Future ManuFacturing - robotik intralogistik - Magazin für intelligente Produktion - VDMA Verlag

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Future ManuFacturing - robotik intralogistik - Magazin für intelligente Produktion - VDMA Verlag
Future Manufacturing
Magazin für intelligente Produktion

Robotik
Intralogistik

www.vdma-verlag.com                   2017/06
Future ManuFacturing - robotik intralogistik - Magazin für intelligente Produktion - VDMA Verlag
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                                              Ko rp s-
ERP für Losgröße 1+

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                                               s.e .a
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                                                    f re i s t o m
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Arbeit 4.0
                                  Zahlen, Daten, Fakten

                                                                                      Schweden ist nach einer Studie der Internationalen
                                                                                      Arbeitsorganisation im europäischen Vergleich
                                                                                      besonders weit entwickelt. Dort arbeiten 32 Prozent
                                           Das klassische Büro hat Staub ange-        der Beschäftigten zumindest gelegentlich mobil.
                                           setzt, weil Arbeitnehmer ihrer Tätig-      In Finnland ist der Anteil mit 28 Prozent ähnlich
                                           keit zunehmend unabhängig von Ort          hoch. In Deutschland nehmen diese Möglichkeit
                                           und Zeit nachgehen können. Digital                    12 Prozent der Arbeitnehmer wahr.
                                           geprägte Formen der Arbeit sind                                  Der EU-Durchschnitt liegt
                                           auf dem Vormarsch. Für Ar-                                            bei 17 Prozent.
                                           beitsschutz und Gesund-
                                           heit wird das Thema
                                           Arbeit 4.0 immer
                                           wichtiger.

                                   Unter „mobile Worker“
                                   kann man alle Beschäf-
                                   tigten eines Unterneh-
                                   mens verstehen, die mit
                                   mobilen Endgeräten arbei-
                                   ten. Bereits mehr als die Hälf-
                                   te (54 Prozent) sind der Studie
                                   „Mobiles Arbeiten“ der Deutschen
                                   Gesellschaft für Personalführung zufolge
                                   mobil an wechselnden Arbeitsplätzen tätig, davon
Bilder: senoldo, msanca/Fotolia

                                   14 Prozent innerhalb und 11 Prozent außerhalb
                                   des Unternehmens.
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Editorial

                        Willkommen in der Zukunft

                        Schöner hätte sich ein Science-Fiction-Autor in den 1970er Jahren die Pro-
                        duktion und Logistik im Jahr 2017 nicht ausdenken können: autonom fah-
                        rende Transportsysteme, die völlig eigenständig benötigtes Material in die
                        Fertigung bringen. Dort wird das Material von einem Roboter entgegenge-
                        nommen, der wiederum selbstständig im Produktionsprozess fortfährt und
                        die fertigen Teile entweder an einen anderen Roboter oder seinen mensch-
                        lichen Kollegen weitergibt.

                        Die Digitalisierung ermöglicht heute ein vernetztes Zusammenspiel von
                        unterschiedlichen Systemen. Dass Software dabei eine sehr bedeutende
Patrick Schwarzkopf     Rolle spielt, liegt auf der Hand. In der Intralogistik wird sie zunehmend als
Geschäftsführer
                        wichtiges Werkzeug verstanden, um Lösungen und Anlagen neu und weiter
des VDMA-Fachverbands
Robotik + Automation    zu entwickeln. Neben der Automatisierung von Prozessen steht verstärkt
                        auch deren Autonomisierung auf der Agenda. Das gilt für die Lagerlogistik
                        in gleichem Maß wie für die Produktionslogistik. Je kleiner die Losgröße, je
                        flexibler der Fertigungsprozess – desto anspruchsvoller wird die Material-
                        bereitstellung. Hier ist Effizienz gefragt.

                        Wie passt der Mensch in eine solche Arbeitsumgebung? Offenbar sehr gut.
                        Praxisbeispiele, bei denen der Mensch mit seinem Kollegen Roboter auf Du
                        und Du ist, gibt es bereits. Ähnlich sieht es im Bereich Assistenzsysteme aus.
                        Diese unterstützen den Menschen, dort wo es sinnvoll ist. In der Logistik
                        gehört die Datenbrille zur Kommissionierung schon fast zu den Klassikern.
Sascha Schmel           Kaum ein modernes Lager oder eine Fertigung, in der die Warenbereitstel-
Geschäftsführer
                        lung nicht IT-gestützt erfolgt.
des VDMA-Fachverbands
Fördertechnik
und Intralogistik       Um die Science-Fiction-Geschichte weiterzuschreiben, braucht es aus heu-
                        tiger Sicht nicht mehr ganz so viel Fantasie wie vor fünf Jahrzehnten. Die
                        Zusammenarbeit von Mensch und Maschine intensiviert sich auch in Zu-
                        kunft. Die Kommunikation zwischen beiden Parteien wird einfacher und
                        intuitiver. Natürlich werden einige Tätigkeiten von Maschinen ersetzt, es
                        entstehen jedoch auch neue Arbeitsplätze und Berufsbilder, ebenso wie
                        neue Geschäftsmodelle.

                        Patrick Schwarzkopf                        Sascha Schmel
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Inhalt
Editorial                                                                              4

Robotik
Arbeit 4.0: Die Digitalisierung als Chance für Beschäftigung                           6
VDMA Competence Center Arbeitsmarkt: Zwischen Stellenabbau und Jobsicherung

Mensch und Maschine im Team                                                            8
VDMA Robotik + Automation: Zusammenwirken wird körpernäher und intuitiver
                                                                                            Optische Schutzeinrichtungen ermög-
                                                                                            lichen wandlungsfähige Produktions-
Adaptive Automation: Mit 3D-Daten zum autonomen Roboter                                10   szenarien.
IDS Imaging Systems: Roboter stellen sich adaptiv auf Situationen ein
                                                                                            14
Leichtbauroboter arbeiten bei Klebeverfahren                                           12
Hand in Hand mit den Werkern                                                                  F uture M anufacturing 2 0 1 7
KUKA Roboter: Endmontage an der Karosserie ohne trennende Schutzeinrichtung

                                                                                              Die Themen der nächsten
Future Work Lab präsentiert Industriearbeit der Zukunft                                14     Ausgaben: Präzisionswerk-
Fraunhofer IPA: Digitalisierung der Produktionsarbeit benötigt neue Wege                      zeuge, Werkzeugmaschinen,
                                                                                              Automatisierung, Industrielle
Next Level: Automatisierung dank Machine Learning                                      16     Bildverarbeitung.

Framos: Bildverarbeitung und Künstliche Intelligenz automatisieren Sortiervorgänge

Neues aus der Industrie                                                                18

Intralogistik
Die Logistik im Umfeld von Industrie 4.0 und Smart Factory                             20
TU München: Intelligente Verfahren zur Versorgung von Produktion
und Handel mit Hilfe der Logistik

Die automatisierte Zukunft der Intralogistik                                           22
Jungheinrich: Fahrerlose Transportsysteme als Basis künftiger Produktionsprozesse
                                                                                            Simulations-Tools stellen Materialfluss-
                                                                                            und Lagersysteme dar.
Effiziente Prozessgestaltung mit Hilfe der Simulation                                  24
für die Materialflussplanung                                                                24
E&K Automation: Materialflusssimulation auf neuer Stufe

Staffelübergabe an den Routenzug                                                       26
Toyota Material Handling: Die Wertschöpfungskette auf verschwendungsarme
Produktion einstellen

Intelligente Vernetzung von Automatisierung und Autonomie                              28
Still: Routenzuglösungen können alle Stationen des Warenflusses abbilden

Zukunft erfahren mit mobiler Robotik                                                   30   Das Zukunftskonzept eines Routen-
                                                                                            zuges verknüpft Automatisierung und
Grenzebach: Fahrerlose Transportsysteme entwickeln sich zum mobilen Roboter
                                                                                            Autonomie.

Logistik ist ein Wettbewerbsfaktor                                                     32   28
Leuze electronic: Automatisches Kleinteilelager wird zum Herzstück eines neuen Werks

                                                                                            Titel: Motorblock, Bugatti.
Gewinnspiel                                                                            35   Fotografiert von Manfred Zimmermann,
                                                                                            Euromediahouse.
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future manufacturing

Arbeit 4.0: Die Digitalisierung als Chance
für die zukünftige Beschäftigung
FABIAN SEUS

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit und die Tätigkeiten der Beschäftigten
werden kontrovers diskutiert. Die einen prognostizieren die Ersetzung menschlicher Arbeit
auf breiter Linie – getrieben durch die exponentielle Zunahme von intelligenten, softwarege-
triebenen Automatisierungsschritten. Die anderen verbinden mit Industrie 4.0 die Hoffnung
auf neue Geschäftsfelder, eine Stärkung des Produktionsstandorts Deutschland und eine
Sicherung der Beschäftigung.

