Schulblatt 3/2015 Facebook, Youtube & Co - Social Media sind in der Schule angekommen - Kanton Zürich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kanton Zürich Schulblatt Bildungsdirektion 3/2015 Facebook, Youtube & Co. Social Media sind in der Schule angekommen Stress Reto Givel Detailhandel Der Schweizer Rapper Der neue Leiter Mittel- Das Internet verändert über seine Schulzeit schulen im Gespräch das Kundenverhalten
4 6 Magazin Fokus Volksschule 4 12 22 Meine Schulzeit Neue Lernform Schulverwaltung Rapper Stress lernte in Der Mathematiklehrer, Sie gewann in den letzten der Schule, Gas zu geben der Youtube-Filme dreht Jahren an Bedeutung 4 14 24 Bildungs-Slang Im Gespräch Stafette Schüler mit individuellen Social Media aus Sicht Die abc-Tagesschule Adlikon Lernzielen von Philippe Wampfler ist klein und persönlich und Bendrit Bajra 5 27 Im Lehrerzimmer 17 In Kürze Die Sekundarschule Tipps & A dressen Oetwil am See Antworten auf Fragen von Lehrpersonen zu Social Media 6 Persönlich 18 Kinder- und Jugend Unter Jugendlichen psychiaterin Dagmar Pauli Schülerorganisationen sehen Grenzen von Facebook & Co. 9 Kommentar 20 Regine Aeppli über Dialog Zeitgemässes Marketing und das neue Schulblatt Am Strickhof postet Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Inhalt und twittert der Direktor Wichtige Adressen Impressum Nr. 3/2015, 30.4.2015 Bildungsdirektion: www.bi.zh.ch Generalsekretariat: 043 259 23 09 Herausgeberin: Bildungsdirektion Kanton Zürich, Walcheplatz 2, 8090 Zürich Erscheinungs Bildungsplanung: 043 259 53 50 Bildungsstatistik: www.bista.zh.ch weise: 6-mal jährlich, 130. Jahrgang, Auflage: 19 000 Ex. Redaktion: Redaktionsleiterin Volksschulamt: www.vsa.zh.ch, 043 259 22 51 Mittelschul- und katrin.hafner@bi.zh.ch, 043 259 23 05; Redaktorin jacqueline.olivier@bi.zh.ch, 043 259 23 07; Berufsbildungsamt: www.mba.zh.ch, 043 259 78 51 Amt für Jugend Sekretariat schulblatt@bi.zh.ch, 043 259 23 14 Journalistische Mitarbeit an dieser Aus und Berufsberatung: www.ajb.zh.ch, 043 259 96 01 Lehrmittel gabe: Paula Lanfranconi, Anna Miller, Andreas Minder, Charlotte Spindler Abonnement: verlag Zürich: www.lehrmittelverlag-zuerich.ch, 044 465 85 85 Lehrpersonen einer öffentlichen Schule im Kanton Zürich können das Schulblatt in ihrem Fachstelle für Schulbeurteilung: www.fsb.zh.ch, 043 259 79 00 Schulhaus gratis beziehen (Bestellwunsch an Schulleitung). Bestellung des Schulblatts an Bildungsratsbeschlüsse: www.bi.zh.ch > Bildungsrat > Beschluss Privat adresse sowie Abonne ment weiterer Interessierter: abonnemente@staempfli.com, archiv Regierungsratsbeschlüsse: www.rrb.zh.ch 031 300 62 52 (Fr. 40.– pro Jahr) Online: www.schulblatt.zh.ch Gestaltung: www.bueroz.ch Druck: www.staempfli-publikationen.ch Inserate: inserate@staempfli.com, 031 767 83 30, Titelbild: Sabina Bobst Einsendeschluss Inserate nächste Ausgabe: 21.5.2015 2
14 36 Mittelschule Berufsbildung 41 Amtliches 28 34 Interview Herausforderung Internet 51 Reto Givel, der neue Leiter Im Detailhandel wird Weiterbildung Mittelschulen, über die Frei- Beratung immer wichtiger Neue Themenreihe: heit der Schulen Gesundheit im Lehrberuf 36 Kurse und Module 30 Berufslehre heute Schulgeschichte(n) Dentalassistentin EFZ 59 Die Kantonsschule Zürich Nord 39 Stellen In Kürze 60 33 schule & kultur In Kürze 62 Agenda Editorial Herzklopfen haben wir schon. Das Schulblatt, das Sie in den Händen halten, Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Inhalt sieht anders aus. Gefällt es Ihnen? Auf unsere letztjährige, repräsentative Leserbefragung erhielten wir gutes Feedback. Mit den Anregungen, was noch Katrin Hafner, Redaktionsleiterin Schulblatt besser werden könnte, entwickelten wir das Heft weiter: Wir arbeiteten mit der redaktionellen Begleitgruppe zusammen, in der Lehrerinnen und Lehrer aus der Volksschule, den Mittel- und Berufsfachschulen mitwirken. Was ist neu? Sie sollen sich im Heft besser zurechtfinden. Jeder Bildungsstufe und jedem weiteren Ressort (Magazin, Fokus etc.) ist eine Farbe zugeordnet, die sich im ausgebauten Inhaltsverzeichnis und auf den Seiten durchzieht. Zu- dem werden Hefteinstieg und -ende attraktiver: im Magazin mit Cartoon und einem Porträt, auf der Agenda-Seite mit ausgebauten Tipps. Die Amtlichen Mitteilungen, schule&kultur sowie die Weiterbildungsangebote – die Sie gemäss Umfrage gerne lesen – sind nun in das Heft integriert, sodass es als stimmige Einheit daherkommt. Wir wünschen anregende Lektüre. 3 Die Redaktion freut sich über Reaktionen auf das Schulblatt: katrin.hafner@bi.zh.ch, jacqueline.olivier@bi.zh.ch
Meine Schulzeit deine Arbeiten zu Ende bringen! Und ge- «Du musst immer nauso ist es auch mit der Musik: Wenn du im Studio bist, eine Platte aufnimmst – es ist genau das Gleiche wie in der Schule: Gas geben» Du hast ein Projekt, das von A bis Z zu Ende gebracht werden muss, auch unter Druck. Und es muss das beste sein! Was ist das Wichtigste, was Kinder Fünf Fragen an Rapper heute in der Schule lernen sollen, und warum? Andres Andrekson alias Stress. Ich glaube, Bildung ist der Schlüssel für jede Zukunft, sie öffnet viele Wege. Heut- zutage sollte man sich so viele Möglich- keiten wie nur möglich offenhalten, da man nie weiss, was passieren wird. Das ist der Grund, warum ich nach der obliga- Wenn Sie an Ihre Schulzeit denken, was torischen Schulzeit entschied, Ökonomie kommt Ihnen als Erstes in den Sinn? zu studieren. Ich wusste damals nicht ge- Meine Schulzeit … Als ich jung war, ging nau, was ich machen wollte, und wählte ich nicht so gerne zur Schule, und ich dieses Studienfach, weil ich darin die muss sagen, dass die Schule in Estland grössten Chancen sah. Nach dem Studium nicht so gut war. Ich war also nicht sehr arbeitete ich in einer Marketingabteilung. oft dort, dies hat sich aber geändert, als Es war eine gute Erfahrung, aber ich habe ich mit zwölf Jahren in die Schweiz kam. mich dann lieber voll und ganz auf die Aber meine erste Erinnerung an die Musik konzentriert. Schule bleibt, dass ich mit meinen Freun- Warum wären Sie ein guter den nicht dort war. Lehrer – oder eben nicht? Welcher Lehrperson geben Sie Ich wäre kein guter Lehrer, aber das ist rückblickend die Note 6 und warum? okay. Nicht jeder kann ein guter Lehrer Meinem Französischlehrer. Er war streng sein und es gibt zum Glück viele Men- und frech – aber es hat mir wirklich viel schen, die geeigneter sind für diesen Be- mehr gebracht als alles andere. Sprachen ruf. Ich glaube, ein guter Lehrer ist vor zu können ist zentral! allem