HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN - JA HRBUCH 2019 | 20 20 - Goethe-Universität ...
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Die Goethe-Universität Frankfurt Darmstadt und Mainz u. a. in der Leh- am Main war im Wintersemester re und Forschung auszutauschen. So 2019/2020 mit mehr als 46.000 Studie- startete im Jahr 2019 der Sonderfor- renden die mit Abstand größte Uni- schungsbereich (SFB 1361) zur Re- versität in Hessen. An ihr lehren und gulation von DNA-Reparatur und Ge- forschen 590 Professoren; 16 Fachbe- nomstabilität. Dies ist der erste SFB, reiche bieten insgesamt 130 Studien- an dem tatsächlich alle drei Rhein- gänge an 5 Campus an. Main-Universitäten beteiligt sind. In der Drittmittelentwicklung erreicht Zum Wintersemester 2019/2020 star- die Goethe-Universität im Jahr 2019 teten 46 Geflüchtete im »Academic erneut einen neuen Höchststand. Mit Welcome Program for highly qualified 203,7 Millionen Euro inklusive der refugees« (AWP) ihre Studienvorbe- LOEWE-Mittel bewegt sie sich auf reitung an der Goethe-Universität. Von einem Spitzenniveau. Fast ein Drittel den neuen Teilnehmenden kommen des verfügbaren Budgets ist wettbe- 24 Prozent aus Syrien, 17 Prozent aus werblich eingeworben. Afghanistan, 37 Prozent aus der Tür- kei und insgesamt 22 Prozent aus Iran, Über 250 Besucherinnen und Besu- Irak, Pakistan, Somalia und Aserbaid- cher folgen im September 2019 der schan. 40 Prozent sind Frauen. 42 Ab- Einladung zum ersten »Tag der Rhein- solventinnen und Absolventen schlos- Main-Universitäten« auf den Campus sen 2019 das AWP erfolgreich ab. Westend, um sich über die Zusam- menarbeit der Universitäten Frankfurt,
Foto: Uwe Dettmar Kampagne »LAUT*STARK gegen sexua- 2 lisierte Diskriminierung und Gewalt«: Im Rahmen einer weltweiten Aktion »ZONTA Says NO to Violence Against Women« wurde am 25. November 2019 das Seminar- haus (Campus Westend) bei Einbruch der Dunkelheit orange angestrahlt.
3 Vorwort Liebe Freundinnen und Freunde der Goethe-Universität, sehr geehrte Damen und Herren, ein Jahrbuch in Zeiten von Corona: Jetzt lediglich über das Zu den Möglichkeiten der Digitalisierung haben viele Foto: Uwe Dettmar letzte Kalenderjahr zu berichten, erschien uns noch unpassen- von uns viel dazugelernt. Dabei hat uns die plötzliche Not- der als in anderen Jahren. Mit einer Ausgabe für 2019/2020 wendigkeit der rein digitalen Lehre keineswegs voll auf passen wir uns nicht nur dem scheinbar entschleunigten dem falschen Fuß erwischt: Sowohl die technischen Infra- Rhythmus der Corona-Zeit, sondern auch dem akademi- strukturen als auch die didaktischen Konzepte waren vor- schen Jahreslauf an. So können wir Uni-Geschichte(n) aus handen; diese mussten jedoch in Windeseile hochskaliert, einem Guss erzählen, ohne Cliffhanger zum 31.12. mit der verbreitet und für alle nutzbar gemacht werden. Durch den Aussicht: Fortsetzung demnächst. Der Statistikteil folgt unermüdlichen Einsatz von Lehrenden, aber auch den uner- weiterhin der etablierten Berichtslogik und bildet das Haus- lässlichen Support unserer Fachleute in der IT, der Didak- haltsjahr 2019 ab. tik und der Administration konnten wir bis zu 95 Prozent Uns steht das nunmehr schon zweite Semester unter be- der Lehrangebote in unseren 16 Fachbereichen tatsäch- sonderen Sicherheitsstandards bevor. Umso besser passt lich durchführen. Dabei haben uns auch die Experimentier der diesjährige Titel: »Herausforderungen annehmen«. Ge- bereitschaft und das Verständnis unserer Studierenden meinsam mit den anderen Hochschulen und der Politik ringen sehr geholfen. Danke dafür! wir um ein Optimum zwischen maximal riskierbarer Präsenz Auch in der Forschung gingen plötzlich die Uhren anders: und Pandemie-konformer physischer – nicht sozialer – Dis- Aus dem Stand drehte sich dort vieles um die Pandemie. Um- tanz. Insbesondere den Studienanfängerinnen und -anfän- gehend gründeten wir den Goethe-Corona-Fonds, der sich gern soll wieder das echte Uni-Erlebnis ermöglicht werden. seinem Ziel, fünf Millionen Euro für Pandemie-bezogene For- Laborpraktika, die Ausbildung am Patienten in Medizin und schung bereitzustellen, erfreulich schnell genähert hat. Wir Zahnmedizin sowie praktische Übungen in Kunst und Sport berichten dazu in diesem Jahrbuch. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre und grüße müssen und dürfen auch sein – natürlich unter »AHA+L«- Wir haben in diesem Jahrbuch wieder thematische Sie herzlichst! Bedingungen. Große Universitäten funktionieren anders als und erzählbare Schwerpunkte gebildet, in denen wir For- Ihre Schulen: Wir haben keine kleinen Gruppen, die man in stets schung, Lehre, Third Mission und studentische Aktivitä- derselben Zusammensetzung schön getrennt voneinander ten nicht neben- oder hintereinander, sondern miteinander halten könnte. Bei uns mischen sich täglich Tausende, de- darstellen: Neben »Corona« sind das »Biodiversität«, »Re- ren Wege sich in Hörsälen, Bibliotheken, Mensen und an ligion« und »Universitätsentwicklung«. Es ist eine Zeit der vielerlei anderen Orten kreuzen – und kreuzen sollen. Das Weichenstellungen. Prof. Dr. Birgitta Wolff ist essenzieller Teil von Universitas. Präsidentin
Foto: Uwe Dettmar 4 KUNST AM CAMPUS Entlang des Weges, der vom Nina-Rubinstein-Weg in Richtung Campusplatz führt, steht es: das »Haus der Winde«. Die Skulptur des Künstlers Bruno Feger erinnert an Auguste Deter, die erste Alzheimerpatientin. Sie litt unter Verfolgungs- wahn und wurde 1901 in die »Städtische Anstalt für Irre und Epileptische« eingeliefert. Assistenzarzt Alois Alzheimer diagnostizierte bei ihr zum ersten Mal die später nach ihm benannte Krankheit. Die Arbeit stellt eine Art Karton dar, der zu mehreren Seiten geöffnet ist, als Symbol für ein Behältnis voller Erinnerungen, die ein Mensch mit sich trägt und die Stabilität bedeuten. In dieser veränderten, geöffneten Form gehen sie allerdings verloren – entsprechend der Demenzerkrankung. Das Kunstwerk hat eine besondere Bedeutung für den Campus und dessen Geschichte. Das Affenstein genannte Gelände, auf dem Mitte des 19. Jahrhunderts die Städtische Psychiatrie gebaut worden war, ist der heutige Campus Westend. Gestiftet wurde »Das Haus der Winde« von Rudolf Dederer, pensionierter Jurist und Stadtteilhistoriker der Stiftung Polytechnische Gesellschaft.
