"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...

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"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
1.2014
2,50 EUR

                                         „Energie
                                             muss
                                        bezahlbar
                                          bleiben“
                                          WAS NRW-WIRTSCHAFTS-
                                    MINISTER GARRELT DUIN FÜR DIE
                                          ENERGIEWENDE FORDERT

Neue Koalition vor alten Aufgaben
Auch Gabriel und Hendricks
brauchen die Wärmewende, um
die Energiewende zu schaffen

Preishysterie
Warum Tank-Apps
oft sinnlos sind

Neues KfW-Programm
Wie viel Wettbewerb in der
Quartierssanierung steckt
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www.heat-kongress.de

                                                                                                                                            save
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                                                                                                                                             d ate !

  Am 4. November 2014 im dbb forum berlin
  Der UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralöl-                                Mit über 200 Teilnehmern haben die vergangenen
  unternehmen e. V. und das Institut für Wärme und Oel-                               Kongresse gezeigt, wie wichtig dieser Treff für Unter-
  technik e. V. (IWO) sind zum dritten Mal Ausrichter des                             nehmer und Führungskräfte der Branche sowie Vertreter
  HEAT-Kongresses.                                                                    von Politik und Verbänden ist.

  Mobile und speicherbare Energien zählen zu den wich-
  tigsten Säulen der Wärmeversorgung in Deutschland
  und der mittelständische Energiehandel leistet einen
  wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der energiepoliti-                               Veranstaltungsort:
  schen Ziele.                                                                        dbb forum berlin
                                                                                      Friedrichstraße 169
  Wo steht die Energiewende im Wärmemarkt ein Jahr                                    10117 Berlin
  nach der Bundestagswahl?

  Dazu treffen sich wichtige Akteure des Wärmemarktes                                 Veranstaltungsdatum:
  am 4. November 2014 im dbb forum berlin. Top-                                       4. November 2014
  Aktuelle Vorträge und Diskussionen mit hochkarätigen                                10:00 Uhr – ca. 18:00 Uhr
  Politikern bilden den Rahmen für die zentrale Netz-                                 anschließend Get-together
  werkveranstaltung der Branche.

  UNITI-Kraftstoff GmbH · Jägerstraße 6 · 10117 Berlin · Ansprechpartnerin: Stephanie Raschemann · T. (030) 755 414-348 · raschemann@uniti.de · www.heat-kongress.de
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editorial

                                                                                   Über die
                                                                                  Trägheit der
                                                                                     Masse                                                                                     Udo Weber,
                                                                                                                                                                 Vorstandsvorsitzender von
                                                                                                                                                                     UNITI Bundesverband
                                                                                                                                                                mittelständischer Mineralöl-
                                                                                                                                                                          unternehmen e.V.

                                                                      IHR E
                                                                                                     K      ennen Sie die Trägheit der
                                                                                            Masse? Ich rede nicht von dem bekann-
                                                                                                                                           cher immer dann genauer hin, wenn er
                                                                                                                                           aktiv kauft, anstatt vertraglich versorgt zu
                                                                   MEINUNG                  ten physikalischen Prinzip, sondern einem      sein. Viele kennen weder den Preis für
                                                                                            Phänomen, das längst in der Mitte unse-        eine Kilowattstunde Strom noch nehmen
                                                                    IST UNS
                                                                                            rer Gesellschaft angekommen ist. Es be-        sie ihre überflüssigen Versicherungen
                                                                   W ICH T IG
                                                                              !             schreibt die Kluft zwischen Anspruch           oder teuren Telefonverträge in den Blick.
                                                                                            und Wirklichkeit, die bei der viel zitierten             Den Spritpreis aber sehr wohl –
                                                            SCHREIBEN SIE UNS
                                                                                     –
                                                                                            deutschen Sparsamkeit vorherrscht.             wozu der Verbraucher geradezu gesetz-
                                                            Ob Kritik, Anregung oder        Lassen Sie mich ein Beispiel nennen.           lich genötigt wird. Denn der Tankstellen-
                                                        Themenidee – wir haben ein                    Der Berufspendler, der im Jahr       markt ist neben der Gastronomie die
                                                        offenes Ohr für Sie. E-Mail an      20.000 Kilometer mit einem Auto unter-         einzige Branche, die Preise prominent
                                                                      dialog@uniti.de       wegs ist, kämpft verbissen um jeden Cent       auszeichnen muss. Aber im Gegensatz
                                                                                            weniger an der Zapfsäule. Doch bevor           zum Restaurant, das sein Wiener Schnit-
                                                                                            man – wie es viele tun – Umwege durch          zel in Zwölf-Punkt-Schrift bewirbt,
                                                                                            die halbe Stadt im dichtesten Berufsver-       müssen wir unseren Tarif übergroß auf
                                                                                            kehr auf sich nimmt, um sich an der gera-      Preismasten zur Schau stellen. Konsum­
                                                                                            de günstigsten Tankstelle geduldig in die      forscher schreiben dem Kraftstoffpreis
                                                                                            Schlange zu stellen, empfiehlt sich der        aus diesem Grund sogar Signalwirkung
                                                                                            Griff zu Zettel und Bleistift. Verbraucht      auf die Kauflaune der Kunden zu.
                                                                                            sein Pkw im Schnitt 8 Liter auf 100 Kilo-                Die Diskussion um teuren Sprit
                                                                                            meter und tankt er stets für 5 Cent weni-      führen die meisten somit aus dem Bauch –
                                                                                            ger, spart er pro Jahr 80 Euro. Das ist        ungeachtet der realen Verteuerung der
                                                                                            natürlich auch Geld, das man gern mehr         Kraftstoffe. Tatsächlich ist der reine Pro-
Titelbild: Oliver Tjaden/laif, Foto: UNITI

                                                                                            in der Geldbörse hat. Aber nicht selten        duktpreis abzüglich der steuerlichen
                                                                                            scheut der gleiche Sparfuchs beispielswei-     Belastungen seit Beginn der 1980er-Jahre
                                                                                            se den Wechsel von seinem Gas-Grund-           im Schnitt nur um rund 1,8 Prozent pro
                                                           Erfahren Sie mehr über UNITI.
                                                                                            versorger zu einem Wettbewerber, so-           Jahr gestiegen. Da die Kaufkraft im selben
                                              Um das Internetvideo auf Ihrem Handy oder
                                               Tablet anschauen zu können, brauchen Sie
                                                                                            dass er jährlich gut und gern – offenbar       Zeitraum auch zunahm, kosten Benzin
                                             eine QR-Reader-Applikation. Scannen Sie das    bereitwillig – 120 Euro mehr für sein          und Diesel relativ gesehen kaum mehr als
                                                   obenstehende Symbol mit Ihrer Handy­-    warmes Wohnzimmer bezahlen muss.               vor 30 Jahren. Eine Tatsache, die sich
                                               kamera und es öffnet sich automatisch der              Woher die Preissensibilität          nur sehr langsam verbreitet. Da ist sie
                                                                       Multimedia-Inhalt.   kommt? Zunächst schaut der Verbrau-            wieder, die Trägheit der Masse.

                                                                                                                                                                                          3
"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
inhalt

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                                                                                                                      Doch braucht es Tank-Apps?

                                                                                                   10
                                                                                            Energiewende:
                                                                                            Kritik aus NRW

                                           6
                                     Schwerpunkt
                                                                                                                             24
                                                                                                               IS EZL Förderprogramm
                                 Und der Wärmemarkt?
                                Warum die Große Koalition                                                  H E                        zur
                                den Fokus erweitern muss
                                                                                                           KES         Marktbeseitigung?

    5 . Hingeguckt                          Oberflächenbrenner                                         Ästhetik der modernen Heizungstechnik
    6 . Schwerpunkt                         Zukunft der Energiepolitik                                 Warum die Wärmewende so wichtig ist
10 . Schwerpunkt                            „Energie muss bezahlbar bleiben“                           NRW-Wirtschaftsminister Duin im Gespräch
13 . Klartext		                             Die Energie-Kolumne                                        Henning Krumrey zum Volkssport „billig tanken“
14 . Zur Sache		                            Europawahl                                                 Der Modus, die Kandidaten, die Programme
16 . Report                                 Preishysterie an der Zapfsäule                             Warum ein großer Umweg selten lohnt
20 . Kompakt                                Dallas im Ländle                                           Neues aus der Welt der Energie
22 . Porträt		                              Mittelstand im Blickpunkt                                  Lühmann KG: Nordisch by Nature
24 . Report		                               Energetische Quartierssanierung                            Marktimpuls oder Markthemmnis?
                                                                                                                                                            Fotos: Tine Butter/Plainpicture, Hojabr Riahi, dpa

26 . 60 Sekunden über …                     Pseudo-Heizkostensensation                                 Verbrauch sinkt dank effizienter Anlagen

IMPRESSUM
 ERAUSGEBER UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V., Jägerstraße 6, 10117 Berlin, Elmar Kühn (V. i. S. d. P.)
H
CHEFREDAKTEUR Florian Flicke REDAKTIONSLEITUNG Axel vom Schemm REDAKTION Frank Burger, Henning Krumrey, Matthias Schatz ART DIREKTION Daisy Latussek
BILDREDAKTION Achim Meissner VERLAG UND REDAKTIONSANSCHRIFT corps. Corporate Publishing Services GmbH, ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt,
Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211/54227-700, Fax 0211/54227-722, www.corps-verlag.de VERLAGSGESCHÄFTSFÜHRUNG Holger Löwe, Wilfried Lülsdorf
OBJEKTLEITUNG Jana Teimann ANZEIGENLEITUNG Tobias Bott, Tel. 030/755414-416 DRUCK Strube Druck & Medien OHG, 34587 Felsberg LITHO TiMe GmbH
ADRESSÄNDERUNGEN Tobias Bott, Tel. 030/755414-416, Fax 030/755414-366 ISSN 2195-4445 Der Inhalt der Beiträge gibt nicht in jedem Fall die Meinung des
Herausgebers wieder. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Änderungen behalten wir uns vor.

