Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche

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Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Nummer 9
1. bis 14. Mai 2021

                      Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau

Für die Rechte der Frauen
Der SKF macht sich stark
Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Editorial
    …                                                                  Inhalt

                                                                  3+4       50 Jahre Frauenstimmrecht: Vieles in Bewegung
                                                                            Die Aktionen des SKF im Frauenjahr

                                                                                                                               Bild: ©Holländisches Nationalarchiv/Wikimedia Commons
                            Sarah Stutte

Vor 50 Jahren wurde den Schweizer Frauen das
Stimmrecht zugesprochen. Für die einen «schon?»,
für andere «erst?». Auch ich tendiere zu Letzterem,
vor allem, wenn man sich den Stand anderer Länder in
Europa anno 1971 anschaut. Finnland beispielsweise
führte, als erstes europäisches Land, schon 1906 das
Frauenstimmrecht ein, es folgten Norwegen 1913 und                5         Muttertag: Mehr als nur ein Revuestar
Dänemark 1915. In der Türkei durften Frauen ab 1934                         Eine Tänzerin kämpft gegen Rassismus und Nazis
wählen, in Italien ab 1946. Doch die Schweiz ist nicht
das absolute Schlusslicht, Portugal und Liechtenstein             6         Kirche und Digitalisierung: Von der «Krücke» zum
waren noch später. Und es gibt bis heute weltweit drei                      nützlichen Tool
Staaten ganz ohne Frauenstimmrecht: neben Saudi-                            Über digitale Formate in der Seelsorge
Arabien und Brunei ist das der Staat Vatikanstadt –
die letzte absolute Monarchie Europas. Im Februar                 7         Aus der Nachbarschaft: Mehr Luft für Seelsorge
2021 erhielt schliesslich die französische Theologin                        Eine Diözese definiert sich neu
Nathalie Becquart als erste Frau in der Geschichte der
katholischen Kirche ein Stimmrecht                                8         Gedankenimpuls von Marie Curie
bei der Bischofssynode.
                                                                                                                         TUELLEN
                                                                                                        UFG RUN D DER AK BSEITEN
Auch in der Schweiz kam bei der Einführung des                                                         A                 WE
                                                                                                               BITTE DIE
Frauenstimmrechts der Widerstand bis zuletzt aus den
                                                                  PFARREIMITTEILUNGEN
                                                                                                     SITUATION REIEN BEACHTEN!
katholischen Kantonen. Das zeigt der Dokumentarfilm                                                     DER PFAR
«Das katholische Korsett – oder der mühevolle Weg                 9         Den Glauben feiern:
zum Frauenstimmrecht», der im Januar dieses Jahres                          Gottesdienste und Gedanken zum Sonntag
an den Solothurner Filmtagen gezeigt wurde. Der Film
geht der These nach, inwiefern die katholische Tradi-             10        Thurgau: Mut zeigen, anders zu sein
tion das negative Abstimmungsverhalten vielerorts                           Weder Frau noch Mann
beeinflusst hat und befragt dazu verschiedene Frauen
mit katholischem Background wie Judith Stamm oder

                                                                                                                               Bild: zVg
Imelda Abt. Letztere bringt es auf den Punkt, als sie
meint, dass gesellschaftliche Strukturen immer neu
hinterfragt werden müssten.

In derselben Tradition versteht sich auch der
Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF), der
die starren innerkirchlichen Prinzipien auflösen und
für Frauen hier grundsätzlich etwas bewegen möchte.
2019 riefen die SKF-Frauen erfolgreich zum Frauen-
kirchenstreik auf, danach folgten Gespräche mit der
Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK), eine Arbeits-
gruppe wurde gebildet und sieben Forderungen zum                  10+11 Kirche ohne Grenzen: Von der Waffenfabrik zum Haus
Erneuerungsprozess erarbeitet. Auch in diesem                           des Friedens
Frauenjahr hat sich der Verband einiges vorgenommen.                    Die Arbeit des Jugendmissionsdienstes SERMIG
Die Veränderung, so SKF-Präsidentin Simone Curau-
Aepli sei nicht von heute auf morgen realisierbar, doch           12        Aus dem Bistum: Den Aufbruch wagen
sie komme. Hoffentlich sind dafür nicht noch einmal                         Zehn Schritte zu einer geschwisterlichen Kirche
50 Jahre nötig.
                                                                  12        News

                                                                  13        Aus dem Bistum · Thurgau

                                                                  14+15 Tipps aus der Redaktion: Veranstaltungen und Medien
Titelbild: Der Frauenkirchenstreik 2019 wurde unter anderem vom
Schweizerischen Katholischen Frauenbund (SKF) mitgetragen.
Bild: zVg                                                         16        Cartoon & Zum Schluss

2   forumKirche | 9-2021
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50 Jahre Frauenstimmrecht

Vieles in Bewegung                                                                                                          TGEISCTHICEHLTE
Die Aktionen des SKF im Frauenjahr

                                                                                                                                                    Bild: zVg
Zum 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimm-
rechts sind schweizweit zahlreiche kul-
turelle, gesellschaftliche und politische
Anlässe geplant; auch und trotz Bremse
durch die Pandemie von Seiten des
Schweizerischen Katholischen Frauen-
bundes (SKF). Deren Präsidentin, Simone
Curau-Aepli, erklärt im Interview, welche
Projekte das sind, wie der momentane
Stand des kirchlichen Erneuerungsprozes-
ses ist und inwiefern der SKF sich wan-
deln muss, um auch in Zukunft Frauen-
anliegen gerecht zu werden.

Gibt es in diesem Jahr viel zu feiern oder
viel mehr zu tun?
Es gibt immer etwas zu tun. Wir wollen das
Jahr nutzen, um zu überprüfen, in welchen
politischen Gremien sich in punkto Partizi-
pation von Frauen wirklich etwas verändert
hat und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Dazu haben die Frauendachverbände unter          Simone Curau-Aepli und Bischof Felix Gmür im September 2020.
dem Lead von alliance f zwei besondere
Veranstaltungen geplant. Das ist einerseits
das Frauenrütli am Nationalfeiertag. An die-     Was ist heute das Wichtigste, wofür sich       sie sich gegen jede Form von Diskriminie-
sem Ort mit seiner starken symbolischen          Frauen einsetzen sollten?                      rung in Bezug auf das Geschlecht, den
Bedeutung soll am 1. August ein grosses          Frauen sollten in ihrem beruflichen, politi-   Lebensentwurf, die sexuelle Ausrichtung
Frauenfest stattfinden, an dem wir den da-       schen und gesellschaftlichen Umfeld ganz       oder den Zivilstand ein. Es kann nicht sein,
für notwendigen enormen Einsatz zahlrei-         bewusst Anliegen von Frauen einbringen.        dass eine katholische Kirche aufgrund ver-
cher Frauen würdigen. Neben dem Blick zu-        Sie sollten sich gegenseitig darin bestär-     schiedener Kriterien Menschen minder be-
rück und dem Blick nach vorne möchten wir        ken, neue Wege zu finden, wie in allen         wertet und ihnen die Chance verwehrt, ihre
vor allem die Gegenwart feiern und hoffen        Lebensbereichen eine höhere Beteiligung        Talente einzubringen. Wir setzen uns ein für
deshalb, dass es die Situation bis dahin         von Frauen und Diversität erreicht werden      synodale, transparente und partizipative
zulässt, um die 2'000 Teilnehmerinnen auf        kann. Sie sollten sich gegenseitig dazu er-    Dialoge und Entscheidungen auf allen
dem Rütli begrüssen zu können.                   mutigen, Vorschläge zu erarbeiten, wie bei-    Ebenen. Dafür, dass Macht und Verant-
                                                 spielsweise das politische Engagement mit      wortung geteilt wird und das proaktiv – im
Und der zweite Anlass?                           Familie und Beruf besser vereinbar ist.        Sinne von präventiv und offen – gegen je-
Das ist die Frauensession, die dieses Jahr       Des Weiteren ist es wichtig zu erinnern.       gliche Form von Missbrauch vorgegangen
am 29. und 30. Oktober im Bundeshaus             Wir können proaktiv in den Gemeinden           wird. Die Kirche muss dafür einstehen, um
stattfindet. Sie hat das Ziel, die dringlichs-   darauf hinwirken, dass Frauen, die Wesent-     im Sinne des Evangeliums glaubwürdig zu
ten politischen Anliegen von in der Schweiz      liches für die Gesellschaft leisten oder       sein. Wir wünschen uns, dass sich dieser
lebenden Frauen in Bezug auf die Erneue-         geleistet haben, in der Öffentlichkeit ver-    Allianz Einzelpersonen, Gruppierungen und
rung des Demokratie-Verständnisses und           mehrt sichtbar gemacht werden.                 Aktionsgruppen, Vereine, Verbände und
die Partizipation in allen Lebensbereichen                                                      Kirchengemeinden anschliessen, die sich
zu erarbeiten. Diese sollen anschliessend        Im Januar 2021 gründeten Jubla Schweiz,        für diese Vision in ihrem Umfeld einsetzen.
dem Parlament und dem Bundesrat gegen-           SKF und die Christliche Sozialbewegung
über als konkrete Forderungen formuliert         Schweiz (KAB) zusammen die reform-             Gibt es bezüglich der Gespräche des SKF
werden, um diesbezüglich Prozesse auf al-        katholische Organisation Allianz Gleich-       mit der Schweizerischen Bischofskonferenz
len Ebenen anzustossen. Während der zwei         würdig Katholisch. Mit welcher Vision und      (SBK) rund um die Erneuerung der katho-
Tage werden 246 Frauen aus allen Regionen        welchem Ziel?                                  lischen Kirche in der Schweiz schon kon-
der Schweiz Anträge aus eigens dazu gebil-       Die Allianz Gleichwürdig Katholisch ist eine   krete Ergebnisse?
deten Kommissionen behandeln. Der SKF            offene Projektgemeinschaft mehrerer ka-        Ja, die gibt es. Die Arbeitsgruppe ist weiter
organisiert zusammen mit den Evangeli-           tholischer Organisationen und Initiativen      aktiv. Sie besteht aus SKF-Frauen aus der
schen Frauen Schweiz (EFS) die staats-           sowie interessierter Einzelpersonen. Sie       Deutschen Schweiz, der Romandie und
politische Kommission. Wir widmen uns            hat sich dem Grundsatz verschrieben:           dem Tessin, von Seite der SBK aus zwei
darin den Fragen nach der Partizipation von      Gleiche Würde, gleiche Rechte in der katho-    Vertreterinnen des Frauenrats, General-
Migrantinnen an politischen Diskursen.           lischen Kirche und in der Welt. Damit setzt                          (Fortsetzung nächste Seite)

