Future Bauhaus: Das Jubiläumsjahr 2009 Millionenförderung für Kolleg - Journal der Bauhaus-Universität Weimar
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Journal der Bauhaus-Universität Weimar 4 | 2007 Bauhaus-Universität Future Bauhaus: Weimar Das Jubiläumsjahr 2009 Millionenförderung für Kolleg
Universität 27 Die schillernde Innenhaut der Leben klingenden Kleider 3 Editorial 47 Morgen, Kinder, wird’s was geben 28 Fakultät Bauingenieurwesen Pünktlich zu Weihnachten erscheint die 4 Nachrichten aus der Hochschule neue Merchandising-Kollektion 28 Zukunft Immobilienwirtschaft 5 Ständiges Galerie-Schaufenster Karrieretag auf der EXPO-REAL 48 Nah-Aufnahme: Dan Guo und Yimeng Zhao 5 Bauhaus-Alben zeigen Klassiker des 29 Das »Alte Gut« Produktdesigns Weimarer Studenten entwickeln 48 Der Careers Service eröffnet Berufs- Liegenschaft in Jena perspektiven 6 Bauhaus und DaVinci 29 Nahrung für Körper und Geist 49 Bauhaus-Spaziergang im Winter 6 Technology and Society Fachexkursion des FIB 49 Die besten Gründe für ein Studium 8 Die Mensch-Ding-Beziehung 30 Straßenleben – Lebendige Straßen in Weimar Internationales Kolleg holt hochrangige Verkehrsplanung im Dialog Geisteswissenschaftler nach Weimar Preise 31 Explosionen unter der Lupe 11 Neues aus dem Archiv der Moderne Frieder Seible forscht in Weimar 51 backup.bilanz Die Preisträger des 9. backup_festivals Schwerpunkt 32 Fakultät Gestaltung 52 Kurzer und schöner Vaterschaftstest 13 »Future Bauhaus« 33 Wie werde ich Designer? Die Bauhaus-Universität Weimar und Positive Resonanz zum Orientierungs- 52 Kinder bringen Farbe ins Studium! das Bauhaus-Jubiläum 2009 kurs »Gestaltung studieren?!» 53 ADAC belohnt Entwurfsprojekt 15 Das Bauhaus inmitten bürgerlich- 34 Kommunikationsideen gegen den gesitteter Ruhe Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen 53 Fünf Absolventen mit STIFT-Preis 2007 ausgezeichnet 16 futureflection bauhau¿ 35 Digitale Bilder zugänglich machen Das Digital Design Image Archive 53 Markus Krajewski erhält Förderpreis 17 Nur Vision? Wir gestalten sie! 36 Fakultät Medien 54 »Tagesthemen-Do-It-Yourself« 18 Das Experiment mit ungewissem Aus- gang wagen 37 Erfolgsgeschichte Unicato 54 Die Poesie handgebauter Modelle Das studentische Filmmagazin feiert 19 Die Fakultät Medien im Spiegel des seinen ersten Geburtstag 55 Erntezeit: Lorbeeren für hervorragende Bauhauses Leistungen 37 Alltag mit Althaus, Matschie, 20 Als Förderer eigene Impulse setzen Ramelow und Co. 55 Abwasseranlagen haltbarer machen Dieter Bauhaus im Interview 38 Volksboutique, Venedig und Weimar 56 Frisch auf den Büchertisch Projekte | Forschung Ein Interview mit Christine Hill 57 Kalender 23 Fakultät Architektur 40 Neues aus den An-Instituten 58 Über den eigenen Horizont hinaus 24 Bauhaus digital Personalia blicken MediaArchitecture im Haus Am Horn Alumni der Bauhaus-Universität 43 Neue Professoren berufen berichten (7) 25 Mobiltelefone im öffentlichen Raum Universität Konferenz MEDIACITY 44 Personalveränderungen 25 Graduierungsfeier im Audimax 45 Ausbildung statt Studium 26 Vernunftgemäße Schönheit 45 Nachruf für Prof. Dr. sc. nat. 2 Ausstellung zum 50. Todestag von Heinz-Joachim Presia Henry van de Velde
Editorial »Eine Stadt, in der es eine Kunsthoch- schule gibt, ist immer etwas spannender als eine Stadt, in der es keine gibt«, bemerkte Professor Jens Geelhaar, Pro- fessor im Studiengang Mediengestaltung und Dekan der Fakultät Medien in die- sem Sommer anlässlich der Jahresschau Foto: Jonna Schmidt »summary«. Wie aber verwandelt sich eine Stadt, wenn ihre Hochschule sich gleich ein ganzes Jahr mit Ausstellungen, Podien, Tagungen öffnet und künstlerisch im öffentlichen Raum interveniert? 2009, zum 90jährigen Bauhaus- rangige geisteswissenschaftliche Größen Jubiläum, werden wir es erleben. Mit nach Weimar holen. Im Interview erläu- zahlreichen Aktivitäten will sich die Uni- tern die beiden Initiatoren die Bedeutung versität am Jubiläumsjahr beteiligen, tem- des neuen Forschungskollegs für die Bau- poräre Bauten errichten, Projekte mit haus-Universität, für die Studierenden internationalen Partnern initiieren und zu und für sie persönlich. hochkarätig besetzten Konferenzen einla- Ansonsten berichtet der bogen vom den. Der bogen-Schwerpunkt beschäftigt Workshop »Technology and Society«, bei sich mit den aktuellen Vorbereitungen dem Wissenschaftler aus Deutschland und fragt bei den Dekanen der vier Fakul- und San Diego sich mit modernen Visu- täten nach: »Was ist für Sie das Bauhaus alisierungstechnologien beschäftigten, von heute?« stellt die in diesem Studienjahr neu beru- Das Wintersemester startete mit einer fenen Professoren und Professorinnen vor ausgesprochen guten Nachricht für die und gibt Einblicke in jede Menge aktuelle Bauhaus-Universität und ihre geisteswis- Projekte der Fakultäten. senschaftlichen Disziplinen. Das Bundes- ministerium für Bildung und Forschung Viel Spaß beim Lesen wünscht fördert ab kommenden Frühjahr ein »Internationales Kolleg für Kulturtech- Claudia Weinreich nikforschung und Medienphilosophie« Pressesprecherin mit fast 9 Millionen Euro. Prof. Bernhard Siegert und Prof. Lorenz Engell, beide Professoren im Studiengang Medienkul- tur, hatten sich mit ihrem Kolleg-Antrag im September erfolgreich durchgesetzt und werden nun ab Frühjahr 2008 hoch- Universität 3
Nachrichten aus der Hochschule Neue Grundordnung Exzellente Bauhaus- Marketing-Lehrprojekt gewinnt Gestalt Universität? abgeschlossen (ra/uk) Die Bauhaus-Universität gibt sich (ra/uk) »Experiment und Exzellenz« – so (uk) Einen Einblick in die Welt des Hoch- eine neue Grundordnung. Hintergrund heißt das Konzept, mit dem sich die schulmarketings gibt es im Januar. Dann dessen ist eine Novelle des Thüringer Bauhaus-Universität Weimar um eine Ex- werden die Ergebnisse des Lehrprojekts Hochschulgesetzes, nach der Hochschulen zellenzförderung für kleinere und mittlere »Marketing goes Bauhaus« von Prof. Thor- ihre Grundordnung überarbeiten dürfen. Hochschulen bewirbt. sten Hennig-Thurau und Dipl.-Ök. Micha- el Paul präsentiert. Doch wozu braucht man sie überhaupt? Das vom Stifterverband für Deutsche Wis- Kurz gefasst ist die Grundordnung die senschaft und von der Heinz Nixdorf Stif- Einen ersten Eindruck vermitteln die im Basis einer Hochschule, in der die Auf- tung ausgeschriebene Förderprogramm Rahmen des Projekts entstandenen Inter- gaben der Universität, ihre Aufteilung in »Profil und Kooperation« unterstützt für netseiten für die Bachelorstudiengänge verschiedene Bereiche und deren Arbeits- die Dauer von zwei Jahren fünf vorbild- Infrastruktur und Umwelt und Medien- felder sowie Grundlagen zu Studium, liche Wettbewerbsstrategien deutscher systeme sowie für den Master Medien- Prüfung, akademischen Graden und zur Hochschulen mit jährlich 200.000 Euro. management. Die Online-Auftritte sind Verwaltung der Hochschule definiert sind. Die Bauhaus-Universität Weimar ver- Bei einer außerordentlichen Senats- folgt in ihrem Konzept zwei wesentliche klausur Ende September wurden ver- Strategien: eine klare Profilbildung von schiedene Varianten einer Strukturreform Forschungs- und Kunstprojekten und der Bauhaus-Universität diskutiert. Die deren Schnittstellen sowie die strate- Senatsmitglieder einigten sich auf fol- gische Vernetzung mit weltweit ausge- gende Punkte: Es sollen neue Selbstver- wählten Partnern, um eigene Potenziale waltungseinheiten sowie Strukturen für effektiver nutzen zu können. die Doktorandenförderung und die wis- Unter 64 Bewerbern gelang es der senschaftliche Weiterbildung geschaffen Bauhaus-Universität, sich als einzige werden. Außerdem wurden temporäre ostdeutsche Universität für den Endaus- Wie faszinierend der Studiengang Infrastruktur und Struktureinheiten befürwortet, um Kunst- scheid zu behaupten, an dem elf Hoch- Umwelt ist, zeigen zahlreiche Bilder auf der Internet- seite. Fotos: Jonna Schmidt und Forschungsprojekte zielgerichtet schulen teilnehmen. In der Finalrunde am fördern zu können. 