Europäische Jugendarbeit und Jugendpolitik - JUGEND für Europa
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Europäische Jugendarbeit und Jugendpolitik Aktuelle Entwicklungen auf nationaler # 01.18 und europäischer Ebene NEWSLETTER DOSSIER DOSSIER DOSSIER „DANK DER EU- NACHGEFRAGT, „DIE EU-JUGEND- JUGENDSTRATEGIE JUNGE ERWARTUN- PROGRAMME ALS WIRD MIT EUROPA GEN AN DIE EU INSTRUMENTE DER ETWAS (BE-)GREIF- EU-JUGENDSTRATE- BARES VERBUNDEN“ GIE STÄRKEN“
INHALT Vorwort 3 Aktuelles von JUGEND für Europa 27 „Inclusion First“ – Vielfalt ist Chance Meldungen aus der europäischen Jugendpolitik 4 und Bereicherung zugleich 27 Die Suche nach dem Kompromiss: Der Trilog Der Menschenrechtsbildung eine zum „Europäischen Solidaritätskorps“ beginnt 4 europäische Dimension verleihen 28 Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027: Ein Teil von Europa werden: Was sollte drin sein für die EU-Jugendprogramme? 5 Jugendarbeit mit Geflüchteten stärken 29 EU-Jugendprogramme nach 2020: Der Qualitätsbonus: Wo geht die Reise hin? 6 Kompetenzen in der Jugendarbeit aufbauen 30 Dossier: Europäischer Alltag 32 Gegenwart und Zukunft der EU-Jugendstrategie 7 100 Jahre Unabhängigkeit 32 Wie alles begann 7 Nachgefragt: Junge Erwartungen an die EU 10 Literaturhinweise 34 „Dank der EU-Jugendstrategie wird mit Europa etwas (Be-)Greifbares verbunden.“ 12 Veranstaltungs- hinweise 35 Eine EU-Jugendstrategie, die junge Menschen und Akteure in den Mittelpunkt stellt 16 Impressum 36 „Schwimmen lernt man nur im Wasser“: Die Stadt Wiesbaden stellt sich international auf 18 Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft, in Deutschland und in Europa 20 „Die EU-Jugendprogramme als Instrumente der EU-Jugendstrategie stärken“ 22 Die EU-Jugendstrategie in Deutschland auf einen Blick 24 Blick aus der Forschung 25 Für eine ressortübergreifende EU-Jugendstrategie, die mehr als jugendpolitische Themen festlegt 25 »2 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
VORWORT à Inhaltsverzeichnis VORWORT 2018 wird ein bedeutendes Jahr für die Weiter- entwicklung der europäischen Jugendpo- litik. Mit dem Europäischen Solidaritäts- Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag daher das Ziel gesetzt, die europäische und internationale Jugendarbeit weiter zu stärken und wird sich dafür einsetzen, Austauschpro- korps wird ein neues EU-Programm für junge Menschen auf gramme wie Erasmus+ zu stärken. Solche Austausche vermitteln den Weg gebracht, das das soziale und solidarische Engagement Sprachkenntnisse, fördern die interkulturelle Kompetenz junger junger Menschen in den Mittelpunkt stellt. In der zweiten Jah- Menschen und leisten einen Beitrag, sich in einer globalisierten reshälfte werden ebenfalls die Verhandlungen über die EU- Welt zu orientieren. Dabei müssen wir auch vermehrt die Ziel- Programmgeneration ab 2021 beginnen und damit erste Weg- gruppen in den Blick nehmen und ansprechen, die heute noch marken für die künftige Ausrichtung der EU-Jugendprogramme, nicht an einem Austausch teilnehmen oder teilnehmen können. wie Erasmus+ JUGEND IN AKTION und dem Europäischen Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Priorität noch stärker Solidaritätskorps gesetzt. in der jugendpolitischen Zusammenarbeit verankert wird. Wir werden auch nationale und europäische Fragestellungen noch Auch die jugendpolitische Zusammenarbeit in der Europäi- enger miteinander verbinden, um die Anliegen und die Positi- schen Union wird in diesem Jahr erneuert. Die so genannte EU- onen junger Menschen ausgehend von ihrer konkreten Lebens- Jugendstrategie hat in den vergangenen neun Jahren einen erheb- welt vor Ort bis hin zur europäischen Gesellschaft wirksamer lichen Beitrag geleistet, die Jugendpolitik in Europa und in den unterstützen zu können. Mitgliedstaaten weiterzuentwickeln. Und nie war dies wichtiger als heute. In Zeiten von steigendem Populismus und Nationalis- Gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten haben wir uns darauf mus sowie wachsenden gesellschaftlichen Herausforderungen verständigt, die Vermittlung der gemeinsamen Werte der EU müssen wir junge Menschen unterstützen, zu Botschafterinnen und die Stärkung der europäischen Identität in den Mittelpunkt und Botschaftern der europäischen Idee von Vielfalt, Toleranz der neuen EU-Jugendstrategie zu stellen. Denn: Jugendgerechtes und demokratischem Handeln über Grenzen hinweg zu werden. Handeln heißt für uns junge Menschen auf dem Weg in ein er- Sich begegnen und einander zu verstehen sind wichtige Voraus- fülltes persönliches, soziales und berufliches Leben in Europa zu setzungen für ein gutes Zusammenleben in Europa und weltweit. unterstützen. Sowohl die Vermittlung der gemeinsamen Werte der EU als auch Bettina Bundszus-Cecere die Stärkung der europäischen Identität junger Menschen müs- sen im Zentrum einer erneuerten jugendpolitischen Agenda der Abteilungsleiterin Kinder und Jugend EU stehen. Die Aufgabe der europäischen Jugendpolitik wird beim Bundesministerium für Familien, Senioren, darin bestehen, unmittelbar und stärker als zuvor, jeder Genera- Frauen und Jugend tion junger Menschen die Möglichkeit zu geben, Europa mitzu- gestalten, zu erleben und sich als Europäerin und Europäer zu engagieren. Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 »3
MELDUNGEN AUS DER EUROPÄISCHEN JUGENDPOLITIK à Inhaltsverzeichnis MELDUNGEN AUS DER EUROPÄISCHEN JUGENDPOLITIK Die Suche nach dem Kompromiss: Der Trilog zum „Europäischen Solidaritätskorps“ beginnt Das Europäische Parlament hat am 12.03.2018 den Bericht seines Ausschusses für Kultur und Bildung in erster Lesung und ohne weitere Aussprache in die sogenannten „interinstitutionellen Verhandlungen“ eingebracht. Berichterstatterin Dr. Helga Trüpel (Bündnis 90 / Die Grünen) hat das Mandat, für das Europäische Parlament in die Verhandlungen mit dem Rat der EU und der EU-Kommission über die Ausgestaltung des Europäischen Solidaritätskorps zu gehen. D as neue EU-Jugendprogramm ist in aller Munde: Es wird mit großem Enthusiasmus erwartet aber auch mit Skepsis betrachtet. dermöglichkeiten für Praktika und Jobs. So schlägt das Parlament die Bezeichnung „Europäischer Soli- daritäts- und Freiwilligendienst“ vor und legt deut- Der Vorschlag der Kommission traf 2016 eindeutig lich mehr Wert auf die Schwerpunkte Inklusion einen Nerv und das europaweite Erstarken nationa- und Diversität als die Kommission. Das Parlament listischer Kräfte sowie die schwindende Solidarität verschiebt außerdem an einigen Stellungen die Ein- in Europa bestätigten nach wie vor seine Notwen- ordnung des Programms aus dem jugendpolitischen digkeit. So sollte es bereits am 1. Januar 2018 star- Kontext (Lernmobilität, interkulturelles Lernen, ten. Dabei nehmen die legislativen Schritte, die der Entwicklung Persönlichkeit) in den engagementpoli- Gründung eines solchen Programmes vorausgehen, tischen (Hilfe, praktische