                                                                                                                    forumKirche | 9-2021       3
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50 Jahre Frauenstimmrecht

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Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) bietet kostenlose Aus- und Weiterbildungen für Vorstandsfrauen an (Impulstagung make up! in Olten, 2016).

(Fortsetzung von Seite 3)
sekretär Erwin Tanner und bis anhin aus             die Gastpredigerinnen sein wollen – diese           Gemeinschaft wird neben den Liturgien
Weihbischof Denis Theurillat, dem bis-              versuchen wir zu vernetzen. Zudem stellen           immer noch meist durch Vereine gestaltet.
herigen Verantwortlichen der SBK für                wir dort auch Hintergrundinfos und Liturgi-         Doch die notwendigen Strukturen dafür
Frauenfragen. Die Zuständigkeit für Frauen-         sche Texte zur Verfügung, die als Inspira-          können nicht mehr so einfach nur durch
fragen und den Frauenrat hat nun vorläufig          tion dienen. Die Kirchgemeinden wurden              Freiwillige geleistet werden. Das bedingt
Bischof Markus Büchel übernommen.                   bereits informiert und auch die SKF-Orts-           einen Veränderungsprozess in den Kirch-
Gemeinsam wurden sieben Erwartungen                 vereine sind dazu aufgerufen, mit der               gemeinden beziehungsweise in den
an den Veränderungsprozess erarbeitet.              «Helvetia predigt!»-Forderung an die pasto-         Pfarreien.
Darunter beispielsweise die Forderung,              ralen Verantwortlichen zu gelangen und sie
dass in den Gremien der deutschsprachi-             für die Aktion zu gewinnen.                         Wie muss sich der SKF wandeln, um auch
gen und französischsprachigen Ordinarien-                                                               in Zukunft Themen und Anliegen von
konferenzen Frauen ständigen Einsitz ha-            Was gibt es für strukturelle Veränderungen          Frauen aufgreifen zu können?
ben. In den nächsten Wochen finden hierzu           im Verband, an der Basis sowie regional?            Jede Ebene im SKF hat ihre Herausforde-
die ersten Gespräche statt, um die Regle-           Auf Dachverbandsebene wird es in den                rungen. Dabei ist es wichtig, neue Formen
mente dahingehend zu überarbeiten. Wei-             nächsten Jahren einen grossen Digitali-             von Vernetzung zu entwickeln und umzu-
ter erwarten wir Überlegungen dazu, inwie-          sierungsschub geben. Damit möchten wir              setzen, auch digital. Wir bieten dazu hoch-
weit das sakramentale Verständnis                   sowohl das Wir-Gefühl als auch die Ver-             karätige und kostenlose Aus- und Weiterbil-
ausgeweitet werden kann, so dass Frauen             bindung von Dachverband zu Ortsverein               dung für Vorstandsfrauen an. Wir sprechen
offiziell beauftragt werden, um beispiels-          stärken. Wir sind sowohl Mitgliederverband          zudem die Frauengemeinschaften vor Ort
weise die Taufe oder die Krankensalbung             als auch Interessenverband und wir haben            an und legen ihnen nahe, eine Standort-
zu spenden. Um diesen Punkt zu diskutie-            zwei Hilfswerke – das sind drei Beine, die          bestimmung zu machen. Was ist in der Ge-
ren, wird das Präsidium der SBK noch                uns immer wieder fordern und vor die Frage          meinde notwendig an Dienstleistungen und
dieses Jahr eine Fachtagung organisieren.           stellen, wo wir unsere Ressourcen investie-         Aktivitäten? Welche Menschen brauchen
Zudem soll der Frauenrat der SBK reorgani-          ren, denn es ist alles wichtig. Hier befinden       Unterstützung und Vernetzung? Was funk-
siert und zu einer Kommission umfunktio-            wir uns in einem ständigen Wandel und               tioniert nicht mehr und was gäbe es Neu-
niert werden, die Vorschlagsrechte und              müssen uns immer wieder neu justieren.              es? Zudem sollten vermehrt Frauen mit
Befugnisse hat. Wir sind positiv gestimmt,                                                              Migrationshintergrund einbezogen werden,
dass aus unseren Erwartungen konkrete               Wird es nicht immer schwieriger für Orts-           damit auch sie sich zu einer Frauengruppie-
Veränderungen hervorgehen werden.                   vereine und Regionalverbände, genügend              rung zugehörig fühlen. Es braucht hier
                                                    Mitglieder und Vorstände zu finden…                 grössere Anstrengungen, Aktivitäten und
Was genau steckt hinter der Aktion                  Das ist so und hat zur Folge, dass Orts-            Aktionen, damit Frauen niederschwellig den
«Helvetia predigt!»?                                vereine sistieren und einigen Kantonal-             Zugang zu diesen Projekten finden. Den
Wir haben die ökumenische Aktion zusam-             verbänden wie kürzlich in Schaffhausen              Kantonalverbänden ist bewusst, dass der
men mit den Evangelischen Frauen Schweiz            die Gefahr der Auflösung droht. Wenn eine           Kontakt zu den Ortsvereinen und deren
(EFS) und dem Verband der christkatholi-            Frauengemeinschaft nicht mehr fähig ist,            Unterstützung wichtig ist. Es gibt mir und
schen Frauen der Schweiz (VCF) lanciert,            genügend Vorstandsfrauen zu finden, um              vielen Frauen gegenseitig Kraft, zu sehen,
um alle Kirchgemeinden und Pfarreien dazu           ihre Aufgaben wahrzunehmen, müssen die              dass es überall engagierte Frauen gibt.
aufzurufen, Frauen am 1. August 2021                Kirchgemeinden diese unterstützen. Dies,
predigen zu lassen. Auf unserer Webseite            um freiwillig engagierten Frauen weiterhin                                  Interview: Sarah Stutte
können sich Gemeinden melden, die Gast-             die Möglichkeit zu geben, sich sinnstiftend
predigerinnen suchen und Theologinnen,              in ihrer Gemeinde einzubringen. Lebendige              Weitere Infos unter www.frauenbund.ch

4   forumKirche | 9-2021
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Muttertag

Mehr als nur ein Revuestar
Eine Tänzerin kämpft gegen Rassismus und Nazis

                                                                                                                                                     Bild: ©Holländisches Nationalarchiv/Wikimedia Commons
Josephine Baker (1906–1975) war eine
der grossen Unterhaltungsstars des
20. Jahrhunderts. Abseits des Schein-
werferlichts engagierte sich die Amerika-
nerin, die französische Staatsbürgerin
wurde, politisch wie sozial und kämpfte
zeitlebens gegen rassistische Vorurteile
an.