D
        ie Studie des World Economic               5,1 Millionen Arbeitsplätze weltweit we-              wahrscheinlichkeit auf Deutschland über-
        Forum 2016 „The Future of Jobs“            niger als 0,3 Prozent der insgesamt be-               tragen. Demnach seien hierzulande sogar
        versucht, Veränderungen der Ar-            trachteten Arbeitsplätze. Schon eine Ab-              59 Prozent der Arbeitsplätze bedroht.
beitsmärkte bis zum Jahr 2020 zu quanti-           kühlung der Weltkonjunktur kann zu                        Der VDMA hält die Aussagen der ge-
fizieren. Unter dem Strich werden voraus-          einem solchen Effekt führen.                          nannten Studien bezogen auf Deutsch-
sichtlich weltweit 5,1 Millionen Arbeits-             Viel öffentliche Aufmerksamkeit hat                land weiterhin für unbrauchbar. Maßgeb-
plätze wegfallen. Die als Schreckenssze-           auch eine Studie von Frey und Osborne                 lich ist die Unterscheidung, dass lediglich
nario verbreitete Meldung muss jedoch              aus dem Jahr 2013 erfahren. Demnach                   Tätigkeiten und nicht ganze Berufe als
relativiert werden, denn die Analyse be-           seien in den USA 47 Prozent der Beschäf-              solche automatisierbar und digitalisierbar
zieht sich lediglich auf eine Befragung von        tigten in Berufen tätig, die in den nächs-            sind. Zudem bleiben positive Beschäfti-
Personalleitern aus global aufgestellten           ten 10 bis 20 Jahren mit einer hohen                  gungseffekte sowie Anpassungseffekte bei
Unternehmen in neun Industriesektoren              Wahrscheinlichkeit (mehr als 70 Prozent)              den Unternehmen und ihren Mitarbeitern
von 15 Ländern beziehungsweise Wirt-               automatisiert werden können. In weiteren              in der Studie bewusst unberücksichtigt.
schaftsgemeinschaften. Zudem bedeuten              Studien wurde diese Automatisierungs-                 Aufgrund der Analyse einzelner Tätigkei-
                                                                                                         ten lässt sich daher nicht auf gesamtwirt-
                                                                                                         schaftliche Effekte schließen.
                                                                                                             Auch das Bundesministerium für Ar-
                                                                                          Foto: Schunk

                                                                                                         beit und Soziales sieht die Arbeiten kri-
                                                                                                         tisch und hat eine eigene Studie an das
                                                                                                         Zentrum für Europäische Wirtschafts-
                                                                                                         forschung (ZEW) in Auftrag gegeben. Das
                                                                                                         ZEW hat sich mit der Übertragung der
                                                                                                         Studie von Frey und Osborne auf Deutsch-
                                                                                                         land auseinandergesetzt und ist zu dem
                                                                                                         Ergebnis gekommen, dass lediglich 12 Pro-
                                                                                                         zent der Arbeitsplätze in Deutschland eine
                                                                                                         hohe Automatisierungswahrscheinlichkeit
                                                                                                         aufweisen. Die Forscher stellen in ihrem
                                                                                                         Bericht klar, dass von einem reinen techno-
                                                                                                         logischen Automatisierungspotenzial nicht
                                                                                                         per se auch auf eine unmittelbare Gefähr-
                                                                                                         dung von Arbeitsplätzen geschlossen wer-
                                                                                                         den kann.
                                                                                                             So schwierig der Blick in die Zukunft ist,
                                                                                                         so einfach ist der Blick in die Vergangen-
Mensch und Maschine brauchen sich gegenseitig. Der Wandel in der Arbeitswelt muss aktiv                  heit. Zum Ende des Jahres 2015 waren in
gestaltet werden.                                                                                        Deutschland 43,49 Millionen Menschen

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future manufacturing

erwerbstätig. Ein Rekord seit der Wieder-     len. Ein bedeutendes Optimierungspoten-        Fort- und Weiterbildung oder Studium: Es
vereinigung und dies trotz einer konti-       zial lässt sich also dort erschließen, wo in   sind alle Beteiligten gleichermaßen gefor-
nuierlichen Automatisierung in den ver-       direkter Zusammenarbeit Mensch und Ma-         dert. Gemeinsam müssen Bedarfe ermit-
gangenen Jahren. Deutschland weist die        schine ihre jeweiligen Stärken einsetzen       telt, Formate entwickelt und Freiräume
dritthöchste Roboterdichte der Welt auf       können.                                        für Bildung geschaffen werden.
(292 Roboter pro 10.000 Beschäftigte im           Professor Julie Shah, Interactive Robo-       Unternehmen und Mitarbeiter, Politik
verarbeitenden Gewerbe) und liegt damit       tics Group, Massachusetts Institute of Tech-   und Wissenschaft, Gewerkschaften und
hinter Korea und Japan weit vor allen         nology bringt es am Beispiel von Robotern      Verbände haben als Partner die Möglich-
anderen europäischen Industrienationen.       auf den Punkt: „Es ist wichtig zu verste-      keit auf die bevorstehenden Verände-
Es zeigt sich: Arbeit wird produktiver und    hen, dass es bei dieser Technologie nicht      rungen zu reagieren und die Arbeitswelt
die industrielle Produktion wettbewerbs-      um das Ersetzen von Menschen geht. Es          von morgen bereits heute positiv zu
fähiger. Am Ende führt eine steigende         geht darum, die Stärken von Menschen           gestalten.                              l
Nachfrage nach Produkten auch zu einer        und Robotern optimal zu nutzen, um
steigenden Nachfrage nach Arbeitskräften.     höhere Stufen der Effizienz und Produk-        Fabian Seus
    Hinzu kommt: Menschenleere Fabriken       tivität zu erklimmen, als dies der Mensch      Leiter VDMA Competence Center Arbeitsmarkt
                                                                                             www.allesbleibt-anders.net
kann es nicht geben. Spezifische mensch-      oder Roboter auf sich alleine gestellt
liche Fähigkeiten, wie feinmotorische Fin-    können.“
gerfertigkeit, Flexibilität und Urteilsver-       Dennoch gilt natürlich: Die Digitalisie-
mögen, Erfahrungswissen und Vernunft          rung wird die Aufgaben und Tätigkeiten
sind und bleiben unersetzlich. Maschinen      der Beschäftigten verändern. Der Wandel
haben andere Stärken. Sie können bei-         in der Arbeitswelt vollzieht sich, aber er
spielsweise schwere Gewichte halten oder      lässt sich gestalten. Eine zentrale Rolle
einen konstanten Anpressdruck sicherstel-     nimmt der Bereich Bildung ein. Ob Aus-,

UNSERE KAMERAS SIND
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                                                                                                               www.ids-imaging.de
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Mensch und Maschine im Team
PATRICK SCHWARZKOPF

Enger und intensiver werden Mensch und Maschine schon in naher Zukunft zusammenarbei-
ten als jemals zuvor. Diese Zusammenarbeit wird körpernäher, intuitiver und intelligenter sein.
Das bietet neue Möglichkeiten, die Arbeit der Zukunft zu gestalten, die Zusammenarbeit von
Mensch und Maschine neu zu denken und Arbeitsplätze zu verbessern. Es geht dabei um gute
Arbeit der Zukunft.
                                                       Foto: Kuka

M
           it ihren blitzschnellen Bewegun-
           gen arbeiten Roboter besonders
           effizient. Das tun sie meist hin-
ter Schutzzäunen, damit die Menschen in
der Fabrik von den schnellen Bewegungen
der stählernen Arme geschützt bleiben.
Die Arbeitsbereiche des Roboters und des
Menschen blieben bisher strikt voneinan-
der getrennt. Doch nun schlägt die Robo-
tik ein neues Kapitel auf und installiert
sichere Roboter, die direkt mit dem Werker
in einem gemeinsamen Arbeitsbereich zu-
sammenarbeiten.
    Damit wird der Roboter zum maschinel-
len Kollegen, der Gegenstände anreicht,
das Gewicht schwerer Werkstücke auf-
nimmt oder für den konstanten Anpress-
druck beim Einkleben sorgt. Der Mensch
bringt seine einzigartige Feinfühligkeit
ein, sein – oft unbewusstes – Erfahrungs-                           Die Zusammenarbeit wird immer enger.
wissen und seine überragende Flexibilität.
Das Beispiel der Mensch-Roboter-Kolla-
boration verdeutlicht die Chancen, die         manuelle Verrichtung von Produktions-                       neue Kombination von Mensch und Ma-
in einer engeren Verschränkung typisch         schritten einen gravierenden Nachteil:                      schine wird die menschliche Arbeit wett-
menschlicher und typisch maschineller          Absolute Fehlerfreiheit oder 100-Prozent-                   bewerbsfähiger und hat eine glänzende
Fähigkeiten liegen. Es geht nicht um die       Qualität – wie sie gerade bei sicherheits-                  Zukunft.
Ersetzung der menschlichen Tätigkeit, son-     kritischen Produkten unerlässlich ist –
dern um deren Aufwertung.                      kann man mit ihr nicht erreichen. Ein                       Befähigung zur anspruchsvollen Arbeit
    Bei allen Vorteilen vollautomatischer      Nachteil, der sich durch den Einsatz von
Produktionsprozesse, bleibt Handarbeit un-     bildverarbeitungsbasierenden Assistenz-                     Die Erkenntnis, dass uns die Arbeit nicht
erreicht, wenn es um die Anpassungs-           systemen überwinden lässt. Fehler wer-                      ausgehen wird, setzt sich immer mehr
fähigkeit bei kleinen Losgrößen sowie um       den automatisch und sicher erkannt, der                     durch und wird auch von wissenschaft-
Flexibilität und Fingerfertigkeit geht. Doch   menschliche Werker kann den Fehler so-                      lichen Analysen gestützt. Die großen
„Irren ist menschlich“, und so hat die         fort beheben. Das Ergebnis: Durch diese                     Automatisierungswellen der Vergangen-