Unterstützung). Nach dem einiges an Zeit in Anspruch. Vor allem dann, wenn Willen des EU-Parlaments soll der Beschäftigungs- die Ansichten weit auseinander liegen. strang nur 5% des Förderbudgets im Europäischen Solidaritätskorps ausmachen. Dementsprechend Strittig bleiben vor allem die Bezeichnung und beschränkt der Bericht des Parlaments den Kreis teil- Schwerpunktsetzung des Programms, sowie die För- nehmender Organisationen auf Non-profit-Einrich- tungen. Der Vorschlag der EU-Kommission sah hier einen 20%igen Anteil vor, die Mitgliedsländer hatten sich dieser Position bereits angeschlossen. Weitere Unterschiede ergeben sich in Punkten der geografischen Reichweite des Programms bis 2020 und der Refinanzierung des Programmbudgets. Es bleibt nun abzuwarten, wie die Gespräche zwi- schen Rat, Kommission und Europäischem Par- lament verlaufen werden. Bis zum 4. Juni soll eine Einigung unter Dach und Fach sein, denn alle Seiten wollen am Ziel einer ersten Antragsfrist im Oktober festhalten. »4 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
MELDUNGEN AUS DER EUROPÄISCHEN JUGENDPOLITIK à Inhaltsverzeichnis Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027: Was sollte drin sein für die EU-Jugendprogramme? Eine Mitteilung der Kommission zeigt Optionen für einen „modernen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für eine Europäische Union“ auf, darunter auch eine signifikante Erhöhung des Erasmus+ Budgets. Sie wird bis Mai ihren konkreten Vorschlag vorlegen. I n ihrer Mitteilung betont die Kommission, dass der EU-Haushalt in erster Linie ein Inves- titionsbudget sei. Er ermögliche Zielsetzungen in Höhe von 90 Mrd. EUR notwendig. Das Europäi- sche Parlament spricht sich seinerseits in der Erarbei- tung seiner Position aktuell für eine Verdreifachung auf europäischer Ebene, die Ausgaben auf nationaler des Erasmus+-Budgets aus. Ebene nicht erzielen könnten. Hier werden Mobili- tätsprogramme, darunter vorrangig Erasmus+, als Noch bleiben diese Szenarien sehr ungewiss. Selbst idealtypische und notwendige Investitionen gesehen, die Verwirklichung des ersten Szenarios stellt eine denn sie „statten junge Menschen mit den nötigen politische Herausforderung dar. So warnte EU-Haus- Kompetenzen für den Arbeitsmarkt aus, verbessern haltskommissar Oettinger vor einer Kürzung der das Verständnis für andere Kulturen und konsolidie- Mittel für Erasmus+, denn für eine Erhöhung spre- ren das soziale Gefüge [der] Union.“ chen sich im Moment längst nicht alle Mitglied staaten aus, weder bei Erasmus+ noch beim künftigen Somit werden für eine substanzielle Erhöhung der EU-Haushalt insgesamt. Reichweite von Erasmus+ zwei Szenarien dargestellt. Das erste Szenario zeigt auf, dass eine Verdopplung Eins ist dennoch sicher: Die Erneuerung von EU- der Zahl der an Erasmus+ teilnehmenden jungen Programmen und Fonds sind nun einmal abhängig Menschen in der EU auf rund 7,5% aller jungen Men- davon, dass es einen „Mehrjährigen Finanzrahmen“ schen Investitionen im nächsten MFR in Höhe von gibt. Sollte das Nachfolgeprogramm zu Erasmus+ 30 Mrd. EUR erfordern würden. Um jedem dritten 2021 mit der gleichen Verspätung starten wie das jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, im Rah- laufende anno 2014, so würde das bedeuten, dass bis men von Erasmus+ eine Lernerfahrung im Ausland zu 1 Mio. junger Menschen weniger eine Chance auf zu machen, wären für den gleichen Zeitraum Mittel Teilnahme hätten. Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 »5
MELDUNGEN AUS DER EUROPÄISCHEN JUGENDPOLITIK à Inhaltsverzeichnis EU-Jugendprogramme nach 2020: Wo geht die Reise hin? Auf den ersten Diskussionen zur Ausgestaltung der künftigen mehrjährigen Finanzplanung der EU folgen Positionen und Vorschläge zahlreicher politischer Akteure zu Erasmus+ JUGEND IN AKTION und dem Europäischen Solidaritätskorps. Diese fordern über eine bessere finanzielle Ausstattung hinaus neue Formate, verbesserte Verwaltungsstrukturen und kohärentere Ziele. N ur 1,36% des EU-Haushalts macht das gegenwärtige Erasmus+ -Programm aus – für viele Anlass, sich Gedanken über Menschen mit erhöhtem Förderbedarf oder Benach- teiligung arbeiten zu hoch sind. Eine Forderung, die die Vertreter der Erasmus+ Generation in ihrer das Konzept eines Nachfolge-Programms zu ma- Deklaration zur Zukunft des Programms ebenfalls chen. Hinzu kommen auch erste Überlegungen und deutlich formulierten. Forderungen zur Zukunft des Europäischen Soli- daritätskorps, die vor allem für eine Integration im Gelingendes Aufwachsen in einer werteba- Jugendkapitel von Erasmus+ werben. Da Erasmus+ sierten und demokratischen Gesellschaft und der ehemalige Europäische Freiwilligendienst Die nationale Zwischenevaluation von Erasmus+ als Erfolgsprojekte der europäischen Integration und JUGEND IN AKTION belegte, dass junge Men- der Zukunft Europas betrachtet werden, sollten künf- schen mit ihrer Teilnahme eine Verbesserung ihrer tig jugend-und gesellschaftspolitische Ziele sowie Kompetenzen zur Erhöhung ihrer Zukunftschancen eine angemessene finanzielle Ausstattung mit diesen erzielen. Im Mittelpunkt ihres Interesses stehen je- Projekten einhergehen. doch vor allem das persönliche Erleben und das Ken- nenlernen von anderen Kulturen und Standpunkten. Ein Europa für alle jungen Menschen So sehen Organisationen und Träger der Kinder- und Hier sind sich das Bundesministerium für Fami- Jugendhilfe im Jugendbereich von Erasmus+ großes lie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie Potenzial für die Demokratieförderung und die Wer- die Jugendorganisationen und Wohlfahrtsverbän- tevermittlung. Aus Sicht des Europäischen Jugendfo- de einig: Die EU-Jugendprogramme sollen durch rums müsse das Programm viel stärker auf die Per- vielfältige und niedrigschwellige Formate sowie sönlichkeitsentwicklung junger Menschen als aktive angemessene Förderungen Möglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger in diversen und demokra- jungen Menschen in Europa bieten. Noch sind die tischen Gesellschaften abzielen. Kompetenzerwerb Programme nicht inklusiv genug, auch weil die Ver- sei zuallererst als Beitrag zur Gesellschaft zu werten waltungsaufwände für kleinere Träger, die mit jungen und sollte von Zivilgesellschaft und Arbeitgebern an- erkannt werden. In diesem Sinne sollte der Struktu- rierte Dialog als Teilhabeinstrument gestärkt werden. Synergien zwischen der EU-Jugendstrategie und den EU-Jugendprogrammen schaffen Aus Sicht des Europäischen Parlaments sind die EU-Jugendprogramme ein wichtiges Instrument für eine bereichsübergreifende Strategie für die Jugend. So plädiert das Parlament zusammen mit dem BMFSFJ bei der anstehenden Erneuerung des Rah- mens für die jugendpolitische Zusammenarbeit dafür, die Prioritäten des Erasmus+-Folgeprogramms auf die neue Jugendstrategie der EU abzustimmen. Das Jugendkapitel solle dabei verstärkt auf die Weiterent- wicklung des