Fahrrad und Freizeit im Münsterland: Die 100 Schlösser Route
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Fahrrad und Freizeit im Münsterland: Die 100 Schlösser Route von Peter S c h n e I I, Münster 1. Einführung 'Grünes Band'. Die ursprünglich sieben vor- gesehenen Standorte wurden während der Der vom Fremdenverkehrsverband Münster- Befragungsaktion um einen Standort erwei- land Touristik 'Grünes Band' herausgegebene tert, da der Besitzer von Schloß Darfeld am Prospekt "Münsterland - Radwandern '93" zweiten Erhebungstag die Befragungen auf wirbt auf der Titelseite mit der Schlagzeile seinem Grund und Boden untersagte; als Er- "Wegweiser zu 10.000 km Raderlebnis" und satzstandort wurde daraufhin Burg Vische- enthält Ubersichten über die vielfältigen An- gebote der 72 dem Fremdenverkehrsverband ring in Lüdinghausen hinzugenommen (Abb. 1). Die Erhebungsstandorte wurden so ausge- angehörenden Gemeinden. Das Münsterland - in diesem Zusammenhang identisch mit wählt, daß überprüft werden konnte, ob je nach Lage wesentliche Einzugsbereichunter- dem Fremdenverkehrsverbandsgebiet der schiede vorliegen. Neben den notwendigen Münsterland Touristik'Grünes Band' (vgl. sozialstatistischen Daten wurden die Nutzung Abb.2 in Beitrag J. SrEINr,n in diesem Band) der 100 Schlösser Route sowie Einstellungen - ist aufgrund seiner topographischen Vor- zum Fahrradfahren als Freizeitaktivität erho- aussetzungen für das Fahrradfahren geradezu ben. Die Auswertung der insgesamt 524 Fra- prädestiniert, denn bei einem ebenen bis gebögen erbrachte eine derartige Menge an flachwelligen Relief mit einer Höhenlage von Informationen, daß hier nur die wichtigsten unter 60 m und 60 bis 100 m dominieren Ergebnisse vorgestellt werden können. Höhenunterschiede bis zu 50 m (vgl. Scrnell 1985, 4). Auch für die Ausweisung von Rad- Das Thema "Fahrrad und Freizeit" ist bisher wegen waren die Voraussetzungen sehr gut; in der geographischen Literatur noch nicht denn neben den bereits mit Radwegen ausge- sehr intensiv bearbeitet worden; zumeist wird statteten Bundes-, Land-, Kreis- und Gemein- dieser Aspekt nur indirekt behandelt, nämlich destraßen standen landwirtschaftlich genutzte im Zusammenhang mit der Verkehrsmittel- Wirtschaftswege in großer Länge zur Verfü- wahl im Rahmen von Wohnumfeld- und gung, so daß man nicht unbedingt die Naherholungsaktivitäten. Einen guten Über- straßenbegleitenden Radwege an den vom blick über den gegenwärtigen Forschungs- motorisierten Verkehr benutzten Straßen be- stand vermittelt A. Jnc (1992\. fahren mußte. Im folgenden werden die Ergebnisse von Er- 2. Die Radwanderinfrastruktur hebungen, die an vier Tagen im Sommer Im Münsterland kann der Radwanderer seine l99l im Rahmen einer Lehrveranstaltung Routen aus einem gestuften Radwegesystem zum Thema "Sanfter Tourismus im Münster- zusammenstellen. Insgesamt können drei Va- land" an acht Standorten der 100 Schlösser rianten von Radwegen ausgewählt oder kom- Route durchgeführt wurden, vorgestellt. Die biniert werden: Auswahl der Erhebungsstandorte sowie die Konstruktion des Fragebogens erfolgte nach l. Das vom Landschaftsverband Westfalen- Absprache mit der Münsterland Touristik Lippe 1981 - 1984 entwickelte überregionale 375
Abb. l: 100 Schlösser Route und Befragungsstandorte Fernradwegenetz, das ca. 5.000 km umfaßt, vorbei, von denen bei 26 eine Innenbesichti- aus l6 West-Ost- und 19 Nord-Süd-Wege- gung möglich ist und sieben über ein verbindungen für den gesamten Landesteil Schloßhotel verfügen. Der Fremdenverkehrs- Westfalen besteht und mit einem 'R' gekenn- verband Münsterland Touristik'Grünes Band' zeichnet ist (vgl. FRsuNo 1987, 8). ließ sich die Bezeichnung '100 Schlösser Route'im Jahre 1988 urheberrechtlich schüt- 2. Die 100 Schlösser Route, deren Planung zen. Ausgangspunkt für die Einrichtung wa- zwischen 1983 und 1987 stattfand und die im ren Alfang der 80er Jahre arbeitsmarktpoliti- Jahre 1987 mit einer Länge von 880 km sche Uberlegungen eines Arbeitsamtes sowie eröffnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt verlief die Möglichkeit, das vom Landschaftsver- die Route im wesentlichen durch die Kreise band entwickelte überregionale Radwander- Borken, Coesfeld und den Altk-reis Steinfurt; wegenetz für die Trassenführung in weiten 1990 erfolgte eine Erweiterung der Route in Teilen mitzubenutzen. Die 100 Schlösser den Kreis Warendorf und 1992 in das Teck- Route hat sich mittlerweile zum Markenzei- lenburger Land hinein. Dadurch wurde die chen für den Fahrrad-Tourismus im Münster- Gesamtlänge auf ca. 2.000 km erweitert, von land entwickelt. denen 1.250 km Hauptrouten und ca 750 km Verbindungsstrecken sind. Aufgrund dieser 3. Das kommunale Radwegenetz erweitert Verbindungswege läßt sich die 100 Schlösser die Auswahlmöglichkeiten noch einmal er- Route auch sehr gut für Tagestouren nutzen. heblich. 62 der im erwähnten Prospekt'Mün- Die gesamte Route ist in beiden Fahrtrichtun- sterland - Radwandern '93' unter der Uber- gen mit über 15.000 Markierungssymbolen - schrift'Radwanderparadies Münsterland' auf- ein Burgsymbol - gekennzeichnet und führt geführten 7l Städte und Gemeinden verfügen an 150 Burgen, Schlössern und Herrensitzen über ein eigenes, mit einem 'F' markiertes 316
und durchnumeriertes Rundwegenetz, das als 3. Die Entwicklung des Radwanderns im eine Ergänzung zur 100 Schlösser Route ver- Münsterland standen werden kann und dessen Strecken- länge in den einzelnen Gemeinden zwischen An der Entwicklung des Fremdenverkehrs im 3 und 150 km variiert. 64 Gemeinden verfü- Münsterland hat der Fahrrad-Tourismus ei- gen über örtliche Radwanderkarten und bie- nen bedeutenden, aufgrund fehlender Infor- ten Tourentips sowie von den Verkehrsverei- mationen jedoch nicht quantifizierbaren An- nen oder -ämtern organiserte ein- bis mehrtä- teil. Nach Auffassung des Fremdenverkehrs- gige Radwanderungen an und in 45 Gemein- verbandes Münsterland Touristik'Grünes den sind örtliche Angebotskataloge erhält- Band' ist diese positive Entwicklung mit dem lich. An 143 Stellen stehen über 4.300 Fahr- Boom des Fahrrad-Tourismus zu paralellisie- räder zum Verleih zur Verfügung (Fremden- ren, der von dieser Institution gefördert und verkehrsverband Münsterland Touristik'Grü- vermarktet wird (vgl. SrelNER, J. in diesem nes Band' 1993). Band). Da sich das Münsterland aufgrund seiner Nachbarschaft zum Ballungsraum Von der Angebotsseite her bietet das Mün- Rhein-Ruhr nicht nur als Zielraum für Kurz- sterland neben der an den Bedürfnissen der urlaubsaufenthalte, sondern auch als Naher- Radwanderer ausgerichteten Infrastruktur ei- holungsraum für diesen Verdichtungsraum nen landschaftlichen Kontrastraum zu dem anbietet, die Anzahl der Tagesausflügler je- für den Tages- und Kurzzeittourismus wichti- doch völlig unbekannt ist, liegen zu dieser gen Quellgebiet des Rheinisch-Westfälischen Nutzergruppe erhebliche Informationsdefizi- Industriegebietes. Außerdem kommt dem te vor. Nach den Berechnungen des Fremden- kulturlandschaftlichen Potential große Be- verkehrsverbandes Münsterland Touristik deutung zu. Dies geht allein schon daraus 'Grünes Band' ist die Zahl der Übernachtun- hervor, daß eine Reihe von Münsterlandge- gen innerhalb des Verbandsgebietes von 1,2 meinden diesen Aspekt für Radwanderfahr- Millionen im Jahre 1980 auf 2.6 Millionen ten thematisiert haben: z.B. 