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            heit führten über Produktivitätsgewinne        schon in wenigen Jahren in Deutschland         volles neues Werkzeug verfügbar, mit dem
            zu immer höherem Output und immer              pro Jahr 10.000 neue Mitarbeiter ein-          sich vieles optimieren lässt: die Qualität
            höherwertigen Produkten, was wiederum          stellen.“                                      von Produkten, die Verbesserung von Pro-
            neue Arbeitsplätze schuf. Dieser fortwäh-          Dem befürchteten Arbeitskräfteman-         zessen, die Verhinderung von Fehlern und
            rende dynamische Prozess der „Creative         gel kann begegnet werden: Mit Techno-          die Ressourceneffizienz. Die künstliche In-
            Destruction“, bei dem Maschinen mensch-        logie, die Arbeitsplätze ergonomischer         telligenz ersetzt die menschliche nicht,
            liche Arbeit ersetzen, aber gleichzeitig an    macht, die Arbeitskraft so lange wie mög-      sondern verstärkt sie. Sie hilft, Antworten
            anderer Stelle neue Arbeitsplätze schaf-       lich erhält und maschinelle und mensch-        zu finden, aber sie kann nicht die richtigen
            fen, erfordert auch die ständige Qualifizie-   liche Stärken optimal kombiniert. Die          Fragen stellen – das bleibt die exklusiv
            rung und Weiterbildung der Menschen.           Mensch-Roboter-Kollaboration weist den         menschliche Domäne. Die schlauen Ma-
            Sie benötigen immer höhere Qualifika-          Weg. Als Vorreiter ist die Automobilindus-     schinen nehmen dem Menschen das Den-
            tionen und müssen mit immer höherer            trie bereits eifrig dabei, die Möglichkeiten   ken nicht ab, sondern sie helfen, intelli-
            Komplexität umgehen. Unter dem Strich          in verschiedenen Einsatzfeldern wie der        gentere Entscheidungen zu treffen.
            sinkt die Beschäftigung nicht, doch die        körperlich anstrengenden Über-Kopf-Mon-
            Gefahr besteht, dass nicht alle den stei-      tage zu erproben. Vielleicht kommt schon       Kommunizieren statt bedienen
            genden Anforderungen gerecht werden            bald der Roboterbizeps: Kraftverstärkende
            können.                                        Exoskelette befinden sich in der Erprobung.    Social Robotics schicken sich an, Maschi-
                „Was passiert mit den Geringqualifi-                                                      nen menschliches Sozialverhalten beizu-
            zierten?“ lautet die oft gestellte Frage.      Maschinen werden schlauer                      bringen. Durch die Imitation von Gefühlen
            Hier kann die engere Verbindung von                                                           und menschlicher Verhaltensweisen soll
            Mensch und Technologie neue Wege er-           Wir sind es gewohnt, dass Maschinen ihre       die Schnittstelle zwischen Mensch und
            öffnen, die weniger Qualifizierten zu befä-    Aufgaben schnell und zuverlässig erledi-       Maschine natürlicher, intuitiver und effek-
            higen, den Umgang mit höherer Komple-          gen, auch dass ihre Aktionen vorprogram-       tiver gestaltet werden. Maschinen erken-
            xität zu meistern. Denkbar sind körpernah      miert und vorhersehbar sind. Doch nun          nen, wie der Mensch sich gerade fühlt –
            getragene Geräte, Datenbrillen und intel-      halten die mit Intelligenz ausgestatteten      genervt oder glücklich, erschöpft oder fit.
            ligente Assistenzsysteme aller Art. Das        Geräte Einzug in den Alltag und in die            Die Maschinen erhalten auch ein
            könnte die Chance sein, in höherwertigere      Fabriken. Sie sind mit einem begrenzten        menschliches Gesicht: Auf dem Display
            Arbeit einzusteigen. Ein vielversprechen-      Grad an Autonomie ausgestattet. Plötz-         signalisiert der Mundwinkel nach oben den
            der Ansatz.                                    lich erzielen die neuronalen Netze und das     reibungslosen Betriebszustand. Es geht
                Zahlreiche Volkswirtschaften müssen        maschinelle Lernen dank der verfügbaren        dabei allerdings nicht um die Herstellung
            sich der Herausforderung einer alternden       Rechenleistung und Big Data spektakuläre       einer emotionalen Bindung: Es muss zu
            Gesellschaft stellen. In Deutschland geht      Durchbrüche.                                   jeder Zeit unterscheidbar bleiben, wer
            die Baby-Boomer-Generation in wenigen              Das ist die gute Nachricht: Automati-      Mensch und was Maschine ist. Es geht
            Jahren in den Ruhestand. Schon 2015 ver-       sierung lässt sich nicht nur nutzen, um        darum, intuitiver, natürlicher und ange-
            kündete der damalige VW-Personalvor-           repetitive Verrichtungen zu erledigen. Sie     nehmer mit den Maschinen zu kommuni-
            stand Dr. Horst Neumann: „Um die Rent-         dient zur Entdeckung bisher unerkannter        zieren. Auch das wird ein Teil der neuen
            nerabgänge aufzufangen, müssten wir            Zusammenhänge. Dadurch ist ein wert-           Nähe zwischen Mensch und Maschine
                                                                                                          sein.                                     l

                                                                                                          Patrick Schwarzkopf
Foto: ABB

                                                                                                          Geschäftsführer
                                                                                                          VDMA Robotik + Automation

                                                                                                 Automatisierung hilft
                                                                                                 auch bei der Entdeckung
                                                                                                 bisher unbekannter
                                                                                                 Zusammenhänge.

                                                                                                                                                    9
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             Adaptive Automation:
             Mit 3D-Daten zum autonomen Roboter
             HEIKO SEITZ

             Bisher waren Roboter „blinde“ Befehlsempfänger, die vorgegebenen und fest definierten
             Bahnen folgten. Mittels 3D-Daten können sich Roboter der jeweiligen Situation adaptiv
             anpassen und auf ihre Umgebung reagieren. Ein Versprechen wird Realität. Der Roboter wird
             zu einem autonom anpackenden Mitarbeiter.

             D
                     ie Vorteile: Schnelle Umrüstzeiten,     kostensparend, aber langsam und nicht        Paletten oft verdreht oder durch restliche
                     hohe Varianz von Werkstücken, ein-      prozessstabil.                               Gussrückstände schief stehen. Dieser „Griff
                     faches Teach-in, vereinfachte Tei-         Die Entwicklung von 3D-Kameras und        in die Kiste“ (Bin-Picking) und das lage-
             lezuführung bei gleichbleibend hohem            3D-fähiger Software eröffnet der Branche     richtige Übergeben von Teilen waren für
             Automatisierungsgrad. Jeder Prozessschritt      die Erschließung ganz neuer MachineVi-       die Robotik eine deutliche Herausforde-
             durchdacht, alle Eventualitäten ausge-          sion-Technologien. Durch 3D-Vision kön-      rung. Der Freiburger Systemintegrator Isys
             schlossen.                                      nen Aufgaben gelöst werden, die mit 2D       Vision entwickelte dafür eine Lösung: eine
                Durch Automatisierung kann sehr effi-        nicht realisierbar sind.                     konfigurierbare Robotersteuerung mit ei-
             zient mit hohen Stückzahlen gefertigt              Ein Roboter entnimmt sicher und zu-       gener Bahnplanung und Kollisionsprüfung.
             werden. Hohe Spezialisierung verbessert         verlässig unsortiert und überlagernd lie-       Mit einer eigenen inversen Kinematik
             die Effizienz weiter. Die Flexibilität und      gende Rohr-T-Stücke direkt aus einer klei-   werden die Gelenkwinkel der Roboter-
             schnelle Umrüstung dieser spezialisierten,      nen Transportkiste. Ein anderer Roboter      arme für Greifpositionen oder Verfahr-
             aber kostspieligen Anlagen bleibt auf der       depalettiert große Alugussteile direkt auf   wege berechnet. Ausgangspunkt für die
             Strecke. Schnell eine kleine Serie alternati-   ein Förderband. Feinfühlig findet sein ro-   komplexen Berechnungen sind 3D-Infor-
             ver Teile fertigen, rechnet sich nicht. Jeder   buster Greifer sicheren Griff. Schon beim    mationen wie die Werkstückform, die
             Prozessschritt müsste angepasst werden.         ersten Versuch ohne die geringste Kolli-     Position, die Lage oder eine virtuelle Ab-
             Kleinserien werden oft mühselig in Hand-        sion mit dem Werkstück. Obwohl die Teile     bildung der Umgebungssituation. Eine
             arbeit produziert und gefertigt. Flexibel,      auf den gebrauchten oder schmutzigen         Vielzahl marktüblicher Roboter können
Fotos: IDS

             Die Fähigkeit zum Griff in
             die Kiste macht den Roboter
             zum Kollegen.

