Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin

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Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin
Hochschule Luzern
                                                   OKTOBER 2015

Das Magazin

INTERVIEW
Eine Tasche geht um
die Welt – Markus
Freitag über Start-ups

TEXTILDRUCK
Farbe zum Anfassen

HAUTERKRANKUNGEN
App als Arzthelfer

                         VON DER IDEE ZUM ERFOLG

               Gründergeist
Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin
Ich bin meine eigene Chefin.
          Und Du?

 luzern-startups.ch
 für eine kostenlose
    Erstberatung
Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin
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Inhalt
04 SPEKTRUM
    News und Namen                                                                      DOSSIER:
                                                                                   GRÜNDERGEIST
35 PLÄDOYER
    Die Hochschule als Partner

36 TEXTILDRUCK
    Farbe zum Anfassen

38 PRÄVENTION
    Vergleichbarkeit hilft

40 RISIKOMANAGEMENT
    Gemeinderisiken im Griff

42 COMPUTERGESTÜTZTE DIAGNOSE
    Der elektronische Arzthelfer   10 SMART-UP-PROGRAMM                                          26 SELBSTSTÄNDIGKEIT
                                       Früh gründet sich                                              Das Studium als Gründergarage

                                   14 BUSINESSPLAN                                               29 UMFRAGE
                                   	So wachsen der Idee Flügel                                  	Mit welchem Unternehmer
                                                                                                   würden Sie gerne tauschen?
                                   16 GRÜNDERPORTRÄTS
                                       Die Macher                                                30 UNTERNEHMENSFÜHRUNG
                                                                                                      Das tägliche Brot der CEOs
                                   20 FABLAB
                                   	Die stärkste Marke heisst                                   31 INFOGRAFIK
                                     hier «Eigenbau»                                                  Auf die Plätze, fertig,
                                                                                                      selbstständig
                                   22 WOMEN’S BUSINESS
                                       Frauen holen auf                                          32 INTERVIEW: MARKUS FREITAG
44 ENERGIEEFFIZIENZ                                                                                   «Für mich sind wir noch
	Im Viertelstundentakt zum Ziel   24 ORIGINAL & FÄLSCHUNG                                            immer ein Start-up»
                                   	Täuschend echt
46 AGENDA

49 MEDIENECHO

                                   Titelillustration: Samuel Jordi studierte 2003 – 2006 Illustration an der Hochschule Luzern. Er lebt und arbeitet
50 ABSOLVENTIN                     als freischaffender Illustrator in Winterthur. www.sajo.ch

                                                                                                                     Hochschule Luzern 3 | 2015        3
Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin
SPEKTRUM

Francesca Sanna
Illustratorin zeigt
Kindern, wie sich
Flüchtlinge fühlen
Francesca Sanna kennt die Flüchtlings-
problematik nicht nur aus dem Fern­
sehen: Für ihre Abschlussarbeit im Mas-
ter of Arts in Design mit der Spezia­-
lisierung Illustration hat die gebürtige
Italienerin mehrfach mit Migrantin­-
nen und Mi­granten, u.a. aus Syrien, Eritrea
und Somalia, über deren Erfahrungen
gesprochen. Berührt davon, entwickelte
sie ein interaktives Kinderbuch für
8- bis 12-Jährige, das die Flucht einer
Mutter und ihrer zwei Kinder aus einem
Krisengebiet nach Europa schildert. «Die
jungen Leser haben die Aufgabe,
die Familie mittels verschiedener Flucht-
varianten voranzubringen. Doch nur
zwei Wege führen nicht in eine Sack-
gasse, sondern tatsächlich nach Europa»,
so die 24-Jährige. Für ihr Buch «I’m
Migrant», das sie als E-Book und als           Eine Studie zeigt: Die Schweizer Bevölkerung bringt der Landwirtschaft
gedruckte Version angefertigt hat,             viel Goodwill entgegen.

erhielt Francesca Sanna den diesjähri-

                                                                     748
gen Förderpreis Master Design der
Hochschule Luzern. «Die 5’000 Franken
Preisgeld ermöglichen mir, dieses
Herzensprojekt auch nach dem Studien­
abschluss voranzu­treiben.»