Josphine Baker wird 1906 unter dem
Namen Freda Josephine McDonald in
St. Louis, Missouri geboren, als uneheliche
Tochter einer afroamerikanischen Wäsche-
rin und eines spanischen Theater-Schlag-
zeugers. Sie wächst in ärmlichen Verhält-
nissen auf und arbeitet deshalb schon im
Kindesalter als Hausangestellte für weisse
Familien. Mit 11 Jahren erlebt sie ein
Pogrom im Osten der Stadt mit, bei dem
bis zu hundert Menschen, vor allem Afro-         Josephine Baker mit ihren Pflegekindern in den Ferien in Spanien 1969.
amerikaner, ermordet werden. Dieses
Ereignis traumatisiert sie stark und nährt
ihren Hunger nach einem selbstbestimm-           reichsten US-amerikanischen Unterhalterin         Mutter hoch zwölf
ten Leben. Als sie im Alter von 13 Jahren        in Frankreich.                                    Auch in Bezug auf ihr persönliches Leben
von ihrer Mutter mit einem viel älteren                                                            bleibt Josephine Baker ein Freigeist. Die
Mann verheiratet wird, flüchtet sie nach nur     Pilotin und Aktivistin                            Entertainerin heiratet insgesamt fünfmal
wenigen Wochen aus dieser Beziehung und          Doch Josephine Baker ist nicht nur auf der        und unterhält Beziehungen zu Männern und
auf die Theaterbühne, um ihren Traum in          Bühne erfolgreich. Als erste afroamerikani-       Frauen. Unter anderem auch als Zeichen
die Tat umzusetzen.                              sche Frau überhaupt spielt sie in einem           ihres Protests gegen Ungleichbehandlung
                                                 internationalen Film die Hauptrolle (La           und Rassismus adoptiert sie nach dem
Französische Freiheit                            Sirène de Tropiques, 1927) und eröffnet           Zweiten Weltkrieg zwölf Waisenkinder –
Von Auftritten als Komparsin in St. Louis        1926 in Paris ihren eigenen Nachtclub             zehn Jungen und zwei Mädchen – unter-
gelangt sie schliesslich nach New York und       «Chez Josephine». In ihrer Verbundenheit          schiedlichster Hautfarben und Nationalitä-
tourt 1919 mit einer afroamerikanischen          zu Frankreich gibt sie 1937 die amerikani-        ten. Baker bezeichnet sie als ihre «Regen-
Truppe, die mit der damals populären re-         sche Staatsbürgerschaft auf, um die fran-         bogenfamilie» und lebt mit dieser fortan
vueartigen Theaterform «Vaudeville» auf-         zösische zu erlangen. Im Zweiten Weltkrieg        auf einem Schloss in Südfrankreich, das
tritt, durch die USA. Schnell spricht sich ihr   tritt sie als Pilotin dem Korps fliegender        als offener Ort der Rassen- und Religions-
Talent herum, denn die junge Frau kann           Krankenschwestern bei und arbeitet nach           toleranz gelten soll. 1956 kündigt sie ihren
ebenso gut singen wie tanzen, besitzt aber       dem Einmarsch der deutschen Truppen in            Rückzug von der Bühne an, feiert aber
auch ein besonderes Faible für komische          Paris ab 1940 für die Résistance und den          1961 ihr Comeback und tritt 1973 erfolg-
Momente. Ein Star wird sie aber erst in          Geheimdienst, indem sie Nachrichten über          reich in der New Yorker Carnegie Hall auf.
Frankreich. Als sie 1925 im Alter von 19         den Standort der Nazi-Truppen in ihren            Schon früh sagt sie einmal: «Ich werde
Jahren nach Paris reist, stellt sie fest, dass   Notenblättern versteckt. Im Mai 1944 geht         mein ganzes Leben lang tanzen. Ich bin
es hier keine Rassentrennung wie in den          Baker zur französischen Luftwaffe und wird        zum Tanzen geboren, nur dazu. Leben ist
Staaten gibt. Sie darf vor einem gemisch-        später als Offizierin der Ehrenlegion aus-        Tanz. Und auch sterben möchte ich am
ten Publikum auftreten und sich frei be-         gezeichnet. Sie kämpft aber nicht nur für         liebsten völlig erschöpft und ausser Atem
wegen, denn auch Hotels, Restaurants             Frankreich, sondern setzt sich auf der an-        am Ende eines Tanzes». Ihr Wunsch be-
sowie Kinos unterscheiden sich nicht in          deren Seite des Atlantiks engagiert für die       wahrheitet sich. Sie stirbt wenige Tage
weisse und schwarze Bereiche. In mehre-          Bürgerrechtsbewegung ein. So kehrt sie            nach einer Galavorstellung in einem Pariser
ren Revuen – unter anderem des berühm-           1963 für den Marsch nach Washington in            Theater am 12. April 1975 an den Folgen
ten Varietétheaters «Folies Bergère» – tanzt     die USA zurück, wo sie zusammen mit               einer Gehirnblutung. Geblieben ist die
sie sich, nur bekleidet mit einem heute          Martin Luther King Jr. eine Rede hält. In         Erinnerung an ihren Freiheitsdrang, ihr
sicherlich kontrovers zu beurteilenden           Anerkennung ihrer Arbeit und ihres Akti-          Selbstbewusstsein und ihre Vorstellung
Bananenröckchen, in den folgenden Jahren         vismus im Laufe der Jahre erklärt die             eines Lebens, in dem die Rechte jedes
an die Spitze des Pariser Nachtlebens.           National Association for the Advancement          Menschen unantastbar sind.
Ihr erotischer und exotischer Tanzstil wird      of Colored People (NAACP) den 20. Mai
zur Marke und Josephine Baker zur erfolg-        später zum offiziellen Josephine Baker-Tag.                                         Sarah Stutte

                                                                                                                          forumKirche | 9-2021   5
Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Kirche und Digitalisierung

Von der «Krücke» zum nützlichen Tool
Über digitale Formate in der Seelsorge

Inwieweit haben die Kirchen beim ersten                                                  (Familie, Nachbarschaft usw.) aus. Auch in                                                                        die systematisch Menschen ab einem
Shutdown auf digitale Kanäle gesetzt?                                                    den Kirchen wurden Bedürftigen vielerorts                                                                         gewissen Alter angerufen haben», so Arnd
Dies interessiert eine ökumenische Studie,                                               Hilfen angeboten. Laut der Umfrage gaben                                                                          Bünker.
bei der in der Schweiz etwa 800 Seel-                                                    etwa zwei Drittel der Seelsorger*innen an,                                                                        Auffällig ist in diesem Kontext, dass mehr
sorger*innen befragt wurden. Arnd Bünker,                                                dass auch im digitalen Bereich diakonische                                                                        Frauen (54 %) als Männer (34 %) von einer
Leiter des Schweizerischen Pastoral-                                                     Angebote ausgebaut wurden oder neu ent-                                                                           Zunahme seelsorgerlicher Tätigkeit berich-
soziologischen Instituts (SPI), wertete die                                              standen sind. Dies war allerdings im Unter-                                                                       ten. «Seelsorge ist strukturell ‹gegendert›»,
Bereiche «Diakonie» und «Seelsorge» aus.                                                 schied zu den vielen Gottesdienstüber -                                                                           erläutert Arnd Bünker. Schon vor der Krise
Er ist überzeugt, dass digitale Formate                                                  tragungen öffentlich wenig greifbar. «Im                                                                          seien seelsorgliche Bereiche mehr von
Chancen für die Seelsorge bieten.                                                        Online-Bereich haben die Kirchgemeinden                                                                           Frauen getragen gewesen als von Männern.
                                                                                         meist nur auf professionelle Akteure verwie-                                                                      Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass
Als sich im Frühjahr 2020 Covid-19 aus-                                                  sen», sagt Arnd Bünker. Da die Inanspruch-                                                                        im Shutdown eher Frauen (63 %) ihre Rolle
breitete, wurden in der Schweiz und anderen                                              nahme von Hilfe einer gewissen Vertraulich-                                                                       als Seelsorgerin stabiler erlebten als
Ländern Kontakte und Versammlungen                                                       keit bedarf, geht er davon aus, dass es viele                                                                     Männer (48 %).
stark eingeschränkt. Schon bald fand sich                                                digital, vor allem aber im direkten Kontakt
eine Gruppe von Wissenschaftler*innen zu-                                                vermittelte Unterstützungen gab, die sich                                                                         Vorteile des Internets
sammen, die in einer Umfrage herausfinden                                                jedoch öffentlich nicht zeigten. Diese Ein-                                                                       Bemerkenswert ist auch, dass in der West-
wollten, wie man im kirchlichen Alltag auf                                               schätzung bestätigten auch Rückmeldungen                                                                          schweiz mehr auf digitale Formen der Seel-
diese Krise reagierte und dabei digitale                                                 bei einer CONTOC-Tagung Anfang April, die                                                                         sorge gesetzt wurde als in der Deutsch-
Möglichkeiten nutzte. «Wir haben die Fragen                                              darauf hinwiesen, dass in dieser Zeit ein                                                                         schweiz, wobei die Westschweizer Verant-
sehr schnell zusammengestellt und gingen                                                 grosses diakonisches Engagement von                                                                               wortlichen die Möglichkeiten digitaler Seel-
damals davon aus, dass die Einschränkun-                                                 Jugend- und Sozialarbeiter*innen ausging.                                                                         sorge gleichzeitig kritischer einschätzten
gen bis Mai/Juni 2020 wieder aufgehoben                                                                                                                                                                    als ihre Deutschschweizer Kolleg*innen.
werden», erzählt Arnd Bünker. Die langfristi-                                            Seelsorge gesteigert                                                                                              Arnd Bünker relativiert diese Momentauf-
gen Wirkungen auf die Kirchen hätten die                                                 Mit den Kontaktbeschränkungen fielen auch                                                                         nahme: «Wenn wir alle drei Monate nach-
Beteiligten dabei weniger im Blick gehabt.                                               Möglichkeiten weg, im Einzelgespräch oder                                                                         gefragt hätten, hätten wir unter Umständen
Dadurch ergab sich eine detaillierte                                                     in Gruppen seelsorgerisch tätig zu sein.                                                                          gesehen, dass die digitale Krücke in der
Momentaufnahme, die allerdings die Ent-                                                  Viele kirchliche Mitarbeiter*innen realisier-                                                                     Seelsorge inzwischen zu einem nützlichen
wicklungen während der zweiten und dritten                                               ten schnell, dass sie nun digitale Kanäle                                                                         Tool geworden ist.»
Welle nicht widerspiegelt.                                                               nutzen müssen, um Menschen erreichen zu                                                                           Der Theologe ist überzeugt, dass Begegnun-
                                                                                         können. 42 Prozent der Befragten gab an,                                                                          gen im digitalen Raum die Seelsorge durch-
Diakonie eher im Verborgenen                                                             im Shutdown häufiger seelsorgerlich tätig                                                                         aus bereichern können. Die Kirchgemeinden
Während der ersten Welle war im privaten                                                 gewesen zu sein als zuvor. Dabei standen                                                                          könnten ein breites, ausdifferenziertes Seel-
Umfeld und in der Öffentlichkeit eine grosse                                             vor allem ältere Menschen im Fokus, weil                                                                          sorgeangebot bereitstellen. Schnittstellen
Hilfsbereitschaft festzustellen. Diese ging                                              diese stärker isoliert waren. Bevorzugtes                                                                         zwischen territorialer und kategorialer Seel-
vielfach von informellen Netzwerken                                                      Medium war das Telefon. «Es gab Pfarreien,                                                                        sorge würden durchlässiger. «Per Zoom kann
                                                                                                                                                                                                           ein Spitalseelsorger einen Patienten auch
                                                                                                                                                                      Grafik: SPI/CONTOC/adur-werbung.ch