             10
future manufacturing

                                                               Die klassischen Verfahren wie Time-of-         licht und erlaubt kurze Belichtungszeiten.
                                                           flight (TOF), Stereo Vision oder Lasertrian-       Schon mit ein bis zwei Bildpaaren sind
                                                           gulation lassen sich nur als Vorauswahl            3D-Auflösungen von wenigen Millimetern
                                                           gegeneinander abwägen. Denn viele der              möglich. Mit kurzen Belichtungszeiten, we-
                                                           eingesetzten 3D-Kameras sind Hybridsys-            nigen Bildaufnahmen und sehr schnellen
                                                           teme und setzen mehrere Verfahrens-                Stereobild-Matching-Algorithmen sind 3D-
                                                           merkmale ein, um ein breiteres Einsatz-            Daten schon nach etwa 500 Millisekun-
          Mit variabler Baseline und einem                 spektrum abzudecken und die Ergebnisse             den bereit zur weiteren Verarbeitung. Da-
          starken Texturprojektor lassen sich
          Arbeitsabstände bis fünf Meter                   zu verbessern.                                     mit sind sehr hohe Taktzeiten im Material-
          realisieren. Dadurch können Objekte                  Isys Vision verwendet für Bin-Picking          handling möglich.
          mit einem Volumen von mehreren
          Kubikmetern wie hoch beladene
                                                           und Material-Handling 3D-Stereovision-                 Weitere Vorteile durch den Einsatz von
          Paletten oder komplette Räume                    Kameras von Ensenso. Diese bestehen aus            zwei Flächenkameras liegen auf der Hand.
          erfasst werden.                                  zwei Flächenkameras, die nach dem Prin-            Neben der 3D-Datenerhebung durch die
                                                           zip der Stereovision arbeiten, in Verbin-          Stereovision können mit dem Rohbildma-
                                                           dung mit einem leistungsstarken Pattern-           terial der Flächenkameras auch Referenz-
                                                           projektor, um selbst von Werkstücken mit           merkmale einer Szene erfasst und zur
          über diese Lösung gesteuert werden und           schwierigen Oberflächen robuste 3D-Da-             stetigen Nachjustierung des maschinellen
          machen langwieriges Programmieren über-          ten zu erhalten. Dabei eignen sich die             Sehens verwendet werden. Die Prozess-
          flüssig. Teilewechsel sind schnell realisiert,   kompakten Kameras der einen Serie vor              ergebnisse bleiben konstant und robust.
          so dass auch die Produktion von Klein-           allem im Nahbereich und werden meist               Wiederkehrende Kontrolle beziehungswei-
          serien mit diesem robotergestütztem Ma-          direkt am Kopf des Roboters als mobiles            se aufwendiges Rekalibrieren des Stereo-
          terial-Handling ermöglicht wird.                 Auge eingesetzt. Das neue 3D-System der            vision-Systems ist nicht mehr notwendig.
                                                           anderen Serie kann mit der flexiblen                   Mit Fähigkeiten wie Bin-Picking und la-
          3D-Kameras erfassen die Situation                Baseline sehr variabel mit verschiedenen           gerichtiger Teilezuführung kann die Robo-
                                                           Kameras von IDS Imaging Development                tik in Zusammenarbeit mit der Isys-Vision-
          Ausschlaggebend für die optimale Steue-          Systems GmbH aus größeren Abständen                Lösung und Ensensos 3D-Kameras die
          rung des Roboters sind die Ausgangs-             große Volumen erfassen. Es eignet sich             Lücke zur adaptiven Automation schlie-
          daten. Je nach Projekt und Anwendung             optimal für unsortiertes Material-Hand-            ßen. Selbst Kleinserien können damit
          entscheidet sich der Integrator für eine         ling aus großen Gitterboxen. Durch die             einfach und kosteneffizient automatisiert
          geeignete 3D-Kamera-Technologie. Dabei           100Watt-Leistung erzeugt das LED-Licht             werden.                                  l
          spielen neben der generellen Eignung des         des Projektors auch bei Arbeitsabständen
          Verfahrens sowohl Kosten als auch Ge-            von fünf Metern noch feinste Texturen              Heiko Seitz
          nauigkeit, Geschwindigkeit und robuste           auf der Werkstückoberfläche. Dadurch ist           IDS Imaging Development Systems GmbH
          Datenerhebung eine Rolle.                        das System unabhängig vom Umgebungs-
D-1098-triflex 210x100M_D-1098-triflex 210x100M 26.04.16 17:04 Seite 1

     igus meine-kette ... Energieführen leicht gemacht ...
          ®

    Geschlossene Roboterkette – leicht zu öffnen
                                                                                                          triflex TRCF für höchste Anlagenverfügbarkeit
                                                                                                                  ®

                                                                                                          l   3-Kammersystem für dicke, steife Schläuche
                                                                                                              und viele Leitungen
                                                                                                          l   Einfaches Aufklappen mit Schraubendreher
                                                                                                          l   Kürz- oder verlängerbar
                                                                                                          l   jetzt 25% höhere Zugbelastung
                                                                                                          l   Baugrößen 65, 85, 100 Ø
                                                                                                          Video unter igus.de/triflexTRCF

                                                                                                          TOC Europe, Amsterdam – Stand E88
                                                                                                          15th ASEAN Ports & Shipping 2017, Yagon/Myanmar

                                                                                                              plastics for longer life
                                                                                                                                     ®

                          Auch als fertig konfektioniertes Komplettsystem,
                          inklusive Leitungen mit 36 Monaten Garantie                                                                                   11
                                                                                                                       igus GmbH Tel. 02203-9649-800 info@igus.de
                                                                                                                           ®
future manufacturing

Leichtbauroboter arbeiten bei Klebeverfahren
Hand in Hand mit den Werkern
ULRIKE KROEHLING

Mensch und Roboter arbeiten beim Maschinen- und Anlagenhersteller Dürr in Bietigheim-
Bissingen (Landkreis Ludwigsburg) in der Endmontage ohne trennende Schutzeinrichtungen
zusammen. Sowohl zum Kleben von Dachfinnen auf Autokarosserien als auch zum Einkleben
von Tanks in die Karosserie kommen sensitive Leichtbauroboter von Kuka zum Einsatz. Sie
erhöhen die Qualität des Klebeergebnisses, sparen Zeit und senken die Stückkosten. Nicht
zuletzt profitieren die Kunden von der Platzersparnis durch die kompakte Bauweise und von
der einfacheren Handhabung für den Werker.