'Zl den Droste- im Jahre 1990 angestiegen. Für die Tagesaus- Hülshoff-Schlössern' (Münster),'Auf den flügler liegen nur Schätzungen vor; diese ge- Spuren alter Römer' (Borken), 'Kiepenkerl- hen von einem Zuwachs von ca. 9 Mio bis tour' (Havixbeck),'Bauemhoftour' (Everswin- 1980 auf ca. 20 Mio. im Jahre 1990 aus kel),'Scopingautour' (Schöppingen),'Teuto- (SrerNen 1991, l). und Töddentour' (Rheine). Im Vordergrund Von erheblichem Gewicht ist natürlich die stehen dabei die zahlreichen Wasserburgen, ökonomische Bedeutung des Tourismus. Schloßanlagen, Herrensitze und Gräftenhöfe, Nach neueren Erkenntnissen kann man davon die zum größten Teil durch die 100 Schlösser ausgehen, daß jeder Tagestourist durch- Route verbunden sind. Für alle Besucher - schnittlich 25 DM ausgibt, so daß sich Jahres- unabhängig davon, ob sie als Tages-, Kurz- einnahmen in Höhe von 500 Mio. bis I Mrd. oder Langzeiturlauber kommen - steht ein DM ergeben. Insgesamt ergeben sich nach umfangreiches touristisches Angebot zur den Berechnungen der Münsterland Touristik Verfügung (vgl. Krsslen 1980). Da bei der für die Urlaubsregion Münsterland im Jahr gemeindeweisen Erfassung der touristischen Infrastruktur für das Fremdenverkehrsjahr 1991 Einnahmen in Höhe von rd. I bis 1.5 Mrd. DM. Berücksichtigt wurden bei dieser 1971 178 die Radwege keine Berücksichti- Berechnung die gewerblichen Ubernachtun- gung fanden, spielte der Radwandertouris- gen (Ubernachtungen, Verpflegung, Einkauf, mus zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch sonstige Dienstleistungen), die private Ver- keine Rolle. Weiterhin stellen die zahlreichen mietung.in Unterkünften mit weniger als 9 Mittel- und Kleinstädte mit ihren historisch Betten (Ubernachtungen, Verpflegung, Ein- bedeutsamen Stadtkernen sowie mit sehens- kauf, sonstige Dienstleistungen), Camping werten Museen und Kirchen einen Anreiz für (ca. I Mio. Ubernachtungen) sowie die Aus- den Besuch dar. Nicht unerwähnt bleiben gaben der Tagestouristen (20 - 40 Mio Gäste/ darf schließlich die münsterländische Gastro- Jahr ä DM 25)(Münsterland Touristik 1992, l). nomie, die einen guten Ruf genießt und für ihre münsterländischen Spezialgerichte be- Der seit einigen Jahren anhaltende Boom des kannt ist. Radfahrens als Freizeitaktivität sowie die se- 311
stiegene Bedeutung dieser Aktivität für das Fahrradfahren ist im Münsterland eine Frei- Münsterland gehen aus der Tatsache deutlich zeitaktivität mit langer Tradition. Dies geht hervor, daß im Jahre 1980 nur 22 Fahrradsta- schon daraus hervor, daß der "Pättkesfühier", tionen mit 43 I Mieträdern existierten, diese eine Broschüre mit dem Untertitel "Radwan- touristische Dienstleistung jedoch, wie be- dern im Münsterland", bereits 1958 erschie- reits erwähnt, bis 1993 auf über 140 Verleih- nen und inzwischen in mehr als 150.000 Ex- stationen mit mehr als 4.300 Fahrrädern aus- emplaren verkauft worden ist (Bnertrn 1990). gebaut worden ist (Abb. 2). Das Spektrum Die Radwanderliteratur hat in den letzten der Verleihmöglichkeiten reichr vom Fahr- Jahren stark zugenommen, so daß für den In- radhändler über Hotelbetriebe bis zu Frem- dividualreisenden viele Anregungen für die denverkehrsämtern/-vereinen und der Deut- Tourengestaltung verfügbar sind. Zunächst schen Bundesbahn, die mit ihrer Aktion "Fahrrad am Bahnhof" bereits Mitte der 60er einmal muß das große Angebot an Radwan- Jahre Anstöße für die Entwickluns des Fahr- derkarten angesprochen werden. Außer dem rad-Tourismus im Münsterland ge-geben hat- erwähnten "Pättkesführer" liegen noch vor te. Die in Abb. 2 erkennbare Abnahme der die Radwander- und Freizeitkarten der Kreise Leihräder von 1992 auf 1993 ist in Wirklich- Borken, Coesfeld, Steinfurt, Warendorf und keit nicht eingetreten; denn in dem ausgewer- der Stadt Münster, die RV Rad- und Wander- teten Prospekt 'Radwandern '93' sind die karten Münsterland und Naturpark Hohe Mieträder nicht aufgelistet, die von den Ho- Mark sowie die für die Benutzung beim Rad- tels in Münster angeboten aber überwiegend fahren in Spiralbindung gefaßten und mit Er- nur den Hausgästen angeboten werden. läuterungen versehenen Karten '100 Schlös- Fahrräder in Tausend 1 981 '92 '93 '94 '95 '861',87'g8l'99'99/'90'90/'91 '92 Fahrradverleih durch: u.a. IVerkehrsverein MHotels/Gaststätten u.a. ffi Bundesbahn EADAC/ADFC E kommerziel ler Verlei h Abb. 2: Fahrradverleih im Münsterland 198f - f993 (euelle: FV'Grünes Band,) 318
ser Route', 'R 1 Münsterland-Weserbergland' sowie 'Römerroute'. Von der Radwanderlite- ratur sind folgende Veröffentlichungen zu er- wähnen: O. SrsrNstcKER'Radtouren im Mün- sterland', RV Reise und Verkehrsverlag (Hg.) 'Regio-Atlas Münsterland', J. ScHeRpINc und S. Vör-I-En'Radwandern im Münsterland', Er- ler Mühle Verlag (Hg.) 