                                                                                                                                                                                                           nach seinem Aufenthalt begleiten», sagt
                                  Ich war häufiger und intensiver seelsorgerisch tätig als sonst.                                                                                                          Bünker. Schliesslich hätten Erfahrungen
                                                                                                                                                                                                           aus der Psychotherapie gezeigt, dass man
                                                  weiblich                                                                    männlich
                                                                                                                                                                                                           digital «schneller auf den Punkt kommt»
          30
                                                                                                                                                                                                           als im direkten Gespräch.

                                                                                                                                                                                                                                          Detlef Kissner
          20
Prozent

                                                                  30%                                            29%
                                                                         24%                                                    23%                                                                         Zur CONTOC-Studie
          10                                       21%                                                                                         22%
                                                                                                                                                                                                            Wissenschaftler*innen aus 22 Ländern
                                    15%                                                       14%                                                     12%
               10%                                                                                                                                                                                          untersuchten in der Studie Churches
                                                                                                                                                                                                            Online in Times of Corona (CONTOC), in-
           0
                                                                                                                                                                                                            wieweit man sich in der Pastoral wäh-
                überhaupt nicht

                                     eher nicht

                                                    teils-teils

                                                                  eher

                                                                         voll und ganz

                                                                                               überhaupt nicht

                                                                                                                 eher nicht

                                                                                                                                 teils-teils

                                                                                                                                               eher

                                                                                                                                                      voll und ganz

                                                                                                                                                                                                            rend des ersten Shutdowns digitaler
                                                                                                                                                                                                            Kanäle bediente. Dafür wurden ca. 6'500
                                                                                                                                                                                                            evangelische und katholische Seel-
                                                                                                                                                                                                            sorger*innen vor allem aus Deutschland,
                                                                                                                                                                                                            Österreich und der Schweiz befragt.
Rückmeldungen zu Seelsorge-Einsätzen im ersten Corona-Shutdown.

6         forumKirche | 9-2021
Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Aus der Nachbarschaft                                                                        Das Bistum Freiburg mit seinem Münster

                                                                                                                                              Bild: pixabay.com
                                                                                               möchte sich in den nächsten Jahren
                                                                                               neu aufstellen.

Mehr Luft für Seelsorge
Eine Diözese definiert sich neu

Als die Erzdiözese Freiburg (D) mit ihrer      zusammenzuführen. Nun möchte man ei-            «Damit wird er zum Seelsorger der Seelsor-
Raumplanung im Rahmen des Projekts             nen weiteren Schritt machen: Die kleinen        ger*innen, zum Organisator und Trainer»,
Kirchenentwicklung 2030 im März an die         Pfarreien mit ihren Seelsorgeeinheiten          erklärt der Kommunikationsfachmann.
Öffentlichkeit ging, stiess sie damit auf      sollen aufgelöst und stattdessen 36 Gross-      Offen ist auch noch die Frage, wie Leitung
ein grosses mediales Interesse. Vor allem      pfarreien geschaffen werden, die etwa die       vor Ort konkret wahrgenommen werden
die Ankündigung, dass die Zahl der             Grösse der jetzigen Dekanate haben. Die         soll. In der «Einführung» heisst es, dass
Pfarreien von derzeit 1057 auf 36 redu-        grösste dieser Pfarreien wird ca. 114’000       es um «die Entwicklung einer ‹Pastoral der
ziert werden soll, liess viele aufhorchen.     Katholik*innen umfassen. Damit ändert           Ermächtigung›» geht, die auf die Selbst-
Ziel soll sein, die kirchliche Gemeinschaft    sich auch das Verständnis von Pfarrei: weg      führung und Selbstorganisation derer,
möglichst langfristig an vielen Orten          von der «Pfarrfamilie» hin zu einem «geogra-    die sich engagieren, ausgerichtet ist».
lebendig zu halten. Dies erfordert nach        fischen Raum, in dessen Gebiet Pastoral         Bedeutet dies, dass Laien und Ehrenamt-
Ansicht der Initiatoren einen «Kultur-         und Verwaltung koordiniert und organisiert      liche mehr Kompetenzen erhalten? Die
entwicklungsprozess».                          werden» («Einführung in das Projekt Pasto-      Gemeindeteams, die sich aus Seelsor-
                                               ral 2030»). Durch diese Konzentration sol-      ger*innen und Ehrenamtlichen zusammen-
Der Startschuss fiel bereits 2019. Damals      len Verwaltungsvorgänge optimiert werden.       setzen und bisher das Leben an der Basis
war in der Diözesanen Pastoralkonferenz        «Somit bleibt mehr Luft für die Seelsorge»,     gestaltet haben, sollten nach Ansicht von
der Entschluss gereift, einen Prozess an-      erklärt Michael Hertl. Mit der Einführung       Michael Hertl auf jeden Fall weiterbestehen
zustossen, der die Kirche zukunftsfähig        von Pfarreigeschäftsführer*innen will man       und gestärkt werden.
macht. Hintergrund dieses Aufbruchs sind       zur weiteren Entlastung des Seelsorgeper-
die zurückgehenden Zahlen von Priestern        sonals von administrativen Aufgaben (Per-       Zügige Umsetzung
und anderen pastoralen Mitarbeiter*innen.      sonal, Finanzen usw.) beitragen. Deren Ein-     Die grossen Strukturen sind klar, nun gilt
«Auf der anderen Seite sinkt auch die Zahl     satz wird bereits in Pilotprojekten getestet.   es, sie mit Leben zu füllen. Dafür soll bis
der Kirchenmitglieder, die Bindungen zur                                                       2022 ein Konzept erarbeitet werden, in
Kirche werden lockerer», fügt Michael Hertl,   Neue Aufgaben für den Pfarrer                   das Meinungen und Bedürfnisse möglichst
Leiter der Stabstelle Kommunikation der        Und was wird sich durch diese Struktur-         vieler Gläubigen einfliessen. «Die Ent-
Erzdiözese, hinzu. Was kann und soll die       reform vor Ort ändern? Michael Hertl be-        scheidungsoptionen werden in einem de-
Kirche angesichts dieser Entwicklungen         kräftigt, dass es vor allem im Blick auf die    mokratischen Prozess entwickelt», so Hertl.
noch anbieten? Und wie muss sie sich           Seelsorge «keinen Rückzug aus der Fläche        Auf dieser Grundlage wird die Diözesane
organisieren, um auch in 10 bis 20 Jahren      geben wird»: «Kirchen, kirchliche Kinder-       Pastoralkonferenz Empfehlungen abgeben,
noch zu funktionieren? Diese Grundfragen       gärten, Caritas-Stellen sollen weiterhin        die der Erzbischof dann umsetzt. Danach
sollen im Projekt Kirchenentwicklung 2030      bestehen wie bisher und für Seelsorge und       beginnt der Transformationsprozess, der
geklärt werden.                                Glaubensvermittlung werden neue Kon-            bis 2025 abgeschlossen sein soll. «Da
                                               zepte entwickelt.» Die Gottesdienstdichte       stehen die nächsten Pfarrgemeinderats-
Seelsorger*innen entlasten                     werde aufgrund der Personalsituation ab-        wahlen an», sagt Michael Hertl, «mit den
Dem Projekt liegt die strukturelle Vorgabe     nehmen. Auch die Rolle des Pfarrers, der        neuen Pfarrgemeinderät*innen soll das
zugrunde, die Zahl der Pfarreien deutlich zu   eine solche Grosspfarrei leitet, wird einen     Leben in den Pfarreien neu starten können.»
reduzieren. Bereits in den letzten 20 Jah-     Wandel erfahren. «Er wird nicht mehr alle
ren hatte die Erzdiözese damit begonnen,       Pfarreimitglieder kennen, was aber heute                                      Detlef Kissner
die 1057 Pfarreien zu 224 Seelsorgeein-        schon so ist», so Hertl. Seine Hauptauf-
heiten (entspricht den Pastoralräumen im       gabe ist es, zusammen mit seinem Team             Weitere Infos:
Bistum Basel) zum Zwecke der Kooperation       die Seelsorge in der Pfarrei sicherzustellen.     www.kirchenentwicklung2030.de

