Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG

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Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG
Herdern, Neuburg &
                                                           Brühl-Beurbarung
                                                                   Oktober 2020, Ausgabe 66

                             Freiburg ist mehr
                                 als Bollenhut      Interview mit Michael Stoz über
                                                        Baukultur und Partnerschaft

Paradox Prävention            Absitzen in Freiburg           Ausgehen in Freiburg
Es knirscht an allen Ecken    Ein Projekt will die JVA       Stimmung und Spaß auf
und Enden                     sichtbar machen                dem Messegelände
Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG
Er ist da
        Er ist da
        Der  neue ID.3*
        Der neue ID.3*                                                                                                                Jetzt Probefahrt
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        Elektromobilität – mit Reichweite! Für Ihren Alltag
        Elektromobilität
        Elektromobilität        – Alltagstaugliche
                         für alle? mit Reichweite!      Für Ihren
                                                   Reichweite?      Alltag
                                                               Der neue ID.3* macht aus einem schönen Traum Realität.
        Vollelektrisch
        Elektromobilitätundfür
                             mit  fortschrittlicher
                               alle?                Technologie
                                     Alltagstaugliche           läutet
                                                       Reichweite?  Dererneue
                                                                          eineID.3*
                                                                               neuemacht
                                                                                     dynamische   Ära der
                                                                                            aus einem     Elektromobilität
                                                                                                      schönen              ein.
                                                                                                                Traum Realität.
        Steigen Sie ein  und  profitieren  Sie  außerdem  von Volkswagen    Lease&Care   – der perfekten Kombination  aus
        Vollelektrisch und mit fortschrittlicher Technologie läutet er eine neue dynamische Ära der Elektromobilität ein.  Leasing1

        und nützlichen
        Steigen          Service
                Sie ein und       leistungen,
                              profitieren  Sie die mit demvon
                                                außerdem   Paket  S beispielsweise
                                                              Volkswagen            für volle
                                                                            Lease&Care   – derKostenkontrolle bei Wartungen
                                                                                               perfekten Kombination          und 1
                                                                                                                      aus Leasing
        Inspektionen  2 sorgen. Planbar, kostensicher, zeitgemäß.
        und nützlichen Serviceleistungen, die mit dem Paket S beispielsweise für volle Kostenkontrolle bei Wartungen und
        *Inspektionen 2 sorgen. Planbar, kostensicher, zeitgemäß.
           Stromverbrauch   des neuen ID.3, kWh/100 km: kombiniert 15,4–14,5/CO₂-Emissionen, g/km: kombiniert 0. Effizienz-
        klasse A+. Stromverbrauch
        * Stromverbrauch des neuen   des neuen
                                       ID.3,    ID.3 Pro
                                             kWh/100     Performance,
                                                       km:             kWh/100 km: kombiniert 15,4–14,5/CO₂-Emissionen,
                                                           kombiniert 15,4–14,5/CO₂-Emissionen,   g/km: kombiniert 0. Effizienz-
        g/km:  kombiniert  0. Effizienzklasse A+. Stromverbrauch   des neuen
        klasse A+. Stromverbrauch des neuen ID.3 Pro Performance, kWh/100    ID.3km:
                                                                                  Prokombiniert
                                                                                      S, kWh/10015,4–14,5/CO₂-Emissionen,
                                                                                                 km: kombiniert 14,1–13,5/
        CO₂-Emissionen,
        g/km: kombiniertg/km:     kombiniert 0.
                           0. Effizienzklasse   Effizienzklasse
                                              A+. StromverbrauchA+.des neuen ID.3 Pro S, kWh/100 km: kombiniert 14,1–13,5/
        CO₂-Emissionen,   g/km:
        ID.3 Pro Perfomance  150 kombiniert 0. Effizienzklasse
                                   kW (204 PS) 1-Gang-Automatik A+. mit Volkswagen Lease&Care Paket S
        Stromverbrauch   in kWh/100   km: kombiniert   14,5, CO₂-Emissionen
        ID.3 Pro Perfomance 150 kW (204 PS) 1-Gang-Automatik mit Volkswagen    in g/kg: Lease&Care
                                                                                         0.           Paket S
        Ausstattung:
        Stromverbrauch in kWh/100 km: kombiniert 14,5, CO₂-Emissionen in g/kg: 0.vorn und hinten, Sprachbedienung, Spurhalte-
                      LED-Scheinwerfer,  DAB-Radio,   Air Care Climatronic, Einparkhilfe
        assistent „Lane
        Ausstattung:    Assist“, Telefonschnittstelle,
                      LED-Scheinwerfer,  DAB-Radio, AirVerkehrszeichenerkennung
                                                          Care Climatronic, Einparkhilfe   m. Lackierung:
                                                                                     u. v. vorn und hinten,Mondsteingrau Schwarz
                                                                                                           Sprachbedienung, Spurhalte-
        assistent
        Nettodarlehensbetrag     Telefonschnittstelle, Verkehrszeichenerkennung
                  „Lane Assist“,(Anschaffungspreis):   33.474,99 €               u. v. m.
                                                                           Jährliche      Lackierung: Mondsteingrau Schwarz
                                                                                       Fahrleistung:                    10.000 km
        Sonderzahlung   (entspricht  Umweltbonus  3
                                                   ):   6.000,00
        Nettodarlehensbetrag (Anschaffungspreis): 33.474,99 €    €         Gesamtbetrag
                                                                           Jährliche Fahrleistung:                     18.960,00
                                                                                                                        10.000 km €
        Sollzinssatz (gebunden)  p. a.:
        Sonderzahlung (entspricht Umweltbonus     3):       3,04 %
                                                        6.000,00 €         48 mtl.  Leasingraten
                                                                           Gesamtbetrag            à                      270,00
                                                                                                                       18.960,00 €€
        Effektiver Jahreszins:
        Sollzinssatz (gebunden) p. a.:                      3,04 %
                                                            3,04 %         zzgl. Lease&Care    Paket
                                                                           48 mtl. Leasingraten à    S2
                                                                                                                            20,23
                                                                                                                          270,00 €€
        Laufzeit:
        Effektiver Jahreszins:                          48 Monate
                                                            3,04 %         48 mtl.
                                                                           zzgl.    Gesamtleasingraten
                                                                                 Lease&Care    Paket S2 à                 290,23
                                                                                                                            20,23 €
                                                                                                                                  €
        Laufzeit:
        Ein                                          48 Monate
            Angebot der Volkswagen Leasing GmbH, Gifhorner                48 Braunschweig,
                                                              Str. 57, 38112 mtl. Gesamtleasingraten   à ungebundener 290,23 €
                                                                                           für die wir als
        Vermittler
        Ein Angebotgemeinsam   mit dem
                     der Volkswagen    Kunden
                                     Leasing   die für
                                             GmbH,     den Leasingvertrag
                                                    Gifhorner             nötigen
                                                              Str. 57, 38112      Vertragsunterlagen
                                                                             Braunschweig, für die wir zusammenstellen.
                                                                                                       als ungebundener
                                                                                                                       4