12. Dezember 2007 in Berlin werden der Bis zur Senatssitzung im Dezember Rektor, Prof. Gerd Zimmermann, sowie Bestandteil eines umfassenden Marke- werden die Änderungen in den Entwurf der Prorektor für Studium und Lehre, tingkonzepts. 26 Studierende analysierten der Grundordnung eingearbeitet. Die Prof. Lorenz Engell, das Konzept der Bau- in enger Zusammenarbeit mit den jewei- finale Fassung muss spätestens im März haus-Universität präsentieren. ligen Studiengangsleitern die Stärken und kommenden Jahres dem Thüringer Kul- Schwächen der Studiengänge und glichen tusministerium vorliegen. Am 1. Juli 2008 diese mit den Präferenzen von Studienan- tritt die neue Grundordnung in Kraft. fängern ab, um die zentralen Argumente für jeden Studiengang zu identifizieren. Um die Bekanntheit zu steigern, wurden für die Studiengänge außerdem Schlüssel- bilder entwickelt und ergänzende Online- Maßnahmen umgesetzt. www.uni-weimar.de/i&u Universität www.uni-weimar.de/mm www.uni-weimar.de/ms 4
Ständiges Schaufenster ab dem Sommersemester (ra/uk) Die Bauhaus-Universität wird Ermöglicht wurde die permanente Aus- immer präsenter im Weimarer Stadtbild. stellungsfläche im Neuen Museum durch Zum nächsten Sommersemester zieht eine eine Kooperation der Bauhaus-Universität universitäre Galerie ins Souterrain des mit der Galerieinitiative des Studierenden- Neuen Museums ein. Konvents (StuKo) und der Klassik-Stiftung Weimar. Die Eröffnungsausstellung wird Die Galerie dient als Präsentationsfläche derzeit inhaltlich und konzeptionell von für studentische Arbeiten, Forschungser- einem Beirat erarbeitet, in dem Mitglieder gebnisse und das Alumni-Büro. Außerdem der drei Kooperationspartner vertreten werden Kooperationsprojekte mit dem sind. Für die Umsetzung der einzelnen Archiv der Moderne und der Klassik-Stif- Projekte werden interne und externe Kura- tung ausgestellt. Durch das Schaufenster Das Neue Museum. Foto: Christiane Zuleger toren berufen. im Neuen Museum sollen auch außerhalb der Universität Arbeitsfelder des zeitge- Diskurse angeregt, Potenziale gefördert www.uni-weimar.de/galerie nössischen Bauhauses aufgezeigt werden, und Experimente vorangetrieben werden. Noch heute aktuell: schlichte Form und hohe Qualität Bauhaus-Alben zeigen Klassiker des Produktdesigns (uk) Einmalige Fotografien der Keramik- sie zu den ersten gehörten, die den Kon- am frühen Bauhaus auf ganz besondere Art und der Metallwerkstattarbeiten am takt zur Industrie suchten. So entwickelten und Weise nahe. frühen Bauhaus erwarten die Leser im sie ihre experimentellen Formen bis hin Band Zwei der Bauhaus-Alben zweiten Band der Bauhaus-Alben, der seit zu serienreifen Produkten. Als Ergebnisse erscheint in einer Auflage von 800 Stück dem 9. November 2007 im Handel erhält- kann man unter anderem die berühmte und ist für 52 Euro beim Universitäts- lich ist. Leuchte von Wilhelm Wagenfeld und den verlag der Bauhaus-Universität oder im siebenarmigen Leuchter von Gyula Pap Buchhandel erhältlich. Rund die Hälfte der Abbildungen der kera- bewundern, die durch ihre schlichte Form ISBN: 978-3-86068-318-7 mischen Werkstatt und mehr als ein Drit- und Gestaltung auch heute noch modern tel der Metallwerkstatt werden erstmals sind. Mit der sorgfältigen Reproduktion www.uni-weimar.de/bauhaus-alben der Öffentlichkeit präsentiert. Das Beson- der Fotoalben bringt der Verlag der Bau- dere dieser beiden Werkstätten ist, dass haus-Universität dem Betrachter die Arbeit Universität 5 Cover der Bauhaus-Alben, Band 2 Berühmte Designklassiker im originalen Zustand. Bilder: Universitätsverlag
Bauhaus und DaVinci Der italienische Kunstexperte Maurizio Seracini blickt hinter die Oberfläche von Gemälden Maurizio Seracini gilt als einer der größ- is like a doctor. When you meet a doctor ten Kunstexperten unserer Zeit. Sein he might look at you and see some sym- halbes Leben lang sucht der gebürtige ptoms of an illness. But he can also see Florentiner nach der »Schlacht von Anghi- you as person not as patient. ari« von Leonardo DaVinci. Nach mehr- jähriger Pause erhielt er nun die Erlaubnis, In Weimar, Bauhaus plays an important weitere 18 Monate im Palazzo Vecchio zu role. How does it influence your work? forschen. Die ersten Ergebnisse präsen- tierte Seracini beim Workshop »Techno- The workshop was my first time in Wei- logy and Society« und gab dem »bogen« mar. When I visited the Gropius office I Auskunft zu seiner Arbeit und der Verbin- was really pleased. I was amazed to feel dung zum Bauhaus. the harmony of space. It was not only the design of the furniture but I could see the What is your deepest motivation for your order, the properties. I felt comfortable work? with it because I got the feeling that this office was created for man. Technology Curiosity. I want to find answers, where- must work for us. That is the main idea ver they could be. I want to see what lies of Bauhaus for me. During my studies of behind the obvious. The interdisciplinary Professor Maurizio Seracini architecture our professors ever stressed approach opens new ways. There are many on it: Form follows function. Italian design other researchers that work together with fostered my interest. Before I studied Bio- still leans against Bauhaus. scientists from other fields. There are no engineering I was a student of architecture protected clusters. with a minor in art history. Das Interview führte Kristin Beylich. You combine engineering with art. Do you Can you still go to an art gallery as a nor- have a special interest in art? mal visitor? Well, I am from Florence... I ever liked the After 30 years working I always look for art in the city. Maybe these circumstances the things behind. But I think, an engineer Technology and Society Ingenieure der Bauhaus-Universität kooperieren mit Forschern aus San Diego Bauingenieurwesen, Erdbebenforschung, Stärke kommt es in San Diego an? Und 1981 in Berkeley, Kalifornien, in Erdbeben- Informatik, Kunst – selbst im kreativen wie lange dauert es, bis die letzten Wellen forschung. Während dieser Zeit teilte er Umfeld der Bauhaus-Universität Weimar des Bebens verebben? Die nackten Zahlen sich ein Büro mit Frieder Seible, der der- ist das keine alltägliche Kombination. liegen Erdbebenforschern schon lange vor, zeit ein Forschungssemester in Weimar Allerdings eine, die in Weimar zukünftig doch erst Frank Vernon von der Univer- verbringt. noch öfter zu erleben ist: Beim zweitä- sity of California, San Diego (UCSD), wan- Die Freundschaft der beiden Wissen- gigen Workshop »Technology and Society« delte die Daten in Bilder um und stellte sie schaftler führte letztlich zu der transat- Universität zum Semesterbeginn tauschten sich Wei- beim Workshop »Technology and Society« lantischen Kooperation zwischen der marer Wissenschaftler mit Kollegen aus im Audimax vor. »Es ist faszinierend, was Bauhaus-Universität Weimar und dem San Diego aus und legten den Grundstein Frank und seine Kollegen geschafft haben. California Institute for Telecommunica- für eine andauernde Kooperation. Sie haben heute Möglichkeiten, die wir tions and Information Technology (CalIT2) nie hatten«, sagt Professor Karl Beucke. an der UCSD. Im vergangenen Winter- 6 Wie lange braucht ein Erdbeben von Los Der Inhaber der Professur für Informatik semester übernahm Karl Beucke eine Angeles bis Huntington Beach? In welcher im Bauwesen promovierte von 1978 bis Kurzzeitdozentur an der renommierten