'Gastronomie und Freizeitführer zur 100 Schlösser Route' und Münsterland Touristik "Grünes Band" (Hg.) '100 Schlösser Route'. Außerdem existieren noch eine Reihe von Reiseführern, die sich in allgemeiner oder spezieller Form mit dem Münsterland beschäftigen; einen Schwer- punkt bilden dabei natürlich die Wasserbur- gen. 4. Besucherstrukturen 59J E Radwanderer Um Aussagen über die Altersstruktur der E Münsterlandlnteress. Radwanderer zu machen, steht nur das Alter [] 'Radwanderfreunde der Interviewpartner zur Verfügung, das je- doch als Indikator für den Altersaufbau der Abb.3: Altersstruktur der Radwanderer, der 100 Schlösser Routen-Benutzer angesehen Münsterlandinteressierten und der'selekti- werden kann. Die höchsten Anteile entfallen ven Geschichts- und Radwanderfreunde' auf Radwanderer im Alter zwischen 21 und (Quellen: Eig. Erh. 1991, FV'Grünes Band', Mrrrenr 1991) 50 Jahren, das Durchschnittsalter liegt bei 4l Jahren. Zu ganz ähnlichen Alterstrukturmerk- bei 4,5, also deutlich höher als bei sonstigen malen kommt der Fremdenverkehrsverband Naherholungsaktivitäten. Der Grund hierfür 'Grünes Band' in der Auswertung einer Fra- liegt in dem hohen Anteil von größeren gebogenaktion, die in Verbindung mit Anfra- Gruppen, die sich aus Familienmitgliedern, gen nach Informationsmaterial über das Freunden und Bekannten zusammensetzen Münsterland im ersten Halbjahr 1992 durch- (53,5Vo). Wie bei der Naherholung liegt der geführt wurde (Münsterland Touristik 'Grü- Anteil der Einzel-Radwanderer mit nur 4,2Va nes Band' 1992,2). Der niedrigere Anteil bei sehr niedrig. Personen unter 30 Jahren sowie der höhere bei 60 Jahren und älteren erklärt sich daraus, daß sich die Münsterland-Interessenten nicht Zur Bestimmung der sozialstrukturellen Si- nur aus Radwanderern zusammensetzen. Das tuation der Radwanderer wurden die berufli- Institut für Marketing der Westfälischen Wil- che Stellung und der höchste Schulabschluß helms-Universität Münster kommt in einer der Befragten erfaßt. Auffälligstes Ergebnis im Auftrag der Stadt Münster und der Kreise ist, daß die Radwanderer zu einem Großteil Borken. Coesfeld. Steinfurt und Warendorf höheren sozial-statistischen Gruppen an- erstellten Marketingstudie zu Ergebnissen, gehören; denn Angestellte und Beamte stel- die sich deutlicher von den genannten unter- len allein 58,07o und weitere 7l,9Vo entfallen scheiden. Die in Abb. 3 benutzten Alterstruk- auf Selbständige, auf Arbeiter jedoch nur turdaten entstammen der mittels einer Fakto- 4,67o. Die Tatsache, daß von den Angestell- ren- und Clusteranalyse durchgeführren Ziel- ten und Beamten ll,37o im gehobenen Dienst gruppenanalyse, die neben der Zielgruppe tätig sind und von den Selbständigen7,lVo 'selektiver Geschichts- und Radwanderfreund' freie Berufe ausüben, deutet bereits an, daß vier weitere Typen unterscheidet (Mrrrenr sich die Radwanderer auch hinsichtlich ihres 1991,86,98-101). Bildungsstandes deutlich von den Durch- Die Anzahl der Personen, die im Durch- schnittswerten der Bevölkerung abheben. Mit schnitt mit dem Fahnad unterwegs ist, liegt 22,2Vo führt zwar der Volks- bzw. Haupt- 379
schulabschluß. aber der Universitäts- oder 5. Der Einzugsbereich Hochschulabschluß erreicht mit 2l.9o/o einen fast identischen Anteil. Diese Untersu- Da bei der Ergebnisauswertung die Entfer- chungsergebnisse decken sich auffallend mit nungen zwischen Wohn- und Zielorten zur denen des Fremdenverkehrsverbandes'Grü- Analyse der E,inzugsbereiche benutzt wur- nes Band'; hier wird außerdem noch deutlich, den, bei Entfernungen von über 150 km je- daß mit zunehmender Entfernung des Heima- doch keine genauen Distanzen ermittelt wur- tortes Gymnasial- und Hochschulabschluß den, lassen sich arithmetische Mittelwerte zunehmen (Abb. 4) (Münsterland Touristik nicht korrekt berechnen. Da immerhin nahe- 'Grünes Band' 1992,3). Meffert (1991, 86) zu ein Fünftel (20,27o) aller Befragten aus kommt zwar beim Zielgruppentyp'Selektiver Entfernungen von mehr als 150 km angereist Geschichts- und Radwanderfreund' zu erheb- waren, hätten sich bei Einbeziehung aller Di- stanzwerte z.T. unnatürlich hohe Mittelwerte lich höheren Hauptschul- (49,57o) und deut- ergeben. lich niedrigeren Gymnasial- und Hochschul- abschlußante 1len (22,4Vo) ; aber dieser Unter- Einen ersten Hinweis auf den Einzugsbereich schied ist damit zu erklären, daß die zugrun- der 100 Schlösser Route vermitteln der bzw. deliegenden Daten einer Erhebung entstam- die Medianwerte. die sich zur Charakterisie- men (970 Fälle), von der 247o aff die er- rung des Einzugsbereiches besser eignen als wähnte Zielgruppe entfallen. Sicherlich wirkt die arithmetischen Mittelwerte, da sich extre- sich auf die Ergebnisse auch aus, daß im Un- me Anreisedistanzen bei letzteren nicht aus- terschied zu den um Prospektmaterial bitten- wirken. Der Medianwert für die Gesamtstich- den Anfragen beim Fremdenverkehrsverband probe liegt bei 40 km. Die Werte für die ein- Münsterland Touristik 'Grünes Band' ein In- zelnen Schloßanlagen variieren zwischen 21 teresse am Münsterland bereits vorhanden km (Schloß Lembeck) und 135 km (Schloß war, während bei der anderen Stichprobe von Ahaus). Nur bei drei der acht Erhebungsorte einem derartigen 'Vorurteil' nicht ausgegan- wird der Mittelwert unterschritten: Schloß Bentlage (27 km) bei Rheine, Haus Langen sen werden konnte. (30 km) bei Westbevern und Schloß Lem- beck t22 kmt bei Haltern. Über mittlere Ein- zugsbereiche verfügen Schloß Westerwin- kel(Ascheberg-Herbern), Haus Bork (Dren- steinfurt-Rinkerode) und Schloß Darfeld (Ro- sendahl-Darf-eld). Die Anlagen Burg Vische- ring (Lüdinghausen) und Schloß Ahaus (Ahaus) haben mit 63 bzw. 135 km die größ- ten Einzugsbereiche. Die distanziellen Fein- strukturen der Einzugsbereiche lassen erken- nen, daß neben dem Nahbereich von bis zu 50 km erst wieder die Entfernungen von über 150 km eine Rolle spielen. So entfallen am Schloß Ahaus nahezu 507o der Befragten auf diesen Herkunftsbereich. Als Erklärung läßt sich anführen, daß über 60Vo der Befragten mehrtägige Radwanderungen unternehmen und auf einer Rundfahrt in überdurchschnitt- Hauptschule Realschule Gymnsium lich hohem Maße an Burgenbsichtigungen Hochschule interessiert sind, jedoch nur einen Abschnitt E Radwanderer Interess. PLB 4/5 der 100 Schlösser Route befahren. = E Vergleicht man den Einzugsbereich, der sich Abb. 4: Bildungsstand der Radwanderer anhand der Befragungen vor Ort ergibt, mit und der Münsterlandinteressierten nach den Auswertungen von Einzugsbereichsun- Postleitbereichen tersuchungen, die vom Fremdenverkehrsver- (Quellen: Eig. Erh. 1991 u. FV'Grünes Band' 1982) band 'Grünes Band' in Verbinduns mit der 380
