EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz

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EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
EAA. INSIDE         ENERGIE
                                                       WISSEN & INFORMATION JUNI | 2016

Neue Wege                Menschen, Märkte,                        Erdgas – Brücken-
nach Paris                 Perspektiven                         technologie „in spe“?
  Weltklimavertrag:    Gekommen, um zu bleiben. EAA setzt auf      Perspektiven für Österreich
Die Besten im Westen        strategische Kundenbindung.                   und Europa
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
DER GROSSE UMBAU
         BIS 2030
               Land am Strome                                                                      Wind ernten
      Steigerung der Stromproduktion aus österreichischer Wasserkraft                         Ausbau der Windkraftleistung in Österreich

                 %                                                                               %
            + 14                                                                            + 58

          Der Sonne entgegen                                                            Strom konservieren
     Anteil der Photovoltaik an der Gesamtstromproduktion in Österreich                   Steigerung der Stromspeicherkapazitäten in Europa

                                                       8%

                                                                                                 %
                    1%                                                                      + 85

    Achillesverse Netzausbau                                                      Investitionen mit Weitblick
                    Erforderlicher Netzausbau in Europa                                 Erforderliche Investitionen in Österreichs Kraftwerskpark

                          0 km                                                                     .
                                                                                               Mrd
                 0
            52.3                                                                             0
                                                                                         + 5

2 ENERGIE INSIDE JUNI/16                                                  Quelle: Österreichs Energie; Empowering Austria, Austria Trend Forum
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Boutiquehotel Stadthalle Wien
                                                                                                                                     INHALT
                                                                                                                                     04 kurz und bündig

                  Zum Geleit                                                                                                         07 „ Die beste Wettbewerbs-
                                                                                                                                        förderung ist eine
                      Sie halten die neue Ausgabe von EAA-Energie Inside – dem Unternehmensmagazin der                                  gemeinsame Preiszone“
                  EAA-EnergieAllianz Austria – mit dem Titel „Ende des fossilen Zeitalters?“ in den Händen.                             Interview mit der
                  Mit dieser Headline beziehen wir uns auf ein in den Medien oftmals verwendetes Zitat zu                               EAA-Geschäftsführung
                  Ergebnissen des Weltklimagipfels vom 12. Dezember 2015 in Paris. Der neue Klimavertrag
                  verspricht saubere Energie und Entwicklung für alle: Diplomatisch ein Riesenerfolg, doch die                       10 Neue Wege nach Paris
                  Arbeit fängt erst an. Das am Cover abgebildete Boutiquehotel Stadthalle Wien ist den Weg
                  einer nachhaltigen Gesamtkonzeption bereits gegangen. Das Gebäude erzeugt genau so viel                            12 W eltklimavertrag:
                  Energie, wie es selber verbraucht. Ganze 130 m2 Solarfelder, eine 90 m2 große Photovol-                               Die Besten im Westen
                  taikanlage und die Grundwasserwärmepumpe erzeugen die täglich notwendige Energie im
                  Eigenbedarf. In den Räumen werden ausschließlich sparsame LED-Lampen verwendet.                                    15 E
                                                                                                                                         in Jahr Energieeffizienz-
                                                                                                                                        gesetz – Aussicht auf
                  Energie und Klima                                                                                                     Besserung?
                      In der aktuellen Ausgabe wirft das Team von EAA-Energie Inside einen Blick in die
                  Zukunft: Wir spüren nach, welche Wege nach dem UN-Weltklimavertrag von Paris einge-                                16 G
                                                                                                                                         emeinsame Preiszone –
                  schlagen werden, wie es mit der gemeinsamen Preiszone zwischen Deutschland, Österreich                                Kohle als Hürde?
                  und Luxemburg weitergeht und welche Folgen der Ölpreisverfall auf die Energiewende hat.
                  Weitere Themen sind: die Bilanz nach einem Jahr Energieeffizienzgesetz und die Entwick-                            18 Neue
                                                                                                                                            Wettbewerbshüter für
                  lungen auf dem Gasmarkt sowie die Rolle von Gas als Brückentechnologie bei der Ener-                                  den Energiemarkt
                  gie- und Stromwende. Zudem haben wir mit den beiden kürzlich ernannten Vorständen der                                 Interview mit den
                  österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, DI Andreas Eigenbauer und Dr. Wolfgang                                Vorständen der E-Control
                  Urbantschitsch, gesprochen. Wir berichten in diesem Heft auch wieder über die erfolgreiche
                  Zusammenarbeit mit unseren Kunden: Seit Anfang des Jahres sind wir erfahrener, leistungs-                          20 M
                                                                                                                                         enschen, Märkte,
                  starker und zuverlässiger Partner der WESTbahn Management GmbH und unterstützen diese                                 Perspektiven
                  dabei, den Energieverbrauchshaushalt zu optimieren. Dass die EAA für die Herausforderun-
                  gen der Zukunft gut gerüstet ist, zeigt das Interview mit den EAA-Geschäftsführern Mag.                            22 G
                                                                                                                                         ekommen, um zu bleiben
                  Markus Felder, Mag. Jörg Sollfelner und Mag. Christian Wojta. Wir hoffen, dass bei diesem
                  Mix an Themen auch diesmal für Sie etwas dabei ist.                                                                24 U
                                                                                                                                         nser Kunde WESTbahn:
                                                                                                                                        Interview mit dem Vorstand
                      Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre mit Einblicken hinter die Kulissen der                                  der WESTbahn
                  Energiebranche – auf den Punkt gebracht von Ihrem EAA-Team.
                                                                                                                                     26 W
                                                                                                                                         ohin die Ölspur uns führt

                  Ihr EAA-Team                                                                                                       28 E
                                                                                                                                         rdgas:
                                                                                                                                        Brückentechnologie „in spe“
                  Die EAA-EnergieAllianz Austria legt großen Wert auf Gleichbehandlung. Der Text des Magazins folgt ausschließlich
                  dem Ziel, Information in gut lesbarer Form zu vermitteln. Aus diesem Grund haben wir bewusst auf geschlechts-      30 G
                                                                                                                                         asmarkt – Perspektiven für
                  spezifische Formulierungen verzichtet und entweder die maskuline oder feminine Bezeichnung gewählt. Im gesam-
                  ten Magazin sprechen wir Frauen und Männer völlig gleichwertig an.                                                    Österreich und Europa

                  Impressum: Unternehmensmagazin der EAA-EnergieAllianz Austria Medieninhaber, Verleger, Herausgeber                 32 E
                                                                                                                                         rdgas in der
                  und Eigentümer: EnergieAllianz Austria GmbH, Wienerbergstraße 11, A-1100 Wien, Tel.: +43 1 904 10-0, E-Mail:
                  office@energieallianz.at Geschäftsführung: Mag. Markus Felder, MSc; Mag. Jörg Sollfelner; Ing. Mag. Christian         politischen Sackgasse?
                  Wojta, MBA Presse & Kommunikation: Mag. Peter Koller Grafik: Beatrice Bognar, OFFBEAT Graphik & Design
Foto: EAA / Ehm

                  Redaktion: Foggensteiner Public Relations GmbH Coverfoto: Ian Ehm Druck: Druckerei Lischkar Grundlegende
                  Richtung: Unternehmensmagazin mit Energieschwerpunkt Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach dem
                                                                                                                                     34 E
                                                                                                                                         AA-Veranstaltungen
                  Mediengesetz: EAA-EnergieAllianz Austria GmbH

                                                                                                                                                  ENERGIE INSIDE JUNI/16 3
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
kurz und bündig
WESTbahn fährt ab 2016 mit                                              switch mit neuem Geschäftsführer
Strom der EAA-EnergieAllianz Austria                                    Mag. Christoph Schmidt, 28, wird per 1. April 2016 mit der Geschäfts-
Mit der Liberalisierung des Bahnstrom-Marktes wechselt die              führung der switch Energievertriebsgesellschaft m.b.H. betraut,
WESTbahn den Stromanbieter. Ab 1. Jänner 2016 werden alle               einem 100-prozentigen Tochterunternehmen der EAA. Der gebürtige
32 Züge der WESTbahn, die täglich im Fernverkehr zwischen               Wiener war zuletzt Geschäftsführer der Energie Burgenland Green
Wien und Salzburg unterwegs sind, mit elektrischer Energie der          Power GmbH und Vorstandsassistent der Energie Burgenland AG.
EAA-EnergieAllianz Austria beliefert. Die EAA, Österreichs größtes      Davor war er als Unternehmer im Bereich Marketing und Werbung
Energievertriebsunternehmen, steigt mit der Lieferung von Bahn-         tätig. Schmidt studierte Wirtschaftsrecht und Betriebswirtschaft an
strom in ein neues Geschäftsfeld ein. Die EAA erwartet für das          der Wirtschaftsuniversität Wien.
kommende Jahr einen zusätzlichen Absatz von 38,8 Gigawatt-              Der neue Geschäftsführer soll den
stunden. Das entspricht in etwa dem Stromverbrauch einer Stadt          bisherigen Wachstumskurs von
mit 15.000 Haushalten.                                                  switch fortsetzen und entfalten.
                                                                        Das 2001 gegründete Unterneh-
                                                                        men erlangte in den vergange-
                                                                        nen 15 Jahren das Vertrauen von
                                                                        mehr als 60.000 Haushalts- und
                                                                        Unternehmenskunden in Öster-
                                                                        reich und Deutschland.