Das geheimnisvolle Lächeln der Mona Lisa wollte Maurizio Seracini nicht entschlüsseln. Vielmehr interessierten ihn bei seinen Analysen die einzelnen Schichten des Gemäldes und das ursprüngliche Werk Leonardo DaVincis, bevor es restauriert wurde. Professor Bernd Fröhlich (2. v.l.) zeigt den Forschern die Arbeit im Virtual-Reality-Lab. Foto: VR-Lab Jacob School of Engineering in San Diego. ressant. »Es ist bemerkenswert, was hier fliegen die Weimarer Wissenschaftler »Mein Büro lag direkt neben dem des alles entsteht«, findet Jürgen Schulze, der nach San Diego und tauschen sich mit Dekans, so dass ich wirklich mittendrin nach seinem Studium in Stuttgart nach den Kollegen vor Ort über das Thema war«, erzählt er. Begeistert von der her- San Diego ging. Hermann Gerlinger von Modellierung und Simulation aus. Die vorragenden Ausstattung des CalIT2 und der Carl Zeiss SMT AG schließt sich dem Organisation wird künftig Professor den Projekten der amerikanischen For- an: »Ich wusste gar nicht, dass in Wei- Carsten Könke, Direktor des Instituts für scher initiierte er die Workshop-Reihe mar solche Dinge bearbeitet werden. Die Strukturmechanik, übernehmen. »Wir mit dem Auftakt über das Zusammenspiel Universität hat ein völlig anderes Image. haben die Kooperation angestoßen. Nun von Technologie und Gesellschaft. Doch die Kollegen sind hoch qualifiziert, müssen wir sie leben,« sagt der Prorektor »San Diego verfügt eindeutig über die Themen spannend und Weimar selbst Forschung, Professor Karl Beucke. die besseren Ressourcen«, ist sich Karl ein tolles Umfeld.« Beucke bewusst. Die Forschungsschwer- Schon während des Workshops Kristin Beylich punkte der Weimarer Wissenschaftler begann die Planung für den nächsten: Universitätskommunikation sind jedoch auch für die Kalifornier inte- Im September des kommenden Jahres Universität 7 Die besten 100 Schüler aus Thüringer Gymnasien erhielten am zweiten Tag im öffentlichen Teil des Workshops einen Einblick in modernes Ingenieurwesen. Dabei staunten sie auch über die hervorragende Ausstattung des CalIT2 in San Diego. Fotos (3): Jens Hauspurg
Die Mensch-Ding-Beziehung neu definieren Internationales Kolleg holt hochrangige Geisteswissenschaftler nach Weimar Das Jahr 2007 hat das Bundesforschungs- Professor Lorenz Engell: In der Soziologie turanthropologische, die schon immer mit ministerium als »Jahr der Geisteswis- spricht man von der Vermaschung von der Entwicklung von Technik einherging senschaften« ausgerufen. Das dies an Menschen mit anderen Menschen. Wir und von ihr beeinflusst wurde. Wir gehen der Bauhaus-Universität bisher lediglich übertragen dieses Verhältnis auf Menschen weg von einem anthropozentrischen am Rande registriert wurde, liegt unter und Dinge. Die abendländische Denktra- Begriff des handelnden Subjekts, hin zu anderem daran, dass die geisteswissen- dition begreift das Subjekt als handlungs- verteilter Handlungsmacht und verteilter schaftlichen Fächer an ihr eher unter und reflektionsfähig. Es kann intentional Reflektionsfähigkeit. repräsentiert vertreten sind. Doch schon mit Objekten umgehen. Doch inzwischen im nächsten Sommersemester wird sich greifen die Werkzeuge so stark in unser L.E.: Die Fragen, die hinsichtlich der kom- diese Situation grundlegend verändern. Alltagsleben ein, dass das, was wir für plexen Beziehung zwischen Menschen und Mit einem erfolgreichen Antrag beim Intelligenzleistungen halten, ohne diese Dingen gestellt werden müssen, werden Bundesministerium für Bildung und For- Dinge, zum Beispiel den Computer, gar wir aber nicht am Stück klären, sondern in schung konnten Prof. Dr. Lorenz Engell nicht mehr möglich wären. Ausgehend von Abschnitte gliedern, die sich dann über die und Prof. Dr. Bernhard Siegert nahezu diesem Gedanken ist es dann nur noch ein Laufzeit des Kollegs verteilen. Die grund- 9 Millionen Euro Fördergelder für die kleiner Schritt zu sagen, dass die Dinge sätzlichen Fragen stehen am Anfang. Die nächsten sechs Jahre einwerben. Der eine mitkonstituierende Funktion haben. erste Frage muss also sein, was wir unter Antrag der beiden Professoren basiert Das Verhältnis Mensch-Objekt kehrt sich dem Menschen verstehen. auf der Idee, ein Internationales Kolleg dabei allerdings nicht vollständig um, die für Kulturtechnikforschung und Medi- Dinge machen also nicht etwas mit uns, der bogen: Das Wissenschaftskolleg soll enphilosophie einzurichten, das jährlich sondern machen etwas gemeinsam mit international arbeiten. Was genau heißt renommierte Wissenschaftler nach Wei- das? mar einlädt, um gemeinsam definierten Fragestellungen nachzugehen. »der B.S.: Das Kolleg wird durch so genannte bogen« sprach mit den beiden Initiatoren Fellows besetzt, die zu einem großen über ihre Forschungsthemen und die Per- Anteil aus dem Ausland kommen. Ein spektiven, die das Kolleg für Stadt, Hoch- Beirat berät die Kollegsleitung bei der schule und Studierende eröffnet. Auswahl der Fellows, die für ein halbes oder ganzes Jahr nach Weimar eingeladen der bogen: Das Wissenschaftskolleg wurde werden. In dieser Zeit sollen sie mit ihrer anlässlich des Jahres der Geisteswissen- wissenschaftlichen Arbeit zu der jeweils schaften ausgelobt. Mit welchem For- definierten Forschungsfrage beitragen. schungsthema haben Sie sich beworben? L.E.: Der Förderer, also das Bundesministe- Professor Bernhard Siegert: In dem Kol- rium für Bildung und Forschung, gibt vor, leg werden sich Wissenschaftler mit dem dass mindestens die Hälfte der Wissen- Verhältnis von Menschen und Dingen Professor Dr. Lorenz Engell. Fotos: Claudia Neuhaus schaftler aus dem Ausland kommen soll. beschäftigen. Unser Forschungsansatz geht Wir hoffen, dass der Dialog mit ihnen für davon aus, dass das Verhältnis von Men- uns. Wenn ich ein Telefon bediene, kann uns und unsere Forschungsfragen fruchtbar schen und Dingen seit dem 20. Jahrhun- ich damit nicht tun, was ich möchte, son- sein wird. Umgekehrt soll der Aufenthalt dert grundsätzlich neu gedacht werden dern ich muss mich beispielsweise mit in Weimar auch die Arbeit der Wissen- muss. Um die komplexen Zusammen- Bedienmenüs auseinandersetzen. Umge- schaftler voranbringen. Deshalb haben wir hänge zwischen Subjekten und Objekten kehrt macht das Telefon auch nicht mit mir, uns eigens ein Zwillingsmodell überlegt. zu untersuchen, nehmen wir neue Ansätze was es will. Die angefragte Person kann den Wunsch zu Hilfe, die unter dem Begriff der Agency äußern, eine weitere Person nach Weimar Universität Theory bekannt sind. Diese Theorie fasst der bogen: Sie definieren also den Begriff einzuladen, mit der dieser Wissenschaftler Dinge nicht länger als passive Werkzeuge des Subjekts völlig neu? schon immer einmal zusammenarbeiten auf, sondern stellt sie mit den Menschen wollte. in Zusammenhang. Menschen und Dinge B.S.: Genau. Der Ansatz geht weit über werden als Netzwerke begriffen, die inei- herkömmliche biologische, philosophische der bogen: Gibt es Wunschkandidaten für 8 nander verstrickt oder, wie wir es bezeich- und anthropologische Erklärungen hinaus. die Fellows, die Sie nach Weimar holen nen, »vermascht« sind. Wir betrachten die Evolution als eine kul- möchten?
