Faktenblatt: Corona - Massnahmen, Positionen, Tätigkeiten - Schweizerischer Städteverband

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Faktenblatt:
Corona – Massnahmen, Positionen, Tätigkeiten
Änderungen im Covid-19-Gesetz sind im National- und Ständerat für die Frühlingssession (01. bis 19.
März) traktandiert. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Positionen des Städteverbandes. Denn die
Städte sind besonders betroffen von der Corona-Pandemie.

1. Die Städte in der Pandemie

Die Städte waren, sind und werden auch zukünftig in hohem Ausmass von den Folgen der Corona-
Krise betroffen sein. Die Massnahmen zur Bewältigung der Krise wirken sich besonders stark in den
urbanen Zentren aus. Das soziale Leben oder das kulturelle Angebot im öffentlichen Raum, wichtige
Bestandteile der städtischen Identität, sind zum Stillstand gekommen. Die Schliessung von Geschäf-
ten und Gastronomiebetrieben, der Wegfall von Kongressen, kulturellen Events und weiteren Veran-
staltungen haben verheerende soziale und wirtschaftliche Folgen. Der Städtetourismus ist beinahe
vollständig zum Erliegen gekommen.

Die Städte haben bei der Bekämpfung der Pandemie eine entscheidende Funktion inne. Sie sind bei
vielen Massnahmen, die der Bundesrat beschlossen hat, für die Umsetzung verantwortlich: von Ge-
schäftsschliessungen über Kontrollen im öffentlichen Raum bis hin zur Umsetzung des Versamm-
lungsverbots.

Position: Weil die Städte eine tragende Rolle in der Bekämpfung der Pandemie einnehmen, müssen
sie bei der Entscheidfindung viel enger in die Überlegungen und Entscheide des Bundesrates einbe-
zogen werden. Der Einbezug der Städte sollte im Covid-19-Gesetz gesetzlich verankert werden.

2. Wirtschaftliche Unterstützung: Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe und Armut

Die Coronakrise erhöht das Risiko der Arbeitslosigkeit enorm, besonders auch in städtischen Gebie-
ten. Ganze Branchen wie etwa das Gastgewerbe, Kulturschaffende und viele mehr, sind aktuell in ih-
rer Existenz gefährdet. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS schätzt, dass die Zahl der
Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger um über 20 Prozent ansteigen wird. Der Sozialhilfe als letztes
soziales Auffangnetz droht die Überlastung. Die Folgen wären für die Städte fatal: Sie tragen nicht nur
die finanziellen Mehrkosten in der Sozialhilfe, sondern sind auch direkt mit den gesellschaftlichen Fol-
gen konfrontiert. Das Armutsrisiko steigt und Armutsbetroffene haben ein grosses Risiko, an den Rand
der Gesellschaft gedrängt zu werden.

Position: Der Städteverband unterstützt alle Massnahmen, welche darauf zielen, den wirtschaftlichen
Schaden tief zu halten, Unternehmen und Arbeitnehmende zu unterstützen, Arbeitsplätze zu erhalten
und somit Arbeitslosigkeit und Armut zu verhindern und die Anzahl von Sozialhilfeempfängerinnen
und –empfänger möglichst nicht ansteigen zu lassen. Es braucht genügend finanzielle Unterstützung
und soziale Auffangnetze für Personen, denen Armut und Sozialhilfe drohen. Der Städteverband for-
dert, dass alle die folgenden Massnahmen bis zum Ende der Pandemie aufrechterhalten werden müs-
sen bzw. im Fall der Kultur bis zu einem geglückten Neustart.
2.1 Kurzarbeitsentschädigung (KAE)

Die Arbeitslosenversicherung (ALV) zahlt den Arbeitgebern einen Teil der Lohnkosten für deren Ar-
beitnehmerinnen, die von Kurzarbeit betroffen sind. Bis Ende März 2021 gilt ein vereinfachtes Verfah-
ren. Zudem wurde die KAE erweitert, so dass tiefe Einkommen bis zu 100% anstatt nur 80% ihres
Lohnes entschädigt erhalten. Das Instrument der KAE hilft, das Arbeitnehmern in prekären Branchen
nicht sofort die Kündigung ausgesprochen wird.