Jugendbereiches, seinen Politiken, Prak- tiken und Zielgruppen ausgerichtet werden. »6 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU- JUGENDSTRATEGIE Wie alles begann Mit dem Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2009 wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich mit nationalen Maßnahmen an der Gestaltung der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa zu beteiligen. Es begann eine neue Ära der Jugendpolitik, in Europa und in Deutschland. Ein Rückblick auf acht Jahre Umsetzung in Deutschland. D er Beschluss des Rates stellte das Ergebnis einer fast zweijährigen Auseinanderset- zung in der Europäischen Union dar. Mit entwicklung ausgewählter Kernthemen der Kinder- und Jugendhilfe werden. ihm wurden erstmalig Zeichen gesetzt, die darauf Herausforderungen europäisch angehen hindeuteten, dass Anliegen und Herausforderungen Die Grundlage der EU-Jugendstrategie ist eine wei- des Jugendalters auch in der EU als eigenständiges terentwickelte Offene Methode der Koordinierung, Politikfeld betrachtet werden. Der Beschluss legte mit der ein Mehr an Verbindlichkeit bei den strate- übergeordnete Ziele fest und definierte spezifische gischen Zielen und ein intensiverer fachlicher Aus- jugendpolitische Ziele für acht Aktionsfelder. Diese tausch erreicht werden soll. Ausschlaggebend für bildeten die Grundlage für einen explizit jugendori- eine verstärkte jugendpolitische Zusammenarbeit entierten Beitrag von Jugendpolitik zur gesellschaft- in Europa und in Deutschland ist die Überzeugung, lichen Weiterentwicklung der EU. dass eine reine nationale Kinder- und Jugend(hilfe) politik grenzüberschreitenden Herausforderungen So wurden auf EU-Ebene Impulse gesetzt, die je- nicht mehr gewachsen ist. Sowohl europäisch als auch weils auf die Realität der Mitgliedstaaten übertra- national liegt es auf der Hand, die jugendpolitische gen und angepasst werden konnten. In Deutschland Strategie für die Stärkung der Jugendhilfe als dem wurde die EU-Jugendstrategie von Beginn an mit politischen Akteur und Umsetzer bei der Gestaltung großer Ernsthaftigkeit und fachlichem Interesse von Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen in aufgenommen. Der Bund hatte sich offensiv an der der EU zu nutzen. EU-Debatte beteiligt und nationale Akteure durch eine breite Konsultation im Vorfeld des Beschlusses Die jugendpolitische Zusammenarbeit stellt zwei einbezogen. Auch die Länder zeigten sich als akti- Anforderungen an die Mitgliedstaaten und die ve Mitgestalter und positionierten sich mit eigenen Europäischen Institutionen: zum einen die europä- Erwartungen im Entscheidungsfindungsprozess. ische Kooperation zur Verbesserung und Stärkung Die obersten Landesjugendbehörden kündigten an des gemeinsamen fachpolitischen Handelns in der die Umsetzung der neuen EU-Jugendstrategie in EU zu fördern, zum anderen; die vereinbarten Ziele Deutschland aktiv mitzugestalten. Die EU-Strate- und fachpolitischen Handlungsschwerpunkte in den gie sollte in Deutschland zum Motor für die Weiter- Mitgliedstaaten selbst zu verfolgen. Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 »7
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Eine Offene Methode der Koordinierung __Teilhabe fördern und Demokratie stärken – die auch in Deutschland EU-Jugendstrategie unterstützt die wirksame Bei der Umsetzung haben Bund und Länder sich Beteiligung Jugendlicher durch Ansprache von dem Konzept der Offenen Methode der Koor- neuer Zielgruppen und Implementierung neuer dinierung als Instrument der Politiksteuerung der Formate. EU anregen lassen, die außerdem dem föderalen System in Deutschland und den subsidiären jugend- __Kompetenzen der Jugendlichen sowie politischen Zuständigkeiten von Bund und Bundes- Bildungsangebote der Jugendarbeit stärken ländern entspricht. – die EU-Jugendstrategie unterstützt die Anerkennung und Sichtbarmachung der nicht 2010 haben Bund und Länder grundsätzlich ihre formalen und informellen Lernangebote in der enge Zusammenarbeit für eine gemeinsame Um- Jugendarbeit. setzung beschlossen. Sie sahen den Mehrwert der EU-Jugendstrategie in erster Linie darin, europäische Die Themen waren in der deutschen Jugendpolitik Impulse für die Weiterqualifizierung von Praxis und nicht neu, sondern spiegelten aktuelle gesellschaftli- Politik der Kinder- und Jugendhilfe zu nutzen. che Herausforderungen wider. Die Bearbeitung die- ser Themen drückte sich in zahlreichen Maßnahmen Im Mittelpunkt der Bund-Länder-Zusammenarbeit aus, darunter in der Initiierung vieler Prozesse des standen anfangs die Abstimmung und der Aus- Voneinander-Lernens, in Modellprojekten, dem Auf- tausch über geeignete und für die deutsche Kinder- bau von Informationsnetzwerken und der Entwick- und Jugendhilfe zukunftsweisende europarelevante lung konkreter Handlungsempfehlungen. In einigen Fragestellungen. Dabei sprachen sich die Partner für Ländern und Kommunen wurden Beratungsstellen einen eigenen, etwas von den allgemeinen Merkma- für Jugendliche und Träger eingerichtet und regelmä- len der EU-Jugendstrategie abweichenden Umset- ßige Informationsveranstaltungen oder digitale In- zungsplan aus. So sah das deutsche Vorgehen kein formationsangebote, wie z.B. „EuroBBa“, entwickelt. Handeln in den acht Handlungsfeldern der EU-Ju- gendstrategie vor, sondern eine Konzentration auf Das Bundesministerium für Familien, Senioren, zentrale Themen, in denen Jugendhilfe selbst agie- Frauen und Jugend (BMFSFJ) initiierte ein Modell- ren und eigenständig verändern kann. Bund und projekt zur Förderung der grenzüberschreitenden Länder haben als zentrales Merkmal der Umsetzung Mobilität zu Lernzwecken im Rahmen der Umset- die Beteiligung junger Menschen sowie der Akteure zung der EU-Jugendstrategie, das in Kooperation der Jugendpolitik in ihrer jeweiligen Z uständigkeit mit fünf Bundesländern umgesetzt wurde. Dabei festgeschrieben. sollte verdeutlicht werden, dass grenzüberschrei- tende Mobilität nicht nur für gut ausgebildete junge Soziale Integration, Teilhabe und Anerken- Menschen im Studium, während der Schulzeit oder nung des nicht-formalen Lernens eines Freiwilligendienstes ein persönliches High- In Deutschland wurden drei Themen festgelegt, die light darstellt, sondern insbesondere auch diejeni- zur Erreichung übergeordneter jugendpolitischer gen persönlich und bildungsbezogen unterstützt, die Ziele und zur Stärkung der Angebote von Jugend- sich nicht aus ihrem engeren lokalen Umfeld heraus hilfe beitragen sollten: bewegen. Bund und Länder arbeiteten darüber hin- aus gemeinsam an konkreten praxisbezogenen Em __Neue Lernfelder für Jugendliche und Fachkräfte pfehlungen für die Jugendsozialarbeit, um Angebote ermöglichen – die EU-Jugendstrategie der grenzüberschreitenden Mobilität gerade für bil- unterstützt die Integration benachteiligter dungsbenachteiligte junge Menschen zu vermehren. junger Menschen in das Regelsystem von Das Land