B
       eim Kleben der Finne legt der Wer-
                                               Fotos: Kuka Roboter

       ker das Werkstück manuell in den
       Greifer des Roboters, der es ansaugt
und zur Klebedüse am Applikationsturm
führt. Der Leichtbauroboter fährt die Fin-
ne von unten langsam an die Klebedüse
heran. „Sollte er dabei auf ein Hindernis
stoßen, fährt er dank seiner Fähigkeit zur
Kollisionserkennung ein wenig zurück und
startet die Bewegung von vorne“, verdeut-
licht Dieter Ahlborn, Director APT/Gluing
Final Assembly bei der Dürr Systems AG,
die MRK-Fähigkeit des Leichtbauroboters.
Erst nach drei Versuchen gibt er auf und
fährt er in die Ausgangsposition zurück.
Ansonsten wird der Klebeprozess gestar-                              Als Lieferant schlüsselfertiger Anlagen für das automatisierte Kleben entwickelt
tet und die Kleberaupe sorgfältig aufge-                             Dürr für die Automobilindustrie Roboterzellen mit sensitiven Leichtbaurobotern
                                                                     von Kuka.
tragen, während der Roboter die Bahn
abfährt. Anschließend entnimmt der Wer-
ker die Finne am Ausgangspunkt und ver-
baut sie am Fahrzeug.
    Für das automatisierte Tankeinkleben
mit dem Leichtbauroboter sieht das An-
lagenkonzept einen spezifischen Prozess
vor. In der Endmontage führt der Fachar-
beiter den Tank mit Hilfe eines Manipula-
tors an einen Drehtisch, reinigt ihn, bringt
ihn in die richtige Position und übergibt
ihn zur weiteren Bearbeitung an den Ro-
boter. Damit die Klebedüse nicht eintrock-
net, befindet sich die Applikationsdüse in
einem Sperrmittelbehälter.
    Nach einem Signal fährt der Roboter
aus dem Behälter in die Grundposition.                               Beim Einkleben des Tanks in der Endmontage bringt der Facharbeiter den Tank
Dort fließt Klebstoff in einen Auffang-                              mit Hilfe eines Manipulators in die richtige Position und übergibt ihn zur weiteren
                                                                     Bearbeitung an den Leichtbauroboter.
behälter und die Klebedüse wird manuell

12
future manufacturing

gereinigt. Wenn der Startpunkt am statio-          Umorientierung in einem Radius von 360         inf o rmati o nen
nären Tank erreicht ist, öffnet die Düse           Grad – ohne absetzen zu müssen. Wenn er
unter Druck, damit keine Luftblasen ent-           seine Arbeit beendet hat, tritt wieder der     Über Dürr
stehen. Der Roboter trägt dann die Klebe-          Facharbeiter in den Mittelpunkt, indem er
                                                                                                  Die Dürr AG ist ein Maschinen- und An-
naht in hoher Gleichmäßigkeit auf den              den Tank an der vorgegebenen Position
                                                                                                  lagenbauer mit Stammsitz im baden-
Tank auf und überwacht mittels Sensoren            in die Fahrzeugkarosserie einpasst. Dieser     württembergischen Bietigheim-Bissingen.
am Applikationskopf die passgenaue Hö-             komplexe Vorgang erfordert die indivi-         In enger Zusammenarbeit mit den Kunden
he der Naht. „Zwar ist eine Kleberaupe per         duellen Fähigkeiten des Menschen. Der          entwickelt Dürr mit 16.000 Mitarbeitern
Handauftrag machbar, doch an die Präzi-            Manipulator unterstützt ihn bei ergono-        an 92 Standorten in 28 Ländern integrierte
sion eines Roboters reicht das Ergebnis            misch ungünstigen Bewegungsabläufen.           Gesamtkonzepte für hocheffiziente Ferti-
                                                                                                  gungsprozesse. 60 Prozent des Umsatzes
nicht heran“, erklärt Ahlborn. Eine roboter-          Obwohl Zäune und Einhausungen bei
                                                                                                  entfallen auf das Geschäft mit Automobil-
basierende Lösung kann – im Gegensatz              beiden Klebeprozessen fehlen, sind die         herstellern und -zulieferern. Als Lieferant
zu einem Linearportal – die dreidimensio-          Sicherheitsanforderungen hoch. Das ge-         schlüsselfertiger Anlagen für automati-
nale Komplexität der Raupengeometrie               samte Sicherheitskonzept erfüllt strenge       sierte Klebeprozesse entwickelt Dürr für
abbilden.                                          Vorgaben und Normen, die auf einer Ri-         die Automobilindustrie Roboterzellen mit
   Ein MRK-fähiger Roboter klebt dank              sikobewertung basieren. Dazu wird bei-         Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK).
seiner siebten, mitdrehenden Achse ohne            spielsweise der Roboter so platziert, dass     www.durr.com

                                                                                                der direkte Kontakt mit dem Menschen
                                                                                                möglichst minimiert wird. Zudem muss
                                                                                                der Roboter innerhalb von Millisekunden
                                                                                                abschalten, sobald eine Berührung regis-
                                                                                                triert wird.
                                                                                                    Das Konzept für die Klebezellen ist so
                                                                                                ausgelegt, dass der Roboter grundsätzlich
                                                                                                unterhalb des Kopf- und Brustbereichs des
                                                                                                Werkers agiert. Die Applikationstechnik,
                                                                                                bestehend aus dem Leichtgewicht-Appli-
                                                                                                kator und dem Leichtbauroboter, ist groß-
                                                                                                flächig, weich und abgerundet gestaltet,
                                                                                                so dass bei der Berührung des Roboters
                                                                                                nur geringe Kräfte wirken. „Wir liefern die
                                                                                                Anlagentechnik für die neue Mensch-
Beim Kleben der Dachfinne legt der Werker das Werkstück manuell in den Greifer                  Roboter-Kollaboration komplett aus einer
des Leichtbauroboters, der es ansaugt und zur Klebedüse am Applikationsturm                     Hand“, sagt Ahlborn.
führt.
                                                                                                    MRK-Systeme sind ein beherrschendes
                                                                                                Thema in der Automobilindustrie. „Im Be-
                                                                                                reich Kleben sind bereits zehn Anlagen
                                                                                                verkauft“, verrät Ahlborn. Die erste Anlage
                                                                                                mit der Tank-Applikation hat der erste Kun-
                                                                                                de vor einem Jahr in Betrieb genommen.
                                                                                                Bei Dürr schaut man daher optimistisch
                                                                                                in die Zukunft. „Mit unseren MRK-fähigen
                                                                                                Lösungen mit dem dem Leichtbauroboter
                                                                                                von Kuka hoffen wir auf weitere Aufträge“,
                                                                                                so Ahlborn. Zudem arbeitet man in Bie-
                                                                                                tigheim-Bissingen an MRK-Lösungen zum
                                                                                                roboterbasierenden Kleben von kleinen
                                                                                                Scheiben und anderen Bauteilen.           l

                                                                                                Ulrike Kroehling
                                                                                                KUKA Roboter GmbH

                                                                                                                                            13
future manufacturing

                                   Future Work Lab präsentiert und vermittelt
                                   die Industriearbeit der Zukunft
                                   Thilo Zimmermann

                                   Die Digitalisierung der Produktionsarbeit ist bereits in vollem Gange. Deshalb stellen sich neue
                                   Fragen: Wohin entwickelt sich unsere Arbeit? Wie kann das Potenzial zum Beispiel von Robotik,
                                   Exoskeletten oder Montageassistenten optimal für die Arbeit eingesetzt werden? Innovative
                                   Ansätze bietet das Future Work Lab. In dem Innovationslabor für Arbeit, Mensch und Technik
                                   bündeln die Fraunhofer-Institute IAO und IPA sowie das IAT und IFF der Universität Stuttgart
                                   ihre Kompetenzen rund um Industrie 4.0.

                                   D
                                           ie Industriearbeit verändert sich.   nisation und Gestaltung von Arbeit. Der        und motivierender zu produzieren, son-
                                           Die Digitalisierung und die intel-   Bedarf an Flexibilität und Mobilität steigt.   dern bringen auch oft disruptive Innova-
                                           ligente Vernetzung von Mensch,          Unternehmen suchen deshalb neue             tionen und ganz neue Geschäftsmodelle
                                   Maschine und Objekt erreichen Wissens-       Wege, um einerseits ihre Mitarbeiter für       mit sich. Um sich in diesem dynamischen
                                   arbeit, Produktionsarbeit, Dienstleistung    die digitale Arbeitswelt zu qualifizieren      Marktumfeld auf Dauer zu behaupten,
                                   und deren Schnittstellen. Als Reaktion auf   und andererseits das Potenzial neuer Tech-     sollten Unternehmen ihre Innovations-
                                   diese Entwicklung verändern sich sozio-      nologien optimal einzusetzen. Diese bie-       prozesse systematisch angehen und stra-
                                   technische Arbeitssysteme sowie die Orga-    ten nicht nur die Chance, schneller, besser    tegisch verankern.
Fotos: Fraunhofer IPA/Rainer Bez