        Vermittler    gemeinsam
        Abbildung zeigt              mit dem
                        Sonderausstattungen    Kunden
                                            gegen        dieBildliche
                                                  Mehrpreis.  für den   Leasingvertrag
                                                                      Darstellungen         nötigen
                                                                                    können vom        Vertragsunterlagen
                                                                                               Auslieferungsstand              zusammenstellen.
                                                                                                                  abweichen. Stand                  4 und Irr-
                                                                                                                                   09/2020. Änderungen
        tümer vorbehalten. 1 Ein Angebot der Volkswagen Leasing GmbH. Bonität vorausgesetzt. 2 Ein Angebot der Volkswagen Leasing GmbH für Privatkunden im Rahmen
        Abbildung   zeigt Sonderausstattungen
        der Dienstleistung  Wartung & Inspektion.  gegen
                                                       MitMehrpreis.  BildlicheBeitrag
                                                           dem monatlichen      Darstellungen
                                                                                       sind die können  vom
                                                                                                Kosten für   Auslieferungsstand
                                                                                                           umfangreiche          abweichen.
                                                                                                                         Wartungs-            Stand 09/2020.
                                                                                                                                      und Inspektions  arbeitenÄnderungen    und Irr-
                                                                                                                                                                laut Herstellervorgabe
        tümer   vorbe
        inkl. Lohn undhalten. 1 Ein Angebot der3 Volkswagen Leasing GmbH. Bonität vorausgesetzt. 2 Ein Angebot der Volkswagen Leasing GmbH für Privatkunden im Rahmen
                         Material  abgegolten. Die Sonderzahlung entspricht der staatlichen Förderung, die der Kunde vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
        der Dienstleistung
        (BAFA),             Wartung
                 Referat 422,          & Inspektion.
                                Frankfurter            Mit dem
                                            Straße 29–35,       monatlichen
                                                            65760 Eschborn, Beitrag    sind diezurückerstattet
                                                                               www.BAFA.de,     Kosten für umfangreiche
                                                                                                               bekommt.Wartungs-      und Inspektions
                                                                                                                          Die Auszahlung   des Anteilsarbeiten
                                                                                                                                                        des BAFAlaut Herstellervorgabe
                                                                                                                                                                  erfolgt erst nach
        inkl. Lohn und
        positivem        Material
                    Bescheid  des abgegolten.   3
                                                  Die Sonderzahlung
                                   von Ihnen gestellten               entspricht
                                                          Antrags. Gerne          der staatlichen
                                                                           unterstützen           Förderung,
                                                                                         wir Sie bei          die der Kunde
                                                                                                     der Beantragung.        vom Bundesamt
                                                                                                                       Der staatliche          für Wirtschaft
                                                                                                                                      Umweltbonus             und
                                                                                                                                                      endet mit    Ausfuhrkontrolle
                                                                                                                                                                 Erschöpfung   der
        (BAFA),  Referat 422,
        bereitgestellten        Frankfurter
                          Fördermittel,     Straße 29–35,
                                         spätestens         65760 Eschborn,
                                                       am 31.12.2021.          www.BAFA.de,
                                                                      Ein Rechtsanspruch       zurückerstattet
                                                                                            besteht            bekommt.
                                                                                                     nicht. Nähere        Die Auszahlung
                                                                                                                   Informationen   erhaltendes
                                                                                                                                            Sie Anteils
                                                                                                                                                bei uns.des
                                                                                                                                                         4 BAFA erfolgt erst nach
                                                                                                                                                          Bonität vorausgesetzt.
        positivem
        Es bestehtBescheid    des von Ihnen
                     ein Widerrufsrecht       gestellten Antrags. Gerne unterstützen wir Sie bei der Beantragung. Der staatliche Umweltbonus endet mit Erschöpfung der
                                         für Verbraucher.
        bereitgestellten Fördermittel, spätestens am 31.12.2021. Ein Rechtsanspruch besteht nicht. Nähere Informationen erhalten Sie bei uns. 4 Bonität vorausgesetzt.
        Es besteht ein Widerrufsrecht für Verbraucher.

                                                Ihr Volkswagen Partner

                                                Autohaus Gehlert GmbH & Co. KG
                                                Ihr Volkswagen Partner

                                                Autohaus
                                                Tullastraße 82,Gehlert   GmbH & Co. KG
                                                                79108 Freiburg
                                                Tel. 0761 510460,
                                                Tullastraße        gehlert.de
                                                            82, 79108 Freiburg
                                                Tel. 0761 510460, gehlert.de

200907ct_44440_Erstellung_Anzeige_ID-3_204x285mm_TZ_2.indd 1                                                                                                                      09.09.20 13:48
Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG
H E R E I N S PA Z I E R T

                                         STÖBERN UND LESEN
                             Wenn Sie das Stadt-Magazin in den letzten Jahren gelesen haben, werden Sie wissen,
                             dass an dieser Stelle unsere dafür zuständige Chefredakteurin Barbara Breitsprecher das
                             Vorwort schreibt. Weil Frau Breitsprecher einen Unfall hatte, von dem sie sich noch bis
                             Jahresende erholt, springe ich für sie in die Bresche. Wir haben wie immer versucht, Ihnen
                             eine bunte Mischung an Themen zu bieten, vom Hotspot Baukultur im Roten Haus in
                             Freiburg, über das Thema Prävention in Corona-Zeiten bis hin zum Herbstvergnügen auf
                             dem Messegelände, das die schwer gebeutelten Schausteller unterstützen will.
                             Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Stöbern und Lesen in unserem aktuellen
                             Stadt-Magazin.                                                               Michael Zäh

                             Hotspot der Baukultur in Freiburg: �������������������������                      Seite 4
                             Interview mit Michael Stoz, dem Vorstand der „Partner AG“

                             Es knirscht an allen Ecken und Enden: ���������������������                       Seite 8
                             Essay über die Frage, was Prävention eigentlich ausmacht

                             Später sind wir immer schlauer: ��������������������������� Seite 10
                             Ein Vergleich der Corona-Maßnahmen im März und im Oktober

                             Warten auf Godot: ����������������������������������������� Seite 13
                             Essay über die Frage, was keinen Sinn macht

                             Strafraum - Absitzen in Freiburg: ��������������������������                    Seite 14
                             Interview: Ein Projekt will die verdrängte Realität der JVA sichtbar machen

                             Auf die Bikes, fertig, los: ������������������������������������ Seite 20
                             Trail-Biken vor den Toren der Stadt - eine Übersicht

                             Die Natur zum Vorbild: �������������������������������������                    Seite 22
                             Interview: Thomas Speck über Forschung im Botanischen Garten

                             Faszination Weltraum: �������������������������������������                     Seite 25
                             Das Planetarium Freiburg bietet Sternenzelt, Zeitmaschine und Flugsimulator

                             Nearby - wie Bilder zeigen: �������������������������������� Seite 26
                             Das PEAC-Museum mit neuer Ausstellung

                             Die mittelalterliche Neuburg: �����������������������������                     Seite 33
                             Über die Geschichte des Stadtteils und das „Forum Neuburg“

                             Kultur trotz allem: ������������������������������������������ Seite 34
                             Über das „Freiburger Herbstvergnügen“ und weitere Events

IMPRESSUM
                                                                                                    Grafik, Layout & Herstellung,
Stadtmagazin                                         Chefredakteur:                                 Photoredaktion: dtpwork design
Zeitung am Samstag Verlags GmbH                      Michael Zäh (visdp)                            Adrian Kempf, Tel. 07661 / 919 99 56
Benzstraße 22, 79232 March                           e-mail: m.zaeh@zas-freiburg.de                 e-mail: grafik@zas-freiburg.de
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Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG
INTERVIEW

                                                                                                               ©Foto: Felix Groteloh
                       Ein Hotspot
                      der Baukultur

Michael Stoz, Vorstand der Partner AG, die eine
Dependance im Roten Haus in Freiburg unterhält,
                                                   S eit 20 Jahren gibt es die „Partner AG“, die seit fünf Jahren
                                                     auch im Herder-Haus in Freiburg eine Art Hotspot der
                                                   Baukultur verwirklicht hat, an der 14 Firmen teilnehmen.
erklärt im Interview, wie sich in Freiburg ein     Die neuen Geschäftsräume des SC Freiburg im Wolfswinkel
                                                   werden ebenfalls von der „Partner AG“ realisiert. Michael
Hotspot für Baukultur heraus gebildet hat,         Zäh sprach mit Vorstand Michael Stoz über all dies und
welche Ideen für die neuen Geschäftsräume des      manches mehr.

SC Freiburg im Wolfswinkel bestehen und wie        Sie haben mit der „Partner AG“ neben Ihrem Hauptsitz in Offen-
man Schüler für ein von ihnen selbst entworfenes   burg auch eine Dependance in Freiburg, nämlich im Herder-Haus.
                                                   Dort haben Sie auch morderne Momente in der Innenarchitektur
Baumhaus-Projekt begeisterte.                      mit eingebracht. Wie lange sind Sie denn schon im „Roten Haus“
Von Michael Zäh                                    und was hat sich in dieser Zeit dort entwickelt?
                                                   Michael Stoz: Das ist ja ein neobarockes Haus aus dem Anfang
                                                   des 20. Jahrhunderts. Wir sind jetzt seit fünf Jahren im „Roten
                                                   Haus“. Das Spannende ist dann natürlich mit einer Kombination
                                                   aus altehrwürdiger Substanz und modernen Elementen das Haus
                                                   zu adeln. Dahinter steckte eine Konzeption, die so aussah, eine
                                                   Art Co-Working für Erwachsene zu schaffen. Also für Firmen, die
                                                   am Markt schon eine gewisse Bedeutung und auch eine gewisse