                                                                   Leserinnen und Leser
                                                     haben sich an der Umfrage zum Magazin der Hochschule
                                                  Luzern beteiligt. Ihre Rückmeldung ist positiv: Über 80 Prozent
                                                      gefällt das Heft insgesamt gut bis sehr gut, und mehr als
                                                 75 Prozent beurteilen die Beiträge als interessant bis sehr interessant.
                                                       Am liebsten werden Texte über Forschungsprojekte und
                                                 studentische Projekte gelesen. Für die Lektüre wendet rund die Hälfte
                                                                        30 bis 60 Minuten auf.

4   Hochschule Luzern 3 | 2015
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SPEKTRUM

                                                                                                        Bauern sollen Lebensmittel
                                                                                                        naturnah produzieren
                                                                                                        Die Landwirtschaft in der Schweiz wird          liche Produktionsverfahren oder den Tier-
                                                                                                        jährlich mit drei Milliarden Franken von        schutz besonders hoch. Für die zweite
                                                                                                        der öffentlichen Hand unterstützt. Eine         Gruppe, die «Bewahrer» (33 Prozent), sind
                                                                                                        Mehrheit der Bevölkerung erachtet die           bäuerliche Traditionen und die Erhaltung
                                                                                                        Höhe der Subventionen als angemes-              der bäuerlichen Familienbetriebe zen-
                                                                                                        sen – oder gar zu tief. Zu diesem Schluss       tral. Für sie steht somit die soziokultu-
                                                                                                        kommt eine Studie der Hochschule Lu-            relle Funktion der Landwirtschaft im Vor-
                                                                                                        zern im Auftrag des Bundesamts für              dergrund. Ganz andere Akzente setzen
                                                                                                        Landwirtschaft (BLW), das wissen wollte,        Personen mit wirtschaftsorientierten Er-
                                                                                                        welche Erwartungen die Schweizer Bevöl-         wartungen (25 Prozent). Dieser Gruppe
                                                                                                        kerung an die Landwirtschaft hat. Dafür         ist eine breite Auswahl an inländischen
                                                                                                        befragte die Hochschule Luzern diesen           Nahrungsmitteln zu günstigen Preisen
                                                                                                        Frühling 1’141 Personen. «Das Ergebnis          besonders wichtig. Trotz dieser Unter-
                                                                                                        zeigt, dass die Ansprüche an die Land-          schiede gibt es bei den Befragten auch ge-
                                                                                                        wirtschaft vielfältig, häufig gar wider-        meinsame Nenner: So wünscht sich die
                                                                                                        sprüchlich sind», sagt Studienleiter An-        grosse Mehrheit, dass der fruchtbare Bo-
                                                                                                        dreas Brandenberg.                              den erhalten und die Anbauflächen scho-
                                                                                                            So haben sich drei typische Erwar-          nend bewirtschaftet werden, um die viel-
                                                                                                        tungshaltungen herauskristallisiert: zum        fältige Tier- und Pflanzenwelt zu schützen.
                                                                                                        einen jene Gruppe, der ökologische Anlie-       Wichtig ist ihr zudem eine naturnahe und
                                                                                                        gen wichtig sind. Sie umfasst 42 Prozent        regionale Produktion von Lebensmitteln.
                                                                                                        der Befragten und bewertet klimafreund-         www.hslu.ch/landwirtschaft

                                                      Sabina Brägger                                    duktion von Bisonfleisch anfällt, verarbeiten
                                                      Nachhaltigkeits-                                  lässt, und entwickelte daraus «Bison –
                                                                                                        Premium Wool». «Die grösste Hürde war
                                                      Preisträgerin spinnt                              es, eine geeignete Spinnerei zu finden,
                                                      den Faden weiter                                  die mein Garn produziert», erinnert sie sich.
                                                                                                        Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Ber­
                                                      «Mir geht es um die ‹Ästhetik im Nicht-           nerin wurde für ihre innovative Arbeit, die
                                                      Schönen›», sagt Sabina Brägger. Die               zwischen Textil-, Produkt- und Material­
Fotos: Nik laus Spoer r i, Shutterstock / Antb, zVg

                                                      26-Jährige ist fasziniert davon, aus Restma-      design oszilliert, erneut mit dem Nachhal-
                                                      terialien neue, hochwertige Produkte zu           tigkeitspreis der Hochschule Luzern aus­
                                                      kreieren. Bereits für ihre Bachelor-Arbeit, für   gezeichnet.
                                                      die sie aus der Haut von Störfischen edle              Ebenfalls für preiswürdig befunden
                                                      Accessoires fertigte, erhielt die Textildesign-   wurde die Master-Arbeit von Daniela Wohl-
                                                      Studentin mehrere Auszeichnungen, da­             gemuth. Die junge Ingenieurin unter-
                                                      runter den Nachhaltigkeitspreis der Hoch-         suchte die optimale Dämmstärke bei Wohn­-
                                                      schule Luzern 2013. Mit ihrer Master-Arbeit       gebäuden und schuf damit eine praxis-
                                                      legt Sabina Brägger nun nach. Sie unter-          nahe und fundierte Entscheidungsbasis für
                                                      suchte, wie sich Bisonfaser, die bei der Pro-     die Planung von Gebäuden.