                                                                                                                              Christoph Schmidt,
                                                                                         Geschäftsführer switch Energievertriebsgesellschaft m.b.H.

Klimaabkommen in New York unterzeichnet
Eine Rekordzahl von 175 Staaten hat am 22. April 2016 während einer    an der Veranstaltung teil. Für Österreich setzte Umweltminister
feierlichen Zeremonie der UNO in New York das neue Klimaschutz-        DI Andrä Rupprechter seine Unterschrift unter das Abkommen.
abkommen unterzeichnet. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon sprach          „Damit ist der Weg frei in eine fossilfreie Zukunft“, betonte er in einer
von einem „historischen Moment“. Niemals zuvor hat eine solch hohe     Aussendung. Der Klimavertrag sieht vor, die Erderwärmung auf ein
Anzahl von Staaten an einem einzigen Tag eine internationale Verein-   beherrschbares Maß von deutlich unter zwei Grad und möglichst un-
barung unterzeichnet. Rund 60 Staats- und Regierungschefs nahmen       ter 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Gebrüder Weiss mit EAA-Erdgas
Die EAA kann sich über einen tollen Erfolg freuen: Seit 1. Mai 2016
ist die Gebrüder Weiss Gesellschaft m.b.H. Neukunde der EAA.
Die Standorte in Vorarlberg und Tirol werden bis Ende 2017 mit
Erdgas in der Höhe von 3,2 Gigawattstunden beliefert. Mit Land-
transporten sowie Luft- und Seefracht auf allen Kontinenten zählt
das Speditionsunternehmen zu einem der führenden Transport- und
                                                                                                                                                      Fotos: Westbahn, switch, Gebrüder Weiss

Logistikanbieter Europas. Zurzeit beschäftigt das Unternehmen mit
Sitz im vorarlbergischen Lauterach österreichweit rund 3.000 Mitar-
beiter in zwölf Niederlassungen. Das Unternehmen bietet ein breitge-
fächertes Dienstleistungsportfolio rund um individuelle Transport-
abwicklungen und Logistiklösungen für den nationalen und globalen
Warenaustausch.

4 ENERGIE INSIDE JUNI/16
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
Erdgas für EAA-Kunden ab 1. Mai billiger
                                                             Erdgas wurde für Kunden im Osten Österreichs ab 1. Mai 2016
                                                             billiger. Die EAA (Wien Energie, EVN und Energie Burgenland) senkt
                                                             die Energiepreise für konventionelle Endkundenprodukte (exklusive
                                                             Netzkosten sowie Steuern und Abgaben) um sieben Prozent. Damit
                                                             werden die Einkaufsvorteile aus den gesunkenen Großhandelsprei-
                                                             sen an rund eine Million Privatkunden weitergegeben. Ein Durch-
                                                             schnittskunde der Wien Energie mit einem Jahresverbrauch von
                                                             15.000 Kilowattstunden (kWh) erspart sich Unternehmensangaben
                                                             zufolge durch die Preissenkung 46 Euro im Jahr. Die EVN beziffert die
                                                             Ersparnis für einen Durchschnittskunden mit einem Jahresverbrauch
                                                             von 20.000 kWh mit rund 58 Euro und die Energie Burgenland für
                                                             einen Durchschnittskunden mit ebenfalls 20.000 kWh Jahresver-
                                                             brauch mit rund 60 Euro.
                                                                                                                                     T-Mobile Austria weiterhin
                                                                                                                                     Stammkunde der EAA
                                                                                                                                     T-Mobile Austria verlängert den Stromliefervertrag bis 2017 und zählt
                                                                                                                                     damit auch in Zukunft zu den treuesten Stammkunden. Seit Beginn der
                                                                                                                                     Liberalisierung wird das Unternehmen, das über mehr als 5.700 Zähl-
                                                                                                                                     punkte verfügt, mit elektrischer Energie der EAA versorgt. Der Strom-
                                                                                                                                     bedarf beläuft sich auf 92 Gigawattstunden pro Jahr. T-Mobile ist der
                                                                                                                                     zweitgrößte Mobilfunkanbieter in Österreich und eine 100-prozentige
                                                                                                                                     Tochter der Deutschen Telekom AG. Es werden zurzeit rund 1.300
                                                                                                                                     Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen bietet ein umfassendes
                                                                                                                                     Produktportfolio rund um Smartphones, Tablets, Services und Appli-
                                                                                                                                     kationen sowie Machine-to-Machine-Anwendungen an.

                                                             ÖBB-Infrastruktur AG treuer Stammkunden                                 EAA-Unternehmen
                                                             Die ÖBB Infrastruktur AG verlängert ihren Stromliefervertrag mit        als Testsieger:
                                                             der EAA. Das Unternehmen zählt zu den Kunden der ersten Stunde          Beste Stromanbieter
                                                             und wird pro Jahr mit 102 Gigawattstunden elektrischer Energie          Österreichs
                                                             beliefert. Das entspricht etwa dem Strombedarf einer Stadt mit          Österreichs Stromkunden sind bei der
                                                             40.000 Haushalten. Der Strom der EAA versorgt die Bahninfra-            EAA am besten aufgehoben. Das zeigt
                                                             struktur der ÖBB inklusive der Verwaltung, Bahnhofsgebäude und          ein Vergleich heimischer Stromanbie-
                                                             Büros. Die ÖBB-Infrastruktur AG setzt sich aus den wesentlichen         ter der unabhängigen Gesellschaft für
                                                             Vermögensteilen des ÖBB-Konzerns zusammen. Dazu zählen Kraft-           Verbraucherstudien (ÖGVS), der am 8.
                                                             werke, Schieneninfrastruktur inklusive Anlagen und Einrichtungen,       März 2016 veröffentlicht wurde. Denn
                                                             Gebäude, Telekomanlagen sowie das gesamte Immobilienvermögen.           gleich zwei EAA-Tochterunternehmen
                                                             Das Unternehmen beschäftigt derzeit 15.537 Mitarbeiter und ist für      gingen dabei als Testsieger hervor. Der
                                                             Planung, Bau und Finanzierung der Bahninfrastruktur zuständig.          Energieanbieter switch konnte in allen
                                                                                                                                     Kategorien überzeugen und erreichte
                                                                                                                                     wie im Vorjahr den ersten Gesamtplatz.
                                                                                                                                     Nur einen Prozentpunkt hinter switch
                                                                                                                                     liegt der Ökostromanbieter Naturkraft
Fotos: istock, Weingartner / picturedesk. com, ÖBB, switch

                                                                                                                                     mit 84 Prozent auf dem zweiten Gesamtrang. Bei der Kategorie Tarif-
                                                                                                                                     optionen holte Naturkraft mit dem Punktemaximum von 100
                                                                                                                                     Prozent den ersten Platz. Die ÖGVS hat in ihrer aktuellen Studie
                                                                                                                                     Preise, Servicequalität, Tarifoptionen und Internetauftritt von 54
                                                                                                                                     Stromanbietern in Österreich untersucht. Das Ergebnis dieser Un-
                                                                                                                                     tersuchung zeigt deutlich, dass ein guter Preis nur gemeinsam mit
                                                                                                                                     einem kundenorientierten Service funktioniert. Und da zählen die
                                                                                                                                     Tochterunternehmen der EAA zu den besten Anbietern auf dem
                                                                                                                                     Strommarkt.

                                                                                                                                                                               ENERGIE INSIDE JUNI/16 5
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
Wussten Sie,
dass die EAA ...