5 HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN UNIVERSITÄT IN BEWEGUNG HERAUSRAGENDE ZAHLEN, DATEN, FAKTEN FORSCHUNGSLEISTUNGEN Bestandsaufnahme 2019/2020 6 Förderung Strukturierter Programme 72 Bild Schwarzes Loch 40 Goethe-Orientierungsstudium 25 Stiftungsprofessuren, -dozenturen und Auszeichnungen 42 geförderte Professuren 76 Das Bibliothekssystem in Zahlen 27 Interview – Prof. Dr. Simone Fulda 45 Stiftungsgastprofessuren und 100 Jahre Soziologie 28 -dozenturen 2019 77 Goethe-Goes-Global-Masterstipendienprogramm 46 RELIGION Personal 78 Porträt – Die Film-Masterstudierende 47 Porträt – Muslimische Studentin 52 Studierende 80 Europäische Kooperationen 48 Masterstudium Religiöse Kommunikation 53 Abschlüsse 84 Interview – Prof. Dr. Rolf van Dick 49 Zur Aktualität des Religiösen im Alltag 54 Drittmittel 86 Budget der Universität 89 CORONA UNIVERSITÄTSENTWICKLUNG SARS-CoV-2-Virus-Forschung 12 Forschungszentrum Historische Geisteswissenshaften 58 Interview – Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz 15 Interview – Prof. Dr. Birgitta Wolff 59 Impressum 90 Spendenkampagne Goethe-Corona-Fonds 16 Porträt – Die Infektiologin 60 Digitale Lehre 22 Kooperationsstudiengänge der Rhein-Main-Universitäten 62 Interview – Prof. Dr. Roger Erb 24 Stiftungsprojekt Psychiatrische Angst-Ambulanz 63 Fünf Jahre Johanna-Quandt-Jubiläumsfonds 64 BIODIVERSITÄT | KLIMA | UMWELT Nachhaltige Stadtentwicklung 32 CHRONOLOGIE 65 Porträt – Die Pilzforscherin 34 Klimaforschung Mission SouthTRAC 36 Porträt – Der Pflanzenversteher 37
6 BESTANDSAUFNAHME Universität in Bewegung HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN: EIN JAHR IM ZEICHEN DER STRATEGIE Bibliotheken, Hörsäle, Labore – diese Bilder entstehen schnell im Kopf, wenn es um Universitäten geht. • In einem Forschungsschwerpunkt wird eine Thematik Parallel zu Forschung, Studium und Lehre laufen für Außenstehende fast unbemerkt verschiedene Prozesse, von einer substanziellen Anzahl von Wissenschaftlern um interne Strukturen weiter zu optimieren und die Organisation für eine Welt im Wandel bestmöglich in einem oder mehreren Forschungsverbünden verfolgt aufzustellen. Insbesondere das Jahr 2019 war an der Goethe-Universität von gleich mehreren, ineinander – z. B. in einem Sonderforschungsbereich, in einem Gra- verzahnten Strategieprozessen geprägt. Die Hochschule wurde immer wieder zu einem Thinktank in eigener duiertenkolleg oder einem LOEWE-Zentrum. Starke Ein- Sache, bei dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Expertinnen und Experten aus den zelforschungsprojekte können hinzutreten. verschiedensten Bereichen einbrachten. Die Vorbereitungen für den Hochschulentwicklungsplan für die • Bei den Potenzialfeldern wiederum forschen Wissen- Jahre 2021 bis 2025, die Konturierung des künftigen Forschungsprofils und Überlegungen für eine neue schaftler und Wissenschaftlerinnen (in einer Gruppe Berufungsstrategie bringen die Goethe-Universität auf Kurs in Richtung Zukunft. oder einzeln, disziplinär oder interdisziplinär) an Frage- stellungen, die sich durch großes Innovationspotenzial WEITERENTWICKLUNG IM DIALOG Goethe-Universität sein. Ein abgestuftes, dynamisches und Entwicklungsperspektiven auszeichnen. Die Schwerpunkte in Forschung, Studium und Lehre, Third Modell bietet künftig den unterstützenden Rahmen, der die Mission, Internationalisierung und Organisation schreiben Forschung an der Goethe-Universität für den Wettbewerb • Ebenso wie Verbundformate der Forschung ist heraus- die hessischen Universitäten für die kommenden fünf Jahre weiter stärkt und fokussiert: Neben Leuchttürmen in der ragende Einzelforschung systematischer Bestandteil im Hochschulentwicklungsplan (HEP) fest. Im Jahr 2019 ar- Verbund- und Einzelforschung nimmt dieses Profil künftig des Forschungsprofils der Goethe-Universität. beiteten verschiedene Arbeitsgruppen intensiv am HEP für auch innovative, aufstrebende Forschungsbereiche in den die Jahre 2021 bis 2025. Der HEP bildet die Klammer für alle Blick. Damit soll das vorhandene Innovationspotenzial noch BERUFUNGEN – AUF DIE KÖPFE KOMMT ES AN weiteren Strategieprozesse an der Goethe-Universität. Die besser ausgeschöpft werden. Berufungen sind das zentrale Instrument, wenn es darum Universitätsleitung ist dabei wiederholt in den Austausch geht, eine Fachdisziplin oder ein wissenschaftliches Fach- mit der gesamten Universitätscommunity getreten, denn die Das klar strukturierte Forschungsprofil der Goethe- gebiet weiterzuentwickeln. Damit diese sich systematisch für den HEP verabschiedeten Themen betreffen die gesam- Universität wird sich aus Profilbereichen, Forschungs- mit dem künftigen Forschungsprofil und dem Hochschulent- te Universität. Universitätspräsidentin Birgitta Wolff lud da- schwerpunkten, Potenzialfeldern und der Einzelforschung wicklungsplan ergänzen, ist die Berufungsplanung explizit für zu universitätsweiten HEP-Foren ein. Bei diesen konnten zusammensetzen. als Element der Strategievereinbarungen zwischen Fach- die Teilnehmenden aus allen Statusgruppen – Professorin- bereichen und Präsidium identifiziert worden. In strate- • Hinter den Profilbereichen stehen übergreifende, die nen, Professoren, akademischer Mittelbau, Studierende und gisch relevanten Einzelfällen sollen künftig darüber hinaus Goethe-Universität prägende Forschungsfelder von technisch-administratives Personal – über bereits erarbei- auch Instrumente wie sogenannte »Cluster-Berufungen« – internationaler Sichtbarkeit. Diese sind durch einen tete Inhalte diskutieren und eigene Vorschläge einbringen. mehrere, parallele Berufungen zu einem Themenkomplex oder mehrere Forschungsschwerpunkte definiert und – oder »Open-Topic«-Ausschreibungen eingesetzt werden. werden jeweils durch ein oder mehrere Potenzialfel- FORSCHUNG ZUKUNFTSSICHER ORGANISIEREN Ein wichtiges Anliegen für die Mitglieder der Arbeits- der beziehungsweise herausragende Einzelforschung Von zentraler Bedeutung für den Hochschulentwick- gruppe »Berufungsstrategie« war außerdem das Thema ergänzt. lungsplan wird das neu konturierte Forschungsprofil der Kooperationen, bei dem es um eine Zusammenarbeit mit
Foto: Uwe Dettmar AUTOFREIER CAMPUS WESTEND 7 Mehr Sicherheit für die Fußgänger und Fahrradfahrer, mehr Universität in Lebensqualität für alle: Der Campus Westend der Goethe- Bewegung Universität ist seit September 2019 nahezu autofrei. Der zentrale Theodor-W.-Adorno-Platz ist für den motorisierten Verkehr gesperrt. Das nördliche Campusareal im Bereich der Wohnsiedlung und der weiteren neuen Universitätsgebäude ist mit einer Schranke versehen. Damit setzt die Goethe- außeruniversitären Partnern geht. Speziell dafür wurde ein er- Universität auf eine nachhaltige Mobilität, erhöht deutlich gänzendes Kooperationsformat entwickelt, das »Frankfurter die Verkehrssicherheit und setzt zugleich Vorgaben des Modell«: Dieses sieht vor, dass die Kooperation in Form einer städtischen Bebauungsplans für den Campus Westend um. Teilzeitprofessur als Nebentätigkeit – neben einer führenden Position an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung – ausgeübt werden kann. Zwei konkrete Zahlen sind ebenfalls in der Strategie ent- halten: Bis 2025 soll der durchschnittliche Anteil neuberufener Professorinnen stabil bei 50 Prozent liegen. Und insgesamt sol- len über alle Fachbereiche maximal 25 Prozent der Professuren über das Tenure-Track-Verfahren besetzt werden. LEHRE – QUALITÄT FÜR ALLE Immer beliebter, immer größer: Der Run auf die Goethe-Universi- tät blieb auch 2019 und 2020 ungebrochen. Wie aber ist ein qua- litätsvolles Studium für eine größer und heterogener gewordene Studierendenschaft möglich, bei der einige Unterstützungsmaß- nahmen brauchen, während andere ein höheres Leistungsniveau einfordern? Um die Fachbereiche bei dieser Herausforderung nicht alleinzulassen, startete die Goethe-Universität 2019 u .a. zwei neue Angebote, die das erfolgreiche Programm »Starker Start ins Studium« (Qualitätspakt Lehre) ergänzen. Überblick verschaffen – Das Orientierungsstudium der Goethe-Universität unterstützt seit 2019/2020 eine reflektierte Studienwahl. Den Auftakt machten die Studierenden des neuen Bachelorstudiengangs Natur- und Lebenswissenschaften. Zum Sommersemester konnte dann auch, wie geplant, das GO Geis- tes- und Sozialwissenschaften aufgenommen werden – mit ei- nem intensiven virtuellen Begleitprogramm für den unter Corona- Bedingungen stattfindenden Lehrbetrieb.