Radwanderer M ü nsterland i nteressenten 5 5 2 ß7 Abb. 5: Herkunft der Radwanderer und der Münsterlandinteressierten im Postleitbe- reichsvergleich lQuellen: Eig. Erh. l99l u. FV'Crünes Band' 1992a) Beantwortung von Anfragen im ersten Halb- "gestiegenes Interesse am Münsterland" zu jahr 1992 durchgeführt wurden, dann ergibt konstatieren ist (Münsterland Touristik'Grü- sich eine hohe Ubereinstimmung (Abb. 5). nes Band' 1992,1). Da aus den genannten Bei dem Vergleich blieben die Gemeinden Postleitbereichen Tagesbesucher eigentlich der Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt, Wa- kaum noch zu erwarten sind. muß der Frem- rendorf, die Kreisfreie Stadt Münster und die denverkehrsverband bei seinen Marketings- Gemeinden Haltem. Schermbeck. Werne und trategien diesen Räumen besondere Auf- Selm, die alle Mitglieder des Fremdenver- merksamkeit widmen. Ordnet man die Her- kehrsverbandes Münsterland Touristik'Grü- kunftsgemeinden nach ihrer Zugehörigkeit zu nes Band' sind und von denen nach Auskunft den Bundesländern, dann zeigt sich mit des Fremdenverkehrsverbandes kaum Anfra- 84,67o sehr deutlich die dominierende Rolle gen kommen, unberücksichtigt. Mit 84 bzw. Nordrhein-Westfalens; eine interne Differen- l3%o brlden die Postleitbereiche 4 und 5 den zierung läßt erkennen, daß allein 35,6Vo aw Hauptherkunftsbereich, der weitgehend iden- den Mitgliedsgemeinden des Fremdenver- tisch ist mit dem Land Nordrhein-Westfalen kehrsverbandes'Grünes Band' stammen. und als "klassischer" Einzugsbereich be- 26,6Vo aus dem Ruhrgebiet und 22,47o aus zeichnet werden kann (Münsterland Touristik dem restlichen Nordrhein-Westfalen. Alle 'Grünes Band' 1992,7). Daß die Dominanz anderen Bundesländer spielen eine unterge- der "klassischen" Herkunftsbereiche bei den ordnete Rolle. Den höchsten Anteil erreicht befragten Radwanderern noch deutlicher zu hier mit 3,]Vo noch Hessen. Tage tritt als bei den Anfragen um Informati- onsmaterial an den Fremdenverkehrsverband. Unterteilt man die Herkunftsgemeinden nach kann damit erklärt werden. daß es sich bei Einwohnergrößenklassen, dann zeigt sich, den Anfragern nicht ausschließlich um poten- daß die Klein- und Mittelstädte mit 34.8Vo tielle Radwanderer handelt, sondern alle Tou- zwar den höchsten Besucheranteil erreichen. rismusarten vertreten sein können. Die höhe- aber auf diese Gemeinden entfallen allein ren Anteile der Postleitbereiche 6 (Großraum 56,17a aller Gemeinden. Einen mit 33,0Vo na- Frankfurt), 7 (Großraum Stuttgart), 3 (Groß- hezu gleichhohen Besucheranteil erreichen raum Hannover) und 2 (Großraum Hamburg/ die Großstädte mit mehr als 250.000 Einwoh- Bremen) belegt die Aussage des Fremdenver- nern, die allerdings nw ll,l%o der Gemein- kehrsverbandes, daß in Süddeutschland ein den ausmachen. 381
6. Besucherverhalten und -einstellungen pe ist besonders stark an den Schlössern Ahaus und Darfeld vertreten, wo auch die Die Radtour-Häufigkeit liegt sehr hoch; denn Anteile der Radwanderer, die mehrere Tage die Mehrzahl der Befragten ist ein- bis zwei- unterwegs sind, weit über dem Durchschnitt mal im Monat (50,8Vo), noch häufiger sind liegen. Fast 90Vo der Befragten erweitern ihr 2'l ,5Vo und seltener 2l.7Vo mit dem Fahrrad Kenntnisse der 100 Schlösser Route durch unterwegs. Knapp einem Drittel (3 1,07o) ist Literatur und Karten, nw ll,'|Va fahren im- das Markierungssymbol der 100 Schlösser mer die gleichen Abschnitte ab. Überdurch- Route nicht bekannt, ein Anteil, der in etwa schnittlich hohe Werte erreichen diese Antei- mit dem Anteil der aus großen Entfernungen le an der Burg Vischering und an den Schlös- Anreisenden übereinstimmt. Neben den be- sern Lembeck, Bentlage und Westerwinkel. reits erwähnten Radwanderkarten (27,57a) spielt für das Kennenlernen der Erhebungs- Die Mehrzahl der Befragten kennt Abschnitte standorte auch noch die Nähe zum Wohn- der 100 Schlösser Route in der Umgebung standort (26,0Vo) eine wesentliche Rolle. Fer- bekannterer Schloßanlagen. Insgesamt 61 ner werden der Zufall (17,6Vo), Prospektma- Schloßanlagen wurden genannt, eine Anzahl, terial (l3,9%o) und die Familie (12,5Vo) noch die den hohen Bekanntheitsgrad der 100 in stärkerem Maße genannt. Die Kenntnis der Schlösser Route dokumentiert. Den höchsten 100 Schlösser Route beruht auf Informatio- Bekanntheitsgrad erreicht die wohl bekannte- nen aus der Zeitung und dem Fernsehen ste Schloßanlage des Münsterlandes, das (l8,1Vo), Karten (l4,7Vo), von Bekannten "Westfälische Versailles" Nordkirchen, das (l3,7 Vo), aus Pro spektmateri al (l 2,3 Vo) sow ie ll,5Vo aller befragten Radwanderer kennen, aus Literatur und Zeitschriften (1 l,5Va); der das jedoch besonders bei den Besuchern von Fremdenverkehrsverband'Grünes Band' wird Burg Vischering (33 ,9Vo), Schloß Westerwin- nur von 4,3Vo der Befragten genannt. Anhand kel (l9,7Vo) und Schloß Lembeck (15,37o) einer Bildvorlage konnte festgestellt werden, beliebt ist. Hier macht sich offensichtlich die daß die Radwanderkarten am besten bekannt Nähe zum Ruhrgebiet bemerkbar. Die von sind (eweils iber 207o); anderes Informati- Msprr,nr als 'selektive Geschichts- und Rad- onsmaterial folgt mit deutlich geringeren An- wanderfreunde' bezeichnete Interessenten- teilen, und bei der Frage nach dem Besitz und gruppe erreicht unter den Radtouristen offen- der Benutzung bietet sich nahezu das gleiche sichtlich einen beträchtlichen Anteil. Den Bild, allerdings mit deutlich geringeren An- höchsten Kenntnisstand weisen die Besucher teilswerten. In Abhängigkeit von der Anrei- von Burg Vischering sowie der Schlösser sedistanz ergeben sich hier hinsichtlich der Bentlage, Darfeld und Westerwinkel auf; be- Kenntnis der auf der Bildvorlage enthaltenen sonders niedrige Werte sind bei Haus Langen Karten und Informationsmaterialien aller- und Schloß Lembeck festzustellen, wo ein dings einige charakteristische Unterschiede. Großteil der Besucher aus der benachbarten So erreichen die Radwanderkarten der Kreise Großstadt Münster bzw. dem Ruhrgebiet Borken und Steinfurt im Nahbereich bis 50 kommt und der Anteil derer, die nicht viel km den höchsten Kenntnisstand, während die von der 100 Schlösser Route kennen, auf Karten der 100 Schlösser Route und des Rad- 62,67o bzw . 55,6Vo ansteigt. wanderweges 'R 1' mit zunehmender Entfer- Die Auswertung der bereits erwähnten Befra- nung des Heimatortes an Bekanntheit gewin- nen. Dieses trifft auch für den vom Fremden- gung von Münsterlandinteressenten, die verkehrsverband'Grünes Band' herausgege- durch den Fremdenverkehrsverband Mün- sterland Touristik'Grünes Band' in den Post- benen Prospekt über die 100 Schlösser Route leitbezirken 4 und 5, die das Hauptherkunfts- zu, wenn auch nicht in gleich hohem Maße. gebiet von Besuchern des Münsterlandes bil- Drei Viertel (73,9Vo) der Radwanderer unter- den (1. Halbjahr 1992 137o (Münsterland nehmen Rundfahrten, bei einem Viertel Touristik 1992, 4)), im Jahre 1992 durchge- (23,1Vo) werden diese mit der Besichtigung führt wurde, ergab hinsichtlich des Reisever- von Schloß- und Burganalagen verbunden. haltens bei Besuchen des Münsterlandes, daß Lediglich für ein Fünftel der Radwanderer der Tagesausflug vor dem Wochenendtrip stellt die 100 Schlösser Route nur einen Ab- eindeutig an der Spitze liegt. Mit zunehmen- schnitt während der Radtour dar. Diese Gruo- der Anreisedistanz verändert sich die Aufenf 382