                                                                                                                                                                       Hochschule Luzern 3 | 2015   5
Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin
SPEKTRUM

Hochschulplatz Luzern: offener                                                                        Grundrechte
Zugang zu wissenschaft­lichem Wissen                                                                  in der Sozialhilfe
Immer mehr Bildungs- und Forschungs-                gehörige ihre wissenschaftlichen Arbei-           In der Schweiz beziehen über 235’000
institutionen sowie Bibliotheken stellen            ten in Open Access publizieren können.            Personen Sozialhilfe. Die staatliche Un-
wissenschaftliche Publikationen für jeder-          Es wird von der Zentral- und Hochschul-           terstützung ist in gewissen Fällen an
mann verfügbar ins Netz: Nun treten auch            bibliothek verwaltet und ist ab Anfang            Auflagen gebunden: So kann z.B. ein
die Hochschule Luzern, die Universität              2016 zugänglich.                                  Sozialhilfebezüger dazu verpflichtet
Luzern und die Pädagogische Hochschule              www.hslu.ch/open-access                           werden, an einem Beschäftigungspro-
Luzern der weltweiten Open Access Com-                                                                gramm teilzunehmen – auch wenn er
munity bei. Dafür unterzeichneten die                                                                 nicht will. Mit einer solchen Verfügung
drei Rektoren Markus Hodel (Hochschule                                                                greift die Behörde in die Grundrechte
Luzern), Paul Richli (Universität Luzern)                                                             der betroffenen Person ein, namentlich
und Hans-Rudolf Schärer (Pädagogische                                                                 in die persönliche und die Wirtschafts-
Hochschule Luzern) die «Berliner Erklä-                                                               freiheit. «Beteiligte Institutionen müs-
rung über den offenen Zugang zu wissen-                                                               sen sich somit immer wieder fragen:
schaftlichem Wissen». Die drei Hochschu-                                                              Wann rechtfertigt eine Massnahme den
len stellen gemeinsam ein Repositorium              Markus Hodel, Paul Richli und Hans-Rudolf         Eingriff in ein Grundrecht?», sagt Gül-
zur Verfügung, in welchem Hochschulan-              Schärer (v.r.n.l.) unterzeichnen die Erklärung.   can Akkaya vom Departement Soziale
                                                                                                      Arbeit der Hochschule Luzern. Sie hat
                                                                                                      deshalb einen Leitfaden zu den Grund-
                                                                                                      und Menschenrechten in der Sozial-
    Mit allen Kontinenten vernetzt                                                                    hilfe entwickelt. Dieser bietet Sozial-
                                                                                                      arbeitenden eine Orientierungshilfe
                                             Australien 2                                             und zeigt ausserdem, welche Fragen im
                                      Amerika 9                                                       Einzelfall zu prüfen sind. Der Leitfaden
                                                                                                      ist in Kooperation mit dem Schweize-
                           Asien 18
                                                                                                      rischen Kompetenzzentrum für Men-
                                                Afrika 1                                              schenrechte und der Schweizerischen
                                                                                                      Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) ent-
                                                                                                      standen.
                                                                                                      www.hslu.ch/interact

                                                Europa 188

    Die Departemente der Hochschule Luzern unterhalten Partnerschaften mit über
    220 Hochschulen auf der ganzen Welt. Auf jedem Kontinent ist mindestens ein Koope­
    rationspartner zu finden. Die Vernetzung der Hochschule Luzern hat in den letzten
    fünf Jahren stark zugenommen. Die überwiegende Mehrheit der Partnerorganisationen
    befindet sich in Europa, davon wiederum die meisten in Deutschland (52), gefolgt
    von Spanien (17), Österreich und Finnland (je 13). In Asien pflegen die Departemente
    vor allem Kontakte zu chinesischen Institutionen, in Übersee bestehen die meisten
    Partnerschaften mit Schulen aus den USA.