klug und effizient. Dann ist alles Andres Andrekson alias Stress (37), Schweizer Rapper aus Lausanne. Mit zwölf Inwiefern hat die Schule Ihnen okay. Und es ist wichtig, dass er den Kin- kam er aus Estland in die Schweiz, wo er geholfen, ein auch international dern zu verstehen gibt, dass du die Ausbil- später an der Universität Lausanne Wirt- schaft studierte. Mit «Double Pact» erlangte berühmter Rapper zu werden? dung und den Beruf für dich selbst machst er auch in Frankreich Beachtung: Erstes Ich glaube, wenn du in die Schule gehst, und nicht für deine Eltern, nicht für deine Solo-Album unter dem Namen Stress 2003, sechs weitere folgten. Stress wurde mit hast du einen gewissen Druck. Du musst Lehrer. Du musst deinen eigenen Weg fin- neun Swiss Music Awards ausgezeichnet. es packen, musst immer Gas geben und den, um die Sache gut zu machen. Bildungs-Slang Ruedi Widmer, Cartoonist, interpretiert Begriffe aus Bildung und Schule – diesmal: Schüler mit individuellen Lernzielen Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Magazin 4
Im Lehrerzimmer Sekundarschule Oetwil am See Wo ein Schoggikuchen auf dem Tisch Besonderes verheisst. Fotos: Marion Nitsch Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Magazin Original: 40 Jahre und damit gleich alt wie das Schulhaus ist das u-förmige Sofa, welches das Lehrerzimmer dominiert. Die 16 Lehr- personen, die sieben niveaudurchmischte A- bis C-Klassen unterrichten, setzen sich nicht nur zum Znüni in die blauen Polster, sondern auch während der Lehrerkonferenzen. (Bedeutungs)schwanger: Gipfeli bringt öfter jemand mit, auch ohne konkreten Grund. Ganz anders, wenn ein Schoggikuchen auf dem Tisch steht: Es hat sich eingebürgert, dass die edle Spenderin auf diese Weise kundtut, dass sie schwanger ist. Feriengefühle: Sie werden durch drei grosse Poster mit Meer und Palmen geweckt. Wochenplan arbeit: Die Schule sei stolz auf ihr Schulmodell, sagt Schulleiter Mark Bugmann. Während fünf Stunden pro Woche entscheiden die Schülerinnen und Schüler, an welchen Lernzielen und Aufträgen sie arbeiten; die Lehrpersonen agieren als Coaches. Trainerhosen: Derzeit gibt die Kleidung der Schüler zu reden, weil Trainerhosen bei den Jungs schwer im Kommen sind. Die Lehrpersonen sehen einen Zusammenhang zwischen textilem Auftritt und Arbeitseinstellung und möchten Gegensteuer geben. Vorerst haben sich Schülerparlament und Elternrat der Frage angenommen. [ami] 5
Persönlich vor allem mit komplexeren Fällen und mit Sie muss sich solchen aus ihren Spezialgebieten: Ess- störungen, Störungen der Geschlechts identität sowie Depressionen und Selbst- abgrenzen verletzungen. Bei den Essstörungen übernimmt sie oft die erste Krisenintervention, danach übergibt sie die Patienten meistens einer Dagmar Pauli, Chefärztin des Kinder- Kollegin oder e inem Kollegen, denn ange- sichts ihres vollen Pflichtenhefts könnte und Jugendpsychiatrischen Diensts der sie unmöglich alle Fälle selber betreuen. Universität Zürich. In der Praxis tätig sein zu können, ist ihr aber wichtig. Auch wenn ihr vieles an ihrer Tätigkeit Freude bereitet, letztlich Text: Jacqueline Olivier Foto: Sophie Stieger ist es die Begegnung mit den betroffenen Kindern und Familien, die sie motiviert. «Wenn man jungen Menschen und den Familien helfen kann, einen Weg zu fin- den, um eine Krise zu bewältigen oder mit einer psychischen Störung umzugehen, ist dies der schönste Erfolg.» «Ich habe dir nie einen Rosengarten ver- deten Jugendlichen zu tun; im Notfall- Eltern für Mitarbeit gewinnen sprochen» – der autobiografisch geprägte dienst mit mindestens einer Person pro Mit den Lehrpersonen ihrer Patienten hat Roman der amerikanischen Autorin Han- Tag, mehrheitlich Mädchen.» Die Zu Dagmar Pauli oft Kontakt und ist dankbar, nah Green war ein Schlüsselerlebnis für nahme von Suizidalität und Selbstverlet- wenn sie ihre Beobachtungen und Ein- Dagmar Pauli. Nachdem sie die Geschichte zung sei ein internationaler Trend, erklärt schätzungen in dem Fragebogen fest von der Heilung einer Jugendlichen, die an Dagmar Pauli, der KJPD habe deshalb ei- halten, den sie dafür vom KJPD erhalten. Schizophrenie litt, gelesen hatte, wusste nen 24-Stunden-Notfalldienst eingerich- Dagegen stelle sie zunehmend fest, dass die damals 15-Jährige: «Das will ich auch.» tet. Ebenso zugenommen haben laut der Eltern immer häufiger die Schwierigkeiten Nämlich Kindern und Jugendlichen mit Fachärztin Kriseninterventionen aufgrund ihrer Kinder nicht in deren Verhalten be- psychischen Erkrankungen helfen. Heute von Schulängsten oder depressiven Ver- gründet sähen, sondern in der mangeln- ist die in Hamburg aufgewachsene Dag- stimmungen. Dies komme nicht von unge- den Anpassung der Schule beziehungs- mar Pauli Chefärztin und stellvertretende fähr, denn heute seien bereits Kinder weise der Lehrperson an das Kind – aus ärztliche Direktorin des Kinder- und Ju- grossem Druck ausgesetzt – dem Druck, Angst, man würde sonst ihnen selbst die gendpsychiatrischen Dienstes (KJPD) der eine höhere Schulausbildung absolvieren, Schuld zuschieben. Dagmar Pauli, die sel- Universität Zürich. Und sagt: «Mein Ziel möglichst schon nach der sechsten Klasse ber drei – inzwischen erwachsene – Kin- war und ist es, für junge Menschen etwas ans Gymnasium wechseln zu müssen. der hat, sagt dazu: «Die Eltern tun dem Positives zu bewirken. Alles andere hat Kind keinen Gefallen, wenn sie ihm ver- sich ergeben.» Zwei Nachmittage für Patienten mitteln, dass sich die Lehrerin ihm an Nach einigen Semestern Psychologie- Dagmar Pauli spricht ruhig und sachlich, passen müsse statt umgekehrt. Das Kind studium in Konstanz zog es sie nach Zü- ohne nach Worten suchen zu müssen; ihr kann dadurch wichtige soziale Verhaltens rich, wo sie zur Medizin wechselte und Schweizer Dialekt verrät die gebürtige weisen ungenügend erlernen.» ihr Staatsexamen machte. Abgesehen von Deutsche. Viel Zeit hat sie nicht, doch Un- Dem KJPD liegt viel daran, die Eltern zwei kurzen Abstechern in die Erwachse- geduld ist ihr keine anzumerken. Ihr offe- für eine Mitarbeit zu gewinnen. So wer- nenpsychiatrie und die Pädiatrie ist sie ner Blick ist auf ihr Gegenüber gerichtet, den zum Beispiel Kurse für Eltern von nun seit bald 25 Jahren beim KJPD tätig – immer wieder umspielt ein Lächeln ihre ADHS-Kindern angeboten, um ihnen auf- in wechselnden Funktionen und an ver- Lippen. Für sie sei kein Tag wie der an zuzeigen, wie sie das Kind dabei unter- schiedenen Standorten. Und hat in die- dere, erzählt sie, weil sie in ihrer Position