des Prozesses an- einen Werkzeugkasten für Gemein- legen. nimmt, idealerweise eine Gemeinde- den, die strukturellen Problemen in rätin oder der Bauverwalter, eventuell ihrer Altstadt begegnen wollen. Die Für die Gemeinden ist die Situation be- eine Bürgergruppe oder ein Investor mit 2007 von Urs Brülisauer und Paul lastend – Sie sehen sie als Chance? Sinn für den Gemeinnutzen. Es braucht Hasler entwickelte Initiative fand Ja, die Entwicklung macht mir viel eine engagierte Projektleitung. Die ge- Unterstützung beim Bundesamt für Freude! In der Kommunalplanung wird eigneten Planungsinstrumente müssen Wohnungswesen (BWO); die Ge- eine ganz neue Dimension erkennbar. gefunden und ein Netzwerk für fachli- schäftsstelle wurde zunächst beim Ich bin zuversichtlich, dass sich bald in che, ideelle und finanzielle Unterstüt- Städteverband angesiedelt und 2011 vielen Gemeinden etwas bewegt. Es zung aufgebaut werden. zur VLP-ASPAN transferiert. Seither sind ja nicht nur Bund und Kantone und Wir empfehlen auch dringend eine wurden weitere Experten ausgebil- das RPG, die eine nachhaltige Entwick- aktive Bodenpolitik: Dass die Gemeinde det und der Service auf die Roman- lung fordern. Es ist auch die Bevölke- in den Besitz von Land kommt, ist ein die ausgedehnt. Die Dienstleistung rung, die begriffen hat, dass wir das Schlüsselelement der Innenentwick- wird stark nachgefragt, sie soll künf- Siedlungsgebiet nicht mehr ausdehnen lung. Es schafft vor allem Spielraum: tig in das Beratungszentrum «Dialog dürfen. Heute wehren sich auch die Bau- Gute Projekte können dann mit einem Siedlung» integriert werden. rw ern für das Kulturland. Und immer mehr Landabtausch ermöglicht werden. Die Informationen: Leute, alte und junge, in der Stadt oder Gemeinde kann ihr Land danach wieder www.netzwerk-altstadt.ch im Dorf, möchten wieder in einem le- verkaufen, aber vorher dafür sorgen, Input SRF 3: www.tinyurl.com/nxz6tyl bendigen Ortskern wohnen, nah beim dass darauf ein gutes Projekt entsteht, Geschehen, bei den Dingen des tägli- in das die Interessen der Dorfgemein- chen Bedarfs und den öffentlichen Ver- schaft einfliessen. Noch besser kann sie und Agglomerationsgemeinden funk- kehrsmitteln. Es besteht also auch ein ein Projekt steuern, wenn sie das Land tionieren. Wunsch nach Innenentwicklung. So ent- im Baurecht abgibt. stehen neue Koalitionen. Die Siedlungs- Sind solche Methoden nicht anfällig? qualität erhält einen grösseren Stellen- Man sieht heutzutage Bauten, die Pos- Kann da nicht ein einziger Besitzer, der wert. Was hier gerade geschieht, ist tulate der Innenentwicklung erfüllen. sich querstellt, den Prozess blockieren? mehr als eine Trendwende beim Boden- Doch oft fehlt die architektonische Qua- Jedem Planungsprozess drohen Blo- verbrauch: Ich sehe, dass sich ein Para- lität. Was können Sie in dieser Hinsicht ckaden etwa durch Rekurse. Der Erfolg digmenwechsel in der Siedlungsent- ausrichten? ist immer eine Frage von erfolgreicher wicklung abzeichnet. Damit er wirklich Um diesen Aspekt wird man sich künftig Kommunikation. Der Einbezug aller stattfindet, muss die Aufbruchstim- stärker kümmern müssen. Denn nur ein Stakeholder scheint zunächst aufwen- mung, die in einem Teil der Gemeinden schönes Dorf ist ein nachhaltiges Dorf. dig, und natürlich muss man dann auch schon herrscht, sich auf andere übertra- Wir weisen die Gemeinden darauf hin, mit Leuten diskutieren, die zunächst gen und möglichst lange anhalten. dass gute Architektur allen nützt, und partout nichts ändern wollen. Aber mich empfehlen Architekturwettbewerbe. Ei- überzeugen die Erfolge, die wir damit Steckt darin nicht ein gehöriger Schuss nige Gemeinden erlassen Gestaltungs- erzielen. Wunschdenken? regeln für bestimmte Bauzonen oder Zugegeben: Zu uns kommen nur Ge- verlangen von den Grundeigentümern Design und Moderation von Mitwir- meinden, die etwas tun wollen. Das vor Einzonungen Überbauungsstudien, kungsprozessen und eine gute Öffent- prägt meine Wahrnehmung. Die Kan- die in der Gemeinde diskutiert werden. lichkeitsarbeit brauchen Erfahrung. tonsplaner sind da sicher skeptischer, Der Kanton Luzern hat dazu eine Ar- Wenn sie nicht vorhanden ist, braucht da sie sich auch mit allen anderen Ge- beitshilfe geschaffen. Der Kanton Grau- eine Gemeinde Unterstützung: Ent- meinden auseinandersetzen müssen. bünden bietet Bauherrschaften und Ge- steht hier ein neuer Beruf? Natürlich ist der Paradigmenwechsel meinden Beratung in Gestaltungsfra- Ja, tatsächlich, das kann ich mir vorstel- erst in einigen Pioniergemeinden deut- gen an. Gemeinden wie Disentis oder len. Solche Projektbegleitungen sind zu- lich sichtbar – die ja dann den Wakker- Fläsch haben die Elemente der traditio- nehmend gefragt. Das muss kein Planer preis erhalten. Viele Gemeinden lassen nellen Bauweise analysieren lassen und sein, es kann auch eine Kommunika- die Ortsentwicklung immer noch schlit- daraus Regeln für die bauliche Weiter- tionsspezialistin oder eine Fachperson tern, andere sind erst am Anfang. entwicklung abgeleitet. Dort wissen In- mit Erfahrung in soziokultureller Ent- vestoren, dass die Gemeinde sie unter- wicklung und Kenntnis der raumplane- Was sind Erfolgsfaktoren für die Innen- stützt, dass aber über die Qualität der rischen Instrumentarien sein. entwicklung? Gestaltung diskutiert wird. Da ab jetzt Sich nicht zu viel vornehmen, behutsam im Bestand gebaut wird, werden sich Wäre es eine Aufgabe der Kantone, die vorgehen, gut informieren, die Bevölke- ästhetische Fragen häufiger und schär- Gemeinden hier zu unterstützen? rung einbeziehen. Wenn die Bevölke- fer stellen. Ja. Die Kantone würden nämlich entlas- rung nur hört, dass etwas im Tun ist und tet, wenn alle Gemeinden in der Lage dass es Geld kostet, aber nichts Ge- Ruedi Weidmann wären, selbstständig eine nachhaltige naues weiss und sich nicht äussern Siedlungsentwicklung zu planen. Einige kann, dann ist die Gefahr des Scheiterns Das Interview ist in der Ausgabe 1-2/2014 von Kantone unterstützen die Gemeinden gross. Lang bevor gebaut wird, braucht TEC21 erschienen. www.espazium.ch/tec21 Schweizer Gemeinde 5/14 17
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