Fotos: Uwe Dettmar INVESTITION IN STRUKTURBIOLOGIE Die Goethe-Universität erhält ein 1,2-Giga- 8 hertz-Spektrometer für Kernresonanzspek- trometrie (NMR). Dafür wird derzeit auf dem Campus Riedberg ein unterirdischer Anbau eigens für das neue Großgerät gebaut. Das Studienerfolg im Dialog – Um einem späten Studienabbruch entgegen- Spektrometer ermöglicht dem Zentrum zuwirken und zudem leistungsstarke Studierende gezielt zu fördern, wur- für Biomolekulare Magnetische Resonanz de 2019 das Projekt »Studienerfolg im Dialog« ins Leben gerufen. Für beide (BMRZ ), seine in Europa führende Stellung Ziele werden im Vorhinein fachspezifisch festgelegte Studierendengruppen als NMR-Großforschungseinrichtung weiter proaktiv zum persönlichen Gespräch in die Studienfachberatung eingeladen. auszubauen. Das Zentrum koordiniert u. a. Leistungsschwächere Studierende erhalten dabei individuelle Hilfestellun- weltweit die NMR -basierte Strukturfor- gen und werden gegebenenfalls gezielt an weitere Beratungsangebote ver- schung an SARS -CoV-2. wiesen. Besonders leistungsstarke Studierende werden auf Förderangebo- Das BMRZ an der Goethe-Universität te oder Möglichkeiten der Anbindung an das Fach aufmerksam gemacht. stellt europäischen Forschenden seine Expertise in der NMR -Spektroskopie zur BAUVORHABEN – DIE GOETHE-UNIVERSITÄT WÄCHST Verfügung. Bereits jetzt nutzen Besucher In den nächsten zehn Jahren wird die Goethe-Universität um zahlreiche neue aus dem Ausland täglich die Geräte, um die Gebäude wachsen. Größtes Bauprojekt ist der Neubau der Universitätsbi- Strukturen von Proteinen, RNA und DNA zu bliothek. Sie soll den Campus Westend nach Norden hin erweitern. Für die ermitteln. Außerdem ist es Partnern aus der »Universitätsbibliothek der Zukunft«, die Lern- und Kollaborationsort sein Industrie über Kooperationsverträge mög- Forschungneubau für ein 1,2-Gigahertz-Spektrometer: Hier soll und modernste Forschungsinfrastruktur integriert, stehen bisher 105 lich, gezielt nach Wirkstoffen zu suchen. nehmen Wissenschaftler Molekül-Strukturen ins Visier. Millionen Euro aus dem Verkauf des Frankfurter Alten Polizeipräsidiums zur Steht künftig das derzeit leistungsfähigste 1,2-Gigahertz-NMR -Spektrometer bereit, Verfügung. Mit dem Bau der Universitätsbibliothek steigen auch die Chan- werden jährlich 20 Nutzergruppen aus cen auf den von vielen gewünschten eigenen U-Bahn-Anschluss Westend. ganz Europa erwartet. Für Forschende, Außerdem ist auf dem Campus Westend ein »Center for Humanities« ge- die bisher wenig Erfahrung mit NMR haben, plant. Es könnte nach gegenwärtigem Planungsstand 2023/2024 bezugsfertig werden in den kommende vier Jahren eigene sein und wird aus Rücklagen der Hochschule finanziert. Gedacht ist an 200 Ar- Trainingsprogramme angeboten. beitsplätze für Geistes- und Sozialwissenschaftler, eine kleine Bühne für Pro- ben und Aufführungen sowie Kunst des chinesischen Bildhauers Ai Weiwei. Nahezu fertig ist der Neubau des Studierenden-Wohnheims am Cam- pus Ginnheim. 297 Studierende können dort möblierte Einzelappartements à 20 m² mit eigenem Duschbad und Küchenzeile beziehen, fünf davon sind barrierefrei. Ergänzt wird das Angebot durch Gemeinschafts-, Fitness- und Waschmaschinenräume. Die künftigen Mietpreise liegen bei rund 350 Euro, inklusive aller Nebenkosten. Auf Initiative der Universität ist es gelungen, die ursprünglich geplante Zahl von Plätzen fast zu verdoppeln. Weitere große Bauvorhaben sind ein Neubau für den Fachbereich Chemie und ein weiterer für Mathematik und Informatik auf dem Campus Riedberg.
UNIVERSITÄT (ER-)LEBEN 9 Universität in Bewegung GOETHE-UNI = KLIMAFREUNDLICH Als Energiegroßverbraucher ist die Goethe-Universität gefordert, sparsam und effizient mit den Ressourcen umzugehen. Sie hat einen jährlichen Stromverbrauch von 66 WOHNEN UND FORSCHEN AUF GWh, das entspricht dem Verbrauch von etwa DEM RIEDBERG 16.600 Einfamilienhäusern. Die Energieversor- gung stammt zu 100 Prozent aus regenerativen Wissenschaft verbindet Menschen weltweit. Ein Quellen. Im Rahmen der Initiative COME (CO 2- EIN HAUS FÜR DIE Forschungsaufenthalt in einer ausländischen In- Minderungs- und Energieeffizienzprogramm) BÜRGERGESELLSCHAF T stitution ist für alle Wissenschaftler und Wis- werden für insgesamt 35 Millionen Euro Photo- senschaftlerinnen ein bereicherndes Erleb- voltaik-Anlagen auf den Uni-Dächern installiert. Die neue Direktorin des universitätseige- nis. Die besondere Verbindung zwischen der Energieeffizienz-Maßnahmen werden regelmä- nen Museums Giersch ist die Kunsthistorikerin Goethe-Universität und der Stadt Frankfurt mit ih- ßig geprüft und umgesetzt, so etwa der Umbau Dr. Birgit Sander. Sie hat das Haus bisher kommis- ren Partnerstädten macht die G oethe-Universität der Beleuchtung in den Magazinen der Univer- sarisch geführt. Ihr Vorgänger Dr. Manfred Groß- immer attraktiver für internationale Wissen- sitätsbibliothek. Damit lassen sich 137.000 kWh kinsky war Ende 2019 in Ruhestand gegangen. Als schaftler. Dafür braucht es neben sehr guten Ar- Strom pro Jahr einsparen. Das entspricht dem dessen Stellvertreterin hat sie mit ihrer langjäh- beitsbedingungen auch bezahlbare Wohnmöglich- Verbrauch von 35 Vier-Personen-Haushalten. rigen Museums- und Ausstellungserfahrung im keiten. Mitten auf dem naturwissenschaftlichen Die Goethe-Universität nimmt zudem an ver- Museum Giersch der Goethe-Universität schon Campus Riedberg entstehen deshalb ein Interna- schiedenen Energieeffizienz-Projekten teil, bei- in der Vergangenheit viel beachtete Ausstellun- tional House sowie ein neues Studierendenwohn- spielsweise dem »Entwickeln und Setzen von gen realisiert. Sie war seit dem Jahr 2000 am Auf- heim. Bis 2022 entstehen hier 27 Wohneinheiten Anreizsystemen zur Energieeinsparung« oder bau des regional ausgerichteten Hauses beteiligt für internationale Gastwissenschaftler und 324 der »Initiative Energieeffizienz-Netzwerk«. Im und gab dem Museum mit zahlreichen Sonder- Wohneinheiten mit 359 Plätzen für Studierende. Sommer 2019 wurde sie als erste Universität ausstellungen sein spezifisches Profil. Nachdem Für dieses Bauprojekt haben sich das Studenten- in Deutschland nach DIN ISO 50001 zertifiziert, das Museum Giersch zum 100-jährigen Bestehen werk Frankfurt am Main und die Stiftung zur Förde- nachdem sie erfolgreich ein Energiemanage- der Goethe-Universität zum Universitätsmuse- rung der internationalen wissenschaftlichen mentsystem eingeführt hat. um geworden war, forcierte Sander gemeinsam Beziehungen zusammengeschlossen. mit Großkinsky auch die thematische Anbindung Sie bilden die »Bauherrengemein- an die Hochschule. Als Kuratorin zeichnete sie schaft IHCR«, die Bauherrin und zuletzt für die Ausstellungen »Ersehnte Freiheit Eigentümerin ist. – Abstraktion in den 1950er Jahren« (2017) und »Frobenius – die Kunst des Forschens« (2019) mitverantwortlich. Sie ist sowohl mit der Muse- umsszene als auch mit verschiedenen Bereichen der Universität gut vernetzt.