L.E.: Ja, Wunschkandidaten haben wir. Wir Weimarer »Szene«. Wie wird die Zusam- gerade. Der erste Schritt ist getan, der werden bei den Wissenschaftlern begin- menarbeit mit dem Graduiertenkolleg nächste Schritt ist, zu beweisen, dass die nen, die für die Agency Theory wichtig »Mediale Historiographien«, mit der Bauhaus-Universität tatsächlich eine Uni- sind. Wir werden an den bedeutendsten Klassik-Stiftung oder mit dem Nietzsche- versität ist, also verschiedene Wissen- Wissenschaftler im französischen Sprach- Archiv aussehen? Wie kann ein Netzwerk schaftsdisziplinen vereinigt. Das können raum, Bruno Latour, herantreten. Zudem entstehen, in dem man sich austauscht? nie alle sein, dafür ist unser Profil zu spe- werden wir sicherlich unsere amerika- ziell, aber die Geisteswissenschaften gehö- nischen Kontakte intensivieren. Man sollte B.S.: Eine enge Zusammenarbeit ist sehr ren in jedem Fall dazu. Insofern ist die erwähnen, dass wir der Beschäftigung mit erwünscht. Wir haben bereits ein umfang- Förderung eine Ermunterung nicht nur für dem Film ein gewisses Schwergewicht reiches Programm für das Kolleg entwi- uns, sondern für alle, die in der geistes- ckelt. Wir planen eine Ringvorlesung, die wissenschaftlichen Forschung hier im Haus die Fellows bestreiten. Es wird auch eine tätig sind. Die Sichtbarkeit wird verbes- Jahrestagung geben, des Weiteren soll der sert. Dahingehend wird das Kolleg seine Mitarbeiterstab des Kollegs Seminarpro- Wirkung nicht verfehlen – ich denke da gramme auflegen, die die Forschungsthe- an anstehende Neuberufungen in den men in die Universität hineintragen. anderen Fakultäten – weg vom Selbstver- Außerdem konzipieren wir ein Mentoren- ständnis als Bauhochschule mit einer bau- programm. Aus ganz Deutschland kön- wissenschaftlichen Forschung. nen sich Studierende bewerben, um nach Weimar zu kommen und ihre Master- oder der bogen: Das Kolleg wird sich öffnen Doktorarbeit mit einem der Fellows zu mit Ringvorlesungen oder Seminaren. diskutieren. Besonders das Graduierten- Dennoch werden dem Bereich Medienkul- kolleg »Mediale Historiographien«, für das tur zwei wichtige Professoren entzogen. wir bald einen Verlängerungsantrag stellen, Inwieweit wird diese Lücke geschlossen? wird davon profitieren. Ich kann mir gut Professor Dr. Bernhard Siegert vorstellen, dass wir einmal im Semester B.S.: Weder Professor Engell noch ich einen Workshop mit den Kollegiaten und werden den Studierenden ganz verlo- einräumen. Dem Film wird zugeschrie- den Fellows anbieten. ren gehen. So haben wir beide vor, in ben, dass er das Verhältnis von Mensch gewissem – wenn allerdings überschau- und Ding in besonderer Weise gestaltet. L.E.: Man kann schon sagen, dass eine barem Rahmen – weiter Lehre anzubie- Mehr als alle anderen Kunstformen wird eigene Forschungslandschaft entste- ten. Klar entfernen wir uns ein Stück vom er für besonders geeignet gehalten, dieses hen wird – und das war auch die Absicht Lehrbetrieb. Wir sind aber weiterhin vor Verhältnis zu modellieren. Daher werden unserer Geldgeber. Ort, nur in einer anderen Weise. In den unter den Fellows auch signifikante Film- Masterstudiengängen werde ich für mei- wissenschaftler und Filmphilosophen sein. B.S.: Genau diesen Eindruck hat die Ver- nen Teil weiterhin Veranstaltungen anbie- Um Namen für die erste, medienanthro- gabekommission des BMBF vermittelt: ten und ab und zu eine Vorlesung halten. pologische Phase zu nennen: Da gibt es Weimar soll wieder ein Zentrum der gei- Bisher mussten wir in jedem Semester eine Marta Brown oder auch Leute aus der steswissenschaftlichen Forschung werden. Vorlesung halten. Den Professoren wird Filmstar-Forschung. Und gerade nicht in einer traditionellen neben der Lehre kaum noch Forschungs- Weise, die sich auf Goethe und Schiller zeit eingeräumt. Das führt dazu, dass man B.S.: Auch für Weimar hat das Kolleg beruft, sondern in einer, die neue For- Vorlesungen wiederholt oder sich irgend- eine besondere Bedeutung. Mit einem schungsansätze ermöglicht. wann ausgebrannt fühlt. Das Spannende Schlag werden hier zehn Personen mehr der kommenden sechs Jahre wird sein, leben, die alle aus einem geisteswissen- der bogen: Inwieweit wird das Kolleg dass wir nun Vorlesungen genau dann Universität schaftlichen Umfeld und zudem aus dem denn die Geisteswissenschaften insgesamt anbieten können, wenn wir glauben, dass Ausland kommen. Die Weimarer Wissen- an der Bauhaus-Uni stärken? es der richtige Zeitpunkt ist. Die Qualität schaftslandschaft wird dadurch wichtige der Vorlesungen wird sich also verbessern. Impulse erhalten. L.E.: Weder die Bedeutung noch die Lei- stungsfähigkeit der Geisteswissenschaften L.E.: Genau dies betrachte ich ebenfalls als der bogen: Das ist ein interessanter hat bisher den Rang gefunden, der ihnen großen Vorteil. Die Frage, ob ich eine Vor- 9 Aspekt: die Einbindung des Kollegs in die eigentlich gehört. Genau das ändert sich lesung halte, wird zu einer persönlichen
Entscheidung. Dieses Privileg wird dadurch Palais Duerckheim gerechtfertigt, was man daraus macht: schlaue Bücher schreiben, tolle Tagungen organisieren, ein fruchtbares, internatio- Als Sitz des Internationalen Kollegs haben nales Diskussionsklima schaffen, aus dem die Initiatoren das Palais Duerckheim in dann wieder Sichtbares hervorgeht. Und der Cranachstraße 47 vorgesehen. Die dann sollte man eines nicht vergessen: Wir ehemalige Villa der Familie Graf Duerck- holen für sechs Jahre andere Professoren heim wurde 1913 von Henry van de Velde und Professorinnen, die eine sehr gute entworfen und errichtet. Die prächtige Lehre anbieten. Das ist eine Zeitspanne, Villa diente bis in die zwanziger Jahre als in der man langfristig arbeiten kann und Wohnsitz und Repräsentationsbau. Nach in der man nicht »auf dem Sprung« ist. der aufwändigen Sanierung wurde das Immerhin sind dies zwei Generationen Palais im September dieses Jahres wieder- Bachelor- und drei Generationen Master- eröffnet. Damit die Fellows im Frühjahr studenten, mit denen man sich befassen 2008 hier einziehen können, wartet die kann. Das bedeutet einen enormen Zuge- Universität nun auf die Zustimmung das winn für unsere medienwissenschaftliche Foto: Haus- und Grundbesitz Dimmig GmbH Thüringer Finanzministeriums. Lehre und Forschung und ganz besonders für unsere Studierenden. Das Gespräch führten Claudia Weinreich