                                   14
future manufacturing

    Arbeit verändert sich, sie wird schnel-    reicht dem Werker das Bauteil ergono-           kn o w - h o w
ler, dynamischer und flexibler. Daraus ent-    misch an.
stehen neue Formen der Mensch-Maschine-           Zum Thema Robotik gehört ein weite-          Über das Innovationslabor
Interaktion. „In unserem Innovationslabor      rer Demonstrator, der eine neue, einfache
                                                                                               Das Future Work Lab arbeitet unter Lei-
wollen wir den Menschen diesen Transfor-       Form der Roboterprogrammierung vor-
                                                                                               tung des Fraunhofer IAO im Forschungs-
mationsprozess anhand von konkreten            führt. Die am Fraunhofer IPA entwickelte        campus Arena2036. Regelmäßig finden
Demonstratoren zeigen und so den anste-        Software „drag&bot“ ermöglicht, Roboter-        „Open Lab Days“ statt. An diesen Tagen
henden Wandel erlebbar machen“, erklärt        programme künftig per „Drag & Drop“ zu          öffnet das Future Work Lab für angemel-
Prof. Wilhelm Bauer, Institutsleiter des       erstellen: Der Programmablauf wird durch        dete Besucher, die die Demonstratoren
Fraunhofer IAO.                                das Auswählen und Zusammenstellen ein-          live erleben können. Gefördert wird das
                                                                                               Projekt vom Bundesministerium für
    „Das Future Work Lab versteht sich als     zelner Programmbausteine definiert. Diese
                                                                                               Bildung und Forschung.
Ideengeber, wie die Arbeit der Zukunft in      Programmbausteine, so genannte Skills,
Unternehmen aussehen kann“, fasst der          sind Funktionen wie eine Roboterbewe-
Institutsleiter des Fraunhofer IPA, Prof.      gung, das Schließen des Greifers oder das
Thomas Bauernhansl, zusammen, „in un-          Lokalisieren eines Werkstücks. Der Vorteil
serer Demonstratorenwelt können produ-         gegenüber bisherigen Verfahren: Skills sind
zierende Unternehmen und deren Mitar-          herstellerunabhängig, wiederverwendbar,
beiter die Industriearbeit der Zukunft live    und sie verbergen die Komplexität des Ro-
erfahren und testen, wie die digitale Trans-   boterprogramms vor dem Anwender. Zu-
formation die Arbeit verändern wird.“ Mit      dem können sie hierarchisch angeordnet
greifbaren Demonstratoren, Angeboten           und zu komplexen Skills gruppiert wer-
zur Kompetenzentwicklung und Weiter-           den. Dieser effiziente Ansatz vereinfacht
bildung sowie einer Plattform für den          Programmieraufwände erheblich.
wissenschaftlichen Austausch richtet sich         Darüber hinaus zeigen die Demonstra-
das Future Work Lab an Industrie, Gewerk-      toren zahlreiche weitere Innovationen für
schaften, Politik und Wissenschaft – und       die künftige Industriearbeit, beispielswei-
ganz zentral an die Produktionsmitarbei-       se einen personalisierten Montagearbeits-
ter von heute und morgen.                      platz mit dem Montageassistenzsystem
                                               Active-Assist von Bosch Rexroth. Diese aus
Vielfältige Demonstratorenwelt                 Hard- und Software bestehende Lösung
                                               verbindet einen realen Montagearbeits-        Mit der Software „drag&bot“ lassen
Die Demonstratorenwelt zeigt, wie die Ar-      platz mit der virtuellen Welt der Infor-      sich Roboter auf neue, intuitive
                                                                                             Weise auch ohne Expertenwissen
beitswelt der Zukunft aussehen kann. Ein       mationstechnologie. Anwender können je        programmieren.
wichtiges Thema ist beispielsweise die         nach Aufgabenstellung eine Vielzahl ver-
Mensch-Roboter-Kollaboration, die auch         schiedener digitaler Assistenten mitein-
mit Schwerlastrobotern möglich ist. Dabei      ander kombinieren.
unterstützt der Roboter den Werker be-            Im Future Work Lab identifiziert Active-   tenvisualisierung in der Produktion, intel-
ziehungsweise ermöglicht ihm das ermü-         Assist das jeweilige Werkstück und ruft       ligente Sensorik zur aktiven Unfallpräven-
dungsfreie Heben und feinfühlige Hand-         den zugehörigen Arbeitsplan ab. Danach        tion oder Unfallerkennung im Notfall bis
haben schwerer Lasten. An dem Arbeits-         führen digitale Assistenten die Mitar-        hin zum Einsatz eines Exoskeletts, also
platz wird ein Massedurchflussmesser           beiter durch die Montage und projizieren      einer am Körper getragenen Hebehilfe.
montiert. Eine mehr als zehn Kilogramm         per Beamer die Arbeitsanweisungen auf         Auch den Einsatz von Augmented Reality
schwere Gehäusehaube muss auf den              einen Arbeitstisch. Leuchtdioden an Bau-      für einen effizienten Entwicklungsprozess
Sensor gefädelt und verschweißt werden.        teilbehältern, so genannte Pick-to-Light-     können Besucher des Future Work Labs
Beim Schweißvorgang dient der Roboter          und Pick-to-Beamer-Module, markieren          erleben.                                 l
zudem als universelle Vorrichtung und          eindeutig, welche Bauteile der Mitarbei-
                                               ter als nächstes greifen soll. Kameras und    Thilo Zimmermann
                                               Ultraschallsensoren überprüfen die Arbeits-   Projektleiter des Future Work Lab
                                                                                             Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik
                                               schritte und helfen den Mitarbeitern, bei
                                                                                             und Automatisierung
                                               Fehlern Korrekturmaßnahmen einleiten zu
                                               können.
Optische, nicht trennende
Schutzeinrichtungen und                           Weitere Demonstratoren reichen von
der Einsatz eines Schwer-                      einem komplett kabellosen Arbeitsplatz
lastroboters ermöglichen
wandlungsfähige Produk-
                                               über neue Methoden zur Qualifizierung
tionsszenarien.                                der Arbeitnehmer, Tools zur Echtzeitda-

                                                                                                                                          15
future manufacturing

               Next Level: Automatisierung dank Machine Learning
               UTE HÄUSSLER

               Die Umschlagvolumina im B2C- und B2B-Warenversand wachsen seit Jahren und bringen
               Anlagen und traditionelle Technologien in allen Industrien an ihre Grenzen. Vor allem die
               schwierige Sortierung unterschiedlicher Objekte verbraucht manuelle Ressourcen, dauert lang,
               ist fehleranfällig und verursacht hohe Kosten. Bildverarbeitung gepaart mit künstlicher Intelli-
               genz hilft komplexe Sortiervorgänge direkt am Förderband zu automatisieren.

               M
                          it Bildverarbeitung erhobene                der verschiedenen Größenklassen und          selbst in Kategorien einteilen. Diese Klas-
                          Daten ermöglichen Machine                   Formen, der Vielzahl der verwendeten Ver-    sifizierungen finden durch die Anwen-
                          Learning als nächsten Evolu-                packungsmaterialien sowie der Stapelung      dung eines neuronalen Netzes statt. Das
               tionsschritt der Automatisierung in indus-             und Häufung der Pakete auf dem Förder-       neuronale Netz stellt einen mehrstufigen,
               triellen Sortierprozessen. Die „sehenden               band sind die einzelnen Pakete mit her-      rechenaufwendigen Prozess dar, der Da-
               Maschinen“ lernen mit kognitiven Prozes-               kömmlichen Technologien nicht erfassbar.     ten über mehrere Stufen separiert und so
               sen anhand großer Datenmengen selbst,                  Der Sortiervorgang ist daher auch bei        die Klassifizierungen vornimmt. Die intel-
               ob beispielweise ein bestimmtes Objekt                 hohen Umschlagvolumina oft noch stark        ligente Leistung des Algorithmus liegt
               beschädigt ist, wie es klassifiziert und sor-          manuell geprägt. Dies führt zu hohen         darin, dass er Bildmuster erkennt und an-
               tiert werden muss und ob es korrekt ver-               Kosten sowie zu langsamen und fehler-        hand der vorher getätigten Klassifizierung
               schlossen ist. Mit der erlernten künstli-              anfälligen Sortiervorgängen.                 lernt, warum und anhand welcher Merk-
               chen Intelligenz können die „sehenden                     Hier hilft Machine Learning. Die Me-      male diese Klassifizierung existiert. Die
               und denkenden Maschinen“ logistische                   thode verleiht einem Algorithmus selbst-     Maschine lernt in diesem Fall, anhand
               Prozesse vollautomatisiert steuern.                    lernende Fähigkeiten. Dazu bekommt er        welcher Parameter ein Paket als Paket ein-
                  Für Intralogistiker aller Branchen mit              zunächst eine hohe Anzahl an Bilddaten,      zustufen ist. Damit kann der Algorithmus
               hoher Warenvielfalt, große E-Commerce-                 zum Beispiel zehntausende Bilder von auf     zukünftige einzelne Objekte selbstständig
               Versender sowie Versand- und Paket-                    einem Förderband gestapelten Objekten.       klassifizieren.
               dienstleister ist die Sortierung unter-                Für den Computer bedeutet dies zunächst          Machine Learning kommt zum Einsatz,
               schiedlichsten Sendungen zur korrekten                 Chaos. Anschließend werden die Bildda-       wo die bildgebende oder taktile Sensor-
               Weiterverarbeitung eine der größten Her-               ten durch einen Menschen vorklassifiziert.   technik ihre Grenzen erreicht. Beispiels-
               ausforderungen. Uneinheitliche Verpackun-              Dem Algorithmus wird gesagt „Das ist ein     weise in der Sortierung von stark diversi-
               gen machen eine maschinelle Sortierung                 Paket“ und anhand individueller Merk-        fizierten Objekten. Mit 3D-Scannern wäre
               fast unmöglich. Aufgrund der Vielzahl                  male kann er die Objekte anschließend        eine Identifizierung der Form unzureichend
                                                                                                                   und bei niedriger Geschwindigkeit mög-
                                                                                                                   lich. Für eine angeschlossene Anlage mit
                                                                                                                   Greifroboter bedeutet dies potenzielle Sor-
Foto: Framos