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INTERVIEW

­ istorie haben. Die also keine Start-Ups mehr sind, sondern
H                                                                      oder umbauen. Will die Firma jung und trendy rüberkommen
bereits ein gutes Netzwerk haben, um dann gegenseitig davon            oder lieber klassisch konservativ. Das alles versuchen wir dann
zu profitieren. Und diese Idee wurde in der Ausgestaltung umge-        umzusetzen.
setzt: Von der Kantine über Seminarräume – wir haben verschie-
dene solcher Räume, die von vier bis vierhundert Leuten nutzbar        Und wie sieht es mit der Umsetzung Ihrer Philosophie aus, wenn
sind – und mit der Zeit hat sich so eine Art Hotspot der Baukultur     es sich um eine Privatwohnung handelt? Was macht hier den
in Freiburg heraus gebildet. Wir haben derzeit 14 Firmen hier im       Unterschied?
Roten Haus untergebracht. Das reicht von Maklern, über Bauphy-         Michael Stoz: Bei Privatwohnungen ist alles sehr viel spezifischer
siker, Projektentwickler bis hin zu Architekten, wie wir es sind.      auf den Nutzer ausgerichtet. Das heißt, bei Firmen wie etwa Spar-
                                                                       kassen, die Öffentlichkeit haben, geht es ja immer darum, eine
Steckt da auch etwas grundsätzlich Reizvolles für die „Partner AG“     gute Mischung zu schaffen. Das muss allen Kunden, dem sechs-
drin, in dieser Kombination von alter Bausubstanz und neuen,           jährigen Steppke, aber ebenso dem 90jährigen Rentner gefallen.
frischen Ideen in der Innenarchitektur?                                Da fallen ganz verschiedene Lebenswirklichkeiten zusammen.
Michael Stoz: Unser Portfolio umfasst sowohl Neubauten als             Beim Privatraum kann man hingegen sehr spezifisch auf den Ge-
auch Altbauten und Umbauten. Wir sind 28 Leute, genau zur              schmack, die Vorstellungen und Wünsche dessen eingehen, der
Hälfte Architekten und zur Hälfte Innenarchitekten. Unsere             da wohnt. Man muss dabei auch nicht ganz so viele öffentliche
Idee ist immer ganz grundsätzlich von innen nach außen sowie           Bauvorschriften berücksichtigen. Man kann da auch mal Dinge
von außen nach innen zu entwickeln. Beides ist substanziell            machen, die etwas spektakulärer sind. Da ist es ganz spannend,
und daher muss das ineinander greifen. Von Außen muss die              auch mal ein bisschen an die Grenzen zu gehen.
Architektur angenehm angeschaut werden können. Da hat man
natürlich eine besondere Verantwortung, denn die Allgemein-            Nehmen wir mal als Beispiel ein privater Bauherr, der auf seinem
heit kann nicht wählen, was sie dann zu sehen bekommt. Auf             Grundstück ein neues Haus hingestellt haben will, wo also komplett
der anderen Seite ist es ja so, dass die Menschen die allermeiste      alles neu geplant und gemacht werden kann – wie läuft der Pro-
Zeit in Innenräumen verbringen. Das bedeutet, dass der Innen-          zess dann ab? Was hat Vorrang, die äußeren Gegebenheiten oder
raum eine besondere Qualität haben muss. Wir haben da das              die Bedürfnisse bezüglich Grundriss und speziellen Wünschen im
Ziel, jeweils eine Umgebung zu schaffen, die es den Menschen           Innenraum?
ermöglicht, das Beste was in ihnen steckt auch heraus zu lassen.       Michael Stoz: Es ist tatsächlich ein Prozess, wie das ineinander
Was Umbauten angeht ist es so, dass wir als Innenarchitekten           greifen soll. Von außen ist es meistens so, dass man ein bestimm-
uns sehr stark mit Beständen beschäftigen. Und wenn du schon           tes Grundstück hat, mit einer bestimmten Größe, also mit der Flä-
eine Substanz hast, die du nur noch würdigen oder adeln musst,         che, die es eben hat, die man sich leisten kann und will. Da gibt es
um sie umso schöner zu machen, dann kann man seinen Fokus              städtebauliche Strukturen, also in Gebieten wie in Herdern gibt
darauf konzentrieren.                                                  es eher vier- oder fünfgeschossige Häuser oder im Villenbereich
                                                                       eher Punkthäuser. Da würde also ein achtzehngeschossiges
Ihre Philosophie ist, dass Orte und Gebäude den Menschen prägen.       Hochhaus nicht hinpassen. Das würde sich eben nicht einfügen.
Wie gehen Sie da vor, dies positiv zu gestalten? Stellen wir uns zum   Es würde in diesem Gebiet keinen Sinn machen, während es an
Beispiel vor, Sie betreten ein Gebäude oder einen Raum, den Sie        anderen Orten durchaus begehrt sein könnte, weil das Hochhaus
später umbauen sollen – wie gehen Sie dann vor, um das Beste für       vielleicht einen tollen Blick in die Stadt erlaubt. Da schauen wir
das Wohlgefühl des Menschen zu erreichen?                              also immer auf die städtebauliche Umgebung. Es ist außerdem
Michael Stoz: Erstmal stellt sich hier die Frage, ob man von einer     so, dass man von außen meistens an die Grenzen dessen geht,
Privatimmobilie spricht oder von einem Geschäftsgebäude. Es ist        was ein Quartier oder ein Milieu erträgt, weil Grundstücke eben
bei Geschäftsgebäuden grundsätzlich besonders wichtig, die Pro-        teuer sind. Von innen versucht man ebenfalls viel Fläche zu gene-
zesse, die dem Geschäft zugrunde liegen, in den Vordergrund der        rieren, weil man natürlich viel Wohnfläche will, um die Wünsche
Planung zu stellen. Denn davon hängt für die betroffene Firma ja       und Vorstellungen des Bauherrn zu verwirklichen. Es ist also
die Effizienz und letztendlich auch die Wirtschaftlichkeit ab. Da      so, dass es von außen nicht zu groß werden soll und von Innen
soll ja Geld verdient werden. Auf der anderen Seite sollen sich        möglichst viel größer. Das sind oft widerstreitende Aspekte. Da
die Mitarbeiter von Unternehmen auch in den Räumlichkeiten             sehe ich den Architekten als Mediator, um zwischen diesen wi-
wohl fühlen, in denen sie täglich arbeiten. Deshalb versuchen          derstrebenden Faktoren einen Ausgleich zu schaffen.
wir, den Ort, an dem gearbeitet wird, zu einem Anziehungspunkt
zu machen. Wir wollen es schön machen, wir gestalten es oft            Inwiefern spiegelt sich Ihre Philosophie als Firma bereits im Namen
im Lounge-Stil, fast wie in einem prima Café, damit die Leute,         Ihrer AG wieder, nämlich der „Partner AG“? Und wie ist diese vor
wenn sie überlegen, wo gehe ich heute                                                              20 Jahren entstanden?
hin – ins Büro oder ins Homeoffice? – an                                                           Michael Stoz: Einerseits ist es so, dass
einen Ort denken, auf den sie auch Lust                                                            wir unsere Bauherren wie auch die
haben. Der Arbeitsplatz soll eine angeneh-
me Atmosphäre kreieren und aufgrund
                                                      „„Es hat sich eine Art                       Mitarbeiter der Firmen, für die wir
                                                                                                   arbeiten, sehr stark an der Planung
seiner Gestaltung einen Anreiz schaffen,
ins Büro kommen zu wollen. Er soll sich
                                                      Hotspot der Baukultur                        und dem Bauprozess mit einbeziehen.
                                                                                                   Wir sind keine Architekten, die sich
wie ein sexy Ort anfühlen. Dabei kommt                in Freiburg im Roten haus
                                                                                                                                     
                                                      heraus gebildet.“
es natürlich auch immer auf die Unterneh-
menskultur der Firma an, für die wir bauen

                                                                                                                         StadtMagazin | 5
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selbst verwirklichen wollen, sondern         gestalten. Man sieht immer die elf Kicker     irgendwann nicht mehr sehen kann?
wir schauen danach, was die Leute, für       auf dem Rasen, natürlich auch Trainer         Das Thema mit dem Schwarzwald und
die wir arbeiten am Ende benötigen.          Christian Streich und sein Trainerteam,       so läuft seit mehr als zehn Jahren und
Andererseits ist das auch Ausdruck un-       aber dahinter stehen ja sehr viel mehr        sehr viele Firmen haben dies als Marke-
serer Philosophie im Innenverhältnis.­       Mitarbeiter, die die Verwaltung darstellen,   tinginstrument für sich entdeckt. Was ja
Wir sind nicht nur Partner unserer Bau-      damit das Ganze überhaupt läuft. Und für      auch seine Berechtigung hat. Aber die
herren, sondern auch Partner unterei-        diese über Menschen gestalten wir die         Leute, die im Stadion täglich ihrer Arbeit
nander in unserer eigenen Firma. Weil        tagtägliche Umgebung an ihrem Arbeits-        für den SC Freiburg nachgehen, haben
wir das so ernst nehmen, haben wir vor       platz in den neuen Räumlichkeiten im          vielleicht nicht die Sicht von außen, aus
20 Jahren entschieden, eine Aktienge-        Hauptteil des neuen Stadions.                 Bremen oder Berlin, sondern eine ganz
                                                                                           andere Lebenswahrnehmung von innen.
                                             Wie geht man da dran? Wahrscheinlich          Sie sind ja von hier.