... im abgelaufenen Geschäf tsjahr                1,679                       Milliarden

umgesetzt hat? Das Unternehmen lieferte               18,45              Terawattstunden

sowie    13,68                          Terawattstunden           an 3,157 Millionen                in

9                 und 16               Bundesländern. In 40 Beratungsstellen wurden        1   Million

            zum Thema Energiedienstleistungen und Energieeffizienz beraten. Die

ist in 12                  Ländern aktiv im          tätig. Die Zentrale in        bildet mit einem

        - Handelsvolumen von         65       Terawattstunden und einem          - Handelsvolumen

von   13       Terawattstunden die zentrale Schnittstelle zwischen Erzeugung, Vertrieb und

Großhandelsmarkt. Der erfolgreiche                        mit   11        Tonnen CO2-           ✔    .

und    15             Terawattstunden Herkunfts-          ✔        sichert den                   eine

            -schonende               -belieferung.

6 ENERGIE INSIDE JUNI/16
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
EAA-GESCHÄFTSFÜHRER:

                          „                       Die beste Wettbewerbsförderung ist eine

                        gemeinsame Preiszone“
                      Mag. Markus Felder, MSc, Mag. Jörg Sollfelner und Mag. Christian Wojta, MBA:
                      Im Interview sprechen die Geschäftsführer der EAA-EnergieAllianz Austria über die gelungene
                      Fusion von Vertrieb und Handel, die Wünsche der Kunden und die Herausforderungen des Marktes.

                      Wie fällt Ihre Bilanz nach der                     jetzt in der Lage, in noch kürzerer Zeit die
                      Fusion von Handel und Vertrieb aus?                richtigen Marktentscheidungen für unse-                             Markus Felder
                      Sollfelner: Die wichtigste Erkenntnis ist          re Kunden zu treffen. Damit sind wir noch                           ist seit dem 1. Oktober 2014 in
                      sicherlich: Der Kunde hat nichts von der           ein Stück professioneller und verlässlicher                         der Geschäftsführung der EAA.
                      Fusion gemerkt. Damit meine ich den bemer-         geworden.                                                           Er ist für die Bereiche Finanzen,
                      kenswert reibungslosen Ablauf der Fusion.                                                                              Controlling, Personal und Organi-
                      Wir haben unterschiedliche, hochkomplexe           Das heißt, die EAA hat                                              sation sowie Recht und Compliance
                      IT-Landschaften beider Unternehmen ohne            ihre Hausaufgaben gemacht?                                          verantwortlich.
                      Zwischenfälle zusammengeführt. Das ist ein         Felder: Genau. Wir werden unsere energie-
                      erster großer Erfolg.                              wirtschaftliche Kernkompetenz weiter aus-
                                                                         bauen und den bisher erfolgreich einge-                             Jörg Sollfelner
                      Warum ist die Fusion so                            schlagenen Weg fortsetzen. Davon sollen                             ist seit dem 1. Oktober 2015 in der
                      störungsfrei abgelaufen?                           zuallererst unsere Kunden profitieren.                              Geschäftsführung der EAA. In dieser
                      Sollfelner: Wir haben uns themenspezifisch                                                                             Tätigkeit ist er für die Bereiche
                      in Projektgruppen sehr gut vorbereitet. Die        Heißt das, Sie bringen neue Produkte                                Handel, Energiewirtschaftliche
                      Mitarbeiter waren hochmotiviert und die            und Dienstleistungen auf den Markt?                                 Dienste, Informationssysteme sowie
                      Eigentümer standen voll hinter uns. Wenn           Felder: Wir erweitern unsere Produkt-                               Regulierungsmanagement und
                      alle gemeinsam an einem Strang ziehen,             palette ständig: von Kombi-Produkten                                Risikomonitoring verantwortlich.
                      geht es schneller, leichter und besser.            und börsenahen Produkten, über Ener-
                                                                         giedienstleistungen, bis hin zur Teilnahme
                      Was hat sich durch das                             am Regelenergiemarkt oder dem Demand-                               Christian Wojta
                      Zusammenrücken von Handel                          Side-Management. Der Kunde bekommt ein                              ist seit dem 1. März 2009 in der
                      und Vertrieb geändert?                             Gesamtpaket und einen Ansprechpartner                               Geschäftsführung der EAA.
                      Sollfelner: Unsere Organisation hat sich           für alle seine Wünsche. Das gilt sowohl im                          In seiner Verantwortung liegen
                      jetzt den Erfordernissen des Marktes ange-         Massenkundensegment als auch im Groß-                               die Bereiche Vertrieb, Vertriebssteu-
                      passt. Damit sind die Kommunikationswege           kundenbereich bei Strom, Erdgas und allen                           erung, Kundenmanagement sowie
                      zwischen unseren Handels- und Vertriebs-           energienahen Dienstleistungen.                                      Presse und Kommunikation.
                      profis noch kürzer geworden. Das hilft uns, Ver-
                      sorgungssicherheit und Preisstabilität bei hoch-   Immer öfter wird kritisiert,
                      volatilen Börsepreisen zu garantieren. Wir kön-    der Markt sei überreguliert.
                      nen jetzt sozusagen aus dem Vollen schöpfen.       Wohin steuert die Energiewirtschaft?            Die beste Wettbewerbsförderung ist die
                                                                         Sollfelner: Die Überregulierung ist dann        gemeinsame Preiszone mit Deutschland.
                      Was haben die Kunden davon?                        eine Gefahr, wenn der Wettbewerb einge-         Felder: Auch der Tarifkalkulator der öster-
                      Felder: Durch das Bündeln des Handels-             schränkt wird. Durch eine regulatorisch ver-    reichischen Regulierungsbehörde E-Con-
                      und des Vertriebs-Know-hows können wir             ordnete Aufteilung in unterschiedliche Preis-   trol kann zu einer Wettbewerbsverzer-
                      unsere Kunden noch besser beraten und              zonen etwa. Dann wird der Markt noch kleiner    rung führen. Ein fairer Preisvergleich ist
Fotos: EAA / Schedl

                      servicieren. Egal, ob es sich um aktuelle          und seine Liquidität sinkt. Dadurch gibt es     oftmals schwer: Durch die Art und Weise
                      Risikoabsicherungen, Tranchenbestellungen          weniger Händler und weniger Angebote. Das       der Abbildung von Neukundenrabatten
                      oder um Energiefahrpläne handelt. Wir sind         wäre ein Standortnachteil für Österreich.       sind viele Konsumenten verwirrt. ➝