Brandenburg wählte seinerseits einen res- Bildung, Ausbildung und Arbeit. sortübergreifenden Ansatz um eine stärkere Ein- beziehung von benachteiligten Jugendlichen in die Jugendfreiwilligendienste zu erreichen. Es wurden drei interministerielle Fachkräfteprogramme orga- »8 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis nisiert, bei denen sich Mitarbeiter/-Innen aus dem für die Zukunft. Denn mit dem Ende der aktuellen Kultur-, Umwelt- und Landwirtschaftsministerium EU-Jugendstrategie endet nicht die Notwendigkeit, zusammen mit Mitarbeiter/-Innen aus den jeweils jungen Menschen diese europäische Gemeinschaft entsprechenden Ministerien in Litauen austauschen und ihre Vorteile zugänglich zu machen. In der Um- konnten. setzung entstandene Initiativen, das gestärkte Be- wusstsein für europabezogenes Handeln und die Nicht zuletzt sind dank der EU-Jugendstrategie in praktischen Empfehlungen für eine europäische Landkreisen, Städten und Gemeinden Diskussions- Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe müssen fort- und Verständigungsprozesse in Gang gekommen, gesetzt und weiterausgebaut werden. Auch sollen die nicht vor der Kommunalpolitik Halt gemacht ha- Förderprogramme und jugendpolitische Strategi- ben. Die innenpolitischen Entwicklungen in Europa en besser abgestimmt und verzahnt werden. Dabei und in Deutschland haben nochmal das Bewusstsein sollte ein besonderes Augenmerk auf die Ideen und gestärkt, dass alle jungen Menschen die Möglichkeit Themen, die im Rahmen des aktuellen Zyklus des erhalten sollten, Europa selbst zu erleben, mitzuge- Strukturierten Dialogs entstanden sind, liegen. Junge stalten und sich europäisch zu engagieren. Menschen haben zahlreiche Anliegen und erwarten, dass diese in der Politikgestaltung berücksichtigt wer- In diesem Dossier reflektieren Akteure aus Län- den. So erhalten jugendpolitische Entscheidungsträ- dern und Kommunen sowie Träger der Kinder- und ger die Chance, den jungen Menschen Europa näher Jugendhilfe die bisherige Umsetzung der EU-Jugend- zu bringen und den Querschnittansatz von Jugend strategie und äußern Wünsche und Empfehlungen politik zu stärken. Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 »9
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Nachgefragt: Junge Erwartungen an die EU „du »EUROPA» wir“ lautet das Motto des aktuellen Zyklus des Strukturierten Dialogs, dem Jugendbeteiligungsinstrument der EU-Jugendstrategie. Bei Veranstaltungen und persönlichen Gesprächen, aber auch online konnten junge Menschen ihre Ideen, Erfahrungen und Wünsche für die Zukunft Europas einbringen. D ie Beteiligung der Jugend ist von Beginn an ein Grundprinzip der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa. So wird auch zweifelte daran, dass Europa jemals fertig sein könn- te. Zum berühmten Gurkenbild sagt Gerhard aus Lüneburg: „Das ist für mich das alte Negativbeispiel, die Zukunft der EU-Jugendstrategie mit dieser be- das schon seit zehn Jahren nicht mehr stimmt. Da raten, wofür die aktuelle Phase des Strukturierten werde ich jedes Mal sauer, weil es die Lebensmitte- Dialogs (SD) genutzt wird. Unter dem Motto „du lindustrie ist, die sich das selbst auferlegt hat, aber »EUROPA» wir“ wurden zahlreiche Ideen und die EU kriegt den Ärger ab“. Andere ziehen ihre Bil- Erwartungen an Europa und die Jugendpolitik euro- der aus der eigenen Erfahrung mit Europa, so wie paweit formuliert und gesammelt. Genau wie Europa Theresa aus Erfurt. Die assoziative Verbindung zwi- sind auch die Themen, die junge Menschen mit ih- schen einem Obst- und Gemüsemarkt und Europa rem Leben in der EU verbinden, vielfältig. kommentiert sie folgendermaßen: „Es erinnert mich an meinen Freiwilligendienst in Serbien– das ist zwar Diese wurden über die übliche Online-Mitwirkung Europa, aber eben nicht EU. Ganz viele Menschen genauso wie im Rahmen von Veranstaltungen ein- dort würden sich über die Reise- und Arbeitsfreiheit, geholt. In regionalen Denkwerkstätten sowie lokale die wir haben, sehr freuen und da merkt man dann Erasmus+ Projekte des Strukturierten Dialogs war auch die Vorteile sehr stark, die wir hier als selbstver- ein tieferer Einstieg in die Themen möglich. Hier ständlich wahrnehmen“. wurden die Anliegen, Sorgen und Hoffnungen kon- kret. Druck beim Lernen und dadurch Angst vor Und wie steht’s mit den Gefühlen? der Zukunft, Jugend in der digitalen Welt und Euro- „Momentan sind es eher negative Gefühle, die auf- pa, Umweltschutz- all dies und mehr bewegt junge kommen, zum Beispiel was die Verteilung der Flücht- Menschen. linge angeht, das Abschotten an den EU-Außen- grenzen oder den Rechtsruck in einzelnen Staaten. Gemüsemarkt Europa Gerade letzteres sollte momentan die Hauptaufgabe „Für mich fehlt es noch an effektiven Partizipations- der EU sein, das zu beheben“, plädierte Max, der sich möglichkeiten im Europäischen Parlament oder im im Kinder- und Jugendparlament in Berlin engagiert. Europarat – es ist wichtig, dass die Jugend auch bei „Es ist wichtig, dass die EU sozialer wird – das betrifft Themen außerhalb der klassischen Jugendpolitik uns hier zwar weniger, aber in Südeuropa muss die dabei ist, zum Beispiel bei der Klima- oder Verkehrs EU etwas tun, um die Jugendarbeitslosigkeit abzu- politik“, meinte Jannis aus Dortmund zu Jannis aus bauen“, forderte Malte. Bremen. Der engagiert sich bei der Jugendfeuerwehr und hatte ein ganz anderes Anliegen: „Wenn ich eine Gute Gefühle entstehen dagegen bei den Gedanken an Sache an Europa ändern könnte, wäre das, dass die die Geschichte der Europäischen Union, an die Rei- Erstintegration von Geflüchteten in Vereine und sefreiheit und die Chancen, die Programme wie Eras- Gruppen nicht mehr zufällig passiert, sondern dass mus+ ermöglichen. Deshalb sollte gerade das auch es ein europaweites System für die Integration in die deutlicher kommuniziert werden. Bei all den gewähr- Gesellschaft gibt.“ ten Freiheiten sei es aber auch an der Bevölkerung für diese einzustehen und aktiv zu werden, sagte Max mit Auch ihre Einschätzungen und Assoziationen zu Eu- Seitenblick auf Staaten wie Ungarn und Polen. ropa sind unterschiedlich. Paul, 13 Jahre, aus Berlin, bezeichnete Europa als „unfertig“, während er vom Trotz all der unterschiedlichen Standpunkte, Er- Europäischen Parlament in Straßburg sprach und wartungen, Gefühle und Fantasien, brachte die » 10 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Beteiligungsrunde in Deutschland gemeinsame Von einer zukünftigen EU wünscht sich die Jugend Themen hervor, die jungen Menschen besonders mehr Transparenz und mehr Demokratie, womit wichtig sind. sie eine größere Einbeziehung der Bürger und Bür- gerinnen bei politischen Entscheidungen verbin- det. Ihrer Auffassung nach 1. Umwelt und Nachhaltigkeit sollten die Mitgliedsstaa- 2. Bildung, Ausbildung und Arbeit ten der EU noch enger zusammenarbeiten. Nati- 3. Mobilität und Begegnung onale Politiker und Poli- 4. Zusammenleben in Vielfalt tikerinnen sollten stärker 5. Politik für junge Menschen länderübergreifend den- ken, wenn sie ihre nati- 6. Beteiligung onalen Entscheidungen 7. Weiterentwicklung der EU treffen. 