6   Hochschule Luzern 3 | 2015
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                                                                                                                                                             Tobias Baumgartner
                                                                                                                                                             und Fabio Baviera
                                                                                                                                                             Bronze erkämpft
                                                                                                                                                             Das Handballspiel um den 3. Platz
                                                                                                                                                             an der Sommer-Universiade 2015 hätte
                                                                                                                                                             dramatischer nicht sein können: Erst
                                                                                                                                                             nach dem Penaltyschiessen bezwang das
                                                                                                                                                             Schweizer Männerteam den Gast­geber
                                                                                                                                                             Südkorea. Die beiden A-Nationalspieler
                                                                                                                                                             Tobias Baumgartner (rechts) und Fabio
                                                                                                                                                             Baviera waren mit von der Partie. Als
                                                                                                                                                             studentische Spitzensportler durften sie
                                                                                                                                                             an der Hochschul-Olympiade von 170
                                                                                                                                                             Nationen teilnehmen. «Für uns war es
                                                                                                                                                             eine tolle Chance, dabei zu sein, gerade
                                                                                                                                                             weil Handball nicht zu den festen Diszi-
                                                                                                                                                             plinen dieses Wett­bewerbs zählt», sagt
                                                                                                                                                             Tobias Baumgartner (24). Er und Fabio
                                                                                                                                                             Baviera (23) stu­dieren an der Hoch-
                                                                                                                                                             schule Luzern – Wirtschaft und spielen
                                                                                                                                                             seit über zehn Jahren Handball. Als
                                                                                                                                                             Halbprofis haben sie es nicht leicht,
                                                                                                                                                             Sport und Studium unter einen Hut zu
                                                                                                                                                             bringen. «Wir mussten in Südkorea
                                                                                                                                                             sogar einige Prüfungen schreiben – das
                                                                                                                                                             war zwar suboptimal, aber zum Glück
                                                                                                                                                             gab es diese Möglichkeit überhaupt»,
                                                              Wer Jugendliche erreichen will, muss wissen, wie sie Medien nutzen.                            erzählt Fabio Baviera. Doch all der
                                                                                                                                                             Stress hat sich gelohnt: Neben der

                                                              Chatten, liken, sharen – wie
                                                                                                                                                             Bronzemedaille haben die beiden Stu-
                                                                                                                                                             denten viele neue Eindrücke und

                                                              sind die Jungen zu erreichen?                                                                  schöne Erinnerungen mit nach Hause
                                                                                                                                                             genommen.
                                                                                                                                                             www.gwangju2015.com
                                                              Drogen, Sexualität, Umgang mit Geld               tauchen. Das Projekt «Do-Tank» wurde
Fotos: Mar tin Vogel, interact Verlag, Joy Tatenträger, zVg

                                                              – das sind Themen, für die soziale Or-            von der Kommission für Technologie und
                                                              ganisationen die Jugendlichen sensibili-          Innovation (KTI) des Bundes unterstützt.
                                                              sieren wollen. Doch oft haben sie Mühe,               Ganz konkret zum Einsatz kam das
                                                              die Zielgruppe zu erreichen. «Sie können          Workshop-Konzept für die Jugendinfo
                                                              mit dem Mediennutzungsverhalten der               Winterthur und die Winterthurer Stadtbi-
                                                              Teenies schwer mithalten», sagt Claudia           bliotheken. Jugendliche haben Vorschläge
                                                              Acklin, Leiterin des Kompetenzzentrums            erarbeitet, wie die Institutionen ihre Al-
                                                              Design & Management an der Hochschule             tersgenossen besser ansprechen können.
                                                              Luzern. Zusammen mit dem Verein Taten-            So entstanden u.a. eine neue Jugendinfo-
                                                              träger entwickelten Acklin und ihr Team           App und ein umgestalteter Bereich in der
                                                              deshalb ein Workshop-Konzept, in dem              Bibliothek für die Generation der 12+,
                                                              Mitglieder von sozialen Organisationen in         eine Gruppe, die oft vergessen wird.
                                                              die Medienwelten von Jugendlichen ein-            www.tatentraeger.ch

