HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN - JA HRBUCH 2019 | 20 20 - Goethe-Universität ...

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HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN - JA HRBUCH 2019 | 20 20 - Goethe-Universität ...
J A H R B U C H 2 0 19 | 2 0 2 0

HER AUSF ORDERUNGEN
A NNEHMEN
HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN - JA HRBUCH 2019 | 20 20 - Goethe-Universität ...
Die Goethe-Universität Frankfurt          Darmstadt und Mainz u. a. in der Leh-
am Main war im Wintersemester             re und Forschung auszutauschen. So
2019/2020 mit mehr als 46.000 Studie-     startete im Jahr 2019 der Sonderfor-
renden die mit Abstand größte Uni-        schungsbereich (SFB 1361) zur Re-
versität in Hessen. An ihr lehren und     gulation von DNA-Reparatur und Ge-
forschen 590 Professoren; 16 Fachbe-      nomstabilität. Dies ist der erste SFB,
reiche bieten insgesamt 130 Studien-      an dem tatsächlich alle drei Rhein-
gänge an 5 Campus an.                     Main-Universitäten beteiligt sind.

In der Drittmittelentwicklung erreicht    Zum Wintersemester 2019/2020 star-
die Goethe-Universität im Jahr 2019       teten 46 Geflüchtete im »Academic
erneut einen neuen Höchststand. Mit       Welcome Program for highly qualified
203,7 Millionen Euro inklusive der        refugees« (AWP) ihre Studienvorbe-
­LOEWE-Mittel bewegt sie sich auf         reitung an der Goethe-Universität. Von
 ­einem Spitzenniveau. Fast ein Drittel   den neuen Teilnehmenden kommen
  des verfügbaren Budgets ist wettbe-     24 Prozent aus Syrien, 17 Prozent aus
  werblich eingeworben.                   Afghanistan, 37 Prozent aus der Tür-
                                          kei und insgesamt 22 Prozent aus Iran,
Über 250 Besucherinnen und Besu-          Irak, Pakistan, Somalia und Aserbaid-
cher folgen im September 2019 der         schan. 40 Prozent sind Frauen. 42 Ab-
Einladung zum ersten »Tag der Rhein-      solventinnen und Absolventen schlos-
Main-Universitäten« auf den Campus        sen 2019 das AWP erfolgreich ab.
Westend, um sich über die Zusam-
menarbeit der Universitäten Frankfurt,
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Foto: Peter Kiefer

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Foto: Uwe Dettmar
  Kampagne »LAUT*STARK gegen sexua-
2 lisierte Diskriminierung und Gewalt«: Im
  Rahmen einer weltweiten Aktion »ZONTA
  Says NO to Violence Against Women«
  wurde am 25. November 2019 das Seminar-
  haus (Campus Westend) bei Einbruch der
  Dunkelheit orange angestrahlt.
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                                                                                                                                                                                                          Vorwort

Liebe Freundinnen und Freunde der Goethe-Universität,
sehr geehrte Damen und Herren,

ein Jahrbuch in Zeiten von Corona: Jetzt lediglich über das         Zu den Möglichkeiten der Digitalisierung haben viele

                                                                                                                                                                                      Foto: Uwe Dettmar
letzte Kalenderjahr zu berichten, erschien uns noch unpassen-   von uns viel dazugelernt. Dabei hat uns die plötzliche Not-
der als in anderen Jahren. Mit einer Ausgabe für 2019/2020      wendigkeit der rein digitalen Lehre keineswegs voll auf
passen wir uns nicht nur dem scheinbar entschleunigten          dem falschen Fuß erwischt: Sowohl die technischen Infra-
Rhythmus der Corona-Zeit, sondern auch dem akademi-             strukturen als auch die didaktischen Konzepte waren vor-
schen Jahreslauf an. So können wir Uni-Geschichte(n) aus        handen; diese mussten jedoch in Windeseile hochskaliert,
einem Guss erzählen, ohne Cliffhanger zum 31.12. mit der        verbreitet und für alle nutzbar gemacht werden. Durch den
Aussicht: Fortsetzung demnächst. Der Statistikteil folgt        unermüdlichen Einsatz von Lehrenden, aber auch den uner-
weiterhin der etablierten Berichtslogik und bildet das Haus-    lässlichen Support unserer Fachleute in der IT, der Didak-
haltsjahr 2019 ab.                                              tik und der Administration konnten wir bis zu 95 Prozent
    Uns steht das nunmehr schon zweite Semester unter be-       der Lehrangebote in unseren 16 Fachbereichen tatsäch-
sonderen Sicherheitsstandards bevor. Umso besser passt          lich durchführen. Dabei haben uns auch die Experimentier­
der diesjährige Titel: »Herausforderungen annehmen«. Ge-        bereitschaft und das Verständnis unserer Studierenden
meinsam mit den anderen Hochschulen und der Politik ringen      sehr geholfen. Danke dafür!
wir um ein Optimum zwischen maximal riskierbarer Präsenz            Auch in der Forschung gingen plötzlich die Uhren anders:
und Pandemie-konformer physischer – nicht sozialer – Dis-       Aus dem Stand drehte sich dort vieles um die Pandemie. Um-
tanz. Insbesondere den Studienanfängerinnen und -anfän-         gehend gründeten wir den Goethe-Corona-Fonds, der sich
gern soll wieder das echte Uni-Erlebnis ermöglicht werden.      seinem Ziel, fünf Millionen Euro für Pandemie-­bezogene For-
Laborpraktika, die Ausbildung am Patienten in Medizin und       schung bereitzustellen, erfreulich schnell genähert hat. Wir
Zahnmedizin sowie praktische Übungen in Kunst und Sport         berichten dazu in diesem Jahrbuch.
                                                                                                                               Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre und grüße
müssen und dürfen auch sein – natürlich unter »AHA+L«-              Wir haben in diesem Jahrbuch wieder thematische
                                                                                                                               Sie herzlichst!
Bedingungen. Große Universitäten funktionieren anders als       und erzählbare Schwerpunkte gebildet, in denen wir For-
                                                                                                                               Ihre
Schulen: Wir haben keine kleinen Gruppen, die man in stets      schung, Lehre, Third Mission und studentische Aktivitä-
derselben Zusammensetzung schön getrennt voneinander            ten nicht neben- oder hintereinander, sondern miteinander
halten könnte. Bei uns mischen sich täglich Tausende, de-       darstellen: Neben »Corona« sind das »Biodiversität«, »Re-
ren Wege sich in Hörsälen, Bibliotheken, Mensen und an          ligion« und »Universitätsentwicklung«. Es ist eine Zeit der
vielerlei anderen Orten kreuzen – und kreuzen sollen. Das       Weichenstellungen.                                                                               Prof. Dr. Birgitta Wolff
ist essenzieller Teil von Universitas.                                                                                                                                        Präsidentin
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Foto: Uwe Dettmar
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    KUNST AM CAMPUS

    Entlang des Weges, der vom Nina-Rubinstein-Weg in Richtung
    Campusplatz führt, steht es: das »Haus der Winde«. Die
    Skulptur des Künstlers Bruno Feger erinnert an Auguste
    Deter, die erste Alzheimerpatientin. Sie litt unter Verfolgungs-
    wahn und wurde 1901 in die »Städtische Anstalt für Irre und
    Epileptische« eingeliefert. Assistenzarzt Alois Alzheimer
    diagnostizierte bei ihr zum ersten Mal die später nach ihm
    benannte Krankheit.

    Die Arbeit stellt eine Art Karton dar, der zu mehreren Seiten
    geöffnet ist, als Symbol für ein Behältnis voller Erinnerungen,
    die ein Mensch mit sich trägt und die Stabilität bedeuten. In
    dieser veränderten, geöffneten Form gehen sie allerdings
    verloren – entsprechend der Demenzerkrankung.