stützen können, trotz seiner Störung im ser Zeit diverse Entwicklungen miterlebt. ganz unterschiedliche, auch viele organi- Alltag zu bestehen. Denn nicht alle Patien Zum Beispiel diese: «Während wir in den satorische Aufgaben wahrzunehmen habe. ten werden gesund. Aber: «Man kann fast 1990er-Jahren noch vorwiegend Kinder An zwei Nachmittagen pro Woche emp- immer ihre Situation verbessern.» Wenn mit Auffälligkeiten abklärten, haben wir fängt sie Patienten und Familienangehö bei einem Kind eine frühe Psychose diag- Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Magazin es heute deutlich mehr mit suizidgefähr- rige zur Sprechstunde. Sie befasst sich nostiziert werde, könne man mit der rich- tigen Therapie und guten Medikamenten dafür sorgen, dass es wieder die Schule Abklärungen und Therapien besuchen und danach eine Aus bildung Der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst Zürich (KJPD): ist eine Univer machen könne. Schwierig ist es für die sitätsklinik, in der Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen ab Ärztin, wenn die Behandlung auf Wunsch geklärt und therapiert werden. Ausserdem engagiert sich der KJPD in der Lehre der Betroffenen nicht fortgesetzt wird, und der Forschung. Angebot: ambulante, halbstationäre und stationäre psy obwohl die Situation für das Kind noch chiatrische Dienstleistungen sowie Notfalldienst. Schwerpunkte: zum Beispiel nicht vollständig gelöst werden konnte. ADHS, Autismus, Zwangsstörungen oder Essstörungen. Standorte: KJPD-Zent- «Das beschäftigt einen schon.» Doch sich rum Zürich, Kinderstation Brüschhalde in Männedorf sowie Regionalstellen in abgrenzen zu können, sei eine wichtige Bülach, Dietikon, Horgen, Uster, Wetzikon, Winterthur und Zürich Nord. Mit Voraussetzung in diesem Beruf. «In der arbeitende: 400. Aktuelle Zahlen: 2013 wurden insgesamt 4389 ambulante und Klinik bin ich emotional zwar voll präsent, 324 stationäre und teilstationäre Behandlungen durchgeführt, insgesamt 4713. aber wenn ich heimkomme, bin ich wieder Davon waren 2671 neue Fälle, 2042 wurden aus den Vorjahren übernommen. [jo] genauso da für meine Familie, die in mei- nem Privatleben ganz oben steht.» 6
Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Magazin Dagmar Pauli (52), aufgewachsen in Hamburg, studierte Medizin an der Universität Zürich. 1991 begann sie als A ssistenzärztin beim Kinder- und Jugendpsychia trischen Dienst Zürich in Winter- thur, seit 2010 ist sie Chefärztin und stellvertretende ärztliche Direktorin. 7
Studienreise Albanien entdecken 4.–12. Oktober 2015, (Herbstferien) Zielgruppe Lehrpersonen aller Stufen, Sozialarbeiterinnen/ Sozialarbeiter Psychologinnen/ Psychologen (max. 15 Personen) Sofern Platz vorhanden auch andere Interessierte Leitung Nexhat Maloku, Mediator CAS, Lehrer HSK in Zürich Hagenbuchrain 32 8047 Zürich Tel. 076 569 20 80 E-Mail: nmaloku@smile.ch Preis: CHF 1710.– (Alles Inklusive) Albanien Albanien war bis zu Beginn der 90er Jahre von einer kommu- nistischen Diktatur geprägt. Nach der Öffnung des Landes ist nun Albanien auf dem Weg in die EU und seit April 2009 NATO Mitglied. Mehrere kulturhistorische Stätten gehören zum UNES- CO-Weltkulturerbe und ziehen gemeinsam mit den bezaubernden Landschaften immer mehr Touristen an. Während unserer Reise werden wir Spuren vergangener Herrscher und Eroberer verfolgen und eindrückliche Kulturdenkmäler aus der Illyrischen, mittelal- terlichen und osmanischen Zeit besuchen. Neben der Hauptstadt Tirana besichtigen wir unter anderem die Städte Shkoder und Kruje im Norden, Durres und Sarande an der Küste sowie Berat und Gjirokaster im Landesinneren. Geplant sind zudem Gespräche mit Bildungsverantwortlichen sowie der Besuch zwei Volksschulen und wir erfahren, in welchem Rahmen die Schweiz in Albanien Entwicklungshilfe leistet. Während der Reise durch das Land wer- den wir die herzliche Gastfreundschaft der Menschen erleben und Albanien mit seinen grossen gesellschaftlichen wie auch land- schaftlichen Gegensätzen entdecken. Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 8
Kommentar Die Kommunikations formen ändern sich Social Media kommen in der Schule an – und auch das Schulblatt entwickelt sich weiter. Text: Regine Aeppli, Bildungsdirektorin Wir leben in einer Zeit, in der sich neue speziell im Kontext des Schulalltags. Auch Kommunikationswege öffnen und – zu- das Schulblatt selbst ist ja ein Kommu mindest theoretisch – alle der Welt mit nikationsmittel. Als das Heft vor neun teilen können, was sie gerade bewegt, Jahren zum ersten Mal als journalistisch worüber sie sich freuen oder ärgern, was aufgemachte Zeitschrift erschien, schrieb sie gerade gegessen, verloren oder ge- ich im Kommentar, dass es den Dialog kauft haben. Das Internet und namentlich zwischen den Schulstufen, den Austausch die digitale Kommunikation via Social zwischen Bildungsverwaltung, Lehrperso Media ergänzen die herkömmlichen For- nen, Schulleitungen und -behörden stär- men des Dialogs, sei dies im Schulalltag ken und dass es bildungsrelevante The- oder in der Politik. men unter verschiedenen Blickwinkeln Ob uns dies insgesamt zu kommunika beleuchten solle. tiveren Menschen macht, ob soziale Netz- Die Leserbefragung, welche die ZHAW werke wie Twitter, Facebook oder Youtube Zürcher Hochschule für Angewandte den Meinungsaustausch, die offene Dis- Wissenschaften im Auftrag der Bildungs- kussion über verschiedene Sichtweisen direktion durchführte, hat gezeigt, dass und Positionen tatsächlich fördern, darü- das Ziel publikum des Schulblatts – die ber gibt es unterschiedliche Ansichten. Lehrerinnen und Lehrer der Volksschule, Der Fokus der Schulblattausgabe, die der Mittel- und Berufsfachschulen wie Sie in den Händen halten, thematisiert auch die Schulleitungen und -behörden – solche neuen Kommunikationsformen – das Heft nicht nur lesen und schätzen, sondern auch gewisse Erwartungen daran haben. Darum haben wir das Schulblatt zwar nicht neu erfunden, es aber weiter- entwickelt und den Lesebedürfnissen an- gepasst. Zudem wurde es in das Layout des Corporate Design der kantonalen Ver waltung überführt; diesen Wechsel vollzog «Mit diesem frisch in den letzten Monaten die gesamte Bil- Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Magazin dungsdirektion. aufgemachten Vieles wird Ihnen in der aktuellen Schulblatt bedanke Ausgabe bekannt vorkommen, einiges mag Sie überraschen oder Ihnen neu erschei- ich mich zum nen. Das ist gut so, denn Kommunika PS: Mit diesem frisch aufgemachten letzten Mal als tionsplattformen ändern sich – und so Schulblatt bedanke ich mich zum letz- eben auch das Schulblatt. Ich freue mich, ten Mal als Bildungsdirektorin bei Ihnen: Bildungsdirektorin Ihnen das sanft weiterentwickelte Schul- blatt zu übergeben, verbunden mit dem für Ihr grosses tägliches Engagement für Ihre Schülerinnen und Schüler sowie die bei Ihnen.» Wunsch, es möge weiterhin den Dialog Schule als eine der wichtigsten Institu zwischen den verschiedenen Partnerinnen tionen in unserem Kanton. Wenn ich im und Partnern im Bildungsfeld fördern, es Mai mein Amt nach zwölf Jahren verlasse, werde auch künftig zum konstruktiven nehme ich einen bunten Strauss an Erin- Austausch beitragen und als bewährtes, nerungen mit, der frisch bleiben wird. zeitgemässes Kommunikationsmittel Ihre Ihnen allen wünsche ich weiterhin Erfül- Aufmerksamkeit geniessen. lung und Freude bei Ihrer Arbeit. 9