                                                                                                                                                                         Hochschule Luzern 3 | 2015   7
Gründergeist - Hochschule Luzern Das Magazin
Gründergeist
                                         Sein eigener Chef sein – mit diesem Gedanken gespielt hat
                                 wohl schon fast jeder mal. Aber nur wenige setzen ihn um. Von
                                 den Hochschulabsolventen sind es fünf Jahre nach dem Studium
                                 gerade einmal vier Prozent, die sich selbstständig gemacht haben.
                                         Traditionell sind Hochschulen der Ort, an dem ein Wissens­
                                 kanon vermittelt wird. Was Unternehmertum ausmacht, lässt
                                 sich nicht im Lehrplan festschreiben – das kreative Element, die Vision,
                                 eine gewisse Risikofreudigkeit. Aber die Hochschulen können
                                 handwerkliches Rüstzeug vermitteln: Fach- und Sozialkompetenzen
                                 sowie Methoden, neue Chancen zu erkennen oder Probleme zu
                                 lösen. Und sie können einen fruchtbaren Boden schaffen, auf dem
                                 sich Ideen festsetzen, gedeihen und schliesslich Früchte tragen.
                                 Genau diesen Ansatz verfolgt die Hochschule Luzern mit ihrem Pro­
                                 gramm Smart-up. Sie will Studierende motivieren, ihren Einge­
                                 bungen zu folgen, diese zu einer Geschäftsidee weiterzuentwickeln und
                                 den Sprung in die Umsetzung zu wagen. Verschiedene Module,
                                 gezieltes Coaching, der Austausch mit Expertinnen und Experten sowie
                                 gestandenen Gründerinnen und Gründern sollen sie ermutigen,
                                 ihre Idee als Start-up schlau umzusetzen.
                                         Ziel von Smart-up ist nicht, dass sich Studierende in grosser
                                 Zahl so rasch wie möglich selbstständig machen – aber es soll
                                 für möglichst viele von ihnen eine Option sein, auf die sie im Laufe
                                 ihres Lebens zurückkommen können.
                                                                                                            Illustration: Samuel Jordi, Absolvent der Hochschule Luzer n

                                                       Sigrid Cariola, Chefredaktorin

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GRÜNDERGEIST

                            Früh gründet sich
                        Von einer guten Idee bis zum eigenen Unternehmen ist es ein
                    langer Weg. Die Hochschule Luzern ermutigt ihre Studierenden, ihn
                           anzutreten, und begleitet sie dabei mit dem Programm
                      «Smart-up – Unterstützung für Start-ups». So sind in den letzten
                              zwei Jahren rund 30 Unternehmen entstanden.

                                Melanie Schmidlin bereitet sich im Smart-up-Hub auf die Unternehmensgründung vor.
                                   Unterstützt wird sie von den Dozenten Patrick Link und René Zeier (oben links).

         Bei Unternehmen wie Google und            Nicht nur Ausnahmeerscheinungen wie            150 Organisationen unterstützen sie mit
Apple bekommen nicht nur Nerds glän-               Google und Apple, sondern auch kleinere        Know-how, Kapital und Dienstleistun-
zende Augen, sondern auch Betriebs-                Start-ups sind für eine Wirtschaft wich-       gen. Darunter finden sich private Initia-
wirtschafter – Gewinne in zweistelliger            tig. «Etablierte Unternehmen beschäfti-        tiven wie die Stiftung Venture Kick und
Milliardenhöhe, ein rasantes Umsatz-               gen zwar mehr Mitarbeitende, Start-            öffentliche Institutionen wie die Kommis-
wachstum und Zehntausende von Mit-                 ups schaffen aber mehr neue Arbeitsplätze –    sion für Technologie und Innovation (KTI)
arbeitenden. Was dabei mehr und mehr               und damit den Wohlstand von morgen»,           des Bundes.
in Vergessenheit gerät: Die Weltkonzerne           erklärt René Zeier, Dozent und Projekt-            Manche dieser Angebote unterliegen
waren einst klassische Start-ups, wie sie          leiter am Departement Wirtschaft der           allerdings gewissen Auflagen. «Um bei-
das Silicon Valley zahlreich hervorbrachte:        Hochschule Luzern.                             spielsweise von der KTI gefördert zu wer-
ein paar junge Leute mit einer zünden-                  Deshalb werden Start-ups in der           den, braucht es eine besonders innovative,
den Idee und dem Mut, sie umzusetzen.              Schweiz besonders gefördert. Mehr als          meist technologiegetriebene Geschäfts-