                                                                                                                                          ENERGIE INSIDE JUNI/16 7
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
Bei mehr als 150 Anbietern und Lieferanten         Kundensegmente. Das unterscheidet Quali-
verliert der Kunde leicht den Überblick. Da ist    tätsanbieter von Diskontanbietern.
es für die Konsumenten schwer, das passende
Produkt zu finden.                                 Was verstehen Sie
                                                   unter Qualitätsanbieter?
Wie behauptet sich die                             Felder: Wir beanspruchen das Güte-
EAA in der Angebotsvielfalt?                       siegel Qualitätsvertrieb für uns, weil wir mit
Felder: Die EAA hat als Qualitätsanbieter ei-      unserem Produktportfolio alle Kunden-
nen großen Vorteil: Im Anbieter-Dschungel          gruppen bedienen und auch eine überzeu-
findet sich der Kunde häufig nur noch durch        gende Betreuungsvielfalt anbieten. Es geht
persönliche Beratung zurecht. Das ist eine         um Produktdifferenzierung je nach Kunden-
Chance für uns – sowohl im Strom- als auch         anforderung. Wir unterscheiden da zwischen
im Gasbereich.                                     Risiko-Produkten, Fixpreis-Produkten, Kombi-
                                                   Produkten, Online-Produkten oder Produkten
                                                   mit einem hohen Servicelevel.
                                                                                                     Stichwort Klimawandel: Welchen Ein-
                                                   Haben sich die                                    fluss haben die Bemühungen um
                                                   Kundenbedürfnisse verändert?                      das Weltklima auf die Energiebranche?
                                                   Felder: Ja, weil sich auch der Umgang             Wojta: Spätestens seit 2008/2009 gibt es
                                                   mit Energie verändert hat. Durch die me-          starke Verwerfungen bei der Preisbildung
                                                   diale Präsenz der Preisaktionen von ver-          von Börseprodukten für elektrische Energie.
                                                   schiedenen Lieferanten, dem VKI oder der          Der Grund: Stromerzeugung aus erneuer-
                                                   E-Control, war der öffentliche Fokus sehr stark   baren Energieträgern ist von externen, nicht
                                                   auf die Energiepreise gelegt. Das hat dazu ge-    beeinflussbaren Faktoren wie Wind und
                                                   führt, dass sich die Konsumenten stark für die    Sonne abhängig. Die erneuerbaren Ener-
                                                   Strompreise interessiert haben. Wir beobach-      giequellen sind kurzfristig kaum steuerbar.
                                                   ten nun immer öfter, dass Kunden wesentlich       Es kommt immer öfter zu Marktsituatio-
                                                   mehr wollen als die „nackte Kilowattstunde“.      nen, wo eine hohe Stromerzeugung auf
Wojta: Im Bereich Gas haben wir beim Thema                                                           eine schwache Nachfrage trifft. Das führt
Versorgungssicherheit eine sehr große Ver-         Wie reagiert die EAA                              unweigerlich zu Extremsituationen sowohl
antwortung. Im Interesse von mehr als einer        auf diese Entwicklung?                            beim Transport als auch beim Preis.
Million Gaskunden haben wir vorgesorgt und         Felder: Wir forcieren unsere Serviceleis-
halten die Gasspeicher gut gefüllt. So können      tungen und bieten den Kunden optimierte
wir die Belieferung unserer Kunden rund um         Produkte mit umfassenden Dienstleistungs-
die Uhr jederzeit sicherstellen: auch in Extrem-   angeboten. Im Businessbereich decken wir
situationen wie der Krise zwischen Russland        das durch direkte Gespräche oder Mailings
und der Ukraine.                                   ab. Im Privatkundenbereich kommunizieren
                                                   wir vor allem Kombi- und Float-Produkte, je
Wie halten das                                     nachdem, ob der Kunde preissensibel ist oder
andere Marktteilnehmer?                            ob Versorgungssicherheit im Vordergrund
Felder: Wie gesagt, wir haben als Markt-           steht.
führer eine Gesamtverantwortung. Ob auch
andere, günstigere Anbieter mit derselben          Welchen Trend sehen Sie
Gewissenhaftigkeit für ihre Kunden vor-            im Bereich der Großkunden?
gesorgt haben, können wir nicht beurteilen.        Sollfelner: Bei Großkunden geht die Ent-
Das ist Sache der Regulierungsbehörde.             wicklung seit längerer Zeit in Richtung einer
                                                   Portfoliobewirtschaftung. Der Kundenbedarf        Die Preise bilden sich also
Die Regulatoren meinen, dass                       und das Beschaffungsportfolio werden dabei        nicht durch Angebot und Nachfrage?
durch einen Anbieterwechsel viel                   optimal aufeinander abgestimmt und stetig         Wojta: Nicht wirklich. Die staatlichen För-
Geld gespart werden kann. Stimmt das?              an die sich ändernden Marktbedingungen            derungen für Erneuerbare verschieben die
Wojta: Strom ist nicht gleich Strom und Gas        angepasst. Das ist sehr handelsnah und auch       Angebotskurve. Zudem wissen wir, dass der
nicht gleich Gas. Der Unterschied liegt in der     einer der Hauptgründe, warum die Fusion           Beschluss der deutschen Bundesregierung,
umfassenden Beratung und den zusätzli-             zwischen dem Energiehandelshaus e&t und           alle Kernkraftwerke bis 2022 abzuschalten,
chen Dienstleistungen und Services für alle        der EAA stattgefunden hat.                        schon heute die Preise beeinflusst. Darüber

8 ENERGIE INSIDE JUNI/16
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
hinaus wurde ein Handelssystem zur Ver-        Österreich ist also                              bleibt. Da geht es um Fragen der gemeinsa-
                      meidung der Treibhausgase geschaffen, bei      Vorreiter im Klimaschutz?                        men Preiszone und der gemeinsamen Markt-
                      dem die Marktmechanismen nicht wirklich        Wojta: Wir haben einen großen Vorsprung.         regeln.
                      greifen.                                       Deutschland wird 2030 dort sein, wo Öster-
                                                                     reich schon heute ist. Das liegt an unserer      Gibt es Pläne, in neue Märkte zu gehen?
                      Sie sprechen vom CO2-Handel.                   begünstigten topografischen Lage und daran,      Sollfelner: Handelstechnisch sind für uns
                      Wojta: Genau. Es wurde erwartet, dass sich     dass wir bereits in den 50er und 60er Jahren     transparente und liquide Märkte von Interes-
                      der Preis zwischen 20 und 30 Euro je Tonne     massiv in Speicher- und Flusskraftwerke in-      se. Da gibt es viel Aufholbedarf im östlichen
                      Kohlendioxid einpendeln wird. Jetzt sind wir   vestiert haben.                                  Europa. Dort finden wir auch Tendenzen,
                      mit Preisen konfrontiert, die weit darunter                                                     sich von der Entwicklung abzuschotten. Die
                      liegen. Es ist nicht gelungen, ein Handels-    Wie ist das vergangene                           Diskussion rund um die Preiszonen wurde
                      system zu implementieren, das Sparanreize      Geschäftsjahr ausgefallen?                       ja auch maßgeblich von einigen osteuropäi-
                      schafft, um die CO2-Emissionen in Europa zu    Sollfelner: Das Geschäftsjahr war vor allem      schen Staaten ausgelöst.
                      reduzieren. Das hat zur Folge, dass schmut-    durch die Fusion geprägt. Vereinfacht gesagt:
                      zige Braunkohlekraftwerke wirtschaftlicher     Die seit 1. Oktober 2015 neu fusionierte EAA
                      sind als hochmoderne Gaskraftwerke.            funktioniert besser als die Summe der beiden
                                                                     einzelnen Unternehmen. Die Synergien konn-
                      Wäre es sinnvoll, den Preis                    ten schon in den ersten Monaten genutzt
                      für CO2-Zertifikate zu erhöhen?                werden. Das war ein guter Start.
                      Wojta: Ja. Durch eine Preissteigerung wür-
                      de es für Unternehmen wieder Sinn ma-          Welche Perspektiven
                      chen, in moderne Kraftwerke zu investieren.    hat die EAA für die Zukunft?
                      Bei dem aktuellen Preisniveau lohnt sich       Sollfelner: Mittelfristig werden wir unsere
                      das nicht.                                     energiewirtschaftlichen    Kernkompetenzen
                                                                     forcieren, um den Energievertrieb zu stärken.
                      Wie verändert sich der Preis,                  In naher Zukunft wird die EAA als fusionierte
                      wenn Strom nur noch aus                        Gesellschaft bei neuen Produkten oder etwa
                      Erneuerbaren produziert wird?                  beim Thema Demand-Side-Management in
                      Wojta: Strom zu 100 Prozent aus erneu-         der Lage sein, die Themenführerschaft zu
                      erbaren Energien herzustellen, geht mit        übernehmen.
                      dem derzeitigen Stand der Technik nicht.                                                        Wojta: Die EAA ist seit Beginn der Marktlibe-
                      Wenn kein Wind weht und keine Sonne            Was sind die langfristigen Ziele?                ralisierung im Ausland tätig. Primär sind wir
                      scheint, müssen wir auf herkömmliche           Sollfelner: Wir werden uns als Marktführer       mit unserem Vertrieb am deutschen Markt ak-
                      Verbrennungstechnologien zurückgreifen.        stärker in die Diskussion um regulatorische      tiv. Dort beliefern wir Kunden in allen Regel-
                      Die sogenannte Energiewende, wie sie von       Rahmenbedingungen einbringen. Wir benö-          zonen mit Strom und Erdgas. Zurzeit mangelt
                      deutschen Politikern proklamiert wird, ist     tigen in Zukunft einen Energiemarkt, der so-     es in den meisten Auslandsmärkten vor allem
                      in Österreich durch den hohen Einsatz von      wohl für die Kunden als auch für die Lieferan-   in Osteuropa an den erforderlichen Rahmen-
                      Wasserkraft längst Realität.                   ten transparent und wettbewerbsorientiert        bedingungen für einen Markteinstieg.
Fotos: EAA / Schedl

                                                                                                                                        ENERGIE INSIDE JUNI/16 9
EAA.ENERGIE INSIDE - EnergieAllianz
NEUE WEGE

           nach Paris

10 ENERGIE INSIDE JUNI/16
Samstag, 28. Mai, 18:43 Uhr
Seestadt Aspern, 1220 Wien
Wolfgang und sein Sohn Kilian genießen zufrieden den Sonnenuntergang. Obwohl sie mit den E-Bikes
unterwegs waren, sind sie froh, ihr Ziel erreicht zu haben. Die Seestadt Aspern ist eines der größten Stadtent-
wicklungsprojekte Europas, in dessen Mittelpunkt die Themen Nachhaltigkeit, Mikroklima sowie die gebäude-
übergreifende Energieversorgung stehen. Über einen Zeitraum von rund 20 Jahren soll ein neuer Stadtteil
entstehen, in dem über 20.000 Menschen nachhaltig und ressourcenschonend wohnen und arbeiten werden.
                                                                                                                    Foto: EAA / Ehm

                                                                                        ENERGIE INSIDE JUNI/16 11
Weltklima-
                             vertrag
                                   Die Besten im Westen
                               Einige europäische Länder gelten als Musterschüler in der
                                Klimapolitik. Doch die Anstrengungen einzelner Staaten
                                    und die von den Vereinten Nationen geforderten
                                       Klimaziele passen oft schwer zusammen.
                                           Wie es nach dem Vertrag von Paris
                                               weitergehen soll, ist offen.