Jola Svalina, 34, Englischlehrerin, Kantonsschule Zürcher Oberland «Meinen Facebook-Account habe ich vor allem, um mit meinen Verwandten in der ganzen Welt in Kontakt bleiben zu können. So bekomme ich mit, wer geheiratet oder ein Kind bekommen hat. Selber bin ich aber wenig aktiv. Dafür nutze ich WhatsApp täglich, vor allem privat. In der Schule arbeite ich seit ein paar Jahren mit Google Docs, einer Platt- form, über die man gemeinsam an einem Doku- ment arbeiten, es kommentieren oder mit einander chatten kann. Auch Youtube-Filme setze ich oft ein. Wenn Jugendliche mit Instrumenten arbeiten können, die Teil ihrer Lebenswelt sind, sind sie oft motivierter.» Stefano Ragusa, 13, 1. Sekundarklasse Richterswil «Auf Instagram schaue ich vor allem, was die andern machen. Schön ist es, wenn jemand Ferienbilder postet. Kommentieren und selber posten tue ich aber selten. Facebook hat mich noch nie interessiert. Dort geht es mehr ums Chatten, das mache ich lieber über WhatsApp. Wir haben zwei Klassenchats, einen mit dem Lehrer und einen ohne ihn. Vor Kurzem haben wir im Unterricht selber Lernvideos gedreht, meine Gruppe hat eines gemacht über das Würfelnetz. So was finde ich cool. Lernvideos können wirklich hilfreich sein. Auf Youtube habe ich auch schon gesucht, wenn ich niemanden fragen konnte, was aber selten vorkommt.»
Fokus Facebook, Youtube & Co. Die meisten Jugendlichen nutzen soziale Netz werke täglich. Am beliebtesten sind F acebook, Youtube, Instagram und WhatsApp. Was bedeutet das für die Schule? Es diskutieren Facebook-Star Bendrit Bajra und Experte Philippe Wampfler. Zudem erzählt ein Primarlehrer, warum er Mathe- matik-Filme auf Youtube stellt, Schülerorganisa tionen verschiedener Mittelschulen berichten von ihren Erfahrungen mit Social Media und der Leiter einer Berufsfachschule erklärt, warum er twittert und postet. Fotos: Sabina Bobst Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus 11
Neue Lernform in der Begabtenförderung wäre mehr Der Lösungsweg möglich, ist René Moser überzeugt: «Man könnte einen Schritt weiter gehen: vom reinen Videoschauen zum aktiven Pro ist auf Youtube duzieren von Inhalten. Man lernt mehr, wenn man die Inhalte selbst vermittelt.» Die Rolle des Wissensvermittlers würde ausserdem soziale Fähigkeiten stärken. Die Schülerinnen und Schüler der Primar- Das Videoportal Youtube ist nun zehn Jahre alt. «Da ist es nur logisch, dass die schule Scherr dürfen während des Unter- Plattform nicht mehr ausschliesslich im richts Youtube-Filme schauen – Videos, die Privatleben, sondern vermehrt im Schul- alltag genutzt wird», findet Thomas Stierli, ihr Mathematiklehrer für sie dreht. Leiter Bereich Medienbildung an der Pä- dagogischen Hochschule (PH) Zürich. Es Text: Anna Miller sei begrüssenswert, wenn sich Lehrper sonen neue Lehrformen überlegten. Thomas Stierli sieht vor allem in Fä- chern wie Chemie oder Ge schichte Po tenzial, Youtube einzusetzen. «Mit Videos lässt sich Wissen vermitteln, das in dieser Qualität nicht im eigenen Schulzimmer vermittelt werden könnte», sagt er, etwa teure und aufwendige Experimente. Zent- ral sei, dass die Lehrperson die Schüle Im Schulhaus Scherr im Zürcher Kreis 6 sprechende Erklärung im Schulzimmer rinnen und Schüler lehren, einzuordnen, verdunkelt Mittelstufenlehrer Micha Dem am PC auf Youtube nochmals ansehen. wie glaubwürdig eine Quelle ist – und wie sar den Raum, stellt das Kamerastativ auf, Micha Demsar hat in dieser Zeit Kapa sie mit Propaganda und fragwürdigen drückt auf den roten Knopf seiner Video- zitäten für weitergreifende Fragestellun- Inhalten umgehen sollen. «Darum ist es kamera und beginnt. Nicht mit dem Unter gen anderer Kinder. «Das ist effizient und so wichtig, die Frage nach dem richtigen richt, sondern mit der Aufnahme: Mathe- bringt allen etwas: Die Wartezeit verkürzt Umgang mit dem Medium in den Unter- matik, Subtraktion, komprimiert auf einen sich, sie lernen selbstständiger und ihrem richt zu integrieren.» vierminütigen Kurzfilm in der immer glei- Lernstand entsprechend.» Zudem bieten chen Einstellung mit Textfeldern und die Filme die Möglichkeit, den Stoff zu Mit Ablenkungsgefahr umgehen Schritt-für-Schritt-Anleitung, den er nach Hause zu wiederholen. Wer ganz ohne Verleitet die Lernform mit Youtube-Filmen drei Stunden Arbeit auf die Internetplatt- Filme arbeite, habe aber keinen Nachteil. zum passiven Filmeschauen? Micha Dem- form Youtube stellt. Seine Schülerinnen «Am Ende zählt nur, dass jemand die Auf- sar verneint. «Die Kinder lösen die Übun- und Schüler werden in den kommenden gabe lösen kann», sagt Micha Demsar. gen danach selbstständig. Sie müssen den Mathematikstunden mit der Videoanlei- Die Flexibilität der Plattform Youtube Input auf andere Fragestellungen adaptie tung arbeiten. streicht René Moser von der Fachstelle ren. Das verlangt Eigenleistung.» Der Um- Micha Demsar liegt damit im Trend. Bildung und ICT des Zürcher Volksschul- gang mit Medien und die Nutzung des In- Was vor zehn Jahren undenkbar schien, amts positiv heraus. «Wenn ein Kind im ternets sind bereits auf Primarstufe Teil wird in Schulen zunehmend zum Thema: Unterricht etwas nicht richtig verstanden des Unterrichts und des aktuellen Lehr- Youtube-Filme als Lehrmaterial. Laut der hat, kann es dies allenfalls mit den Videos plans. Der Lehrplan 21, der im Kanton Zü- James-Studie 2014 der Zürcher Hochschule in seinem Tempo aufarbeiten.» Aber auch rich voraussichtlich ab Schuljahr 2017/18 für Angewandte Wissenschaften (s. Kasten S. 19), einer repräsentativen Studie, nutzen 12- bis 19-Jährige als Informationskanäle Kurse und Hilfe für Schulen im Internet am häufigsten