„Ist es nicht so, dass man                   nicht gleich eine Umfrage bei den hundert
                                             SC-Mitarbeitern?                              Okay, nicht das Bollenhut-Motiv, sondern

als Freiburger dieses                        Michael Stoz: Am Anfang war die große
                                             Frage, was dem Ganzen als Grundkon-
                                                                                           ein anderes. Welches?
                                                                                           Michael Stoz: Für die Mitarbeiter aus Frei-
Bollenhut-Thema nicht                        zept zugrunde liegen soll. Natürlich          burg und dem Bereich Breisgau-Hoch-

mehr sehen kann?“
                                             versucht man, da einen roten Faden            schwarzwald haben wir ein Konzept
                                             zu entwerfen, an dem man sich dann            entworfen, das eher so dem Motiv der
                                             während des weiteren Prozesses entlang        „Breisgau-Brasilianer“ folgt. Eher so:
                                             hangeln kann. Wenn man ein Konzept            Jungs von hier, auch Jungs, die hier das
sellschaft zu gründen. Diese bietet auch     und einen roten Faden hat, an dem man         Kicken gelernt haben. Vielleicht sogar
die Möglichkeit, dass sich Mitarbeiter am    immer überprüfen kann, ob die einzel-         in Hinterhöfen, denn Freiburg ist auch
Unternehmen beteiligen. Von unseren          nen Ideen der Gestaltung, die man hat,        eine Großstadt mit urbanem Charakter.
28 Mitarbeitern sind 14 am Unternehmen       auch wirklich einer Linie folgen, dann ist    Weil Freiburg eben dieses Urbane mit
beteiligt und halten Aktien. Das ermög-      das ein großer Vorteil.                       dem Idyllischen verbindet, haben wir
licht auch jungen Mitarbeitern mit der                                                     eher Motive wie das Rathaus und das
Zeit in Verantwortung und Unterneh-          Jetzt sind wir aber sehr gespannt, welchem    Historische Kaufhaus in die Gestaltung
mensführung zu kommen.                       roten Faden Sie mit Ihrem Konzept für die     mit einbezogen. Da gibt es zum Beispiel
                                             SC-Geschäftsstelle folgen. Verraten Sie es?   ein riesengroßes Bild vom Historischen
Die Partner AG hat vom SC Freiburg den       Michael Stoz: Aus Sicht von Werder            Kaufhaus am Münsterplatz, das dann
Auftrag erhalten, die neue Geschäftsstelle   Bremen oder Union Berlin werden wir           im großen Kommunikationsraum tat-
im Wolfswinkel zu gestalten. Wie ist da      hier unten vor allen Dingen als Schwarz-      sächlich in eine Bepflasterung übergeht.
das Konzept? Da sind ja rund 1150 Qua-       wälder betrachtet. Die Frage war: Wenn        Da geht das Foto von der Wand in den
dratmeter zu bespaßen. Was ist da die        man hier aus Freiburg oder dem Um-            Boden über.
Grundidee?                                   land kommt, wie eben die meisten der
Michael Stoz: Ja, der SC hat uns be-         SC-Mitarbeiter – ist es dann nicht so,        Auch das soziale Engagement spielt für die
auftragt, die neue Geschäftsstelle zu        dass man das ganze Bollenhut-Thema            Partner AG eine Rolle. Dafür gibt es ein

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                                                                                                     BRILLENGLAS-
                                                                                                     OPTIMIERUNG
                                                                                                     MIT ABSTAND
                                                                                                      Damit Du mit Deiner neuen Brille entspanntes
Beispiel, das ich besonders interessant fin-   dann mit den Schülern der Gymnasien,                   Sehen erlebst, sind perfekt abgestimmte Brillen-
de. Dabei geht es um die Realisierung eines    aber auch Realschulen und anderen so                   gläser wichtig. Angepasst an Deine Gesichts-
Baumhauses bei einem Ortenauer Land-           zusammen gearbeitet, dass sie die Leis-                form, die Kopfneigung, den Augenabstand und
schulheim. Wie entstand dieses Projekt?        tungsphasen begriffen, in denen ein Ar-                den Sitz der Brille auf Deiner Nase. Das machen
Michael Stoz: Es ging bei dem Projekt          chitekt arbeitet. Am Ende kam durch eine               wir mit einem Zentriersystem, das Fehler beim
grundsätzlich darum, die Lust auf Ar-          Jury dann von über 90 Einsendungen
                                                                                                      Einschleifen verhindert. Solche Fehler können bis
chitektur bei Schülern zu wecken. Wir          eine Wahl zustande – und dieses Baum-
                                                                                                      zu 40% Leistungsminderung bewirken.
haben uns Gedanken gemacht, wie und            haus haben wir auch wirklich gebaut.                   Und wir setzen noch eins drauf: ZEISS OPTIMA,
bei wem könnten wir Baukultur fördern.                                                                ein computergesteuertes Verfahren, reduziert
Den Grundstein zu legen war logischer-         Es sieht aus wie ein Ei auf Stelzen, oder              die sichtbare Rand- und Mittendicke der Brillen-
weise am besten an Schulen möglich.            vielmehr auf einer einzigen Stelze. Wie                gläser auf ein Minimum.
Wir haben den Schülern gezeigt, wie            aufwendig war das zu realisieren?                      So erhälst Du eine superschlanke, ultraleichte
ein Architekt vorgeht, was er braucht          Michael Stoz: Am Anfang hatten wir                     Brille für optimalen Tragekomfort. Und die Nase
für einen Entwurf und welche Ziele er          20.000 Euro Budget hinterlegt und so                   wird es Dir danken, denn sie spürt quasi jedes
verfolgt. Dafür haben wir dann einen           300 bis 400 Stunden. Es waren dann über                Gramm zuviel. Neugierig? Dann komm doch
Baumhaus-Wettbewerb ausgerufen und             1500 Stunden und am Ende 90.000 Euro,                  einfach vorbei, wir freuen uns auf Dich!
haben gesagt, erstens gibt es einen Preis      die das Projekt gekostet hat. Ganz viele
für den besten Entwurf der Schüler, also       Firmen aus Freiburg, Titisee-Neustadt,                 Wir halten bei der Beratung einen räumlichen
Geld, und zweitens verpflichten wir uns,       aus dem Kinzigtal haben sich beteiligt,                Abstand, denn Deine Augen und Du selber lie-
                                                                                                                                         Habsburgerstraße

dieses Baumhaus nach dem besten Ent-           das Baumhaus dann auch wirklich auf-                   gen uns am Herzen. Dein Albrecht Optik Team
wurf auch wirklich zu bauen. Wir haben         zustellen. Ich finde, es ist sehenswert.
                                                                                                                         ße
                                                                                                                      tra
                                                                                                                   r-S
                                                                                                                   eie

                                                                                                                                                                                 ße
                                                                                                                                                                              tra
                                                                                                                n-M

   Zur Person:                                 in Hamburg tätig, bevor er als freier
                                                                                                                                                                           les
                                                                                                                                                                      nz
                                                                                                       efa

                                                                                                                                                                          hä
                                                                                                                                                                     Sc
                                                                                                                                Gewerbekanal

                                               und angestellter Architekt Erfahrun-
                                                                                               St

                                                                                                                                                                                                    Lerchenstraße

                                                                                                                                                                                                                    Lam
                                                                                                                                                                                                                       be
                                               gen gesammelt hat. Michael Stoz ist                                                                    3

   Michael Stoz verantwortet seit Juni         als studienbegleitender Dozent für                                                                                                                                   Rem
                                                                                                                                                 Hab

                                                                                                                                                                                                                          ig
   2000 den Vorstand der PARTNER AG.           Office-Consulting an der Hochschule
                                                                                                                                                     sbu

                                                                                                                Rennweg
                                                                                                                                                        rgerstr

   Sein Studium der Innenarchitektur           Wetzlar-Gießen und in international
                                                                                                                                                                                      Glasbach
                                                                                                                                                                                                 Haupt
                                                                                                                                                                                                      stra
   und Architektur an der FH Hildes-           besetzten Jurys sowie dem Preisge-
                                                                                                                     Sautiers

                                                                                                                                                                                                          ße
                                                                                                                                                               aße

   heim-Holzminden und in Hamburg              richt der Architektenkammer aktiv.
                                                                                                                    traße

   bestand er mit Auszeichnung. Bereits        Darüber hinaus engagiert er sich im
   im Alter von acht Jahren unternahm          Redaktionsbeirat von „MENSCH &
   er erste Gestaltungsversuche im eige-       BÜRO“ und „md INTERIOR | DESIGN                                                          Habsburgerstrasse 51
   nen Kinderzimmer. Im Anschluss an           | ARCHITECTURE“. Der Familienva-                                                             79104 Freiburg
   das Studium war er u.a. als Produkt-        ter lebt mit seiner Frau und seinen vier                                                 Tel.: 0761 600 62 80
   designer bei Peter Schmidt Design           Kindern in Freiburg im Breisgau.                                                        www.albrecht-optik.com
                                                                                           NIK : Werbeagentur