und Dana Horch. Seit Anfang November steht die Zusam- Literaturforschung in Deutschland. Sie ist Mediologie hat sich in Frankreich als mensetzung des Kollegbeirates fest. Für zudem Vorstandsvorsitzende der Geistes- interdisziplinäre, kulturwissenschaftliche das Gremium konnten verdiente und wissenschaftlichen Zentren Berlin und als Richtung etabliert. Mediologie beschreibt einflussreiche Wissenschaftler gewonnen Professorin an der Technischen Universi- eine Wissenschaftstheorie, die historisch werden, die seit langem auf dem Gebiet tät Berlin tätig. und systematisch die Interaktionen zwi- der Medien- und Kulturwissenschaften schen Technik und Kultur untersucht und forschen und lehren. Raymond Bellour dabei historische Bedingungen sowie Raymond Bellour, französischer Medien- soziale und kulturelle Wirkungen von Hans Ulrich Gumbrecht wissenschaftler, begründete die Schule Medien innerhalb einer Kultur beschreibt. Hans Ulrich Gumbrecht, deutsch-ame- der postmodernen Filmwissenschaft in rikanischer Literaturwissenschaftler, ist Frankreich mit. Er ist ein einflussreicher Hans Belting einer der Gründungsväter der deutschen Kritiker und Theoretiker für Literatur und Hans Belting gilt als Begründer der Bild- Medienwissenschaft. Er leitete in den Film und leitete einen Forschungsbereich wissenschaft der achtziger Jahre in 1980er Jahren das erste geisteswissen- am französischen Centre national de la Deutschland. Dabei definiert er die Bild- schaftliche Graduiertenkolleg »Kommu- recherche scientifique (CNRS). Zusam- wissenschaft als Kulturwissenschaft und nikationsformen als Lebensformen« in men mit Serge Daney gab Bellour die analysiert, wie Bilder Realitäten wider- Siegen und den »Sonderforschungsbe- Zeitschrift »Trafic« (Paris) heraus. In sei- spiegeln. Seit 1992 bis zu seiner Emeri- reich Bildschirmmedien«. Heute lehrt er nen Aufsätzen beschäftigt er sich u.a. mit tierung 2002 lehrte er als Professor am am Lehrstuhl für Komparatistik an der dem klassischen amerikanischen Kinofilm Institut für Kunstgeschichte und Medien- Stanford University. sowie dem Schaffen von aktuellen Video theorie an der Staatlichen Hochschule Universität künstlern. für Gestaltung in Karlsruhe. Von Okto- Sigrid Weigel ber 2004 bis Ende September 2007 war Sigrid Weigel leitet seit 1999 das Zentrum Régis Débray Belting Direktor des Internationalen For- für Literatur- und Kulturforschung in Ber- Régis Débray ist ein französischer Intel- schungszentrums Kulturwissenschaften lin und ist die wichtigste Wissenschaft- lektueller, Journalist und Schriftsteller. in Wien (IFK). 10 lerin innerhalb der außeruniversitären Die seit 1979 von Debray begründete
Neues aus dem Archiv der Moderne Ausstellung über die Weimarer Architektin Anita Bach (adm) Anlässlich des 80. Geburtstages Leitung entstanden im Projektierungs- von Anita Bach präsentiert das Archiv büro Gebäude für die Hochschule, unter der Moderne im November Arbeiten der anderem das Studentenwohnheim am Architektin und Professorin aus vier Jahr- Jakobsplan und die Mensa am Park, die zehnten. Die Arbeiten zeigen das Span- in diesem Jahr 25-jähriges Jubiläum feiert. nungsverhältnis zwischen intellektuellem Auf 17 Ausstellungsbannern und mit zahl- Anspruch, kreativem Gestaltungswillen reichen Originalplänen und -dokumenten und gebauter Wirklichkeit und spiegeln wird in Ausschnitten ein Rückblick auf damit exemplarisch sowohl die Hoch- die Bau- und Lehrziele in Weimar der schulgeschichte als auch den Architektur- 1950er bis späten 1970er Jahre der DDR diskurs der DDR wider. eröffnet und damit ein Desiderat Weima- rer Hochschul- und Planungsgeschichte Anita Bach absolvierte 1952 als »Beststu- geschlossen. dentin« der Hochschule in Weimar ihr Diplom und arbeitete im Rahmen ihrer Konzeption der Ausstellung: Dr. Christiane Assistententätigkeit und ihres Doktorats Wolf und Johannes Schäfer, studentischer im Kollektiv des Lehrstuhls für Wohn- und Anita Bach in ihrem Büro in der Hochschule für Mitarbeiter, Grafik: Johannes Schäfer Gesellschaftsbauten an zahlreichen Wett- Architektur und Bauwesen. Bild: Archiv Anita Bach bewerbsentwürfen mit. 1965 habilitierte sie sich als erste Frau 1969 als ordentliche Professorin für an der damaligen Hochschule für Archi- den Lehrkomplex Gebäudeausbau und tektur und Bauwesen (HAB) und wurde Raumgestaltung berufen. Unter ihrer Bruno Flierl – ein unabhängiger Denker in Neue Sammlung Architektur und Gesellschaft schließt Lücken (adm) Mit dem ersten Band seiner neuen versitätsarchiv der Universität der Künste (adm) In Hinsicht auf die Universitäts Schriftenreihe würdigt das Archiv der Berlin. jubiläen 2009 und 2010 betreibt das Archiv Moderne den renommierten Architek- Bruno Flierl absolvierte sein Studium aktiv auch extern Nachlassakquise, um turtheoretiker Bruno Flierl. Es publiziert der Architektur an der Hochschule für Dokumentationslücken der Hochschulge- Festreden, die anlässlich der Archivgrün- Bildende Künste Berlin und an der Hoch- schichte zu schließen. dung des »Archivs Bruno Flierl« in Weimar schule für Architektur und Bauwesen und Berlin gehalten wurden. Weimar. In seiner Tätigkeit an der Bau In diesem Jahr wurden dem Archiv unter akademie der DDR, als Chefredakteur anderem mit der Übergabe der Sammlung In der Sammlung werden die niederge- der Zeitschrift »Deutsche Architektur« Ernst Neufert und Denis Boniver, Mitarbei- schriebenen Gedanken, Schriften und und Dozent an der Humboldt-Universi- ter von Paul Bonatz und Schüler von Paul Skizzen Flierls als Dokumente deutscher tät schaltete er sich stets kritisch in den Schmitthenner, Dokumente, Fotos und Universität Zeit- und Architekturgeschichte für die Architekturdiskurs der DDR ein. Von Pläne aus der ersten Hälfte des 20. Jahr- Nachwelt erhalten. Für das Archiv koo- 1984 an ist er bis heute auf dem Gebiet hunderts übergeben. Ab Mitte 2008 soll periert das Archiv der Moderne der von Theorie und Geschichte der Archi- ein Onlineportal zur Verfügung stehen, das Bauhaus-Universität Weimar mit der Wis- tektur und Stadtentwicklung tätig. Seine über die Bestände und Neuzugänge des senschaftlichen Sammlung des Leibniz- Wirkungsstätten West-Berlin, Ost-Berlin Archivs der Moderne informiert. Instituts für Regionalentwicklung und und Weimar bilden sich zukünftig an drei 11 Strukturplanung in Erkner und dem Uni- Archivstandorten ab.