Position des Städteverbandes: Die Kurzarbeitsentschädigung ist zweifelsohne eine der wichtigsten
Massnahmen, um negative Folgen abzuschwächen. Sie verhindert Entlassungen und entlastet mittel-
fristig die Sozialwerke sowie längerfristig die Städte, welche die sozialen Folgen der Arbeitslosigkeit
besonders spüren werden. Der Städteverband unterstützt deshalb jegliche Bestrebungen, Gesuche
zur Kurzarbeit zu vereinfachen und diese grosszügig abzuhandeln. Insbesondere die vollständige Ent-
schädigung der tiefen Einkommen ist für die Städte wichtig, da so verhindert wird, dass betroffene
Haushalte von der Sozialhilfe ergänzend unterstützt werden müssen, weil sie mit 80% ihres Einkom-
mens nicht in der Lage sind ihre Existenz zu sichern.

Der Städteverband hatte ausserdem gefordert, dass ausdrücklich auch Gesuchen um Kurzarbeit von
öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern stattgegeben wird, was zunächst nicht der Fall gewesen war. Sek-
torspezifisch wurden inzwischen Gelder gesprochen, jedoch ausserhalb der Arbeitslosenversicherung

2.2 Erwerbsersatz (EO)

Arbeitnehmende und Selbstständigerwerbende haben unter Umständen Anrecht auf einen Erwerbser-
satz, wenn sie aufgrund der Schutzmassnahmen nicht oder weniger arbeiten können. Gründe sind
z.B. Kinderbetreuung bei geschlossenen Schulen oder Kitas, Quarantäne oder Zugehörigkeit zur Risi-
kogruppe. Selbständige können zudem EO geltend machen, wenn ihr Unternehmen auf behördliche
Anordnung hin geschlossen worden ist oder wenn der Lohn um über 40 Prozent zurückging.

Position des Städteverbandes: Der Städteverband unterstützt diese Massnahme. Selbstständiger-
werbende haben ein erhöhtes Risiko, durch die Maschen des sozialen Netzes zu fallen. Besonders
problematisch ist, dass sie für den Bezug von Sozialhilfe zuerst das Vermögen aufbrauchen müssen.
So müsste z.B. ein selbstständiger Taxifahrer sein Auto verkaufen. Deshalb ist es zentral, dass
Selbstständigerwerbende möglichst gut durch vorgelagerte Sozialleistungen abgesichert werden.

2.3 Befristete Verlängerung des Anspruchs auf ALV-Taggelder

Die Anspruchsberechtigung für die ALV wurde verlängert; arbeitslose Personen hatten vorübergehend
Anrecht auf zusätzlich 120 Taggelder während der ersten Welle bis Juli 2020. Damit werden erwerbs-
lose Personen, denen die Aussteuerung droht, länger in der ALV gehalten, statt dass sie (unter Um-
ständen) in die Sozialhilfe abrutschen. Der Bundesrat schlägt vor, diese Massnahme wieder aufzuneh-
men und im Covid-19-Gesetz zu verankern Das Parlament beschliesst dies in der März-Session.

Position des Städteverbandes: Der Städteverband begrüsst diese Massnahme sehr und fordert, sie
in das Covid-19-Gesetz aufzunehmen. Aussteuerungen aus der Arbeitslosenversicherung sind wäh-
rend der Pandemie auf jeden Fall zu vermeiden, um zu verhindern, dass die Betroffenen an den Rand
der Gesellschaft gedrängt werden.

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2.4 COVID-19-Kredite

Mit den Covid-19-Krediten konnten von Massnahmen betroffene Unternehmen relativ einfach zinslose
Kredite beantragen, falls sie in einen Liquiditätsengpass kamen. Der Kredit umfasste max. 10% des
Jahresumsatzes bzw. max. 20 Mio. Franken. Die Unternehmen mussten u.a. nachweisen, dass sie
aufgrund der Pandemie wesentliche Umsatzeinbussen erlitten haben. Die Kredite wurden vom Bund
abgesichert

Die Massnahme wirkte zwischen dem 26. März und dem 31. Juli 2021. Der Bundesrat ist in der Vorbe-
reitung zur Wiederaufnahme des Kreditprogramms.

Position und Forderung des Städteverbandes: Es ist zwingend notwendig, dass die Kredite reakti-
viert werden. Der Städteverband teilt damit die Forderung namhafter Ökonomen und Expertinnen, wel-
che eine Wiederaufnahme des Kreditprogrammes als bewährte und effiziente Unterstützungsmass-
nahme für die Wirtschaft erachten.

2.5 Härtefälle

Die Massnahme gilt bis auf Weiteres. Betriebe, die seit dem 1. November 2020 insgesamt während
mindestens 40 Kalendertagen behördlich geschlossen werden und einen Umsatzrückgang geltend
machen können, gelten als Härtefall. Die Obergrenzen für A-fonds-perdu-Beiträge werden auf 20 Pro-
zent des Umsatzes bzw. 750’000 Franken je Unternehmen erhöht. Das Parlament wird im Rahmen
von Änderungen des Covid-19-Gesetzes in der Frühlingsession 2021 befinden, ob es dem Antrag des
Bundesrats folgt, der verlangt, dass die Beiträge von auf 10 Milliarden Franken (Kantone und Bund
zusammen) verdoppelt werden.