                                                                                                                                    Öffnungszeiten:
                                                                                                                                Mo – Fr: 09.00 –18.30 Uhr
                                                                                                                                 Sa: 09.00 StadtMagazin
                                                                                                                                             –14.00 Uhr | 7
Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG
E S S AY

   Es knirscht an
  allen Ecken und
       Enden
                       Der Witz an einer Prävention ist ja gerade, vorausschauend
                       Maßnahmen gegen eine drohende Gefahr zu ergreifen. Eine
                   Brandschutztür wird ja auch nicht erst dann in eine Gebäude gestellt,
                     wenn die Hütte bereits brennt. Gute Prävention muss aber auch
                          schlüssig sein, weil jeder Einzelne sie mittragen muss.
                                            Von Michael Zäh

K    eine Frage ist derzeit, dass das
     Infektionsgeschehen bezüglich
der Corona-Pandemie in Deutschland
                                        wirklich nötig? Aber der Witz an einer
                                        Prävention ist ja gerade, vorausschauend
                                        Maßnahmen gegen eine drohende Ge-
                                                                                              So weit so klar. In diesem Sinne hat man
                                                                                              in Deutschland im Frühjahr vieles richtig
                                                                                              gemacht (siehe dazu auch Seite 10), weil
wieder stark zunimmt, wie dies in       fahr zu ergreifen. Eine Brandschutztür                die Infektionszahlen und vor allem die
Nachbarländern bereits in enormem       wird ja auch nicht erst in ein Gebäude                Zahl der an Corona Verstorbenen im
Ausmaß der Fall ist. Die Frage, die     gestellt, wenn die Hütte bereits brennt.              Land sehr viel niedriger waren als bei den
sich derzeit stellt, ist jene nach                                                                             Nachbarländern. Genau
erstens verlässlichen und                                                                                      dieser Erfolg allerdings
zweitens nachvollziehbaren                                                                                    sorgte im Sommer für das
Maßnahmen gegen diese ra-                                                                                     in der Bevölkerung weit
sant steigende Ausbreitung.                                                                                   verbreitete Gefühl, dass
Doch genau hier knirscht es                                                                                   das Ding mit dem Corona
an allen Ecken und Enden. Ei-                                                                                 doch wohl gar nicht so
nerseits will die Politik einen                                                                               schlimm war.
erneuten Lockdown wie im                                                                                      Das wurde fast schon
Frühjahr unbedingt verhin-                                                                                    abgehakt. Es schien die
dern. Aber andererseits wer-                                                                                  Sonne, es gab Bilder von
den da zweifelhafte Verbote                                                                                   Massen, die sich an Seen,
installiert, die am Ende sogar                                                                                in Parks, an den Stränden
dazu führen könnten, dass                                                                                     der Nordsee tummelten.
der Rückhalt in der Bevöl-                                                                                    Es gab diese Demonstra-
kerung sinkt. Und ohne den                                                                                    tionen von Corona-Leug-
geht gar nichts.                                                                                              nern, ohne Maske und
                                                                                                              Abstand. Und in den Som-
Mit der Prävention ist es ein                                                                                 merferien reisten dann
                                                                    ©Foto: upixa StockAdobe
verflixtes Ding. Wenn sie ihren                                                                               doch viele Leute auch in
Zweck erfüllt, wird sie gerne                                                                                 sogenannte Risikogebie-
in Frage gestellt. War das denn                                                                               te. Und wenn im Sommer

8 | StadtMagazin
Freiburg ist mehr als Bollenhut - ZEITUNG AM SAMSTAG
E S S AY

noch vereinzelt Warnungen etwa von Christian Drosten verlaut-
bart wurden, zuckten viele Bürger nur mit den Schultern. Der
erzählt uns doch was vom Pferd! Es sah alles so aus, als ob Co-
                                                                                      CASA
                                                                                      M A L E R FA C H B E T R I E B
rona eine Gefahr von gestern war. Also gab es auch viele Partys
und Familienfeiern, quasi im Rausch der Freiheit. Warum die                           CREATIVE ARBEITEN SILVO ANSCHEL
Hochzeit oder die Geburtstagsfeier mit Corona-Regeln vermie-           NEU
sen, bei den paar Infektionen im Land? Paradoxerweise nahmen                     FUGENLOSE BÄDER
auch die „Querdenker“-Demos, etwa in Berlin und Konstanz mit
jeweils zehntausenden Teilnehmern genau in der Zeit zu, als                      Tel.: 0761/ 388 69 17 www.casa-mf.de
die meisten Verbote des Lockdowns schon wieder aufgehoben
worden waren.
Man könnte sagen: Die Prävention im April hat im September
dazu geführt, dass im Nachhinein genau jene Maßnahmen des
Frühjahrs in die Kritik geraten sind. Obwohl es ja so ist, dass
man einer Brandschutztür auch nicht vorwerfen würde, dass sie
unnütz sei, weil es dann doch (noch) nicht gebrannt hat.
Nun ja, seit Anfang Oktober steigen die Infektionszahlen in
Deutschland und Europa wieder stark an. Am 14. Oktober mel-
dete das Robert Koch Institut (RKI) dann erstmals wieder über
5.000 Neuinfektionen sowie 43 am Virus Verstorbene binnen
24 Stunden. Am 15. Oktober waren es 6638 neue Infektionen
binnen einem Tag - der höchste Wert seit Beginn der Pandemie.
 „Wenn es so weitergeht haben wir an Weihnachten 19.200 In-
fektionen am Tag. Das ist wie in den anderen Ländern“, sprach
die Kanzlerin. Am 15. Oktober verzeichnete das benachbarte
Frankreich 18.110 Neuinfektionen in 24 Stunden.
Die Reaktion der Politik war dann aber zweifelhaft. Das „Be-
herbergungsverbot“ ist ein Paradbeispiel dafür, wie es gar nicht
geht. Und dies aus gleich mehreren Gründen: Erstens erweckt
es einen völlig falschen Anschein, wenn etwa Berlinern somit

                                                                            Mode & Accessoires
verboten wird, in Brandenburg in einem Hotel zu übernach-
ten, während zigtausende Pendler aus Brandenburg täglich
ins Risikogebiet Berlin zur Arbeit kommen. Zweitens ist der
Anschein, der von den Ministerpräsidenten der Länder damit           Salzstrasse 49 |79098 Freiburg | Tel. 0761-217 07 70
(wechselseitig) erweckt wird völlig trügerisch. Es ist nämlich           Mo. bis Fr. 10 bis 19 Uhr und Sa. 10 bis 18 Uhr
der, dass sie ihre „eigene“ Bevölkerung schützen, indem sie
den Leuten aus Risikogebieten die Beherbergung im jeweiligen                         www.laura-lopes.de
Bundesland nicht gestatten, oder vielmehr: Indem sie ihren
„Herbergen“ verbieten, solche aufzunehmen. Das Schlimme an
diesem Anschein ist, dass er trügerisch vorgauckelt, dass es nur    Schöne Zähne bekommen Sie von uns,
in den „Risikogebieten“ gefährlich sei und alle Gefahr einer An-       nur lächeln müssen Sie selbst!
steckung quasi von den Reisenden ausgehe. Das ist aber totaler
Quatsch. Denn jeder kann sich jederzeit auch in einem Gebiet        Praxisteam
anstecken, das (noch) nicht zum Risikogebiet erklärt wurde.
Vor allem aber gefährden solche Zwistigkeiten zwischen den
                                                                    Dr. Cornelia sChmieDer
                                                                      Ästhetische            Schonende Parodontitistherapie
Ländern das Vertrauen der Bevölkerung insgesamt. Die große
                                                                      Zahnheilkunde          Zahnaufhellung (Bleaching)
Frage ist ja, wie die Akzeptanz für erneute Präventionen insge-       Intensiv-Prophylaxe    Zahnschmuck
samt ist. Egal welche einzelne Verbote nun erlassen wurden, ob
erhöhtes Bußgeld bei Maskenverweigerern, Sperrstunden und
Alkoholverkaufsverbote, die Begrenzung der Teilnehmer bei
Feiern undsoweiter undsofort – das bringt alles gar nix, wenn
nicht der Großteil der Bevölkerung die Prävention persönlich
nimmt. Soll heißen: Jeder Einzelne wird für sich entscheiden
müssen, welche vorbeugenden Maßnahmen er in seinem Umfeld
ergreift, um sich selbst und seine Angehörigen zu schützen. Nur
wenn Prävention privat umgesetzt wird, kann die Gefahr einer
ungehinderten Ausbreitung des Corona-Virus gebannt werden.
Es muss halt jetzt viele Menschen geben, die die Brandschutztür
hinter sich zuziehen.                                              79104 Freiburg · Hauptstraße 13a · Tel. 0761-36331