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"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
hingeguckt

                                                           Oberflächenbrenner

                                                          Was aussieht wie ein glühender Gitterzaun, ist Resultat von Grundlagenfor-
                                                           schung für modernste Heiztechnik. Das Bild zeigt einen Öl-Oberflächenbren-
                                                     ner, der Heizöl wie ein Gas verbrennt – extrem leise und sauber. Der flüssige Brenn-
                                                     stoff wird in ein Brenngas verwandelt und in einem Teppich aus einer Vielzahl
                                                     kleiner Flammen verbrannt. Dazu wird das Heizöl mit sogenannten kalten Flammen
                                                     verdampft und anschließend mit Verbrennungsluft vermischt. Mit dieser neuen
                                                     Technologie ist es möglich, sehr kompakte Öl-Brennersysteme mit kleiner Leistung
Foto: Udo Schmitz/Institut für Wärme und Öltechnik

                                                     zu bauen, die stufenlos den Heizwärmebedarf im Haus abdecken können. Ange-
                                                     sichts des tendenziell sinkenden Wärmebedarfs der Gebäude ist das eine zunehmend
                                                     wichtige Anforderung an Heizsysteme. Das Institut für Wärme und Oeltechnik
                                                     (IWO) in Hamburg präsentierte die funktionsfähige Studie eines modulierenden
                                                     Oberflächenbrenners erstmals im Jahr 2011. Verschiedene Hersteller bieten mittler-
                                                     weile Öl-Brennwertheizgeräte mit ähnlichen Brennerkonzepten im Markt an. Die
                                                     neuen Öl-Brenner kommen aber auch für andere effiziente Heiztechniken infrage.
                                                     Sie sind ein Baustein für die Energiewende im Heizungskeller. (avs)
                                                                                                                                          5
"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
schwerpunkt               Zukunft der Energiewende

           WÄRMEWENDE?
           Neue Koalition – neue Chancen
                          T E X T Axel vom Schemm
                                   Technologieoffenheit und steuerliche
              Förderung bei der Heizungsmodernisierung sind zwei zentrale
                Forderungen der Wirtschaft und auch von UNITI, um die
              unverzichtbare Energiewende im Wärmemarkt zu schaffen. Mit
              der Großen Koalition hat nun eine neue Regierung das Sagen –
                und die große Chance, die Wärmewende voranzubringen.

                85
         Prozent des Energiebedarfs in
    deutschen Privathaushalten entfallen auf
              den Wärmebereich

                 40
      Prozent des Endenergieverbrauchs
    und ein Drittel der CO2-Emissionen fallen
             im Gebäudebereich an

                    24
                                                                             Foto: Tine Butter/plainpicture

           Jahre und älter sind knapp
                20 Prozent aller
               Heizungsanlagen

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"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
Zukunft der Energiewende      schwerpunkt

                                                                             „SIND NOCH NICHT
                                                                                 AUF DEM WEG“

                                                                                                                                                           „ M Ü S S E N D I E KO S T E N
                                                                                                                                                               DÄMPFEN“

                                                                                                                         DI E Z W E I :
                                                                                                       Als sozialdemokratisches Duo für die Energiewende
                                                                                                                  sind Bundesumweltministerin
                                                                                                          Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister
                                                                                                                    Sigmar Gabriel angetreten.

                                                     B       rüder, zur Sonne, zur Freiheit“ – das
                                                             Arbeiterlied schmettern die Dele-
                                                     gierten der SPD stets zum Abschluss jedes
                                                                                                                                                             anstaltung des Bundesndustrieverbands
                                                                                                                                                             Deutschland Haus-, Energie- und Umwelt-
                                                                                                                                                             technik. Nur eine von fünf Heizungen ent-
                                                     Parteitags. Die Sonne, besser gesagt: Son-                                                              spreche dem Stand der Technik, beklagte
                                                     nenstrom spielte für die Sozialdemokraten          „Wir sind mit der                                    Hendricks unter anderem. Offen ließ sie die
                                                     jüngst tatsächlich eine große Rolle. Als                                                                Frage, welches Ziel sie überhaupt meint.
                                                     Energiewende-Protagonist des neuen Koali-          jetzigen Situation                                   Das Klimaziel, den Primärenergieverbrauch
                                                     tionspartners musste Wirtschaftsminister                                                                im Gebäudebestand bis 2050 um die Hälfte
                                                     Sigmar Gabriel Farbe bei der Reform des Er-         und Rechtslage                                      zu reduzieren? Einen solchen Weg gibt es
                                                     neuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beken-                                                                bislang nicht, da der Durchschnittsbürger
                                                     nen. Um den steuerlich subventionierten
                                                                                                         unzufrieden. Wir                                    die notwendigen Investitionskosten nicht
                                                     Wildwuchs an Photovoltaikanlagen auf den
                                                     Dächern der Besserverdiener einzudäm-
                                                                                                     fordern gemeinsam                                       tragen kann. So blieb es zunächst bei der
                                                                                                                                                             Absichtserklärung, alles in ihrer Macht ste-
                                                     men. Um die Stromnetze vor zu viel der bis-
                                                     lang schwer beherrschbaren Elektrizität
                                                                                                       eine sozialverträg­                                   hende „für eine schnellere Wende auf dem
                                                                                                                                                             Wärmemarkt“ zu unternehmen. Wunder
                                                     aus Erneuerbaren zu schützen.                   liche Energiewende.                                     dürfe man aber nicht von ihr erwarten. So
                                                              Medienwirksam betonte Gabriel die                                                              habe sich die Große Koalition darauf ver-
                                                     Verantwortung seines Hauses gegenüber                 Fragen der                                        ständigt, „auf steuerliche Maßnahmen“ zu
                                                     der Industrie, und um diese langfristig leis-                                                           verzichten. Eine klare Absage an entspre-
                                                     tungsfähig zu halten, müsse „in der Energie-      Wirtschaftlichkeit                                    chende Forderungen der Wärmebranche.
                                                     politik für Kostendämpfung gesorgt wer-
                                                     den“. So folgte der Tritt auf die Bremse, der
                                                                                                        gehören auf den                                                Steuererleichterungen?
                                                     die Irrfahrt der Vergangenheit allerdings                                                                      Ein Fünkchen Hoffnung bleibt
                                                     noch nicht komplett gestoppt hat. Zwar
                                                                                                            Prüfstand.“
                                                     schreibt Gabriel in seinem Eckpunktepapier                      Franz-Georg Rips,                       Ein denkbar schlechtes Signal, denn die
                                                     den Anlagenbetreibern die „verpflichtende               Präsident Deutscher Mieterbund,                 energetische Gebäudemodernisierung zur
                                                                                                             beim gemeinsamen Pressetermin
                                                     Direktvermarktung“ ihres regenerativ er-                                                                Steigerung der Energieeffizienz als wichti-
                                                                                                                    mit Haus & Grund
                                                     zeugten Stroms vor. Diese Vorgabe entpup-                                                               ger Baustein der Energiewende stehe und
                                                     pe sich aber als stumpfes Schwert und sug-                                                              falle mit der Akzeptanz von Mietern und Ei-
                                                     geriere nur, dass grüner Strom sich auf dem                                                             gentümern, meint der Präsident des Deut-
                                                     Markt behaupten müsse, kritisieren Exper-       Verwunderlich ist der Fakt, dass der zum                schen Mieterbunds (DMB), Franz-Georg Rips.
Fotos: links: SPD, rechts: Dominik Thomas Butzmann

                                                     ten wie der Chef der Deutschen Energie-         Gelingen der Energiewende so wichtige                   Gemeinsam mit dem Interessenverband
                                                     Agentur (dena), Stephan Kohler. „Da es wei-     Wärmemarkt von Gabriel bislang so gut wie               Haus & Grund formierte sich der DMB zum
                                                     terhin eine Einspeisevergütung gibt, die        gar nicht öffentlich thematisiert wurde. Im             Widerstand: „Wir sind mit der jetzigen Si-
                                                     der Betreiber auf alle Fälle erhält, können     Umweltministerium scheint das Thema                     tuation und Rechtslage unzufrieden. Wir
                                                     weiter Anlagen ohne Risiko gebaut werden,       schon präsenter, folgt man den Ausführun-               fordern gemeinsam eine sozialverträgliche
                                                     egal ob die Leistung benötigt wird oder         gen der neuen Hauschefin Barbara Hen-                   Energiewende. Fragen der Wirtschaftlich-
                                                     nicht“, kommentierte Kohler kürzlich im         dricks auf der 6. Deutschen Wärmekonfe-                 keit gehören auf den Prüfstand“, sagt Rips
                                                     Handelsblatt. Die Zahl derer, die vor einer     renz im Januar. „Wir sind noch nicht einmal             weiter. Die im Koalitionsvertrag vereinbar-
                                                     „veritablen Planwirtschaft, die sich Deutsch-   auf einem Weg, der klar in die Richtung                 ten Reformen reichten nicht aus und würden
                                                     land 25 Jahre nach dem Ende der DDR zu-         unseres Ziels führt. Die Potenziale werden              den komplexen und vielfältigen Fragestel-
                                                     gelegt“ habe, warnen – so nennt es der Pub-     nicht so genutzt, wie es sein könnte“, kons-            lungen der energetischen Gebäudemoderni-
                                                     lizist Wolfram Weimer –, steigt.                tatierte Gabriels Parteigenossin auf der Ver-           sierung nicht gerecht.