in "Ä ,.S 9{? "*S ,,r.6' lqt"tts .7 sds Radtourdauer E Vormiüag E Nachmittag E Ganzer Tag E Mehrere Tage Abb. 6: Radtourdauer und AnreisedistaDz (euelle: Eig. Erh. l99l) haltsdauer erheblich; denn bei Besuchern aus (39,6Vo). Rechnet man noch die Halbtages- dem Postleitbereich 6 führt der Urlaubsauf- fahrten dazu, dann handelt es sich bei mehr als zwei Dritteln um Kurzaufenthalte. Für na- enthalt mit mehr als 4 Übernachtungen mir hezu drei Viertel (73,27o) der Tagesbesucher deutlichem Vorsprung vor der Kurzreise, kommen mehrtägige Radtouren in Zukunft dem Wochenendtrip und dem Tagesausflug durchaus in Frage, vor allem bei Schloß (Münsterland Touristik'Grünes Band' 1992, Ahaus, Haus Bork und Haus Langen. Die be- 7), und die gleiche Tendenz ist auch bei den vorzugte Unterbringung wäre in Hotels befragten Radwanderern erkennbar (Abb. 6). (34,77o), gefolgt von Gasthäusern (l5,4%o) und Pensionen (l5,lVo). Auch Jugendherber- Mehrtägige Radtouren unternehmen knapp gen und Campingplätze werden noch häufi- ein Drittel (31,77o) der Befragten, die höch- ger genannt. Der Startplatz für die jeweilige sten Anteile erreichen jedoch Tagesausflügler Tagestour liegt vor allem in den Kreisen 383
Coesfeld (25,7Vo) und Steinfurt (23,57o).Die lität der am Befragungstag benutzten Radwe- Kreise Borken und Warendorf sowie die ge liegt mit2,l geringfügig besser als die der Stadt Münster liegen um über die Hälfte Wegemarkierung. Die beste Benotung wird niedriger. Bei einer durchschnittlichen Tour- mit 1,9 an den Schlössern Bentlage und dauer von 4,4 Tagen dominieren mit 63,8Vo Ahaus vergeben, während die Besucher von die drei- bis viertägigen Fahrten. An zweiter Schloß Lembeck mit 2.5 die schlechteste Be- Stelle folgen zweitägige Fahrten (l9,lqo) vor wertung abgeben. Touren von fünf bis sieben Tagen (10,6%o) und über sieben Tagen (6,3Vo) Länge. Fast Ein Drittel der Befragten (33,87o) ist mit der alle Befragten haben ihre Radtouren selbst 100 Schlösser Route in ihrem jetzigenZu- geplant, haben also nicht die von den Mit- stand zufrieden und ein weiteres Viertel gliedergemeinden des Fremdenverkehrsver- (21,9Vo) kann - vielleicht auch aufgrund feh- bandes angebotenen organisierten Touren ge- lender Kenntnisse - keine Vorschläge dazu bucht. Nur 10,57o der befragten Radwanderer machen, wie die Attraktivität dieses Radwan- haben die Möglichkeit, sich ein Fahrrad zu derweges gesteigert werden könnte. Die Ver- leihen, in Anspruch genommen. In über- besserungsvorschläge, die von einem guten durchschnittlich hohem Maße ist dies bei Drittel (36,0Vo) der auf der 100 Schlösser Haus Langen und Schloß Ahaus der Fall. Route angetroffenen Radwanderer gemacht Für mehr als die Hälfte (54,0Vo) der Benutzer werden, beziehen sich naturgemäß in erster der 100 Schlösser Route bildet die Besichti- Linie auf die 100 Schlösser Route selbst gung der Schloßanlagen die einzige Aktivität (26,17o). Auslöser dieser Vorschläge ist vor während ihrer Radtour. Deutlich unter dem allem die Kritik an der bestehenden Wege- Durchschnitt bleiben nur die bei den Schlös- markierung; besonders angesprochen wird sern Ahaus und Westerwinkel angesproche- die unübersichtliche Wegekennzeichnung an nen Radwanderer, für die auch noch Gaststät- Kreuzungspunkten innerhalb der Siedlungen. tenbesuche, Besichtigungen und sportliche Deutlich weniger Gewicht kommt den ande- Betätigungen eine größere Rolle spielen. Im- ren Vorschlägen zu: 8,l7o beziehen sich auf merhin gut ein Drittel (34,3Vo) gibt allerdings an, alle Angebote wahrzunehmen. An den die Verbesserung der Informationen und des Schloßanlagen interessieren vor allem die Kartenmaterials über die 100 Schlösser Rou- Außen- (58,4Vo) und die Parkanlagen (45,9Vo). te,8,57o auf die Verbesserung von Unterbrin- Auf Innenbesichtigungen (31 ,JVo), die Inan- gungsmöglichkeiten und Gastronomie, 6,2Vo spruchnahme von gastronomischen Einrich- auf die Schloßanlagen, vor allem die Besich- tungen (24,37o) sowie die Besichtigung von tigungsmöglichkeiten, und 5,07a auf andere Museen (20,67o) wird weniger Wert gelegt. Dienstleistungen. Hier zeichnet sich ein Auf- Da nur bei wenigen Schloßanlagen Innenbe- gabenfeld für den Fremdenverkehrsverband sichtigungen oder das Begehen der Parkanla- ab, denn manche der Vorschläge sind ohne gen möglich sind, nehmen diese beiden Mög- erheblichen Finanzierunssbedarf umzuset- lichkeiten die Spitzenposition auf der Wunsch- zen. liste der Radwanderer ein (84,5 b2w.77,27o), während der Wunsch nach mehr gastronomi- Die ökonomische Bedeutung des Radwan- schen Einrichtungen in den Schloßanlagen derns kann anhand der Befragungsergebnisse mit 42,5Vo zwar auch noch recht ausgeprägt, zwar nicht quantifiziert, nicht einmal hochge- aber doch schon deutlich niedriger liegt. Da rechnet werden, da keine Kenntnisse über die nw 13,4Vo der befragten Radwanderer mit Anzahl der Radwanderer, die das Münster- den heute bestehenden Angeboten zufrieden sind, bieten sich hier für die Schloßbesitzer, land besuchen, vorliegen; doch eine grobe aber auch für den Fremdenverkehrsverband Vorstellung von der Bedeutung dieser Tou- 'Grünes Band' noch viele Betätigungsmög- rismus-Variante läßt sich ermitteln. lichkeiten. Die vom Fremdenverkehrsverband'Grünes Die Markierung der 100 Schlösser Route er- Band' geschätzten Ausgaben von Tagesbesu- hält bei der Vergabe von Schulnoten zwi- chern in Höhe von 25 DM/'lag müssen auf- schen'sehr gut' (= 1) und'ungenügend' (= 6) grund der Befragungsergebnisse niedriger an- im Durchschnitt die Note 2,5. Zwischen den geserzr werden. Gut ein Fünftel (2l,8qa) der einzelnen Erhebungsorten treten keine größe- befragten Radwanderer machte keine Anga- ren Unterschiede auf. Die Benotung der Qua- ben, was zum Teil bedeuten kann, daß keine 384
