Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche

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Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Nummer 2
15. bis 28. Januar 2022

                          Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau

Die Zeit
Annäherung an ein Phänomen
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Editorial
    …                                                                                           Inhalt

                                                                                           3+4       Philosophische Gedanken: Zeit kann man nicht «verlieren»
                                                                                                     Wahrnehmungen zum Phänomen der Zeit

                                                                                                                                                                 Bild: Martina Seger-Bertschi
                               Detlef Kissner

Es ist 13.40 Uhr. Ich bin mit meinem Auto auf dem
Weg zu zwei Interviewpartnern, mit denen ich mich um
14 Uhr verabredet habe. Es wird mir klar: Das schaffe
ich nicht mehr. 13.47 Uhr: eine Baustelle mit Ampel
und die ist rot. Soll ich meine Gesprächspartner kurz
informieren, dass es später wird? Grün, es geht weiter.
Wenn ich jetzt anhalte und telefoniere, wird es noch                                       5         Nachbarschaftshilfe: Zeit geben und Zeit nehmen
später. Im Kreisel schert noch ein Lastwagen vor mir                                                 Hilfe über Generationen hinweg
ein. Toll! Der Druck steigt. Ich ärgere mich über mich
selbst, dass ich mich nicht früher auf den Weg gemacht                                     6         Kirchliche Sozialarbeit:
habe. 14.10 Uhr: immer noch nicht am Ziel. Ich ergebe                                                Diakonie als Kern der kirchlichen Arbeit
mich meinem Schicksal. Es ist wie es ist. Ich habe                                                   Kurs für Sozialarbeitende wird erweitert
einen Fehler gemacht, muss die Wartenden vielmals
um Entschuldigung bitten.                                                                  7         Psychologie: Gespenster in der Seele
                                                                                                     Traumata über Generationen hinweg
Dies ist eine Erfahrung mit Zeit, die Stress bereitet
und die ich mir nicht jeden Tag wünsche. Doch es gibt                                      8         Glaubensbilder: Mit geliebten Menschen Zeit verbringen
auch andere wie diese: Ich sitze an meinem Schreib-
tisch. Das Konzept für den Artikel ist fertig und ich
beginne mit dem Schreiben. Plötzlich tauche ich auf
                                                                                           PFARREIMITTEILUNGEN
wie aus einem Traum. Ist es Vormittag oder Nach-
mittag? Für einen kurzen Augenblick muss ich mich
orientieren. Überrascht stelle ich fest, dass über zwei                                    9         Den Glauben feiern:
Stunden vergangen sind. Den Kaffee zwischendurch                                                     Gottesdienste und Gedanken zum Sonntag
habe ich total vergessen. Ich war völlig abgetaucht,
versunken ins Formulieren und Schreiben. Es war als                                        10        Thurgau: Kreuzlingen und die Flüchtlinge
wäre die Zeit stillgestanden. Nur meine Armbanduhr                                                   Neue Broschüre zum Agathu-Jubiläum
sagt mir, dass ich mich irre.

                                                                                                                                                                 Bild: Monika Freund Schoch
Zwei Erfahrungen mit Zeit, die vielen von Ihnen nicht
unbekannt sein dürften. Ich finde es faszinierend, wie
unterschiedlich wir Zeit in unserem Alltag wahrnehmen
und wie sie unser Leben mal mehr und mal weniger
bestimmt. Es lohnt sich, einen Schritt zurückzutreten
und sich grundsätzlich Gedanken über die Zeit zu
machen. Auch wenn wir dabei kein greifbares Ergebnis
erhalten, so führt uns dieses Nachdenken doch zu den
grossen Fragen und zum Geheimnis unseres Lebens.
Das schönste Bild für die Zeit entwirft für mich Michael
Ende in seinem Roman «Momo»: Meister Hora im                                               10+11 Kirche ohne Grenzen: «Katholisch bedeutet allumfassend»
Nirgendhaus lässt die kleine Momo in ihr eigenes                                                 Kirchliches Stimmrecht für Ausländer*innen im Thurgau
Herz blicken, wo sie staunend miterlebt, wie eine
Stundenblume nach der anderen heranwächst, sich                                            12        Thurgau: «Vereinnahmungen sind zu vermeiden»
öffnet und verblüht.                                                                                 Ein Interview zum Thema «Interreligiöse Feiern»

                                                                                           12        News

                                                                                           13        Leserbrief · Infos vom Kirchenrat · Aus der Nachbarschaft

                                                                                           14+15 Tipps aus der Redaktion: Veranstaltungen und Medien

                                                                                           16        Cartoon & Zum Schluss
Titelbild: Ein Sinnbild für die Zeit: ein Wecker auf einer geraden verlaufenden Strasse.
Bild: Ruwadium/pixabay.com

2   forumKirche | 2-2022
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Philosophische Gedanken

Zeit kann man nicht «verlieren»
Wahrnehmungen zum Phänomen der Zeit                                                                                                        TGEISCTHICEHLTE

                                                                                                   Bild: zVg
Der Jahreswechsel führt uns anschaulich                                                                        Im Blick auf die physikalische Zeit finde ich
vor Augen, dass unsere Zeit vergeht: Wir                                                                       es faszinierend, dass es keine einheitliche
blicken auf das alte Jahr zurück, wundern                                                                      Vorstellung gibt. In den unterschiedlichen
uns, wie schnell es vorüber ist, und planen                                                                    Bereichen der Physik existieren unterschied-
die kommenden Monate. Eine gute Gele-                                                                          liche Theorien und Konzeptionen von Zeit.
genheit, innezuhalten und sich Gedanken                                                                        Die Zeit in der Quantenmechanik funktio-
darüber zu machen, was es mit der Zeit                                                                         niert völlig anders als in der Relativitäts-
auf sich hat. forumKirche sprach mit dem                                                                       theorie. Die Unterschiede zeigen sich nicht
deutschen Philosophen Norman Sieroka,                                                                          erst in der Berechnung der fünften Stelle
der ein Buch über die «Philosophie der                                                                         hinter dem Komma, sondern schon im
Zeit» veröffentlichte (S. 14).                                                                                 Grundkonzept, z. B. bei den Fragen, ob Zeit
                                                                                                               etwas Dynamisches oder ob sie gerichtet
Was ist Zeit?                                                                                                  ist. In der Thermodynamik ist die Zeit etwas
Zeit ist keine Substanz, nichts Materielles,                                                                   Gerichtetes, in der Quantenmechanik hin-
sondern es ist eine Möglichkeit, Ereignisse                                                                    gegen nicht.
anzuordnen. Es gibt eine Vielfalt an Erfah-
rungen, die wir haben: im Privatleben, im Be-                                                                  Ist es theoretisch denkbar, dass man –
rufsleben, religiöse Erfahrungen, als Staats-                                                                  wie im Film «Zurück in die Zukunft» –
bürger im politischen Kontext… Alles lässt                                                                     eine Zeitreise unternehmen kann?
sich zeitlich ordnen. Da merkt man, was das      Norman Sieroka ist Professor für Theoretische                 Ja, eine solche Zeitreise ist im Einklang
für eine Vielfalt ist, nicht nur an Erfahrung,   Philosophie an der Universität Bremen und                     mit bestehenden physikalischen Theorien.
sondern auch an zeitlicher Ordnung.              Privatdozent für Philosophie an der ETH Zürich.               Eine andere Frage ist es jedoch, ob das
                                                                                                               auch praktisch möglich ist. Wir stossen an
Was unterscheidet Raum und Zeit?                                                                               unsere biologischen Grenzen, weil sich zum
Zeit ist allgemeiner. Ereignisse lassen sich     Ist Zeit kontinuierlich oder besteht sie eher                 Beispiel unser Organismus nicht mit an-
in der Zeit anordnen, im Raum geht dies nur      aus kleinen Einheiten?                                        nähernd Lichtgeschwindigkeit fortbewegen
manchmal. Eine Schneelawine ist zum Bei-         Diese Frage stellt sich tatsächlich in ganz                   kann, ohne Schaden zu nehmen. De facto
spiel räumlich klar verortet, aber meine Ur-     verschiedenen Kontexten. Das kann man                         wird es eine Zeitreise wie in «Zurück in die
laubserinnerungen oder der Jahreswechsel         sich ganz formal, mathematisch fragen: Ist                    Zukunft» nicht geben.
sind es nicht. Zeitlich gesehen ordnet sich      Zeit kontinuierlich oder diskret?                             In diesem Zusammenhang wird auch oft
alles, räumlich gesehen ordnen sich vor          Aber diese Frage betrifft uns auch in unse-                   das Grossvater-Paradoxon diskutiert. Das
allem physikalische Ereignisse. Das macht        rem Erleben. Wir erleben Zeit als kontinuier-                 ist die Frage, ob man als Zeitreisende*r
Zeit allgemeiner, aber auch abstrakter und       lich, zugleich erleben wir aber immer einzel-                                       (Fortsetzung nächste Seite)