                                                                                                                                                                                                        7
"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
schwerpunkt              Zukunft der Energiewende – Interview Michael Vassiliadis

                                                              „DIE ENERGIEWENDE
                                                                               braucht mehr
                                                                              Marktwirtschaft“
                                                   Der gebürtige Essener
                                                   Michael Vassiliadis (50)
                                                   vertritt als IG-BCE-Vorsitzender
                                                   rund 660.000 Mitglieder.
                                                                                      Windkraftanlagen Tausende von mühsam aufgebauten
                                                                                      Arbeitsplätzen wieder gestrichen ...
                                                                                      Die Bundesregierung sollte nicht Installationen von Panels, son­
                                                                                      dern Innovationen fördern. Das EEG hat offensichtlich nicht
                                                                                      genug Anreize geschaffen, die Wettbewerbsfähigkeit und die
    ? Sie bezeichneten die Lage der Energiewende vor der Wahl                         internationale Technologieführerschaft deutscher Unternehmen
    als planlos. Sind wir unter der Großen Koalition einen Schritt                    zu erhalten. Die deutsche Photovoltaik-Industrie etwa ist einem
    weiter? Wenn ja, sind die Entwicklungen zielführend?                              gezielten, unfairen Verdrängungswettbewerb ausgesetzt. Die
    Zuerst einmal unterstützen wir Sigmar Gabriel in dem erklärten                    Energiewende braucht mehr Innovationen und marktwirtschaft­
    Ziel, die Energiewende ohne Zeitverzug neu starten zu wollen.                     liche Orientierung, um effizienter zu werden. Private und industri­
    Das von ihm vorgelegte Eckpunktepapier zur EEG-Reform weist                       elle Stromkunden gegeneinander auszuspielen, hilft nicht. Wer
    viele wichtige Schritte in die richtige Richtung auf. Wir werden                  seinen Arbeitsplatz verliert, weil das Unternehmen schließt oder
    die Bundesregierung auf diesem Weg konstruktiv begleiten.                         verlagert, muss trotzdem die private Stromrechnung bezahlen.

    ? Die Befreiung zahlreicher Unternehmen von der EEG-Um-                           ? Halten Sie die staatliche Förderung erneuerbarer Energien
    lage steht auf dem Prüfstand. Wer sollte Ihrer Meinung nach                       für sinnvoll und für sozial gerecht? Welche Alternative sehen
    befreit werden, wer nicht?                                                        Sie zu einer EEG-Umlage?
    Aus unserer Sicht ist es vordringlich, die Arbeitsplätze in der in­               Das EEG war zum Start nützlich und hat der Energiewende den
    novativen und noch wettbewerbsfähigen energieintensiven                           nötigen Schub verliehen. Doch heute wird Ineffizienz statt Inno­
    Industrie zu sichern. Dazu ist es auch in Zukunft notwendig, die                  vation gefördert. Deutlich wird das am Anstieg der EEG-Umlage
    hiesige energieintensive Industrie von den subventionsbeding­                     von 0,4 auf 6,3 Cent in zehn Jahren. Das sind fast 1.500 Prozent
    ten Zusatzkosten der erneuerbaren Energien auszunehmen.                           mehr. Die dramatische Preisentwicklung erfordert eine Trend‑
    Das entscheidet über die Zukunft ganzer Branchen mit vielen                       umkehr. Direktvermarktung und Auktionierung der erneuerba­
    Zehntausend Arbeitsplätzen in Deutschland, von der Kupfer-                        ren Energien könnten rasch dazu führen, dass die wettbewerbs­
    und Aluminium- bis zur Chemieindustrie.                                           stärksten und so die preiswürdigsten Formen der Energie­
                                                                                      er‑zeugung aus regenerativen Quellen zum Einsatz kommen.
    ? Ist die Industrie angesichts drastisch gestiegener Energie-
    preise der Verlierer der Energiewende? Der BDI sieht ja bereits                   ? Kann eine Energiewende ausschließlich mit den Zielen
    900.000 Jobs bedroht.                                                             Klimaschutz und Versorgungssicherheit gelingen?
    Diese Zahl sei erst einmal dahingestellt. Fakt ist doch, dass die                 Damit die Energiewende zum Erfolg wird, muss ihre politische
    Strom- und Energiepreise in Deutschland deutlich über dem EU-                     und rechtliche Ausgestaltung verlässlich langfristige Investitio­
    Durchschnitt liegen. Bei der Befreiung der energieintensiven                      nen und Innovationen anreizen statt abzuschrecken. Dabei muss
    Industrie von der EEG-Umlage handelt es sich deshalb auch                         sie im Einklang mit wirtschaftlichen Wachstums-, internationalen
    nicht um eine unzulässige Subvention, wie die EU-Kommission                       Wettbewerbs-, sozialen Fortschritts- und ökologischen Klima­
    vermutet. Es geht im Gegenteil um die Wiederherstellung glei­                     schutzzielen stehen und zugleich die Versorgungssicherheit ge­
    cher Wettbewerbsbedingungen in Europa. Die Unternehmen                            währleisten.
    und unsere dort beschäftigten Mitglieder dürfen nicht benach­
    teiligt und dafür bestraft werden, dass andere Länder weniger                     ? Überraschende Gewinner der Energiewende sind die
                                                                                                                                                            Foto: IG BCE/Jesco Denzel

    ehrgeizige Ziele in der Energie- und Klimapolitik verfolgen.                      Kohlekraftwerke. Finden Sie das richtig?
                                                                                      Das Zeitalter erneuerbarer Energien ist nicht von heute auf mor­
    ? Sie vertreten – völlig verständlich – die Interessen der Ar-                    gen zu erreichen. Auf dem Weg dahin ist der Einsatz fossiler
    beitnehmer in traditionellen Branchen. Was aber ist mit den                       Energien als Brückentechnologie unverzichtbar. Braunkohle ist
    Arbeitsplätzen in der Solar- und Windbranche? Sind die Ihnen                      der preisgünstigste Partner der erneuerbaren Energien und hilft,
    egal? Schon jetzt haben die Hersteller von Photovoltaik- oder                     die Kosten im Zaum zu halten – und sie ist grundlasttauglich.

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"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
Zukunft der Energiewende      schwerpunkt

                                                                     Bei nur
                                                                    1 Prozent
                                                                  pro Jahr liegt derzeit die Quote der
                                                              energetischen Sanierung im Gebäudebereich

              Das saß! Und so ließ Neuministerin Hen-                                                          der Technologieoffenheit? Im Eckpunkte-
                                                                           Sie muss sich auf
              dricks zumindest eine Hintertür in Sachen                                                        papier ist diese neben dem Wirtschaftlich-
              Steuererleichterungen geöffnet und formu-
              lierte: „Vier Jahre sind lang – es kann sein,           jährlich                                 keitsgebot und dem Verzicht auf Zwangs‑
                                                                                                               sanierungen enthalten. Aber nicht ohne

                                                                        2,5
              dass sich das noch mal ändert.“ Schließlich                                                      dass sogleich eine Einschränkung folgt:
              sei sie ja von Haus aus Finanzpolitikerin                                                        Maßnahmen zur Steigerung der Energie‑
              und wisse, dass man kaum vier Jahre lang                                                         effizienz sollten „möglichst technologie‑
              keine Steuergesetze machen könne, da es
              immer Anpassungsnotwendigkeiten gebe.                   Prozent                                  offen“ sein. Verbindlichkeit? Klingt anders.
                                                                                                                       Nicht endgültig vom Tisch ist eine
                       Gegenwärtig sieht Barbara Hendricks                  erhöhen, damit                     Zwangsabgabe auf fossile Brennstoffe, die
              den „Zündschlüssel für die Wärmewende“,                Deutschland seine Klimaziele              Besitzer von Öl- oder Gasheizungen zusätz-
              ohne die die Energiewende nicht gelinge,                 bis 2050 erreichen kann                 lich belasten würde. Dass Staatssekretär
              in einer besseren Beratung. Laut Koalitions-                                                     Jochen Flasbarth der neue starke Mann im
              vertrag soll diese auch verstärkt werden.                                                        Umweltministerium ist, der sich in seiner
              Auch auf das CO2-Gebäudesanierungspro-                                                           vorherigen Position als Präsident des Um-
              gramm setzt die neue Regierung und ver-                                                          weltbundesamts für eine entsprechende
              spricht eine Vereinfachung des Regelwerks.                                                       Umlage starkgemacht hat, darf getrost als
              Die Aufstockung um 1,5 Milliarden Euro in       sei zentraler Bestandteil der Energiewende,      deutliches Zeichen gewertet werden. Für
              diesem Jahr und weitere 300 Millionen           dies erfordere „einen Ansatz, der den Wär-       die Regierung wäre der haushaltsneutrale
              Euro jährlich bis 2020 ist bereits fixiert.     memarkt gleichermaßen in den Blick nimmt“.       Ansatz zur Subventionierung erneuerbarer
                       Während mehr Effizienz im Gebäu-       Die erfolgreiche Strategie „Fordern, För-        Energien wohl ein gangbarer Weg. Für die
              debereich also noch auf sich warten lässt,      dern, Informieren“ werde gestärkt. Bereits       Besitzer der rund sechs Millionen Ölheizun-
              ist die Regierung in der politischen Organi­    bestehende Förderungen wie Sanierungen           gen in Deutschland sicher nicht.
              sation in diesem Punkt schon einen Schritt      zum KfW-Effizienzhaus oder Teilsanierun-                 Und wie geht‘s weiter? Der „Nationa-
              weiter. Ab sofort sind mit dem Wirtschafts-     gen und Einzelmaßnahmen, zu denen auch           le Aktionsplan Energieeffizienz“ ist für
              ministerium unter Vizekanzler Sigmar Ga-        die Erneuerung eines Heizkessels gehört,         2014 angekündigt. Er soll die Ziele für die
              briel und Hendricks’ Umweltministerium –        würden fortgeführt. In der Sanierungsquote       verschiedenen Bereiche, die Instrumente,
              das die Verantwortung für das Bauen vom         bei den Heizungserneuerungen von derzeit         die Finanzierung und die Verantwortlichkei-
              Verkehrsministerium übernommen hat –            2,8 Prozent sieht das Wirtschaftsministeri-      ten zusammenfassen. Dann zeigt sich, ob
              nur noch zwei Ressorts für die Energie­         um zudem einen „positiven Trend“, den            die Große Koalition ihre neuen Chancen
              wende verantwortlich. Ob es bei künftigen       es fortzusetzen gelte. Und wie steht es mit      auch nutzt.
              Absprachen hilfreich sein wird, dass beide
              Häuser nun Sozialdemokraten an der Spit-
              ze haben? Umwelt- und Wirtschaftsministe-
                                                                                               Statement Dirk Arne Kuhrt, UNITI-Experte für den Wärmemarkt
              rium haben jedenfalls nach Hendricks’
              Worten bereits die gemeinsame Federfüh-
              rung für das Ordnungsrecht im Bereich
                                                                                                               „Gute Signale?“
              der Energieeinsparungen bei Wärme- und
                                                                                      Für die meisten Menschen bilden Gesundheit, Familie, Beruf,
              Kälteerzeugung in Gebäuden vereinbart.
                                                                                      Mobilität und Lebensmodell die Eckpunkte für ihre persönli­
              Im Wirtschaftsministerium gibt man sich
                                                                                      chen Motive und Werte. In die Jahre gekommene, aber funktio­
              hingegen zurückhaltend in puncto Wärme-                                 nierende Gebäudesubstanz und Heiztechnik gehören oft nicht
              wende. Ein jüngst vorgelegtes Eckpunkte-           in diese Liste. Wie mobilisiert man nun aber privates Geld für energetische Moder­
              papier befasst sich jedenfalls erneut fast         nisierungen? Am besten, indem Gesetze und Fördergelder größtmögliche individu­
              ausschließlich mit der Erzeugung von Öko-          elle Handlungs- und Technologiefreiheit für die „politisch gewollten“ Effizienz-Sa­
              strom. Nach der Bedeutung des Wärmebe-
Foto: UNITI