8. Freiwilliges Engagement und … Die jungen Menschen 9. Jugend in der digitalen Welt wollen eine soziale und 10. Europäisches Wir-Gefühl solidarische Europäische Union. Beim Kampf gegen Quelle: DBJR, Werkstatt MitWirkung, „Ergebnisse du »EUROPA» wir“, Kinderarmut und Jugend- arbeitslosigkeit sollten sich Die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit brennen die EU-Staaten gegenseitig unterstützen. Kontrover- jungen Menschen ganz besonders unter den Nä- ser sehen sie die finanzielle Unterstützung anderer geln. In der Auswertung der Werkstatt MitWir- Länder durch die EU: Sie finden, hier sollte die EU kung heißt es: „Junge Menschen sorgen sich über das Verhältnis zwischen ihrer Unterstützung für an- die zunehmende Umweltzerstörung, wollen mehr dere Länder und deren Selbsthilfe ausgleichen. über die Zusammenhänge erfahren und machen sich Gedanken, wie sie ihr eigenes Verhalten ändern Um ein positives Gefühl und eine Zugehörigkeit zur können. Aber sie fordern auch, dass politische Rah- EU entwickeln zu können, sollten offene Grenzen menbedingungen für einen erfolgreichen Umwelt- und mehr Europa-Bildung für die Jugend gewähr- schutz geschaffen werden“. leistet sein. Freies ungehindertes Reisen fördert Be- gegnungen und Freundschaften mit anderen jungen Weniger Leistungsdruck, Bekämpfung der Menschen über Grenzen hinweg und müsse deshalb Kinderarmut und offene Grenzen erhalten bleiben. Außerdem könnten junge Men- Das Lernen ohne Leistungsdruck hat im Zusammen- schen Europa nur besser verstehen und es zu ihrer hang mit dem Thema Bildung viele der jungen Men- Sache machen, wenn sie mehr wissen und europä- schen angesprochen. Sie sehen sich einem immer ische Themen auch im Alltag – z.B. im Schulunter- größer werden Druck ausgesetzt „gut sein zu müssen“ richt – diskutieren können. und mit anderen gemessen zu werden, sowie immer weniger Zeit zum Lernen zu haben. Sie wünschen sich Medienkompetenz als Muss deshalb mehr Raum, sich in der Schule zu orientieren Auch das Leben in der digitalen Welt treibt die junge und intensiv mit Themen auseinanderzusetzen. Im Generation um, sie vermissen insbesondere Unter- Gegensatz zur Bildungspolitik, die Ganztagsschulen stützung in ihrer Orientierung durch Erwachsene. ausbauen will, wünschen sich die jungen Menschen Zwar sind ihnen die Vorzüge der digitalen Möglich- kürzeren Unterricht. Außerdem sollte beim Lernen keiten bewusst, von denen sie gerne profitieren nicht immer nur Leistung und Qualifikation für den möchten, allerdings wollen sie sich dabei auch auf Arbeitsmarkt im Vordergrund stehen, sondern die den Schutz ihrer Daten und Informationen ver- persönliche Entwicklung. lassen können. Sie wünschen sich insgesamt mehr Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 » 11
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Unterstützung beim richtigen und verantwortungs- men europäischen Anliegen und Forderungen erar- vollen Umgang mit den Medien. Deshalb ist ihrer beiteten. Unter dem Titel „Youth G oals“ definierten Auffassung nach die Vermittlung von Medienkom- die jungen Menschen elf Ziele für die europäische petenz im heutigen Unterricht ein Muss. Von Lehr- Jugendpolitik, die sie mit je einer übergreifenden personal und Politik erwarten sie mehr Fachkenntnis, Erwartung und einzelnen Empfehlungen unterlegt mehr Wissen und mehr Engagement, wenn es darum haben. Dort finden sich die oben genannten Themen geht, die digitale Welt jugendgerecht mitzugestalten. natürlich wieder. Die Ziele reichen von der europä- ischen Zugehörigkeit, über Geschlechtergleichheit, Wie kommen diese spannenden Ergebnisse nun dort Inklusion, Beteiligung und Mitbestimmung, Qualität an, wo die zukünftige EU-Jugendstrategie entschieden und Bildung und Arbeit bis hin zu Umweltschutz und wird? Sie werden von Bund und Ländern aufgegrif- jungen Menschen in ländlichen Gebieten. Mit diesen fen, die dies in ihrer Positionierung berücksichtigen. klaren Jugendzielen werden sich nun die Jugend Außerdem wurden sie mit zur EU-Jugendkonferenz ministerien der EU-Staaten und die Europäische in Sofia Mitte April 2018 genommen, wo die Jugend- Kommission auseinandersetzen müssen, wenn es um delegierten aller Mitgliedsstaaten auf Grundlage der den Vorschlag und die Verhandlung der zukünftigen nationalen Beteiligungsergebnisse ihre gemeinsa- EU-Jugendstrategie geht. „Dank der EU-Jugendstrategie wird mit Europa etwas (Be-)Greifbares verbunden.“ 2010 war der Startschuss für die Umsetzung der neuen EU-Jugendstrategie in Europa. Was ist in den letzten acht Jahren in den Bundesländern in Deutschland erfolgt? Und welche Erwartungen gibt es an die künftige jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa? J UGEND für Europa führte ein Gespräch mit Matthias Hoffmann, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg Die Zusammenarbeit und der Fachaustausch hat in die- sem Zusammenhang übrigens nicht nur eine europäische Dimension sondern auch eine sehr regionale. Gerade in zur bisherigen Umsetzung und zur Zukunft der der Phase des Implementierungsprozesses der EU-Ju- EU-Jugendstrategie. gendstrategie haben wir sehr eng mit den Kolleg-/-Innen aus Berlin zusammengearbeitet. Daraus sind dann ge- »»Welche Impulse wurden mit der EU-Jugendstrategie in meinsame Informationsveranstaltungen und Fortbildun- Brandenburg gesetzt? gen für die Länder Brandenburg und Berlin erwachsen. ««Ganz allgemein würde ich sagen, das Feld der interna- tionalen und europäischen Jugendarbeit als ein wichtiger »»Welches Thema bzw. Anliegen konnte durch die EU- Bestandteil von Jugendarbeit ist wieder im Bewusstsein Jugendstrategie weitergebracht oder gestärkt werden? der Fachkräfte angekommen, aber auch auf der Steue- ««Wir haben uns zu Beginn des Umsetzungsprozes- rungsebene zum Beispiel in den Jugendämtern. Das ist ses dafür entschieden, bei Fachtagen, Konferenzen etc., das eine. Das andere ist, dass sich auch mit dem Begriff wenn möglich und sinnvoll, auch die Perspektive von Europa etwas (Be-)Greifbareres verbindet als nur ein Kolleg-/-Innen aus anderen europäischen Ländern ein- abstraktes Staatengebilde, das man in seinen Einzelhei- zubeziehen. Das halten wir bis heute auch weitgehend ten nicht durchschaut oder das Europa weitaus mehr ist durch, zuletzt etwa bei unserem 3. Kongress der Jugend- als nur Schengen bzw. der Euro, was ja wahrlich auch arbeit „Auftrag Jugendarbeit: politisch?! – integrativ?! – schon nicht wenig ist, sondern Europa ganz konkret auch demokratisch?!