10 THIRD MISSION Die Goethe-Universität schließt über Konzept für energieeffizientes Hoch- im Jahr 2019 an der Goethe-Universi- ihr Technologietransferunternehmen leistungsrechnen entwickelt, dafür tät 15 Stiftungsprofessuren. Weitere Innovectis einen Exklusivlizenzvertrag ein europäisches Patent erhalten und acht Professuren wurden anteilig ge- mit ihrem neuem Spin-off-Unterneh- über Innovectis mit NDC bereits einen fördert und elf aktive Stiftungsgast- men Vivlion® GmbH. Das Biotechno- Industriepartner gefunden. Das Pa- professuren unterstützt. logieunternehmen wurde gegründet, tent ermöglicht die globale Vermark- um mit dem 3Cs-Verfahren die Suche tung der »Green-IT«-Technologie. Die Goethe-Universität hat im akade- nach neuen Medikamenten entschei- mischen Jahr 2019/2020 500 Deutsch- dend zu verbessern. Die 3Cs-Techno- Mit mehr als 1.600 Mitgliedern unter- landstipendien für Studierende ermög- logie ermöglicht es erstmals, kombi- stützt die Vereinigung von Freunden licht und mit einem Spendenvolumen natorische »CRISPR /Cas«-Reagenzien und Förderern der Goethe-Universität von 900.000 Euro erneut ein heraus- herzustellen. Mit der »CRISPR /Cas«- jährlich über 200 junge Wissenschaft- ragendes Ergebnis erreicht. Zusam- Methode können Gene gezielt ausge- lerinnen und Wissenschaftler sowie men mit dem vom Bund ergänzten glei- schaltet werden. deren Forschungsprojekte. 2019 und chen Betrag sind damit 1,8 Millionen 2020 engagierten sich neu gewonne- Euro in die Förderung von Studieren- Großrechenzentren in der ganzen ne Stifter insbesondere in Projekten den der Goethe-Universität geflossen. Welt können künftig mit »Green IT« der Psychologie und Psychiatrie so- Seit Beginn 2011 konnten insgesamt aus Hessen Energie sparen. Volker wie den Wirtschaftswissenschaften. 4.523 Stipendien an Studierende aller Lindenstruth, Professor für Hochleis- Fachbereiche vergeben werden. Das tungsrechner-Architektur, hat zusam- Private Stifterinnen und Stifter sowie entspricht einem privaten Spendenvo- men mit verschiedenen Partnern ein namhafte Unternehmen ermöglichten lumen von 8,14 Millionen Euro.
Foto: Jürgen Lecher 11 PROBEN-POOLING: 50 AUF EINEN STREICH Das Institut für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum der Goe- the-Universität und der Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreu- zes in Frankfurt haben ein neues Verfahren zur SARS-CoV-2-Diagnostik entwickelt (Transfusion 2020, doi: 10.1111/trf.15973), mit dem die Test- kapazitäten deutlich erhöht werden können. Dabei werden bis zu 50 Ab- strichproben mit dem »Multiple-Swab-Verfahren« in einem Röhrchen zusammengeführt, nachdem alle Abstrichröhrchen zuvor in einem Ein- zelröhrchen platziert wurden. Anschließend erfolgt der Genomnachweis mit einer PCR. Mit diesem Verfahren lässt sich die Testkapazität deutlich erhöhen, ohne dass es zu einer Reduktion der Sensitivität kommt. Daher ist das Verfahren v. a. für ein Screening von Personen ohne Krankheits- symptome – wie beispielsweise Reiserückkehrer – geeignet. Das Verfahren ist vom universitätseigenen Technologietransferunter- nehmen Innovectis bereits international auslizenziert. CORONA
Foto: Jürgen Lecher 12 Corona Von links nach rechts: Prof. Dr. Jindrich Cinatl, Leiter Forschungslabor am Institut für Medizinische Virologie Prof. Dr. Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie Prof. Dr. Ivan Đikić, Direktor des Instituts für Biochemie II Dr. Christian Münch, Forschungsgruppenleiter am Institut für Biochemie II
FR ANK FUR TER FORSCHER AUF DER SPUR 13 EINES MEDIK AMENTS GEGEN COVID-19 Corona DIE VIRUSJÄGER Weltweit forschen Virologen, Infektiologen und Biochemiker fieberhaft an Wirkstoffen gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2, das die Krankheit COVID-19 auslösen kann. Am Universitätsklinikum Frankfurt besetzen gleich mehrere Wissenschaftler Schlüsselpositionen im Kampf gegen das Virus. Nachdem die Forschenden gleich zu Beginn der Pandemie in Deutschland ein Pooltestverfahren entwickelten, welches die Diagnose einer Infektion mit SARS-CoV-2 beschleunigt, legte das interdisziplinäre Team um die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek und den Biochemiker Prof. Dr. Ivan Đikić jetzt weitere Forschungserfolge vor: Sie haben vielversprechende Wirkstoffe gegen das Virus gefunden. A ls Anfang Februar 2020 die ersten deutschen Reise- rückkehrer aus der chinesischen Provinz Hubei lan- deten, war die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek mit ih- FORSCHEN UND HEILEN Sandra Ciesek leitet seit Mai 2019 das Institut für Medizi- nische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Viren Schon 2003 während der SARS-Epidemie erforschte er das SARS-assoziierte Coronavirus. Anhand des jetzigen Zellkul- turmodells konnten die Forscher erkennen, wie das SARS- rem Team am Frankfurter Flughafen dabei: »Wir haben faszinieren sie schon lange. Jahrelang forschte sie zu den CoV-2-Virus, der Erreger von COVID-19, menschliche Zellen entschieden, allen Passagieren einen Test anzubieten – Hepatitis-C-Erregern und war daran beteiligt, ein Medika- verändert. Das gelang ihnen mit einer besonderen Form der egal ob sie Symptome haben oder nicht – und einfach ei- ment dagegen zu finden. »Ich möchte herausfinden, warum Massenspektrometrie, einer Analysemethode, die das Team nen Rachenabstrich zu machen. Ich hatte damals schon es so unterschiedliche Verläufe bei unterschiedlichen Pa- um Dr. Christian Münch vom Institut für Biochemie II der vermutet, dass aufgrund der Symptome, die Infizierte zei- tienten gibt. Und ich wollte schon immer translational for- Uniklinik erst vor wenigen Monaten selbst entwickelt hat- gen, und der Übertragung ein einfacher Rachenabstrich für schen, d. h. nah am Patienten, und die Fragestellungen aus te: »Wir sind hier sehr technologiegetrieben. Oft sind es die eine Diagnose ausreicht.