Rund 13,9 Grad Celsius. Das ist die globale Durchschnittstemperatur           Das darin formulierte „Zwei-Grad-Ziel“ besagt: Die durchschnitt-
der vergangenen hundert Jahre von 1901 bis 2000, wie Dr. Herbert         liche globale Temperatur soll im Vergleich zum vorindustriellen Tem-
Formayer erklärt. Er leitet die Klimagruppe am Institut für Meteorolo-   peraturniveau um maximal zwei Grad steigen. Um die Vorgabe um-
gie der Universität für Bodenkultur: „Berechnungen der NASA zeigen:      setzen zu können, haben sich die Staaten vorgenommen, bis 2050
Vergangenes Jahr war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.         aus der Energieversorgung mit Kohle und Erdöl auszusteigen. Dar-
Die durchschnittlichen 13,9 Grad Erdtemperatur wurden in Einzel-         über hinaus wollen die Länder den Ausstoß von Treibhausgasen, im
monaten erstmals überschritten – und zwar um mehr als ein Grad."         Detail den Netto-Ausstoß von CO2, in der zweiten Jahrhunderthälfte
Diese Erwärmung zu stoppen, ist das größte Ziel der Staatengemein-       auf null reduzieren. Zwischen 2050 und 2100 soll ein Gleichgewicht
schaft. Im vergangenen Dezember beschlossen alle 195 Staaten der         zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und deren Absorption
Vereinten Nationen daher in Paris den Weltklimavertrag.                  hergestellt werden. Das heißt: Wenn CO2 etwa durch das Verbrennen

12 ENERGIE INSIDE JUNI/16
von Gas in die Atmosphäre gelangt, muss es neutralisiert werden.             Der deutsche Energieexperte dazu: „Es ist unmöglich, ein System
                                  Etwa durch die Wiederaufforstung von Wäldern oder die künstliche             mit solch hoher Dekarbonisierung rein national aufzustellen.“ Die
                                  Reinigung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Dadurch sollen die            Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) warnt in einer Aussendung
                                  Treibhausgasemissionen netto in dieser Periode auf null fallen.              ebenfalls vor Folgen wie hohen Kosten oder drohender Abwande-
                                                                                                               rung von energieintensiven Produktionen in andere Wirtschaftsräu-
                                  Österreich ohne fossile Energien?                                            me. Dennoch begrüßt die WKÖ das Klimaabkommen und die Chan-
                                      Die österreichische Bundesregierung kündigte am 12. Dezember             ce für neue Jobs in der Energietechnikbranche. Kritik über zu hohe
                                  2015 in Paris an, die Stromerzeugung bis 2030 zu hundert Prozent             Kosten der Energiewende lässt Jürgen Schneider, Klima- und Energie-
                                  auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Umweltminister DI Andrä           experte des österreichischen Umweltbundesamts, nicht gelten: „Die
                                  Rupprechter dazu:                                                            Energiewende bringt deutlich mehr als sie kostet. Sie sollte gerade
                                                                                                               jetzt als Beschäftigungs- und Konjunkturmotor genutzt werden.
                                                                                                               Hinzu kommt, dass die Schäden durch den Klimawandel minimiert
                                                              „Mit dem Klimavertrag von                        werden müssen.“ Das Umweltbundesamt hat zusammen mit dem
                                                               Paris wurde das Ende des                        Wegener Center die derzeitigen Kosten des Klimawandels auf eine
                                                            fossilen Zeitalters eingeläutet.“                  Milliarde Euro pro Jahr geschätzt. Demnach könnte dieser Wert bis
                                                                                                               Mitte des Jahrhunderts auf 8,8 Milliarden Euro steigen.

                                                           Andrä Rupprechter                                   Bedenken gegenüber Kohleausstieg
                                                           Umweltminister
                                                                                                                    Auf Länder mit einer hohen Abhängigkeit von der Kohleverstro-
                                                                                                               mung, wie Deutschland oder Polen, steigt der Druck. Der deutsche
                                  „Die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft, unserer Energie- und Mobi-       Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel warnte heuer im Febru-
                                  litätssysteme ist somit gestartet.“ Die Österreichische Elektrizitätswirt-   ar in einer Aussendung vor einem überstürzten Kohleausstieg. Zwar
                                  schaft wird eine wesentliche Rolle bei der Dekarbonisierung einnehmen        stehe er hinter einem Ausbau von erneuerbaren Energien, aber „über
                                  und sich für eine Lösung zur Reduktion der CO2-Emissionen einsetzen.         Marktinstrumente und in Korridoren“.
                                  Österreichs Energie sieht in ihrer Stromstrategie „Empowering Austria“
                                  unter anderem vor, den Stromanteil erneuerbarer Energien in Österreich
                                  bis 2030 auf 85 Prozent anzuheben. 2014 stammten über 70 Prozent des
                                  Stroms aus erneuerbaren Quellen. Ein großes Fragezeichen ist jedoch                                     „Aber ein ebenso klares
                                  die Wärmegewinnung und vor allem die Mobilität. In Österreich sind                                      Ja sage ich zur weiteren
                                  die Emissionen seit 2005 rückläufig. Laut Umweltbundesamt sind die                                   Nutzung fossiler Energieträger.“
                                  Treibhausgasemissionen von 2013 auf 2014 um 4,7 Prozent gesunken.
                                  Damit liegen sie unter dem Wert von 1990. „Die Treibhausgas-Bilanz                                   Sigmar Gabriel
                                                                                                                                       Bundeswirtschaftsminister, Deutschland
                                  2014 zeigt, dass Österreich auf dem richtigen Weg für 2020 ist. 2016
                                  werden wir gemeinsam mit dem Energieminister (Reinhold Mitterlehner,
                                  Anm.) eine integrierte Energie- und Klimastrategie erstellen“, so der        Deutschland sieht sich nur wenige Monate nach der Pariser Klimakon-
                                  Umweltminister. Besondere Bedeutung komme dem Verkehrsbereich zu.            ferenz mit ernüchternden Zahlen konfrontiert: Daten des deutschen
                                                                                                               Umweltbundesamtes belegen, dass die Treibhausgasemissionen in
                                  Angst vor industrieller Abwanderung                                          Deutschland im vergangenen Jahr nicht gesunken, sondern leicht
                                      Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Christoph Maurer, Geschäftsführer des deut-    angestiegen sind. Sie liegen um 0,7 Prozent über dem Vorjahr. Der
                                  schen Beratungsunternehmens Consentec GmbH, verweist gegenüber               Anstieg geht zum größten Teil auf einen höheren Kohleverbrauch und
                                  Energie Inside auf das Problem des „carbon leakage“: der Abwanderung         auf die Heizwärme zurück.
                                  von Industrieproduktionen in weniger umweltengagierte Weltregionen.
                                                                                                               USA blockiert Umsetzung
                                                              „Für eine 80- bis 95-prozentige                       Im Gegensatz zu den restlichen Unterzeichnerstaaten von Paris
                                                              Treibhausgassenkung, wie sie                     bleibt der Wirtschaftsraum Europa mit seinem strikten, verbindlichen
                                                                 langfristig angestrebt ist,                   und mit Strafzahlungen sanktionierbaren Reduktionspfad bei Treib-
Fotos: Haiden, Consentec, Weiss

                                                                  müssen alle mitziehen,                       hausgasen „minus 40 Prozent bis 2030“ auch nach den Vereinbarun-
                                                                nicht nur einzelne Länder.“                    gen von Paris weltweit einsamer Vorreiter. So etwa hat der Oberste
                                                                                                               Gerichtshof der Vereinigten Staaten den ambitionierten Klimaschutzplan
                                                           Christoph Maurer
                                                           Geschäftsführer, Consentec GmbH
                                                                                                               von Präsident Barack Obama blockiert. Der Supreme Court stoppte im
                                                                                                               Februar die Umsetzung von Vorgaben für den Kohlendioxidausstoß ➝