                                                                                                                                                                   Bild: Yorck Project/Wikimedia Commons
schwieriger. Das fällt beispielsweise auf,       ne Momente. Solche Momente sind mehr
wenn wir über Zeit reden. Wir verwenden          als einzelne Punkte, sie sind wie kleine Aus-
dafür oft räumliche Begriffe wie zum Bei-        schnitte. Dass man Sätze versteht, dass
spiel «Zeitstrecke».                             man Musik hören kann, ist mit einer Integra-
                                                 tionsleistung verbunden. Wenn ich eine be-
Was hat das Prinzip «Ursache und Wirkung»        stimmte Tonhöhe höre, ist das nicht punk-
mit Zeit zu tun?                                 tuell. Es ist wirklich ein ausgedehntes
Ein wichtiger Unterschied zwischen Raum          Zeitintervall, das ich wahrnehme, wenn ich
und Zeit ist, dass man im Raum vorwärts          beispielsweise ein A höre. Dieses Zusam-
und rückwärts, nach links und rechts, nach       menspiel von kontinuierlich und diskret
oben und unten gehen kann. Mit der Zeit          finde ich spannend. Ein Sinneseindruck ist
geht das nicht. Bei der Zeit geht es nur in      etwas Einzelnes und trotzdem ist ein innerer
eine Richtung, da geht es nur vorwärts. Und      Bezug zu einem Vorher und Nachher da.
genau das ist mit dem Konzept von Ursache
und Wirkung verbunden. Wirkungen kom-            Vergeht Zeit aus physikalischer Sicht immer
men nach den Ursachen. Alles andere wür-         gleich schnell?
de uns sehr verwundern. Ursache und Wir-         Es hängt davon ab, wie schnell sich etwas
kung sind verbunden mit einem zeitlichen         bewegt. Bei Geschwindigkeiten nahe der
Früher und Später. Es gibt sogar eine philo-     Lichtgeschwindigkeit führt dies zu erheb-
sophische Debatte darüber, ob man das            lichen Unterschieden in Zeitabständen. In
eine über das andere definieren kann, ob         unserem Alltag spielt dies aber keine Rolle,
man sagen kann: Die Gerichtetheit der Zeit       weil wir uns nicht mit den entsprechenden                     Schon früh versuchte der Mensch die Zeit zu
gibt es nur, weil es Ursache und Wirkung         Geschwindigkeiten bewegen, um dies be-                        messen, wie die Darstellung einer Sanduhr in
gibt.                                            merken zu können.                                             einem Fresco von Lorenzetti um 1340 zeigt.

                                                                                                                                    forumKirche | 2-2022      3
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Philosophische Gedanken

(Fortsetzung von Seite 3)

                                                                                                 Bild: NIST/Wikimedia Commos
                                                                                                                               an denen wir uns orientieren können.
                                                                                                                               Kurioserweise darf es aber nicht genau
                                                                                                                               dasselbe sein, kein exaktes Duplikat.

                                                                                                                               Das wäre eher Erstarrung, Tod.
                                                                                                                               Ja, sterile Repetition wäre Tod. Wir Men-
                                                                                                                               schen brauchen auf der einen Seite Orien-
                                                                                                                               tierung, aber wir brauchen auch – philoso-
                                                                                                                               phisch formuliert – Kontraststeigerung. Wir
                                                                                                                               brauchen neue Erfahrungen. Aber ich muss
                                                                                                                               sie einordnen können in eine Lebensge-
                                                                                                                               schichte.

                                                                                                                               Nur so erfahren wir Sinn.
                                                                                                                               Ja, genau. Wir reden ja auch vom Uhrzeiger-
                                                                                                                               sinn. Die elementarste Form von Sinn, die
                                                                                                                               wir in unserem Leben erfahren, ist der Zeit-
                                                                                                                               sinn und ist die Fähigkeit, unserem Leben
Heute misst man die Zeit mit optischen Atomuhren (hier die Ytterbium-Gitter-Atomuhr),                                          eine zeitliche Ordnung zu geben.
deren Abweichungen weniger als eine Sekunde in 300 Millionen Jahren betragen.
                                                                                                                               In Ihrem Buch betonen Sie, dass man Zeit
                                                                                                                               weder «verlieren» noch «sparen» kann.
durch Manipulation der Grosseltern die eige-      spektive zu weiten. Man kann sozusagen                                       Meine Einschätzung ist, dass solche Vor-
ne Existenz verhindern kann. Die Rahmen-          einen Schritt zurücktreten und statt der                                     stellungen zugenommen haben. In Verkehrs-
bedingung der eigenen Existenz kann aller-        Gegenwart etwa sein Leben als Ganzes an-                                     nachrichten heisst es beispielsweise: «Auf
dings schon aus rein logischen Gründen            schauen. Aber das ist noch nicht Ewigkeit.                                   dieser Strecke verlieren Sie 20 Minuten.»
nicht verletzt werden. Damit spricht dieses       Zeitlosigkeit zeigt sich in der Mathematik:                                  Vor 20 Jahren hat das niemand so formu-
Paradoxon aber nicht prinzipiell gegen die        2 + 2 = 4. Das ist nicht nur jetzt, sondern                                  liert. Wenn wir alle so reden, macht das
Möglichkeit von Zeitreisen.                       immer so. Zeitlosigkeit zeigt sich auch in                                   aber etwas mit uns. Wenn ich eingeredet
                                                  Alltagsweisheiten und moralischen Regeln.                                    bekomme, ich würde Zeit verlieren, ist das
Wie hängt die äussere Zeit mit unseren            Man soll nicht nur jetzt gerade nicht töten.                                 nicht gut. Solche irreführenden Redeweisen
Wahrnehmungen, unserem Denken und                 Aber eine Vorstellung von Ewigkeit ist damit                                 wecken die Sehnsucht, dass ich das aus-
Zeitempfinden zusammen?                           nicht automatisch verbunden.                                                 gleichen muss. Aber ich kann es nicht aus-
Jede Wahrnehmung hat eine zeitliche                                                                                            gleichen. Das verursacht viel Leid. Das Bild
Struktur. Nicht jede Vorstellung, die ich ha-     In Ihrem Buch schreiben Sie, dass dem                                        ist von Anfang an falsch. Ich kann die Zeit
be, muss räumlich sein, z. B. wenn ich rech-      Kirchenjahr eine «herausragende seelsorge-                                   nicht suchen wie einen verlorenen Haus-
ne, fehlt eine räumliche Komponente. Aber         rische Funktion» zukommt. Wie kommen                                         schlüssel. Zeit ist eben nichts Materielles.
es ist in jedem Fall ein Prozess in der Zeit.     Sie zu dieser Einschätzung?                                                  Auch die Formulierung «quality time» halte
Mit jedem Denken ist Zeit mitgegeben.             Wir haben zwei fast diametrale Charakteri-                                   ich für problematisch. Man unterscheidet
Wahrnehmen, Empfinden, Denken – all die-          sierungen der Zeit. Wir assoziieren mit ihr                                  zwischen «guter» und «schlechter» Zeit.
se geistigen Tätigkeiten sind sehr spezifisch     Wiederkehr: Es wird immer wieder Frühling,                                   Wo verläuft die Grenze? Gehört Joggen zur
mit der Zeit verknüpft. Wahrnehmen kann           die Pendeluhr schlägt jede Sekunde wieder                                    «quality time»? Und was ist mit der Zeit, die
ich nur Sachen, die gegenwärtig sind. Wahr-       aus… Auf der anderen Seite assoziieren wir                                   ich mit der Familie verbringe? Auch diese
nehmen kann ich nur Sachen, die gegen-            mit Zeit aber auch Entwicklung: Es passiert                                  Formulierung hat mit der Verdinglichung der
wärtig sind, keine vergangenen und keine          etwas Neues, wir werden alle älter, die                                      Zeit zu tun.
zukünftigen. Erinnerungen sind immer auf          Kinder werden gross. Das Wechselspiel
die Vergangenheit gerichtet. Ich kann mich        dieser beiden Pole zeichnet unser Leben                                      Wie wird man dem Phänomen Zeit am
nicht an die Zukunft erinnern. Solche zeit-       aus. Man muss es allerdings in Balance                                       ehesten gerecht?
lichen Marker dienen auch als Test für            halten. Wenn sich dauernd alles erneuert,                                    Indem man ihre Betrachtung nicht auf eine
psychische Störungen. Hoffnung habe ich           hält man das nicht aus. Dann hat man keine                                   Sichtweise reduziert. Es zählt nicht nur die
bezüglich der Zukunft. Wenn ich Hoffnung          Orientierung mehr.                                                           messbare physikalische Zeit. Das verkürzt
bezüglich der Vergangenheit hätte, ist            Hier geben Rituale Halt. Das gilt im reli-                                   die Erfahrungskontexte. Es ist wichtig, den
irgendetwas nicht in Ordnung.                     giösen Kontext, kann aber schon mit der                                      verschiedenen Zeiterfahrungen – von den
                                                  morgendlichen Tasse Tee beginnen. Das                                        alltäglichen bis hin zu den religiösen – Raum
Ewigkeit wird als eine Art «Zeitlosigkeit» ver-   Kirchenjahr bietet feste Wegmarken, die                                      zu geben und allen ihr Recht zuzugestehen.
standen. Kann man sich so etwas vorstellen?       immer wiederkommen. Wir brauchen solche
Einfacher ist es, zunächst einmal die Per-        Wegmarken wie Weihnachten und Ostern,                                                            Interview: Detlef Kissner

4   forumKirche | 2-2022
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Nachbarschaftshilfe