    Das Kunstwerk hat eine besondere Bedeutung für den
    Campus und dessen Geschichte. Das Affenstein genannte
    Gelände, auf dem Mitte des 19. Jahrhunderts die Städtische
    Psychiatrie gebaut worden war, ist der heutige Campus
    Westend. Gestiftet wurde »Das Haus der Winde« von Rudolf
    Dederer, pensionierter Jurist und Stadtteilhistoriker der
    Stiftung Polytechnische Gesellschaft.
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HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN

UNIVERSITÄT IN BEWEGUNG                                      HERAUSRAGENDE                                               ZAHLEN, DATEN, FAKTEN
                                                             FORSCHUNGSLEISTUNGEN
Bestandsaufnahme 2019/2020 6                                                                                             Förderung Strukturierter Programme      72
                                                             Bild Schwarzes Loch     40
Goethe-Orientierungsstudium         25                                                                                   Stiftungsprofessuren, -dozenturen und
                                                             Auszeichnungen 42                                           geförderte Professuren 76
Das Bibliothekssystem in Zahlen       27
                                                             Interview – Prof. Dr. Simone Fulda 45                       Stiftungsgastprofessuren und
100 Jahre Soziologie 28
                                                                                                                         -dozenturen 2019 77
Goethe-Goes-Global-Masterstipendienprogramm             46
                                                             RELIGION                                                    Personal 78
Porträt – Die Film-Masterstudierende          47
                                                             Porträt – Muslimische Studentin        52                   Studierende    80
Europäische Kooperationen      48
                                                             Masterstudium Religiöse Kommunikation        53             Abschlüsse     84
Interview – Prof. Dr. Rolf van Dick      49
                                                             Zur Aktualität des Religiösen im Alltag 54                  Drittmittel   86
                                                                                                                         Budget der Universität   89
CORONA
                                                             UNIVERSITÄTSENTWICKLUNG
SARS-CoV-2-Virus-Forschung 12
                                                             Forschungszentrum Historische Geisteswissenshaften 58
Interview – Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz        15
                                                             Interview – Prof. Dr. Birgitta Wolff    59
                                                                                                                         Impressum     90
Spendenkampagne Goethe-Corona-Fonds                16
                                                             Porträt – Die Infektiologin 60
Digitale Lehre 22
                                                             Kooperationsstudiengänge der Rhein-Main-Universitäten 62
Interview – Prof. Dr. Roger Erb     24
                                                             Stiftungsprojekt Psychiatrische Angst-Ambulanz         63
                                                             Fünf Jahre Johanna-Quandt-Jubiläumsfonds          64
BIODIVERSITÄT | KLIMA | UMWELT
Nachhaltige Stadtentwicklung        32
                                                             CHRONOLOGIE 65
Porträt – Die Pilzforscherin 34
Klimaforschung Mission SouthTRAC 36
Porträt – Der Pflanzenversteher       37
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6                BESTANDSAUFNAHME
Universität in
Bewegung         HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN:
                 EIN JAHR IM ZEICHEN DER STRATEGIE
                 Bibliotheken, Hörsäle, Labore – diese Bilder entstehen schnell im Kopf, wenn es um Universitäten geht.                        • In einem Forschungsschwerpunkt wird eine Thematik
                 Parallel zu Forschung, Studium und Lehre laufen für Außenstehende fast unbemerkt verschiedene Prozesse,                         von einer substanziellen Anzahl von Wissenschaftlern
                 um interne Strukturen weiter zu optimieren und die Organisation für eine Welt im Wandel bestmöglich                             in einem oder mehreren Forschungsverbünden verfolgt
                 aufzustellen. Insbesondere das Jahr 2019 war an der Goethe-Universität von gleich mehreren, ineinander                          – z. B. in einem Sonderforschungsbereich, in einem Gra-
                 verzahnten Strategieprozessen geprägt. Die Hochschule wurde immer wieder zu einem Thinktank in eigener                          duiertenkolleg oder einem LOEWE-Zentrum. Starke Ein-
                 Sache, bei dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Expertinnen und Experten aus den                             zelforschungsprojekte können hinzutreten.
                 verschiedensten Bereichen einbrachten. Die Vorbereitungen für den Hochschulentwicklungsplan für die
                                                                                                                                               • Bei den Potenzialfeldern wiederum forschen Wissen-
                 Jahre 2021 bis 2025, die Konturierung des künftigen Forschungsprofils und Überlegungen für eine neue
                                                                                                                                                 schaftler und Wissenschaftlerinnen (in einer Gruppe
                 Berufungsstrategie bringen die Goethe-Universität auf Kurs in Richtung Zukunft.
                                                                                                                                                 oder einzeln, disziplinär oder interdisziplinär) an Frage-
                                                                                                                                                 stellungen, die sich durch großes Innovationspotenzial
                 WEITERENTWICKLUNG IM DIALOG                                      Goethe-Universität sein. Ein abgestuftes, dynamisches
                                                                                                                                                 und Entwicklungsperspektiven auszeichnen.
                 Die Schwerpunkte in Forschung, Studium und Lehre, Third          Modell bietet künftig den unterstützenden Rahmen, der die
                 Mission, Internationalisierung und Organisation schreiben        Forschung an der Goethe-Universität für den Wettbewerb       • Ebenso wie Verbundformate der Forschung ist heraus-
                 die hessischen Universitäten für die kommenden fünf Jahre        weiter stärkt und fokussiert: Neben Leuchttürmen in der        ragende Einzelforschung systematischer Bestandteil
                 im Hochschulentwicklungsplan (HEP) fest. Im Jahr 2019 ar-        Verbund- und Einzelforschung nimmt dieses Profil künftig       des Forschungsprofils der Goethe-Universität.
                 beiteten verschiedene Arbeitsgruppen intensiv am HEP für         auch innovative, aufstrebende Forschungsbereiche in den
                 die Jahre 2021 bis 2025. Der HEP bildet die Klammer für alle     Blick. Damit soll das vorhandene Innovationspotenzial noch   BERUFUNGEN – AUF DIE KÖPFE KOMMT ES AN
                 weiteren Strategieprozesse an der Goethe-Universität. Die        besser ausgeschöpft werden.                                  Berufungen sind das zentrale Instrument, wenn es darum
                 Universitätsleitung ist dabei wiederholt in den Austausch                                                                     geht, eine Fachdisziplin oder ein wissenschaftliches Fach-
                 mit der gesamten Universitätscommunity getreten, denn die        Das klar strukturierte Forschungsprofil der Goethe-          gebiet weiterzuentwickeln. Damit diese sich systematisch
                 für den HEP verabschiedeten Themen betreffen die gesam-          Universität wird sich aus Profilbereichen, Forschungs-       mit dem künftigen Forschungsprofil und dem Hochschulent-
                 te Universität. Universitätspräsidentin Birgitta Wolff lud da-   schwerpunkten, Potenzialfeldern und der Einzelforschung      wicklungsplan ergänzen, ist die Berufungsplanung explizit
                 für zu universitätsweiten HEP-Foren ein. Bei diesen konnten      zusammensetzen.                                              als Element der Strategievereinbarungen zwischen Fach-
                 die Teilnehmenden aus allen Statusgruppen – Professorin-                                                                      bereichen und Präsidium identifiziert worden. In strate-
                                                                                  • Hinter den Profilbereichen stehen übergreifende, die
                 nen, Professoren, akademischer Mittelbau, Studierende und                                                                     gisch relevanten Einzelfällen sollen künftig darüber hinaus
                                                                                    Goethe-Universität prägende Forschungsfelder von
                 technisch-administratives Personal – über bereits erarbei-                                                                    auch Instrumente wie sogenannte »Cluster-Berufungen« –
                                                                                    internationaler Sichtbarkeit. Diese sind durch einen
                 tete Inhalte diskutieren und eigene Vorschläge einbringen.                                                                    mehrere, parallele Berufungen zu einem Themenkomplex
                                                                                    oder mehrere Forschungsschwerpunkte definiert und
                                                                                                                                               – oder »Open-Topic«-Ausschreibungen eingesetzt werden.
                                                                                    werden jeweils durch ein oder mehrere Potenzialfel-
                 FORSCHUNG ZUKUNFTSSICHER ORGANISIEREN                                                                                             Ein wichtiges Anliegen für die Mitglieder der Arbeits-
                                                                                    der beziehungsweise herausragende Einzelforschung
                 Von zentraler Bedeutung für den Hochschulentwick-                                                                             gruppe »Berufungsstrategie« war außerdem das Thema
                                                                                    ergänzt.
                 lungsplan wird das neu konturierte Forschungsprofil der                                                                       Kooperationen, bei dem es um eine Zusammenarbeit mit
HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN - JA HRBUCH 2019 | 20 20 - Goethe-Universität ...
Foto: Uwe Dettmar

                    AUTOFREIER CAMPUS WESTEND
                                                                                                                                                         7
                    Mehr Sicherheit für die Fußgänger und Fahrradfahrer, mehr                                                                Universität in
                    Lebensqualität für alle: Der Campus Westend der Goethe-                                                                    Bewegung

                    Universität ist seit September 2019 nahezu autofrei. Der
                    zentrale Theodor-W.-Adorno-Platz ist für den motorisierten
                    Verkehr gesperrt. Das nördliche Campusareal im Bereich der
                    Wohnsiedlung und der weiteren neuen Universitätsgebäude
                    ist mit einer Schranke versehen. Damit setzt die Goethe-      außeruniversitären Partnern geht. Speziell dafür wurde ein er-
                    Universität auf eine nachhaltige Mobilität, erhöht deutlich   gänzendes Kooperationsformat entwickelt, das »Frankfurter
                    die Verkehrssicherheit und setzt zugleich Vorgaben des        Modell«: Dieses sieht vor, dass die Kooperation in Form einer
                    städtischen Bebauungsplans für den Campus Westend um.         Teilzeitprofessur als Nebentätigkeit – neben einer führenden
                                                                                  Position an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung –
                                                                                  ausgeübt werden kann.
                                                                                      Zwei konkrete Zahlen sind ebenfalls in der Strategie ent-
                                                                                  halten: Bis 2025 soll der durchschnittliche Anteil neuberufener
                                                                                  Professorinnen stabil bei 50 Prozent liegen. Und insgesamt sol-
                                                                                  len über alle Fachbereiche maximal 25 Prozent der Professuren
                                                                                  über das Tenure-Track-Verfahren besetzt werden.