Schwerpunkt: Das Bauhaus-Jubiläum 2009
»Future Bauhaus« Die Bauhaus-Universität Weimar und das Bauhaus-Jubiläum 2009 Im Jahr 2009 feiert die Stadt Weimar, feiert Thüringen die 90-jährige Grün- dung des Staatlichen Bauhauses. Die Bauhaus-Universität ist weltweit die einzige Hochschule, die aktiv den Versuch unternimmt, die Bauhaus-Konzepte im 21. Jahrhundert weiterzuführen und unter völlig veränderten ästhetischen, technolo- gischen und kulturellen Voraussetzungen umzusetzen. So stellt sich insbesondere für die Bauhaus-Universität die Frage, wie sie dieses Jubiläum begehen wird, zumal ihre Studierenden und Lehrenden über das einzigartige Privileg verfügen, an den einstigen Originalschauplätzen zu entwer- fen, zu gestalten, zu forschen, zu leben. »Bauhaus ist ein Teil der Geschichte dieser das die Dichte der Arbeiten offenbart, die Jahren zwangsweise emigrieren, um Hochschule und es daraus zu lösen, wäre jeden Tag in den Ateliers, Werkstätten und ihre Arbeit fortzusetzen, studieren die ein Fehler«, urteilt der Rektor der Bau- Seminarräumen entstehen. »Wir müssen Bauhaus-Studenten heute ganz freiwillig haus-Universität Weimar, Professor Gerd zeigen, was die Uni eigentlich leistet«, for- fernab Weimars. Zimmermann, über die Bedeutung des muliert Zimmermann seinen Anspruch an Jubiläums für die Hochschule. »Dass das das Bauhaus-Geschehen im Jahr 2009. Internationale »Bauhaus-Alliance« Bauhaus in Weimar gegründet wurde, war Zugleich soll mit Hilfe der hochschul- kein Zufall, sondern nur zu erklären aus weiten Präsentation eine Debatte darü- Und so ist die Universität heute durch der Kontinuität der Arbeit der Kunstschu- ber geführt werden, was das Prinzip verschiedene Kooperationen weltweit len, die es vorher auch gegeben hat. Ohne »Bauhaus« in der heutigen Zeit bedeutet in einer »Bauhaus-Alliance« verschränkt: etwa das Wirken von van de Velde hätte und welche Fragen sich daraus für die durch Lehr- oder Forschungskooperati- es in Weimar kein Bauhaus gegeben«, so zukünftige Tätigkeit der Universität erge- onen, durch gemeinsame Studienpro- Zimmermann. ben. Und so sind alle Mitarbeiter, Stu- gramme oder einzelne Projekte. Das dierende, Professoren aufgerufen, Ideen Bauhaus kann heute nicht anders als inter- Das Bauhaus zitieren, zu entwickeln und die Chance wahrzu- national gedacht werden. Die wichtigsten nicht mythologisieren nehmen, ihre Arbeiten vor einer großen internationalen Partner in Shanghai, Lyon, Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Rek- Tokio, New York, Chicago oder San Diego Was also ist vom Geist des Bauhauses, von tor ist zuversichtlich: »Um diese Debatte sollen jeweils für Projekte an Bord geholt seiner Subversivität und kreativen Energie zu führen, braucht es jeden, und jede werden und dabei aus eigener Sicht die an diesem Ort lebendig geblieben? Mit Idee ist gefragt. Im Moment sind wir Frage beantworten, wie sie selbst die Bau- dieser Frage will sich die Bauhaus-Univer- dabei, wie ein Schwamm alle Ideen auf- haus-Idee interpretieren, was »Bauhaus« sität im Jahr 2009 beschäftigen.Die dabei zusaugen, diese dann zu diskutieren und für sie bedeutet. Hier sind spannende aufgegriffenen Themen sollen aber weder die besten herauszufiltern.« Ergebnisse zu erwarten, die in verschie- der Gegenwart verhaftet bleiben noch der Auch die internationalen Beziehungen densten Formaten zu erleben sein werden. Vergangenheit. Der Blick richtet sich statt- der Hochschule sollen intensiv in die »Neben klassischen Ausstellungen werden dessen in die Zukunft und wird zeigen, Jubiläumsaktivitäten einbezogen werden. wir Konferenzen organisieren, in Podien Schwerpunkt wie das aktuelle Bauhaus sich die Welt Damit agiert die Bauhaus-Universität in Debatten führen und eine Medienplatt- von morgen denkt. Unter dieser Prämisse einer langen Tradition, war doch schon form erzeugen, in der sämtliche moderne sollen Visionen entwickelt und darge- das Staatliche Bauhaus international auf- Kommunikationsmöglichkeiten weltweit stellt werden – gesellschaftliche, mediale, gestellt, seine Meister kamen aus aller genutzt werden«, erläutert Rektor Zim- digitale – quer durch alle Fakultäten und Welt: So der Russe Kandinski, der Ungar mermann. Auch für die zeitlichen Fenster Studiengänge. Das Jubiläum bietet einen Moholy-Nagy, der Schweizer Paul Klee innerhalb des Jahres existieren inzwi- willkommenen Anlass, ein spannendes oder der Amerikaner Lyonel Feininger. schen klare Vorstellungen. Momentan 13 und reichhaltiges Schaufenster zu öffnen, Mussten die Bauhäusler in den 1930er sind drei Höhepunkte geplant, zu denen
sich die Aktivitäten konzentrieren sollen. Eine Festveranstaltung am 1. April zum 90-jährigen Gründungsjubiläum des Bau- hauses bildet den ersten Höhepunkt und zugleich den Auftakt zum 11. Internatio- nalen Bauhaus-Kolloquium. Im Sommer, in den Monaten Juli und August, öffnet die Hochschule dann ihre Türen für jeder- mann. In den etablierten Formaten »sum- mary« und »Bauhaus-Sommerakademie« werden studentische Projekte und For- schungsarbeiten ausgestellt, Vortragsrei- hen initiiert, kulturelle und andere Events organisiert, die Stadt zur Bühne gemacht. Geplant ist sogar, einen eigens entwor- fenen Ausstellungsraum temporär zu errichten, um den Ideen genügend Raum zu geben. Im Oktober, zum Semesterauf- takt, beziehen sich dann der öffentliche Gründe für ein Studium in Weimar zu Ihre Konzepte, Arbeiten und Projekte sind Workshop »Technology and Society« und nennen. Johannes Hein, Student der Visu- gefragt. Längst nicht alle ihre Ideen wer- das Filmfestival »backup« thematisch auf ellen Kommunikation, brachte es auf den den vor den Campustüren Halt machen. das Bauhausjahr, des Weiteren soll der Punkt: »An der Bauhaus-Uni studieren Vielmehr werden sie subversiv und inter- frisch sanierte Kleine Van-de-Velde-Bau heißt, durch gestalterische und experi- aktiv den Weimarer Stadtraum erobern. wiedereröffnet werden. Ein dichtes Pro- mentelle Freiheit zum Wesentlichen zu Und nur mittels dieser kreativen Energie gramm hat sich die Universität also vor- kommen.