Zeit geben und Zeit nehmen
Hilfe über Generationen hinweg

Seit April gibt es den Verein Zeitgut in       Präsident von anderen bereits älteren
Weinfelden. Er organisiert Nachbarschafts-     Zeitgut-Vereinen.                                «Ich habe darauf gewartet»
hilfe und will dadurch beispielsweise er-                                                       Eine pensionierte Zeit-Geberin* erzählt
möglichen, dass betagte Menschen mög-          Drei Vereine im Thurgau                          «Natürlich habe ich mich sofort gemel-
lichst lange in ihrem Zuhause wohnen           Thomas Gerster und gelegentlich auch der         det, als ich in der Zeitung vom Verein
können – und er hat noch andere Träume.        Co-Gründer und Vize-Präsident Adrian Wirth       Zeitgut las, da mich diese Art der Nach-
                                               treffen sich über das Netzwerk Nachbar-          barschaftshilfe schon lange interessiert
Zeit ist Zeit. Das ist das Prinzip des noch    schaftshilfe Schweiz virtuell alle drei Mona-    hatte. Ich bin gerne in Kontakt mit an-
jungen Vereins Zeitgut Region Weinfelden.      te zum Erfahrungsaustausch mit 12 ande-          deren Menschen, sonst wäre ich nicht
Menschen, die Zeit geben wollen, und Men-      ren Präsidenten von Zeitgut-Organisationen       Ärztin geworden. Eine Tätigkeit, bei der
schen, die von einem anderen Menschen          und können viel davon profitieren. Schon         man keine Verbindung zum Gegenüber
Zeit annehmen wollen, führt der Verein         lange habe er von dieser Art von Nach-           hat, wäre gar nichts für mich. Ohne
zusammen. Es entstehen sogenannte              barschaftshilfe gehört, erzählt Thomas           grosse Familie und ohne eigene Kinder
Tandems. Wer dabei sein will – ob gebend       Gerster, und mitverfolgt, als der Kanton         tut es mir gut zu wissen, dass ich mit
oder nehmend oder «nur» als passives Mit-      St. Gallen eine solche eingeführt habe.          meinem Zeitgeben etwas Zeit auf die
glied – bezahlt einen einmaligen Mitglieder-   Die Thurgauer Regierung habe vor ein paar        hohe Kante legen kann, die ich hoffent-
beitrag von hundert Franken. Die Neumit-       Jahren ein ähnliches Projekt abgelehnt mit       lich nie brauchen werde.
glieder geben an, welche Dienstleistungen      der Begründung, dass dies lokal eingeführt       Man hat mir gesagt, dass es wohl eine
sie zu geben bereit sind und/oder welche       werden solle. Inzwischen gibt es im Thurgau,     Wartefrist geben würde, bis ich zu einem
sie gerne beziehen würden, wie zum Bei-        ausser in der Region Weinfelden, noch den        Einsatz komme, da sich erfahrungs-
spiel Gespräche führen, spazieren gehen,       Verein ziitgeh-ziitneh, Nachbarschaftshilfe in   gemäss mehr Menschen melden, die
Mithilfe in Haushalt und Garten. Die Palette   Stettfurt-Thundorf und die Nachbarschafts-       Zeit geben wollen als solche, die Unter-
ist breit. Der medizinische Bereich ist        hilfe See der Gemeinden Altnau, Bottighofen,     stützung brauchen. Bald kam ein Anruf,
jedoch ausgenommen.                            Güttingen, Langrickenbach, Lengwil und           ob ich einen älteren Herrn in die Physio-
                                               Münsterlingen.                                   therapie begleiten könne. Dies mache
Schon 80 Mitglieder                            Die Pilotphase des Vereins Zeitgut Region        ich nun montags und mittwochs. Ich
Die Gebenden erfassen ihre geleisteten         Weinfelden läuft bis ins Jahr 2023, dann         würde gerne auch etwas Generationen-
Stunden online oder auf Papier, das sie an     wird Rückschau gehalten und entschieden,         übergreifendes tun. Zum Beispiel eine
die Geschäftsstelle schicken. Dort führt       wie es weitergeht. Der Präsident wünscht         alleinerziehende Mutter mal in der
die operative Leiterin, Barbara Daubenber-     sich, «dass Zeitgut generationenübergrei-        Kinderbetreuung unterstützen. Hier in
ger, die Zeitgut-Konten. Die geleisteten       fend tätig sein kann» und hofft, «dass die       Weinfelden ist der Zeitgut-Verein ja noch
Stunden werden eins zu eins zum Zeitgut-       Idee zu einer vierten Säule wird».               in den Anfängen. Je bekannter er wird,
haben, das man irgendwann beziehen                                                              desto mehr werden sich hoffentlich auch
kann. Die einen sammeln die Stunden und                              Martina Seger-Bertschi     jüngere Menschen melden.» (msb)
sehen es als Altersvorsorge, andere bezie-                                                      *Name der Redaktion bekannt
hen die Stunden lieber möglichst bald. «Wir      Nähere Infos: www.zeitgut-weinfelden.ch
geben keine Garantie, dass das Zeitgutha-
ben auf jeden Fall eingelöst werden kann,                                                                                                       Bild: Martina Seger-Bertschi
da wir nicht wissen, wie sich die Freiwilli-
genarbeit in den nächsten Jahrzehnten ent-
wickeln wird», sagt der Präsident und Co-
Gründer Thomas Gerster. «Auf jeden Fall ist
es wichtig zu wissen, dass jemand, der
Hilfe benötigt, sich melden darf, auch wenn
er auf seinem Konto null Stunden hat.
Es ist wie bei der AHV, die ersten Bezüger
haben auch nicht die Möglichkeit gehabt
einzuzahlen».
Momentan hat der Verein Zeitgut Region
Weinfelden knapp 80 Mitglieder, davon
sind 20 Passivmitglieder und 9 Tandems.
Wenn man bedenkt, dass der Verein erst
im April letzten Jahres angefangen hat,
sind das Zahlen, die sich sehen lassen
können. Erfahrungsgemäss dauere es
etwa ein bis zwei Jahre, bis so ein Zeitgut-
Verein im grossen Stil laufe, weiss der        Thomas Gerster und Barbara Daubenberger vom Verein Zeitgut Region Weinfelden

                                                                                                                  forumKirche | 2-2022      5
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Kirchliche Sozialarbeit

Diakonie als Kern der kirchlichen Arbeit
Kurs für Sozialarbeitende wird erweitert

Das Bistum Basel bietet schon länger                         Neuer Kursinhalt: Arbeitsalltag                             Co-Bereichsleiter der Kirchlichen Regiona-
einen Kurs für ausgebildete Sozialarbei-                     Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt wid-                  len Sozialdienste der Caritas Aargau. «Im
ter*innen an, die als solche neu in der                      met sich der Frage von Spiritualität und                    Kurs widme ich mich dem praktischen Teil
Kirche tätig sind. Für den diesjährigen                      Glauben und dabei sowohl Gottes- wie                        und damit der Frage, wie sich die
Kurs mit Beginn Anfang Februar wurden                        auch Kirchenbildern, ferner biblisch-theo-                  Sozialarbeit in einer Pfarrei gestaltet»,
nun die Inhalte erweitert, um strukturelle                   logischen Grundlagen der Diakonie, respek-                  erklärt Stephan Wälti. Einige Pfarreien
sowie organisatorische Fragen zum                            tive der sozialen Arbeit. Hierbei ist zudem                 würden Sozialarbeiter*innen mit einem
Arbeitsalltag noch zu vertiefen.                             die Auseinandersetzung mit der eigenen                      höheren Pensum anstellen, was bedeute,
                                                             Spiritualität als Antrieb für das soziale                   dass diese auch Einzelfallhilfe anbieten
                                                 Bild: zVg

                                                             Engagement wichtig. Der Kurs setzt sich                     könnten. Andere kirchliche Sozialdienste
                                                             überdies mit der Bedeutung sowie den                        mit tieferen Stellenprozenten würden ent-
                                                             Handlungsfeldern der Diakonie und Pfarrei-                  weder punktuell weiterhelfen oder aber
                                                             sozialdiensten im Kontext der Kirche aus-                   Triagen machen, die Anfragen also an an-
                                                             einander. «Dabei ist immer auch die Zu-                     dere ausserkirchliche Unterstützungs-
                                                             sammenarbeit mit nichtkirchlichen Stellen                   dienste weiter verweisen. «Derzeit gibt es
                                                             wichtig und damit verbunden wiederum die                    noch nicht viele prozentual hohe Sozial-
                                                             Auseinandersetzung mit dem eigenen Auf-                     dienst-Stellen in der Kirche. Doch die Nach-
                                                             gabenprofil», sagt Mütel. Zum bestehenden                   frage steigt. Immer mehr Pfarreien stellen
                                                             Angebot kommt nun ein neuer vierter Kurs-                   Sozialarbeiter*innen ein, die Zeit haben,
                                                             tag hinzu, der sich eingehender mit dem                     die Menschen enger zu begleiten und bei-
                                                             konkreten Arbeitsalltag von kirchlichen                     spielsweise auch vertiefende Projekte zu
                                                             Sozialarbeiter*innen beschäftigt und künf-                  Themen wie Armut oder Migration auf-
                                                             tig zusätzlich separat als Weiterbildung                    zugreifen», sagt Stephan Wälti.
                                                             angeboten werden soll. «Wir fanden es
Mathias Mütel, Bildungsverantwortlicher des                  wichtig, noch stärker darauf einzugehen,                    Zukunft der kirchlichen Sozialarbeit
Bistums Basel                                                wie sich die kirchliche Sozialarbeit im tag-                Auf die Frage, welchen Stellenwert die
                                                             täglichen Pfarreileben gestaltet. Dies unter                Sozialarbeit in der Kirche hat, meint der
«Neu als Sozialarbeiter*in in der Röm.-Kath.                 Anwendung von Arbeitsinstrumenten wie                       Seelsorger: «Eigentlich sollten die drei Be-
Kirche tätig» – dieser Kurs wird seit einigen                Supervision und Intervision für eine zielge-                reiche Diakonie, Verkündigung und Liturgie
Jahren vom Bistum angeboten, um denjeni-                     richtete Reflexion», führt Mathias Mütel aus.               gleichberechtigt sein. Wenn wir mit Kurs-
gen Mitarbeiter*innen, die seit Kurzem in                                                                                teilnehmer*innen reden, merken wir aber
der kirchlichen Sozialarbeit tätig sind, die                 Fachpersonen als Kursleiter*innen                           schnell, dass es hier immer noch starke
Spezifika ihres neuen Arbeitsumfeldes zu                     Der Kreis der Referent*innen setzt sich                     Diskrepanzen gibt. Gerade weil die Diako-
vermitteln. «Das Ziel des Kurses ist es nicht,               jeweils aus Fachpersonen der Diözesanen                     nie teilweise nicht so fest verankert ist wie
Sozialarbeiter*innen auszubilden, sondern                    Diakoniekommission zusammen. Auch Ste-                      die anderen Bereiche, ist es wichtig, zu ver-
diejenigen Sozialarbeitenden zu unterstützen,                phan Wälti, vormals kirchlicher Sozialarbei-                mitteln, wo die Sozialarbeiter*innen ihren
die neu in der Kirche anfangen. Wir haben                    ter der Pfarrei Sirnach, nun als Seelsorger                 Platz in der Pfarrei haben.» Ähnliches stellt
festgestellt, dass diese manchmal noch                       in der Pfarrei Effretikon tätig, leitet einen               auch Mathias Mütel fest: «Die Diakonie
Hintergrundwissen für die kirchliche Arbeit                  der Kurstage – zusammen mit Emil Inauen,                    wird an einigen Orten immer noch stief-
benötigen», erklärt Mathias Mütel, Bildungs-                                                                             mütterlich behandelt, was nicht sein sollte.
                                                                                                             Bild: zVg