                                                                                                                   tierungenauigkeiten, Fehlleitungen, Anla-
                                                                                                                   genausfälle, Wartezeiten und eine aufwen-
                                                                                                                   dige manuelle Nachbereitung. Machine
                                                                                                                   Learning gesteuerte Anlagen dagegen er-
                                                                                                                   kennen anhand des gelernten Klassifika-
                                                                                                                   tions-Schemas die Objekte und deren Form
                                                                                                                   exakt und der Roboter kann die Sortiervor-
                                                                                                                   gänge vollständig maschinell und in er-
                                                                                                                   höhter Geschwindigkeit durchführen.
                                                                                                                       Die Daten werden von einem Kamera-
                                                                                                                   system erfasst und in einer lokalen Rechen-
                                                                                                                   einheit analysiert. Der Algorithmus sieht
               Mit Bildverarbeitung, angereichert durch künstliche Intelligenz, steht eine vollintegrierte         das Bild, prozessiert, ob und welche seiner
               automatisierte Industrie-4.0-Lösung mit Machine Learning zur Verfügung.                             gelernten Muster er erkennt und kann

               16
steute Wireless
                                                                     future manufacturing

damit den Sortiervorgang komplett auto-
matisch steuern beziehungsweise Hand-
lungsbefehle an die nachgelagerten Sys-
temschritte triggern. Gleichzeitig lernt der
Algorithmus mit jedem Bild weiter und
verfeinert seine Kriterien. Mit Bildverar-
beitung, angereichert durch künstliche In-
telligenz, steht Unternehmen mit hohen
Umschlagvolumina und aufwendigen Sor-
tiervorgängen eine vollintegrierte automa-
tisierte Industrie-4.0-Lösung mit Machine
Learning zur Verfügung.
    Die Nutzung der dabei erfassten Daten
ermöglicht erstmals eine lückenlose Ana-
lyse der gesamten Sortierzyklen und der
nachgelagerten Prozessschritte. Dabei gilt
die in vielen Branchen sehnsuchtsvoll
angestrebte Losgröße 1 als Standard. In
automatisierten Sortierprozessen werden
im wahrsten Sinne des Wortes am lau-
fenden Band Echtzeit-Entscheidungen auf
unvorhersehbare Ereignisse mit ständig
wechselnden Kriterien getroffen. Eine auf-
wendige Vorsortierung oder Vor-Klassifi-
zierung kann wegfallen. Die mit Machine
Learning erweiterten Bildverarbeitungs-
algorithmen versetzen die Anlagen in die
Lage, selbstständig valide Entscheidungen
zu treffen. Damit rückt das Ziel der Null-
Fehler-Logistik sowie eine präventive Feh-
lervermeidung in greifbare Nähe. Mit den
riesigen Datenmengen der intelligenten
Algorithmen lassen sich verlässlichere Pro-
gnosen bilden.                                 Neue Freiheiten
                                               entdecken
    Mit Machine Learning steuert die Bild-
verarbeitung in der Wertschöpfungskette
eine intelligente Handlung und lässt sich
als strategischer Vorteil nutzen. Mit dem
umfangreichen Sammeln und Bewerten
von Bilddaten wird ein zuverlässiges und
autonomes maschinelles Handeln mög-
lich und erzeugt innerhalb der Automati-

                                               sWave.NET®
sierung und Industrie 4.0 eine zusätzliche
wirtschaftliche Bedeutung. Plötzlich lassen
sich Zusammenhänge bilden und Erkennt-         Intelligente Funknetzwerke
nisse ableiten, die vorher unsichtbar wa-
ren. Die Bildverarbeitung avanciert so vom
                                               Über sWave.NET® kommunizieren
bloßen Inspektor zum Produktionsopti-
                                               Ihre Maschinen und Anlagen per Funk und direkt
mierer und kann mit diesem Beratungs-          mit den IT-Plattformen Ihres Unternehmens:
charakter und dessen strategischer Rolle       zuverlässig, flexibel und ohne Umweg.
ihr volles Potenzial entfalten.           l

Ute Häußler                                    Weitere Informationen unter www.steute.com
Corporate Communications
FRAMOS GmbH

                                                                                         17
ROBOTERGREIFER

On Robot
On Robot, dänischer Hersteller von Robotergreifern, profitiert
vom industrieübergreifenden Einsatz kollaborativer Roboter-
arme. So steigt die Nachfrage nach den flexiblen, sicheren und
benutzerfreundlichen Zwei-Finger-Greifern. Der Hersteller der
RG2-Gripper hat sich auf flexible, benutzerfreundliche Greifer
spezialisiert, die ohne vorherige Programmierkenntnisse ein-
fach zu installieren sind. On Robot ist ein weiteres Unterneh-
men aus dem Robotik-Valley in Odense, DänemarkDie Greifer
von On Robot zeichnen sich durch eine schnelle und einfache
Integrationsphase aus.
www.onrobot.com

MENSCH-ROBOTER-KOLLABORATION

Pilz
Echte MRK kommt ohne trennende Schutzzäune
zwischen Mensch und Roboter aus. Wie dies sicher
umgesetzt werden kann, zeigt Pilz am Beispiel
einer nach dem Prinzip der Leistungs- und Kraft-
begrenzung und komplett mit Produkten aus dem
Portfolio von Pilz abgesicherten MRK-Applikation.
Hier kommen zwei Produkte für die sichere MRK
zum Einsatz. Mit dem innovativen Kraft- und Druck-
messsystem Probms bietet Pilz ein komplettes Pa-
ket für die Validierung von MRK-Applikationen an.
Im Set enthalten ist ein Kollisionsmessgerät gemäß ISO/TS 15066. Auch der Safety Laser Scanner Psenscan unterstützt
Anwender von Roboterapplikationen: Im Gegensatz zur Absicherung durch Lichtgitter überwacht er permanent den gesam-
ten Gefahrenbereich.
www.pilz.com

AUTOMATISIERUNG

Rethink Robotics
Intera 5 von Rethink Robotics ist eine Softwareplattform, die alles von einem ein-
zelnen Controller aus vernetzt. Die Plattform ermöglicht neue Einsatzmöglichkei-
ten des flexiblen Roboters Sawyer in der gesamten Arbeitszelle. Zudem erleichtert
sie die Automatisierung, weil Sawyer einfacher eingearbeitet werden kann. Auf
Grundlage des Train-by-Demonstration-Prinzips ebnet Intera 5 den Weg für ver-
netzte Produktionsumgebungen. Die Plattform ist ein neuer Ansatz für die Auto-
matisierung, mit dem Unternehmen ihre Roboter steuern und Daten sammeln
können für Einsatzbereiche, die bisher nur schwer automatisiert werden konnten.
www.rethinkrobotics.com

18
SCHWERLASTHANDLING

Demag
Die Demag-Komponenten mit Batterietechnik ermöglichen den Trans-
port von schweren Lasten ohne externe Energiezuführung und -versor-
gung. Damit wird die Voraussetzung für ein flexibles Schwerlasthand-
ling geschaffen. Das Fahrwerk besteht aus vier Fahreinheiten aus dem
Demag-Systembaukasten mit DRS-Radblöcken und integrierter An-
triebseinheit sowie der zugehörigen Steuerung. Die Onboard-Ladeein-
heit sorgt für die Aufladung der Batterie in der Versorgungszone. Die
Ladeeinheit arbeitet sowohl mit robusten Blei-Säure-Batterien als auch
mit leistungsstarken Li-Ionen Batterie zusammen.
www.demagcranes.de

SPRACHSTEUERUNG

Tablet Solutions
Das Wiener Startup Tablet Solutions hat Workheld, die Field-Manage-
ment-Software mit intelligenter Sprachsteuerung, auf den deutschen
Markt gebracht. Mit dem Sprachassistenten (Voicebot) können Techni-
ker Anweisungen erhalten oder Probleme dokumentieren, ohne das
Tablet anzufassen. Die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
verschwindet, und Sprache wird zur neuen Interaktionsform. Bei Tablet
Solutions steht der mobile Techniker im Vordergrund. Er braucht ein
robustes Device, eine selbsterklärende Bedienung und aktuelle Informationen zur Auftragsabwicklung. Die intelligente
Sprachsteuerung wird gezielt eingesetzt, um den Arbeitsprozess zu vereinfachen.
www.workheld.com

MENSCH-MASCHINE-KOLLABORATION

ABB
SafeMove2 ist die neueste Generation der sicher-
heitszertifizierten Software von ABB zur Überwa-
chung von Roboterbewegungen. Die Software bie-
tet mehr Flexibilität, größere Platzersparnis sowie
moderne Inbetriebnahme-Tools für mehr Produk-
tivität bei geringeren Gesamtinvestitionskosten.
Sie vereinfacht Produktionsszenarien und bietet
Tools, die eine schnellere Inbetriebnahme sowie
Einrichtung und Validierung von Anlagen erlauben.
Die Effizienz und Flexibilität, die durch verbesserte
Lösungen zur Mensch-Maschine-Kollaboration gewonnen werden, sind ein Beitrag zu Industrie 4.0.
www.abb.com

                                                                                                                       19
future manufacturing

                                       Die Logistik im Umfeld von Industrie 4.0
                                       und Smart Factory
                                       JOHANNES FOTTNER

                                       Die Vision für eine industrielle Produktion der Zukunft ist stark geprägt von den Gedanken der
                                       digitalen Transformation oder Industrie 4.0. Eine entscheidende Komponente, die diese Smart
                                       Factorys erst möglich machen wird, sind intelligente Verfahren zur Versorgung von Produktion
                                       und Handel mit Hilfe einer schlagkräftigen logistischen Infrastruktur. Innovative Konzepte sind
                                       geprägt von der Idee, kleinteiliger, hochflexibler und autonomer Komponenten von Logistik-
                                       systemen.