« Genau diesen Anspruch, diese wird die geplante Leistungsschau zu einer genommen, das ab sofort mit konkreten Freiheit und die daraus resultierenden wirklich authentischen »Bauhaus-Schau«. Projekten gefüllt werden muss. Ergebnisse soll die Leistungsschau zeigen, In einer Umfrage, bei der die Hoch- die zugleich den Titel »Best of Bauhaus« Claudia Weinreich schule ihre Studierenden befragt hatte, tragen könnte. Doch die wichtigste Rolle Universitätskommunikation waren diese gebeten worden, ihre werden die Studierenden selbst spielen. Wer koordiniert die Aktivitäten für das Jahr 2009? Um Ideen für das Bauhaus-Jahr zu sammeln und zu koordinieren, hat die Wie wird das Bauhaus-Jahr finanziert? Hochschulleitung bereits Ende 2006 die »Arbeitsgruppe Bauhaus ‘09« einge- Um die zahlreichen Aktivitäten finanzie- Bauhaus-Uni, erhalten daraus Mittel in setzt. Die Arbeitsgruppe initiiert, koor- ren zu können, bedarf es verschiedener Höhe von ca. 1 Million Euro, wobei ein diniert und leitet die verschiedenen Töpfe. Die Universität stellt seit 2007 großer Teil an die Klassik-Stiftung gehen Projekte und Formate, die für 2009 jährlich Haushaltsmittel zurück, die bis wird. Zusätzlich zu diesen Finanzierungs- Schwerpunkt entstehen sollen. Die AG setzt sich 2009 akkumuliert werden. Die Thürin- quellen plant die Universität, Sponsoren aus Mitgliedern der Hochschulleitung ger Landesregierung hat für das gesamte anzusprechen und weitere Drittmittel und der Fakultätsleitungen zusammen Bauhaus-Jahr 1,7 Millionen Euro zur Ver- einzuwerben. sowie aus wissenschaftlichen Mitar- fügung gestellt. Diese Summe muss aber- beitern und Professoren. Die zentrale zwischen den verschiedenen Akteuren Organisation der Aktivitäten liegt im aufgeteilt werden. Die Weimarer Pro- 14 Rektoramt der Bauhaus-Universität. tagonisten, die Klassik-Stiftung und die
Das Bauhaus inmitten bürgerlich-gesitteter Ruhe Kleine Weimarer Kulturgeschichte um das Jahr 1919 »Das Alte und Morsche, die Monarchie, Ereignisse ab. Vor revolutionären Auf- mit diesem Namen den Bruch zur Monar- ist zusammengebrochen. Es lebe das ständen aus Berlin ins friedliche Weimar chie offen ausdrückte. Das bekräftigte er Neue, es lebe die deutsche Republik!« geflohen, wurde hier über Deutschlands 1922 noch einmal mit der von ihm geschaf- verkündete Philipp Scheidemann am Konstitution beraten. Neben der exzel- fenen Gedenktafel für die Verfassungs- 9. November 1918 um 12 Uhr aus dem lenten Verkehrsverbindung war es aller- gebende Versammlung am Eingang des Fenster des Reichtags-Gebäudes in Berlin dings der Aspekt der bürgerlich-gesitteten Deutschen Nationaltheaters. Doch auch und zog damit die Konsequenz aus dem Ruhe und nicht die moderne Sichtweise dieses Bekenntnis zur Moderne nützte der Massensterben in den Schützengräben seiner großen Köpfe, die die Verfassungs- berühmtesten Schule der Avantgarde des Verduns, den aufbegehrenden Marine- vertreter nach Weimar strömen ließ. Das 20. Jahrhunderts nicht viel, denn in einem korps in Kiel und der Unfähigkeit eines Land, in dem erst Bücher und später »Ras- Kaisers, der von einem Platz Deutschlands senfremde« verbrannt wurden und weite an der Sonne träumte. Kreise auch der Weimarer Kulturelite dies tolerierten, hatten ganzheitliche Kon- Ein neues Zeitalter kündigte sich an, zepte für Mensch und Umwelt kaum eine welches auch das beschauliche Großher- Chance. Und so ist der von Lyonel Feiniger zogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und oft beschwärmte Blick aus dem Fenster dessen Herrscher Wilhelm Ernst nicht seines ehemaligen Ateliers in der Geschwi- unberührt ließ, denn auch dieser mus- ster-Scholl-Straße 8 auf den Ettersberg ste seinen Stuhl räumen. Ziel war es nun, heute kein ungetrübter mehr und doch so die im weiteren Verlauf entstehenden Ansicht des kleinen Van-de-Velde-Baus um 1919 repräsentativ für eine Stadt, die sich zwar acht Freistaaten Thüringens zu einem mit den großen Geistern der Vergangen- »Großstaat« zusammenzufassen. Das war Kulturbürgertum bewarf sich schlicht und heit rühmt, mit den Ideen der Gegenwart zunächst nicht einfach, denn die zuvor ergreifend nicht mit Pflastersteinen auf und so eben auch denen des Staatlichen preußisch regierten Landesgebiete, allen der Straße, sondern war vor allem geübt Bauhauses aber bis heute in Konflikt steht. voran Erfurt, wurden von Preußen nicht in der Bewahrung von Ruhe und Ordnung, vollends freigegeben. So zog das erste denn des Weiteren nicht nur Henry van de Christian Tesch thüringische Parlament im Sommer 1920 Velde zum Opfer fallen sollte. Und in diese Fakultät Gestaltung in Weimar im Fürstenhaus, dem heutigen Atmosphäre kleinbürgerlichen Revan- Hauptgebäude der Hochschule für Musik, chismus’ klinkte sich ab April 1919 der Literaturempfehlung zu seiner ersten Sitzung ein. Und nicht nur Kriegsveteran Walter Gropius ein, der die Klaus Dicke/Michael Dreyer: Weimar als dort, sondern schon ein Jahr zuvor – im »Großherzogliche Hochschule für bildende politische Kulturstadt. Ein historisch-poli- der Veranstaltung entsprechend umbe Kunst« und die »Großherzogliche Kunst- tischer Stadtführer, Jena 2006. nannten, nun Deutschen Nationalthea- gewerbeschule« zum »Staatlichen Bauhaus ter – spielten sich seit Januar 1919 große in Weimar« zusammenführte und schon Chronologie · 1860 Der Großherzog Carl Alexander Handwerkserneuerung bestimmt wird. herzogliche Hochschule für bildende gründet die »Großherzogliche Hoch- · 1904 Henry van de Velde baut den Kunst« und die »Großherzogliche Kunst- schule für bildende Kunst«, die zunächst ersten Teil des Hauptgebäudes gewerbeschule« werden mit neuartigem Maler ausbildet. (Ostflügel). Programm zusammengeführt. Schwerpunkt · 1902 Henry van de Velde wird zur Beför- · 1915 Henry van de Velde kündigt unter · 1921 Der traditioneller orientierte Zweig derung des Kunsthandwerks im Groß- dem Druck zunehmender Ausländer- der alten Kunsthochschule löst sich wie- herzogtum nach Weimar berufen. feindlichkeit sein Arbeitsverhältnis. der vom Bauhaus. · 1902/07 Gründung des Kunstgewerb- · 1917 Henry van de Velde verlässt · 1925 Aus politischen Gründen muss das lichen Seminars, der späteren Kunst- Deutschland. Bauhaus Weimar verlassen und setzt gewerbeschule, deren Arbeit vom · 1919 Walter Gropius gründet das »Staat- seine Arbeit in Dessau fort. Jugendstil und Ideen der Kunst- und liche Bauhaus in Weimar«: Die »Groß- 15