verantwortlicher des Bistums Basel und                                                                                   Sie ist nicht etwas, was nebenher passiert,
Gesamtleiter des Kurses. Die drei einführen-                                                                             sondern gehört zum Kern der kirchlichen
den Kurstage widmen sich dabei verschiede-                                                                               Arbeit.»
nen Themen und beinhalten auch eine Fach-
                                                                                                                                                         Sarah Stutte
tagung als Weiterbildung für alle kirchlichen
Sozialarbeiter*innen. «Wir beleuchten im
Kurs zuerst die Strukturen der katholischen
Kirche und die jeweiligen Aufgaben von                                                                                    Weitere Infos
Pfarreien, Kirchgemeinden und Bistum.                                                                                     Der Kurs beginnt am 2. Februar und
Damit verbunden ist dann die inhaltliche                                                                                  findet mehrheitlich in Olten statt. Der
Gestaltung der eigenen Rolle im Seelsorge-                                                                                erste Kurstag ist als Webinar festgelegt,
team. Die Diakonie soll ein Teil des Seel-                                                                                die weiteren werden je nach geltenden
sorge- und Pastoralkonzeptes sein. Deshalb                                                                                Covid-Massnahmen entweder ebenfalls
ist es wichtig, die Sozialarbeit wirklich gut                                                                             online oder vor Ort durchgeführt.
mit dem Seelsorgeteam zu vernetzen, damit                                                                                 Zu Anmeldung und Kosten:
die Diakonie als Aufgabe der Gesamtpasto-                    Stephan Wälti, Seelsorger in der Pfarrei                     www.lernplattformreligion.ch
ral zur Geltung kommt», sagt Mathias Mütel.                  Effretikon

6   forumKirche | 2-2022
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Psychologie

Gespenster in der Seele
Traumata über Generationen hinweg

                                                Bild: igorovsyannykov/pixabay.com
Der 27. Januar ist der Internationale Tag
des Gedenkens an die Opfer des National-
sozialismus. Es ist das Datum der Befrei-
ung des Konzentrationslagers Auschwitz-
Birkenau. Das ist lange her – doch die
Nachkommen tragen die Folgen bis heute.

«Mein Vater war oft sehr traurig. Er war
dann in seinen Schmerz eingesponnen»,
erzählt Anna (Name geändert). «Ich ver-
suchte, ihn da herauszuholen und gab mir
Mühe, brav zu sein und gute Noten heim zu
bringen.» Anna ist die Tochter eines Shoah-
Überlebenden. Ihr Vater habe sich meist im
«Katastrophengang» befunden, sagt sie.
«Er befürchtete immer das Schlimmste und
führte Notgepäck mit sich. Bei Katastro-
phen war er ruhig und kompetent. Im Alltag
zeigte er aber oft massive Angstreaktionen,
die belastend für die Familie waren.» Und:
Weil sie ihrem Vater nicht helfen konnte,
strengte sie sich bis zur Erschöpfung an.
Anna besuchte dann eine 2. Generationen-                                            Seelische Verletzungen können sich von den Eltern auf die Kinder übertragen.
gruppe. Alle dort hatten mit den Folgen der
Traumata ihrer Eltern zu kämpfen. Die
Therapeutinnen unterstützten sie dabei,                                             Mühe, sich von den Eltern zu distanzieren         auf. Meist brechen erst die Enkel*innen
die Situation einzuordnen und sich ein                                              und ein eigenes Leben aufzubauen. Dazu            das Schweigen. Die Täter*innen lernten
Stück weit davon zu befreien. Dabei lernten                                         fühlen sie sich oft lebenslang für sie ver-       auch, in zwei getrennten Welten zu leben.
sie auch die Lebensleistung ihrer Eltern zu                                         antwortlich. Viele zweifeln, ob sie glücklich     Trotz seiner Verbrechen war der Vater
schätzen, die trotz allem ein Berufs- und                                           sein dürfen, wenn die Eltern leiden. Die          daheim fürsorglich. Neben der «heilen
Familienleben aufbauen konnten.                                                     2. Generation ist sehr anfällig für post-         Familie» stand abgeschottet das Grauen,
                                                                                    traumatische Belastungsstörungen,                 das ohne persönliche Konsequenzen blieb.
Dauerhafte Traumata                                                                 Stress, psychosomatische Krankheiten              Die Diskrepanz zwischen den Taten und der
Mitte der 60er-Jahre tauchten die Kinder                                            und Depressionen.                                 Akzeptanz der Folgen gaben sie oft weiter.
Überlebender bei Therapeut*innen auf, mit                                           Das Max-Planck-Institut für Psychiatrie er-       Auch die Kirche forderte keine Anerken-
ähnlichen Symptomen wie ihre Eltern. Da-                                            forscht seit Jahren, wie sich die Erfahrun-       nung der Schuld. Sie plädierte lange für
mit begannen Untersuchungen zur Trans-                                              gen der Eltern auf die Gene ihrer Kinder          Vergebung und Vergessen. Täter*innen
generational Transmission of Trauma (TTT),                                          auswirken. Das Ergebnis: Die Epigenetik           verletzen ihre eigene Menschlichkeit. Die
d. h. zur Übertragung von Erfahrungen der                                           bestimmt mit, welches Gen wann an- oder           Kinder mussten sich diesem Horror stellen,
Angehörigen einer Generation auf die nach-                                          ausgeschaltet wird. Traumata und Ängste           etwa, dass der Vater ein Massenmörder
folgenden Generationen. Dies geschieht                                              spielen dabei eine Rolle, da der Umgang           war. Sie sind ebenfalls traumatisiert,
meist unbeabsichtigt, unbewusst und un-                                             mit Stress vererbt wird und damit stress-         doch hat ihr Trauma eine andere Qualität
gewollt. Psychologische und genetische                                              bedingte Krankheiten entstehen können.            als das der Verfolgten. Nicht wenige von
Faktoren, die aus unverarbeiteten Traumata                                          Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erwach-       ihnen wollten daher keine Kinder.
stammen, spielen dabei eine Rolle. Die gute                                         senen über die Belastungen sprechen oder          In der Bibel gibt es ebenfalls Hinweise: In
Nachricht: Behandlungen helfen den betrof-                                          schweigen. Die Forschung zeigt: Ängste            Exodus 34 heisst es, die Schuld der Väter
fenen Personen und ihren Nachkommen.                                                und Traumata lassen sich vor Kindern nicht        werde bis ins dritte und vierte Glied «heim-
Der psychologische Aspekt: Die Kinder be-                                           verbergen. Doch der Prozess ist reversibel.       gesucht». Oder: Die Väter haben saure
troffener Familien sollen ersetzen, was die                                                                                           Trauben gegessen und den Kindern sind
Eltern verloren haben, die Leere füllen. Sie                                        Die Nachkommen der Täter*innen                    die Zähne stumpf geworden (Ezechiel 18,1ff).
sollen aber auch glücklich und erfolgreich                                          Der israelische TTT-Forscher Dan Bar-On           Gewalt fügt Menschen grosse Wunden zu.
werden und damit den Sieg über die Verfol-                                          befragte erstmals in den 80er-Jahren              Traumata werden über Generationen weiter-
ger*innen repräsentieren. Die 2. Genera-                                            deutsche Täternachkommen. Es zeigte               gegeben. Der 27. Januar erinnert uns
tion gerät damit in einen Zwiespalt. Sie ver-                                       sich, dass die meisten Väter Angst vor            daran, wie wichtig es ist, sich für deren
sucht die Eltern von den Gespenstern ihrer                                          Bestrafung hatten, aber kein Schuld-              Heilung einzusetzen.
Seele zu erlösen. Darum sprechen sie                                                bewusstsein. Sie bürdeten die Last der
nicht über ihre eigenen Sorgen. Sie haben                                           Schuld- und Schamgefühle den Kindern                                           Christiane Faschon