                                                                 nierer zulassen. „Bei der Energiewende müssen die Menschen dort abgeholt
              reichs gefragt, zitiert Gabriels Pressestelle      werden, wo sie individuell stehen.“ Diesen Grundsatz hat sich die neue Umweltmi­
              nur den Koalitionsvertrag: Energieeffizienz        nisterin Barbara Hendricks wohl zu eigen gemacht – und das ist ein gutes Signal!
"Energie muss bezahlbar bleiben" - UNITI Bundesverband ...
schwerpunkt             Interview Garrelt Duin

„Energie
darf kein
Luxusgut
werden“
I N T E R V I E W Axel vom Schemm
            F O T O S Hojabr Riahi
                           Soziale Ungerechtigkeit durch das
EEG-Umlagesystem, Gefahren für den Wirtschaftsstandort Deutschland,
Kampf um Akzeptanz in der Bevölkerung: Mit energie+Mittelstand
sprach Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD)
über seine Einschätzung zum Stand der Energiewende.

                             ?    Herr Duin,        die Bürger in NRW zah-       fast allein für die Mittel auf, die per Saldo den sie-
                             len im Ländervergleich am meisten für die           ben Empfängerländern zufließen, allen voran Bay-
                             Energiewende. Verkürzt: Der Mieter am Rhein         ern. Für mich bedeutet das zusätzlichen Hand-
                             subventioniert die Photovoltaikanlage des           lungsbedarf, wenn es darum geht, zwischen Bund
                             Hausbesitzers in Bayern. Lässt sich die Unge-       und Ländern eine umfassende Änderung des EEG
                             rechtigkeit beseitigen?                             herbeizuführen. Dass wir die Förderung der er­neu­
                             Tatsächlich sind im derzeitigen EEG-Umlagesys-      erbaren Energien künftig mehr in Richtung Kosten-
                             tem die Geldflüsse zwischen den Bundesländern       effizienz und Systemintegration ausrichten müssen,
                             ein Problem. Darauf habe ich schon frühzeitig und   ist ohnehin weit überwiegend Konsens.
                             wiederholt hingewiesen. Auch die neuesten Zah-
                             len des Bundesverbands der Energie- und Wasser-     ? Droht der Energiewende angesichts solcher
                             wirtschaft belegen das. Zwischenzeitlich zahlt      Förderproblematiken ein Akzeptanzproblem?
                             NRW rund 2,9 Milliarden Euro und ist damit der      Akzeptanz ist das A und O für den Erfolg der
                             mit Abstand größte Nettozahler. NRW kommt           Energiewende. Wir müssen den breiten Konsens

10
Interview Garrelt Duin   schwerpunkt

ZUR PERSON

    Garrelt Duin, geboren am 2. April 1968 im ostfriesischen             Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zurzeit
    Leer, ist seit Juni 2012 Minister für Wirtschaft, Energie,           deckt diese bewährte Technologie die Lücke ab,
    Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-            die durch das sukzessive Vom-Netz-Gehen der
    Westfalen. Der studierte Jurist sorgte in jüngster Vergan­           Kernkraftwerke entsteht. Das ist weder ein Come-
    genheit mehrfach mit kritischen Statements zu Fehlentwick­
                                                                         back noch ist es eine Renaissance der Kohle. Wenn
    lungen im Zuge der Energiewende für Aufmerksamkeit.
                                                                         die Energiewende wie erhofft verläuft, werden
    Duin ist verheiratet und hat einen Sohn.
                                                                         wir aber auf Sicht beobachten können, wie der An-
                                                                         teil fossiler Erzeugung kontinuierlich zurückgeht.
                                                                         Und das ist doch schließlich unser Ziel.

                   bewahren, der im Frühjahr 2011 das Generatio-         ? Bundesumweltministerin Barbara Hendricks
                   nenprojekt einer neuen deutschen Energieversor-       glaubt, dass die Energiewende nur gelingen
                   gung überhaupt erst möglich machte. Das wird          kann, wenn eine Wende auf dem Wärmemarkt
                   nur dann funktionieren, wenn die finanziellen Be-     erreicht werde. Die Investitionen in erneuer­
                   lastungen, die ein solcher Prozess auslöst, mög-      bare Energien im Gebäudesektor sind aber rück-
                   lichst sachgerecht und nachvollziehbar verteilt       läufig, Thema des Tages ist der Streit um den
                   werden. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundes-     Trassenausbau. Warum setzt auch die Große
                   regierung zum Ziel gesetzt, die Kosten für den        Koalition nur auf Strom?
                   Ausbau der erneuerbaren Energien zu begrenzen.        Keine Frage: Im Gebäudesektor schlummern
                   Inwieweit die geplanten Maßnahmen geeignet            beachtliche Potenziale für die Energiewende – hin-
                   sind, Ausmaß, Geschwindigkeit und Kostenanstieg       sichtlich der CO2-Reduzierung, für den Ausbau
                   für die privaten Haushalte zu begrenzen, hängt        erneuerbarer Energien und die Steigerung der Ener-
                   davon ab, wie die Regelungen endgültig ausgestal-     gieeffizienz. Dass gerade der Netzausbau zum
                   tet werden. Die Diskussion um die Verteilung          Thema des bayerischen Kommunalwahlkampfes
                   der EEG-Umlage zeigt, wie schwierig ein solches       geworden ist, macht mich nicht besonders glück-
                   Unterfangen ist. Ich warne davor, dass die Be-        lich. Eine bayerische Energieautarkie wird es
                   schäftigung mit Systemfragen überlagert wird von      ebenso wenig geben wie eine nordrhein-westfäli-
                   solchen Verteildebatten und dass Begriffe wie         sche. Wir – die Bundesländer und die Bundes­
                   „Entsolidarisierung“ die Stimmung unnötig auf-        regierung – müssen gemeinsam an einer Energie-
                   heizen. Es muss gelingen, den weiteren Ausbau         gesamtwende arbeiten.
                   der erneuerbaren Energien sicherzustellen, ohne
                   dass Energie für Teile der Verbraucher zu einem       ? Sollen die vielen Besitzer von Einfamilien-
                   Kostenproblem oder gar zu einem Luxusgut wird.        häusern im Sauer- oder Münsterland, die aus
                                                                         guten Gründen mit Öl heizen, die Zeche für die
                   ? Nach dem Atomausstieg erlebt die Braun­             gründlich verplante Energiewende zahlen?
                   kohle in Deutschland ein Comeback. Ist das            Dass die Energiewende gründlich verplant sein
                   „Energiewende paradox“?                               soll, sehe ich nicht. Vielmehr war es doch unter
                    Die Energiewende ist kein Ereignis, sie ist ein      der alten Bundesregierung so, dass ein Plan gänz-
                   Prozess. Wir reden über einen Zeitraum von fast       lich zu fehlen schien. NRW hat nicht ohne Grund
                   40 Jahren, an dessen Ende eine möglichst weit­        seit 2012 lautstark eingefordert, dass der Bund
                   reichende Versorgung durch erneuerbare Energien       hier eine starke Gesamtkoordinierung übernehmen
                   in Deutschland stehen soll. Das ist eine massive      muss. Die Konzentration auf die Bundestagswahl
                   technische und finanzielle Herausforderung für        hat leider dazu geführt, dass man sich der Energie-
                   unser Land. Ein steter Kampf darum, die Versor-       wende nicht in dem Maße zugewandt hat, wie es
                   gungssicherheit jederzeit aufrechtzuerhalten, die     wünschenswert gewesen wäre. Jetzt bietet sich die
                   für unseren Industriestandort schlicht unerläss­-     Chance, den Problemen mit sinnvollen Lösungen
                   lich ist. Es bedeutet einen Kampf um jeden Cent,      zu begegnen. Dabei muss es insbesondere das Ziel
                   den die Kilowattstunde Strom kostet. Wer meint,       sein, finanzielle Belastungen sachgerecht zu ver-
                   wir könnten mal so eben sämtliche Kernkraftwerke      teilen. Im Ergebnis muss Energie für alle Bürger
                   in Deutschland abschalten und die Kohlekraft          wie für Unternehmen bezahlbar sein.
                   werke gleich mit, setzt fahrlässig den Wirtschafts-
                   standort Deutschland und nicht zuletzt den er-        ? Stichwort Bezahlbarkeit: Die steuerliche
                   folgreichen Verlauf der Energiewende aufs Spiel.      Förderung energetischer Sanierungen im pri-
                   Wir brauchen konventionelle Kraftwerke auch           vaten Gebäudebereich schaffte es nicht durch
                   langfristig als fossile Flankierung des weiteren      den Bundesrat, weil die Länder Steuerverluste

                                                                                                                          11
schwerpunkt                   Interview Garrelt Duin

                                                              „Die Energiewende
                                                               ist kein Ereignis,
                                                               sie ist ein Prozess.“
                                                               Sozialdemokrat Garrelt Duin
                                                               zur Langfristigkeit der
                                                               Energiewende mit ihren
                                                               technischen und finanziellen
                                                               Herausforderungen.