                                                                                                               StadtMagazin | 9
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                      Später sind

                                                                                                                                   ©Foto: Felix Groteloh
                      wir immer
                       schlauer
                  Corona-Virus – ein Vergleich zwischen März und Oktober 2020.
                     Die Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung der Corona-
                   Pandemie in Deutschland von Ende März und Anfang Oktober
                    unterscheiden sich ganz wesentlich. Ein erneuter bundesweiter
                  Lockdown soll unbedingt vermieden werden, obwohl die Zahl der
                     Neuinfektionen bald mehr als doppelt soch hoch sein könnte
                                 als im Frühling. Von Michael Zäh

       E  s ist nicht so, wie man denkt,
          sondern so, wie es kommt.“
       Das sagte Sigmund Freud, der
                                             müssten, dann wären dies also knapp
                                             neun Millionen Menschen. Dies würde
                                             wiederum zu einem zu einem Kollaps
                                                                                           tems nicht mehr richtig versorgt werden
                                                                                           könnten. So hieß es im März.
                                                                                           Man übte sich in Solidarität. Auch
       Begründer der Psychoanalyse           in Kliniken führen, weil natürlich nicht      wenn man auf all das verzichten muss-
       und einer der größten Denker          neun Millionen Menschen dort gleichzei-       te, was unser Leben schon auch ein biss-
       der Menschheit.                       tig behandelt werden könnten. Die Sorge       chen ausmacht: Soziale Kontakte, Kultur,
                                             war groß, die Schreckensbilder der Toten      Sport, Kneipen, die Freiheit, sich dort be-
          Der bisherige Verlauf der Coro-    in Italien waren real.                        wegen zu dürfen, wo man will. Die Maß-
          na-Pandemie ist ein guter Beleg    Dann kam der Lockdown. Es wurde in            nahmen zeigten Wirkung. Im Sommer
          für Freuds Aussage. Dafür muss     ganz Deutschland alles geschlossen:           gingen dann die Neuinfektionen auf 300
   man sich nur die Gedanken der Wis-        Schulen, Kirchen, Restaurants, Clubs, alle    pro Tag in ganz Deutschland zurück. Es
senschaftler Ende März 2020 nochmal          Einkaufsgeschäfte außer den Supermärk-        kam nicht zu den im März befürchteten
vor Augen halten. Diese haben damals         ten, Theater, Kulter, Fußball, Fitnessclubs   Horror-Szenarien in deutschen Kranken-
eine recht klare Formel in Umlauf ge-        undsoweiter undsofort. Wir erinnern uns!      häusern, auch wenn manche, wie auch
bracht: Siebzig Prozent der deutschen        Die Wissenschaftler wiesen schon Ende         die Uniklinik Freiburg später berichteten,
Bevölkerung werden sich über kurz oder       März darauf hin, dass es hauptsächlich        dass sie damals knapp vor der äußersten
lang mit dem Corona-Virus anstecken.         eine bestimmte Gruppe ist, die durch          Belastungsgrenze waren.
Dies wären rund 58 Millionen Menschen        den Rest der Gesellschaft – uns alle – ge-    Der Stand der Infektionen und vor allem
in Deutschland. Die Frage sei nur, in        schützt werden müsse: Ältere und bereits      der dadurch Verstorbenen war dann sehr
welchem Zeitraum dies geschehe. Und          erkrankte Menschen, also unsere Eltern        weit von dem entfernt, was Ende März
genau diese Frage sei entscheidend da-       oder Großeltern (insofern wir das nicht       als mögliches Schockszenario für mög-
für, wie schlimm es kommt. Entweder          selbst schon sind). Und wer möchte nicht      lich gehalten wurde. Nicht 1,8 Millionen
zur Katastrophe und dem gesellschaft-        seine eigenen Eltern schützen? Ohne die       Tote, sondern 9.562 Tote bei 306.086
lichen Zusammenbruch, oder zu einer          Bereitschaft aller käme es laut Hochrech-     offiziell erfassten Infizierten gab es nach
gewaltigen Aufgabe, die aber bewältigt       nungen bis zu 1,8 Millionen Toten in          dem Sommer (Stand 7. Oktober 2020),
werden könnte.                               kürzester Zeit durch das Corona-Virus.        bevor sich das Infektionsgeschehen nun
Die Wissenschaftler befürchteten Ende        Hinzu kämen vermutlich noch viele             wieder steigert.
März: Wenn wie zuvor knapp ein Sechs-        weitere Tote, die an ganz anderen Krank-      Dieser „Erfolg“ gab allerdings auch de-
tel der Infizierten einen schweren Verlauf   heiten (wie etwa Herzinfarkte, Krebs          nen Auftrieb, die eine Corona-Pandemie
der Lungenkrankheit bekämen und da-          und dergleichen) leiden, aber wegen des       leugnen oder auch jenen, die die Maß-
her im Krankenhaus behandelt werden          Zusammenbruchs des Gesundheitssys-            nahmen dagegen für überzogen halten.

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Denn klar: Die schlimmsten Befürchtungen Ende März und die
                                                                                                                             h
         tatsächlichen Geschehnisse bis zum Herbst liegen weit                                                          fac
             auseinander. Selbst in den USA, wo die Pandemie            Happy renovieren?                            Ein u f en
                                                                                                                        r
                                                                                                                      an 761
               teilweise völlig außer Kontrolle geriet, gab es bei      Gerne! Das macht                                0 7-0
                                                                                                                            9
                7.502.945 Infektionen (inklusive der von Donald                                                        459

                                                                                                                                  www.furrer-grafik.de
                Trump selbst) „nur“ 210.939 Tote (Stand: 7. Ok-
               tober 2020) und nicht 1,8 Millionen. Die Frage ist
              halt die, wie das zu bewerten ist. Jeder einzelne an
            Covid19 Verstorbene ist einer zuviel. Jede betroffene
         Familie wird das so empfinden.
    Wir schrieben in der „Zeitung am Samstag“ am 28. März:
    „Kurzfristig könnte es zu einer paradoxen Reaktion kom-
    men. Sollte es nämlich gelingen, dass durch die drastischen
                                                                        Ob Wohnung oder Haus: Sanierung und Modernisierung
    Maßnahmen des Staates die Zahl der Infektionen recht kon-           aus einer Hand. Mehr Infos auf: www.hopp-hofmann.de
    stant auf einem niedrigen Niveau gehalten würde und dann
    flach verläuft, dann würden die vielen Menschen, die ihre
      wirtschaftliche Existenz verloren haben, sagen: Wie bitte,
      wegen nur ein paar zehntausend Infektionen wurde vom                          SCHUH WERK
        Staat der Ausnahmezustand verfügt und habe ich alles
               verloren? Sollte aber umgekehrt eine gesundheitli-
                   che Katastrophe über das Land herein brechen,
                     weil alle Maßnahmen es nicht verhindern
                      konnten, dann werden dieselben Menschen
                       sagen, dass man dann diese wirtschaftlich
                       vernichtenden Verbote auch hätte sein las-
                       sen können, da sie ja nichts bewirkt haben.“
                      Von heute aus betrachtet kann man sagen,          Mo.-Fr. 12-18 Uhr, Sa. 11-14 Uhr
                     dass der komplette Lockdown nicht mehr das         Marienstr. 15, 79098 Freiburg
               Mittel der Wahl ist. Er hat im März viel gebracht (und   Tel. 0761 / 310 65
                                                                        www.schuhwerk-freiburg.de
            viel vernichtet), aber im Oktober sind es nun andere
           Maßnahmen, die gegen die wieder steigende Zahl der
           Neuinfektionen ergriffen werden. Ein weitgehendes
           Herunterfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftli-
           chen Lebens wie im Frühjahr müsse unbedingt verhin-
           dert werden, so Kanzlerin Merkel. Deshalb werde man
           regional und lokal zielgenau auf Ausbrüche reagieren.
           Das allerdings ist eher Wunschdenken als Realität. Im
             Moment knirscht es an allen Ecken und Enden, eben
              weil die Maßnahmen nicht einheitlich sind und viele
           Widersprüche in sich tragen. (Siehe Seite 8)
Ist außerdem diese komplett andere Strategie nun ein Beweis
dafür, dass der teure Lockdown im Frühjahr dann ja auch nicht
nötig gewesen wäre? Es ist zum Teil sicher richtig, dass man
mit dem Wissen von heute schon damals anders reagiert hätte.
Aber es sollte deshalb auch keiner neunmalklug sein. Denn
Politiker und Wissenschaftler haben halt in dem dreiviertel Jahr
nach Ausbruch der Corona-Pandemie ganz einfach auch dazu
gelernt. Im Nachhinein, nach intensivem Forschen und dem
Auswerten des Pandemie-Geschehens weltweit ist man natürlich
immer schlauer. Die „Erfolge“ im Frühjahr und Sommer sind
halt nur ein Zwischenergebnis. Kanzlerin Merkel hat massiv an
die Bürger appelliert, sich in Herbst und Winter an die Regeln
zu halten. Sonst könne immer noch alles zerstört werden, was
bisher erreicht wurde. Unkluge politische Entscheidungen tun
das aber auch.
 Womöglich kommt es so, dass das Corona- Virus irgendwann
kontrolliert wird, aber die Weltordnung und die globale Wirt-
schaft sich zwischenzeitlich stark verändert haben werden.
Könnten wir uns denken, wenn wir nicht wüssten, was Freud
gesagt hat.