« Zweifler an der einfachen Me- der Klinik mit ins Labor nehmen.« Besonders wichtig sind ihr unkonventionellen Ideen, die uns voranbringen«, sagt Bio- thode machten sich zunächst über Ciesek lustig, erzählt dabei die Verbindung von Grundlagen- und anwendungsori- chemiker Münch. Diese Methode erlaubt, die Menge und sie. Denn diese waren überzeugt, nur Proben aus den Tie- entierter sowie die translationale Forschung. So wie jetzt Herstellungsrate von Tausenden Proteinen zu bestimmen, fen der Lunge brächten adäquate Ergebnisse. Ein solches bei dem Coronavirus. die sich in der Zelle befinden. Testverfahren sei aber gar nicht so einfach und, wenn je- SARS-CoV-2 zu erforschen und ein Medikament gegen mand nicht huste, technisch auch gar nicht so leicht um- die Erkrankung COVID-19 zu entwickeln, ist geradezu ein Pa- setzbar, erklärt Sandra Ciesek. Mit ihrer Studie bewies sie: radebeispiel für disziplinübergreifende Forschungskoopera- Auch mit einem Rachenabstrich aus den oberen Atemwe- tionen. Die Wissenschaftler um Sandra Ciesek verwendeten gen ist die Diagnose möglich. Außerdem konnten sie und für ihre Arbeiten Viren, die sie aus Abstrichen zweier infizier- »Die an der Goethe-Universität etablierten ihr Team nachweisen, dass auch symptomfreie Personen ter Rückkehrer aus Wuhan gewonnen hatten. Der Biologe interdisziplinären Kooperationen mit der Träger und somit Überträger des Virus sein können – eine Prof. Dr. Jindrich Cinatl, Arbeitsgruppenleiter am virologi- Uniklinik Frankfurt helfen uns sehr.« entscheidende Entdeckung und der Beginn der Frankfur- schen Institut, züchtete die Erreger im Labor auf menschli- PROF. DR. SANDRA CIESEK ter Erfolgsgeschichte. chen Darmzellen an. Cinatl hat Erfahrung mit Coronaviren. DIREK TORIN INS TIT UT F ÜR MEDIZINISCHE VIROLOGIE
Foto: Unsplash.com 14 Corona »Die interdisziplinäre Kooperation zwischen Biochemikern und Virologen ist sehr erfolgreich. Das Projekt wurde erst vor ein paar Monaten begonnen und offenbart schon jetzt neue therapeutische Ansätze bei der Krankheit COVID-19.« PROF. DR. IVAN ĐIKIĆ DIREK TOR DES INS TIT UTS F ÜR BIOCHEMIE II Die Virologie beschäf- DURCHBRUCH DANK ZUSAMMENARBEIT DETEKTIVISCHE MEISTERLEISTUNG TRANSLATION ZUGELASSENER MEDIKAMENTE tigt sich sowohl mit Die Ergebnisse dieser sogenannten me-PROD-Techno- Sie sei froh, dass SARS-CoV-2 ein RNA-Virus ist, sagt Die neuen Erkenntnisse aus der Kooperation mit den Eigenschaften als auch logie zeichnen ein Bild vom Verlauf einer SARS-CoV- Sandra Ciesek, die seit Jahren mit dem Hepatitis-C-Virus Biochemikern ermöglichten es, die Suche nach einem mit Herkunft und Ver- breitung von Viren und 2-Infektion: Während viele Viren die reguläre Prote- ein anderes RNA-Virus erforscht. Das habe die Suche Wirkstoff auf bereits zugelassene Medikamente zu kon- der Bekämpfung viraler inproduktion ihres Wirts zugunsten viraler Proteine nach einem Wirkstoff etwas erleichtert. Und dennoch zentrieren. »Der erfolgreiche Einsatz von Wirkstoffen Krankheiten. herunterfahren, beeinflusst SARS-CoV-2 die Prote- war es eine gewaltige Aufgabe, innerhalb weniger Wo- gegen SARS-CoV-2, die Bestandteile von bereits zu- inproduktion der Wirtszellen nur wenig – die viralen chen aus rund 6.000 Wirkstoffen nun genau die Medika- gelassenen Medikamenten sind, ist eine große Chan- Proteine scheinen in Konkurrenz zu den Proteinen der mente herauszufinden, auf denen jetzt alle Hoffnungen ce für die Bekämpfung des Virus«, davon ist auch Jin- Wirtszelle hergestellt zu werden. Stattdessen scheint ruhen. Mit einer Viertelmillion Euro aus dem Johanna drich Cinatl überzeugt. »Solche Wirkstoffe sind bereits das Virus die Proteinsynthesemaschinerie anzukurbeln. Quandt Jubiläums-Fonds konnte die Virologin qualifi- gut charakterisiert, und wir wissen, wie sie vom Pati- Ein Schwachpunkt, vermuteten die Forscher. Sie tes- zierte Nachwuchswissenschaftler einstellen und die enten vertragen werden.« teten in der Zellkultur, ob Wirkstoffe diese Proteinpro- Suche nach wirksamen Medikamenten vorantreiben. Ribavarin etwa ist ein Arzneistoff aus der Gruppe duktion hemmen oder ganz stoppen können – das ge- Um eine passende antivirale Substanz zu finden, ar- der Virostatika und bereits als Mittel gegen chronische lang ihnen in nur drei Wochen tatsächlich: »Es ist ein beiteten sich Cieseks Mitarbeiter zusammen mit dem Hepatitis-Erkrankungen auf dem Markt. Der große Vor- RNA-Virus, und in der Zelle muss dann natürlich auch Fraunhofer Institut durch sogenannte »Compound Lib- teil: Ribavarin lässt sich wie ein Asthma-Spray anwen- viel Virus-RNA hergestellt werden, um neue Viren zu raries«. »Dafür braucht man viele Leute, weil das wahn- den. Die Ergebnisse der Frankfurter Wissenschaftler machen. Wir konnten zeigen, dass sich durch eine Be- sinnig viele Substanzen sind – tausende, zehntausen- sind so überzeugend, dass in Kanada bereits klinische handlung mit einem Stoff namens Ribavarin das Virus de. Die werden jetzt alle mit unserem Zellkultur-Modell Studien an COVID-19-Patienten begonnen haben. Meh- in der Zelle nicht mehr vermehren kann«, erklärt Dr. getestet«, sagt Ciesek. »Unser Ziel war es, möglichst rere verwandte sowie weitere Wirkstoffe werden mitt- Christian Münch, Leiter der Gruppe Proteinqualitäts- zeitnah mit klinischen Studien an Probanden und Pati- lerweile in klinischen Studien getestet. kontrolle. Ähnlich erfolgreich war der Einsatz eines enten zu beginnen.« Die Virenforscherin erklärt unauf- Wirkstoffs, der auf die Zuckerproduktion in den Zellen geregt, aber beschönigt auch nichts. abzielt und diese hemmt.