                                                                                                                                                         ENERGIE INSIDE JUNI/16 13
Unterzeichnung des Klimavertrages im UNO-Hauptquatier in New York

von Kraftwerken. Und zwar für so lange, bis laufende Klagen einer       CO2-Preise im Sinkflug
Reihe von republikanischen Bundesstaaten und Industrieverbän-                Das europäische Emissionshandelssystem (EU ETS) soll An-
den endgültig entschieden sind. Mit der Entscheidung des Supreme        reize schaffen, um CO2-Emissionen der Industrie in Europa zu
Court stehen auch die Zusagen Amerikas für das im April in New York     reduzieren. Dafür müsste der Preis für ein Zertifikat pro Tonne
unterzeichnete, globale Klimaschutzabkommen auf der Kippe. Die          ausgestoßenem CO2 laut Experten bei etwa 35 Euro liegen. Der
Klimachefin der Vereinten Nationen, Christiana Figueres, warnt in       CO2-Preis in der EU ist jedenfalls seit Beginn des Jahres um fast
einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur vor einem Aus-         30 Prozent eingebrochen, berichtet der EU-Nachrichtendienst
stieg: „Sollten sich die Vereinigten Staaten nun wieder den Energie-    ENDS: von 8,21 Euro im Jänner auf 6,10 Euro Ende Mai. Hier sind
trägern des letzten Jahrhunderts zuwenden, wird das ihrer Wettbe-       die fallenden Öl- und Gaspreise genauso eingepreist wie Bedenken
werbsfähigkeit auf dem Weltmarkt schaden. Der Übergang zu einer         über die Zukunft der EU. Experten sind sich über die Einschätzung
entkarbonisierten Wirtschaft läuft schon eine Weile. Diese Verschie-    der weiteren Entwicklung uneinig: Die Erwartungen vor allem der
bung ist unaufhaltsam und dauerhaft.“                                   EU-Kommission hinsichtlich der umweltpolitischen Wirksamkeit
                                                                        und der ökonomischen Effizienz des Emissionshandels liegen auf
Emissionshandel als                                                     der 4. Handelsperiode, die 2020 beginnt. „Zwischen 2025 und 2030
Klimaschutz-Instrument                                                  werden mit der neu eingeführten Marktstabilitätsreserve die Über-
    Laut dem Klimavertrag sind Maßnahmen zur Reduktion von              schüsse am Markt abgesaugt sein und Knappheit entstehen“, so
Klimagasen weiterhin möglich. Der Emissionshandel soll also nach        Dr. Felix Matthes vom Ökoinstitut in Berlin. „Im aktuellen Markt-
wie vor erlaubt sein. Mehrere Staaten wie Deutschland, Frankreich,      umfeld würden wir Preise von 25 Euro pro Tonne CO2 sehen, bei
Mexiko und Kanada haben deshalb eine „Carbon Pricing Leadership         Brennstoffpreisen wie Anfang 2015 steigen die CO2-Kosten auf 35
Coalition“ gegründet. Auch rund 90 Unternehmen und Nichtregie-          bis 40 Euro pro Tonne.“ Demgegenüber haben die von der EU im
                                                                                                                                             Foto: Medina / AFP / picturedesk.com

rungsorganisationen gehören dazu. Ziel der Koalition ist es, weltweit   Vorfeld des Klimagipfels vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reform
für Emissionshandelssysteme oder Kohlendioxid-Steuern auf den           des CO2-Handels laut Börseexperten keine Chance, um die Preise
Kohlendioxid-Verbrauch zu werben. China ist inzwischen internatio-      für Verschmutzungsrechte wie erwünscht steigen zu lassen. Es
nal der größte Verursacher von Kohlendioxid. Zugleich gilt China als    müssten deutlich mehr Mengen als vorgeschlagen aus dem Markt
einer der größte Hoffnungsträger. Nach regionalen Pilotversuchen        genommen werden – oder noch besser – gleich ein ganz anderes
startet in China ab 2017 die Implementierung des Emissionshandels.      System aufgesetzt werden.

14 ENERGIE INSIDE JUNI/16
EIN JAHR ENERGIEEFFIZIENZGESETZ

                                                          Aussicht auf
                                                           Besserung ?
                                                     Bilanz nach einem Jahr Energieeffizienzgesetz:
                                                     Die Energiebranche hat die Energieeffizienzziele übererfüllt.
                                                     Ob das Energiesparen weiterhin so erfolgreich sein kann, ist ungewiss.

                                                     Von Stromversorgern über Tankstellen bis hin zu Ölhänd-        von OneTwoEnergy. Seitdem jedoch wassersparende Siebe
                                                     lern – die Energieversorger in Österreich standen und          als Haushaltsmaßnahme von der Monitoringstelle aner-
                                                     stehen dem neuen Energieeffizienzgesetz (EEffG) kritisch       kannt wurden, werden Effizienznachweise immer günsti-
                                                     gegenüber. Mit einer gewaltigen Kraftanstrengung hat           ger. Die Rede ist von einem Preis zwischen einem und zwei
                                                     die Branche die Verpflichtung beim ersten Mal deutlich         Euro. Nachhaltigere Maßnahmen, wie etwa Druckluftopti-
                                                     übererfüllt: Statt des geforderten Ziels von 0,6 Prozent des   mierung oder Klimatisierung, werden es schwer haben, da
                                                     Vorjahresenergieabsatzes haben sie Einsparungen von 1,04       preislich mitzukommen.
                                                     Prozent geschafft. In Energie ausgedrückt waren es 9,59
                                                     statt 5,51 Petajoule. Auch nicht verpflichtete Unternehmen     Skepsis für die Zukunft
                                                     haben freiwillig Energie im Ausmaß von 11,15 Petajou-               Laut Experten wird es in Zukunft schwerer werden, die
                                                     le gespart. Macht unterm Strich 20,74 Petajoule weniger        Auflagen zu erfüllen. Für das Erreichen der Einsparungs-
                                                     verbrauchte Energie. Das ist die Hälfte des Energiebedarfs     ziele 2015 durften Maßnahmen von 2014 und 2015 heran-
                                                     von Vorarlberg. Nun werden 10.882 Energieeffizienzmaß-         gezogen werden. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich
                                                     nahmen von der Monitoringstelle der österreichischen           sein. Auch Maßnahmen, die mittels Umweltförderung im
                                                     Energieagentur geprüft.                                        Inland (UFI) und Wohnbauförderung finanziert wurden,
                                                                                                                    sind seit 1. Jänner 2016 nicht mehr anrechenbar. Es wird
                                                     Millionen für Bürokratie                                       zunehmend schwieriger, neue Sparmaßnahmen zu fin-
                                                          Für Kritik sorgte die späte Bekanntgabe konkreter De-     den und umzusetzen. Zweifelhaft sind die Beschlüsse der
                                                     tails zu den Effizienzmaßnahmen. Erst sechs Wochen vor         EU-Klimapolitik hinsichtlich der globalen Weltwirtschaft.
                                                     dem Stichtag trat die Richtlinienverordnung für das Gesetz     Während in Europa die CO2-Emissionen gesenkt werden,
                                                     in Kraft. Darin sind Details zur Umsetzung, zur Anrechenbar-   kommt der belastende Smog in den Entwicklungs- und
                                                     keit sowie zur Bewertung und Teilbarkeit der Maßnahmen         Schwellenländern aus Fabriken, Kraftwerken und Städten,
                                                     geregelt. Dieser Zeitdruck wurde von den Unternehmen als       die für Märkte in Europa produzieren.
                                                     besonders „herausfordernd“ empfunden. Fehlende und un-
                                                     klare Vorgaben sowie die komplizierte Dateneingabe verur-
                                                     sachten einen Mehraufwand für Verwaltung und Personal                                   „Im Dezember wurden
                                                     in Millionenhöhe. Die gesamten administrativen Kosten für                           Effizienznachweise noch um
                                                     das Energieeffizienzgesetz beziffert der Umwelt- und Ener-                         vier bis fünf Euro gehandelt.“
                                                     giepolitik-Chef der Wirtschaftskammer Österreich, Univ.-                                    Gudrun Pelinka,
                                                     Doz. Dr. Mag. Stephan Schwarzer, mit 20 Millionen Euro.                            Geschäftsführerin von OneTwoEnergy
Grafik: istock, Fotos: the blue minds company, WKO

                                                     Erosion der Preise
                                                          Auswirkungen hatte das Gesetz und die späte Richtli-                          „Die gesamten administrativen
                                                     nienverordnung auch auf den Handel mit Energieeffizienz-                                Kosten betragen etwa
                                                     nachweisen: Im Dezember und Jänner hatten viele Energie-                                   20 Mio. Euro.“
                                                     lieferanten noch kurzfristig Nachweise nachgefragt. „Dafür                                  Stephan Schwarzer,
                                                     wurden damals vier bis fünf Cent je Kilowattstunde be-                               Leiter Umwelt- und Energiepolitik
                                                     zahlt“, sagt Gudrun Pelinka, MSc, MBA, Geschäftsführerin                              Wirtschaftskammer Österreich

                                                                                                                                                                              ENERGIE INSIDE JUNI/16 15
Gemeinsame Preiszone:
                       Kohle als Hürde?
Die Preiszone zwischen Österreich, Deutschland und Luxemburg gilt als Erfolgsmodell.
Die deutsche Energiewende und die starke polnische Kohleindustrie könnten sie zu Fall bringen und
Strom für heimische Verbraucher teurer werden lassen. Dagegen machen österreichische Behörden
und Energieversorger mobil.