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                                            idee, die nur schwer zu kopieren ist», sagt    Unterstützung für Start-ups», das René            Workshops gestaltet und sehr praxisori-
                                            Patrick Link, Dozent am Departement            Zeier und Patrick Link leiten. «Wir wol-          entiert. Zudem können die Studierenden
                                            Technik & Architektur der Hochschule           len bei unseren Studierenden den Grün-            auch die im Studium vorgesehenen Pro-
                                            Luzern. Dabei kann es sich um ein Pro-         dergeist wecken und sie ermutigen, Ge-            jektarbeiten und ihre Bachelor-Arbeit nut-
                                            dukt, eine Dienstleistung oder ein neues       schäftsideen zu entwickeln und sie auch           zen, um ihr Unternehmen voranzutreiben.
                                            Geschäftsmodell wie jenes des Fahrten-         umzusetzen», erklärt René Zeier. Damit            All diese Leistungen werden angerechnet,
                                            vermittlers Uber handeln.                      schliesst Smart-up eine Lücke in der hiesi-       sie erhalten dafür ECTS-Punkte.
                                                                                           gen Start-up-Förderung. Die meisten An-                Neben der Vermittlung von Fachwis-
                                            Angst vor dem Misserfolg Über die              gebote – etwa Businessplan-Wettbewerbe            sen und Methodenkompetenzen ist es
                                            letzten Jahre nahm in der Schweiz die Zahl     – greifen dort, wo eine Idee bereits gebo-        René Zeier und Patrick Link ein zentrales
                                            der neu gegründeten Start-ups pro Jahr         ren und der Wille da ist, sie in ein Unter-       Anliegen, den Studierenden Mut zu ma-
                                            stetig zu. 2013 lag sie bei 12’440 Neugrün-    nehmen zu überführen. Smart-up bringt             chen. «Wir versuchen, ihren Fokus auf die
                                            dungen. Trotzdem ist der Anteil der Neu-       die Studierenden überhaupt erst auf den           Chancen zu lenken, die ein Start-up bie-
                                            gründungen am Gesamtbestand der Un-            Geschmack, sich unternehmerisch aus-              tet, und die Risiken etwas zu relativieren»,
                                            ternehmen in der Schweiz eher tief. Liegt      zuprobieren.
                                            er in Europa bei 9,9 Prozent, sind es hier         Während ihres Studiums erarbeiten                  «Auch Arbeitgeber
                                            gerade mal 3,6 Prozent.                        sich die Studierenden der Hochschule Lu-
                                                                                                                                                  erwarten von ihren
                                                «Es ist die Angst vor dem Misserfolg,      zern in teils obligatorischen, teils fakultati-
                                                                                                                                                    Mitarbeitenden
                                            die viele davon abhält, ein eigenes Unter-     ven Modulen, was es für eine erfolgreiche
                                            nehmen zu gründen», erklärt Patrick Link.      Unternehmensgründung braucht – etwa
                                                                                                                                                  unternehmerisches
                                            Es fehle in der Schweiz an einer positiven     zu Themen wie Geschäftsmodell, Innova-                Denken und Handeln.»
                                            Kultur des Scheiterns, wie man sie etwa        tionsmanagement, Finanzierung, Marke-                  René Zeier, Hochschule Luzern
                                            in den USA finde. «Klappt es dort nicht        ting und Kommunikation oder Manage-
                                            mit einer Geschäftsidee, ist das kein Bein-    ment und Leadership (vgl. S. 26).                 so Link. Das Studium sei ideal, um in ei-
                                            bruch, sondern eine lehrreiche Erfahrung.                                                        nem geschützten Umfeld erste Erfahrun-
                                            Von dieser Haltung sollten wir uns eine        Feedback von Investoren Zwei Mo-                  gen als Unternehmer zu machen. Auch
                                            Scheibe abschneiden.»                          dule wurden im Rahmen von Smart-up                wenn sich die Studierenden später für eine
                                                In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jäh-    eigens neu geschaffen. Das Modul «Ide-            Anstellung entscheiden würden, kämen
                                            rigen gibt es in der Schweiz, verglichen       ation» führt die Studierenden durch den           ihnen diese zugute: «Auch Arbeitgeber
                                            mit anderen Ländern, besonders wenig           Prozess der Problem- und Bedürfnisiden-           erwarten von ihren Mitarbeitenden un-
                                            Gründer. Unter den Studierenden der De-        tifikation, der Ideenfindung und der Pro-         ternehmerisches Denken und Handeln»,
                                            partemente Wirtschaft sowie Technik &          duktentwicklung. «Sie lernen, ihren Alltag        sagt René Zeier.
                                            Architektur der Hochschule Luzern liegt                                                              Um die wirtschaftlichen Risiken der
                                            der Anteil der Studierenden, die sich eine                                                       Selbstständigkeit minim zu halten, arbei-
                                                                                            «Wir versuchen, den Fokus
                                            Unternehmensgründung direkt nach                                                                 ten Link und Zeier nach der Lean-Start-up-
                                            dem Studium vorstellen können, mit
                                                                                                  der Studierenden                           Methode. Die Unternehmensgründung
                                            einem Wert zwischen drei und vier Prozent      auf die Chancen zu lenken, die                    soll dabei möglichst «schlank» erfolgen,
                                            etwas über dem Schweizer Durchschnitt                ein Start-up bietet,                        also mit möglichst wenig Kapital. «Bevor
                                            von zwei Prozent. «Zum einen halten lu-          und die Risiken etwas zu                        grosse Investitionen nötig sind, klären die
                                            krative Stellenangebote frischgebackene                 relativieren.»                           Studierenden grundlegende Fragen wie
                                            Absolventen von der Selbstständigkeit ab»,          Patrick Link, Hochschule Luzern              Machbarkeit, Marktpotenzial usw. anhand
                                            erklärt René Zeier. «Zum andern trauen sie                                                       einfacher Prototypen in Gesprächen mit
Fotos: Daniel von Känel, Pr iska Ketterer