Ausgaben getätigt werden, zum Teil aber von "für mich persönlich sehr wichtig" bis auch eine bewußte Antwortverweigerung "für mich persönlich unwichtig". Der Reiz sein kann. Insgesamt ergibt sich für den Rest von Radtouren liegt nach Meinung der Be- der Befragten eine mittlere Ausgabenhöhe fragten darin, daß man mehr von der "natürli- von DM 51,60, was bei einer durchschnittli- chen" Landschaft sieht, wenn man die stark chen Gruppengröße von 4,5 Personen Ausga- befahrenen Straßen meidet und damit auch ben in Höhe von DM 11,60 pro Person ent- nicht Gefahr läuft, in Autostaus stecken zu spricht. Bei der Abfrage der Ausgaben wur- bleiben und die Autoabgase einatmen zu den neben den Angaben über die Gesamtaus- müssen (Kopfzeile von Tab. 1). Gefördert gaben verschiedene Ausgabenarten genannt: werden diese Vorteile des Radwanderns noch Besichtigungen, Gaststättenbesuche und Aus- durch die guten Voraussetzungen, die das gaben für sonstige Dinge wie z.B. Souvenirs, Münsterland für die Freizeitaktivität "Rad- Verpflegung usw. Gibt ein Radwanderer für wandern" bietet. Insgesamt wird zwar keine alle drei genannten Bereiche Geld aus - was der in den vorgelegten Statements enthalte- nur für knapp l}Vo aller Radwanderer zutrifft -, nen Aussagen für weniger wichtig oder un- dann belaufen sich seine durchschnittlichen wichtig gehalten, aber ein interessantes Er- Ausgaben auf DM 79,00. Bei Berücksichti- gebnis besteht darin, daß dem geselligen oder gung der Gruppengröße ergeben sich dann kommunikativen Aspekt - bei Radtouren ist Ausgaben pro Person in Höhe von DM 17,60, die Zahl der Teilnehmer nicht wie beim Nah- also immer noch weniger, als vom Fremden- erholungsausflug mit dem Pkw begrenzt - verkehrsverband angenommen wird. Mit stei- keine große Bedeutung beigemessen wird. gender Entfernung zwischen der Heimatge- Der Wunsch, sich durch das Radfahren kör- meinde und der 100 Schlösser Route steigen perlich fit zu halten, erreicht einen erstaun- die Gesamtausgaben (bis 50 km: DM 32,40, lich niedrigen Rang. Auch die Ansicht, daß über 150 km: DM 69,50). Ein ähnlicher Zu- Radwandern als eine Form des "sanften" sammenhang besteht zwischen der Radtour- Tourismus betrachtet werden kann und zur Dauer und der Ausgabenhöhe: Vormittag Schonung der Natur beiträgt, wird von den DM 12,00, Nachmittag DM 26,50, ganzer Radwanderern selbst zwar nicht abgelehnt, Tag DM 36,00 und mehrere Tage DM 91,00. aber auch nicht sonderlich stark gestützt. Andere Merkmale, die das Ausgaben-Verhal- Schließlich spielt auch die Möglichkeit, ten deutlich steuern. sind die berufliche Stel- während der Radtour Sehenswürdigkeiten zu lung und der Schulabschluß sowie die Grup- besichtigen, eine untergeordnete Rolle, so pengröße. Die Marketing-Strategien des daß das geschichtliche Interesse, das Mer'- Fremdenverkehrsverbandes'Grünes Band' rnnt seinem Typus "selektiver Geschichts- müßten sich unter ökonomischen Aspekten und Radwanderfreund" unterstellt, in der verstärkt auf eine Steigerung der Kurzurlau- Realität nicht sonderlich stark ausgeprägt ist. ber-Quoten konzentrieren, da von dieser Auch das vom Fremdenverkehrsverband Gruppe die höchsten Ausgaben getätigt wer- 'Grünes Band' benutzte werbewirksame den und auch die Ubernachtungskosten, die Schlagwort "Radkult(o)ur: Die 100 Schlösser in der Erhebung nicht gesondert abgefragt Route" wird durch dieses Ergebnis insofern wurden, noch hinzukommen. Insgesamt ist relativiert, als das Kulturerlebnis nicht im hinsichtlich der ökonomischen Bedeutung Zenlrum des Interesses steht. Die Nutzung des Fahrrad-Tourismus sicherlich festzustel- der 100 Schlösser Route bietet offensichtlich len. daß die Entwicklungsdaten - Übernach- die Möglichkeit, verschiedene Interessensla- tungszahlen, Mietfahrräder, Ausgaben - die gen miteinander zu verbinden. arbeitsmarktpolitische Bedeutung dieser Tou- rismus-Variante deutlich erkennen lassen. Differenziert man diese Einstellungen nach der Anreisedistanz, dann zeigt sich, daß mit Die Frage nach den Gründen, weshalb Rad- den Statement-Vorgaben offensichtlich nicht touren gerade im Münsterland so populär alle Beweggründe für Radtouren erfaßt sind; sind, wurde anhand von acht Statements un- denn die aus dem Nahbereich bis 50 km tersucht, bei denen die Befragten angeben stammenden Radwanderer liegen mit ihren sollten, welche Bedeutung die einzelnen Aus- Meinungen immer unter den für die Gesamt- sagen für sie haben. Die Bewertung reichte stichprobe geltenden Mittelwerten, während 385
LandschaftsgenuB weg v.d.StraBen keine Autostaus te Voraussetzungen Schonung d. Natur körperliche Fitnes Bes.v.Sehenewürdigk. Gesellschaf t v' I o,2 o,4 0,6 o,g 1 1,4 1,6 Dletanzzonen Durchschnltt --J- ble 5O km -#-, 150 km - Abb. 7: Gründe für Radtouren und Anreisedistanzen (euelle: Eig. Erh. 1991) es sich bei den in Entfernungen von über 150 die guten Voraussetzungen, die das Münster- km Wohnenden genau umgekehrt verhält land für das Radwandern bietet, sowie die (Abb. 7). Da die aus dem Nahbereich stam- Möglichkeiten zu Besichtigungen von Se- menden Befragten aber zu einem Großteil in henswürdigkeiten gewertet; Radfahren zum Klein- und Mittelstädten zuhause sind, kann Erhalt der körperlichen Fitnes dagegen spielt davon ausgegangen werden, daß für sie man- fürdiese Berufsgruppe eine unterdurch- che Aspekte weniger Bedeutung haben als schnittlich wichtige Rolle. Selbständige in für den Großstädter; dies gilt vor allem für Handel, Handwerk und Gewerbe liegen mit die gesundheits- und umweltbezogenen Sei- ihren Einstellungen meist unter dem Stich- ten des Radwanderns. probendurchschnitt; in besonders starkem Maße gilt dies hinsichtlich der Umweltver- träglichkeit des Radfahrens und der Besichti- In Abhängigkeit von der Bildung und der be- gungen von Sehenswürdigkeiten. Mit Aus- ruflichen Stellung sind ebenfalls deutliche nahme von höheren positiven Abweichungen Einstellungsunterschiede zv beobachten. beim Besuch von Sehenswürdigkeiten und Während beim Hauptschulabschluß über- vor allem bei Aspekten der Geselligkeit lie- durchschnittlich positive Einstellungen zu be- gen bei Hausfrauen die Wertungen im Durch- obachten sind, zeichnet sich bei Radwande- schnittsbereich. Anders verhält es sich bei rern mit Hochschulabschluß eine kritischere den aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Einstellung ab. Das Bewertungsprofil bei Ar- Rentnern und Pensionären, für die Radfahren beitern zeigt einen dem Hauptschulabschluß zum Erhalt der körperlichen Fitnes dient, Ge- ähnlichen Verlauf, und Radfahren wird als selligkeit und Kommunikation jedoch weni- eine die Kommunikation und Geselligkeit ger wichtig sind. Schüler und Studenten sind fördernde Aktivität gesehen. Dagegen oszil- sich der Umweltverträglichkeit der Fahrrad- lieren die Statementbewertungen bei Beam- benutzung stärker bewußt als alle anderen ten und Angestellten in gehobener Position Berufsgruppen, liegen ansonsten aber meist deutlich. Besonders oositiv werden von ihnen unter dem Stichprobendurchschnitt. 386