Anfang Mai hat die EU-Kommission erwogen, Deutschland in zwei              reichische Gesellschaft für Europapolitik ausgearbeitet. Sie schreiben,
Strompreiszonen aufzuteilen. Wie das „Handelsblatt" schrieb, sei aus       dass „die gezielte Steuerung von Kraftwerken zur Entschärfung von
EU-Kommissionskreisen zu hören, dass die Energiewende in Deutsch-          Engpasssituationen zielführender, weniger marktintensiv und effekti-
land zu einem „nicht mehr akzeptablen Problem" geführt hat. Die            ver“ wäre. Außerdem sollte der Netzausbau vorangetrieben werden. 2
Nachbarländer leiden, „weil Deutschland im Norden völlig irrational
Erzeugungskapazitäten aufbaut, ohne gleichzeitig ausreichend Netz-         Diplomatische Aktivitäten
kapazitäten zu schaffen", heißt es im Handelsblatt.                            Mitte April 2016 stand das Thema der gemeinsamen Preiszone
     Deutschlands Vizekanzler Sigmar Gabriel widersprach prompt:           bei einer Veranstaltung der Österreichischen Botschaft in Berlin im
Eine Aufspaltung in unterschiedliche Preiszonen sei zwar „rein theo-       Mittelpunkt, an der rund 90 Vertreter von Unternehmen, Botschaften,
retisch denkbar, aber unrealistisch.“ Einen Beitrag zur Entschärfung des   Interessenvertretungen und Ministerien teilgenommen haben. Titel:
Problems haben Berlin und die Länder nun selbst vorgeschlagen: Mit         „Österreich und Deutschland, Partner im europäischen Strommarkt.“
dem künftigen Erneuerbare-Energien-Gesetz soll Deutschland in zwei             Unter den Diskutanten war unter anderem der deutsche Regu-
Windkraftzonen aufgeteilt werden. Unabhängig davon könnte es der           lator Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur. Obwohl der ge-
Preiszone zwischen Deutschland, Österreich und Luxemburg an den            waltige Stromüberschuss und die fehlenden Transportkapazitäten in
Kragen gehen. Dagegen wehrt sich Österreich. Wie berichtet hatte die       Deutschland ein hausgemachtes deutsches Thema sind, ist Homann
EU-Behörde ACER im September 2015 deutsche und österreichische             Verfechter der Abschaffung der Preiszone zwischen Österreich und
Regulierungs- sowie Übertragungsnetzbetreiber aufgefordert, sich           Deutschland. Auf Anfrage von EAA-Energie Inside schrieb die Bun-
bis zum 23. Jänner 2016 zur Einführung eines Engpassmanagements            desnetzagentur: „Österreich kann nicht erwarten, dass auf Dauer ein
zu verpflichten. Deutschland unterstützte den Vorstoß. Nachdem der         unbegrenzter Stromhandel zwischen Deutschland und Österreich
Beschwerdeausschuss von ACER im Dezember 2015 entschieden hat-             stattfindet, wenn die Übertragungskapazitäten endlich sind. Es gilt,
te, dass die Stellungnahme der Behörde rechtlich nicht bindend ist,        den Handel an der sicher transportierbaren Stromleistung auszurich-
erklärten beide Länder, die Forderung von ACER nicht umzusetzen.           ten und vom teuren und marktfernen Redispatch-Aufwand wegzu-
Stattdessen hatte sich Österreichs Regulierungsbehörde E-Control im        kommen.“ Für Deutschland geht es besonders darum, den Vorwurf zu
November 2015 zu rechtlichen Schritten gegen die Abschaffung der           entkräften, dass vor allem Nachbarstaaten Nutzen aus stark subven-
Preiszone entschieden, weil ACER in ihrer Stellungnahme geltender          tioniertem Ökostrom ziehen. Ebenfalls an dem Abend in Berlin anwe-
europäischer Rechtsprechung widerspricht (siehe Kasten).                   send war Univ.-Doz. Dr. Mag. Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung
                                                                           Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich. Er
    Für Österreich steht viel auf dem Spiel: Studien prognostizieren       setzt sich für den Fortbestand der gemeinsamen Preiszone ein: Denn
eine Verteuerung der Großhandelspreise in der Höhe von 15 Prozent.         „durch das Ende der Preiszone würde man den Rückwärtsgang bei
Dies entspricht Mehrkosten für österreichische Stromkunden von bis         der Stromintegration einschalten. Das wäre ein Schlag ins Gesicht
zu 300 Millionen Euro pro Jahr. 1 Mag. Christian Wojta, Geschäfts-         der Wirtschaftsintegration. Daher hoffen wir, dass es zu einer Lösung
führer der EAA: „Ein Aufheben der Preiszone wäre zum Nachteil für          kommt.“
Österreich und absolut gegen das Ziel der europäischen Union, einen
gemeinsamen europäischen Markt zu schaffen.“                               Verbündete Deutsche
    Der laufende Prozess beim Gericht der Europäischen Union (EuG)             Österreich profitiert stark vom Status quo. „Deshalb unterneh-
verschafft Österreich eine Verschnaufpause – laut E-Control bis zum        men wir am meisten“, sagt Schwarzer. Aber neben der EU-Kom-
Herbst 2017. Lösungsansätze abseits der Gerichtssäle hat DI (FH) Mag.      mission gibt es auch einige deutsche Verbündete: etwa den Dach-
(FH) Martin Graf, MBA als ehemaliger Vorstand der E-Control mit sei-       verband der deutschen Energiewirtschaft. Er hat im Namen seiner
nem Assistenten Mag. Philipp Irschik in einem Aufsatz für die Öster-       1.800 Mitgliedsbetriebe die Empfehlung von ACER zur Aufspaltung

16 ENERGIE INSIDE JUNI/16
Kohle-Bergwerk in Katowice, Polen

                                        der Preiszone kritisiert. Grund: Diese laufe dem Ziel eines europäischen Strombinnenmarkts
                                        zuwider. Auch der Börserat der EEX, der European Energy Exchange als Marktplatz für Energie
                                        und energienahe Produkte, hat sich in einem 27-seitigen Positionspapier für die Erhaltung des                   Die E-Control hat Beschwerde beim
                                        gemeinsamen Strommarkts ausgesprochen. Dort heißt es, dass die Spaltung der deutsch-ös-                         ACER-Beschwerdeausschuss gemäß Art.
                                        terreichischen Preiszone „negative Folgen für den Markt als Ganzes“ hätte. Europas liquideste                   19 ACER-VO eingebracht. Diesem Protest
                                        Preiszone zu beenden, wäre laut dem Positionspapier von Daniel Wragge, der bei der EEX die                      haben sich einige österreichische Markt-
                                        politischen und regulatorischen Angelegenheiten leitet, „ein gewaltiger Rückschritt“. Denn die                  teilnehmer angeschlossen. Ein Entscheid
                                        Möglichkeiten zur Risikominderung schwinden und können zu höheren Energiepreisen führen.                        von ACER lag Anfang Februar 2016 vor
                                             Sein Kollege, Dr. Dr. Tobias Paulun, Chief Strategy Officer und Managing Director bei der                  und mündete in einem Schreiben an die
                                        EEX, äußerte bei der Veranstaltung in der österreichischen Botschaft in Berlin seine Bedenken:                  EU-Kommission und die betroffenen Mit-
                                        „Die gemeinsame Preiszone hat eine enorme Bedeutung für die Herausbildung des europäi-                          gliedsstaaten. Nächster formaler Schritt:
                                        schen Börsenstrom-Referenzpreises und ist Voraussetzung für einen liquiden Handel.“ Das gel-                    Die EU-Kommission könnte ein Vertrags-
                                        te vor allem auch für den längerfristigen Terminhandel und ein Handelsvolumen von mehr als                      verletzungsverfahren gegen Österreich
                                        25 Milliarden Euro, das man nicht aufs Spiel setzen dürfe. Statt einer Aufteilung der Preiszone                 anstrengen. Darüber hinaus hat sich die
                                        spricht sich Paulun für eine Erweiterung aus, um den europäischen Strombinnenmarkt weiter                       E-Control im November 2015 entschlos-
                                        umzusetzen und die Liquidität des Handels weiter zu stärken. Sinnvoll sei es jedoch, über eine                  sen, gegen die ACER-Stellungnahme durch
                                        stärkere Kostenteilung beim Netzausbau und beim Netzbetrieb zu verhandeln. Auch Prof. Dr.                       Einbringung einer Nichtigkeitsklage beim
                                        Dieter Hundt, Präsident der Deutschen Handelskammer in Wien, hat sich kritisch zur geplanten                    Gericht der Europäischen Union (EuG) ge-
                                        Aufspaltung der Preiszonen geäußert: „Es wäre unverantwortlich und kurzsichtig, die gewach-                     mäß Art. 263 AEUV vorzugehen. Die Kla-
                                        senen Strukturen … leichtfertig aufs Spiel zu setzen und zu trennen.“ Er appellierte an die Wirt-               ge der E-Control gegen die Trennung des
                                        schaftsminister beider Länder, sich für den Erhalt der deutsch-österreichischen Strompreiszone                  deutsch-österreichischen Strommarktes
                                        einzusetzen.                                                                                                    wurde am 1. Februar 2016 im EU-Amtsblatt
                                                                                                                                                        veröffentlicht. Der Klage haben sich eben-
                                        Polen und Tschechien als starke Gegner                                                                          falls einige österreichische Marktteilneh-
                                            In der Diskussion um die deutsch-österreichische Preiszone haben auch Tschechien und                        mer angeschlossen. Die E-Control rechnet
                                        Polen ein Wörtchen mitzureden. Die Republik Tschechien wiederum bekämpft die deutsch-                           für Herbst 2017 mit einem Urteil des Ge-
                                        österreichische Preiszone, weil für sie die „Wahrung der Geschäftsgrundlage für die tschechi-                   richts der EU.
                                        schen Atomkraftwerke im Vordergrund“ steht. Schließlich erwarte sich Prag Marktchancen in
                                        Österreich und könnte von höheren Preisen profitieren. 3
                                            Nicht außer Acht zu lassen ist Polen. Warschau hatte ACER in Sachen Preiszone angerufen.
Foto: Grygiel / PAP / picturedesk.com