“ Sehr gute Erfahrungen haben wir auch Zusammenarbeit und Fachaustausch unter Kolleg-/ damit gemacht, für die brandenburgischen Fachkräfte -Innen bedeutet. einen Sprachkurs „Fachenglisch“ anzubieten, der dann » 12 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis über ein halbes Jahr als „Webinar“ fortgesetzt wurde und schließlich in einem Fachkräfteaustausch mit Kol- leg-/-Innen aus Nord-Irland mündete und dieses Jahr als SummerSchool weitergeht. Ziel des Kurses war und ist es, bei den Fachkräften Hemmschwellen abzubauen und Kommunikation zu ermöglichen, wenn es um ein Mehr an grenzüberschreitender Mobilität gehen soll. Denn wenn wir möchten, dass mehr junge Menschen Europa erfahren, also an grenzüberschreitenden Mobi- litätsmaßnahmen teilnehmen, müssen wir als erstes die Fachkräfte in den Blick nehmen. Ein Jugendarbeiter oder eine Jugendarbeiterin, der oder die selbst so etwas noch nie erlebt hat oder sich nicht traut, wird doch niemals auf die Idee kommen, mit einer Gruppe Jugendlicher in die Fremde zu fahren. »»War die EU-Jugendstrategie Ansporn, Motor oder eher eine Stütze dessen was bereits angestrebt war? ««Viele Programme, die wir mit unseren Kollegen aus dem Ministerium für Soziales und Arbeit der Repub- den Blick genommen werden und dass sie dafür auch lik Litauen seit vielen Jahren jährlich organisieren, lie- die kommunalpolitische Rückendeckung haben, in dem fen ja auch vorher schon. Aber der gesamte Ansatz der sie sich einen politischen Auftrag durch Kreistag oder jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa, der hinter Jugendhilfeausschuss holen. Wichtig war uns außerdem, der EU-Jugendstrategie steckt, hat uns eigentlich darin dass sie diesen Prozess mit den Trägern und Fachkräften bestärkt, dass wir da das Richtige tun und wir das un- im Kreis gemeinsam gestalten. Dafür haben wir jährlich bedingt ausbauen müssen. So gesehen ist die EU-Jugend- je Kreis 5.000 Euro für Unterstützung des Prozesses strategie eine ganz wichtige Legitimation unserer Arbeit durch Berater/-Innen oder Coaches sowie 15.000 Euro gewesen und lieferte uns ein weiteres wichtiges Argument, für die praktische Erprobung ihrer Ideen, Finanzierung wenn es in Diskussionen darum ging, ob das alles not- von Maßnahmen im Rahmen des Projektes, Dokumen- wendig ist und wir unsere weniger werdenden personellen tation etc. bereitgestellt. Das Programm führen wir bis Ressourcen nicht lieber auf die wirklich wichtigen Dinge heute fort. Mittlerweile haben sich insgesamt vier Land- des Lebens konzentrieren sollten kreise, zwei kreisangehörige Städte und vier Gemeinden, die sich für das Programm zu einem Gemeindeverbund »»Welche Projekte sind im Zuge der EU-Jugendstrategie zusammengetan haben, beteiligt. Aus diesen Projekten in Brandenburg entstanden? Mit welchen Ergebnissen? hat sich eine landesweite Netzwerkgruppe zur Förderung ««Es war uns eigentlich relativ schnell klar, dass wir die der grenzüberschreitenden Jugendmobilität entwickelt, Landkreise, Ämter und Gemeinden irgendwie in den die sich etwa viermal im Jahr trifft. Prozess reinholen müssen, wenn wir ein Mindestmaß an Nachhaltigkeit erreichen wollen. Letztlich findet »»Hat die EU-Jugendstrategie politische Prozesse in die praktische und alltägliche Arbeit mit Kindern und Brandenburg beeinflusst und zur Schärfung des europä- Jugendlichen vor Ort statt. So sind wir dann im Jahr ischen Profils der Kinder- und Jugendhilfe beigetragen? 2013 gestartet und haben zwei Landkreise über den Zeit- ««Bis 2013 hatten wir zwei getrennte Förderrichtlini- raum von zwei Jahren unterstützt, Handlungsstrategien en, einmal für die außerschulische Jugendbildung und zur Förderung der grenzüberschreitenden Jugendmobili- einmal für die internationale Jugendarbeit. Wir haben tät zu entwickeln. Das Patenprogramm dazu war eigent- den (KGI-)Gedanken aufgegriffen, dass internationale lich „Kommune Goes International“ (kurz: KGI) vom und europäische Jugendarbeit integraler Bestandteil der IJAB e.V., das wir nur adaptiert haben. Uns war wichtig, Jugendarbeit sein muss und haben 2014 beide Richtlinien dass sowohl die Jugendlichen als auch die Fachkräfte in zu einer zusammengefasst, die jetzt "Jugendbildung und Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 » 13
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Jugendbegegnung" heißt. Internationale und europäische ««Ich bin mir ganz sicher, dass, wenn man junge Menschen Jugendbegegnungen sind Jugendbildung. Gleich zeitig fragt, was denn die EU-Jugendstrategie sei, man ein „Bitte, wollen wir damit auch den Ansatz der Europabildung was?“ zur Antwort bekommt. Aber ich finde auch nicht, fördern. Eine Fahrt nach Brüssel, natürlich mit entspre- dass es darauf ankommt. Die Frage zielt ja aber auch mehr chendem europapolitischem Programm, ist eine wichtige auf die Wirkungen auf junge Menschen ab. Mit der Be- Bildungsmaßnahme, auch wenn sie ohne die Begegnung schreibung, Feststellung und Messung von Wirkungen un- mit belgischen Jugendlichen stattfindet. seres Tuns bei (jungen) Menschen tun wir uns in der sozia- len Arbeit aus gutem Grund ja auch sehr schwer. Ich würde Und ein Letztes noch: auf Landesebene haben wir als ein mir nicht anmaßen wollen, zu sagen, dass die Umsetzung Ergebnis aus der gemeinsamen Teilnahme mit Berlin an der EU-Jugendstrategie das Leben junger Menschen maß- dem Modellprojekt des BMFSFJ Handlungsempfehlun- geblich beeinflusst oder verändert hat. Aber das schmälert gen zur Förderung der grenzüberschreitenden Jugendmo- das Ganze auch in keinster Weise. Unser Job ist es doch, bilität erarbeitet, die der Landes-Kinder- und Jugendaus- möglichst gute Rahmenbedingungen für das Aufwachsen schusses des Landes Brandenburg 2016 beschlossen hat. junger Menschen in „Kleinsiehstenich“, Potsdam, Bran- An diesem Prozess haben sich unterschiedliche Träger denburg, Deutschland oder in Europa zu schaffen. Das ist und Fachkräfte beteiligt. Darin heißt es unter anderem: mitunter ein sehr mühseliges Geschäft, weil es sich aus vie- „Ziel sollte es sein, dass alle jungen Menschen mindestens len kleinen Puzzleteilen zusammensetzt, die am Ende ein einmal in ihrer Jugendphase eine grenzüberschreitende Gesamtbild ergeben. So tut jeder das Seine zur Verbesse- Mobilitätserfahrung im Sinne der EU-Jugendstrategie rung der entsprechenden Rahmenbedingungen und in der machen.