                                                                                                                                                           forumKirche | 2-2022    7
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Glaubensbilder

                           Bild: Ernestina
    Mit geliebten
    Menschen Zeit
    verbringen.
    Ernestina · 26 Jahre

8   forumKirche | 2-2022
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Den Glauben feiern

                                                                                                                                         Bild: Codex Egberti, Fol 20v/Wikimedia Commons
Gottesdienste anderssprachiger Missionen
  Albanische Mission
So, 16. Januar     13.00 Uhr       St. Nikolaus Wil
So, 23. Januar     13.00 Uhr       St. Nikolaus Frauenfeld
  Kroatische Mission
So, 16. Januar     09.30 Uhr       Klosterkirche Münsterlingen
                   12.00 Uhr       St. Laurentius Frauenfeld
                   17.00 Uhr       St. Peter Schaffhausen
                   18.15 Uhr       St. Peter Schaffhausen
Sa, 22. Januar     19.00 Uhr       St. Martin Arbon
So, 23. Januar     09.30 Uhr       St. Martin Altnau
                   12.00 Uhr       Klösterli Frauenfeld
                   17.00 Uhr       St. Peter Schaffhausen         Anfangsgeschichten
                   18.15 Uhr       St. Peter Schaffhausen         Gedanken zum Evangelium: Joh 2,1-11 bzw. Lk 4, 14-21
  Polnische Mission
                                                                  Noch ist das neue Jahr jung. Und die Sonntagsevangelien erzählen
So, 16. Januar      13.00 Uhr      St. Martin Arbon
                                                                  Anfangsgeschichten. Wie Jesus das erste Mal öffentlich auftritt in
So, 23. Januar      13.00 Uhr      St. Martin Arbon
                                                                  der Synagoge in Nazareth, oder wie er nach der Berufung der ersten
  Portugiesische Mission                                          Jünger erstmals («am dritten Tag») einen öffentlichen Auftritt hat –
Sa, 15. Januar     17.30 Uhr       St. Laurentius Frauenfeld      als geladener Gast bei der Hochzeit zu Kaana.
So, 16. Januar     16.30 Uhr       St. Konrad Schaffhausen        Religiöse Bewegungen beginnen oft so, dass eine neue Seite auf-
So, 23. Januar     09.00 Uhr       Michaelskapelle Bischofszell
                                                                  geschlagen wird, eine neue Sichtweise zu neuen Wegen einlädt.
                   11.00 Uhr       St. Stefan Kreuzlingen
                                                                  In der Synagoge in Nazareth hat Jesus eine Schriftrolle aufgerollt,
  Slowenische Mission                                             und eine Jesaja-Stelle ausgelegt. Wenn wir die Frühgeschichte des
So, 16. Januar     10.00 Uhr       St. Stefan, Amriswil           Christentums neu aufrollen, begegnet uns Überraschendes. Im
  Spanische Mission                                               Gegensatz zur patriarchalen Umwelt zeigt sich die neue Jesus-
Sa, 15. Januar     18.45 Uhr       St. Maria Schaffhausen         Bewegung ungewöhnlich frauenfreundlich. Paulus löst prinzipiell
So, 16. Januar     10.30 Uhr       Klösterli Frauenfeld           die Geschlechtergrenzen auf, als dritte grundsätzliche Neuerung im
                   12.00 Uhr       St. Stefan Kreuzlingen         Verhältnis von Religionen, sozialen Klassen und eben Geschlech-
Sa, 22. Januar     18.45 Uhr       St. Maria Schaffhausen         tergrenzen (Gal 3,28). Entsprechend warnt er vor einem Rückfall in
So, 23. Januar     09.30 Uhr       St. Martin Arbon               die alte Knechtschaft, einen Backlash ins gewohnt Gewöhnliche.
                   11.00 Uhr       St. Stefan Amriswil            Religiöse Bewegungen beginnen oft mit Neuerungen, verlangsa-
  Tamilische Mission                                              men sich, und kehren leider fast so oft zurück ins überwunden ge-
Sa, 22. Januar     19.00 Uhr       Alte Kirche Romanshorn         glaubte Gewohnte. Die frühe Kirche erwarb sich im patriarchalen
  Ungarische Mission                                              römischen Reich den revoluzzerischen Ruf punkto Egalität, Frauen-
Sa, 15. Januar     15.30 Uhr       Klösterli Frauenfeld           freundlichkeit, Aufbruch zu Neuem. Diese Egalität wurde darum
                                                                  immer mehr eingeebnet, nivelliert, um anschlussfähig zu bleiben.
                                                                  Aus einer fortschrittlichen Bewegung wurde nach und nach eine
                                                                  Kirche, die mehr und mehr hinterher hinkt. Auch andere Religionen
 Gottesdienste in Radio & Fernsehen                               kennen dies, dass der Zauber des Anfangs erlahmt, und erlahmen-
 Sonntag, 16. Januar, 10 Uhr, Radio SRF 2 Kultur                  de Rückschau den Fortschritt lähmt. Die islamische Tradition
 Christkath. Predigt – Mit der Diakonin Susanne Cappus            spricht von «bid‘a», unstatthafter Neuerung, und droht so oft den
 Sonntag, 23. Januar, 10 Uhr, Radio SRF 2 Kultur                  Anschluss zu verlieren.
 Evang.-ref. Predigt – Mit der Pfarrerin Tania Oldenhage          Mit dem synodalen Prozess beginnt die römisch-katholische Kirche
 Sonntag, 16. Januar, 9.30 Uhr, ZDF                               nun eine Art Experiment. Anfangsgeschichten können heute noch
 Kath. Gottesdienst – Wer füllt meinen Lebensakku auf?            passieren. Lassen wir uns darauf ein? Auf Neues? Ungewohntes?
 Mit dem Pfarrer Uchenna Aba                                      Auf neue sprachliche Sensibilitäten auch? Die Stunde wäre
 Sonntag, 23. Januar, 9.30 Uhr, ZDF                               gekommen, verwandelter Wein parat.
 Evang. Gottesdienst – Zuwendung stärkt
 Mit der Pfarrerin Franziska Junge und Team                                                      Dr. Thomas Markus Meier, Frauenfeld

 Regionale Sendungen                                               Sonntagslesungen
 Radio TOP: TOP Kick und TOP Church: www.topchurch.ch              16. Januar – 2. Sonntag im Jahreskreis
                                                                   Erste Lesung: Jes 62,1-5
 Radio Munot: Gedanken zum Tag
                                                                   Zweite Lesung: 1 Kor 12,4-11
 Montag bis Freitag 6.50 Uhr
                                                                   Evangelium: Joh 2,1-11
 Unterwegs – ein kirchliches Magazin aus Schaffhausen
 Jeweils am letzten Sonntag im Monat, 10 Uhr, Wdh. 22 Uhr          23. Januar – 3. Sonntag im Jahreskreis
                                                                   Erste Lesung: Neh 8,2-4a.5-6.8-10
 Schaffhauser Fernsehen SHf: Gedanke am Wuchenänd                  Zweite Lesung: 1 Kor 12,12-31a oder 12,12-14.27
 Samstag, 18.55 Uhr bis Sonntag, 18 Uhr, stdl. Wiederholung        Evangelium: Lk 1,1-4; 4,14-21

                                                                                                             forumKirche | 2-2022   9
Die Zeit Annäherung an ein Phänomen - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Thurgau · Kirche ohne Grenzen – Polnisch

Kreuzlingen und die Flüchtlinge                                                                               «Katholisch bedeut
Neue Broschüre zum Agathu-Jubiläum                                                                            Kirchliches Stimmrecht für Aus