Online-Video- • Fachstelle Bildung und ICT, Zürcher Volksschulamt: Unterstützung portale, noch vor Suchmaschinen. für Schulen und Behörden bei Fragen bezüglich Medien und ICT. Kontakt: rene.moser@vsa.zh.ch Begabte damit fördern • PH Zürich: Referate und Weiterbildungen für Lehrpersonen, Teams, 31 Kurzfilme hat der 29-jährige Primar- Eltern zu Social Media (z. B.: «Erklärvideos und Lernfilme im Unterricht lehrer in den letzten zwei Jahren gedreht, herstellen und nutzen») sowie Projekttage für Schülerinnen und Schüler: Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus 8000 Aufrufe zählt sein Youtube-Kanal www.phzh.ch/medienbildung «Schule Scherr» allein aus der Schweiz, • Pro Juventute: Kurse zur Medienkompetenz für Klassen, Lehrpersonen, Eltern: 27 000 aus Deutschland. «Ein Beweis, dass www.projuventute.ch > Programme > Medienkompetenz > Kurse & Workshops meine Lernvideos auch ausserhalb der • Swisscom: Kurse für Schülerinnen, Schüler, Lehrpersonen, Eltern unter Schule konsumiert werden», sagt Micha dem Aspekt «Digitale Medien kompetent nutzen»: Demsar. Pro Quartal dreht er vier bis zehn https://www.swisscom.ch/de/schulen-ans-internet.html Videos – kommt ein neues hinzu, macht • KITS for Kids (Stadt Zürich): kostenlose, auf das jeweilige Bedürfnis zu er seine Klasse während des Unterrichts geschnittene Workshops der PH Zürich für Stadtzürcher Lehrpersonen – z. B. darauf aufmerksam. zur Frage, wie man Youtube und Twitter im Unterricht thematisieren kann: Auf die Idee kam er aus praktischen www.stadt-zuerich.ch/kitsfuerkids > Aktuell > Aus- und Weiterbildung Gründen: «Ich überlegte, wie ich mir die • www.jugendundmedien.ch: Website des Bundes mit zahlreichen Arbeit während des Unterrichts erleichtern Informationen und Unterstützungsangeboten. kann.» Hat ein Schüler oder eine Schüle- • Zyschtig.ch: Kurse zur Medienbildung für Klassen, Eltern, Lehrpersonen: rin während der Lektion eine Frage zum www.zischtig.ch 12 Grundstoff, kann er oder sie sich die ent-
Kenji Nakano, 11, 5. Primarklasse Scherr, Zürich «Die Mathe-Youtube-Filmli von unserem Lehrer finde ich voll informativ, er erklärt echt gut. Die Lust, gleich noch ein anderes F ilmchen zu schauen, ist immer da. Sehe ich in der Schule etwas Spannendes, schreibe ich den Titel auf und schaue es zu Hause. Vorab muss ich das aber mit meinen Eltern bespre- chen. Meistens schaue ich ‹let’s play›-Filme über Games; ich möchte nämlich Game-Entwickler werden. Im WhatsApp-Klassenchat sind wir nur zu fünft, weil die anderen kein Handy haben oder nicht auf WhatsApp dürfen, das nervt. Ich hab WhatsApp von meiner Schwester kennengelernt, sie ist drei Jahre älter.» gestaffelt eingeführt wird, legt in Medien kämen nicht mit, was ihre Kinder online Einig sind sich alle, dass das Medium und Informatik einen verstärkten Fokus machten. «Zu Beginn des Projekts über- Film ergänzenden Charakter hat im Schul auf eine systematische Auseinanderset- legte ich mir, die Videos lokal auf dem PC alltag. «Das Vermitteln von Grundlagen, zung und das Lernen mit digitalen Me zu speichern, auch aus Datenschutzgrün- von Struktur, die ganze Begleitung im dien. Er beschreibt, dass Schülerinnen und den. Dann wäre jedoch die Möglichkeit, zu Lernprozess – das wird nicht verschwin- Schüler Medien interaktiv nutzen sowie Hause zu üben, weggefallen. Und das ist den», sagt René Moser. Auch didaktisch mit anderen kommunizieren und koope- ein integraler Bestandteil des Konzepts.» könne eine Lehrperson mehr erwirken als rieren sollen. «Sie lernen, ihre Meinungen René Moser vom Volksschulamt meint: ein Kurzfilm. Trotzdem müsse man sich und ihr Wissen in Medienbeiträgen um- «Wenn ein Kind sich ablenken will, findet als Lehrperson mit neuen Vermittlungs- zusetzen und bei deren Veröffentlichung es immer einen Weg.» Das Problem der formen auseinandersetzen. «Nicht nur für geltende Gesetze und Wertesysteme zu Ablenkung sei nicht nur ein Jugendthema; Schülerinnen und Schüler gilt das Motto beachten», sagt René Moser. auch Erwachsene müssten im Zusammen des lebenslangen Lernens, sondern auch Fachleute prognostizieren, dass Ka hang mit neuen Medien lernen, sich ab für Lehrpersonen», so René Moser. «In näle wie Youtube, Twitter oder Facebook zugrenzen. «Spätestens mit Beginn der Zukunft wird der Mehrwert im Dialog lie- mittelfristig in die Klassenzimmer drän- Lehre sind die Jugendlichen ohnehin auf gen, im Austausch von individuell ange- gen. Micha Demsar hat keine Bedenken: sich gestellt. Deshalb gehört es zum Er eignetem Wissen. E-Learning allein wird «Ich finde es wichtig, dass die Kinder ziehungsauftrag, Selbstregulation zu the- aber kaum funktionieren. Die Bereiche- frühzeitig lernen, mit digitalen Medien zu matisieren und zu fördern.» rung liegt in der Vielfalt der Lehr- und Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus arbeiten – richtig dosiert.» Während des Lernformen.» Unterrichts müssen sich die Schülerin- Nur positive Reaktionen Micha Demsar hat bereits über 100 nen und Schüler vorher bei ihm melden, Er habe bisher nur positive Reaktionen Stunden seiner Freizeit in seine Videos wenn sie eines seiner Videos sehen wol- auf seine Lernvideos erhalten, sagt Micha investiert, den Grossteil während der Fe- len. «Das Anschauen der Filme läuft nicht Demsar. «Ich war erstaunt, dass die Eltern rien. «Mich motiviert es, zu wissen, dass via Smartphones, sondern an festen PC- meine Idee vollumfänglich unterstützten.» die in den Filmen gezeigten Rechenme- Stationen im Schulzimmer», erklärt er. Den Lehrpersonen sei freigestellt, wie sie thoden auch in zehn Jahren noch aktuell «Wenn jemand zwei-, dreimal hinterei den Stoff vermittelten, insofern sei kein sein werden», sagt er. Das mache seine nander fragt, werde ich hellhörig und will Druck vorhanden, dass alle nun mit Videos Arbeit nachhaltig. Mittelfristig möchte er wissen, was noch nicht verstanden wurde.» arbeiten müssten, sagt Schulleiter Martin die Lehrvideos auf weitere Unterrichts Auch deshalb stuft er die Ablenkungs Stotz. Die Videos haben einen weiteren fächer ausweiten. Er hat bereits verschie- gefahr als gering ein. Wie die Kinder zu Vorteil: Wenn Kinder zuziehen, könne dene Schulen in der Stadt Zürich ange- Hause mit Youtube umgehen, weiss er man ihnen rasch zeigen, welcher Basis- fragt. «Vielleicht integrieren diese Schulen hingegen nicht, das sei Sache der Eltern. stoff vorausgesetzt werde, das erleichtere ja meine Videos in den Unterricht», sagt er 13 Einige setzten klare Grenzen, andere be- ihnen den Einstieg. und nickt zufrieden.