                                            sich die Selbstständigkeit in diesem Alter     bewusst wahrzunehmen, unbefriedigende             Experten, potenziellen Kunden und In-
                                            noch nicht zu. Sie wollen zuerst Erfahrun-     Sachverhalte zu hinterfragen und Lösun-           vestoren», sagt Zeier. Seine Geschäftsidee
                                            gen sammeln.» Dabei hätten gerade junge        gen dafür zu entwickeln», schildert Patrick       nach aussen zu tragen und sich Feedback
                                            Leute, die noch nicht in einem beruflichen     Link. Im Modul «Business Concept» entwi-          zu holen, sei dabei das A und O. Über-
                                            Alltag festgefahren seien, viele gute Ideen.   ckeln die Studierenden ihre Geschäftsidee         steht sie diese Phase intensiver Prüfung,
                                                Um das unternehmerische Potenzial          weiter und erarbeiten einen Businessplan.         verbessern sich auch die Aussichten, In-
                                            ihrer Studierenden systematisch zu för-        Diesen präsentieren sie einer Jury von In-        vestoren zu finden.
                                            dern, lancierte die Hochschule Luzern vor      vestoren, von denen sie ein realistisches             Neben individueller Beratung, etwa
                                            zwei Jahren das Programm «Smart-up –           Feedback erhalten. Beide Module sind als          zu Fragen der Produktentwicklung, zur

                                                                                                                                                            Hochschule Luzern 3 | 2015 11
GRÜNDERGEIST

                          «Start-up und Investor müssen
                                zueinander passen»
                        Business Angels unterstützen Start-ups mit Geld und Know-how. Carole
                    Ackermann, Präsidentin von Business Angels Schweiz, erklärt, welche Motivation
                     hinter diesem Engagement steckt und worauf es bei einem Start-up ankommt.