                                                                                  LEHRE – QUALITÄT FÜR ALLE
                                                                                  Immer beliebter, immer größer: Der Run auf die Goethe-Universi-
                                                                                  tät blieb auch 2019 und 2020 ungebrochen. Wie aber ist ein qua-
                                                                                  litätsvolles Studium für eine größer und heterogener gewordene
                                                                                  Studierendenschaft möglich, bei der einige Unterstützungsmaß-
                                                                                  nahmen brauchen, während andere ein höheres Leistungsniveau
                                                                                  einfordern? Um die Fachbereiche bei dieser Herausforderung
                                                                                  nicht alleinzulassen, startete die Goethe-Universität 2019 u .a.
                                                                                  zwei neue Angebote, die das erfolgreiche Programm »Starker
                                                                                  Start ins Studium« (Qualitätspakt Lehre) ergänzen.
                                                                                      Überblick verschaffen – Das Orientierungsstudium der
                                                                                  Goethe-Universität unterstützt seit 2019/2020 eine reflektierte
                                                                                  Studienwahl. Den Auftakt machten die Studierenden des neuen
                                                                                  Bachelorstudiengangs Natur- und Lebenswissenschaften. Zum
                                                                                  Sommersemester konnte dann auch, wie geplant, das GO Geis-
                                                                                  tes- und Sozialwissenschaften aufgenommen werden – mit ei-
                                                                                  nem intensiven virtuellen Begleitprogramm für den unter Corona-­
                                                                                  Bedingungen stattfindenden Lehrbetrieb.
HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN - JA HRBUCH 2019 | 20 20 - Goethe-Universität ...
Fotos: Uwe Dettmar
    INVESTITION IN STRUKTURBIOLOGIE

    Die Goethe-Universität erhält ein 1,2-Giga-
8   hertz-Spektrometer für Kernresonanzspek-
    trometrie (NMR). Dafür wird derzeit auf dem
    Campus Riedberg ein unterirdischer Anbau
    eigens für das neue Großgerät gebaut. Das                                                                Studienerfolg im Dialog – Um einem späten Studienabbruch entgegen-
    Spektrometer ermöglicht dem Zentrum                                                                      zuwirken und zudem leistungsstarke Studierende gezielt zu fördern, wur-
    für Biomolekulare Magnetische Resonanz                                                                   de 2019 das Projekt »Studienerfolg im Dialog« ins Leben gerufen. Für beide
    (BMRZ ), seine in Europa führende Stellung                                                               Ziele werden im Vorhinein fachspezifisch festgelegte Studierendengruppen
    als NMR-Großforschungseinrichtung weiter                                                                 proaktiv zum persönlichen Gespräch in die Studienfachberatung eingeladen.
    auszubauen. Das Zentrum koordiniert u. a.                                                                Leistungsschwächere Studierende erhalten dabei individuelle Hilfestellun-
    weltweit die NMR -basierte Strukturfor-
                                                                                                             gen und werden gegebenenfalls gezielt an weitere Beratungsangebote ver-
    schung an SARS -CoV-2.
                                                                                                             wiesen. Besonders leistungsstarke Studierende werden auf Förderangebo-
    Das BMRZ an der Goethe-Universität                                                                       te oder Möglichkeiten der Anbindung an das Fach aufmerksam gemacht.
    stellt europäischen Forschenden seine
    Expertise in der NMR -Spektroskopie zur                                                                  BAUVORHABEN – DIE GOETHE-UNIVERSITÄT WÄCHST
    Verfügung. Bereits jetzt nutzen Besucher                                                                 In den nächsten zehn Jahren wird die Goethe-Universität um zahlreiche neue
    aus dem Ausland täglich die Geräte, um die                                                               Gebäude wachsen. Größtes Bauprojekt ist der Neubau der Universitätsbi-
    Strukturen von Proteinen, RNA und DNA zu                                                                 bliothek. Sie soll den Campus Westend nach Norden hin erweitern. Für die
    ermitteln. Außerdem ist es Partnern aus der                                                              »Universitätsbibliothek der Zukunft«, die Lern- und Kollaborationsort sein
    Industrie über Kooperationsverträge mög-      Forschungneubau für ein 1,2-Gigahertz-Spektrometer: Hier   soll und modernste Forschungsinfrastruktur integriert, stehen bisher 105
    lich, gezielt nach Wirkstoffen zu suchen.     nehmen Wissenschaftler Molekül-Strukturen ins Visier.
                                                                                                             Millionen Euro aus dem Verkauf des Frankfurter Alten Polizeipräsidiums zur
    Steht künftig das derzeit leistungsfähigste
    1,2-Gigahertz-NMR -Spektrometer bereit,
                                                                                                             Verfügung. Mit dem Bau der Universitätsbibliothek steigen auch die Chan-
    werden jährlich 20 Nutzergruppen aus                                                                     cen auf den von vielen gewünschten eigenen U-Bahn-Anschluss Westend.
    ganz Europa erwartet. Für Forschende,                                                                        Außerdem ist auf dem Campus Westend ein »Center for Humanities« ge-
    die bisher wenig Erfahrung mit NMR haben,                                                                plant. Es könnte nach gegenwärtigem Planungsstand 2023/2024 bezugsfertig
    werden in den kommende vier Jahren eigene                                                                sein und wird aus Rücklagen der Hochschule finanziert. Gedacht ist an 200 Ar-
    Trainingsprogramme angeboten.                                                                            beitsplätze für Geistes- und Sozialwissenschaftler, eine kleine Bühne für Pro-
                                                                                                             ben und Aufführungen sowie Kunst des chinesischen Bildhauers Ai Weiwei.
                                                                                                                 Nahezu fertig ist der Neubau des Studierenden-Wohnheims am Cam-
                                                                                                             pus Ginnheim. 297 Studierende können dort möblierte Einzelappartements
                                                                                                             à 20 m² mit eigenem Duschbad und Küchenzeile beziehen, fünf davon sind
                                                                                                             barrierefrei. Ergänzt wird das Angebot durch Gemeinschafts-, Fitness- und
                                                                                                             Waschmaschinenräume. Die künftigen Mietpreise liegen bei rund 350 Euro,
                                                                                                             inklusive aller Nebenkosten. Auf Initiative der Universität ist es gelungen,
                                                                                                             die ursprünglich geplante Zahl von Plätzen fast zu verdoppeln.
                                                                                                                 Weitere große Bauvorhaben sind ein Neubau für den Fachbereich Chemie
                                                                                                             und ein weiterer für Mathematik und Informatik auf dem Campus Riedberg.
UNIVERSITÄT (ER-)LEBEN                                                                                                                                                      9
                                                                                                                                                                Universität in
                                                                                                                                                                  Bewegung