CORONA »SPENDEN SCHAFFT IDENTITÄT, 15 NACHGEFRAGT BEI … VIELFALT UND VERBUNDENHEIT.« Stiftungs Corona universität Die Universitätsleitung legte Anfang Februar 2020 gemein- der Spendenkampagne »Goethe-Corona-Fonds« täglich sam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt den »Goethe- aufs Neue. Sie sind mit diesem Projekt ausgesprochen Corona-Fonds« auf, um die Corona-Krise wissenschaftlich, erfolgreich, gerade weil die Verbindung zu Ehemaligen keine klinisch und organisatorisch zu bewältigen. Was wurde Einbahnstraße ist. Unter den Spendern nämlich befinden damit bislang erreicht? sich erfreulich viele Alumni. Mit dem neu aufgelegten »Goethe-Corona-Fonds« Welche Rolle spielt die Vereinigung von Freunden und Förde- können wir inzwischen mehr als 30 Forschungsprojekte rern der Goethe-Universität bei diesen Anstrengungen? … Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, der als Vizeprä- zu Infektionen mit COVID-19 unterstützen. Darauf bin ich Die Freunde und Förderer der Goethe-Universität zeigten sident für Third Mission mit Spendenkampagnen für die sehr stolz. Dies alles ist nur möglich dank großherziger sich äußerst spendabel. Das entspricht auch ihrem private Hochschulförderung der Goethe-Universität sorgt. Spenden, die wir von allen Seiten erhalten. Mit einer Selbstverständnis. Viele von ihnen beteiligten sich mit großen privaten Einzelspende hat uns Stefan Quandt großen Einzelspenden für den »Goethe-Corona-Fonds«. beispielsweise eine Qualifikationsprofessur am Institut für Foto: Uwe Dettmar Insgesamt kam eine sechsstellige Summe zusammen, weil Medizinische Virologie gestiftet. Viele global agierende der Vorsitzende der Freunde, Prof. Dr. Wilhelm Bender, Unternehmen und Stiftungen wie die Deutsche Börse, einige Mitglieder persönlich ansprach, diese Initiative American Express, Goldman Sachs und die S&P Global der Goethe-Universität und des Universitätsklinikums zu Foundation unterstützen uns hier in Frankfurt, und auch unterstützen. Auch bei den Freunden und Förderern spielt die Frankfurter Stiftungen wie die Albert und Barbara von der Netzwerkgedanke eine große Rolle. Darüber hinaus Metzler-Stiftung, die Stiftung Polytechnische Gesellschaft stellte die Vereinigung 35.000 Euro aus den Jahresbeiträgen und die Aventis Foundation zeigen wieder einmal, dass wir ihrer Mitglieder zur Verfügung. Third Mission bedeutet uns als Stiftungsuniversität auf sie verlassen können. Auch auch Partnerschaft mit der Freundesvereinigung für eine Stiftungen aus der Region wie die Dr. Hans Messer Stiftung zukunftsgerichtete Entwicklung der Universität. oder die Lilly Deutschland Stiftung konnten wir mit unserem Spendenaufruf erreichen. Ihnen und allen unseren großen Der Erfolg der Spendenkampagne »Goethe-Corona-Fonds« und kleinen Spendern sagen wir ein herzliches Dankeschön! bedeutet strategisch also vor allem was? Die Goethe-Universität ist eine Bürgeruniversität mit starker Spendenkampagnen wie die des »Goethe-Corona-Fonds« Gesellschaftsorientierung. Diesen Gedanken mögen die beruhen an der Goethe-Universität vor allem auf Netzwerk- Spenderinnen und Spender. Wir sind also auf dem richtigen arbeit. Welche Idee steckt dahinter? Weg, wenn wir mit großem persönlichem Einsatz für unsere Dahinter steckt der Third-Mission-Gedanke – die Stif- Goethe-Universität werben. Für unser professionelles und tungsuniversität wirkt in die Region, umgekehrt engagieren erfolgreiches Fundraising haben wir 2019 sogar den Deut- sich die Menschen für ihre Universität. Netzwerkarbeit schen Hochschulfundraisingpreis gewonnen. Unser Konzept, beruht auf Gegenseitigkeit. So dient etwa unsere Alumni- Bürgerinnen und Bürger als Spender für die Universität zu Arbeit nicht dem reinen Selbstzweck. Vielmehr hat unser gewinnen, setzt Maßstäbe. Dieses Engagement entfaltet Alumni-Netzwerk einen großen Mehrwert. Das erleben sogar eine Sogwirkung auf andere Stifter und Spender. Wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer »Taskforce« sind stolz und dankbar dafür!
Foto: shutterstock 16 SPENDENKAMPAGNE #GoetheCoronaFonds Corona Deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen sind bei der Erforschung des Corona-Virus und der Suche nach wirksamen Medikamenten und Impfstoffen weltweit vorne mit dabei, auch die Goethe-Universität und ihr Universitätsklinikum. Tag und Nacht suchen die Forschenden nach Schwachpunkten des Virus, um es dadurch wirksamer bekämpfen zu können und Medikamente zu entwickeln. Dabei ziehen alle an einem Strang: Vi- rologen, Epidemiologen, Zellforscher, Biochemiker und viele mehr. Sie alle sind im ständigen Austausch, auch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Universitäten im In- und Ausland, um COVID-19 mit einer wirksamen Therapie den Schrecken zu nehmen. Dabei Spendenstand hilft ihnen ein besonderes Instrument der Stiftungsuniversität, das es in dieser Form nur in Frankfurt gibt: der Goethe-Corona- 4,75 Mio. € Fonds. Am Ende soll er insgesamt 5 Millionen Euro schwer sein, gespeist aus rein privaten Mitteln von Menschen und Unternehmen aus Stadt und Region, die damit einen Beitrag leisten, dass die Wissenschaftler schneller zu Forschungsergebnissen finden. Mit den Spenden aus dem Goethe-Corona-Fonds unterstützt 4 Mio. € werden bislang v. a. naturwissenschaftliche Forschergruppen aus Virologen und Infektiologen, pharmazeutischen Biologen und Chemikern, Toxikologen und Intensivmedizinern, die dem 3 Mio. € SARS-CoV-2-Virus auf der Spur sind. Sie gehen etwa der Frage nach, wie sich das Virus vermehrt, wie es in Lungen-, Nieren- und Darmzellen wirkt oder welche Medikamente virenhemmend 2 Mio. € wirken. Andere Spenden fließen in die Anschaffung von Geräten für die intensivmedizinische Forschung oder in den Aufbau einer Biobank, die Proben und klinische Daten zu Krankheitsverläufen 1 Mio. € sammelt. Aber auch Projekte der Wirtschaftswissenschaften und der Psychologie, die sich mit den wirtschaftlichen und gesell- schaftlichen Folgen der Corona-Pandemie beschäftigen, erhielten durch den Fonds bereits eine Anschubfinanzierung – wie zuletzt das »Corona-Krisentelefon« des Fachbereichs Psychologie, das psychisch belasteten, an Corona erkrankten Menschen kostenlose und anonyme Beratung anbietet. Mehr als 30 Forschungsprojekte an der Goethe-Universität werden derzeit mit Mitteln aus dem Corona-Fonds unterstützt. Und ihre Zahl nimmt weiter zu.