                                                                                                                   forumKirche | 9-2021   7
Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Gedankenimpuls

                                                                                Bild: pixabay.com
                           «Träume dir dein Leben
                           schön und mach
                           aus diesen Träumen
                           eine Realität.»
                           Marie Curie, Physikerin und Chemikerin · 1867–1934

8   forumKirche | 9-2021
Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Den Glauben feiern

                                                                                                                                                 Bild: MorningbirdPhoto/pixabay.com
Gottesdienste anderssprachige Missionen
  Albanische Mission
So, 2. Mai         13.00 Uhr        St. Nikolaus Wil
So, 9. Mai         13.00 Uhr        St. Nikolaus Frauenfeld
  Kroatische Mission
Sa, 1. Mai         19.00 Uhr        St. Martin Arbon
So. 2. Mai         09.30 Uhr        Klosterkirche Münsterlingen
                   11.45 Uhr        St. Nikolaus Frauenfeld            Sich auf den Weg machen
                   17.00 Uhr        St. Peter Schaffhausen
                   18.15 Uhr        St. Peter Schaffhausen             Gedanken zum Evangelium Joh 15,9-17
So, 9. Mai         09.30 Uhr        Klosterkirche Münsterlingen
                                                                       Gleich zu Beginn der Bibel ruft Gott Abraham dazu auf, sich auf den
                   11.45 Uhr        St. Nikolaus Frauenfeld
                   17.00 Uhr        St. Peter Schaffhausen             Weg zu machen in ein neues Land. Der Mann ist alt und kinderlos
                   18.15 Uhr        St. Peter Schaffhausen             und soll sich auf den Weg machen – einfach so? Nur im Vertrauen
                                                                       auf Gottes Zusage? Abraham aber bricht auf und nimmt seine gan-
  Polnische Mission
                                                                       ze Familie samt Vieh mit. Ist das nun verrückt oder die Konsequenz
Sa, 1. Mai          19.00 Uhr       Klösterli Frauenfeld
                                                                       eines unerschütterlichen Glaubens – oder von beidem etwas?
So, 9. Mai          09.00 Uhr       St. Maria Sitterdorf
                    11.00 Uhr       St. Stefan Kreuzlingen             In meinem Leben gab es auch Momente, in denen das Alte aufge-
  Portugiesische Mission                                               braucht war, ein Aufbruch ins Unbekannte anstand. Nicht immer zu
Sa, 1. Mai         19.00 Uhr        Klösterli Frauenfeld               meiner Freude. Es wäre doch schön und bequem gewesen, einfach
So, 9. Mai         09.00 Uhr        St. Maria Sitterdorf               mit dem Altvertrauten weiterzumachen. Doch warum soll es mir an-
                   11.00 Uhr        St. Stefan Kreuzlingen             ders gehen als all den Männern und Frauen in der Bibel, die Gott ruft?
  Spanische Mission                                                    Auch Jesus sagt zu seinen Jünger*innen: «Ich habe euch dazu be-
Sa, 1. Mai         18.30 Uhr        St. Maria Schaffhausen             stimmt, dass ihr euch auf den Weg macht» (Joh 15, 16). Er hat ihnen
So, 2. Mai         10.30 Uhr        Klösterli Frauenfeld               und uns nicht versprochen, dass wir uns einfach einrichten können.
                   12.00 Uhr        St. Stefan Kreuzlingen
                                                                       Aufbrechen gehört zu denen, die seine Freund*innen sind. Manchmal
Sa, 8. Mai         18.30 Uhr        St. Maria Schaffhausen
                                                                       hat der Umbruch mit persönlicher Veränderung zu tun: Partnerschaft,
So, 9. Mai         09.30 Uhr        St. Martin Arbon
                   11.00 Uhr        St. Stefan Amriswil                der Geburt von Kindern oder Enkeln, Ausbildungen, Berufswechseln,
                                                                       erwachsenen Kindern, die ausziehen, mit Armut, Krankheit und Tod.
  Tamilische Mission
Der nächste Gottesdienst findet am 22. Mai statt.                      Manchmal bricht etwas ein wie das Corona-Virus. Es zwingt uns
                                                                       alle, radikal umzudenken, unsere Pläne werden zu Makulatur. Die
  Ungarische Mission
                                                                       anscheinend so sicher geplante Zukunft zerbricht. Wir finden uns,
So, 2. Mai         17.00 Uhr        Bruder Klaus Tägerwilen
So. 9. Mai         17.30 Uhr        Münster Konstanz                   ob wir wollen oder nicht, auf dem Weg ins Unbekannte wieder.
                                                                       Unsicher, verzweifelt, oft müde.

                                                                       Doch Gott hat Abraham versprochen, dass Gutes aus diesen
                                                                       Wegen wächst. Und auch Jesus verspricht, dass der neue Weg
 Gottesdienste in Radio & Fernsehen                                    «Frucht bringt – Frucht, die bleibt.» Ob wir der Zusage trauen, ist un-
 Sonntag, 2. Mai, 10 Uhr, Radio SRF 2 Kultur                           sere Entscheidung. Vielleicht haben wir schon früher wie so viele
 Röm.-kath. Predigt – Mit Pfarrer Michael Pfiffner                     andere riskiert, uns auf den Weg zu machen. Und so wagen wir die
                                                                       Schritte nochmals im Vertrauen, wie damals. Die Dichterin Hilde
 Sonntag, 9. Mai, 10 Uhr, Radio SRF 2 Kultur
 Röm.-kath. Predigt – Mit Pastoralassistentin Monika Poltera-von Arb   Domin sagt es in einem Gedicht so: «Ich setzte meinen Fuss in die
                                                                       Luft, und sie trug.» Einen Versuch – mit Gottes Hilfe – ist es wert!
 Sonntag, 2. Mai, 9.30 Uhr, ZDF
 Evang. Gottesdienst – Lieder meines Lebens                            Ich fand übrigens immer, dass von Sarah mehr Glaube verlangt
 Aus der Heiliggeistkirche in Frankfurt am Main                        wurde als von Abraham. Zu ihm hatte immerhin Gott gesprochen,
                                                                       sie aber musste ihrem Mann glauben, dass er die Stimme des
 Sonntag, 9. Mai, 9.30 Uhr, SRF1
                                                                       Ewigen gehört hatte.
 Kath. Gottesdienst – DU erneuerst das Angesicht der Erde
 Aus der Gemeinde Heilig Kreuz in Bensheim-Auerbach                                                                 Christiane Faschon, Berg

 Regionale Sendungen                                                    Sonntagslesungen
 Radio TOP: TOP Kick und TOP Church: www.topchurch.ch                   2. Mai – 5. Sonntag der Osterzeit
                                                                        Erste Lesung: Apg 9,26-31
 Radio Munot: Gedanken zum Tag                                          Zweite Lesung: 1 Joh 2,18-24
 Montag bis Freitag 6.50 Uhr                                            Evangelium: Joh 15,1-18
 Unterwegs – ein kirchliches Magazin aus Schaffhausen
 Jeweils am letzten Sonntag im Monat, 10 Uhr, Wdh. 22 Uhr               9. Mai – 6. Sonntag der Osterzeit
                                                                        Erste Lesung: Apg 10,25-26.34-35.44-48
 Schaffhauser Fernsehen SHf: Gedanke am Wuchenänd                       Zweite Lesung: 1 Joh 4,7-10
 Samstag, 18.55 Uhr bis Sonntag, 18 Uhr, stündliche Wdh.                Evangelium: Joh 15,9-17

                                                                                                                    forumKirche | 9-2021     9
Für die Rechte der Frauen - Der SKF macht sich stark - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Thurgau · Kirche ohne Grenzen – Italienisch

Mut zeigen, anders zu sein                                                                      Von der Waffe
Weder Frau noch Mann                                                                            Die Arbeit des Jugendmissions