                                                        GOETHE-UNI =
                                                        KLIMAFREUNDLICH

                                                        Als Energiegroßverbraucher ist die
                                                        Goethe-Universität gefordert, sparsam
                                                        und effizient mit den Ressourcen umzugehen.
                                                        Sie hat einen jährlichen Stromverbrauch von 66
  WOHNEN UND FORSCHEN AUF
                                                        GWh, das entspricht dem Verbrauch von etwa
  DEM RIEDBERG
                                                        16.600 Einfamilienhäusern. Die Energieversor-
                                                        gung stammt zu 100 Prozent aus regenerativen
  Wissenschaft verbindet Menschen weltweit. Ein         Quellen. Im Rahmen der Initiative COME (CO 2-      EIN HAUS FÜR DIE
  Forschungsaufenthalt in einer ausländischen In-       Minderungs- und Energieeffizienzprogramm)          BÜRGERGESELLSCHAF T
  stitution ist für alle Wissenschaftler und Wis-       werden für insgesamt 35 Millionen Euro Photo-
  senschaftlerinnen ein bereicherndes Erleb-            voltaik-Anlagen auf den Uni-Dächern installiert.   Die neue Direktorin des universitätseige-
  nis. Die besondere Verbindung zwischen der            Energieeffizienz-Maßnahmen werden regelmä-         nen Museums Giersch ist die Kunsthistorikerin
  ­Goethe-Universität und der Stadt Frankfurt mit ih-   ßig geprüft und umgesetzt, so etwa der Umbau       Dr. Birgit Sander. Sie hat das Haus bisher kommis-
   ren Partnerstädten macht die G­ oethe-Universität    der Beleuchtung in den Magazinen der Univer-       sarisch geführt. Ihr Vorgänger Dr. Manfred Groß-
   immer attraktiver für internationale Wissen-         sitätsbibliothek. Damit lassen sich 137.000 kWh    kinsky war Ende 2019 in Ruhestand gegangen. Als
   schaftler. Dafür braucht es neben sehr guten Ar-     Strom pro Jahr einsparen. Das entspricht dem       dessen Stellvertreterin hat sie mit ihrer langjäh-
   beitsbedingungen auch bezahlbare Wohnmöglich-        Verbrauch von 35 Vier-Personen-Haushalten.         rigen Museums- und Ausstellungserfahrung im
   keiten. Mitten auf dem naturwissenschaftlichen       Die Goethe-Universität nimmt zudem an ver-         Museum Giersch der Goethe-Universität schon
   Campus Riedberg entstehen deshalb ein Interna-       schiedenen Energieeffizienz-Projekten teil, bei-   in der Vergangenheit viel beachtete Ausstellun-
   tional House sowie ein neues Studierendenwohn-       spielsweise dem »Entwickeln und Setzen von         gen realisiert. Sie war seit dem Jahr 2000 am Auf-
   heim. Bis 2022 entstehen hier 27 Wohneinheiten       Anreizsystemen zur Energieeinsparung« oder         bau des regional ausgerichteten Hauses beteiligt
   für internationale Gastwissenschaftler und 324       der »Initiative Energieeffizienz-Netzwerk«. Im     und gab dem Museum mit zahlreichen Sonder-
   Wohneinheiten mit 359 Plätzen für Studierende.       Sommer 2019 wurde sie als erste Universität        ausstellungen sein spezifisches Profil. Nachdem
   Für dieses Bauprojekt haben sich das Studenten-      in Deutschland nach DIN ISO 50001 zertifiziert,    das Museum Giersch zum 100-jährigen Bestehen
   werk Frankfurt am Main und die Stiftung zur Förde-   nachdem sie erfolgreich ein Energiemanage-         der Goethe-Universität zum Universitätsmuse-
   rung der internationalen wissenschaftlichen          mentsystem eingeführt hat.                         um geworden war, forcierte Sander gemeinsam
   Beziehungen zusammengeschlossen.
                                                                                                           mit Großkinsky auch die thematische Anbindung
   Sie bilden die »Bauherrengemein-
                                                                                                           an die Hochschule. Als Kuratorin zeichnete sie
   schaft IHCR«, die Bauherrin und
                                                                                                           zuletzt für die Ausstellungen »Ersehnte Freiheit
   Eigentümerin ist.
                                                                                                           – Abstraktion in den 1950er Jahren« (2017) und
                                                                                                           »Frobenius – die Kunst des Forschens« (2019)
                                                                                                           mitverantwortlich. Sie ist sowohl mit der Muse-
                                                                                                           umsszene als auch mit verschiedenen Bereichen
                                                                                                           der Universität gut vernetzt.
10

     THIRD MISSION
     Die Goethe-Universität schließt über     Konzept für energieeffizientes Hoch-     im Jahr 2019 an der Goethe-Universi-
     ihr Technologietransferunternehmen       leistungsrechnen entwickelt, dafür       tät 15 Stiftungsprofessuren. Weitere
     Innovectis einen Exklusivlizenzvertrag   ein europäisches Patent erhalten und     acht Professuren wurden anteilig ge-
     mit ihrem neuem Spin-off-Unterneh-       über Innovectis mit NDC bereits einen    fördert und elf aktive Stiftungsgast-
     men Vivlion® GmbH. Das Biotechno-        Industriepartner gefunden. Das Pa-       professuren unterstützt.
     logieunternehmen wurde gegründet,        tent ermöglicht die globale Vermark-
     um mit dem 3Cs-Verfahren die Suche       tung der »Green-IT«-Technologie.         Die Goethe-Universität hat im akade-
     nach neuen Medikamenten entschei-                                                 mischen Jahr 2019/2020 500 Deutsch-
     dend zu verbessern. Die 3Cs-Techno-      Mit mehr als 1.600 Mitgliedern unter-    landstipendien für Studierende ermög-
     logie ermöglicht es erstmals, kombi-     stützt die Vereinigung von Freunden      licht und mit einem Spendenvolumen
     natorische »CRISPR /Cas«-Reagenzien      und Förderern der Goethe-Universität     von 900.000 Euro erneut ein heraus-
     herzustellen. Mit der »CRISPR /Cas«-     jährlich über 200 junge Wissenschaft-    ragendes Ergebnis erreicht. Zusam-
     Methode können Gene gezielt ausge-       lerinnen und Wissenschaftler sowie       men mit dem vom Bund ergänzten glei-
     schaltet werden.                         deren Forschungsprojekte. 2019 und       chen Betrag sind damit 1,8 Millionen
                                              2020 engagierten sich neu gewonne-       Euro in die Förderung von Studieren-
     Großrechenzentren in der ganzen          ne Stifter insbesondere in Projekten     den der Goethe-Universität geflossen.
     Welt können künftig mit »Green IT«       der Psychologie und Psychiatrie so-      Seit Beginn 2011 konnten insgesamt
     aus Hessen Energie sparen. Volker        wie den Wirtschaftswissenschaften.       4.523 Stipendien an Studierende aller
     Lindenstruth, Professor für Hochleis-                                             Fachbereiche vergeben werden. Das
     tungsrechner-Architektur, hat zusam-     Private Stifterinnen und Stifter sowie   entspricht einem privaten Spendenvo-
     men mit verschiedenen Partnern ein       namhafte Unternehmen ermöglichten        lumen von 8,14 Millionen Euro.
Foto: Jürgen Lecher

                                                                                                  11
                      PROBEN-POOLING: 50 AUF EINEN STREICH

                      Das Institut für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum der Goe-
                      the-Universität und der Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreu-
                      zes in Frankfurt haben ein neues Verfahren zur SARS-CoV-2-Diagnostik
                      entwickelt (Transfusion 2020, doi: 10.1111/trf.15973), mit dem die Test-
                      kapazitäten deutlich erhöht werden können. Dabei werden bis zu 50 Ab-
                      strichproben mit dem »Multiple-Swab-Verfahren« in einem Röhrchen
                      zusammengeführt, nachdem alle Abstrichröhrchen zuvor in einem Ein-
                      zelröhrchen platziert wurden. Anschließend erfolgt der Genomnachweis
                      mit einer PCR. Mit diesem Verfahren lässt sich die Testkapazität deutlich
                      erhöhen, ohne dass es zu einer Reduktion der Sensitivität kommt. Daher
                      ist das Verfahren v. a. für ein Screening von Personen ohne Krankheits-
                      symptome – wie beispielsweise Reiserückkehrer – geeignet.

                      Das Verfahren ist vom universitätseigenen Technologietransferunter-
                      nehmen Innovectis bereits international auslizenziert.

                      CORONA
Foto: Jürgen Lecher
12
Corona

  Von links nach rechts:
  Prof. Dr. Jindrich Cinatl, Leiter Forschungslabor am Institut für Medizinische Virologie
  Prof. Dr. Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie
  Prof. Dr. Ivan Đikić, Direktor des Instituts für Biochemie II
  Dr. Christian Münch, Forschungsgruppenleiter am Institut für Biochemie II
FR ANK FUR TER FORSCHER AUF DER SPUR                                                                                                                                                                 13
EINES MEDIK AMENTS GEGEN COVID-19                                                                                                                                                                 Corona

DIE VIRUSJÄGER

Weltweit forschen Virologen, Infektiologen und Biochemiker fieberhaft an Wirkstoffen gegen das neuartige Coronavirus
SARS-CoV-2, das die Krankheit COVID-19 auslösen kann. Am Universitätsklinikum Frankfurt besetzen gleich mehrere
Wissenschaftler Schlüsselpositionen im Kampf gegen das Virus. Nachdem die Forschenden gleich zu Beginn der Pandemie
in Deutschland ein Pooltestverfahren entwickelten, welches die Diagnose einer Infektion mit SARS-CoV-2 beschleunigt,
legte das interdisziplinäre Team um die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek und den Biochemiker Prof. Dr. Ivan Đikić jetzt
weitere Forschungserfolge vor: Sie haben vielversprechende Wirkstoffe gegen das Virus gefunden.