SPENDEN FÜR DEN CORONA-FORSCHUNGSMARATHON 17 Corona ANGST VOR CORONA Auf die Verbreitung der Corona-Infektion (SARS- CoV-2) und die Maßnahmen zu deren Eindäm- mung reagieren Menschen in Deutschland un- terschiedlich. Manche Menschen gehen sehr gelassen mit der Situation um. Für andere ist CORONA-BIOBANK BEOBACHTET die Isolation sehr belastend: Grübeln, Anste- FOLGESCHÄDEN ckungsängste, Einsamkeit, Sorgen um die Zu- kunft und Depressionen können die Folge sein. Eine Biobank mit Proben und klinischen Daten Welche Rollen hierbei das Wissen über die In- von COVID-19-Patienten auch nach ihrer Gene- fektion und Emotionen spielen, ist bislang noch sung wird in der Infektiologie des Universitäts- nicht untersucht worden. Eine Studie von Prof. Dr. klinikums aufgebaut, der Goethe-Corona-Fonds MEDIK AMENTE GEGEN COVID-19 Ulrich Stangier, Abteilungsleiter der Klinischen stellt hier Personalmittel zur Verfügung. Die Pro- Psychologie und Psychotherapie an der Goethe- ben und Informationen der Biobank legen eine Universität, und seinem Mitarbeiter Schahryar wichtige Basis zum Verständnis der Krankheits- Potenzielle Wirkstoffe zur Behandlung von Kananian, MSc des Instituts für Psychologie an prozesse und für die Entwicklung von Diagnos- SARS-CoV-2-Kranken werden bei dem NMR- der Goethe-Universität, soll erste Erkenntnis- tika, Medikamenten und Therapien. Darüber hi- COVID-19-Projekt identifiziert. Es bestimmt die se hierzu liefern. Außerdem wurde am Zentrum naus unterstützte der Goethe-Corona-Fonds die dreidimensionale Struktur aller RNAs und Pro- für Psychotherapie des Instituts für Psychologie Abteilung mit Sachmitteln für eine Studie zum teine von SARS-CoV-2-Viren. Über Strukturver- eine telefonische Krisenberatung für Personen diagnostischen Einsatz von Ultraschalluntersu- gleiche mit Wirkstoff-Datenbanken lässt sich eingerichtet, die unter den psychischen Folgen chungen der Lunge und zur Bewertung verschie- herausfinden, ob bereits bekannte Wirkstof- der Corona-Pandemie leiden. dener Isolationskonzepte im COVID-19-Kontext. fe an Virus-Moleküle binden und daher poten- Die Biobank ist ein Projekt von Prof. Dr. Maria Ve- zielle Medikamente sind. Koordiniert wird das hreschild, Leiterin des Schwerpunkts Infektiolo- Verbundforschungsprojekt von Prof. Dr. Harald gie, und PD Dr. med. Timo Wolf, Leiter der Infek- Schwalbe, Zentrum für Biomolekulare Magneti- tionsstation am Universitätsklinikum Frankfurt. sche Resonanz an der Goethe-Universität. Be- teiligt sind auch Forschende der TU Darmstadt. Der G oethe-Corona-Fonds unterstützt bei dem Vorhaben beteiligte Nachwuchsgruppen und fi- nanziert eine Doktorandenstelle. Zudem wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemein- schaft gefördert. Die vorgestellten Projekte sind eine Auswahl. Insgesamt wurden – Stand Drucklegung – mehr als 30 Projekte mit Mitteln des Goethe-Corona-Fonds gefördert.
18 Corona CORONA-CHAT Susanne Honnef, Referentin Fundraising/Sponsoring »Als es mit Corona so richtig losging, wa- Mitarbeitern, bereits bekannten Förderern ren wir uns in der Abteilung Private Hoch- der Goethe-Universität verging seit dem schulförderung sofort einig: Wir müssen 20. März 2020 keine Woche, in der nicht den bedrohlichen Szenarien der SARS- irgendeine bis dato für uns neue Stiftung, CoV-2-Pademie etwas entgegensetzen. ein Unternehmen oder eine Privatperson Wir müssen etwas dafür tun, dass unse- eigeninitiativ auf uns zugegangen ist und re Forscher an Uni und Uniklinik sofort uns mit großzügigen Spenden unterstützt alle Möglichkeiten haben, das Virus und hat.. Mittlerweile sind es insgesamt über eine mögliche Therapie zu erforschen. 2.000 Spenderinnen und Spender, die uns Quasi über Nacht starteten wir deshalb unterstützen. Die eingeworbenen Gelder die Fundraising-Kampagne #GoetheCo- sind schon in eine Vielzahl von Projekten ronaFonds. Unser Spendenziel: fünf Milli- eingeflossen, die uns hoffentlich mittel- onen Euro. Verrückt. Aber was dann folg- fristig dabei helfen, weitere Corona-Kri- te, war überwältigend. Wir erlebten eine sen zu vermeiden oder wenigstens deren Susanne Honnef unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft. Folgen zu reduzieren.« Neben großzügigen Spenden von Alumni, Hannah Appich, Masterstudentin Friedens- und Konfliktforschung »Der Ausbau des digitalen Lehrangebots Leistungen nachgewiesen werden. Das brachte durchaus Vorteile mit sich. So hat mich von Tag eins des Semesters an konnten etwa externe Expertinnen und meinen Schreibtisch gebunden, was es Experten leichter in Seminare eingeladen zusätzlich erschwerte, eine klare Grenze werden. Umgekehrt hatte ich die Mög- zwischen Uni und Freizeit zu ziehen. Auch lichkeit, Webinare von Organisationen weil ich wie viele neben dem Studium ar- an anderen Orten zu besuchen. Gleich- beite, musste ich mich am Ende dafür ent- zeitig ging durch das digitale Semester scheiden, weniger Veranstaltungen als ge- ein wichtiger Teil meines Studiums ver- plant zu belegen. Das alles wäre aber gar loren: die gemeinsame Erarbeitung von nicht so schwergefallen, hätte ich mich Themen und die anschließende Diskus- in der Pause oder zwischen den Semina- sion in Seminaren. Auch das immens an- ren mit Freundinnen und Freunden auf ei- gestiegene Arbeitspensum ist ein großes nen Kaffee oder zum Mittagessen treffen Thema. Die Teilnahme an Veranstaltungen oder gemeinsame Bibliothekstage einle- muss nun oft durch zusätzliche schriftliche gen können. Das fehlt mir am meisten!« Hannah Appich
Alle Fotos dieser Seite: Jürgen Lecher Jan Wauschkuhn, Leiter Applikationen, Hochschulrechenzentrum 19 »Als sich im März ein Lockdown auch an Gerade in der Anfangszeit führte das zu Corona der Goethe-Universität abzeichnete, war langen Arbeitstagen (bzw. kurzen Näch- klar, dass das Hochschulrechenzentrum vor ten). Mails um halb 4 Uhr nachts waren großen Herausforderungen durch Homeof- keine Seltenheit. Trotz der Tatsache, dass fice-Betrieb und virtuelles Semester ste- man sich nicht persönlich absprechen hen würde. Dabei ging es darum, in kürzes- kann, herrscht eine konstruktive und pro- ter Zeit sowohl die Serverkapazitäten als duktive Arbeitsatmosphäre in den Teams, auch die Support-Strukturen auf ein Vielfa- unter Kollegen und mit der HRZ-Leitung. ches der Nutzerzahlen vorzubereiten. Bei Unsere Ansprechpartner auf oberster den Videokonferenzen für die Lehre muss- Leitungsebene der Universität – etwa der ten wir externe Ressourcen – hier: Zoom – Kanzler – sind erreichbar und ansprech- dazukaufen und in wenigen Tagen den Sup- bar, notwendige Entscheidungen wurden port dafür organisieren. Gleichzeitig galt schnell getroffen und kommuniziert. Dass es, eine lokale Authentifizierung aufzubau- in so einer Situation unter solchen Rah- en, damit datenschutzrechtliche Beden- menbedingungen nicht alles auf Anhieb ken gemildert werden konnten. Auch bei funktionieren würde, dafür gibt es Ver- Jan Wauschkuhn den Vorlesungsaufzeichnungen mussten ständnis und Rückendeckung.« wir neue Wege gehen. Wir unterstützten das Aufzeichnen von Aufnahmen zu Hau- se ebenso wie die teils durchgetakteten Aufzeichnungsserien in leeren Hörsälen (Geistervorlesungen). Dr. Lars Pilz, Stellv. Studiendekan, FB Wirtschaftswissenschaften »Wir hatten alles fertig organisiert, als Sommersemester irgendwie stattfinden klar war: Unsere WiWi-Einführungsver- kann. Die Kolleginnen, die sonst die Ein- anstaltung kann nicht wie geplant stattfin- führungsvorlesungen halten, hatten viel den. Erstmal ein Schock, zumal wir bisher Spaß dabei, die Videos mit studiumdigi- keine größeren Erfahrungen mit der Auf- tale zu erstellen. Wir hatten alle eine Rie- zeichnungserstellung hatten. Alle haben senlernkurve in diesen Wochen; nächstes sich dann aber mit viel Herzblut und En- Mal würden wir wohl auch verstärkt auf gagement auf die Herausforderung ein- Interaktivität setzen. Eine virtuelle Vorle- gelassen. Was wir wirklich gespürt ha- sung kann für mich nie die Präsenzlehre ben, trotz Social Distancing, ist, wie alle ersetzen, aber in Zukunft werde ich mehr gemeinsam an einem Strang gezogen und digitale Elemente einbauen.« alles dafür getan haben, damit dieses Dr. Lars Pilz
20 STUDIUM & LEHRE Im Wintersemester 2019/20 sind Die Goethe-Universität ist im Win- Aus Mitteln des Johanna-Quandt- an der Goethe-Universität mehr als tersemester 2019/20 an vier Ko- Jubiläumsfonds aufgelegt, ermög- 46.000 Studierende immatrikuliert, operationsstudiengängen inner- licht das »Goethe Goes Global«- darunter über 7.400 internationa- halb der RMU-Allianz beteiligt. Mit Master-Stipendienprogramm der le Studierende. Etwa 9.300 Stu- dem RMU-Studium beschließen Goethe-Universität insgesamt 57 dierende haben im Herbst 2019 ei- die Rhein-Main-Universitäten 2019 forschungsaffinen Nachwuchs- nen Studiengang neu begonnen. die Einführung eines ausgewählten wissenschaftlerinnen und Nach- Mehr als die Hälfte von ihnen ist Studienangebots, das allen 100.000 wuchswissenschaftlern aus aller weiblich. Studierenden der drei Hochschu- Welt ein Studium in Frankfurt. len offenstehen wird. Das Studienangebot der Goethe- Universität umfasst insgesamt Studieninteressierte können aus über 130 Studiengänge. 46 Prozent insgesamt neun weiterbilden- der Studierenden sind im Winter- den Masterangeboten wählen. semester 2019/20 in einem Bache- Die Programme sind mehrheitlich lorstudiengang eingeschrieben, im juristischen, wirtschaftswis- 15 Prozent in einem Masterstudi- senschaftlichen und zahnmedizini- engang. Gut ein Drittel der Stu- schen Bereich angesiedelt. Insge- dierenden strebt ein Staatsexa- samt knapp 470 Studierende sind men an, darunter sind über 6.000 im Wintersemester 2019/20 in ei- Lehramtsstudierende. nem weiterbildenden Studiengang eingeschrieben.