Tabelle I Gründe für die Radtouren im Münsterland Ich unternehme Radtouren. äs ;ge iä €Eä s, ä €tE iri EfH !qE EJO iEä ;äP is: t;C EE E: EE Eää Durchschnitt 1,37 1,15 I,ll 1,07 0,75 0,31 Alter der Intervielrpartner unter 20 J 1,28 0,83 1,28 1,06 1,17 0,61 0,07 -0,50 20-39 L r,34 1,10 1,04 0,95 0,86 0,61 0,52 0,26 40-59 J. r,42 1,22 1,t4 1,17 0,83 0,78 0,85 0,40 60 J. u. älter 1,36 r,04 1,20 1)) 0,80 1,18 0,42 0)) Stellung im Beruf Arbeiter 1,25 l,t1 t,t7 1,13 0,96 0,83 0,79 0;t1 Angest./Beamter |,41 1,20 I,l1 1,06 0,82 o,7l 0,69 0,31 A./B. im geh.Dienst 1,48 l, r 8 I,l3 1,26 0,96 0,65 0,84 0,30 Freier Beruf r,34 1,08 1,08 0,94 0,72 0,83 0,84 0,28 Selbst. HHG 1,26 r,02 0,96 t,o2 0,50 0,70 0,34 0,34 erwerbstätig 1,39 t,t1 1,10 |,07 0,82 0,7 | 0,7 | o?? Hausfrau 1,3-7 1,22 |,17 |'r) 0,96 0,82 1,02 0,94 Rentner/Pens. t,39 l,l3 t,t6 I,l0 0,84 1,47 0,64 0,01 Schüler/Student r,r4 0,89 t,l2 0,94 1,10 0,53 0,35 -0,14 n'r) nicht erwerbstätig 1,31 1,09 1,25 I,10 0,95 0,91 0,7-7 Schulabschluß Hauptschule I,40 1,20 1,20 1,05 0,93 0,94 0,87 0,45 Berufsschule |,32 1,09 l,06 1,09 0,79 0,7'l 0,59 0,40 Realschule r,39 r,07 1,03 t,r2 0,80 0,62 0,7r 0,22 Fachhochschule |,38 |,t'7 0,97 0,91 0,76 0,79 0,7 | 0,38 Gymnasium l,3l r,24 1,18 0,96 0,85 0,57 0,62 0,31 Hochschulefu niversität |,40 I,09 1,10 1,18 0,85 0,75 0,62 0.18 Anreisedistanz bis 50 km I,l9 I,l I l,08 0,99 0,80 0,44 0,64 0,22 5l-100 km t,47 1,22 1,20 t,26 0,87 0,73 0,80 0,38 101-150 km 1,48 1,24 |,17 I,36 0,62 0,69 0,76 0,50 > km 150 1,40 r,20 t,t2 l.l2 1,05 0,79 0,82 0,49 Gruppengröße allein 1,09 0,77 0,86 0,86 o55 0,86 0,07 -0,68 2-4 Personen 1,38 I,l5 I l? 1,06 0,88 0,74 0,72 0,11 > 4 Personen 1,39 r,20 11) I t\ 0,74 0.74 0,75 0,96 Radtourdauer Vormittag |,27 0,96 0,59 0,68 0,77 0,77 -0,05 0,l8 Nachmittag |,32 1,12 1,09 0,89 0,77 0,70 0,67 0,15 ganzen Tag 1,36 r,r2 I,l6 1,04 0,86 0,74 0,66 0,26 mehrere Tage 1,43 r,2r r,l4 I,l8 0,81 0,76 0,87 0,51 Mit Übernachtungen I Tag |,14 0,7 | 0,93 1,29 0,86 0,43 0,'t9 0,7r 2-4Tage t,44 1,22 t,t4 1,23 0,81 0,78 0,82 0,53 > 4Tage 1,44 t,22 l,16 0,94 1.16 0,66 0,87 0,53 Fahrrad Eigentum 1,37 l,t6 1,13 1,08 0,86 0,79 0,68 0,29 geliehen 1,39 1,02 0,98 1,09 o1) 0,35 0,82 0,39 Quelle: eig. Erhebungen l99l 387
In Tabelle I sind die Statement-Bewertungen tem" Tourismus zu sprechen ist, kann hier für die wichtigsten sozial-statistischen und nicht nachgegangen werden; Zählungen, die Verhaltensmerkmale so zusammengestellt, am 30.5.1991, einem Feiertag, am Schloß daß sich Einstellungsprofile anhand über- Darfeld, das im Kern des Münsterlandes ge- durchschnittlich zustimmender Bewertung legen ist, parallel zur Befragung durchgeführt entwickeln lassen. Als Beispiel seien hier die wurden, erbrachten in der Zeit von 1l bis 17 Wertungen des Statements "ich unternehme Uhr immerhin mehr als 1.200 Radwanderer. Radtouren, weil man von der natürlichen Die charakteristischen Merkmale der auf der Landschaft mehr sieht" vorgestellt. Die Mög- 100 Schlösser Route anzutreffenden Radwan- lichkeit, vom Fahrrad aus einen höheren derer sind zum einem der doch recht kleine "Landschaftsgenuß" zu erleben als vom PKW Einzugsbereich und zum anderen die vom aus, ist von besonderer Bedeutung für vor- Alter und der sozio-ökonomischen Struktur wiegend 40 bis 59 Jahre alte Angestellte und her vom Durchschnitt der Bevölkerung deut- Beamte sowie für Rentner und Pensionäre lich abgesetzte Zusammensetzung der Rad- mit Haupt-, Real-, Fachhoch- und Hoch- wanderer. Bei einer insgesamt großen Zufrie- schulabschluß, deren Wohnsitz in über 50 km denheit mit der 100 Schlösser Route lassen Entfernung von der 100 Schlösser Route liegt die Befragungsergebnisse doch eine Reihe und die in Gruppen mehrtägige Touren auf von Ansatzpunkten für Verbesserungen er- geliehenen Fahrrädern unternehmen. Gleich- kennen, die vom Fremdenverkehrsverband zeitig lassen sich dieser Tabelle aber auch die MÜNSTERLAND TOURISTIK'GTünes Einstellungsunterschiede der einzelnen Sozi- Band' und von privatwirtschaftlicher Seite al- und Verhaltensgruppen bzw. deren Unter- aufgegriffen werden könnten. Die ökonomi- gruppen ablesen. sche Bedeutung des Radfahrens als Freizei- taktivität konnte nachgewiesen werden, ist je- doch wahrscheinlich niedriser als bisher an- 7. Zusammenfassung genommen. Die 100 Schlösser Route kann als ein Bei- Um die ökonomische Effektivität zu erhöhen, spiel für eine gute und den Anforderungen müssen die Marketing-Strategien darauf ab- der Radwanderer weitestgehende gerecht zielen, neue Kunden vor allem für mehrtätige werdende Radwegeplanung betrachtet wer- Aufenthalte zu werben. Hier sollte sich das den, bei der es gelungen ist, verschiedene Augenmerk vor allem auf großstädtische Aspekte des Radwanderns zu verbinden: Verdichtungsräume in Süddeutschland rich- Geschichtliche Interessen werden ebenso be- ten. Bei der Werbung für die 100 Schlösser friedigt wie der Wunsch nach möglichst un- Route sollten neben den kulturhistorischen gestörtem Landschaftsgenuß abseits des mo- Sehenswürdigkeiten vor allem die Wege- torisierten Verkehrs. Der Frage, inwieweit führung abseits der dem motorisierten Ver- bei der Beliebtheit, der sich die 100 Schlösser kehr vorbehaltenen Straßen herauseestellt Route inzwischen erfreut. noch von "sanf- werden. Literatur Breider, T. (1990): Pättkesführer durchs Münsterland. Jilg, A. (1992): Radfahren, ein freizeitrelevantes Ele- Radwandern im Münsterland. Pättkesführer mit Pättkes- ment. Aspekte einer geographischen Analyse. München Wanderkarte. Münster (= Berichte zur Regionalforschung 19) Erler Mühle Verlag (Hg.)(1991): Die 100- Schlösser- Kessler, M. (1980): Fremdenverkehr 19761 71. Touristi- Route. Mit dem Fahnad zu Wasserschlössem, Herrensit- sches Angebot und Fremdenverkehrsfrequenz. Hannover zen, Gräftenhöfen im Münsterland. Raesfeld-Erle (= Deutscher Planungsatlas, Band I: Nordrhein-Westfa- Freund, A. ( 1987): Wandern/Naherholung und Kurzzeit- len, Lieferung 24) tourismus. Münster (= Geographisch-landeskundlicher Meffert, H. (1991): Regionenmarketing Münsterland. Atlas von Westfalen, Lieferung 3, Doppelblatt 4 u. Be- Ansatzpunkte auf der Grundlage einer empirischen Un- sleittext) tersuchung. Münster 388