                                                       Soziale Einsätze geleistet               Alessia Margherito (33) kommt aus Süd-
                                                       Auch Shannons Freund geht ent-           italien und ist im Jahr 2014 mit ihrem
                                                       spannt und offen mit der Thematik        Mann Paolo Russo (33) nach Schaffhau-
                                                       um. «Wir haben ein tolles Verhält-       sen gezogen. Im Mai 2019 nahm sie mit
                                                       nis», so Shannon. Bald schon bezie-      ihrer Familie in Bergamo am 6. Welttreffen
                                                       hen die beiden im Kanton Bern eine       der Jugend des Friedens teil, organisiert
                                                       gemeinsame Wohnung. Doch erst            vom ursprünglich italienischen und heute
                                                       beendet Shannon das Praktikum bei        weltweit agierenden Jugendmissions-
                                                       der Fachstelle Kinder und Jugend der     dienst SERMIG. Kirche ohne Grenzen hat
                                                       katholischen Landeskirche Thurgau        mit ihr über diese Erfahrung gesprochen.
                                                       in Weinfelden. Zur JUSESO hatte
                                                       Shannon schon vor dem Schulend-          Warum habt ihr euch entschieden, mit
                                                       kurs Kontakt, kannte diese von           drei kleinen Kindern zum Welttreffen der
                                                       Lagern her. Mit dem Wunsch, später       Jugend des Friedens zu fahren?
                                                       in einem sozialen Bereich tätig zu       Eine alte Bekannte hat mich dazu einge-
                                                       sein, startete Shannon vor knapp         laden. Sie gehört der Bruderschaft von
                                                    Bild: Claudia Koch

                                                       einem Jahr ein Praktikum. Der er-        SERMIG an, welche dieses Treffen jeweils
                                                       lernte Beruf in der Drucktechnologie     organisiert und hat uns sehr überzeugend
                                                       scheint zu wenig zukunftsträchtig.       klargemacht, dass es eine unvergessliche
                                                       Ziel ist es, nach einem weiteren Jahr    Erfahrung ist. So haben wir entschieden,
Shannon Tobler war bereits dreimal im Einsatz          Praktikum in einer bernischen Ta-        mit unseren Kindern im Alter von 1 bis 5
für Swiss for Greece.                           gesschule die Ausbildung in Sozialpädago-       Jahren hinzufahren und es hat sich ge-
                                                gik an einer höheren Fachhochschule zu          lohnt!
                                                starten. Erfahrung mit sozialen Einsätzen
Shannon Tobler aus Bussnang ist non-            bringt Shannon schon einige mit. Bereits        Was ist euch aufgefallen?
binär, fühlt sich also weder als Frau noch      dreimal war Shannon in Griechenland für         Alles war durchdacht bis in kleinste Detail.
als Mann und möchte einfach nur als             das Projekt Swiss for Greece, verteilte Hilf-   Später erfuhren wir, dass ein Prinzip der
Shannon gesehen werden. Dass es für             spakete, strich Wände, bot Hand, wo es ge-      Bruderschaft «das Gute gut tun» lautet
diese Gefühlswelt überhaupt eine Bezeich-       braucht wurde.                                  (wenn man Gutes tut, soll man es auch
nung gibt, erfuhr Shannon an einem                                                              gut, d. h. heisst korrekt, durchführen, Anm.
Schulendkurs der JUSESO Thurgau.                Bewusstsein früh fördern                        d. Red.), was man bei diesem Treffen kon-
                                                Um andere Menschen in ähnlichen Situatio-       kret sehen konnte. Wir haben berührende,
Schon als Kind fühlte sich Shannon an-          nen zu unterstützen und Mut zu machen, ist      aber auch aufrüttelnde Zeugnisse von
ders, nicht typisch als Mädchen, wollte et-     Shannon für die Plattform «Du bist Du» in       Menschen gehört, die Gewalt, Ungerechtig-
wa keine Kleider tragen. Dann mit 16 Jah-       beratender Funktion unterwegs. Shannon          keit und Armut erlebt hatten und trotzdem
ren besuchte Shannon den Schulendkurs           sagt dazu: «Solche Aufklärungsbesuche in        den friedlichen Weg wählten. Alle Erzählun-
der JUSESO, wo Fachpersonen der Platt-          Jugendtreffs sind wichtig und nötig.» Denn      gen hatten eines gemeinsam: die Verge-
form «Du bist Du» über die geschlechtliche      noch immer sei es beispielsweise nicht          bung als Wendepunkt. Es scheint unmög-
und sexuelle Vielfalt aufklärten. «Darunter     normal, nach dem Pronomen einer Person          lich, Frieden zu schaffen, ohne zuerst zu
sprach auch eine non-binäre Fachperson,         zu fragen. Auch geht es darum, dass Men-        vergeben. Es waren schwerwiegende
bei der ich viele Vergleichsmöglichkeiten       schen wie Shannon mehr «gesehen» werden         Geschichten, die berührten und ein Feuer
wahrnahm», sagt Shannon. Endlich war da         und dass mehr Leute das Bewusstsein für         in uns entfachten, das wir weitergeben
eine Bezeichnung, ein Name für das Weder-       die verschiedenen Geschlechtsidentitäten        wollten. So lernten wir danach SERMIG
Noch. Danach dauerte es rund ein Jahr bis       entwickeln. Das sollte laut Shannon schon       kennen.
zum inneren Coming-out, bis Shannon sa-         in der Schule beginnen. «Die Menschen,
gen konnte: Jetzt stimmt es für mich. Noch-     die dort gezeigt oder beschrieben werden,       Was ist SERMIG?
mal ein halbes Jahr später vertraute sich       sind meist heterosexuell und cis, d. h.,        Eine von Ernesto Olivero im Jahre 1964
Shannon einem Kollegen an. Dieser nahm          die Geschlechtsidentität stimmt mit dem         in Turin gegründete Vereinigung. SERMIG
das Outing schlecht auf und tat es als          bei Geburt zugewiesenen Geschlecht über-        steht für «Servizio Missionario Giovani»
Spinnerei ab. Eine herbe Enttäuschung.          ein», so Shannon. Auch beim Thema Uni-          (auf Deutsch: Jugendmissionsdienst).
Eine Freundin hingegen, die ebenfalls am        sex-WCs gibt es grosse Lücken. Schliess-        Der Sitz befindet sich im «Arsenal des
Schulendkurs dabei war, war entsprechend        lich habe man zu Hause ja auch keine            Friedens», einer ehemaligen Waffenfabrik,
sensibilisiert für das Thema und reagierte      geschlechtergetrennten Toiletten.               die im Jahr 1984 von Hunderten Freiwilli-
positiv. Weitere Outings im Freundeskreis                                                       gen in ein Metropolitan-Kloster umgebaut
wollte Shannon keine mehr machen. Von                                          Claudia Koch     wurde. Das Haus ist jederzeit bei Tag und
der Familie gab es wenige Reaktionen. Sie                                                       Nacht geöffnet. Es gibt eine Mensa und
hat die Situation angenommen, wie sie ist.         Weitere Informationen: www.dubistdu.ch       Schlafplätze für Bedürftige, Freiwillige