Foto: Uwe Dettmar Während im ganzen Monat April 2019 gerade einmal 36.000 Views auf dem Streamingserver verzeichnet wur- den, waren es allein am 20. April 2020 (Semesterstart) 21 über 46.000 Views. Inzwischen findet bis zu 95 Prozent der sonst üblichen Lehre an den 16 Fachbereichen virtuell statt. Die universitäre Lernplattform OLAT nutzen bis zu 10.000 Nutzerinnen und Nutzer gleichzeitig.
22 LEHRE IM AUSNAHME-SOMMERSEMESTER 2 0 2 0 Corona SCHNELLSTART DIGITALE LEHRE Das Konzept für das Seminar stand. Dann kam Corona. Und damit die Entscheidung: Dieses dem Hochschulrechenzentrum (HRZ) und der Abteilung Leh- Sommersemester wird virtuell. Für die Lehrenden, die IT-Experten des Hochschulrechenzentrums, aber re und Qualitätssicherung (LuQ) entwickelt wurde. auch für die Studierenden hieß es, möglichst die ganze Lehre zu virtualisieren. Die Herausforderung war »Dass man sein Konzept einfach und klar halten soll, die groß: Das digitale Semester verändert Lehren und Lernen. Regeln zu Beginn der Lehrveranstaltung transparent und dauerhaft an alle Studierenden kommuniziert werden und I hre Vorlesungen sind ganz regulär nach dem Prinzip des Blen- ded Learning aufgebaut: ein Teil mit E-Learning-Modulen und ein Teil mit Präsenzveranstaltungen. Carola Kamuff ist Lehr- wieder ansprechen und zur Mitarbeit animieren. Interakti- ve Elemente findet sie ohnehin sehr wichtig, gerade wenn der »reale« Kontakt fehlt. Den sie im Übrigen auch vermis- asynchrone Angebote bevorzugt eingesetzt werden sollen, synchrone hingegen nur sparsam, hat mir einen Rahmen für meine Lehre vorgegeben«, sagt Ulrike Sell. Für ihre Veran- beauftragte im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und se – »eine reine Online-Lehre halte ich nicht für sinnvoll«, staltung zum Thema »Kindheitsforschung und Beteiligungs- mit digitalen Technologien der Präsentation und Kommunika- so Carola Kamuff. struktur« entschied sie sich für den Typus Lehrveranstaltung tion vertraut. Kamuff führt ein Institut für Finanzmodelle und mit Gruppenarbeit. Dabei bekommen ihre Studierenden auf arbeitet als Trainerin für junge Analysten. Der Lockdown an KEEP IT SIMPLE! der Lernplattform OLAT alles, was sie für das Seminar be- der Goethe-Universität zwang allerdings auch sie, ihre Pla- Vor ganz andere Herausforderungen hat das virtuelle Semes- nötigen: Texte, Materialien sowie eine begleitende Power- nung radikal umzubauen und das Seminar virtuell aufzustel- ter jene Dozierenden gestellt, die vorher kaum oder über- Point-Präsentation der Dozentin. len. Kamuff benötigte – wie die meisten – eine Lizenz für haupt keine Erfahrungen mit der digitalen Lehre gemacht die Software Zoom. Erst kurz vor Vorlesungsbeginn konnte hatten. »Ich bin ja eher ein Neuling in diesem Bereich«, sagt GUT BETREUT sie darauf zurückgreifen. Ihre Erfahrung mit ähnlichen Tools Dr. Ulrike Sell, Erziehungswissenschaftlerin am Institut für Für vertiefende Fragen standen Sell Ansprechpartner von war dabei hilfreich: »Dafür, dass dieses Semester wirklich Pädagogik der Elementar- und Primarstufe. Sie vertritt ge- studiumdigitale und der Interdisziplinären Hochschuldidak- ein Ausnahmesemester ist und die Vorbereitungszeit extrem rade die Professur für Kindheitsforschung. Drei Lehrveran- tik zur Seite. Das Hochschulrechenzentrum sorgte für die kurz war, hat das schon sehr gut geklappt«, bilanziert Kamuff. staltungen bietet Sell pro Semester an. Das Sommerse- technische Unterstützung. Auch wenn sich Ulrike Sell wie- mester rein virtuell zu konzipieren, irritierte Sell anfangs. der auf Präsenzveranstaltungen freut, zieht sie eine posi- INTERAKTIV STATT PASSIV Sie hatte zuvor nur wenig im E-Learning-Bereich angeboten. tive Bilanz für das Ausnahmesemester. Online-Lehre wird In der Online-Vorlesung wechselt Kamuff zwischen Vortrag OLAT, die Lernplattform der Goethe-Universität, hatte Ulrike Sell künftig in ihre Seminare integrieren: »Ich kenne und Kleingruppenarbeit. »In der Gruppe lernen die Studie- sie zwar immer genutzt, um Texte und Materialien hochzu- mich mit OLAT schon wesentlich besser aus und werde da- renden am meisten.« Die eigenen Redeanteile sollte man laden. Jetzt galt es, OLAT auch als Kommunikationsplatt- mit in den kommenden Semestern sicherlich viel intensiver bei einer Online-Vorlesung reduzieren, sagt die Lehrbeauf- form zu nutzen. Eine große Hilfe war der Erziehungswissen- arbeiten.« Sell sieht zudem für viele Studierende, gerade für tragte, denn die virtuellen Zuhörerinnen und Zuhörer er- schaftlerin das Portal »Lehre Sommersemester 2020«, das jene mit Kindern und anderen sozialen Verpflichtungen, den müdeten schneller als in einer Präsenzveranstaltung. Fünf unter hohem Zeitdruck von studiumdigitale zusammen mit Vorteil der Flexibilität: Die Aufgaben können je nach zeitli- Minuten Redezeit, dann müsste man die Teilnehmenden dem Interdisziplinären Kolleg für Hochschuldidaktik (IKH), cher Präferenz bearbeitet werden.
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