                                        Für Polen geht es neben überlasteten Netzen und veralteter Infrastruktur um den Schutz und
                                        Fortbestand der knapp 100.000 Arbeitsplätze in der Kohleindustrie. Die Kumpel holen jedes Jahr      1| Vgl Consentec, 09/2014; Consentec, 02/2015;
                                                                                                                                               Frontier Economics und Consentec (2014)
                                        Kohle im Wert von knapp neun Milliarden Euro aus den Bergwerken – das sind zehn Prozent
                                                                                                                                            2| M
                                                                                                                                                artin Graf, Philipp Irschik, „Die deutsch-österreichische Strompreiszone“. Utl:
                                        des polnischen Bruttoinlandsprodukts. Bleibt am Ende die Frage, ob Polen nicht nur regelmäßig          Das europäische Paradebeispiel für die Integration von nationalen Energiemärkten
                                        die ehrgeizigen Klimaziele der EU ausbremst, sondern nun auch die deutsch-österreichisch-              steht vor dem Aus. Hrsg.: Österreichische Gesellschaft für Europapolitik. S. 13.

                                        luxemburgische Preiszone.                                                                           3| Martin Graf, Philipp Irschik, „Die deutsch-österreichische Strompreiszone“. S. 12.

                                                                                                                                                                     ENERGIE INSIDE JUNI/16 17
E-Control: Neue Wettbewerbshüter für den

          Energiemarkt
          DI Andreas Eigenbauer und Dr. Wolfgang Urbantschitsch sind das neue Vorstandsduo
          der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control. EAA-Energie Inside hat nachgefragt,
          was sie sich für die kommenden fünf Jahre vorgenommen haben.

                                              stelle für Konsumenten. Doch es stellt sich     Sinn eines Updates des Tarifkalkulators, dass
                                              auch die Frage nach neuen Zielsetzungen.        auch alle neuen Angebote neutral miteinan-
                                              Derzeit befinden wir uns in einer Orientie-     der verglichen und die Jahreskosten richtig
                                              rungsphase. Es geht darum, den gesetzlichen     wiedergegeben werden können.
                                              Auftrag vor dem Hintergrund der aktuellen
                                              Marktbedingungen neu zu interpretieren.         Welche Rolle spielt die Versorgungs-
                                                                                              sicherheit bei Ihren Zielsetzungen?
                                              Welche Ziele verfolgen Sie verstärkt?           Eigenbauer: Das Zieldreieck im Energie-
                                              Urbantschitsch: Es ist unerlässlich, dass wir   bereich „Versorgungssicherheit-Nachhaltig-
                                              uns in den internationalen Gremien enga-        keit-Wirtschaftlichkeit“ dürfen wir nicht aus
                                              gieren, damit die Position Österreichs gehört   den Augen verlieren. Es soll um Energieeffi-
                                              wird. Viele Entscheidungen, die auch den        zienz und Leistbarkeit ergänzt werden. Ver-
Sie haben mit 25. März 2016                   heimischen Energiemarkt betreffen, werden       sorgungssicherheit ist damit ein zentraler
Ihre Arbeit aufgenommen. Wie haben            auf europäischer Ebene gefällt und nicht in     Punkt bei der Ausrichtung unserer Ziele.
Sie die ersten Wochen erlebt?                 Österreich.
Urbantschitsch: Wir freuen uns sehr über                                                      2001 wurde der Strommarkt liberalisiert,
unsere neue Aufgabe als Vorstände der         Wie steht es um Konsumentenrechte?              der Gasmarkt 2002. Wie beurteilen Sie
E-Control. Wir sind uns durchaus bewusst,     Urbantschitsch: Eines unserer Hauptziele        den Status der Marktliberalisierung?
dass in den kommenden Jahren zahlreiche       ist es, den Konsumenten noch mehr Trans-        Urbantschitsch: Damals wurden die Rah-
Herausforderungen warten: Und zwar nicht      parenz zu bieten: Denn nur gut informier-       menbedingungen für einen liberalisierten
nur für die Regulierungsbehörde, sondern      te Kunden können aktiv am freien Ener-          österreichischen Strom- und Gasmarkt ge-
für die gesamte Energiewirtschaft.            giemarkt teilnehmen und so von diesem           schaffen. Ziel ist, diesen noch besser mit den
Eigenbauer: Es macht Spaß, im Vorstand        profitieren. Wir arbeiten daher an einem        benachbarten Märkten zu vernetzen, um
der E-Control zu arbeiten.                    umfassenden Update des Tarifkalkulators,        liquidere Märkte zu schaffen sowie einen ef-
                                              damit sich Haushalte sowie Unternehmen          fektiven Regulierungsrahmen für Infrastruk-
Wie teilen Sie die                            auch weiterhin optimal informieren und ori-     turinvestitionen bereitzustellen.
Geschäfte untereinander auf?                  entieren können. Unser Ziel ist es, dass den
Urbantschitsch: Entscheidungen werden         Verbrauchern ein neutraler Produktvergleich     Insgesamt wechselten seit
ausschließlich gemeinsam getroffen. Die       ermöglicht wird.                                der Liberalisierung 2001 rund
Abteilungen der E-Control werden vorerst                                                      1,6 Millionen Haushalte und
nicht thematisch zwischen den Vorständen      Aktuell ist der Tarifkalkulator durch           Betriebe. Sind Sie damit zufrieden?
aufgeteilt. Zwischen uns herrscht ein sehr    die Art und Weise der Abbildung von             Urbantschitsch: Besonders bei Gas hat der
gutes Einvernehmen.                           Neukundenrabatten wettbewerbsverzer-            Wettbewerb zuletzt zugenommen. Wäh-
                                              rend. Konsumenten sind verunsichert.            rend die Wechselrate bei Gas lange Zeit
Wie möchten Sie die                           Wird sich das ändern?                           niedriger war als bei Strom, hat sich das
E-Control neu ausrichten?                     Urbantschitsch: Bereits jetzt stellt der        in den vergangenen Jahren umgekehrt.
Urbantschitsch: Die Gewährleistung des        Tarifrechner natürlich alle Rabatte dar, und    2015 wechselten 3,4 Prozent der Haushalte
Wettbewerbs bleibt eine unserer Hauptauf-     zwar je nachdem, wie die Kunden sich das        und Unternehmen bei Gas, bei Strom waren
gaben, und wir bleiben die zentrale Anlauf-   wünschen. Wie vorher beschrieben ist der        es 2,5 Prozent.

18 ENERGIE INSIDE JUNI/16
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