Münsterland Touristik "Grünes Band" (Hg.X1990): Steinbicker. O. (1992): Radtouren im Münsterland. 100 Schlösser Route. Der neue Radwanderführer mit Stuttgart vielen Farbfotos. Steinfurt Steiner, J. (1991): Beispiele radtouristischer Wegwei- dies. (1992aXHg.): Urlaubsregion Münsterland - Zwi- sung - 100 Schlösser Route. Steinfurt (= unveröff. Vor- schenbericht, Mafo 9 /92. Steinfurt tragsmanuskript) dies. (l992bXHg.): Reiseland Münsterland. Werbewir- ders. (1993): Tourismusentwicklung und Marketingstra- kung und Zielgruppenbestimmung. Eine empirische tegien in der Tourismusregion Münsterland. Münster Analyse. Konzept und Bearbeitung: Dipl.-Geograph Uwe Holscher. Steinfurt Karten dies. (1993)(Hg.): Münsterland. Radwandem'93. Weg- weiser zu 10.000 km Raderlebnis. Steinfurt Radwanderkarten l:50.000 der Kreise Borken. Coesfeld. RV Reise- und Verkehrsverlag (Hg.): Regio-Atlas Mün- Steinfurt, Warendorf sterland. Stuttga( Stadt Münster: Freizeitkarte I :25.000 Schepping' J. u. S. Völler (l 992): Radwandem im Mün- RV Rad- und Wanderkarten 1:50.000. Blätter 'Münster- sterland land' und'Naturpark Hohe Mark' Schnell, P. (1985): Fremdenverkehr - Angebotsstruktur. Bielefelder Verlagsanstalt (Hg.): 100 Schlösser Route Münster (= Geogr.-landeskundlicher Atlas von Westfa- 1:75.000, R 1 Münsterland-Weserbergland l:50.000, Rö- len, Lieferung 1, Doppelblatt 4 u. Begleittext) merroute 1:50.00O 389
Baupflege im Münsterland am Beispiel ausgewählter Streusiedlungen von Hubertus B r a u n . Münster 1. Einleitung stimmten bodenständigen Agrargesellschaft zu einer mobilen Industriegesellschaft hat die Einzelhöfe und Höfegruppen kennzeichnen Grundlagen für eine jahrhundertelang ge- das charakteristische Bild der münsterländi- wachsene ländliche Tradition erschüttert. Der schen Streusiedlungen zwischen den im Ab- Prozeß ist noch wirksam und nicht abge- stand von 4-8 km voneinander entfernt lie- genden Kirchorten. In Sicht- und Rufweiten schlossen. Wie in keiner anderen westfäli- schen Landschaft begann das Ausräumen des entfernt prägen die großen Bauemhäuser mit alten Hausbestandes im Westmünsterland be- den ihnen untergeordneten zahlreichen Ne- reits, als die Erträge auf den bis dahin armen bengebäuden zusammen mit den zugehörigen Sandböden durch Einsatz des Mineraldüngers Elementen der Topographie und Vegetation seit den l890er Jahren ergiebiger wurden. das Bild der in ihren Ursprüngen bäuerlichen Kulturlandschaft, wie sie in weiten Teilen Einschneidende sozialökonomische Verände- wegen ihrer räumlichen Gliederung durch rungen, insbesondere der radikale Wandel Baumgruppen, Wallhecken und Wäldchen der landwirtschaftlichen Produktions- und als münsterländische "Parklandschaft" erlebt Betriebsformen, haben in den vergangenen wird (Bild 1). Jahrzehnten zu einem weiteren starken Ver- änderungsdruck auf die ländlichen Orte all- Weit mehr als die Hälfte der in Westfalen le- gemein und auf die bäuerlichen Streusiedlun- benden 8 Mill. Menschen wohnen in den gen in besonderer Weise geführt. kleinen Städten und Gemeinden des ländli- chen Raumes außerhalb der Großstädte. Für Die Bewahrung regionaler Besonderheiten die Charakteristik des Münsterlandes sind und ortstypischer Merkmale bei Funktions- seine großflächig verteilten Streusiedlungen wandel und Umbau auch von Hofanlagen von existentieller Bedeutung. Ihre Instand- und einzeln stehenden Häusern ist ein Anlie- haltung und Anpassung an veränderte gesell- gen mit dem Ziel, die schleichende Zer- schaftliche Bedingungen ist deshalb eine be- störung historisch gewachsener Siedlungs- sondere Aufgabe zur Pflege und Weiterent- strukturen aufzuhalten und den Geschichtsbe- wicklung der westfülischen Kulturlandschaft ztJg zu sichern. Diese Zielsetzung gilt es ein- oder, anders formuliert, eine wichtige Teil- zubringen bei den vielfältigen Veränderun- aufgabe zur planerischen Einflußnahme auf gen an der überlieferten Bausubstanz auch den künftigen Zustand unserer Umwelt, um außerhalb der Städte und Dörfer, bei den einen aktuell verbreiteten Begriff zu gebrau- zahlreichen in die Landschaft eingebetteten chen. Gehöften und mit den die Siedlungsstruktur vervollständigenden vielen Einzelhäusern, den Scheunen, Viehställen, Speichern, Müh- 2. Sozialökonomischer Wandel und Um- len und jenen in den nordwestfälischen Lan- bau der überlieferten Bausubstanz desteilen besonders verbreiteten sogenannten Der seit dem 19. Jh. sich vollziehende Wan- Kotten, den Altenteiler-, Heuerlings- und Land- del von einer durch bäuerliche Kultur be- arbeiterhäusern. Sie alle bilden eine im Wir- 39r
Bild 1: Typische Hofgebäude mit Eichenbestand und Zufahrtsweg bilden als prägender Bestandteil der Kulturlandschaft eine erhaltenswerte Einheit (Der zweistöckige Speicher im Vordergrund ist in jüngster Zeit zu einem Wohnhaus umgebaut worden) kungszusammenhang sinnfällige Hausland- Das notwendige Einbringen von fundierten schaft. Ohne Nutzung ist ihre Erhaltung nicht Kenntnissen der Haus- und Siedlungsfor- gewährleistet. schung in die aktuellen Umbau- und Ent- wicklungsvorgänge durch Architekten, die Das Bild der Kulturlandschaft als ein Besitz im Umgang mit Siedlungsstrukturen und mit der Öffentlichkeit in seinen Gestaltwerten zu der Behandlung alter Häuser vertraut sind, sichern und nicht durch die Summierung von gründet auf langjähriger systematischer Be- Unachtsamkeiten Einzelner verderben zu las- standserfassung und ihrer Dokumentierung in sen, ist Aufgabe der Baupflege als öffentli- den verschiedenen Landschaften Westfalens. cher Dienst an der Gesellschaft. Neben den Zum Verständnis der heute anstehenden Auf- großräumig wirkenden Phänomenen, wie den gabe ist es notwendig, auf die Grundlagen topographischen Gegebenheiten des Natur- und Besonderheiten der Besiedlung des Mün- raumes und den klimatischen Auswirkungen, sterlandes und ihrer bis heute wirksamen Er- ist die Gesamtheit des baukulturellen Erbes scheinungsformen unter Beachtung der Er- Gegenstand der Betrachtung. Es kann vom kenntnisse der Haus- und Siedlunssforschuns Denkmalschutz nur im geringsten Teil erfaßt einzugehen. werden. Werterhaltung und Pflege durch handwerkliche Anpassung an sich ändernde 3. Siedlungsstrukturen und haustypologi- sozialökonomische Bedingungen des weitaus sche Differenzierung größten Anteils der Bausubstanz ist Gegen- stand der Baupflege. Sie wird in Westfalen Das westfälische Bauernhaus in seiner regio- vom Baupflegeamt des Landschaftsverban- nal ausgeprägten Besonderheit bestimmt des Westfalen-Lippe durch fachspezifische noch wesentlich die verschiedenartigen Haus- Beratungen in den Gemeinden wahrgenom- landschaften des ländlichen Raumes. Die men. Hausforschung hat in den vergangenen Jahr- 392
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