                                                                                                         Entlastungsregelungen für energieintensive Indus-
                                                                                                         trien rufen, müssen sich die Frage gefallen lassen,
                                                                                                         warum sie den Wirtschaftsstandort Deutschland
                                                                                                         vorsätzlich gefährden wollen. Es ist unstreitig,
                                                                                                         dass die Befreiung von der EEG-Umlage treffsiche-
                                                                                                         rer gewährt werden muss als bislang. Auf meinen
                                                                                                         Widerstand wird aber jeder Ansatz stoßen, der über
                                                                                                         eine Optimierung mit dem Ziel des Schutzes der
                                                                                                         im internationalen Wettbewerb stehenden ener-
                                                                                                         gieintensiven Unternehmen hinausgeht. Es hat kei-
                                                                                                        nen Sinn, eine Verteilung von Lasten gleichmäßig,
      Duin: „Die Menschen in       fürchteten. In den Koalitionsverhandlungen                           aber ohne Blick auf die weiteren Auswirkungen
    unserem Land werden lieber      fand das Thema nicht statt. Ihre Meinung?                            vornehmen zu wollen. Glauben Sie mir: Die Men-
       einen Cent mehr für die
                                    Die Frage, wie die energetische Sanierung unter-                     schen in unserem Land zahlen lieber einen Cent
    Kilowattstunde Strom bezah-
        len, als dass sie ihren
                                    stützt werden kann, lässt sich unterschiedlich be-                   mehr für die Kilowattstunde Strom, als dass sie ih-
        Arbeitsplatz verlieren.“    antworten. So ist etwa für gewerblich vermieteten                    ren Arbeitsplatz verlieren.
                                    Wohnraum eine steuerliche Förderung überflüssig.
                                    Denn für Unternehmen sind Sanierungsmaß­                             ? Auch Energiekonzerne klagen. Der Betrieb
                                    nahmen als werterhaltend unmittelbar steuerab­                       vieler Kraftwerke rechne sich nicht mehr, so-
                                    zugsfähig. Immobilienbesitzern, die ihre Wohnung                     dass etwa RWE und Eon mehrere Anlagen still-
                                    selbst nutzen, bietet die KfW Darlehen und Til-                      legten. Grund ist auch der steigende Anteil
                                    gungszuschüsse. Diese gilt es verlässlich zu finan-                  von Energie aus erneuerbaren Quellen. Beide
                                    zieren und zu verstetigen. Viele Wirtschaftszweige                   Konzerne sitzen vor Ihrer Haustür und wurden
                                    haben bereits große Kompetenzen im Bereich                           von der NRW-Politik meist wohlwollend be-
                                    Energieeffizienz aufgebaut – allen voran das Hand-                   dacht. Gab es schon Hilferufe?
                                    werk, das sich zu Recht „offizieller Ausrüster der                   Wenn konventionelle Kraftwerke stillgelegt wer-
                                    Energiewende“ * nennt. 30 Gewerke sind mit der                       den oder sich das ankündigt, weil sich ihr Betrieb
                                    Gewinnung, der effizienten Nutzung und der                           wirtschaftlich nicht mehr darstellen lässt, ist das
                                    Einsparung von Energie befasst.                                      Hilferuf genug. Denn wir benötigen noch eine Rei-
                                                                                                         he dieser Anlagen, um Versorgungssicherheit in
                                    ? Was bedeuten die steigenden Energiekosten                          Deutschland gewährleisten zu können. Unser bör-
                                    für die Industrie? In NRW ist eine große Zahl                        senbasierter Preisbildungsmechanismus bewirkt
                                    energieintensiver Unternehmen angesiedelt.                           allerdings, dass die Betreiber fossiler Kraftwerke
                                    Energiekosten sind ein wichtiger Standortfaktor                      immer geringere Strommengen verkaufen können
                                    geworden. Haben wir uns früher oftmals auf die                       und diese auch nicht zu auskömmlichen Konditio-
                                    Entwicklung der Gehälter und Löhne im interna-                       nen. Da wir die fossilen Energieträger weiterhin
                                    tionalen Vergleich fokussiert, müssen wir uns                        dringend als Back-up für den weiteren Ausbau re-
                                    heute damit beschäftigen, wie in Deutschland die                     generativer Energien benötigen, müssen wir dafür
                                    Preise für Strom im Verhältnis zum Ausland lie-                      Sorge tragen, dass wir mit einem marktwirtschaft­
                                    gen. Da sehen wir derzeit nicht besonders gut aus.                   lichen Kapazitätsmechanismus Deckungslücken
                                    Dass das EEG hinsichtlich der Umlage-Beträge                         verhindern. Die Bundesregierung hat angekün-
                                    mit Entlastungstatbeständen für besonders ener-                      digt, mittelfristig einen entsprechenden Mechanis-
                                    gieintensive Betriebe ausgestattet ist, dient dem                    mus entwickeln zu wollen. Die Entwicklung sollte
                                    Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit                      möglichst gleichzeitig mit der EEG-Novellierung
                                    und der Sicherung von Arbeitsplätzen. Diejeni-                       in Angriff genommen werden. Denn der weitere
                                    gen, die hierzulande beständig nach einer Strei-                     Ausbau der erneuerbaren Energien hängt untrenn-
                                    chung der weiterhin zwingend erforderlichen                          bar zusammen mit seiner fossilen Flankierung.

12                                 * So lautet der Slogan des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Die Energie-Kolumne

                                                                                                                                                K L A R T E X T

                               VOLKSSPORT
                             SPR ITSPAR EN                                                             Steuern sparen und billig
                                                                                         tanken sind Lieblingsbeschäftigungen
                                     J      ede Nation hat ihren Volkssport:
                                            Die Briten lieben Cricket, Neu-
                                      seeländer echauffieren sich beim
                                                                                              der Deutschen. Ein Bundesgesetz
                                      Rugby, der Superbowl elektrisiert die
                                                                                            und Tank-Apps sollen preisbewusste
                                      US-Amerikaner. Auch die Deutschen                         Bürger seit kurzem bei ihrem Tun
                                      haben solche nationalen Lieblinge:
                                      Fußball natürlich, Steuern sparen –
                                                                                       unterstützen. Wenn das einen Nutzen hat,
                                      und billig tanken.                                     dann für das Ansehen der Branche.
                                                 Wenn es gegen den Fiskus
                                      geht, dann heißt es: Steuern sparen –
                                      koste es, was es wolle. So machte          macht unter dem Strich nur noch die         tierung oder sie bröckelt wieder ab.
                                      mancher einen zu bereuenden Aus-           Farbe den Unterschied.                      Längst vorbei die Zeiten, da die For-
                                      flug in die Schweiz, so entstanden                     Jetzt bringt seit Dezember      derung für einige Tage festgesetzt
                                      leer stehende Wohnparks im Umkreis         die Markttransparenzstelle möglicher-       wurde. Heute ist der Markt im Stun-
                                      ostdeutscher Städte, die aus steuer­       weise gar nicht mehr Klarheit, aber         dentakt in Bewegung. Seit der Tank-
                                      lichen Verlusten echte werden ließen.      zumindest jede Menge Bewegung in            wart nicht mehr mit der Leiter die
                                      Beim Spritkauf agieren unsere Lands-       den Markt. Der schlaue Autofahrer           Ziffern austauschen muss, sondern
                                      leute ähnlich. Kaum ein Umweg ist          übt seinen Lieblingssport nicht mehr        alles elektronisch geht, ist Wettbe-
                                      zu weit, um an der günstigeren Zapf-       hinter dem Lenkrad aus, sondern             werb die Frage eines Knopfdrucks.
                                      säule anzuhalten. Wie viel Benzin          auf der Couch oder am Schreibtisch.         Und per Datenabfrage zeichnet die
                                      auf der Fahrt zur rettenden Quelle         Die Suchfahrt zur günstigen Tanke           Transparenzstelle das sprunghafte
                                      sinnlos durch den Motor rauscht –          startet erst mal virtuell, gern mit einer   Treiben nach.
                                                                                 der zahlreichen Apps, die das Leben                   Den Ölkonzernen und den
                             „Der Autofahrer übt seinen                          leichter machen sollen.                     Zapfsäulen-Pächtern ist zu mehr Ge-
                                                                                             Das Ergebnis dürfte aller-      lassenheit zu raten. Wenn die Markt-
                              Lieblingssport nicht mehr                          dings für manchen Verbraucher eher          transparenzstelle den Beweis er-
                              hinter dem Lenkrad aus,                            niederschmetternd sein. Denn nun            bringt, dass die Preise nicht kartell­
                                                                                 sieht er nicht nur, wo es gerade güns-      artig abgesprochen sind, hat sie
                              sondern auf der Couch.“                            tig ist, er kann vor allem rund um die      doch ihren Nutzen erbracht. Zwar
                                                                                 Uhr verfolgen, wie sich der Preis ent-      nicht für den Kunden, wohl aber für
                                      egal. Das gilt für den Schlenker in        wickelt. Und überrascht stellt er fest,     das Ansehen der Branche.
                                      den Nachbarort genauso wie für den         dass die Preise schon im Tagesver-
                                      Kurztrip nach Luxemburg oder Polen.        lauf enorm schwanken. Wer sich vor-
                                      Natürlich auch für die Suche nach          mittags die Billig-Zapfsäule ausge-
                                      der freien Tankstelle.                     guckt hat, stellt abends vielleicht ver-
                                                 Die Anbieter von Marken-        bittert fest, dass der Umweg gar nicht
                                      treibstoffen versichern zwar glaub-        gelohnt hat, weil nun auch die nächst-
                                      haft, ihr Benzin und Diesel – und          gelegene Tankstelle das verlockende
                                      vor allem der Zaubersaft ihrer Premi-      Angebot hat – oder sogar darunter
                                      umprodukte – seien besser als der          liegt.
Foto: Werner Schüring/WiWo