Im Gespräch wie mich mein Vater auf Albanisch be- «Es gibt keine schimpfte, während ich gamte – postete ich einfach mal. Am nächsten Tag hatte ich 800 Likes, 200 Freundschaftsanfragen; Formel für Erfolg die Leute kommentierten: mach weiter! Als ich 10 000 Abonnenten hatte, dachte ich: Hey Beni, das sind viele Leute, mach auf Social Media» was daraus! Ich plante, täglich etwas zu bringen – oft zum Thema Ausländer und Schweizer. Das ging voll ab. In sechs Mo- naten gewann ich 130 000 Abonnenten Facebook-Star Bendrit Bajra und dazu. Ehrlich: Da war auch Glück dabei. Wie schätzen Sie diesen Erfolg ein, Gymilehrer Philippe Wampfler, Herr Wampfler? zwei Social-Media-Experten, über Wampfler: Er nimmt Themen auf, die alle interessieren. Meine Kantischülerinnen die Rolle von Facebook und Co. und -schüler aus bildungsnahem Umfeld fragen mich ständig: Kennen Sie Bendrit? Interview: Katrin Hafner Fotos: Hannes Heinzer Seine Tonlage trifft den Zeitgeist. Er pos- tet Aktuelles witzig, bleibt ausgewogen, macht sich über beide Seiten lustig. Seine Erfolgsgeschichte ist schön, weil sie zeigt: In einem Netzwerk wie Facebook kann man geplant und kreativ aktiv sein – nicht nur konsumieren. Interessant finde ich, dass er in seinen Videos verschiedene Rollen spielt: den Ausländer, den Schwei- zer. Das ist die Ursprungsidee von Social Bendrit Bajra, Sie sind DER Schweizer res beobachte ich permanent. Total wohl Media: Man gestaltet ein Profil und zeigt Facebook-Star. Wie viel Zeit investieren auch etwa vier Stunden pro Tag. nicht, wer man ist, sondern präsentiert Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus Sie pro Tag ungefähr? Herr Bajra, Sie haben rund der Öffentlichkeit Ausschnitte. Bajra: Alleine das Beobachten, was ande- 180 000 Abonnenten. Wenn Sie ein Sie setzen auf Comedy, Herr Bajra. re Leute machen auf F acebook und Insta- Handyfilmchen aufschalten, erhalten Wollen Sie Komiker werden? gram, frisst täglich eine Stunde. Zudem Sie rasch 16 000 «gefällt mir»-Klicks. Bajra: Ich hatte dieses Ziel nicht im Hin- beantworte ich etwa 200 Facebook-Nach- Wie erklären Sie das? terkopf, als alles begann. Jetzt freue ich richten und lade Filmchen auf die Platt- Bajra: Ich thematisiere Szenen, die jeder mich über den Erfolg. Facebook hilft mir, form – macht locker vier Stunden. kennt: Du wachst in der Nacht auf und mein Hobby zum Beruf zu machen. Heute Das ist doppelt so viel, wie 12- bis meinst, du musst aufstehen, siehst, oh, ich weiss ich: Ich will auf die Bühne oder ins 19-Jährige in der Schweiz im Durch- kann noch drei Stunden weiterschlafen. TV. Es ist krass, was das Facebookding schnitt pro Wochentag in Netz ver Solche Storys ziehen bei den Leuten. ausgelöst hat. Plötzlich reissen sich Me bringen. Wie sieht es bei Ihnen aus, Bekannt sind Ihre Filme, in denen dien um dich, Giacobbo/Müller lud mich Herr Wampfler? Sie Klischees über Ausländer und ein, und nun will ein grosser Getränke- Wampfler: Mein Hauptmedium ist Twit- Schweizer aufs Korn nehmen. hersteller eine Show machen mit mir. ter, da finde ich interessante Themen und Bajra: Ja, das begann spontan vor einein- Inzwischen sind Sie ja auch nur 14 Fachleute. Facebook, Instagram und ande- halb Jahren: Das erste Video – ich filmte, noch via Manager erreichbar.
Philippe Wampfler, 37, (links) unterrichtet Deutsch, Philosophie und Medienkunde an der Kantonsschule Wettingen und Bajra: Ich würde durchdrehen, wenn ich Fachdidaktik Deutsch an der Universität Zürich. Er hat zwei Bücher über Schule und Social Media verfasst und lebt mit alle Anfragen beantworten müsste. Denn seiner Familie in Schwamendingen. ich will jetzt vor allem im Sommer meine Lehre gut abschliessen. Bendrit Bajra, 19, (rechts) schliesst im Sommer seine Lehre als Wampfler: Für Schweizer Verhältnisse ist Autoersatzteilverkäufer ab. Er gehört zu den bekanntesten Bendrit ein Phänomen. Interessant ist Facebook-Personen der Schweiz, möchte Comedy zu seinem Beruf machen und lebt mit seinen Eltern in Schwamendingen. das Giacobbo/Müller-Beispiel. Man wür- de denken, es sei eine Riesenehre für ihn, dort aufzutreten. In Wirklichkeit ist es für Giacobbo/Müller eine Riesenchance, auf der Facebook-Wall von Bendrit zu sein, Wampfler: Wenn ich das wüsste, wäre ich Machten Sie unangenehme Erfah- weil er 180 000 Zuschauer hat! In Deutsch- steinreich. Heute fragen sich alle, wie man rungen mit Facebook oder Twitter? land wollen Youtube-Stars nicht mehr ins Erfolg hat auf Social Media. Aber selbst Bajra: Mein Fehler war, dass ich ein Foto TV, die haben ein grösseres Publikum in wenn jemand stark beachtet wird, kann meines Autos mit Schild postete. Mit einer Social Media und generieren mit Klicks man keine Formel ableiten, wie andere App findet jeder die Adresse heraus – da auf Youtube ansehnliche Einnahmen. dasselbe erreichen. hatte ich dann ein paar Leute vor der Finanziell betrachtet wäre es Herr Bajra: Sie absolvieren eine Türe, und nicht nur Fans. klüger, Herr Bajra setzte auf Youtube. Lehre zum Autoersatzteilverkäufer. Wampfler: Unangenehme Erfahrungen Wampfler: Die Likes auf Facebook brin- Nutzen Sie digitale Kanäle zum Lernen machen viele, das kann man nicht schön- gen kein Geld – dafür Bekanntheit. Hat oder für die Arbeit? reden. Grundsätzlich bin ich der Meinung, man das geschafft, kann man die Auf- Bajra: Selten. In der Sek suchte ich manch dass man keine Fotos von anderen Men- merksamkeit von einer Plattform auf die mal auf Youtube Erklärungsfilme für Ma- schen ins Netz setzen soll. Ein No-Go sind andere lenken. Bendrit könnte auf Face- thematik. Eine Zeitlang war ich auch in Eltern, die Fotos ihrer Kleinkinder pos- ten. Denn: Facebook zum Beispiel hat alle Rechte an diesen Bildern, man hat keine Kontrolle darüber. Es lohnt sich, immer wieder darüber aufzuklären. «Facebook hilft mir, mein Was sagen Sie zu Cyber-Mobbing? Bajra: Eine Kollegin hielt in der Schule Hobby zum Beruf zu machen.» einen Vortrag über Mobbing im Netz, weil Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus Bendrit Bajra ihre Kollegin Mobbingopfer auf Facebook wurde. Ich finde es wichtig, dass in der Schule darüber diskutiert wird. Wampfler: Dem stimme ich zu. Aber: Nicht Medien lösen Mobbing aus. Wenn in book vermelden, er habe einen neuen einem WhatsApp-Aufgabenchat. Als die einer Klasse schlechte Stimmung herrscht, Youtube-Film, und diesen verlinken. Kollegen den Chat für Privates nutzten, kann es zu Mobbing kommen – virtuell Bajra: Ich weiss, dass ich mit Youtube Geld liess ich es sein. oder real. Klar entwickeln digitale Kom- verdienen könnte. Aber ich finde, da gehö- Diskutierten Sie in der Schule über munikationsmittel eine Dynamik und wohl ren keine Handyfilmchen hin. Ende Som- digitale Kommunikation? ist die Hemmschwelle, etwas Unschönes mer starte ich mit Youtube, professionell Bajra: Ja, unser Seklehrer hat mal ein zu verbreiten, niedriger als im direkten im Studio und mit echter Kamera – und wenig erzählt, vor allem von schwierigen Kontakt. Grundsätzlich geht es aber um vor allem mit längeren Storys. Sachen, dass es gefährlich ist, wenn man soziale Probleme, Fragen des Respekts. Kann man sagen, was bei Jugendli- Bilder von nackten Frauen rumschickt. Schulen und Fachstellen haben diese The 15 chen gut ankommt in sozialen Medien? Das ist natürlich die Schattenseite. matik auf der Agenda und tun einiges.