futureflection bauhau¿ Fragen aktueller Lebensentwürfe sind im nischen Profil verwirklicht so vielleicht Zeitalter zunehmender Globalisierung und erstmals die Utopie eines universellen Medialisierung auch heute zugleich immer Bauhaus-Modells. Fragen an die Ausbildungsprogramme für »Modell, Modulation, Moderne und zukünftige Planer, Architekten, Designer Mode entstammen der gleichen Wurzel, und Künstler. Hier trifft sich der histo- die messen bedeutet. Diese Konnotation rische Diskurs mit der offenen Debatte um ist uns nicht immer bewusst. Modernität die geeigneten Formate der Ausbildung als fortschrittlicher Modellwandel meint und deren europaweiten Standards. Eine eigentlich Vermessenheit« (Flusser). Wir Schule wird im Wesentlichen durch ihre haben unseren Grad an Vermessenheit Lehrer und deren pädagogische und didak- immer wieder neu zu reflektieren – als Auch wenn das Weimarer Bauhaus selbst tische Lehrkonzepte repräsentiert und lebt Experiment der Bauhaus-Universität. noch keine Architekturabteilung hatte, erst durch die schöpferische Unruhe ihrer Im Jahre 2009 schaut die internationale inspirierte es alle nachfolgenden Lehren Studierenden. Eine Schule hält Anschluss Fachöffentlichkeit der Künstler, Designer künstlerischer und gestalterischer Diszi- an kulturelle Werte und stiftet zugleich und Architekten nach Weimar, wo sich plinen, einschließlich der Architekturaus- einen akademischen Schutzraum für das am 1. April zum 90sten Mal die Gründung bildung, maßgeblich. Experiment. Eine Schule im besten Sinn des Bauhauses jährt. belehrt nicht für das (Berufs-) Leben, son- Anlass genug, aus heutiger Sicht und Hier begründete Johannes Itten mit dem dern erfindet das Leben und den Beruf in einem breiten Diskurs die historischen Vorkurs das Rückgrat der Bauhauspäda immer wieder neu. Ein Weimarer (Schul-) Ankerpunkte des Bauhauses als Schule zu gogik, deren Spuren in nahezu allen Modell nach dem Bauhaus macht Multi- reflektieren und gemeinsam mit internati- Kunst-, Design- und Architekturschulen disziplinarität für tradierte Fachdisziplinen onalen Partnern die Utopie der Moderne weltweit wieder zu finden sind. Das Bau- produktiv und erschließt zugleich neue in aktuellen Projekten zu hinterfragen. haus war (und die Bauhaus-Universität ist Forschungsfelder. Für eine zeitgemäße heute) in erster Instanz eine Schule oder universitäre Architekturausbildung bedeu- Professor Bernd Rudolf, Dekan der Fakultät ein Vielfaches davon und hatte über die tet das, den Innovationsgrad des frühen Architektur, zur Frage »Was ist das Bauhaus »...Vereinigung des Künstlers mit dem Bauhauses auf zeitgemäße Aufgaben der heute?« Techniker und Kaufmann in praktischer Umweltgestaltung zu extrapolieren. Die Werkarbeit...« (Gropius) den Entwurf der heutige Bauhaus-Universität Weimar mit Lebensbedingungen der Moderne zum Ziel. ihrem ausgewiesenen künstlerisch-tech- Schwerpunkt 16
Nur Vision? Wir gestalten sie! Auch die Materialwissenschaft der Fakul- Bestand und zum konzeptionellen Facility tät ist gut aufgestellt, um von der Erkennt- Management. Einerseits ausgesprochen nis über vorhandene Materialien zum interdisziplinär forschend, vertreten die Entwurf neuer Materialien mit entspre- Professuren andererseits weiterhin den chend geplanten und gewünschten Eigen- jeweiligen Kern ihrer eigenen Lehrgebiete. schaften zu gelangen. Dieses wiederum Wofür wird Bauhaus 2019, zum hun- ist unverzichtbar, um im heutigen, um im dertjährigen Jubiläum stehen? Bauen ist modernen Bauhaus die Einheit von Kunst, ein bisher nur unzureichend beherrschter Handwerk und Technik zu leben. Prozess mit Wagnissen und Risiken für Bauhaus wird im engeren Sinne auch alle Beteiligten. Die heutigen Technolo- mit Bauen, mit der Immobilie, der künst- gien von der Materialwissenschaft bis hin Die Bauingenieursfakultät an der Bau- lichen, weil gebauten Umwelt verknüpft. zu Kommunikationstechnologien und der haus-Universität besteht seit mehr als 50 Hier ist als Schwerpunkt die Stadtent- Informationstechnik geben uns die not- Jahren. In dieser Zeit sind große Ingeni- wicklung angesiedelt, zu der wiederum wendigen Werkzeuge an die Hand, die eure aus dieser Hochschule hervorgegan- untrennbar die Entwicklung der Immobi- Prozesse des Planens und Bauens neu gen und sind wesentliche Forschungser- lie in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher zu konzipieren. Eine ganze Anzahl ent- gebnisse erzielt worden. Dabei hat sich und technischer Hinsicht zählt. Viele sprechender Methoden muss dazu noch in den letzten Jahren gezeigt, dass immer aktuelle und sehr erfolgreiche Initiativen bereit gestellt werden. Bauen wird dann wieder besonderer Fortschritt an den nehmen unter diesem Aspekt im Bau- ein durchgängiger, beherrschter Prozess Rändern der etablierten Disziplinen mög- haus 2009 ihren unverzichtbaren Platz sein, bei dem Nutzer, Investor, Architekt, lich war. ein: die Studiengänge des Managements die Ingenieure und Fachplaner, die indus- für Bau, Immobilien und Infrastruktur triellen Lieferanten und die Handwerker, Diese Tatsache ist Grund, an der in Wei- und Europäische Urbanistik sowie das bei dem alle vernetzt und transparent mar vorhandenen historischen Klammer dort ebenfalls angesiedelte Internatio- eingebunden sind und jeweils ihre ori- des Bauhauses festzuhalten, der Einheit nale Promotionsprogramm, ferner die ginäre Leistung im Sinne des optimalen von Kunst und Handwerk unter Einbezie- breit angelegte Forschungslandschaft Gesamtbau- und -kunstwerks einbringen. hung der Technik. Natürlich werden For- zur Soziologie und Stadtentwicklung, zur schungsthemen und Entwicklungsfelder Raumplanung, zur Immobilienökonomie, Professor Hans-Joachim Bargstädt, Dekan stets fortgeschrieben. Waren es in den zu alternativen Projektentwicklungs- und der Fakultät Bauingenieurwesen, zur Frage 90er Jahren des letzten Jahrhunderts noch Finanzierungsmodellen, zum Bauen im »Was ist das Bauhaus heute?« im Wesentlichen die Weiterentwicklungen der Modellierung von Tragstrukturen, deren Berechnungsverfahren und deren Überprüfung durch Laborversuche, so hat sich das Entwicklungsfeld seitdem zuneh- mend verbreitert. Heute sind Forscher und Lehrende der Fakultät Bauingenieurwesen in mehre- ren Zusammenhängen im Sinne des Bau- hausgedankens tätig: Weiterhin steht die Modellierung und die Simulation von Tragstrukturen durch hoch entwi- ckelte Rechenmodelle und entsprechende Schwerpunkt Abbildung von Materialparametern in vorderster Front. Gleichzeitig sind die Forschungsziele vielfältiger geworden, so etwa durch die komplexen Simulationen und Visualisierungen in der Verkehrs- planung, bei der Risikoabschätzung von Hochwassern und anderen Naturkatastro- 17 phen sowie in der Bauprozessgestaltung. Fotos: Universitätskommunikation
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