                                      Durchschnittssprit. Aber wer einmal                    Denn die ersten Ergebnis-                             H E N N I N G K R U M R E Y,
                                      beobachtet oder gar mit Raffinerie-        se der Preistransparenzstelle zeigen:             Jahrgang 1962, studierte Volkswirtschaft
                                      Mitarbeitern besprochen hat, wer al-       Je nach Konkurrenz- und Lieferlage                    und Politikwissenschaft in Berlin und
                                                                                                                                   Köln und ab­solvierte die Kölner Journalis-
                                      les seinen Tankwagen dort auffüllen        versucht mal die eine, mal die ande-
                                                                                                                                            tenschule. Seit 2009 ist Krumrey
                                      lässt, zweifelt. In Großraffinerien wer-   re Tankstelle morgens einen hohen                       stell­­vertretender Chefredakteur der
                                      den Treibstoffe für etliche Marken         Preis zu setzen. Je nachdem, wer                             Wirtschafts­woche und Experte
                                      und freie Tankstellen produziert – oft     nachzieht, hält sich die üppigere No-                                    für Energie­themen.

                                                                                                                                                                            13
zur sache                   Europawahl

Wahlzeit!                                                   T E X T Axel vom Schemm

                                                        Es ist das einzige Organ der
            Europäischen Union, das alle fünf Jahre demokratisch von den Bürgern der
            Mitgliedsstaaten gewählt wird: das Europäische Parlament in Straßburg.
            Die Entscheidungen aus dem idyllischen Elsass haben längst großen Einfluss
            auf die Energiepolitik in Deutschland. Deshalb ist es wichtig, wer am 25. Mai
            die meisten Stimmen bekommt. energie+Mittelstand stellt die Kandidaten vor.

 U      nbekannte Kandidaten, das Parlament weit weg: Der
        Europawahl im Mai fehlen alle typischen Elemente einer
 Wahl“, ließ sich der Forsa-Meinungsforscher Manfred Güllner
                                                                        ren vielfach. Alleingänge wie zuletzt bei der Befreiung von Unter-
                                                                        nehmen von der EEG-Umlage sind taktisch unklug“, sagt Kühn.
                                                                        Die EU-Kommission hatte bekanntlich Industrierabatte bei der
 von der Zeitung Die Zeit zitieren. Das mag selbst 25 Jahre nach        Ökostromumlage gerügt und ein Beihilfeverfahren eingeleitet.
 der ersten länderübergreifenden Abstimmung zutreffen – was             „Ratsam ist, europäische Gesetzgebung mitzugestalten. Die Wahl
 die öffentliche Wahrnehmung betrifft. Unstrittig ist aber, dass die    ist ein wichtiges Instrument dabei“, ergänzt Elmar Kühn. Beim
 Wertschätzung der Wahl in krassem Gegensatz zu ihrer Bedeu-            Urnengang Ende Mai – in den Mitgliedsstaaten wird an vier ver-
 tung steht. Fast 70 Prozent aller in Deutschland verabschiedeten       schiedenen Tagen gewählt, bei uns am 25. Mai – greift ein neuer
 Gesetze haben ihren Ursprung in der EU. Auch mit Blick auf die         Modus. energie+Mittelstand zeigt die Parteien, die Programmaus-
 Energiepolitik habe sich der Einfluss der EU-Gremien zuletzt im-       züge zur Energiepolitik und die Spitzenkandidaten.
 mer wieder gezeigt, sagt Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer
 von UNITI. „Europäische und deutsche Gesetzgebung konkurrie-
                                                                                          Markus
                                                                                          Ferber
                                                                                                               EPP [Fraktion der Europäi-
                                                Martin                  David                                  schen Volkspartei (Christde-

                                                                                                                                                   Fotos von links nach rechts: Ralf Roletschek, EU/AFP/Pedro Armestre, CDU Niedersachsen CDU Niedersachsen, photoresque.de
                                                Schulz                 McAllister                              mokraten) und europäischer
                                                                                                               Demokraten]

                                                            S&D (Fraktion der Progressiven      Deutsche Spitzenkandidaten: David McAllis-
                                                            Allianz der Sozialisten und         ter (CDU) und Markus Ferber (CSU)
                                                           Demokraten im Europäischen
                                                         Parlament)                             Europäischer Spitzenkandidat: Der Luxem-
                                                                                                burger Jean-Claude Juncker (*1954) wurde auf
                                               Deutscher Spitzenkandidat: Martin Schulz         einem Kongress der Europäischen Volkspartei
                                                                                                (EVP) in Dublin nominiert. Seine Vita: 1989 bis
                                               Europäischer Spitzenkandidat: Auch das ist       2009 Finanzminister Luxemburg; Premiermi-
                                               Martin Schulz. Er wurde am 1. März in Rom von    nister 1995 bis 2013; Vorsitzender der Euro-
                                               den sozialdemokratischen Parteien gekürt.        Gruppe 2005 bis 2013.
     Europawahl: Neuer Modus
                                               Schulz (*1955) absolvierte von 1975 bis 1977
     Nach der Wahl am 25. Mai wird             eine Ausbildung zum Buchhändler. In den          Energiepolitik laut Parteiprogramm**:
     sich das Europäische Parlament            folgenden fünf Jahren war er bei verschiede-     – Alternative Kraftstoffe und Förderung der
     erstmals auf Basis des Vertrags           nen Verlagen und Buchhandlungen tätig, bis          Infrastruktur
     von Lissabon zusammensetzen.              er im Jahr 1982 seine eigene Buchhandlung        – Gemeinsamer EU-Energiebinnenmarkt.
     Dieser begrenzt die Anzahl der            in Würselen gründete, die er bis 1994 führte.       So lange es diesen nicht gibt, Spielräume für
     Europaabgeordneten auf 750 plus           Er ist seit 1994 Mitglied und seit 2012 Präsi-      eine nationale Energie- und Klimapolitik
     den Parlamentspräsidenten. Die            dent des Europäischen Parlaments. Davor war      – kostengünstiger, wirtschaftlicher Ausbau
     Zahl der deutschen Abgeordne-             er unter anderem Bürgermeister der Stadt            Erneuerbarer Energien
     ten sinkt dadurch von 99 auf 96.          Würselen, im Kreis Aachen.                       – verpflichtende Direktvermarktung von
     Zudem kann das erste Mal in der                                                               Erneuerbaren Energien
     EU-Geschichte die stärkste Partei         Energiepolitik laut Parteiprogramm*:             – Weiterentwicklung des EEG in Überein­
     den Kommissionspräsidenten                – Verbindliches Ziel von 40 Prozent Senkung        stimmung mit Europarecht
     stellen. www.europarl.de/de/europa_          der Treibhausgasemissionen bis zum            – technologieoffene, wettbewerbsneutrale
     und_sie/eu_wahl.html                         Jahr 2030                                        Erreichung des Energieeffizienzzieles
                                                                                                   20 Prozent bis 2020
                                                                                                – Zertifizierungssysteme für Biomasse

14
Europawahl                 zur sache

                                                                                                                                  Sven Gigold                                                                                             DIESMAL GEHT’S