“ Das ist schon sehr ehrgeizig, aber daran zu ar- Gesamtheit hat es dann auch Einfluss auf die Perspektiven beiten, ist eine lohnende Aufgabe. und das Aufwachsen junger Menschen. »»Was hat sich für junge Brandenburger durch die Um das Beispiel mit den Fachkräften von vorhin noch EU-Jugendstrategie geändert? einmal aufzugreifen: wenn ich Fachkräfte qualifiziere » 14 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis und versuche Hemmungen in der Zusammenarbeit mit reich. Was ich in letzter Zeit wahrnehme und was mir Fachkräften aus einem anderen Land zu nehmen, hat wirklich und ernsthaft Sorgen bereitet, ist die Tatsache, das erst einmal überhaupt keinen unmittelbaren Ein- dass sich immer mehr Träger von Erasmus+ abwen- fluss auf die jungen Menschen vor Ort. Ich kann nur den, weil sie sagen, dass sie nicht mehr Willens und im hoffen und annehmen, dass die Fachkraft sich aber zu Stande sind den Aufwand für eine Antragstellung zu einem späteren Zeitpunkt entschließt, vielleicht eine leisten. Und schließlich kommt dann auch noch der Jugendbegegnung zu organisieren. Und wenn nicht, Frust dazu, wenn sie den zeitraubenden und kompli- dann nicht. Aber das habe ich dann nicht mehr in der zierten Antrag endlich fertig haben und eine Förderab- Hand. Ich kann nur versuchen, die Bedingungen dafür lehnung bekommen. Das heißt, sie verzichten auf die zu schaffen, dass es passiert. Möglichkeit einer Förderung aus dem Programm und nehmen entweder Abstand von Projekten oder versu- »»Worin bestehen die größten Herausforderungen für chen, die Finanzierung durch Spenden oder ähnliches die künftige Umsetzung der EU-Jugendstrategie in zusammen zu bekommen. Das widerspricht dem Be- Brandenburg? streben, Europa auch vor Ort stärker zu etablieren, ««Das kann ich relativ klar sagen: dass wir zu viel von wenn sich die örtliche Ebene gleichzeitig abwendet. In ihr erwarten und dass wir uns letztlich überfordern und der erwähnten landesweiten Netzwerkgruppe bei uns enttäuschen. Wenn für mich eines aus den vergangenen ist das schon mehrmals Thema gewesen und eine Idee acht Jahren deutlich geworden ist, dann ist es, dass wir zur Lösung war, eine landesweite Stelle zu schaffen, die das Tempo, das wir zu Beginn des Umsetzungsprozes- insbesondere kleineren Trägern die Anträge schreibt ses vorgelegt haben, auf Dauer nicht durchhalten kön- oder sie zumindest bei der Antragstellung unterstützt. nen. Und das wir es auch zukünftig sehr schwer haben Klar, das ist natürlich eine Idee, aber das kann doch werden, zu erklären, was denn nun das Spezifische an nicht der Ansatz sein. Ich denke, hier braucht es einen der EU-Jugendstrategie, der konkrete Nutzen und die Perspektivwechsel und eine Überarbeitung des An- praktischen Wirkungen sind. Zu jedem der hier von tragsverfahrens einschließlich der Vordrucke. mir genannten Beispiele lässt sich trefflich fragen: „und was hat das mit der EU-Jugendstrategie zu tun? Das »»Welche Themen und Instrumente wären für wichti- kann man doch auch ohne machen.“ Vollkommen rich- ge Anknüpfungsmöglichkeiten in Brandenburg wün- tig. Und dennoch steht es alles in einem Kontext der schenswert? jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa und hat ««Ich nehme wahr, dass es einen ziemlich breiten von daher sehr viel mit der EU-Jugendstrategie zu tun. Konsens in der Fachdebatte gibt, dass die Anzahl an Themen einer zukünftigen EU-Jugendstrategie konzen- »»Was sollte bei der Umsetzung der EU-Jugendstrate- triert werden sollten und das insbesondere Themen wie gie verbessert werden? Beteiligung/Demokratiebildung/Engagement, Stär- ««Was mir sehr am Herzen liegt, ist die Unterstützung kung der Mobilität, Inklusion/Diversität, Solidarität/ der lokalen Ebene in dem Umsetzungsprozess. Da sind gesellschaftlicher Zusammenhalt/Europäische Bür- wir alle und insbesondere wir in den Ländern gefor- gerschaft oder Digitalisierung dabei im Vordergrund dert. Gerade vor Ort haben wir es in Brandenburg sehr stehen. Hieran gibt es auch ein Interesse in anderen häufig mit vielen kleineren Trägern zu tun, die über EU-Mitgliedsstaaten, zumindest soweit mein Über- nur sehr wenig hauptamtliche Man- und Womanpow- blick reicht. Hier sollten wir den europäischen Impuls, er verfügen. Für diese Träger brauchen wir eine größere der von einer neuen EU-Jugendstrategie ausgehen Durchlässigkeit für die Förderung von Maßnahmen. kann, nutzen. Was ich damit meine, ist, dass wenn die zukünftige EU-Jugendstrategie noch enger mit dem Programm Ich gehe ganz schwer davon aus, dass das Voneinan- Erasmus+-JUGEND IN AKTION verschränkt wer- der-Lernen auch in der zukünftigen EU-Jugendstrategie den und das Programm das zentrale Finanzierungs- ein wesentliches Umsetzungsinstrument darstellen instrument zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie wird. Darüber wäre ich sehr froh, denn darauf baut aus darstellen soll, dann müssen wir hier für niedrigschwel- meiner Sicht so vieles auf. Wenn wir die Kolleg-/-Innen ligere Zugangsmöglichkeiten sorgen. Die Antragstel- vor Ort nicht mit im Boot haben, werden wir nur lang- lung ist für diese Träger sehr aufwändig und umfang- sam vorankommen. Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 » 15
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Eine EU-Jugendstrategie, die junge Menschen und Akteure in den Mittelpunkt stellt Die externe Evaluation der EU-Jugendstrategie, die die EU-Kommission im Juli 2017 veröffentlicht hat und auf Die AGJ plädiert dafür, den Mehrwert und die Relevanz Befragungen der Zivilgesellschaft fußt, betont: „Dort, wo aus der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa noch der EU-Jugendstrategie Anregungen aufgegriffen wurden, stärker erfahrbar zu machen. Der jugendpolitische Auftrag hat dies konkrete Veränderungen – in Politik oder in Orga- soll sich zukünftig mehr auf die fünf Kernaufgaben, wie z. nisationen und Strukturen – angeschoben. (…) Der Struk- B. grenzüberschreitende Mobilität, Förderung einer aktiven turierte Dialog und das Peer-Learning werden als Aktivitäten europäischen Bürgerschaft und des Engagements in und für genannt, die am stärksten zur Relevanz und zum Erfolg der Europa, konzentrieren. Die AGJ fordert, dass die jugendpo- Strategie beigetragen haben.“ litischen Ziele gegenüber beschäftigungs- und wirtschafts- politischen Aspekten profiliert werden, Jugendpolitik muss Wir in der BAG Evangelische Jugendsozialarbeit haben die als Querschnittsthema erkennbar in andere EU-Politikfelder Europäische Jugendpolitik seit langem im Blick und gestal- bzw. -strategien wirken. Ab 2019 wäre eine auf einen längeren ten diese aktiv mit. Wie alle Akteure in der Jugendsozialarbeit Zeitraum angelegte Jugendstrategie wünschenswert, welche nehmen wir wahr, dass sich die Europäische Jugendpolitik auf eine zielgerichtete Nutzung des Instruments der Arbeits- stark entwickelt hat und einen ausgesprochen wichtigen Bei- pläne setzt, um auf mittelfristige politische Änderungen flexi- trag für Europa leistet. Bezogen auf die jungen Menschen sind bel reagieren zu können. Die jugendpolitische Zusammenar- diese Erfolge aber immer noch zu selten spürbar, vor allem beit sollte zunehmend an den Bedürfnissen junger Menschen nicht bei den jungen Menschen mit geringeren Chancen und ausgerichtet sein und stärker auf die Zielgruppe der benach- mit erschwerten Zugängen. Dort wo es gelingt, benachteilig- teiligten und beeinträchtigten junge Menschen sowie der te junge Menschen in die Strukturen der Europäischen Ju- Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe abzielen. Gesichert gendpolitik und in die EU-Jugendprogramme einzubeziehen, werden muss eine breite Beteiligung der unterschiedlichen sind die Erfolge großartig