A    ls Anfang Februar 2020 die ersten deutschen Reise-
     rückkehrer aus der chinesischen Provinz Hubei lan-
deten, war die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek mit ih-
                                                               FORSCHEN UND HEILEN
                                                               Sandra Ciesek leitet seit Mai 2019 das Institut für Medizi-
                                                               nische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Viren
                                                                                                                                  Schon 2003 während der SARS-Epidemie erforschte er das
                                                                                                                                  SARS-assoziierte Coronavirus. Anhand des jetzigen Zellkul-
                                                                                                                                  turmodells konnten die Forscher erkennen, wie das SARS-
rem Team am Frankfurter Flughafen dabei: »Wir haben            faszinieren sie schon lange. Jahrelang forschte sie zu den         CoV-2-Virus, der Erreger von COVID-19, menschliche Zellen
entschieden, allen Passagieren einen Test anzubieten –         Hepatitis-C-Erregern und war daran beteiligt, ein Medika-          verändert. Das gelang ihnen mit einer besonderen Form der
egal ob sie Symptome haben oder nicht – und einfach ei-        ment dagegen zu finden. »Ich möchte herausfinden, warum            Massenspektrometrie, einer Analysemethode, die das Team
nen Rachenabstrich zu machen. Ich hatte damals schon           es so unterschiedliche Verläufe bei unterschiedlichen Pa-          um Dr. Christian Münch vom Institut für Biochemie II der
vermutet, dass aufgrund der Symptome, die Infizierte zei-      tienten gibt. Und ich wollte schon immer translational for-        Uniklinik erst vor wenigen Monaten selbst entwickelt hat-
gen, und der Übertragung ein einfacher Rachenabstrich für      schen, d. h. nah am Patienten, und die Fragestellungen aus         te: »Wir sind hier sehr technologiegetrieben. Oft sind es die
eine Diagnose ausreicht.« Zweifler an der einfachen Me-        der Klinik mit ins Labor nehmen.« Besonders wichtig sind ihr       unkonventionellen Ideen, die uns voranbringen«, sagt Bio-
thode machten sich zunächst über Ciesek lustig, erzählt        dabei die Verbindung von Grundlagen- und anwendungsori-            chemiker Münch. Diese Methode erlaubt, die Menge und
sie. Denn diese waren überzeugt, nur Proben aus den Tie-       entierter sowie die translationale Forschung. So wie jetzt         Herstellungsrate von Tausenden Proteinen zu bestimmen,
fen der Lunge brächten adäquate Ergebnisse. Ein solches        bei dem Coronavirus.                                               die sich in der Zelle befinden.
Testverfahren sei aber gar nicht so einfach und, wenn je-          SARS-CoV-2 zu erforschen und ein Medikament gegen
mand nicht huste, technisch auch gar nicht so leicht um-       die Erkrankung COVID-19 zu entwickeln, ist geradezu ein Pa-
setzbar, erklärt Sandra Ciesek. Mit ihrer Studie bewies sie:   radebeispiel für disziplinübergreifende Forschungskoopera-
Auch mit einem Rachenabstrich aus den oberen Atemwe-           tionen. Die Wissenschaftler um Sandra Ciesek verwendeten
gen ist die Diagnose möglich. Außerdem konnten sie und         für ihre Arbeiten Viren, die sie aus Abstrichen zweier infizier-
                                                                                                                                  »Die an der Goethe-Universität etablierten
ihr Team nachweisen, dass auch symptomfreie Personen           ter Rückkehrer aus Wuhan gewonnen hatten. Der Biologe              interdisziplinären Kooperationen mit der
Träger und somit Überträger des Virus sein können – eine       Prof. Dr. Jindrich Cinatl, Arbeitsgruppenleiter am virologi-       Uniklinik Frankfurt helfen uns sehr.«
entscheidende Entdeckung und der Beginn der Frankfur-          schen Institut, züchtete die Erreger im Labor auf menschli-        PROF. DR. SANDRA CIESEK
ter Erfolgsgeschichte.                                         chen Darmzellen an. Cinatl hat Erfahrung mit Coronaviren.          DIREK TORIN INS TIT UT F ÜR MEDIZINISCHE VIROLOGIE
Foto: Unsplash.com

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                      Corona

                                                                                                                                 »Die interdisziplinäre Kooperation zwischen Biochemikern und Virologen
                                                                                                                                 ist sehr erfolgreich. Das Projekt wurde erst vor ein paar Monaten
                                                                                                                                 begonnen und offenbart schon jetzt neue therapeutische Ansätze bei
                                                                                                                                 der Krankheit COVID-19.«
                                                                                                                                 PROF. DR. IVAN ĐIKIĆ
                                                                                                                                 DIREK TOR DES INS TIT UTS F ÜR BIOCHEMIE II

                      Die Virologie beschäf-    DURCHBRUCH DANK ZUSAMMENARBEIT                             DETEKTIVISCHE MEISTERLEISTUNG                               TRANSLATION ZUGELASSENER MEDIKAMENTE
                         tigt sich sowohl mit   Die Ergebnisse dieser sogenannten me-PROD-Techno-          Sie sei froh, dass SARS-CoV-2 ein RNA-Virus ist, sagt       Die neuen Erkenntnisse aus der Kooperation mit den
                     Eigenschaften als auch
                                                logie zeichnen ein Bild vom Verlauf einer SARS-CoV-        Sandra Ciesek, die seit Jahren mit dem Hepatitis-C-Virus    Biochemikern ermöglichten es, die Suche nach einem
                       mit Herkunft und Ver-
                      breitung von Viren und    2-Infektion: Während viele Viren die reguläre Prote-       ein anderes RNA-Virus erforscht. Das habe die Suche         Wirkstoff auf bereits zugelassene Medikamente zu kon-
                     der Bekämpfung viraler     inproduktion ihres Wirts zugunsten viraler Proteine        nach einem Wirkstoff etwas erleichtert. Und dennoch         zentrieren. »Der erfolgreiche Einsatz von Wirkstoffen
                                 Krankheiten.   herunterfahren, beeinflusst SARS-CoV-2 die Prote-          war es eine gewaltige Aufgabe, innerhalb weniger Wo-        gegen SARS-CoV-2, die Bestandteile von bereits zu-
                                                inproduktion der Wirtszellen nur wenig – die viralen       chen aus rund 6.000 Wirkstoffen nun genau die Medika-       gelassenen Medikamenten sind, ist eine große Chan-
                                                Proteine scheinen in Konkurrenz zu den Proteinen der       mente herauszufinden, auf denen jetzt alle Hoffnungen       ce für die Bekämpfung des Virus«, davon ist auch Jin-
                                                Wirtszelle hergestellt zu werden. Stattdessen scheint      ruhen. Mit einer Viertelmillion Euro aus dem Johanna        drich Cinatl überzeugt. »Solche Wirkstoffe sind bereits
                                                das Virus die Proteinsynthesemaschinerie anzukurbeln.      Quandt Jubiläums-Fonds konnte die Virologin qualifi-        gut charakterisiert, und wir wissen, wie sie vom Pati-
                                                Ein Schwachpunkt, vermuteten die Forscher. Sie tes-        zierte Nachwuchswissenschaftler einstellen und die          enten vertragen werden.«
                                                teten in der Zellkultur, ob Wirkstoffe diese Proteinpro-   Suche nach wirksamen Medikamenten vorantreiben.                  Ribavarin etwa ist ein Arzneistoff aus der Gruppe
                                                duktion hemmen oder ganz stoppen können – das ge-              Um eine passende antivirale Substanz zu finden, ar-     der Virostatika und bereits als Mittel gegen chronische
                                                lang ihnen in nur drei Wochen tatsächlich: »Es ist ein     beiteten sich Cieseks Mitarbeiter zusammen mit dem          Hepatitis-Erkrankungen auf dem Markt. Der große Vor-
                                                RNA-Virus, und in der Zelle muss dann natürlich auch       Fraunhofer Institut durch sogenannte »Compound Lib-         teil: Ribavarin lässt sich wie ein Asthma-Spray anwen-
                                                viel Virus-RNA hergestellt werden, um neue Viren zu        raries«. »Dafür braucht man viele Leute, weil das wahn-     den. Die Ergebnisse der Frankfurter Wissenschaftler
                                                machen. Wir konnten zeigen, dass sich durch eine Be-       sinnig viele Substanzen sind – tausende, zehntausen-        sind so überzeugend, dass in Kanada bereits klinische
                                                handlung mit einem Stoff namens Ribavarin das Virus        de. Die werden jetzt alle mit unserem Zellkultur-Modell     Studien an COVID-19-Patienten begonnen haben. Meh-
                                                in der Zelle nicht mehr vermehren kann«, erklärt Dr.       getestet«, sagt Ciesek. »Unser Ziel war es, möglichst       rere verwandte sowie weitere Wirkstoffe werden mitt-
                                                Christian Münch, Leiter der Gruppe Proteinqualitäts-       zeitnah mit klinischen Studien an Probanden und Pati-       lerweile in klinischen Studien getestet.
                                                kontrolle. Ähnlich erfolgreich war der Einsatz eines       enten zu beginnen.« Die Virenforscherin erklärt unauf-
                                                Wirkstoffs, der auf die Zuckerproduktion in den Zellen     geregt, aber beschönigt auch nichts.
                                                abzielt und diese hemmt.
CORONA
                                                                                 »SPENDEN SCHAFFT IDENTITÄT,                                                                                               15
NACHGEFRAGT BEI …                                                                VIELFALT UND VERBUNDENHEIT.«
                                                                                                                                                                                                     Stiftungs­
                                                                                                                                                                                                        Corona
                                                                                                                                                                                                    universität