                                                                                                                                                                                                                                                               UM MEHR
                                                                                                                             GREENS/EFA (Fraktion der Grünen/                                ALDE (Fraktion der Allianz              Die Wahl
                                                                                                                              Freie Europäische Allianz)                                     der Liberalen und Demo-            der EU-Kommission
                                                                                                                                                                                             kraten für Europa)                   auf einen Blick
                                                                                                                              Deutsche Spitzenkandidaten:                    Alexander
                                                                                                                             Rebecca Harms und Sven Gigold                Graf Lambsdorff Deutscher Spitzenkandidat:
                                                                                                                Rebecca                                                   Alexander Graf Lambsdorff (FDP)                                            #1
                                                                                                                Harms Europäische Spitzenkandidaten:
                                                                                                                                                                                                                                           Februar bis März
                                                                                                                   Ska Keller und José Bové. Keller (*1981) ist stu-      Europäische Spitzenkandidaten:                               Die europäischen Parteien
                                                                                                                   dierte Islamwissenschaftlerin. Von 2007 bis            Guy Verhofstadt und Olli Rehn. Der Belgier                    wählen ihre Kandidaten
                                                                                                                   2009 war sie Vorsitzende des grünen Landes-            Verhofstadt (*1953) ist studierter Rechtswis-           für den Vorsitz der EU-Kommission
                                                                                                                   verbands Brandenburg. 2009 wurde sie ins               senschaftler. Von 1999 bis 2008 war er belgi-
                                                                                                                   EU-Parlament gewählt und ist Mitglied in den           scher Ministerpräsident. Seit 2009 ist er Mit-
                                                                                                                   Ausschüssen für internationalen Handel sowie           glied des Europäischen Parlaments, Vorsitzen-                            #2
                                                                                                                   bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.            der der Fraktion der Allianz der Liberalen und                 22. bis 25. Mai
                                                                                                                   Der Franzose José Bové (*1953) war führende            Demokraten für Europa und in der Konferenz           EU-Bürger wählen das neue Parlament
                                                                                                                   Persönlichkeit in der Protestbewegung gegen            der Präsidenten und im Ausschuss für konsti-
                                                                                                                   die Ausweitung eines Truppenübungsplatzes              tutionelle Fragen (AFCO) tätig. Der Finne Rehn
                                                                                                                   sowie Greenpeace-Aktivist. 2009 wurde er ins           (*1962), Volkswirt und Politikwissenschaftler,                           #3
                                                                                                                   EU-Parlament gewählt und ist stellvertretender         war bereits im Alter von 30 Jahren als wirt-
                                                                                                                                                                                                                                                 Juni
                                                                                                                   Vorsitzender des Ausschusses für Landwirt-             schaftspolitischer Berater des finnischen Minis-
                                                                                                                                                                                                                                   Der Präsident des Europäischen
                                                                                                                   schaft und ländliche Entwicklung sowie Mitglied        terpräsidenten tätig. Von 1991 bis 1995 war er
                                                                                                                                                                                                                              Rates spricht mit Blick auf die Wahlergeb-
                                                                                                                   im Ausschuss für internationalen Handel.               Abgeordneter im finnischen Parlament und lei-         nisse mit dem Europaparlament über
                                                                                                                                                                          tete die finnische Delegation beim Europarat.       einen möglichen Kandidaten für das Amt
                                                                                                                    Energiepolitik laut Parteiprogramm*:                  2004 war er für wenige Monate EU-Kommissar            des Kommissionspräsidenten. Im An-
                                                                                                                    – weg von Kohle und Öl                                für Unternehmen und Informationsgesellschaft        schluss schlägt er den Staats- und Regie-
                                                                                                                    – Forderung nach einem Klimaschutzgesetz              unter Romano Prodi und von 2004 bis Februar         rungschefs der EU einen Kandi­daten vor.
                                                                                                                    – Senkung der Treibhausgasemissionen bis             2010 EU-Erweiterungskommissar in der Kom-            Der Europäische Rat ent­scheidet dann,
                                                                                                                       2050 um 90 Prozent gegenüber 1990 in               mission von José Manuel Barroso. Anschlie-            welcher Kandidat vorgeschlagen wird
                                                                                                                       Etappen: zunächst 30 Prozent bis 2020              ßend übernahm er das Ressort Wirtschaft und
                                                                                                                    – Für 2030 Forderung nach drei Zielvorgaben:         Währung, dass er zurzeit leitet.
                                                                                                                       · mdst. 40 Prozent Energieeinsparung                                                                                        #4
Fotos von links nach rechts: Presse, Gruene/EFA Fraktion, Presse, DIE LINKE, Grafiken: Europäisches Parlament

                                                                                                                       · mdst. 45 Prozent erneuerbare Energien            Energiepolitik laut Parteiprogramm*:                                   Juli
                                                                                                                       · mdst. 55 Prozent weniger Treibhausgase           – E nergieversorgungsunternehmen sollen                   Das EU-Parlament wählt den
                                                                                                                    – verbindliches Ziel von 20 Prozent Effizienz-          verpflichtet werden, ihren Kunden einen                  Kommissionspräsidenten
                                                                                                                       steigerung bis 2020                                   bestimmten Anteil erneuerbarer Energien
                                                                                                                                                                             zu verkaufen
                                                                                                                                                                          –A nreize für Energieeffizienz aus dem Markt                            #5
                                                                                                                                                                            und keine Vorgaben aus Brüssel                              August bis September
                                                                                                                                                                                                                                    Die Mitgliedsstaaten schlagen
                                                                                                                                    Gabi
                                                                                                                                   Zimmer                                                                                     designierte EU-Kommissare vor. Anhörung
                                                                                                                                                                                                                                der designierten Kommissare vor den
                                                                                                                                  GUE/NGL [Konföderale Frakti-            Grüne Linke. Seit 2010 ist er Vizepräsident der       Ausschüssen des Europaparlaments
                                                                                                                                  on der Vereinigten Europäi-             Europäischen Linken. Im Dezember 2013 nomi-
                                                                                                                                  schen Linken/Nordische Grüne            nierte die Europäische Linke Alexis Tsipras als
                                                                                                                                Linke (sozialistische und kom-            Spitzenkandidat für die Europawahl 2014.                            #6          #7
                                                                                                                             munistische Parteien)]
                                                                                                                                                                          Energiepolitik laut Parteiprogramm**:                        Oktober bis November
                                                                                                                    Deutsche Spitzenkandidatin:                           – Forderung nach europaweitem kostenfreien            Abstimmung des Europaparlaments
                                                                                                                                                                                                                                   über die neue EU-Kommission
                                                                                                                    die gebürtige Berlinerin Gabi Zimmer (Die Linke)         Grundkontingent für jeden Haushalt an Wär-
                                                                                                                                                                             me, Wasser und Energie
                                                                                                                    Europäischer Spitzenkandidat: Alexis Tsipras.         – Anteil an erneuerbaren Energien am EU-                        Amtseinführung
                                                                                                                    Der Grieche (*1974) ist Vorsitzender des Sy-            Energieverbrauch soll im Jahr 2020 bei                      der neuen Kommission
                                                                                                                    naspismos, Gründungsmitglied der Europäi-               25 Prozent liegen
                                                                                                                    schen Linken und Mitglied der EU-Parlaments-          – keine Importe von Agrokraft- und -treib­         Quellen:
                                                                                                                                                                                                                              Europäisches Parlament/Konsolidierte Fassung
                                                                                                                    fraktion Vereinte Europäische Linke/Nordische            stoffen aus dem globalen Süden
                                                                                                                                                                                                                              des Vertrags über die Europäische Union,
                                                                                                                                                                                                                              Art. 17.7/Erklärung 11 im Vertrag von Lissabon
                                                                                                                    *P
                                                                                                                      rogramm bei Redaktionsschluss verabschiedet   ** Programm bei Redaktionsschluss nicht verabschiedet

                                                                                                                                                                                                                                                                               15
report   Der Preis ist heiß

                                   Ausnahmezustand an der
                                 Tankstelle: „Reihen Sie sich
                              bitte hinten an!“ – „Geht nicht,
                                        da steht schon einer.“

                                                                 Foto: dpa

16
Der Preis ist heiß                 report

                                               Wenig
         DER T
             IS
       PR EISSS
         HEI
                                               preisverdächtig
                                               T E X T Axel vom Schemm
                                                                        Die Deutschen sind Meister des
                                               Sparens – so weit das Klischee. Die Realität sieht anders
                                               aus. Tatsächlich ist die Kauflaune hierzulande so gut wie
                                               seit 2007 nicht mehr. An den Zapfsäulen aber kippt die
                                               Stimmung der Verbraucher. Für wenige Cent nehmen Auto­

S     tefan ist der Zucker ausgegangen.
      Blöd, dass er gerade heute einen Ku­
chen backen will. Gut, dass er sein Smart­
                                               fahrer große Umwege, lange Wartezeiten und nicht selten
                                               viel Stress in Kauf. energie+Mittelstand beleuchtet ein
phone griffbereit hat, auf dem er „Billiger    Phänomen, für das es nun sogar ein eigenes Gesetz gibt.
Zucker“ installiert hat. Nachdem das Bun­
deskartellamt die Zuckerhersteller wegen
Preisabsprachen zu einer Rekordstrafe
verdonnert hatte, dauerte es nicht lang,
bis der Gesetzgeber eingriff. Die Produ­
zenten müssen nun ihre Tarife täglich der      Bier und Kartoffeln, deren Produzenten            HIER GIBT’S DEN SPRITPREIS
Markttransparenzstelle (MTS) melden,           ins Visier den Fokus der Wettbewerbshü­
von dort gehen sie an App-Anbieter wie         ter geraten waren.                               Derzeit zugelassene Verbraucher-
„Billiger Zucker“. Stefan freut’s: Ein Blick                                                    Informationsdienste (Stand 4. März 2014)
aufs Handy und schon weiß er, wo er die        Gesetzesänderung ohne Anlass                                  www.adac.de/tanken
Streusüße am günstigsten kaufen kann.          Ganz anders wird hierzulande mit dem
                                                                                                            www.clever-tanken.de
        Er setzt sich ins Auto und quält       offenkundig hochsensiblen Thema Ben­
                                                                                                             www.mehr-tanken.de
sich eine Stunde durch den Berufsver­          zinpreis umgegangen. Für den Kraftstoff­
                                                                                                          www.spritpreismonitor.de
kehr zum fünf Kilometer entfernten Su­         markt mussten tatsächlich ein Gesetz
permarkt, wo er noch warten muss – of­         und die zugehörige MTS her, um dem ver­                        www.spritgong.de

fenbar nutzen auch andere seine App.           meintlichen Preistreiben der Mineralöl­                      www.tanke-günstig.de
Wieder zu Hause macht er Kassensturz:          konzerne Einhalt zu gebieten. Kurios ist:                   www.sparsamtanken.de
25 Cent weniger als beim Tante-Emma-           Hier hat nicht, wie man erwarten sollte,                      www.benzinampel.de
Laden um die Ecke hat er bezahlt. Die          eine entsprechende Beanstandung der                          www.tankentanken.de
Kosten für den verfahrenen Sprit liegen        Wettbewerbshüter den Ausschlag gege­
                                                                                                              www.123tanken.de
bei 36 Cent. Knapp anderthalb Stunden          ben. In seiner „Sektoruntersuchung
                                                                                                               www.tankprofi.net
Zeit hat er investiert. Die Lust auf Ku­       Kraftstoffe“ von 2011 hatte das Bundes­
                                                                                                            www.tankenbilliger.de
chen ist Stefan gründlich vergangen.           kartellamt keine wettbewerbsfeindlichen
        Die Zucker-App gibt’s natürlich        Preisabsprachen nachweisen können.                      7green (nur als App verfügbar)