                                       D
                                              er Wunsch nach hochflexiblen Lö-      Flexibilität des Zeitplans und des Layouts    Mischung aus automatisierter Technik und
                                              sungen ist dabei auch in Verbin-      zu benötigen (Transporte in öffentlichen      optimalem Einsatz des Menschen – ko-
                                              dung mit automatisierter Technik      Fluren, Übergabestellen in öffentlichen       operativ oder auch kollaborativ.
                                       keinesfalls neu: Bereits Anfang der 1970er   Bereichen, Nutzung öffentlicher Aufzüge),        Der Bereich der fahrerlosen Transport-
                                       Jahre begannen Entwicklungsarbeiten,         die oft nur manuell darstellbar waren,        systeme hat sich über die Jahre und über
                                       um bis dahin vorwiegend manuell durch-       andererseits auch Personal zu binden, das     eine Vielzahl von technologischen und
                                       geführte Transporte auf automatisierte       für andere, qualifizierte Tätigkeiten drin-   organisatorischen Fortschritten zu einem
                                       Technik umzustellen. Insbesondere Trans-     gend benötigt wurde.                          heute weithin etablierten System hoher
                                       portsysteme im Bereich der kleineren Las-        Der Hintergrund damals wie heute ist      Zuverlässigkeit innerhalb aller Industrie-
                                       ten, zum Beispiel Transport von Dokumen-     die Herausforderung automatisierte Sys-       bereiche entwickelt.
                                       ten im administrativen Umfeld oder der       teme mit einem hohen Grad an räum-               Im Bereich vollautomatisierter Läger
                                       Versorgung von Krankenhäusern, standen       licher und kapazitiver Flexibilität auszu-    operieren heutzutage bereits vollständig
                                       vor der Herausforderung, einerseits hohe     statten. Dabei nutzt man vielfach eine        sich autonom koordinierende Robots, die
Foto: Shutterstock / gualtiero boffi

                                                                                                                                                   Autonomer, frei verfahrbarer
                                                                                                                                                   Roboter zur sequenzierten
                                                                                                                                                   Ein- und Auslagerung.

                                       20
future manufacturing

                                                                                                         „Der Begriff Industrie 4.0
                                  sich auf ihrem Weg zur Ladungsübergabe        matisierungstechnik                                             in Unternehmen, die
                                  soweit organisieren, dass bereits von den     Stand der Technik. So    stand ursprünglich für                 von stark manuell ge-
                                  Fahrzeugen die für die spätere Palettie-      hat der Lehrstuhl der    die Autonomisierung der prägten auf automa-
                                  rung notwendige Sequenz dargestellt           TU München für För-      Logistik – nach Mechani- tisierte Prozesse um-
                                  wird. Das Internet der Dinge und auto-        dertechnik Material-                                            stellen, reduziert sich
                                                                                                         sierung, Elektrifizierung
                                  nome Systeme sind im Bereich der tech-        fluss Logistik vor eini-                                        durch einen gemisch-
                                  nischen Logistik damit bereits zur Realität   gen Jahren ein Kon-      und Automatisierung –                  ten Betrieb die Ein-
                                  geworden.                                     zept entwickelt, bei     im Sinne eines Internets               gangsbarriere auf dem
                                     Daneben werden auch viele andere           dem ein Routenzug        der Dinge.“                            Weg zur Automatisie-
                                  Transportmöglichkeiten zur Versorgung         für KLTs in Bahnhöfen                                           rung dramatisch. Tech-
                                                                                                         M ichael ten H ompel
                                  von Produktionsumgebungen im inner-           vollautomatisch bela-                                           nisch und auch orga-
                                  betrieblichen Bereich verwendet, die nur      den wird. Die KLTs wer-                                         nisatorisch bedeutet
                                  teilweise oder auch gar nicht automati-       den erst am mit Material zu versorgenden dies allerdings meistens einen wesentlich
                                  siert sind. Ein in den vergangenen Jahren     Produktionsarbeitsplatz das erste Mal in komplexeren Fall, als ein geschlossenes,
                                  gerade im Bereich der Versorgung getak-       die Hand genommen. Der Fahrer kann sich vollautomatisiertes System.
                                  tet organisierter Produktionsumgebun-         somit auf seine eigentliche Aufgabe – die       Nicht nur die einzuhaltenden Sicher-
                                  gen vielfach eingesetztes Prinzip ist der     Produktion zu versorgen – konzentrieren. heitsrichtlinien sind für das automati-
                                  Routenzug. Ob für Großladungsträger           Durch den manuellen Tausch voller KLT sierte System eine technische Hürde, auch
                                  (GLT) wie Paletten, Gitterboxen oder          gegen Leergut halten sich die notwen- die Sicherstellung, dass sich Menschen
                                  Kleinladungsträger (KLT) wie VDA-Behäl-       digen Rahmenbedingungen am Arbeits- und Roboter nicht in der effizienten Aus-
                                  ter, Kartons, ob automatisiert, teilauto-     platz in sehr überschaubaren Grenzen. übung ihrer Tätigkeiten stören, ist eine
                                  matisiert oder manuell betrieben – es         Solche Konzepte können folglich auch in technische, organisatorische sowie ergo-
                                  findet sich eine Vielzahl unterschiedlicher   bestehenden Infrastrukturen leicht umge- nomische und psychologische Herausfor-
                                  Konzepte.                                     setzt werden                                derung. Eine ganzheitliche Denkweise bei
                                     Der Automatisierungsgrad hängt viel-          Eine der interessantesten Herausfor- der Entwicklung und Auslegung solcher
                                  fach nicht vom technisch Möglichen ab,        derungen aktuell sind Systeme, in denen Systeme ist unabdingbar.
                                  sondern auch davon, welche zusätzlichen       Menschen gemeinsam mit Robotern im              Die Technische Logistik muss dabei als
                                  Aufgaben beispielsweise der Fahrer eines      selben Bereich arbeiten (im Beispiel eine interdisziplinäre Funktion Anforderungen
                                  Routenzuges erledigen kann oder soll.         Kommissionierung mit Magazino Toru aus der Informationstechnik, der Elektro-
                                  Dennoch ist auch hier der Einsatz von Auto-   und Menschen im Parallelbetrieb). Gerade technik und der Betriebswirtschaftslehre
                                                                                                                            (Organisation und Ablauf) genauso integ-
                                                                                                                            rieren, wie aus dem physischen Material-
                                                                                                                            fluss und der Mechanik. Die Vernetzung
Foto: Lehrstuhl fml, TU München

                                                                                                                            über unterschiedliche Grenzen und Denk-
                                                                                                                            strukturen hinweg ist folglich ein wich-
                                                                                                                            tiger Bestandteil von Industrie 4.0 und
                                                                                                                            Future Manufacturing.
                                                                                                                                Der Weg zu einer erfolgreichen Um-
                                                                                                                            setzung dieser Gedanken ist ein Weg
                                                                                                                            über eine anwendungs- und praxistaug-
                                                                                                                            liche Wissenschaft im Verbund mit einer
                                                                                                                            visionären und umsetzungsstarken In-
                                                                                                                            dustrie.                                  l

                                                                                                                             Prof. Dr.-Ing. Johannes Fottner
                                                                                                                             Professur für Technische Logistik
                                                                                                                             TU München
Foto: Magazino

                                                                                                                    Oberes Bild: Automatisch
                                                                                                                    beladener Routenzug.
                                                                                                                    Unteres Bild: Toru Cube
                                                                                                                    kann dank seiner Sensoren
                                                                                                                    mit Menschen im selben
                                                                                                                    Arbeitsbereich arbeiten.

                                                                                                                                                                    21
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