Position und Forderung des Städteverbandes: Der Städteverband steht klar hinter der Unterstüt-
zung für die leidenden Unternehmen. Eine rasche Umsetzung ist nötig. Viele Betriebe in den Städten
sind von den Schliessungen betroffen und drohen, Konkurs zu gehen. Es ist deshalb zentral, dass der
Bund sie finanziell unterstützt, zumal sie unverschuldet in eine missliche Lage geraten sind. Der Städ-
teverband ist der Ansicht, dass der Bund A-fonds-perdu-Beiträge in einem angemessenen Umfang
bereitstellen muss. Er begrüsst deshalb sehr, dass der Bundesrat vorschlägt, im Covid-19-Gesetz die
Unterstützungsmassnahme zu verankern und zu erhöhen.

2.6 Mieten und Mietreduktion

Für das Gewerbe sind die Mieten ein bedeutender Ausgabenposten und somit ein grosser Treiber für
allfällige Konkurse. Diverse Forderungen wurden laut, dass auch HauseigentümerInnen einen Anteil
an der Krise leisten und die Mieten teilweise erlassen oder zumindest aufgeschoben werden. Ein frei-
williges Entgegenkommen der HauseigentürmerInnen kam nicht im erhofften Umfang zu Stande. Par-
lamentarische Vorstösse zu einem Covid-19-Geschäftsmietegesetz sind vom Parlament bislang abge-
lehnt worden. Im Gespräch ist nun eine Fristverlängerung bei ausstehenden Mietzinsen oder Neben-
kosten auf 90 statt 30 Tage sowie ein Verbot, die Mietverträge während des Lockdowns bzw. in den
sechs darauffolgenden Monaten danach mit solchen Geschäften zu kündigen, die von behördlichen
Schliessungen betroffen waren. Das Parlament diskutiert in der Frühjahrssession 21, diese beiden
Punkte ins Covid-19-Gesetz aufzunehmen.

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Position des Städteverbandes: Für die Städte wäre eine Lösung in der Mietproblematik angezeigt.
Rund 80 Prozent der Städte haben selber Massnahmen ergriffen zugunsten der Geschäftsmieterinnen
und Mieter. Die Aufwände müssen jedoch besser verteilt werden, und auch die Eigentümerinnen und
Eigentümer ihren Beitrag leisten. Der Städteverband unterstützte denn auch die Vorstösse zum Co-
vid-19-Geschäftsmietegesetz, das vom Parlament danach abgelehnt wurde. Die für die Frühlingsses-
sion vorgeschlagenen Punkte unterstützt der Städteverband. Als wirkungsvolle Hilfe ist es jedoch für
betroffene Unternehmen nicht ausreichend.

3. Kultursektor

Unzählige Kulturschaffende und -institutionen hat die Pandemie besonders hart getroffen, namentlich
durch das seit über einem Jahr anhaltenden Verbot für Publikumsveranstaltungen (die erlaubte An-
zahl Personen variierte je nach Phase in der Pandemie).

Während der Zeit, als kleinere Veranstaltungen mit Schutzkonzepten möglich waren, mussten die Ver-
anstalter die Anzahl Besucherinnen und Besucher reduzieren. Dieser Einnahmeverlust wurde nicht
gedeckt. Freie Kulturschaffende leiden unter dem Ausbleiben von Aufträgen. Zudem fiel ein Teil von
ihnen durch die Maschen der sozialen Auffangnetze.

Die Folgen sind auch für die Städte, wo sich der grösste Teil des kulturellen Lebens abspielt, fatal.
Kulturunternehmen und freie Kulturschaffende müssen für 2021 mit einem Einnahmeausfall von ge-
schätzt 20 bis 50 Prozent rechnen. Dieser Verlust ist nicht gedeckt.

Position des Städteverbandes: Kulturschaffende und -institutionen müssen für ihre Einnahmeaus-
fälle entschädigt werden. Leidtragende von den Massnahmen sind indirekt auch die Städte. Ein vielfäl-
tiges Kulturangebot ist ein Teil ihrer Identität und muss, sobald es die epidemiologische Lage erlaubt,
wiederbelebt werden. Der Städteverband unterstützte deshalb die gesetzlich verankerten Massnah-
men, dass der Bund Kulturschaffende, -unternehmen sowie -vereine finanziell mit A-Fonds-perdu-Bei-
träge unterstützt. Besonders wichtig sind auch die 20 Millionen Franken Nothilfe an die Lebenserhal-
tungskosten für Kulturschaffende, die durch die Pandemie unter das Existenzminimum gerutscht sind.