                                                                                 Die Universitätsleitung legte Anfang Februar 2020 gemein-     der Spendenkampagne »Goethe-Corona-Fonds« täglich
                                                                                 sam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt den »Goethe-       aufs Neue. Sie sind mit diesem Projekt ausgesprochen
                                                                                 Corona-Fonds« auf, um die Corona-Krise wissenschaftlich,      erfolgreich, gerade weil die Verbindung zu Ehemaligen keine
                                                                                 klinisch und organisatorisch zu bewältigen. Was wurde         Einbahnstraße ist. Unter den Spendern nämlich befinden
                                                                                 damit bislang erreicht?                                       sich erfreulich viele Alumni.
                                                                                 Mit dem neu aufgelegten »Goethe-Corona-Fonds«
                                                                                                                                               Welche Rolle spielt die Vereinigung von Freunden und Förde-
                                                                                 können wir inzwischen mehr als 30 Forschungsprojekte
                                                                                                                                               rern der Goethe-Universität bei diesen Anstrengungen?
  … Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, der als Vizeprä-                       zu Infektionen mit COVID-19 unterstützen. Darauf bin ich
                                                                                                                                               Die Freunde und Förderer der Goethe-Universität zeigten
  sident für Third Mission mit Spendenkampagnen für die                          sehr stolz. Dies alles ist nur möglich dank großherziger
                                                                                                                                               sich äußerst spendabel. Das entspricht auch ihrem
  private Hochschulförderung der Goethe-Universität sorgt.                       Spenden, die wir von allen Seiten erhalten. Mit einer
                                                                                                                                               Selbstverständnis. Viele von ihnen beteiligten sich mit
                                                                                 großen privaten Einzelspende hat uns Stefan Quandt
                                                                                                                                               großen Einzelspenden für den »Goethe-Corona-Fonds«.
                                                                                 beispielsweise eine Qualifikationsprofessur am Institut für

                                                             Foto: Uwe Dettmar
                                                                                                                                               Insgesamt kam eine sechsstellige Summe zusammen, weil
                                                                                 Medizinische Virologie gestiftet. Viele global agierende
                                                                                                                                               der Vorsitzende der Freunde, Prof. Dr. Wilhelm Bender,
                                                                                 Unternehmen und Stiftungen wie die Deutsche Börse,
                                                                                                                                               einige Mitglieder persönlich ansprach, diese Initiative
                                                                                 American Express, Goldman Sachs und die S&P Global
                                                                                                                                               der Goethe-Universität und des Universitätsklinikums zu
                                                                                 Foundation unterstützen uns hier in Frankfurt, und auch
                                                                                                                                               unterstützen. Auch bei den Freunden und Förderern spielt
                                                                                 die Frankfurter Stiftungen wie die Albert und Barbara von
                                                                                                                                               der Netzwerkgedanke eine große Rolle. Darüber hinaus
                                                                                 Metzler-Stiftung, die Stiftung Polytechnische Gesellschaft
                                                                                                                                               stellte die Vereinigung 35.000 Euro aus den Jahresbeiträgen
                                                                                 und die Aventis Foundation zeigen wieder einmal, dass wir
                                                                                                                                               ihrer Mitglieder zur Verfügung. Third Mission bedeutet
                                                                                 uns als Stiftungsuniversität auf sie verlassen können. Auch
                                                                                                                                               auch Partnerschaft mit der Freundesvereinigung für eine
                                                                                 Stiftungen aus der Region wie die Dr. Hans Messer Stiftung
                                                                                                                                               zukunftsgerichtete Entwicklung der Universität.
                                                                                 oder die Lilly Deutschland Stiftung konnten wir mit unserem
                                                                                 Spendenaufruf erreichen. Ihnen und allen unseren großen       Der Erfolg der Spendenkampagne »Goethe-Corona-Fonds«
                                                                                 und kleinen Spendern sagen wir ein herzliches Dankeschön!     bedeutet strategisch also vor allem was?
                                                                                                                                               Die Goethe-Universität ist eine Bürgeruniversität mit starker
                                                                                 Spendenkampagnen wie die des »Goethe-Corona-Fonds«            Gesellschaftsorientierung. Diesen Gedanken mögen die
                                                                                 beruhen an der Goethe-Universität vor allem auf Netzwerk-     Spenderinnen und Spender. Wir sind also auf dem richtigen
                                                                                 arbeit. Welche Idee steckt dahinter?                          Weg, wenn wir mit großem persönlichem Einsatz für unsere
                                                                                 Dahinter steckt der Third-Mission-Gedanke – die Stif-         Goethe-Universität werben. Für unser professionelles und
                                                                                 tungsuniversität wirkt in die Region, umgekehrt engagieren    erfolgreiches Fundraising haben wir 2019 sogar den Deut-
                                                                                 sich die Menschen für ihre Universität. Netzwerkarbeit        schen Hochschulfundraisingpreis gewonnen. Unser Konzept,
                                                                                 beruht auf Gegenseitigkeit. So dient etwa unsere Alumni-      Bürgerinnen und Bürger als Spender für die Universität zu
                                                                                 Arbeit nicht dem reinen Selbstzweck. Vielmehr hat unser       gewinnen, setzt Maßstäbe. Dieses Engagement entfaltet
                                                                                 Alumni-Netzwerk einen großen Mehrwert. Das erleben            sogar eine Sogwirkung auf andere Stifter und Spender. Wir
                                                                                 die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer »Taskforce«      sind stolz und dankbar dafür!
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16       SPENDENKAMPAGNE #GoetheCoronaFonds
Corona
         Deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen sind bei
         der Erforschung des Corona-Virus und der Suche nach wirksamen
         Medikamenten und Impfstoffen weltweit vorne mit dabei, auch
         die Goethe-Universität und ihr Universitätsklinikum.

         Tag und Nacht suchen die Forschenden nach Schwachpunkten
         des Virus, um es dadurch wirksamer bekämpfen zu können und
         Medikamente zu entwickeln. Dabei ziehen alle an einem Strang: Vi-
         rologen, Epidemiologen, Zellforscher, Biochemiker und viele mehr.
         Sie alle sind im ständigen Austausch, auch mit Kolleginnen und
         Kollegen anderer Universitäten im In- und Ausland, um COVID-19
         mit einer wirksamen Therapie den Schrecken zu nehmen. Dabei
                                                                             Spendenstand
         hilft ihnen ein besonderes Instrument der Stiftungsuniversität,
         das es in dieser Form nur in Frankfurt gibt: der Goethe-Corona-     4,75 Mio. €
         Fonds. Am Ende soll er insgesamt 5 Millionen Euro schwer sein,
         gespeist aus rein privaten Mitteln von Menschen und Unternehmen
         aus Stadt und Region, die damit einen Beitrag leisten, dass die
         Wissenschaftler schneller zu Forschungsergebnissen finden.

         Mit den Spenden aus dem Goethe-Corona-Fonds unterstützt                            4 Mio. €
         werden bislang v. a. naturwissenschaftliche Forschergruppen
         aus Virologen und Infektiologen, pharmazeutischen Biologen
         und Chemikern, Toxikologen und Intensivmedizinern, die dem                         3 Mio. €
         SARS-CoV-2-Virus auf der Spur sind. Sie gehen etwa der Frage
         nach, wie sich das Virus vermehrt, wie es in Lungen-, Nieren- und
         Darmzellen wirkt oder welche Medikamente virenhemmend                              2 Mio. €
         wirken. Andere Spenden fließen in die Anschaffung von Geräten
         für die intensivmedizinische Forschung oder in den Aufbau einer
         Biobank, die Proben und klinische Daten zu Krankheitsverläufen                     1 Mio. €
         sammelt. Aber auch Projekte der Wirtschaftswissenschaften und
         der Psychologie, die sich mit den wirtschaftlichen und gesell-
         schaftlichen Folgen der Corona-Pandemie beschäftigen, erhielten
         durch den Fonds bereits eine Anschubfinanzierung – wie zuletzt
         das »Corona-Krisentelefon« des Fachbereichs Psychologie, das
         psychisch belasteten, an Corona erkrankten Menschen kostenlose
         und anonyme Beratung anbietet. Mehr als 30 Forschungsprojekte
         an der Goethe-Universität werden derzeit mit Mitteln aus dem
         Corona-Fonds unterstützt. Und ihre Zahl nimmt weiter zu.
SPENDEN FÜR DEN CORONA-FORSCHUNGSMARATHON                                                                                                                                                                       17
                                                                                                                                                                                                                  Corona