                                                  Bild: zVg
                                                              Mussten als Laien viel lernen                   2022 stehen wieder die Gesamterneue-
                                                              Die Situation war chaotisch und mobili-         rungswahlen an. Alle vier Jahre werden
                                                              sierte verschiedenste Menschen. Enga-           damit sämtliche kirchlichen Behörden neu
                                                              giert waren unter anderen die spätere           gewählt. Dank der neuen Landeskirchen-
                                                              Kirchenrätin Hilde Schultz-Baltensberger,       verfassung im Thurgau dürfen die Aus-
                                                              die bereits Ende der 80er Jahre als Hilfs-      länder*innen mit B- und C-Bewilligung an
                                                              werksvertreterin die Essensabgabe von           kirchlichen Wahlen mitbestimmen. Kirche
                                                              Freiwilligen in einem Militärzelt koordinier-   ohne Grenzen hat Mitarbeiter*innen der
                                                              te und Vroni Zimmermann, welche in              polnischen Mission gefragt, wie sie diese
                                                              der Rechtsberatung tätig war und dann           Veränderung finden.
                                                              die Arbeit von Agathu (Gründung 1995)
                                                              über Jahre prägte. Zu ihnen gesellte            Das kirchliche Stimmrecht für Ausländer*in-
                                                              sich später der reformierte Pfarrer Paul        nen ist eigentlich kein neues Thema in der
                                                              Rutishauser, der sich zeitlebens für Ge-        Schweiz. Es gibt regionale Unterschiede,
                                                              rechtigkeit und Menschenrechte einsetz-         aber fast überall dürfen sich Katholik*innen
                                                              te. Angespornt und unterstützt durch den        anderer Nationalitäten an den Wahlen beteili-
                                                              evangelischen Kirchenrat, holte er Hilfs-       gen. Auch im Thurgau konnte bisher schon
                                                              organisationen sowie die katholische            vorher abstimmen, wer seit mindestens fünf
                                                              Kirche mit ins Boot und gründete eine           Jahren in der Schweiz lebt. Neu dürfen nun
                                                              Arbeitsgruppe. Kohli erinnert sich:             alle Ausländer*innen mit B- und C-Bewilligung
                                                              «Wir waren Laien und mussten alle viel          kirchlich wählen. Ende 2020 wohnten rund
Der reformierte Pfarrer Paul Rutishauser, der                 lernen.» Mit «alle» meint Kohli neben den       71'200 ausländische Staatsangehörige
2017 verstarb, holte die katholische Kirche mit               Freiwilligen einerseits die Stadt, die be-      (über 25% der Bevölkerung) – davon 2'191
ins Agathu-Boot.                                              fürchtete, dass wegen des Engagements           Personen aus Polen – im Thurgau. Insbeson-
                                                              noch mehr Flüchtlinge kommen und blei-          dere für die Kirche ist das von Bedeutung,
                                                              ben wollen. Andererseits die Verantwort-        denn hier engagieren sich viele Ausländer*in-
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens                          lichen des Bundes-Asylzentrums, die für         nen. Der 35-jährige Kacper Oziomek, Mitglied
des Vereins Agathu haben die beiden                           Ordnung sorgen und sich an staatliche           im Missionsrat in Arbon und Glaubenskurs-
Historiker Uwe Moor und Andreas Thürer                        Vorgaben halten mussten. Kohli ist es           animator, bringt es auf den Punkt: «Wir sind
ein Buch über Kreuzlingen und die Flücht-                     heute deshalb wichtig, dass sich alle           so viele – es ist super, dass unsere Stimmen
linge seit den 80er-Jahren verfasst. Darin                    gegenseitig in ihrer jeweiligen Rolle an-       jetzt mitgerechnet werden. Wir tun schliess-
aufgezeigt wird auch die wegweisende                          erkennen. Das scheint mittlerweile auch         lich allgemein viel für die Kirche, zahlen auch
Unterstützung der evangelischen wie der                       gelungen, da Agathu 2014 den Prix               unsere Steuern und engagieren uns stets für
katholischen Kirche.                                          Kreuzlingen der Stadt und die Anerkennung       den Erhalt des katholischen Glaubens.» Die
                                                              als wichtige Entlastung von Roger Boxler,       Hoffnung, noch stärker wahrgenommen zu
Drei Referate und eine Mahnung des                            Chef des Empfangs- und Verfahrenszentrums       werden, ist dementsprechend gross.
Berner Pfarrers Edi Wildbolz waren es, die                    Kreuzlingen, erhielt.
die Kreuzlinger Bevölkerung 1988 für eine                                                                     Chance für Veränderung
Welle an Flüchtlingen sensibilisieren soll-                   Umfassende Lektüre                              Die Präsidentin des polnischen Missionsrats
ten. «Die Welle folgte nicht so direkt, aber                  All diese Erlebnisse sind nun in der 170-       in Eschlikon, Małgorzata Braun (59), war
wir sahen die Probleme kommen», sagt                          seitigen Broschüre «Kreuzlingen und die         auch positiv vom neuen Stimmrecht über-
Karl Kohli, Präsident des Vereins Arbeits-                    Flüchtlinge» von Uwe Moor und Andreas           rascht. Sie besitzt den Schweizer Pass und
gruppe für Asylsuchende Thurgau (Agathu).                     Thürer übersichtlich zusammengestellt           ist seit langer Zeit gut eingegliedert in die
Der ehemalige Präsident der Evangeli-                         worden. Die Chronologie der Ereignisse          Gesellschaft. Jedoch gibt sie zu bedenken:
schen Kirchgemeinde Kreuzlingen hat die                       ergibt sich aus der Beschreibung der            «Ich kann mir vorstellen, dass für viele
prekäre Flüchtlingssituation seit Eröffnung                   damaligen politischen Situation, ergänzt        Pol*innen, die sich hier nur temporär auf-
der Empfangsstelle für Asylbewerbende                         durch Interviews mit Entscheidungsträ-          halten, dieses kirchliche Stimmrecht leider
1988 hautnah miterlebt. Im Juni 1992 er-                      ger*innen und Engagierten, diversen             nicht wesentlich ist.» Damit meint Małgorzata
liess das Bundesamt für Flüchtlingswesen                      Zeitungsartikeln sowie vielen Bildern           Braun nicht nur die Saisonarbeiter*innen.
die Weisung, dass alle Asylbewerbenden                        aus den 80ern bis heute. Ferner werden          Häufig würden Migrant*innen die Schweiz
ohne Papiere abgewiesen und Gesuche                           einzelne Projekte hervorgehoben und             wieder verlassen, sobald sie ein Haus in der
nur zu Bürozeiten bearbeitet werden sol-                      Erfahrungen von Flüchtlingen dargestellt.       eigenen Heimat finanziert hätten oder wenn
len. Dies brachte Kreuzlingen mit den                                                                         sie pensioniert würden. Die Sprachbarriere
Abgewiesenen in Kellereingängen und                                                    Claudia Koch/Red.      mache es ihnen auch nicht leichter. Ausser-
Hinterhöfen den unrühmlichen Titel                                                                            dem würden sie oft ihr Heimatland besuchen,
«Schandfleck der Nation» ein.                                   Die Broschüre kann bei info@agathu.ch         um ihre Kontakte mit Freunden und Familie
                                                                bezogen werden.                               zu pflegen, was zeitaufwendig sei. Deswegen

10 forumKirche | 2-2022
Kirche ohne Grenzen – Polnisch

                                                                                                                                                                 Bilder: Monika Freund Schoch
tet allumfassend»
sländer*innen im Thurgau

     stehe es für sie nicht an oberster Stelle, sich
     aktiv in eine Schweizer Pfarrei einzubringen,
     auch wenn sie gläubig seien. «Wir haben jetzt
     allerdings die Gelegenheit, dies zu ändern.
     Auch wenn sich nur ein paar Personen aus                   Grzegorz Sabadarz und Agnieszka Łokaj vor der
     der Mission für die Wahlen interessieren,                  Salletiner-Kapelle im Missionshaus Untere
     weckt das vielleicht später den Integrations-              Waid in Mörschwil.
     willen bei den anderen», fügt die Präsidentin
     des polnischen Missionsrats in Eschlikon                   arbeit mit Schweizer*innen interessieren und
     hoffnungsvoll hinzu. Der 48-jährige Missions-              uns daran beteiligen. Sonst haben wir keinen
     verantwortliche, Pater Piotr Żaba, zeigt sich              Einfluss auf die Kirche vor Ort und werden
     ebenfalls optimistisch: «Das Stimmrecht ist                dadurch auch nicht wahrgenommen». Ihre Fa-      Kacper Oziomek besucht die St. Martin Kirche
     gut, weil die Katholik*innen sich nirgends                 milie besucht gerne deutschsprachige kirchli-   in Arbon mit seiner Familie und engagiert sich
     fremd fühlen sollen: Katholisch bedeutet all-              che Anlässe, die für Schulkinder organisiert    dort im Polenmissionsrat.
     umfassend, und das kommt jetzt durch die                   werden. Sie betont dabei einen wichtigen
     Abstimmungsmöglichkeit zum Ausdruck.                       Aspekt: «Eine gute Idee wäre es sicher, mehr    sprachigen – deutsch-polnischen – Gottes-
     Wie sich die Pol*innen beteiligen werden,                  gemeinsame Messen anzubieten, um die            dienst gibt. Dieser zieht regelmässig sowohl
     hängt von deren persönlichen Kontakten mit                 Ausländer*innen besser in die Kirche vor Ort    Schweizer*innen wie auch Pol*innen an, die
     den lokalen Kirchen ab. Es ist aber wichtig,               zu integrieren.» Ein gutes Beispiel setzt das   sich gegenseitig wertschätzend begegnen.
     dass sie überhaupt mitentscheiden können,                  Missionshaus Untere Waid in Mörschwil, wo
     wer für die Finanzen und Strukturen verant-                es bereits seit Jahren monatlich einen zwei-      Text & Übersetzung: Monika Freund Schoch
     wortlich ist.»