nicht, das verhängte 280-Millionen-Eu­         Vielmehr folgte die Politik dem öffentli­
ro-Bußgeld gegen die Hersteller wegen          chen Druck, den ADAC, Bild Zeitung und                      Quelle: Bundeskartellamt
„wettbewerbsbeschränkender Gebiets-,           andere heraufbeschworen, als sie 2012
Quoten- und Preisabsprachen“ schon.            zum „teuersten Tankjahr aller Zeiten“ er­      um den Passus „Marktbeobachtung im
Natürlich ist es die originäre Aufgabe des     klärten. Die Diskussion um den Sprit­          Bereich Kraftstoffe“. Im Eiltempo ent­
Bundeskartellamts, kartellrechtliche           preis war aktuell wie nie, alle redeten mit,   stand ein passgenaues Meldesystem, und
Verstöße zu ahnden. Der öffentliche Auf­       und natürlich entdeckte auch das politi­       seit August 2013 sammeln MTS-Leiter
schrei hielt sich beim Zuckerklüngel aber      sche Berlin dieses wahlkampfrelevante          Sandro Gleave und sein Team – beheima­
sehr in Grenzen. Erst recht kam niemand        Thema für sich.                                tet am Bundeskartellamt in Bonn – von
die Idee, eine Prüfstelle einzurichten, die            So ergänzte die Bundesregierung        Tankstellenbetreibern alle Preisänderun­
dem Verbraucher in Echtzeit Zuckertari­        das Markttransparenzstellen-Gesetz, das        gen bei Super E5, Super E10 und Diesel.
fe aus allen Supermärkten liefert. So war      ursprünglich für den Großhandel mit            Und zwar in Echtzeit. Die MTS gibt die
es auch schon in der Vergangenheit bei         Strom und Gas konzipiert worden war,           Preisdaten an Infodienste weiter, die ihre

                                                                                                                                            17
report                         Der Preis ist heiß

WA N N S I C H E I N U M W E G LO H N T

 Preisdifferenz   Verbrauch        Umweg             Getankte     Ersparnis       Ersparnis
 (Ausgangswert                                        Menge      (Spritpreis)   (Vollkosten)*                  Tankstelle selbst. „Neben der Gastrono­
   1,50 Euro/l)
                                                                                                               mie ist der Tankstellenmarkt die einzige
 3 Cent           8l /100 km     2 km               20l          0,60 Euro       - 0,24 Euro                  Branche, die ihre Preise dermaßen pro­
 3 Cent           8l /100 km     2 km               40l          1,20 Euro         0,36 Euro                  minent auszeichnen muss“, sagt UNITI-
 3 Cent           8l /100 km     2 km               60l          1,80 Euro         0,96 Euro                  Vorstandsvorsitzender Udo Weber, der
                                                                                                               darin einen Grund für die Preissensibili­
 3 Cent           8l /100 km     4 km               20l          0,60 Euro        - 1,08 Euro    
                                                                                                               tät vermutet (lesen Sie dazu auch das
 3 Cent           8l /100 km     4 km               40l          1,20 Euro       - 0,48 Euro     
                                                                                                               Editorial auf Seite 3).
 3 Cent           8l /100 km     4 km               60l          1,80 Euro         0,12 Euro     
 3 Cent           8l /100 km     8 km               20l          0,60 Euro        - 2,76 Euro                 Preistafeln: Übergröße per Gesetz
 3 Cent           8l /100 km     8 km               40l          1,20 Euro        - 2,16 Euro                 Konsumexperte Rolf Bürkl vom Markt­
 3 Cent           8l /100 km     8 km               60l          1,80 Euro        - 1,66 Euro    
                                                                                                               forscher GfK stützt diese Ansicht nicht
                                                                                                               nur, er schreibt den übergroß dargebote­
 5 Cent           8l /100 km     2 km               20l          1,00 Euro         0,16 Euro     
                                                                                                               nen Tarifen für Benzin und Diesel – in
 5 Cent           8l /100 km     2 km               40l          2,00 Euro          1,16 Euro                 dieser Form durch die Preisangabenver­
 5 Cent           8l /100 km     2 km               60l          3,00 Euro         2,16 Euro                  ordnung vorgeschrieben – sogar große
 5 Cent           8l /100 km     4 km               20l          1,00 Euro       - 0,68 Euro                  Auswirkungen auf die Stimmung der Ver­
 5 Cent           8l /100 km     4 km               40l          2,00 Euro         0,32 Euro                  braucher zu. „Das liegt daran, dass das
                                                                                                               sehr öffentliche Preise sind. Man kann ja
 5 Cent           8l /100 km     4 km               60l          3,00 Euro         1,32 Euro     
                                                                                                               beim Vorbeifahren an den Tankstellen
 5 Cent           8l /100 km     8 km               20l          1,00 Euro       - 2,36 Euro     
                                                                                                               ständig beobachten, wie sie sich entwi­
 5 Cent           8l /100 km     8 km               40l          2,00 Euro        - 1,36 Euro                 ckeln“, sagte Bürkl in einem Gespräch
 5 Cent           8l /100 km     8 km               60l          3,00 Euro       - 0,36 Euro                  mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Ben­
 7 Cent           8l /100 km     2 km               20l          1,40 Euro         0,56 Euro                  zinpreise spielten daher eine sehr wichti­
 7 Cent           8l /100 km     2 km               40l          2,80 Euro         1,96 Euro                  ge Rolle dafür, wie die Bevölkerung die
                                                                                                               generelle Preisentwicklung und die Infla­
 7 Cent           8l /100 km     2 km               60l          4,20 Euro         3,36 Euro     
                                                                                                               tion einschätze. Diese Einschätzung wie­
 7 Cent           8l /100 km     4 km               20l          1,40 Euro       - 0,28 Euro                  derum hat Einfluss auf die Kauflust der
 7 Cent           8l /100 km     4 km               40l          2,80 Euro         - 1,12 Euro                Menschen. Stimmt diese These, kann es
 7 Cent           8l /100 km     4 km               60l          4,20 Euro         1,52 Euro                  um die Spritpreise nicht so schlimm be­
 7 Cent           8l /100 km     8 km               20l          1,40 Euro        - 1,96 Euro                 stellt sein, wie ADAC und Co. es gern
                                                                                                               darstellen. Denn laut GfK-Konsumklima­
 7 Cent           8l /100 km     8 km               40l          2,80 Euro       - 0,56 Euro     
                                                                                                               index ist die Kauflaune der Deutschen
 7 Cent           8l /100 km     8 km               60l          4,20 Euro         0,84 Euro     
                                                                                                               so gut wie seit sieben Jahren nicht mehr.
* Bei der Vollkostenbetrachtung werden Reifenabrieb, Wertverlust des Fahrzeugs,                                         Dennoch: Bei vielen Autofahrern
kürzere Wartungsintervalle pauschal mit 30 Cent/km sowie der Spritverbrauch für die                            lautet das Motto beim Tanken offenbar:
längere Fahrstrecke einbezogen. Nicht berücksichtigt sind alle Zeitverluste durch Umwege
                                                                                                               „Sparen! Koste es, was es wolle“. Fast zwei
und diverse Wartephasen. Quelle: Eigene Berechnungen; www.kraftstoffweb.de
                                                                                                               Drittel der Befragten gaben in der er­
                                                                                                               wähnten Allensbach-Studie an, auf den
Internetseiten oder Apps damit speisen                          Wen wundert es, scheint doch das Bestre­       Benzinpreis zu achten und sich regelmä­
(vgl. „Hier gibt‘s den Spritpreis“). Was                        ben, möglichst billig zu tanken, ein Volks­    ßig oder zumindest gelegentlich für eine
für den verhinderten Kuchenbäcker Ste­                          sport zu sein, wie es der Journalist und       Tankstelle zu entscheiden, bei der der
fan noch Vision war, ist für Autofahrer                         Wirtschaftsexperte Henning Krumrey             Sprit günstiger ist als bei der Konkurrenz.
in Deutschland Wirklichkeit geworden.                           erklärt (mehr auf Seite 13). Geld sparen       Und das selbst dann, wenn sie dadurch
        Und obwohl noch niemand nach­                           zu wollen, ist natürlich völlig legitim. Die   einen Umweg in Kauf nehmen müssen.
weisen konnte, dass die Benzinpreis-                            Suche nach der preisgünstigsten Zapf­          Was die meisten dabei vergessen: Häufig
Apps tatsächlich beim Sparen helfen, sto­                       säule treibt aber seltsame Blüten. Statt       rechnet sich unter dem Strich die Mühe
ßen sie bei den Verbrauchern auf reges                          wirklichem Sparwillen steht offenbar           kaum – erst recht nicht, wenn man eine
Interesse. Rund jeder vierte deutsche Au­                       eher die Absicht dahinter, um jeden Preis      Vollkostenrechnung anstellt (vgl. Tabelle
tofahrer gab in einer Allensbach-Befra­                         die günstigste Zapfsäule zu finden; User       „Wann sich ein Umweg lohnt“).
gung an, das Angebot bereits genutzt und                        entsprechender Internetforen führen so­                 Fragwürdig wird der exzessive
die Benzinpreise von Tankstellen in der                         gar akribisch Buch und stellen Statistiken     Preisvergleich beim Tanken spätestens
eigenen Umgebung über Internet oder                             zu budgetschonenden Tageszeiten und            dann, wenn man den Fokus weiter auf­
Apps verglichen zu haben. Besonders bei                         Wochentagen auf. Eine Rolle spielen nach       zieht. Eine Stichprobe der Kraftfahrt-
Männern und Jüngeren ist die Resonanz                           Expertenmeinung auch die meterhohen            Über­wachungsorganisation an 100 deut­
auf die Benzinpreis-Apps riesig.                                und weithin sichtbaren Preistafeln an der      schen Waschstraßen ergab: Die Reifen

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