                                                                                                                                    ANGST VOR CORONA

                                                                                                                                    Auf die Verbreitung der Corona-Infektion (SARS-
                                                                                                                                    CoV-2) und die Maßnahmen zu deren Eindäm-
                                                                                                                                    mung reagieren Menschen in Deutschland un-
                                                                                                                                    terschiedlich. Manche Menschen gehen sehr
                                                                                                                                    gelassen mit der Situation um. Für andere ist
CORONA-BIOBANK BEOBACHTET
                                                                                                                                    die Isolation sehr belastend: Grübeln, Anste-
FOLGESCHÄDEN
                                                                                                                                    ckungsängste, Einsamkeit, Sorgen um die Zu-
                                                                                                                                    kunft und Depressionen können die Folge sein.
Eine Biobank mit Proben und klinischen Daten                                                                                        Welche Rollen hierbei das Wissen über die In-
von COVID-19-Patienten auch nach ihrer Gene-                                                                                        fektion und Emotionen spielen, ist bislang noch
sung wird in der Infektiologie des Universitäts-                                                                                    nicht untersucht worden. Eine Studie von Prof. Dr.
klinikums aufgebaut, der Goethe-Corona-Fonds          MEDIK AMENTE GEGEN COVID-19                                                   Ulrich Stangier, Abteilungsleiter der Klinischen
stellt hier Personalmittel zur Verfügung. Die Pro-                                                                                  Psychologie und Psychotherapie an der Goethe-
ben und Informationen der Biobank legen eine                                                                                        Universität, und seinem Mitarbeiter Schahryar
wichtige Basis zum Verständnis der Krankheits-        Potenzielle Wirkstoffe zur Behandlung von                                     Kananian, MSc des Instituts für Psychologie an
prozesse und für die Entwicklung von Diagnos-         SARS-CoV-2-Kranken werden bei dem NMR-                                        der Goethe-Universität, soll erste Erkenntnis-
tika, Medikamenten und Therapien. Darüber hi-         COVID-19-Projekt identifiziert. Es bestimmt die                               se hierzu liefern. Außerdem wurde am Zentrum
naus unterstützte der Goethe-Corona-Fonds die         dreidimensionale Struktur aller RNAs und Pro-                                 für Psychotherapie des Instituts für Psychologie
Abteilung mit Sachmitteln für eine Studie zum         teine von SARS-CoV-2-Viren. Über Strukturver-                                 eine telefonische Krisenberatung für Personen
diagnostischen Einsatz von Ultraschalluntersu-        gleiche mit Wirkstoff-Datenbanken lässt sich                                  eingerichtet, die unter den psychischen Folgen
chungen der Lunge und zur Bewertung verschie-         herausfinden, ob bereits bekannte Wirkstof-                                   der Corona-Pandemie leiden.
dener Isolationskonzepte im COVID-19-Kontext.         fe an Virus-Moleküle binden und daher poten-
Die Biobank ist ein Projekt von Prof. Dr. Maria Ve-   zielle Medikamente sind. Koordiniert wird das
hreschild, Leiterin des Schwerpunkts Infektiolo-      Verbundforschungsprojekt von Prof. Dr. Harald
gie, und PD Dr. med. Timo Wolf, Leiter der Infek-     Schwalbe, Zentrum für Biomolekulare Magneti-
tionsstation am Universitätsklinikum Frankfurt.       sche Resonanz an der Goethe-Universität. Be-
                                                      teiligt sind auch Forschende der TU Darmstadt.
                                                      Der G­ oethe-Corona-Fonds unterstützt bei dem
                                                      Vorhaben beteiligte Nachwuchsgruppen und fi-
                                                      nanziert eine Doktorandenstelle. Zudem wird das
                                                      Projekt von der Deutschen Forschungsgemein-
                                                      schaft gefördert.

                                                                 Die vorgestellten Projekte sind eine Auswahl. Insgesamt wurden – Stand Drucklegung – mehr als 30 Projekte mit Mitteln des Goethe-Corona-Fonds gefördert.
18
Corona
         CORONA-CHAT

         Susanne Honnef, Referentin Fundraising/Sponsoring
         »Als es mit Corona so richtig losging, wa-    Mitarbeitern, bereits bekannten Förderern
         ren wir uns in der Abteilung Private Hoch-    der Goethe-Universität verging seit dem
         schulförderung sofort einig: Wir müssen       20. März 2020 keine Woche, in der nicht
         den bedrohlichen Szenarien der SARS-          irgendeine bis dato für uns neue Stiftung,
         CoV-2-Pademie etwas entgegensetzen.           ein Unternehmen oder eine Privatperson
         Wir müssen etwas dafür tun, dass unse-        eigeninitiativ auf uns zugegangen ist und
         re Forscher an Uni und Uniklinik sofort       uns mit großzügigen Spenden unterstützt
         alle Möglichkeiten haben, das Virus und       hat.. Mittlerweile sind es insgesamt über
         eine mögliche Therapie zu erforschen.         2.000 Spenderinnen und Spender, die uns
         Quasi über Nacht starteten wir deshalb        unterstützen. Die eingeworbenen Gelder
         die Fundraising-Kampagne #GoetheCo-           sind schon in eine Vielzahl von Projekten
         ronaFonds. Unser Spendenziel: fünf Milli-     eingeflossen, die uns hoffentlich mittel-
         onen Euro. Verrückt. Aber was dann folg-      fristig dabei helfen, weitere Corona-Kri-
         te, war überwältigend. Wir erlebten eine      sen zu vermeiden oder wenigstens deren       Susanne Honnef
         unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft.     Folgen zu reduzieren.«
         Neben großzügigen Spenden von Alumni,

         Hannah Appich, Masterstudentin Friedens- und Konfliktforschung
         »Der Ausbau des digitalen Lehrangebots        Leistungen nachgewiesen werden. Das
         brachte durchaus Vorteile mit sich. So        hat mich von Tag eins des Semesters an
         konnten etwa externe Expertinnen und          meinen Schreibtisch gebunden, was es
         Experten leichter in Seminare eingeladen      zusätzlich erschwerte, eine klare Grenze
         werden. Umgekehrt hatte ich die Mög-          zwischen Uni und Freizeit zu ziehen. Auch
         lichkeit, Webinare von Organisationen         weil ich wie viele neben dem Studium ar-
         an anderen Orten zu besuchen. Gleich-         beite, musste ich mich am Ende dafür ent-
         zeitig ging durch das digitale Semester       scheiden, weniger Veranstaltungen als ge-
         ein wichtiger Teil meines Studiums ver-       plant zu belegen. Das alles wäre aber gar
         loren: die gemeinsame Erarbeitung von         nicht so schwergefallen, hätte ich mich
         Themen und die anschließende Diskus-          in der Pause oder zwischen den Semina-
         sion in Seminaren. Auch das immens an-        ren mit Freundinnen und Freunden auf ei-
         gestiegene Arbeitspensum ist ein großes       nen Kaffee oder zum Mittagessen treffen
         Thema. Die Teilnahme an Veranstaltungen       oder gemeinsame Bibliothekstage einle-
         muss nun oft durch zusätzliche schriftliche   gen können. Das fehlt mir am meisten!«
                                                                                                    Hannah Appich
Alle Fotos dieser Seite: Jürgen Lecher
                                                             Jan Wauschkuhn, Leiter Applikationen, Hochschulrechenzentrum                                  19
                                                             »Als sich im März ein Lockdown auch an        Gerade in der Anfangszeit führte das zu      Corona

                                                             der Goethe-Universität abzeichnete, war       langen Arbeitstagen (bzw. kurzen Näch-
                                                             klar, dass das Hochschulrechenzentrum vor     ten). Mails um halb 4 Uhr nachts waren
                                                             großen Herausforderungen durch Homeof-        keine Seltenheit. Trotz der Tatsache, dass
                                                             fice-Betrieb und virtuelles Semester ste-     man sich nicht persönlich absprechen
                                                             hen würde. Dabei ging es darum, in kürzes-    kann, herrscht eine konstruktive und pro-
                                                             ter Zeit sowohl die Serverkapazitäten als     duktive Arbeitsatmosphäre in den Teams,
                                                             auch die Support-Strukturen auf ein Vielfa-   unter Kollegen und mit der HRZ-Leitung.
                                                             ches der Nutzerzahlen vorzubereiten. Bei      Unsere Ansprechpartner auf oberster
                                                             den Videokonferenzen für die Lehre muss-      Leitungsebene der Universität – etwa der
                                                             ten wir externe Ressourcen – hier: Zoom –     Kanzler – sind erreichbar und ansprech-
                                                             dazukaufen und in wenigen Tagen den Sup-      bar, notwendige Entscheidungen wurden
                                                             port dafür organisieren. Gleichzeitig galt    schnell getroffen und kommuniziert. Dass
                                                             es, eine lokale Authentifizierung aufzubau-   in so einer Situation unter solchen Rah-
                                                             en, damit datenschutzrechtliche Beden-        menbedingungen nicht alles auf Anhieb
                                                             ken gemildert werden konnten. Auch bei        funktionieren würde, dafür gibt es Ver-
Jan Wauschkuhn                                               den Vorlesungsaufzeichnungen mussten          ständnis und Rückendeckung.«
                                                             wir neue Wege gehen. Wir unterstützten
                                                             das Aufzeichnen von Aufnahmen zu Hau-
                                                             se ebenso wie die teils durchgetakteten
                                                             Aufzeichnungsserien in leeren Hörsälen
                                                             (Geistervorlesungen).