Weder die Nothilfe noch die Unterstützungsbeiträge reichen jedoch aus, zumal Events mit grösserem
Publikum noch für einige Zeit nicht möglich sein und wohl als letzte Massnahme wieder aufgehoben
werden. Der Städteverband fordert deshalb eine Ausweitung und Aufstockung sowohl der Nothilfe als
auch der Unterstützungsbeiträge.

Die Unterstützungsmassnahmen müssen nicht nur bis zum Pandemieende aufrecht erhalten bleiben,
sondern auch darüber hinaus für den Neustart erhalten bleiben.

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4. Familienergänzenden Kinderbetreuung

Insbesondere während der ersten Welle im Frühjahr 2020 sind zahlreiche Institutionen der familiener-
gänzenden Kinderbetreuung in eine finanziell heikle Situation geraten: Sie mussten offen blieben, ob-
wohl die Eltern angehalten wurden, ihre Kinder zuhause zu lassen. So vielen unzählige Elternbeiträge
aus. Das Parlament beschloss in einem ersten Schrit, mit 65 Millionen Franken auszuhelfen – jedoch
nur für private Betriebe. Viele Städte, namentlich in der Westschweiz, verfügen über öffentlich finan-
zierte familienexternen Kinderbetreuung. Diese Ungleichbehandlung wurde mittlerweile aufgehoben,
der Bund entschädigt rückwirkend nun auch die Kantone, wenn diese die öffentliche familienexterne
Kinderbetreuung entschädigten.

Position: Sämtliche Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung, unabhängig von ihrer
Rechtsform, müssen finanziell entschädigt werden. Viele Städte verfügen über öffentlich finanzierte
Institutionen, die genau gleich wie Private massive Verluste machen.

5. Öffentlicher Verkehr

Die weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben und die Home-Office-Regelungen haben
selbstredend zu einem massiven Einbruch der ÖV-Passagiere geführt. Verbindungen im städtischen
Ortsverkehrt wurden teilweise reduziert, die Reduktion des Passagieraufkommens hoch. Für die städ-
tischen ÖV-Betriebe sind die finanzielle Verluste beträchtlich. Der Bund hat für 2020 ein dringliches
Bundesgesetz über die Unterstützung des ÖV in der Covid-19-Krise in Kraft gesetzt und dafür auch
den Ortsverkehr einbezogen.

Position:
 Der Ortsverkehr und mit ihm die städtischen Verkehrsbetriebe müssen vom Bund entschädigt
   werden. Nur so lassen sich nachhaltige Schäden für den öffentlichen Verkehr verhindern. Hier
   steht ausdrücklich auch der Bund selber in der Pflicht, insbesondere, weil er Gefahrenbeurteilung,
   Schutzkonzepte und Aufrechterhaltung des Angebots ohne Rücksprache mit den Städten und Ge-
   meinden verfügt hat. 2020 hat der Bund einen Drittel der Covid-bedingten Ausfälle übernommen.
   Dies fordert der Städteverband auch für 2021.
 Die Kurzarbeitsentschädigung für Angestellte der städtischen ÖV-Betriebe muss von der ALV über-
  nommen werden. Alternativ ist sie in die Berechnung der allgemeinen Entschädigung einzubezie-
  hen.

6. Sozialhilfebeziehende Ausländerinnen und Ausländer

In der Schweiz wohnhaften Ausländerinnen und Ausländern drohen besondere Nachteile, wenn sie
Sozialhilfeleistungen beziehen, im schlimmsten Fall gar der Entzug der Aufenthaltsbewilligung Die Ge-
fahr, unverschuldet in die Sozialhilfe abzurutschen, ist in der Pandemie markant erhöht; bei vielen
Ausländerinnen und Ausländern besonders stark, weil sie nicht selten in besonders vulnerablen Tief-
lohnbranchen tätig sind. Die Zahl der Unterstützungsgesuche auf den Sozialdiensten erhöhte sich.

Position: Der Städteverband ist der Ansicht, dass in der speziellen Situation besondere Zurückhal-
tung geboten ist, die entsprechende Bestimmung im «Bundesgesetz über die Ausländerinnen und
Ausländer und über die Integration (AIG) anzuwenden. Besonders die Sozialdienste in grösseren
Städten sehen sich mit der Problematik konfrontiert.

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