Wie beurteilen Sie die Ablenkungs- aufpassen, dass ich nicht noch beim Auto- Bajra: Eine megawichtige, vor allem gefahr durch digitale Medienkanäle? fahren jemandem zurückschreibe, bloss WhatsApp, da sind alle drauf. Ich telefo- Bajra: Einer unserer Lehrer zieht unsere weil ich meine, ich sei voll der King darin. niere fast nie mehr, schreibe kaum SMS – Handys jeweils ein. Am Anfang drehte ich Wie kann die Schule Social Media selbst für mündliche Nachrichten sende fast durch, nahm extra zwei Handys mit. in den Unterricht integrieren? ich Sprachnachrichten über WhatsApp. Ich schwöre, ich hatte das Handy dauernd Wampfler: Da gibt es unzählige Ansätze. Wampfler: Ein Teenager, der nicht auf unter dem Tisch am Laufen – und ver- Ich empfehle, Bezüge herzustellen, im WhatsApp ist, muss einen verlässlichen passte eine Menge. Und jetzt, ganz ehrlich, Deutschunterricht etwa anhand von Twit- Freundeskreis haben, der ihn via Telefon finde ich das eine geile Idee. Ich bin kon- ter zu thematisieren, dass beim Schreiben oder SMS auf dem Laufenden hält, sonst zentrierter und aktiver im Unterricht, weil Witz gefragt ist, Schnelligkeit und sprach- verpasst er, wo man sich trifft und was ich nichts anderes machen kann. Der liche Sattelfestigkeit, weil Fehler nicht läuft. Den Stellenwert der digitalen Kom- Lehrer will ja nur das Beste für uns. sexy sind – auch in Social Media nicht. munikation schätze ich als sehr hoch ein. Wampfler: Grundsätzlich gilt: Wenn Kin- Bajra: Wenn ein Lehrer sagen würde, Wie beurteilen Sie dies? der oder Jugendliche an etwas Interessan- heute schauen wir, was einen interessan- Wampfler: Es fordert ein Umdenken – und tem dran sind, lassen sie sich nicht leicht ten Facebook- oder Instagram-Post aus- erzeugt einen gewissen Druck, dabei zu ablenken. Bei mir müssen die Schülerin- macht, fänden das alle cool! sein. Mit der Zeit entstehen neue Normen. Mich beispielsweise stört es mittlerweile, wenn mich jemand anruft, ohne vorher per Social Media abgemacht zu haben. Ich empfinde es als unhöflich, weil ich nicht «Fehler sind nicht sexy – auch entscheiden kann, wann ich reagiere. in Social Media nicht.» Bajra: Manchmal finde ich die Entwick- lung, dass alle an ihrem Gerät hängen, Philippe Wampfler ein wenig traurig. Auf dem Spielplatz, wo meine Kumpels und ich früher regierten, ist heute kaum mehr einer. Die zwei, die da abhängen, sitzen über ihr Handy gebeugt. nen und Schüler ihre Handys weglegen, Wampfler: Das machen mehr und mehr Und das sagt ausgerechnet der ausser wir brauchen sie bewusst für den Lehrpersonen. Es gibt interessante Ansätze, Facebook-König. Unterricht. Verbieten bringt jedoch wenig. etwa die verschiedenen Schreibweisen für Bajra: Ich freue mich über meine Face- Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus Ich möchte, dass Junge lernen, wie sie ge- «okay» in der digitalen Kommunikation: book-Abonnenten. Das Problem aber ist: gen Ablenkung oder Abhängigkeit kämp- nur «k», «ok» oder «k:-)». Eine Lehrperson Man redet seltener miteinander. Mit mei- fen können. Es geht um Selbstdisziplin kann thematisieren, dass gewisse Nuan- nen Kumpels sitze ich in der Bar und und -achtsamkeit: Wie steuere ich meine cen der subtilen mündlichen Kommuni- schneide einen Film auf meinem Handy, Aufmerksamkeit? Wann komme ich in kation in die schriftliche Kommunikation der Zweite schreibt seiner Freundin, der Versuchung, mich ablenken zu lassen? überschwappen und sich so äussern. Sie Dritte ist am Gamen. Wir wissen via Insta- Und wie kann ich das verhindern? kann die Klasse fragen, was sie über die gram, WhatsApp ja schon alles voneinan- Und wer nicht selbstdiszipliniert ist? Schreibweisen und ihre Bedeutungen der, bevor wir uns treffen. Wampfler: Es braucht Übung, Übung. weiss. Dann wirds interessant. Jugendli- Wampfler: Diese Einsicht ist nicht un Denn es gehört heute zum Erwachsen- che haben viele Kenntnisse aus ihrem typisch: Etwa ab 20 merken viele Jugend- werden, sonst kann man in der Berufswelt Social-Media-Alltag. Aber diese Erfah- liche, dass WhatsApp, Instagram und Co. nicht funktionieren. Es gibt keine Chefs, rungen sind in der Schule selten gefragt. ihnen nicht mehr geben, was sie brauchen, die Handys einziehen. Abschliessend: Welche Rolle spielen dass es nicht mehr cool ist, auch weil man Bajra: Aber es ist schwierig, gerade in der Twitter, Instagram etc. im Alltag junger sich weniger Persönliches zu erzählen hat. 16 Freizeit. Ich bin ständig dran und muss Menschen konkret? Einige gehen dann bewusst offline.