     Lokal aktiv werden
     Der 43-jährige Co-Leiter einer Gebetsgemein-
                                                                 Kościelne prawo głosu dla obcokrajowców
     schaft in Mörschwil, Grzegorz Sabadarz aus                  Opinie z Polskiej Misji Katolickiej
     Kradolf, freut sich über den Stimmrechtsent-
                                                                 W 2022 roku odbędą się wybory powszechne, w których co cztery lata wybierane są
     scheid: «Er zeigt, dass wir als Katholik*innen
                                                                 wszystkie władze kościelne kantonu Thurgau. Dzięki zmianom konstytucyjnym, będą
     zusammengehören. Die Schweizer*innen zei-
                                                                 w nich mogli wziąć udział cudzoziemcy z pozwoleniem B i C.
     gen so ihre Offenheit. Man fühlt sich sofort
     willkommen. Ich habe das Gefühl, dass der                   Spośród 71200 obcokrajowców, mieszkających w Thurgau, prawie 2200 to Polacy. Kacper
     Heilige Geist dazu führte, uns mehr miteinan-               Oziomek, członek Rady Misyjnej w Arbon i animator kursu wiary dla małżeństw, podsumo-
     der zu vereinen. Hoffentlich liegt es nicht nur             wuje to w ten sposób: «Jest nas tak wielu – to super, że nasze głosy się teraz liczą. Prze-
     daran, dass wir die Kirchensteuern zahlen»,                 cież my robimy dużo dla Kościoła, płacimy podatki i jesteśmy zaangażowani w przekazywa-
     sagt er lachend. Er ergänzt: «Es ist auf jeden              nie wiary katolickiej». Przewodnicząca Rady Misyjnej w Eschlikon, Małgorzata Braun, żyje w
     Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt            Szwajcarii od lat i posiada tutejsze obywatelstwo, ale większość rodaków jest w innej sytu-
     müssen wir unsererseits diese Chance auch                   acji. Duża część (nie tylko robotników sezonowych) przebywa tu tymczasowo, by zrealizo-
     nutzen.» Agnieszka Łokaj (45) aus Matzin-                   wać pewne plany finansowe lub dopracować do emerytury. Częste wyjazdy do Polski, pod-
     gen, Missionsrätin in Eschlikon sowie Ge-                   trzymujące relacje z bliskimi, nie pozostawiają wiele czasu na integrację i zaangażowanie
     betsgruppen-Co-Leiterin in Mörschwil, ist der               się w lokalnych parafiach, nawet jeśli są wierzący. Problemem bywa także bariera języko-
     gleichen Meinung: «Wenn wir als ausländi-                   wa. Mimo to Małgorzata pozostaje optymistyczna: «Nawet jeśli tylko kilka osób weźmie
     sche Gläubige nicht aktiv in den lokalen Pfar-              czynny udział w wyborach, to być może zainspiruje to innych».
     reien werden, dann ändert sich für uns auch                 Agnieszka Łokaj i Grzegorz Sabadarz są współliderami wspólnoty modlitewno-ewangeliy-
     mit dem Stimmrecht nichts.» Łokaj wünscht                   acyjnej dla Polaków w Mörschwil. Grzegorz bardzo pozytywnie ocenia nowe prawo głosu:
     sich, dass «wir uns mehr für die Zusammen-                  «Człowiek od razu czuje się mile widziany. Chyba Duch Święty prowadzi nas do większego
                                                                 zjednoczenia. Mam nadzieję, że to nie tylko dlatego, że płacimy podatek kościelny
                                                                 [śmiech]. Jest to z pewnością krok w dobrym kierunku. Teraz, z naszej strony, musimy jesz-
      Monika Freund Schoch (39)                                  cze wykorzystać tę okazję». «Jeśli my jako zagraniczni wierni nie będziemy aktywni w lokal-
                                                    Bild: zVg

      ist eine auf Internationale                                nych parafiach, to nawet z prawem głosu nic się dla nas nie zmieni.», dodaje Agnieszka i
      Beziehungen, Kommuni-                                      wyraża nadzieję, że w przyszłości będzie więcej okazji do integracji z kościołem szwajcar-
      kation und Integrations-                                   skim. Jednym z konkretnych sposobów jest organizowanie dwujęzycznych mszy z udziałem
      management spezialisierte                                  obu nacji: «dobrym przykładem jest comiesięczna msza tego typu w Untere Waid». Ksiądz
      Soziologin polnischer Herkunft. Sie                        Piotr Żaba, zwierzchnik regionalny PMK, podkreśla wagę tej zmiany: «Katolicy nie powinni
      engagiert sich in verschiedenen Gremien                    nigdzie czuć się obcy. Katolicki to znaczy powszechny, więc znajdzie to jakiś wyraz też w
      des Bistums St. Gallen und studiert                        możliwości głosowania (...) Dobrze, że Polacy mogą mieć jakiś realny wpływ na to, kto ma
      Theologie.                                                 odpowiedzialność za Kościół i za pieniądze w ich parafiach i diecezji.»

                                                                                                                                     forumKirche | 2-2022 11
Thurgau

«Vereinnahmungen sind zu vermeiden»                                                                     News
Ein Interview zum Thema «Interreligiöse Feiern»                                                            Bischof Bonnemain nominiert
                                                                                                        Die «Südostschweiz»-Medienfamilie hat
                                                                                                        fünf Personen für die Auszeichnung «Bünd-

                                                          Bild:zVg
                                                            gesprochenes Gebet oft gar nicht            ner Persönlichkeit 2021» nominiert. Promi-
                                                            wünschen. In der Realität werden            nent mit dabei: der Churer Bischof Joseph
                                                            vielfach «neutral gemeinte» Gebe-           Maria Bonnemain. Zu ihm heisst es: «Die
                                                            te als gemeinsamer Sprechakt                Amtsübernahme im Februar 2021 war kei-
                                                            vorgeschlagen, zum Beispiel die             ne leichte, wurde er von den konservativen
                                                            Schweizer Nationalhymne oder                Mitgliedern des Domkapitels nicht willkom-
                                                            das «Gebet der Vereinten Natio-             men geheissen. Statt den Streit in Bezug
                                                            nen». Ob diese «Gebete» ange-               auf unterschiedliche Ansichten sucht
                                                            messen sind, müssen die Mit-                Bonnemain den Konsens und baut in einem
                                                            wirkenden einer Feier jeweils               zerstrittenen Bistum Brücken.» Ab dem
                                                            gemeinsam entscheiden. Es ist               15. Januar stimmen die Leser*innen ab.
                                                            zwar denkbar, alle Anwesenden                  Einnahmen aus Kollekten fehlen
                                                            einzuladen, gemeinsam zu beten.             Die Pandemie hat die Finanzen mehrerer
                                                            Doch sind Vereinnahmungen, die              Pfarreien im Kanton Genf stark belastet. Vor
Interreligiöse Bettagsfeier 2021 in der                     durch indirekte Erwartungen ent-            allem, weil der Westschweizer Kanton keine
Ahmadiyya Nur Moschee in Wigoltingen               stehen können, unbedingt zu vermeiden.               Kirchensteuer kennt und die Pfarreien so-
                                                   Umgekehrt kann aber auch das dezidierte              mit auf die Einnahmen aus Kollekten an-
Am 19. Januar lädt der Interreligiöse              Abgrenzen irritieren, zum Beispiel, wenn             gewiesen sind. 2020 waren jedoch Gottes-
Arbeitskreis im Thurgau zum 5. Inter-              Teilnehmende explizit aufgefordert werden,           dienste während Monaten untersagt und
religiösen Gespräch über das Thema «Sinn           beim Gebet der Andersgläubigen «ja nur»              danach die Anzahl Besucher*innen be-
und Modelle interreligiöser Feiern» ein.           zuzuhören.                                           schränkt. Laut einer Umfrage des Pfarr-
Matthias Loretan, Präsident des Arbeits-                                                                blatts «Courrier pastoral» führte diese Situa-
kreises, befragte Ann-Katrin Gässlein, die         Wenn bei einer Feier ein Gebet vorgetragen           tion bei den befragten Kirchengemeinden
zurzeit eine Dissertation zum Thema                wird, wie sollen sich dann die Angehörigen           zu einem Rückgang der Einnahmen von
«Religionsverbindende Feiern» verfasst             der jeweils anderen Religion(en) verhalten?          40–60 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren.
und den Abend mitgestalten wird.                   Sollen sie neugierig zuhören oder im Sinn
                                                                                                           Wieder mehr Jakobspilger unterwegs
                                                   ihrer Religion «mitbeten»?
                                                                                                        Nach dem coronabedingten Einbruch
Geht das: interreligiös beten bzw. feiern?         Auf eine solche Frage gab der evangelische
                                                                                                        pilgerten 2021 fast 180'000 Pilger*innen
Es ist problematisch, «beten» automatisch          Theologe Hans Martin eine inspirierende
                                                                                                        nach Santiago de Compostela – viel mehr
mit «feiern» gleichzusetzen. Der Sprachge-         Antwort. Er erzählte, wie er bei einer Zere-
                                                                                                        als erwartet. Im ersten Corona-Jahr hatten
brauch im Englischen (prayer) und im Deut-         monie in einem Hindu-Tempel still für sich
                                                                                                        sich nur knapp 54'000 Jakobspilger*innen
schen verführt dazu, aber trifft die Sache         das Vaterunser betete.
                                                                                                        auf den Weg gemacht. Auch 2021 fing
nicht; denn es haben sich heute weltweit           Ich ziehe folgendes Fazit: Je besser die
                                                                                                        noch bescheiden an. Mit dem Start der
verschiedene Formen des Feierns durchge-           Beteiligten einander kennen und je stabiler
                                                                                                        eigentlichen Pilgersaison im Frühjahr ging
setzt, bei denen Menschen aus unterschied-         das gegenseitige Vertrauen ist, desto acht-
                                                                                                        die Kurve jedoch steil nach oben, bis die
lichen religiösen, z. T. auch kulturellen Tradi-   samer gehen sie miteinander um und desto
                                                                                                        Zahlen im Sommer und Herbst förmlich
tionen Beiträge einbringen. Da kommen              entspannter lösen sie die Frage des Betens
                                                                                                        explodierten. Die «grösste Überraschung»
zwar Gebete vor, aber eben nicht nur. In den       bei gemeinsamen Feiern.
                                                                                                        im vergangenen Pilgerjahr war auch die
meisten Feiern wechseln sich Texte, Im-
                                                                                                        Rückkehr von Italiener*innen und US-
pulse, Symbolhandlungen, Meditationen,                               Interview: Matthias Loretan/Red.
                                                                                                        Amerikaner*innen.
Musik, etc. ab.
                                                                                                           Adoption sollte vereinfacht werden
Was ist genau das Problem beim                      5. Interreligiöses Gespräch                         Papst Franziskus plädiert für vereinfachte
interreligiösen Beten?                              Nach der Präsentation von Forschungs-               Adoptionsregeln. Damit könnte «der Traum
Theologisch scheint es Probleme bei ge-             ergebnissen und einem Rückblick auf                 so vieler Kinder, die eine Familie brauchen»,
meinsam vollzogenen Handlungen zu geben,            interreligiöse Feiern im Thurgau werden             ebenso erfüllt werden, wie der «vieler Paare,
vor allem bei gleichzeitig laut gesprochenen        Ann-Katrin Gässlein und Hans-Peter                  die Liebe verschenken möchten», sagte er
Gebeten; diese haben ja eine Gottesanrede.          Niederhäuser miteinander über das                   bei seiner Generalaudienz im Vatikan. Die
Über den Adressaten des Gebets muss man             Thema «Interreligiöse Feiern» sprechen.             entsprechenden Stellen müssten bei ihren
sich im Vorfeld theologisch seriös verstän-         Anschliessend wird das Gespräch für                 Vermittlungen zwar genau hinschauen,
digen. Ich kann Christ*innen verstehen, die         alle Anwesenden geöffnet.                           könnten den Weg zu einer Adoption aber
Mühe haben, wenn allein zu «Gott, dem               Das Treffen findet am Mittwoch, 19. Januar,         dennoch vereinfachen. Für viele Paare, die
Schöpfer» gebetet und jeder Bezug zu Jesus          von 19 bis 21 Uhr im Katholischen                   aus biologischen Gründen keine Kinder
Christus oder dem Heiligen Geist weggelas-          Pfarreizentrum, Freiestrasse 13,                    bekommen könnten, sei eine Adoption ein
sen wird, damit ein Gebet sprachlich z. B. für      Weinfelden statt                                    guter Weg.
Muslim*innen anschlussfähig wird – zumal            (www.thurgau-interreligioes.ch).                                                    kath.ch/Red.
die meisten Muslim*innen ein gemeinsam