                                                                                                                  StadtMagazin | 11
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E S S AY

                             Warten
                           auf Corona
                          Während die Zahlen der Covid 19-Infektionen im Sommer regelrecht
                           dahin schmolzen, kommen sie jetzt im Herbst mit Macht zurück.
                                                   Von Michael Zäh

              E     s kommt und geht. Es hat selbst keine
                    Seele und keinen Sinn. Man hat es „Covid
                19“ und „Corona“ getauft, egal warum, aber es
                                                                    Eindruck, dass sich die Gefahr verflüchtige. Da
                                                                    lagen die Zahlen in einem Bereich, der fast schon
                                                                    an einen abwesenden Herrn Godot erinnerte. Ja,
               erinnert an Godot.                                   im Sommer konnte es heißen: „Komm, wir gehen.“
              „Komm, wir gehen.“                                    Zurück ins wahre Leben, vor allem auch im Kampf
             „Wir können nicht.“                                    um die wirtschaftlichen Existenzen in allen Bereichen.
            „Warum nicht?“                                          Es wurden ja dann prompt von Bund und Ländern et-
           „Wir warten auf Godot.“                                  liche Verbote wieder aufgehoben, logisch, da Verbote
         „Ach ja.“                                                  ja kein Selbstzweck sind.
        So ist das in dem berühmten Stück von Samuel Beckett        Aber jetzt, was kommt? Das Infektionsgeschehen hat viel
      von1949 und so ist es derzeit mit Corona. Denn während        Fahrt aufgenommen und die Ministerpräsidenten sind sich
     die Zahlen im Sommer wie von Zauberhand dahin schmol-          nicht einig, weil: „Wir können nicht.“ „Warum nicht?“ „Wir
    zen, lässt Corona jetzt im Herbst die Botschaft überbringen,    warten auf Godot.“
   dass es bald wieder da sein werde. Und zwar mehr denn je.        Und ja, es ist schon so, dass die Dinge des Lebens, die noch
  Ein Junge taucht in „Warten auf Godot“ mit einer Nachricht auf:   vor Corona selbstverständlich waren, nun eher suspekt wirken.
   Herr Godot werde heute nicht mehr kommen, ganz bestimmt          Und überall schwingt die bange Frage mit: Kann das denn gut
    aber am nächsten Tag. Und an diesem heißt die Botschaft         gehen? Der Bote sagt: Herr Godot werde heute nicht mehr
      dann genau gleich. Man ahnt: es geht immer so weiter, also    kommen, ganz bestimmt aber am nächsten Tag. Genau dies
       bei Beckett in seinem Stück, der als Autor des absurden      glauben bei Corona auch Kanzlerin Merkel, Bayerns Minis-
        Theaters berühmt wurde.                                     terpräsident Söder und viele Virologen.
        Und wie verhält es sich bei Covid 19? Anfangs wurden        Dennoch ist Panik falsch. Und die Freiheit der Bürger muss
        Zahlen vorgelegt, die besagten, dass sich 70 Prozent der    im Blick bleiben. Zurück zu den Grundrechten zu kommen
        Deutschen früher oder später damit infizieren würden.       ist nämlich nichts, was man extra begründen müsste. Man
        Weil dies rund 58 Millionen Menschen sind, wovon            braucht umgekehrt gute Gründe, um die Grundrechte zu
       dann ein Sechstel, also neun Millionen Menschen einen        beschneiden.
     schweren Verlauf hätten bekommen können, wurde der             Es ist sinnlos, auf Herrn Godot zu warten. Er ist ja immer da,
   Lockdown ausgerufen. So weit, so klar.                           auch in seiner zwischenzeitlichen Abwesenheit. Man sollte sich
Nach knapp zwei Monaten im runtergefahrenen Modus waren             seiner erinnern.
die Zahlen erfreulicherweise ganz andere. Das erweckte den          „Ach ja.“

                                                                                                                 StadtMagazin | 13
INTERVIEW

                           Strafraum
                       Absitzen in Freiburg

Das Foto- und
Informationsprojekt
                                 F  riederike Zimmermann sprach
                                    mit den beiden Projektleiterinnen
                                 über die Entstehung des Projekts
                                                                               mit den Stühlen. Die Inhaftierten sitzen
                                                                               hier ja ihre Zeit ab.

                                 und die daraus erwachsenden gesell-           Ist die JVA eine überholte Institution?
„Strafraum – Absitzen in
                                 schaftlichen Optionen.                        Reinhild Dettmer-Finke: Das Thema ist
Freiburg“, das die Freiburger                                                  doch: Will man Vergeltung üben, will
                                 Um es einmal ganz provokativ auszudrü-        man bestrafen? Welchen Zweck hat das
Fotografin Britt Schilling
                                 cken: Warum widmet ihr den „Knackis“          Strafen? Oder sollte die Zeit im Gefäng-
und die Filmemacherin            so viel Zeit?                                 nis nicht vielmehr genutzt werden, um
                                 Reinhild Dettmer-Finke: Tatsächlich gibt      Wege in die Gesellschaft zurückzubau-
Reinhild Dettmer-Finke und
                                 es Leute, die uns genau dies fragen.          en? Das Stichwort heißt Resozialisie-
Stiftungsrätin der Freiburger    Freiburg ist da wie viele andere Städte       rung. Dann muss man auch fragen: Kann
                                 auch, es gibt ein großes Verdrängungs-        diese Institution, die zu wenig Personal
Bürgerstiftung anlässlich des
                                 potential. Wenn wir über das Projekt          hat, das leisten? Generell stellt sich die
Stadtjubiläums „Freiburg         berichten, finden in unserer Blase zwar       Frage, ob man Menschen überhaupt
2020“ initiierten, will die      alle toll, dass wir etwas zum Knast ma-       einsperren sollte. Sicher, es gibt Straftä-
                                 chen und dieser als ein Teil unserer Stadt    ter, vor denen man die Bevölkerung
Justizvollzugsanstalt (JVA)      das 900-Jahres-Jubiläum mitfeiert. Aber       schützen muss. Aber das sind wenige.
als einen verdrängten Teil der   wirklich damit zu tun haben wollen die        Auf der anderen Seite gibt es viele, die
                                 wenigsten. Er ist eben da. Vor 150 Jah-       im Knast überhaupt erst kriminalisiert
Stadt für die Stadtbevölkerung   ren, zur Zeit des Baus, lag die JVA noch      werden, deren Lebensstrukturen zer-
„sichtbar“ machen und eine       am Stadtrand. Jetzt aber liegt sie mitten-    stört werden, so dass sie sich in der
                                 drin und ist Teil der Stadtgesellschaft.      Arbeitswelt und in der Gesellschaft nie
Auseinandersetzung mit           Das Stadtjubiläum ist doch ein schöner        wieder zurechtzufinden.
Strafvollzug, Resozialisierung   Anlass, sich damit auseinanderzusetzen.
                                                                               Britt Schilling: Ja, das sehe ich auch als
und Wegen zurück in die          Die Begriffe „Absitzen“ und „Strafraum“       Problem. Sich in solch einer Struktur zu
Gesellschaft anregen.            im Projekttitel stammen aus dem Sport:        sozialisieren ist unmöglich. Im Moment
                                 „Absitzen“ bedeutet im Reitsports ja auch     wird das aber nicht groß diskutiert. Die
                                 Absteigen; „Strafraum“ wiederum meint         Mehrheit in der Gesellschaft sagt: „Wegs-
                                 im Fußball den Bereich, in dem andere         perren. Was ich nicht sehe, interessiert
                                 – härtere – Regeln gelten als auf dem übri-   mich auch nicht mehr.“ Aber die meisten
                                 gen Spielfeld. Zufall oder Programm? Geht     Inhaftierten kommen irgendwann raus.
                                 es in diesem Projekt darum, den Raum JVA      Spätestens dann sind wir wieder mit
                                 bzw. seine Regeln in Frage zu stellen?        ihnen konfrontiert. Ich weiß nicht, ob es
                                 Britt Schilling: Ja genau darum geht es       dafür eine astreine Lösung gibt. Aber uns
                                 uns. Allerdings war es nicht beabsichtigt,    geht es darum, diesen Diskurs erst mal
                                 dass man den Namen des Projekts mit           auszulösen, sich darüber Gedanken zu
                                 Reitsport oder mit Fußball verbindet.         machen. Und sich dann selbst zu prüfen:
                                 Unser visueller Fokus liegt auf dem Titel     In wieweit gibt man diesen Leuten eine
                                 „Absitzen“. Daher auch unsere Bildidee        Chance…

14 | StadtMagazin
Die erste
                                                                                                      Die erste Adresse
                                                                                                                Adresse
INTERVIEW
                                                                                                      für gutes
                                                                                                      für gutes Hören.
                                                                                                                Hören.