Ich möchte mit meiner Klasse S ocial Tipps & Adressen Häufige Fragen Media thematisieren oder einsetzen. Wie gehe ich vor? Das einfachste Projekt: Ein Konto bei zu Social Media Instagram oder Twitter eröffnen und Ende Woche einen Beitrag veröffentlichen, in dem Themen oder Resultate aus dem Unter richt gezeigt werden. Darauf aufbauend über Wirkung von Inhalten, Verbreitung, Netzwerke usw. diskutieren. Oder: Unterrichtsthemen Mittelschullehrer und Social-Media- mit digitalen Plattformen begleiten, etwa mit Spezialist Philippe Wampfler gibt Antworten. einer WhatsApp-Gruppe: «Wenn ihr im Alltag unserem Thema begegnet, dann stellt ein Bild, eine Tonaufnahme etc. in diese Gruppe.» Dies kann man im Unterricht aufnehmen und weiterentwickeln. Vgl. Buchtipps unten. Was soll ich als Lehrperson tun, wenn jemand zu viel Zeit mit Social Media verbringt? Social Media brauche Darauf ansprechen: Ohne Urteil nach der Mediennutzung fragen («was machst du mit dem Handy gerne?») ich für meine private und berufliche und Wahrnehmung mitteilen («du wirkst oft müde»). Danach: Kontakt mit Eltern aufnehmen. Oft sind Kommunikation sich diese nicht bewusst, dass ihr Kind einen problematischen Umgang mit Social Media hat, vielleicht sind kaum. Muss ich mich als Lehrperson damit sie gar stolz, dass es ein Smartphone besitzt und dieses flink bedienen kann. auskennen? Wer Kinder und Jugend liche begleitet, sollte ihre Mich dünkt, die Soll ich mich als Lebenswelt verstehen. chülerinnen und S Lehrerin / Lehrer in Lehrpersonen können Schüler unterhalten sich WhatsApp-Klassen- mit Social Media bloss Woran merke ich, dass jemand chats beteiligen? im Netz – wie das etwa oberflächlich. zu viel Zeit auf Social Media verbringt oder abhängig ist? Warum nicht, wenn es 90 Prozent der Internet- Fokusstudien der ZHAW Zürcher User tun – primär zu Wie bei anderen Süchten auch: wenn mit pädagogischen Ab Hochschule für Angewandte schauen und auf Insta sich Müdigkeit, verminderte Leistungs sichten und unter profes Wissenschaften zeigen, dass gram nach ihrer Schule bereitschaft, vermehrte Konflikte oder sionellen Bedingungen Jugendliche vor allem Unter suchen, um zu sehen, wie eine Verweigerungshaltung einstellen. geschieht. WhatsApp haltung suchen im Netz – wie sie da abgebildet wird, eignet sich, einer Klasse bei Büchern, Radio und TV sich von Schülerinnen und eine halbe Stunde für auch –, darüber hinaus aber Schülern den Klassenchat eine Prüfungsvorbe Aktivitäten zeigen, die päda oder die Plattform Snap reitung zur Verfügung gogisches Potenzial haben: chat zeigen lassen. zu stehen oder sie daran Schach spielen, Videos schnei Wie lernen Kinder zu erinnern, wenn ein den, Geschichten erzählen. und Jugendliche, mit Gefahren im Ausflug ansteht. Kinder und Jugendliche über Netz umzugehen? nehmen die Vorstellung, digitale Durch den gemein Kommunikation diene haupt samen Einsatz von sächlich der U nterhaltung, oft Eltern und Schule unter von Erwachsenen. Die Schule Beteiligung von Fach So hält es der Kanton Zürich kann diesen Eindruck zer Ob eine Schule einen Social-Media-Kanal betreibt leuten. Entscheidend streuen, indem sie Social Media (Twitter, Facebook, Instagram, Youtube etc.), ist auf Stufe sind Fragen wie: didaktisch einsetzt. Volksschule Sache der Schulgemeinde, bei Mittelschulen Mit wem spreche ich und Berufsfachschulen Sache der Schulleitung. Wie sich wie worüber? einzelne Lehrpersonen auf Social-Media-Kanälen ver halten, wird vom Kanton nicht geregelt. In den 2014 pub lizierten «Guidelines Social Media» für die Verwaltungs Darf ich in sozialen Netzwerken mit Schülerinnen und Schülern befreundet sein? mitarbeitenden befindet sich ein «Leitfaden für Mitar Social Media ersetzen Kommunikationsmittel wie Brief beitende des Kantons Zürich». Dieser ist für kantonal Schulblatt Kanton Zürich 3/2015 Fokus und Telefon. Die Frage lautet daher: Wann darf man mit angestellte Lehrpersonen nicht verbindlich, enthält aber Schülerinnen und Schülern kommunizieren? Die Antwort: Tipps, die auch für sie hilfreich sein können. So heisst es Wenn es pädagogisch erforderlich ist. Betreibt eine Englisch darin betreffend Meinungsäusserungen auf Social-Media- lehrerin eine Facebook-Seite, auf der sie spannende Videos Kanälen zum Beispiel: zugänglich macht und ihre Klasse auffordert, auf Englisch • «Im Zweifelsfall fragen Sie sich: Würde ich das auch zu kommentieren, ist das ein professionelles Lernumfeld. in einem Leserbrief einer Zeitung schreiben und mit Die dadurch entstehenden Kontaktaufnahmen sind keine meinem Namen unterzeichnen?» «Freundschaften», obwohl die Plattform sie so nennt. • «Verwenden Sie keine Fotos, auf denen Personen ein- Sich gegenseitig Einblicke ins Privatleben zu ermöglichen, deutig erkennbar sind, ohne deren Zustimmung.» ist hingegen unangebracht. Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) hat 2013 einen «Leitfaden Social Media für Lehrpersonen und Schulleitungen» herausgegeben mit hilfreichen Er- Bücher von Ph. Wampfler: «Generation Social Media. Wie digitale klärungen und Tipps. Kommunikation Leben, Beziehungen und Lernen Jugendlicher ver www.lch.ch > Leitfaden social media ändert» (2014). «Facebook, Blogs und Wikis in der Schule. Ein Social- 17 Media-Leitfaden» (2013). Blog: schulesocialmedia.com
Unter Jugendlichen kurz vor der Matur steht. Und erklärt: «Das Social Media? liegt nicht daran, dass sie keinen Face- book-Account hätten, sondern eher an mangelndem Interesse am Schulleben.» Ja, aber nicht nur Wenn sie sich an ihre eigene Zeit in der Unterstufe erinnert, kann Saskia Kircali dies gut nachvollziehen. Wechsle man in dem Alter ans Gymnasium, sei man erst Schülerorganisationen an Mittelschulen einmal mit der Umstellung auf eine neue Lebenswelt, mit der Probezeit, dem Ken- benutzen zwar Facebook oder Instagram, nenlernen des Schulbetriebs, der Klasse sehen aber auch deren Grenzen. Geht und der Lehrpersonen beschäftigt. Für das, was rundherum alles läuft, habe man es um offizielle Informationen, setzen sie wenig Kapazität. auf herkömmliche Informationskanäle. Plakate funktionieren am besten Trotzdem möchte die SO auch die Jünge- Text: Jacqueline Olivier ren über geplante Anlässe informieren, genauso wie die Schülerinnen und Schü- ler, die nicht auf Facebook oder dort nicht besonders aktiv sind. Denn die gibt es. Darum, betont Saskia Kircali, könne Face- book nicht als offizieller Informations kanal genutzt werden. Die sieben bis acht Fotos vom letzten Skitag posten, auf das rinnen und Schülern zu kommunizieren. Anlässe, welche die SO pro Jahr auf die kommende Erstklässler-Fest hinweisen, Das wichtigste der gängigen Social-Me- Beine stellt, werden dort zwar annonciert, eine Podiumsdiskussion ankündigen – all dia-Plattformen. «Über Facebook errei- aber ohne Flyer und Plakate gehe es nicht. dies geht rasch und unkompliziert über chen wir sicher die meisten Leute», sagt «Gerade die Plakate sind für jeden sicht- Facebook. Für Saskia Kircali, Präsidentin sie, relativiert aber gleich: «Vor allem die bar, das funktioniert immer noch am bes- der Schülerorganisation (SO) der Kantons älteren.» Und was ist mit den Schüle ten.» Nicht zu vergessen die Mundpropa- schule Wiedikon, ist deshalb klar: Face- rinnen und Schülern der Unterstufe des ganda, die ebenfalls dazugehöre. book ist für den SO-Vorstand ein unver- Langgymnasiums? «Die schauen da we Nach den Anlässen jeweils Fotos oder zichtbares Medium, um mit den Schüle- niger rein», stellt die 18-Jährige fest, die kurze Videos auf Facebook zu stellen, ist Nina Fröhlich, 16, Kantonsschule Stadelhofen «Komme ich müde von der Schule heim, lege ich mich aufs Bett und schweife durch Instagram oder WhatsApp. Auf Youtube höre ich höchstens mal ein Musikstück. Auf Instagram hingegen schaue ich täglich, was andere posten. Selber lade ich etwa ein Bild pro Woche hoch. Fehlen würde mir nur WhatsApp. Wir haben einen Familienchat, da schreiben meine Eltern, meine Schwester und ich, wer wann heimkommt oder einkauft. Den Klassenchat beobachte ich, damit ich nichts verpasse. Vor Prüfungen stelle ich ihn oft auf stumm – da kommen in zwei Stunden 200 Nachrichten: Fragen, Antworten, Frust meldungen. Das macht meganervös.»
Sie können auch lesen