10 forumKirche | 9-2021
Kirche ohne Grenzen – Italienisch

nfabrik zum Haus des Friedens
dienstes SERMIG

                                                                             Bild: zVg

                                                                                                                Bild: Daria Serra
                                                                                                                                    Dall’arsenale di
                                                                                                                                    guerra all’arsenale
                                                                                                                                    della Pace
                                                                                                                                    Il sogno di un giovane, che
                                                                                                                                    trasformò la realtà di migliaia
                                                                                                                                    Alessia Margherito (33), una giovane
                                                                                                                                    mamma che nel 2014 si è trasferita
                                                                                                                                    con il marito dall’Italia in Svizzera,
                                                                                                                                    nel maggio 2019 partecipò insieme
                                                                                         Alessia Margherito                         alla sua famiglia al 6. Appuntamento
                                                                                         (33): «Ausschlag-                          Mondiale Giovani della Pace a Bergamo.
                                                                                         gebend ist nicht nur                       Questo viaggio ha portato frutto.
                                                                                         das Herz zu öffnen,                        Kirche ohne Grenzen ha parlato con lei
   Paolo Russo (rechts) und der ebenfalls in das Projekt involvierte Mario               sondern auch die                           di questa esperienza.
   Abatriatico bei der Abgabe von Hilfsgütern im «Arsenal des Friedens».                 Hände.»
                                                                                                                                    Perché vi siete decisi di partire con
                                                                                                                                    tre bambini piccoli?
   sammeln und verteilen Kleider oder ar-              ist in Turin als einziges Haus für die Armen                                 Siamo stati invitati da una nostra amica,
   beiten als Ärzte in einer Praxis, in welcher        offen geblieben. Während des Lockdowns                                       Veronica, che del Sermig ha fatto la sua
   sie Bedürftige kostenlos behandeln. Zu-             wurden 200 Personen aufgenommen und                                          casa. Ci ha presentato il progetto, dicen-
   dem gibt es dort eine Konditorei, in der            Kleider, Decken sowie Essen an Obdach-                                       doci che sarebbe stata sicuramente una
   Menschen mit Behinderungen beschäftigt              lose verteilt. Es war berührend, wie unsere                                  bella esperienza Sicuramente perché
   werden. So viele Gaben kommen hier zum              Verwandten und Bekannten mitgemacht                                          Veronica è stata tanto convincente.
   Einsatz! Es ist aber auch ein Ort des Dia-          haben. Wir fuhren mehrmals nach Turin mit                                    Pensavo e ripensavo alla sua proposta e
   logs, der Bildung, des Gebets und des               vollem Kofferraum oder Lieferwagen. Un-                                      dentro di me cresceva sempre più il de-
   Spiels für Gross und Klein. Jesajas «Pro-           sere Bekannte informierte uns immer,                                         siderio di esserci, alla fine lo volevo con
   phetie» über die Zeit ohne Gewalt und               wenn sie Dinge weitergeben konnten. Wir                                      tutte le mie forze… tanto da non vedere
   Hunger ist der Motor dieses Einsatzes.              wussten so, dass z. B. unsere verstaubte                                     le «difficoltà» di fare questa esperienza
   Jegliches Handeln zielt auf diese grosse            Winterjacke, jetzt einem Mann auf den                                        con tre bambini piccoli (1, 3, 5).
   Hoffnung: Dem Menschen die Erfahrung                Strassen Turins den Rücken warm hielt.
   von Liebe und Frieden zu ermöglichen.               Es ist konkrete Hilfe, die ankommt und die                                   Cosa vi ha colpito?
   Aktion und Kontemplation gehören zusam-             Gemeinschaft schafft zwischen den Geben-                                     Siamo stati subito colpiti dall’organizza-
   men, wobei mit den Gästen nie, ausser               den und den Empfangenden – so viel, dass                                     zione impeccabile. Era stato pensato
   auf dessen Wunsch, direkt über Jesus                nicht mehr klar ist, wer gibt und wer emp-                                   tutto nei minimi dettagli. Le belle testi-
   gesprochen wird. Ein Haus, das alle auf-            fängt. Aber auch Freundschaften oder Aus-                                    monianze, la gioia e l’amore che si
   nimmt, ohne Vorurteile oder etwas dafür             tausch und Mitwirkung bei einigen Online-                                    percepivano intorno a quella piazza ci
   zu verlangen. Es ist für mich immer wieder          Treffen konnten realisiert werden. Ich hoffe,                                hanno fatto incuriosire, tanto da voler
   unglaublich davon zu sprechen, weil es un-          dass immer mehr Menschen SERMIG                                              conoscere da più vicino il Sermig.
   glaublich und eigentlich unmöglich ist, was         kennenlernen und unterstützen. Und wer
   dort alles an Freiwilligenarbeit geleistet          weiss, vielleicht können wir einmal Ernesto                                  Cosa è il Sermig?
   wird. Niemand erhält einen Lohn. Alle               Olivero doch noch bei uns begrüssen!                                         La mia amica Veronica lo descrive così
   Spenden werden eins zu eins weiter-                                                                                              nel suo libro «Una vita tra le vite»:
   gegeben.                                                Interview und Übersetzung: Daria Serra                                   «È casa per chi non ce l’ha, è letto per
                                                                                                                                    chi dorme in strada, cibo per gli affama-
   Was ist daraus für euer Engagement in der                                                                                        ti, cure mediche per chi non può, scuola
   Mission entstanden?                                  Daria Serra-Rambone (32),                                                   di formazione e di vita.» Sermig sta per
                                                                                                                Bild: zVg

   Eine wunderschöne Zusammenarbeit! Der                stammt ursprünglich aus                                                     «Servizio Missionario Giovani» ed è una
   Pastoralrat der italienischen Mission hatte          dem Süden Italiens. Sie                                                     fraternita fondata da Ernesto Olivero
   einen Kongress mit dem Gründer Olivero               studiert in Luzern Theologie                                                nel 1964 con sede nell’Arsenale della
   als Redner geplant – die Pandemie hat das            und engagiert sich ehren-                                                   Pace a Torino. Si tratta di un monastero
   verhindert. Aber nicht die Möglichkeit,              amtlich in der Missione Cattolica Italiana,                                 metropolitano di cui porta è aperta 24
   SERMIG in dieser schwierigen Situation zu            Schaffhausen.                                                               ore su 24, 365 giorni all’anno.
   unterstützen. Das «Arsenal des Friedens»

                                                                                                                                                       forumKirche | 9-2021 11
Aus dem Bistum

Den Aufbruch wagen                                                                                                          News
Zehn Schritte zu einer geschwisterlichen Kirche                                                                                Hilfswerke befürworten das CO2-Gesetz
                                                                                                                            Nach Caritas Schweiz werben auch die
                                                                                                                            kirchlichen Hilfswerke Fastenopfer, Brot für

                                                                                               Bild: © Roberto Conciatori
         Ein Zeichen der                                                                                                    alle und HEKS für ein Ja zum neuen CO 2-
         Verbundenheit:                                                                                                     Gesetz. Es kommt am 13. Juni an die Urne.
       Die Gottesdienst-                                                                                                    Zu den Unterstützern gehört auch der
  leitenden Herbert Gut                                                                                                     Präsident der Schweizer Bischofskonfe-
 und Ingrid Bruderhofer                                                                                                     renz, Felix Gmür. Das Gesetz stehe auf der
        nehmen bei den                                                                                                      Linie von Papst Franziskus, der in «Laudato
    Mitfeierenden Platz.                                                                                                    si» seine Sorge um die Schöpfung formu-
                                                                                                                            liert, so Gmür. Der Bischof wirke aber nicht
                                                                                                                            aktiv an einer politischen Kampagne mit,
                                                                                                                            betonte sein Mediensprecher.

                                                                                                                               Jesuiten gründen eine neue Provinz
                                                                                                                            Am 27. April wurde aus den bisherigen
                                                                                                                            Jesuitenprovinzen Deutschland, Österreich,
                                                                                                                            Schweiz und Litauen-Lettland die neue
                                                                                                                            Zentraleuropäische Provinz, die auch
Eine geschwisterliche Kirche von Frauen        glaubwürdigeren Kirche», sagt Iva Boutellier,                                Standorte in Schweden und Chicago/USA
und Männern ist eine Frage der Haltung         Mitglied der Synode und Co-Leiterin der                                      umfasst. Geleitet wird sie von P. Bernhard
und der Gerechtigkeit. Eine Arbeitsgruppe      Gruppe. Herbert Gut, Pfarreileiter in Luzern,                                Bürgler SJ. Als Provinzial trägt er die Ver-
des Synodalrats der katholischen Landes-       sieht darin ein «Zukunftsbild mit Strategie-                                 antwortung für 36 Standorte mit insge-
kirche Luzern macht dazu Vorschläge.           charakter, das einen gemeinsamen Auf-                                        samt 419 Jesuiten. Der 60-Jährige war
Ihre «Zehn Schritte» versteht sie als Weg      bruch aller kirchlichen Ebenen» beschreibe.                                  seit 2014 Provinzial der Österreichischen
zu einer glaubwürdigeren Kirche.               Darin seien die umfassende Gleichwertig-                                     Provinz und ist Experte für Spiritualität
                                               keit und Gleichberechtigung von Männern                                      und Psychoanalyse. Die neue Provinz wird
«Zehn Schritte zu einer geschwisterlichen      und Frauen, Macht und Machtteilung wichti-                                   von München aus geleitet.
Kirche» heisst das Papier, das die acht-       ge Fragen, ergänzt Synodalratspräsidentin
köpfige Gruppe zur Diskussion stellt. Die      Renata Asal Steger. Gut und Asal-Steger                                         Bootsunglück im Mittelmeer
Gruppe wurde damit beauftragt, nachdem         gehören ebenfalls der Arbeitsgruppe an.                                      Die Hilfsorganisation SOS Méditerranée
Bischof Felix Gmür im Sommer 2016 in           Die Kirche müsse «auf dem Weg bleiben»,                                      hatte am 22. April mitgeteilt, dass vor
Rom im Gottesdienst mit der Pilgergruppe       fasst Iva Boutellier zusammen. «Wir alle                                     Libyen ein Schlauchboot mit rund 130
«Für eine Kirche mit* den Frauen» darum        können Schritte in die Zukunft machen.»                                      Migrant*innen an Bord verunglückt sei.
gebeten hatte, ihm Vorschläge für eine         Dies anerkannte auch Bischof Felix Gmür,                                     Das eigene Rettungsschiff habe bei
geschwisterliche Kirche zu machen.             als ihm die «Zehn Schritte» Ende Januar                                      schlechten Wetterverhältnissen «nur noch
                                               als erstem vorgestellt wurden: «Die Kirche                                   Tote» gefunden. Den zuständigen Behörden
Anstoss zum Gespräch                           befindet sich in einer Umbruchsituation.»                                    warf SOS Méditerranée Versagen vor.
Den Dialog zwischen geweihten und nicht                                                                                     Papst Franziskus sagte beim Mittagsgebet,
geweihten Frauen und Männern fördern, auf      Das Anliegen namentlich unterstützen                                         dass er «sehr betrübt» sei angesichts der
Priester ohne starken Bezug zur Pfarrei ver-   Die «Zehn Schritte» sind auf einem Faltblatt                                 erneuten «Tragödie». Die Betroffenen hät-
zichten, alternative Formen finden, damit in   zusammengefasst, das an viele Interessen-                                    ten tagelang vergebens um Hilfe gefleht.
Pfarreien ohne Priester Frauen und Männer      gruppen verschickt wird. Auf der Webseite                                    «Es ist eine Schande», so der Papst.
das Mahl Jesu und sakramentale Zeichen         www.geschwisterliche-kirche.ch kann es
feiern können: Das sind drei Beispiele zu      heruntergeladen werden, dort finden sich                                        Religionsführer begrüssen Schuldspruch
den «Zehn Schritten», die übertitelt sind      auch Erläuterungen dazu. Zudem können                                        In seltener Einmütigkeit haben Repräsen-
etwa mit «Vertrauenskultur», «Pastoral der     sich Interessierte auf dieser Webseite mit                                   tanten der US-Religionsgemeinschaften
Präsenz» oder «Raum für Innovation». Die       ihrem Namen eintragen und damit bekräfti-                                    den dreifachen Schuldspruch im Prozess
Arbeitsgruppe versteht ihr Papier als «Weg-    gen, dass sie das Anliegen mittragen.                                        um den Tod von George Floyd begrüsst, der
beschreibung» für die Diskussion vor Ort       Die «Zehn Schritte» enden mit einem Wort                                     am 25. Mai 2020 bei einem Polizeieinsatz
und lädt die Empfänger*innen ein, «den         der Bewegung Maria 2.0: «Wir alle sind die                                   starb. Die Hoffnung ist, dass das Urteil die
Aufbruch zu wagen, von der Basis bis zum       Veränderung. Wir gehen weiter auf unserer                                    Rassengerechtigkeit voranbringt. Die
Bischof», wie es darin heisst. Die Schritte    Pilgerreise hin zu einer Kirche gleicher                                     katholischen Bischöfe erklärten, «die
müssten mit Leben gefüllt werden, «in den      Würde und Rechte aller. Schaffen wir uns                                     Nation bleibe tief gespalten, wie dieses
Pfarreien und Kirchgemeinden, in den           Anders-Orte des Glaubens in unserer                                          Unrecht wiedergutgemacht werden kann».
Gottesdiensten, in den Kirchenleitungen»,      Kirche, an denen wir diese Vision einer                                      Man fühle sich der Aufgabe verpflichtet,
schreibt die Gruppe im Begleitbrief.           geschwisterlichen und gerechten Kirche                                       «Herzen und Einstellungen zu verändern».
                                               leben.» (Vgl. S. 13)
Aufbruch aller kirchlichen Ebenen                                                                                                                          kath.ch/Red.
Die «Zehn Schritte» seien «ein Weg zu einer                             Dominik Thali/Red.