und die Kompetenzsprünge signi- politischen Ebenen und zivilgesellschaftlichen Akteure an fikant. Aber in Summe betrachtet, sind hier die Erfolge und der Konzeption und Umsetzung der künftigen EU-Jugend- Maßnahmen noch sehr begrenzt. Wie die BAG Katholische strategie. Die Instrumente der EU-Jugendstrategie haben Jugendsozialarbeit in ihrer Stellungnahme „Eine Jugendstra- die Aufgabe eine breite Beteiligung zu garantieren, weiter- tegie für alle jungen Menschen in Europa“ richtig formuliert: entwickelt werden muss das Instrument des Strukturierten „Um adäquate Beteiligungsmöglichkeiten für benachteiligte Dialogs, damit mehr junge Menschen aus benachteiligten Jugendliche zu erreichen, sind mehr Ressourcen und neue Zielgruppen für die Teilnahme am Dialogprozess gewonnen Zugänge für „barrierefreie“ Beteiligungsprozesse erforder- werden können. Notwendig ist eine europaweite Verbesse- lich. Die Ermöglichung transnationaler Mobilität insbeson- rung der Informationspolitik über die EU-Jugendstrategie, dere für benachteiligte Jugendliche muss zum vordringlichen Peer-Learning und Jugendforschung müssen ausgebaut wer- Ziel der jugendpolitischen Strategien auf europäischer bzw. den. Eine gelingende europäische jugendpolitische Zusam- jeweils nationaler Ebene werden. Hierzu ist eine ausgeweite- menarbeit braucht ein solides finanzielles Fundament, wel- te und gesicherte finanzielle Förderung unabdingbar. Darü- ches z. B. durch Erasmus+ JUGEND IN AKTION und ggf. ber hinaus sind verlässliche Stützstrukturen notwendig, die eigene konkrete Förderformate sichergestellt werden kann. eine Einbeziehung benachteiligter junger Menschen in gren- züberschreitende Maßnahmen gewährleisten.“. Fazit: Die Auszug aus dem AGJ-Positionspapier „Fortführung der jugendpolitischen Jugendsozialarbeit wünscht sich eine EU-Jugendstrategie, die Zusammenarbeit in Europa ab 2019 – Zwingende Voraussetzungen einer sich daran messen lässt, wie es ihr noch besser gelingt, junge gelingenden europäischen Jugendpolitik!“ Menschen mit eingeschränkten Zugängen zu beteiligen. Hans Steimle, BAG Evangelische Jugendsozialarbeit » 16 # 01.18 Newsletter EU-Jugendstrategie
DOSSIER: GEGENWART UND ZUKUNFT DER EU-JUGENDSTRATEGIE à Inhaltsverzeichnis Um die EU-Jugendstrategie ernst zu nehmen, müssen junge Menschen mit ihren Anliegen und Bedarfen ernst genommen werden. Das allein macht Beteiligung und echte Wer die derzeitige europäische Wirklichkeit wahr- und Partizipation bei einer Jugendstrategie zwingend notwendig. ernst nimmt, der muss zu dem Schluss kommen: Die er- Damit Beteiligung funktioniert, muss die Strategie aber auch neuerte Zusammenarbeit im Jugendbereich ab 2019 sollte dort ankommen wo die jungen Menschen sind, nämlich auf unbedingt die Schlüsselrolle, die junge Menschen und ihre örtlicher und regionaler Ebene. Deshalb wünschen wir uns Organisationen für das derzeitige und zukünftige Europa ein- eine EU-Jugendstrategie, die nicht nur die nationale Ebene nehmen, mehr ins Zentrum stellen. Der Strukturierte Dialog in den Blick nimmt, sondern auch Anknüpfungspunkte auf als zentrales Partizipationsinstrument der Jugendstrategie den unteren Ebenen bietet. Aber nicht nur in den Ebenen, hat bewiesen, dass junge Menschen als Experte ihrer Lebens- auch in den Feldern muss es vielseitige Möglichkeiten geben welten Themen, Ideen und Anregungen für Politikgestaltung anzusetzen, nicht nur im Jugendressort. Wünschen sich junge haben. Und dies auf allen Ebenen. Die Ergebnisse der aktuel- Menschen zum Beispiel mehr offene Grenzen, Umweltschutz, len Runde unter der Fragestellung „Youth in Europe. What´s fairen Handel, Glasfaser oder mehr Europabildung in allen next?“ hat in Deutschland folgende Anliegen junger Men- Schularten? Ja, das und noch viel mehr, denn junge Menschen schen hervorgebracht: Erneuerbare Energie fördern, Klima- haben Anliegen in vielen verschiedenen Politikfeldern. ziele einhalten, Lernen ohne Leistungsdruck ermöglichen, Gehört zu werden und die Möglichkeit zu haben sich einen guten Einstieg ins Arbeitsleben finden und eine ge- einzubringen ist demokratisch, motivierend und bestärkend, meinsame und solidarische EU-Asylpolitik umsetzen. Wich- Empowerment ist hier das wichtige Stichwort. Verpuffen tige Themen, die nicht nur für junge Menschen relevant sind die eingebrachten Impulse spurlos und gibt es keinerlei und über das Ressort Jugend hinausweisen. Der Strukturier- Feedback, ob positives oder negatives, wird die Partizipation te Dialog braucht zukünftig jedoch deutlich weniger Abfra- nicht spürbar. Deshalb ist es eine wichtige Forderung, die gecharakter und mehr kontinuierliche Kommunikation zwi- Wege der konkreten politischen Entscheidungsfindung schen Entscheidungsträger und jungen Menschen und die nach zu zeichnen und die Frage beantworten zu können, die Verankerung in den zuständigen Stellen der EU. Auch sollten unweigerlich gestellt wird: „Und was ist jetzt damit passiert?“. junge Menschen von dort eine jugendgemäße Rückkopplung von Prozessen und Ergebnissen erhalten. Die Jugendorga- Der Bayerische Jugendring setzt sich für eine starke EU- nisationen, die kontinuierlich oder in Projekten dazu bei- Jugendstrategie ein und sieht auch Jugendorganisationen tragen, dass der Strukturierte Dialog auf der kommunalen, und –strukturen als Akteure der Umsetzung dieser Jugend- regionalen oder transnationalen Ebene ansprechend umge- strategie. Diese mit ins Boot zu holen und nicht durch eine setzt wird, müssen strukturell und finanziell besser für diese Unterausstattung der Programme oder zu hohe Bürokrati- Aufgabe ausgestattet werden. Die neue EU-Jugendstrategie sche Hürden von der Umsetzung abzuhalten muss Teil der braucht weitere Ansätze, die die Bedeutung Europas und neuen EU-Jugendstrategie sein. Wir wünschen uns das daran der EU junge Menschen in ihrem Lebensalltag mehr spüren gearbeitet wird, dass junge Menschen, die sich aus ganz un- lässt. Deshalb ist es zudem notwendig, die Strategie und das terschiedlichen Situationen und Hintergründen heraus, für Förderprogramm Erasmus+ JUGEND IN AKTION, insbe- Europa engagieren oder in Brüssel informieren wollen, Zu- sondere auch im Format des Strukturierten Dialogs besser zu gänge bekommen und nicht abgeschreckt werden. Es muss verzahnen. Diese Chance ist jetzt in besonderer Weise gege- mehr Möglichkeiten geben Europa und Europapolitik zu ben. Das Programm sollte ab 2021 mehr der Strategie folgen. erleben, zu verstehen und das Gefühl zu haben, ein Teil des Denn Europa braucht die Stimmen junger Menschen und es „Großen Ganzen“ zu sein. braucht junge Menschen mit Wertebewusstsein und Persön- lichkeit, mit Engagement und Demokratiebewusstsein. Lea Sedlmayr, Bayrischer Jugendring www.bjr.de/service/beschluesse Doris Klingenhagen, Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. Newsletter EU-Jugendstrategie # 01.18 » 17
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