                                                             Dr. Lars Pilz, Stellv. Studiendekan, FB Wirtschaftswissenschaften
                                                             »Wir hatten alles fertig organisiert, als    Sommersemester irgendwie stattfinden
                                                             klar war: Unsere WiWi-Einführungsver- kann. Die Kolleginnen, die sonst die Ein-
                                                             anstaltung kann nicht wie geplant stattfin- führungsvorlesungen halten, hatten viel
                                                             den. Erstmal ein Schock, zumal wir bisher Spaß dabei, die Videos mit studiumdigi-
                                                             keine größeren Erfahrungen mit der Auf- tale zu erstellen. Wir hatten alle eine Rie-
                                                             zeichnungserstellung hatten. Alle haben senlernkurve in diesen Wochen; nächstes
                                                             sich dann aber mit viel Herzblut und En- Mal würden wir wohl auch verstärkt auf
                                                             gagement auf die Herausforderung ein- Interaktivität setzen. Eine virtuelle Vorle-
                                                             gelassen. Was wir wirklich gespürt ha- sung kann für mich nie die Präsenzlehre
                                                             ben, trotz Social Distancing, ist, wie alle  ersetzen, aber in Zukunft werde ich mehr
                                                             gemeinsam an einem Strang gezogen und digitale Elemente einbauen.«
                                                             alles dafür getan haben, damit dieses
    Dr. Lars Pilz
20

     STUDIUM & LEHRE
     Im Wintersemester 2019/20 sind       Die Goethe-Universität ist im Win-    Aus Mitteln des Johanna-Quandt-
     an der Goethe-Universität mehr als   tersemester 2019/20 an vier Ko-       Jubiläumsfonds aufgelegt, ermög-
     46.000 Studierende immatrikuliert,   operationsstudiengängen inner-        licht das »Goethe Goes Global«-
     darunter über 7.400 internationa-    halb der RMU-Allianz beteiligt. Mit   Master-Stipendienprogramm der
     le Studierende. Etwa 9.300 Stu-      dem RMU-Studium beschließen           Goethe-Universität insgesamt 57
     dierende haben im Herbst 2019 ei-    die Rhein-Main-Universitäten 2019     forschungsaffinen Nachwuchs-
     nen Studiengang neu begonnen.        die Einführung eines ausgewählten     wissenschaftlerinnen und Nach-
     Mehr als die Hälfte von ihnen ist    Studienangebots, das allen 100.000    wuchswissenschaftlern aus aller
     weiblich.                            Studierenden der drei Hochschu-       Welt ein Studium in Frankfurt.
                                          len offenstehen wird.
     Das Studienangebot der Goethe-
     Universität umfasst insgesamt        Studieninteressierte können aus
     über 130 Studiengänge. 46 Prozent    insgesamt neun weiterbilden-
     der Studierenden sind im Winter-     den Masterangeboten wählen.
     semester 2019/20 in einem Bache-     Die Programme sind mehrheitlich
     lorstudiengang eingeschrieben,       im juristischen, wirtschaftswis-
     15 Prozent in einem Masterstudi-     senschaftlichen und zahnmedizini-
     engang. Gut ein Drittel der Stu-     schen Bereich angesiedelt. Insge-
     dierenden strebt ein Staatsexa-      samt knapp 470 Studierende sind
     men an, darunter sind über 6.000     im Wintersemester 2019/20 in ei-
     Lehramtsstudierende.                 nem weiterbildenden Studiengang
                                          eingeschrieben.
Foto: Uwe Dettmar

                    Während im ganzen Monat April 2019 gerade einmal
                    36.000 Views auf dem Streamingserver verzeichnet wur-
                    den, waren es allein am 20. April 2020 (Semesterstart)
                                                                                21
                    über 46.000 Views. Inzwischen findet bis zu 95 Prozent
                    der sonst üblichen Lehre an den 16 Fachbereichen virtuell
                    statt. Die universitäre Lernplattform OLAT nutzen bis zu
                    10.000 Nutzerinnen und Nutzer gleichzeitig.
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Corona
         SCHNELLSTART DIGITALE LEHRE

         Das Konzept für das Seminar stand. Dann kam Corona. Und damit die Entscheidung: Dieses                                           dem Hochschulrechenzentrum (HRZ) und der Abteilung Leh-
         Sommersemester wird virtuell. Für die Lehrenden, die IT-Experten des Hochschulrechenzentrums, aber                               re und Qualitätssicherung (LuQ) entwickelt wurde.
         auch für die Studierenden hieß es, möglichst die ganze Lehre zu virtualisieren. Die Herausforderung war                              »Dass man sein Konzept einfach und klar halten soll, die
         groß: Das digitale Semester verändert Lehren und Lernen.                                                                         Regeln zu Beginn der Lehrveranstaltung transparent und
                                                                                                                                          dauerhaft an alle Studierenden kommuniziert werden und

         I hre Vorlesungen sind ganz regulär nach dem Prinzip des Blen-
           ded Learning aufgebaut: ein Teil mit E-Learning-Modulen und
         ein Teil mit Präsenzveranstaltungen. Carola Kamuff ist Lehr-
                                                                          wieder ansprechen und zur Mitarbeit animieren. Interakti-
                                                                          ve Elemente findet sie ohnehin sehr wichtig, gerade wenn
                                                                          der »reale« Kontakt fehlt. Den sie im Übrigen auch vermis-
                                                                                                                                          asynchrone Angebote bevorzugt eingesetzt werden sollen,
                                                                                                                                          synchrone hingegen nur sparsam, hat mir einen Rahmen für
                                                                                                                                          meine Lehre vorgegeben«, sagt Ulrike Sell. Für ihre Veran-
         beauftragte im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und         se – »eine reine Online-Lehre halte ich nicht für sinnvoll«,    staltung zum Thema »Kindheitsforschung und Beteiligungs-
         mit digitalen Technologien der Präsentation und Kommunika-       so Carola Kamuff.                                               struktur« entschied sie sich für den Typus Lehrveranstaltung
         tion vertraut. Kamuff führt ein Institut für Finanzmodelle und                                                                   mit Gruppenarbeit. Dabei bekommen ihre Studierenden auf
         arbeitet als Trainerin für junge Analysten. Der Lockdown an      KEEP IT SIMPLE!                                                 der Lernplattform OLAT alles, was sie für das Seminar be-
         der Goethe-Universität zwang allerdings auch sie, ihre Pla-      Vor ganz andere Herausforderungen hat das virtuelle Semes-      nötigen: Texte, Materialien sowie eine begleitende Power-
         nung radikal umzubauen und das Seminar virtuell aufzustel-       ter jene Dozierenden gestellt, die vorher kaum oder über-       Point-Präsentation der Dozentin.
         len. Kamuff benötigte – wie die meisten – eine Lizenz für        haupt keine Erfahrungen mit der digitalen Lehre gemacht
         die Software Zoom. Erst kurz vor Vorlesungsbeginn konnte         hatten. »Ich bin ja eher ein Neuling in diesem Bereich«, sagt   GUT BETREUT
         sie darauf zurückgreifen. Ihre Erfahrung mit ähnlichen Tools     Dr. Ulrike Sell, Erziehungswissenschaftlerin am Institut für    Für vertiefende Fragen standen Sell Ansprechpartner von
         war dabei hilfreich: »Dafür, dass dieses Semester wirklich       Pädagogik der Elementar- und Primarstufe. Sie vertritt ge-      studiumdigitale und der Interdisziplinären Hochschuldidak-
         ein Ausnahmesemester ist und die Vorbereitungszeit extrem        rade die Professur für Kindheitsforschung. Drei Lehrveran-      tik zur Seite. Das Hochschulrechenzentrum sorgte für die
         kurz war, hat das schon sehr gut geklappt«, bilanziert Kamuff.   staltungen bietet Sell pro Semester an. Das Sommerse-           technische Unterstützung. Auch wenn sich Ulrike Sell wie-
                                                                          mester rein virtuell zu konzipieren, irritierte Sell anfangs.   der auf Präsenzveranstaltungen freut, zieht sie eine posi-
         INTERAKTIV STATT PASSIV                                          Sie hatte zuvor nur wenig im E-Learning-Bereich angeboten.      tive Bilanz für das Ausnahmesemester. Online-Lehre wird
         In der Online-Vorlesung wechselt Kamuff zwischen Vortrag             OLAT, die Lernplattform der Goethe-Universität, hatte       Ulrike Sell künftig in ihre Seminare integrieren: »Ich kenne
         und Kleingruppenarbeit. »In der Gruppe lernen die Studie-        sie zwar immer genutzt, um Texte und Materialien hochzu-        mich mit OLAT schon wesentlich besser aus und werde da-
         renden am meisten.« Die eigenen Redeanteile sollte man           laden. Jetzt galt es, OLAT auch als Kommunikationsplatt-        mit in den kommenden Semestern sicherlich viel intensiver
         bei einer Online-Vorlesung reduzieren, sagt die Lehrbeauf-       form zu nutzen. Eine große Hilfe war der Erziehungswissen-      arbeiten.« Sell sieht zudem für viele Studierende, gerade für
         tragte, denn die virtuellen Zuhörerinnen und Zuhörer er-         schaftlerin das Portal »Lehre Sommersemester 2020«, das         jene mit Kindern und anderen sozialen Verpflichtungen, den
         müdeten schneller als in einer Präsenzveranstaltung. Fünf        unter hohem Zeitdruck von studiumdigitale zusammen mit          Vorteil der Flexibilität: Die Aufgaben können je nach zeitli-
         Minuten Redezeit, dann müsste man die Teilnehmenden              dem Interdisziplinären Kolleg für Hochschuldidaktik (IKH),      cher Präferenz bearbeitet werden.
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