12 forumKirche | 9-2021
Aus dem Bistum · Thurgau

Geduld                                                                          Einsamkeit in Zeiten von Corona
Was mich bewegt: ein Beitrag von Felix Gmür                                     Ein Gesprächsabend mit Inputs

                                                                                                                                                        Bild: Sasha Freemind/Unsplash
Geduld sei eine Tugend, sagt man. Dies ist allerdings leichter                  Was kann uns helfen gegen die Einsamkeit,
gesagt als getan. Was tut denn, wer geduldig ist? Er erträgt,                   die sich in Zeiten von Corona noch verstärkt?
erduldet, zeigt Langmut. Sie beugt sich ihrem Schicksal, fügt                   Dieser Frage geht eine Veranstaltung der
sich. Geduldige halten aus. Geduld ist nicht ein passives Über-                 Fachgruppe Erwachsenenbildung des
sich-ergehen-lassen, sondern vielmehr eine innere Verfassung,                   Pastoralraumes Thurgau Mitte nach.            Einsamkeit belastet.
eine Haltung, eine Fähigkeit.
Geduld kann man trainieren. Das geht dann am besten, wenn                       Einsamkeit macht krank. Sie verkürzt das Leben. Wer sozial iso-
man ein Ziel vor Augen hat. Die Geduld, die gemäss Paulus                       liert lebt, hat ein 30 Prozent erhöhtes Risiko, vorzeitig zu sterben,
eine Frucht des Heiligen Geistes ist, bringt dann selbst neue                   unabhängig von Alter, Geschlecht und Lebensstil. Der Psychiater
Früchte hervor. Eine kann die Gelassenheit sein. Es gibt Dinge,                 Manfred Spitzer nennt sie darum den «Killer Nummer eins».
Umstände, Situationen (und Menschen!), die wir nicht ändern                     Corona hat diese Krankheit noch verschlimmert. Einsamkeit ist ein
können. Aber wir können lernen, sie in Geduld zu ertragen.                      schrecklicher Schmerz für die Menschen, aber auch ein Problem
«Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi                 aller westlichen Gesellschaften. In der Schweiz fühlte sich jede*r
erfüllen», schreibt Paulus (Gal 6,2). Eine andere Frucht ist die                Dritte vor Corona «manchmal» bis «sehr häufig» einsam. Die
Standhaftigkeit. Dazu gehört, Unbill zu erkennen, soweit es geht                Jungen unter 34 mehr als die Älteren, Frauen mehr als Männer.
abzuwehren und nicht einzuknicken: «Steht fest im Glauben»                      Bei der Dargebotenen Hand melden sich seit Corona vermehrt
(1Kor 16,13). Eine dritte Frucht ist die Hoffnung: «Seid fröhlich               Menschen zwischen 19 und 40 Jahren, die mit psychischen Folgen
in Hoffnung» (Röm 12,12). Geduldige hoffen beharrlich, dass es                  kämpfen. Zwei Fünftel der Anrufer waren Männer, drei Fünftel
besser wird. Geduld zahlt sich aus, auch in Zeiten von Corona.                  Frauen. Viele sprachen über Einsamkeit (213 Prozent Zunahme)
                                                                                und Suizidgedanken (240 Prozent Zunahme). Neben Therapien
                                                                                sind Seelsorge und religiöse Traditionen ein wichtiges Heilmittel!
                                                                    Bild: zVg

                                                                                Der Anlass «Einsamkeit in Zeiten von Corona» wird Informationen
                                                                                zum Thema Einsamkeit geben und Möglichkeiten zum Austausch.
                                                                                Er wird begleitet von den beiden Theologen Christiane Faschon und
                                 +Felix Gmür,                                   Jürgen Bucher. Die Veranstalter freuen sich auf eine gute Begegnung.
                            Bischof von Basel
                                                                                                                            Christiane Faschon/Red.

                                                                                  Der Gesprächsabend findet am 25. Mai, um 19 Uhr
                                                                                  im katholischen Pfarreiheim Sulgen statt.

Kein Beitrag zur Einheit
Bischof kritisiert Luzerner Kirche scharf

Bischof Felix Gmür kritisiert das jüngst        falsch. Der Beitrag trage nicht zur Einheit             Priestermangels will die Arbeitsgruppe
veröffentlichte Diskussionspapier der           und Vielfalt der katholischen Kirche bei.               eine «vielfältige Kultur von Seelsorge,
Landeskirche Luzern im Zusammenhang             «Ich suche das Anliegen hinter dem Text»,               Wortgottesfeiern und anderen liturgi-
mit einer «geschwisterlichen Kirche von         schreibt Felix Gmür. Es gehe ihm darum,                 schen Formen» anregen (Schritt 4).
Männern und Frauen» (vgl. S. 12). Für ihn       auf die «Fragen unserer Zeit Antworten zu               Das alles geht für den Bischof zu weit.
stimmen weder der skizzierte Weg noch           suchen, die theologisch fundiert und in                 Eine «Pastoral der Präsenz» sei seit jeher
das Resultat.                                   der Überlieferung der Kirche verankert,                 gefragt. Eine zentrale Aussage des Zwei-
                                                die katholische Weite ausdrücken und                    ten Vatikanischen Konzils aber sei es,
Bischof Gmür anerkennt zwar das En-             weiter ausformulieren». Beim vorliegen-                 «dass die Eucharistie Quelle und Höhe-
gagement und den guten Willen der               den Papier aber müsse er festhalten,                    punkt des ganzen christlichen Lebens
«Arbeitsgruppe für eine geschwisterliche        dass vieles nicht in diese Richtung ziele.              ist». Das sei die Mitte der Kirche, würde
Kirche». Er bemängelt aber deren Zu-            Bezüglich des Vorschlags, Gottesbilder zu               diese aufgegeben, würde sich die Kirche
sammensetzung. Es seien fast nur Profis         erneuern und zu erweitern (Schritt 2),                  selbst zer stören. «Die Sakramente kön-
auszumachen, auch würden Migrant*in-            schreibt Bischof Felix auf Anfrage, Gottes-             nen nicht durch alternative Formen er-
nen fehlen.                                     bilder könne man nicht befehlen. Man                    setzt werden, weil das sakramentale
                                                müsse sich mit ihnen auseinandersetzen.                 Handeln Jesu Christi nicht ersetzbar ist»,
Fehlende Katholizität                           Er warne vor einer «Bilderstürmerei, die                so Gmür.
Auch die Inhalte kritisiert der Bischof teil-   alte Bilder verbieten möchte».
weise scharf. Es würden Erwartungen                                                                      Sylvia Stam und Andreas Krummenacher,
formuliert, welche die «Überlieferung der       Pastorale Präsenz und alternative Formen                                    Pfarrblatt Bern /Red.
Kirche in Frage stellen». Er finde das          Als Antwort auf die pastorale Not infolge

                                                                                                                            forumKirche | 9-2021 13
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