12 forumKirche | 2-2022
Leserbrief · Infos vom Kirchenrat · Aus der Nachbarschaft

Leserbrief
forumKirche Nr. 1, Seite 7: Oft allein gelassen
                                                                         MITTEILUNG DES KIRCHENRATS
                                                                         DER KATHOLISCHEN LANDESKIRCHE THURGAU
Das Thema alleinerziehende Mütter beschäftigt mich sehr, einer-
seits der Probleme wegen, mit denen sich die Alleinstehenden her-        Das Präsidium der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz
umschlagen müssen, und anderseits der betroffenen Kinder                 (RKZ) teilt mit, dass es den Theologen und Kirchenrechtler Urs Brosi
wegen, die bestimmt den zweiten Elternteil vermissen. Und dabei          zur Wahl zum neuen RKZ-Generalsekretär vorschlagen wird. Die
fehlt für mich bei dieser Thematisierung allgemein der Mann. Kein        Plenarversammlung der RKZ wird am 26. März 2022 darüber befinden.
Wort über ihn! Warum könnte man ihn nicht einbeziehen in diese
                                                                         Urs Brosi ist seit 2008 Generalsekretär der Katholischen Landeskirche
Diskussion auf irgendeine Art und Weise? Ich verstehe ja, dass es
                                                                         Thurgau. Wenn er gewählt wird, wird er per 1. November 2022 die
leider passiert, dass eine Partnerschaft oder Ehe in Brüche geht.
                                                                         Nachfolge des heutigen RKZ-Generalsekretärs Daniel Kosch antreten,
Aber es muss doch möglich sein, eine einvernehmliche Lösung für
                                                                         der in Pension gehen wird.
die Zukunft zu finden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es
jedem Mann bzw. Vater wirklich gleichgültig ist, was mit seinem          Die RKZ ist die Vereinigung aller katholischer Landeskirchen und
Kind passiert und wie es ihm geht.                                       kantonalkirchlicher Körperschaften der Schweiz.
Zu meiner Person: Ich bin verheiratet, wir haben zwei Söhne und
                                                                         Der Kirchenrat wünscht ihm für die bevorstehende Wahl alles Gute,
jetzt Enkelkinder. Beide waren wir berufstätig, weswegen ich auch
                                                                         auch wenn er den möglichen Weggang von Urs Brosi natürlich in
meine Frau nach Möglichkeit unterstützte, was auch nicht immer
                                                                         jeglicher Hinsicht ausserordentlich bedauert.
leicht war.
                                          Karl A. Müller, Ettenhausen
                                                                         Cyrill Bischof · Kirchenratspräsident

Offene Kirche steht vor dem Aus
Katholische Kirche stoppt Zuschüsse für das Projekt
Die katholische Kirche der Stadt St. Gallen     Wir kamen zum Schluss, dass wir die             ist für ihn, dass die Offene Kirche noch bis
will die Offene Kirche ab Ende Jahr nicht       Prioritäten etwas verschieben wollen, weg       zu ihrem Abriss weiter betrieben werden
mehr mitfinanzieren. Dies zugunsten ande-       vom eher Statischen zur mehr projektbe-         sollte. «Es wäre speziell, wenn sich die
rer Projekte mit ähnlicher Stossrichtung,       zogenen Arbeit», sagt Bossart. Er erwähnt,      katholische Kirche schon vorher nicht mehr
sagt Kirchgemeindepräsident Armin               dass die katholische Kirche inzwischen die      beteiligt», sagt Kind. Nach seiner Ein-
Bossart.                                        Cityseelsorge ins Leben gerufen hat. Deren      schätzung hat die ökumenische Zusam-
                                                niederschwellige Projekte «Wiborada2021»        menarbeit zwischen WirkRaumKirche und
Die Offene Kirche St. Gallen ist in der auf-    und «StadtWald» seien sehr erfolgreich          der von katholischer Seite betriebenen
fällig bemalten Kirche am Platztor behei-       gewesen.                                        Cityseelsorge nicht optimal funktioniert.
matet. Hier fanden während Jahren nieder-       Bossart geht davon aus, dass der Verein         Dies aus strukturellen, aber auch mensch-
schwellige Anlässe und Projekte statt unter     WirkRaumKirche aufgrund von Rücklagen           lichen Gründen. Mittlerweile seien stimmi-
dem Motto «Weltoffenheit und Dialog».           die Offene Kirche noch bis zum Abbruch          gere ökumenische Projekte mit direkter
Voraussichtlich 2024 wird die Kirche an der     weiterbetreiben kann. Gemäss Bossart            Beteiligung von katholischer und refor-
Böcklinstrasse 2 abgerissen. Der Verein         könnte auch ein weiteres Projekt des Wirk-      mierter Seite entstanden, etwa die Corona-
WirkRaumKirche will die Kirche bis zum          Raums weiterlaufen. «Das Stattkloster ist       Bibel.
Abriss weiter nutzen. Seine Hauptträger         ein faszinierendes Projekt, das allerdings
sind die katholische Kirchgemeinde, die         noch nicht ganz zum Fliegen gekommen ist.       Ort für Kirchenferne geht verloren
drei städtischen evangelisch-reformierten       Ein Projektteam ist im Moment daran, Ent-       Daniel Konrad ist Präsident des Vereins
Kirchgemeinden sowie die christkatholi-         wicklungsmöglichkeiten auszuarbeiten.»          WirkRaumKirche. «Der Ausstieg der rö-
sche Kirche.                                    Es bestehe Konsens darüber, dass die            misch-katholischen Kirchgemeinde hat
                                                ökumenische Zusammenarbeit in anderer           den Vorstand betroffen gemacht, ja bis zu
«Geld umlenken»                                 Form weitergeführt werden soll.                 einem gewissen Grad überrumpelt», erklärt
Doch nun will die katholische Kirche die                                                        er auf Anfrage. Er erzählt von mehrfachen
finanziellen Zuschüsse per Ende 2022            «Konzept hat sich überlebt»                     Versuchen, den WirkRaum und das Projekt
stoppen. «Wir wollen das Geld künftig um-       Christian Kind ist Präsident der evange-        Stattkloster in kritisierten Punkten zu
lenken in andere, ebenfalls ökumenische         lisch-reformierten Kirchgemeinde St. Gallen     revidieren. Diese hätten aber nichts ge-
Projekte mit ähnlicher Stossrichtung», sagt     Centrum. Diese ist eine der fünf Kirchge-       fruchtet. Die Mittel auf andere Arbeitsfelder
Armin Bossart, Präsident der katholischen       meinden der Stadt St. Gallen, die sich als      umzulenken, sei seitens der katholischen
Kirchgemeinde der Stadt St. Gallen gegen-       finanzielle Hauptträger am WirkRaum be-         Kirche denn auch bereits beschlossene
über kath.ch. «Es gab viele Gespräche           teiligen. Das ursprüngliche Konzept von         Sache gewesen.
zum Entwicklungspotential des Vereins           WirkRaumKirche habe sich überlebt, sagt
WirkRaumKirche mit den anderen Trägern.         Kind. Darüber seien sich viele einig. Klar                                        Ueli Abt/Red.

                                                                                                                      forumKirche | 2-2022 13
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