… über die eigene Angst hinweg.               menarbeiten. Auch dort fragt man sich:
Reinhild Dettmer-Finke: In Norwegen           Wie ist die Situation im Strafvollzug?
geht man mit Strafvollzug liberaler um.       Um dieses Interesse und die Neugierde
Da sagt man den Leuten: „Die Men-             daran aufzugreifen und um zu informie-
schen, die heute inhaftiert sind, sind        ren, dafür stehen unser Fotoprojekt, das
Ihre Nachbarn von morgen. Gehen Sie           Begleitprogramm und das Buch.
mit ihnen so um, dass sie keinen Scha-
den nehmen und vielleicht auch von            Was wird sich durch dieses Projekt
Ihnen als zukünftige Nachbarn akzep-          bewegen?                                      Julia
                                                                                            Julia und
                                                                                                  und Oliver
                                                                                                      Oliver Arlow
                                                                                                             Arlow
tiert werden.“ Das ist doch eigentlich        Reinhild Dettmer-Finke: Also, ich wür-
ein schönes Ziel. In den 70er Jahren          de mir wünschen, dass man sieht: Die-         In
                                                                                            In unseren
                                                                                                unseren familiengeführten
                                                                                                           familiengeführten Hör-Hör-
war der Diskurs auch bei uns ein ganz         ses Gebäude da mitten in der Stadt, das       akustikbetrieben   in  der Nußmann-
anderer. Damals gab es starke Debatten        ist die JVA. Und dass das allgemeine Un-
                                                                                            akustikbetrieben in der Nußmann-
                                                                                            straße
                                                                                            straße 33 in
                                                                                                      in Freiburg
                                                                                                         Freiburgund        deralten
                                                                                                                    undininder  alten
zum Täter--Opfer-Ausgleich und zur            behagen jemanden wegzusperren dazu
                                                                                            Bundesstraße     92  in Gundelfingen
                                                                                            Bundesstraße 92 in Gundelfingen
Resozialisierung. An diese liberaleren        führt, darüber nachzudenken wie man
                                                                                            finden Sie moderne Hörgeräte aller
Diskussionen versuchen wir anzuknüp-          mit Menschen, die sich fehlverhalten ha-      finden Sie moderne Hörgeräte aller
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fen, auch wenn das aktuell schwierig ist.     ben, umgeht. Unser Ziel ist letztendlich      namhaften Hersteller. Wir beraten
Leider hat sich derzeit ein „bestrafendes     ein Anti-Stigma-Projekt, um Vorurteile        Sie kompetent und zuverlässig.
                                                                                            Sie kompetent und zuverlässig.
Denken“ etabliert. Wer nicht funktio-         abzubauen.
niert, wird weggesperrt.                                                                    Auszug aus unserem
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                                              Wie authentisch ist der fotografische Blick   Leistungsangebot:
War es nicht Tolstoi, der sagte: „Um ei-      hinter die Gefängnis-Kulissen?
                                                                                            Leistungsangebot:
                                                                                            ● Kostenloser Hörtest
nen Staat zu beurteilen, muss man seine       Britt Schilling: Ungeschönt. Ich habe         ● Kostenloser Hörtest
                                                                                            ● Probetragen von Hörgeräten
Gefängnisse von innen sehen.“ Nun soll        mich dafür entschieden, beim Fotogra-         ● Probetragen von Hörgeräten
dieser verdrängte Ort mitten in der Stadt     fieren kein künstliches Licht und keinen      ● Hörgeräte aller Hersteller
                                                                                            ● Hörgeräte aller Hersteller
oder vielmehr diese Institution an sich       Blitz zu nutzen. Es ist alles genau so wie    ● Gehör- und Schwimmschutz
sichtbarer gemacht werden. Aber offen-        es ist. Außer bei den Stuhlfotos. Die         ● Gehör- und Schwimmschutz
sichtlich hat die JVA selbst kein Interesse   wollte ich sachlich inszenieren.
daran, dass sie öffentliche Aufmerksam-
keit bekommt. Man hätte ja zum Beispiel       Aber zu sehen sind die schöneren Zellen.
einen „Tag der offenen Tür“ veranstalten      Britt Schilling: Das vermute ich jeden-
können. Das öffentliche Interesse wäre da.    falls. Die meisten Zellen, die ich gesehen
Britt Schilling: Für die Inhaftierten wäre    habe, haben mich berührt, weil sie sehr
das aber alles andere als schön, denn         persönlich waren. Diese Leute sind auch
das hat ja etwas Zoomäßiges.                  stolz darauf, ihnen ist noch nicht alles
                                              total egal.
Das zeigt doch auch, wie skurril es ist,
Menschen einzusperren.                        Reinhild Dettmer-Finke: So eine Zelle
                                                                                               Kostenlose Beratung und
Reinhild Dettmer-Finke: Und deswegen          misst neun Quadratmeter. Manche Zel-             Kostenlose Beratung und
                                                                                                 Terminvereinbarung
ist das Fotoprojekt auch so wichtig:          len offenbaren richtige Miniaturwelten.            Terminvereinbarung
Weil es tatsächlich diesen Gedanken                                                             (0800) 6 64 70 15
gibt, „aus den Augen aus dem Sinn,
wir sperren die weg“. Eben weil das
                                              Britt Schilling: Da wurde aus nichts et-
                                              was gemacht… Es gibt ja nur eine Stan-
                                                                                                (0800) 6 64 70 15
eine Tabuzone ist, mit der man nichts         dard-Einrichtung: einen Tisch, ein Bett,      Arlow Hörgeräte GmbH & Co. KG
zu tun haben will. Die man aber auch          einen Stuhl, einen Spiegel an der Wand,       Arlow    Hörgeräte3 GmbH & Co. KG
                                                                                                Nußmannstr.
verdrängt, weil man ja selbst nicht so        eine Bilderleiste und einen abschließba-          79098   Freiburg
                                                                                                Nußmannstr.   3
richtig toll findet, dass Menschen weg        ren Schrank – fertig.                             Telefon: (0761) 21 71 90 51
                                                                                                79098 Freiburg
gesperrt werden.
                                              Die Leute, die eine schöne Zelle haben,
                                                                                                Telefon:
                                                                                                Alte      (0761) 2192
                                                                                                      Bundesstraße  71 90 51
Britt Schilling: Fragt man die Opfer,         wollen sie auch zeigen. Wie ist das mit           Im
                                                                                                Alte“Hause  Winkler”92
                                                                                                      Bundesstraße
dann wollen sie das häufig gar nicht.         den unwirtlichen Zellen: Wollen deren             79194   Gundelfingen
                                                                                                Im “Hause Winkler”
Untersuchungen zeigen, dass es vielen         Bewohner diese auch gerne zeigen? Etwa            Telefon: (0761) 58 99 59 02
                                                                                                79194 Gundelfingen
nicht besser geht, wenn die Täter über        als Anklage an die da draußen…
Jahrzehnte weggesperrt sind. Wie heißt        Britt Schilling: Das habe ich nicht erlebt.
                                                                                                Telefon: (0761) 58 99 59 02
es doch: Der beste Opferschutz ist die
Arbeit mit den Tätern.                        Reinhild Dettmer-Finke: Es gibt Leute,
Reinhild Dettmer-Finke: Hier in Frei-         die überwiegend positiv reagieren, aber
burg gibt es eine Anlaufstelle für Haf-       es gibt auch welche, die sehr ablehnend
tentlassene, mit der wir auch zusam-          sind. Das muss man respektieren.

                                                                                                             StadtMagazin | 15
                                                                                                   www.arlow-hoergeraete.de
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                    Eine große Verwandlung liegt hinter dem Sportpark Freiburg. Bei dem Umbau
                    im Herbst 2019 wurden nicht nur alle Trainingsbereiche erneuert, die Anlage
                    erhielt zudem ein einheitliches Gesamtbild. Gemeinsam mit einem Innenar-

  FREIBURG          chitekten wurde ein harmonisches Konzept ausgearbeitet, bei dem auch die
                    Wünsche und Anregungen der Mitglieder berücksichtigt wurden.

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16 | StadtMagazin
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                                        StadtMagazin | 17
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