Was ist ein Business Angel, und welche Rolle                                                  reren Personen bestehen, damit sich die
übernimmt er in einem Start-up?                                                               Last der Aufbauarbeit auf mehrere Schul-
Ein Business Angel ist eine Privatperson,                                                     tern verteilt. Wenn diese unterschiedliche
die ein Start-up in der frühen Gründungs-                                                     Kompetenzen mitbringen, umso besser.
phase mit «smart money» unterstützt. Er
bringt also nicht nur Geld – meist in der                                                     Wie wichtig sind die richtigen Kontakte, und
Form von Aktienkapital – ins Unterneh-                                                        wie kommt man an sie heran?
men ein, sondern auch sein Know-how,                                                          Gute Kontakte sind wichtig. In der Schweiz
seine Erfahrung und seine Kontakte. Weil                                                      gibt es allerdings viele Unterstützungsan-
ein Business Angel ein hohes finanzielles                                                     gebote, die einfach zugänglich sind. Bei
Risiko eingeht, will er bei strategischen                                                     der Suche nach einem Business Angel ist
Fragen mitentscheiden. Wie weit diese                                                         es wichtig, gezielt auf Personen zuzuge-
Einflussnahme geht, hängt von den be-                                                         hen, die zum Start-up passen. Sei es, weil
teiligten Personen ab. Typisch ist etwa ein         Dr. Carole Ackermann finanziert als       sie bereits in Unternehmen in ähnlichen
Mandat als Coach oder Verwaltungsrat.               CEO der Diamondscull AG Start-ups         Geschäftsfeldern investieren oder weil sich
                                                    in der Frühphase.
                                                                                              die Vorstellungen der Gründer und des
Was ist die Motivation eines Business Angels,                                                 Business Angels über Art und Umfang
in ein Start-up zu investieren?                                                               der Einflussnahme decken.
Zum einen will er damit natürlich Geld          Angel ein Multiple – d.h. eine Vervielfa-
verdienen. Darüber hinaus – und das ist         chung seiner Investition – um das 10- bis     Während sich für die frühe Gründungsphase
das Zentrale – will er einen Beitrag an den     20-Fache innerhalb von fünf bis sieben        eher Geldgeber finden lassen, fehlt es in der
Erfolg eines Unternehmens leisten, von          Jahren möglich ist. Das klingt nach sehr      späteren Wachstumsphase oft an Investo-
dessen Geschäftsidee er überzeugt ist. Es       viel, dient aber dazu, Verluste bei anderen   ren. Warum ist das in der Schweiz so, und was
ist nicht nur ein finanzielles, sondern auch    Start-ups aufzufangen.                        bedeutet das für ein Start-up?
ein emotionales Engagement.                                                                   In der Wachstumsphase geht es schnell
                                                Was braucht ein Start-up, damit Sie in es     um Beträge in Millionenhöhe. An die Stelle
Welche Renditen lassen sich bei solchen         investieren?                                  von Business Angels treten dann meist ins-
Investitionen erzielen?                         Es braucht eine gute Geschäftsidee. Zu-       titutionelle Investoren wie Venture-Capital-
Das ist sehr unterschiedlich. Bei zehn          dem müssen grundsätzliche Fragen, etwa        Fonds oder Investmentgesellschaften. Und
Start-ups ist vielleicht eines dabei, das       zur potenziellen Nachfrage, zu realisti-      davon gibt es in der Schweiz leider nicht so
nach einer gewissen Zeit richtig Geld ab-       schen Margen, zur technischen Machbar-        viele. Das zwingt manche Start-ups, sich
wirft. Vier bis fünf wirtschaften befrie-       keit von Produktfunktionalitäten usw. ge-     ihre Investoren im Ausland zu suchen.
digend, und einige verschwinden leider          klärt sein. Am wichtigsten aber ist, dass     Für die Entwicklung des Start-ups kann
wieder vom Markt. Das Risiko, dass ein          man von der Qualität der Leute überzeugt      dies aber positiv sein. Ein Unternehmen
Business Angel sein Geld nicht wieder-          ist. Man muss ihnen zutrauen, dass sie        sollte sich dort ansiedeln, wo es die besten
sieht, ist also relativ hoch. Deshalb sollte    über das entsprechende Know-how ver-          Marktbedingungen findet, z.B. was Ziel-
bei dem einen wirtschaftlich sehr erfolg-       fügen und auch die notwendige Energie         gruppe und Nachfrage betrifft. Dort fin-
reichen Start-up der Unternehmenswert           aufbringen, um ihre Vision zu verwirkli-      det es dann meist auch Investoren.
so stark steigen, dass für den Business         chen. Das Start-up sollte zudem aus meh-                        Interview: Simona Stalder

12 Hochschule Luzern 3 | 2015
GRÜNDERGEIST

                                                    Rechtsform, zu Finanzen                                                                                       Im Gegensatz zu Advanon
                                                    und Budgetierung oder zu                                                                                      und Kidesia steht Melanie
                                                    Verkauf und Vertrieb, ver-                                                                                    Schmidlin mit ihrem Un-
                                                    mittelt Smart-up Kontakte                                                                                     ternehmen Gurkenwas-
                                                    zu internen und externen                                                                                      ser noch ganz am Anfang.
                                                    Experten und organisiert                                                                                      Sie absolviert teilzeitlich
                                                    Workshops und Anlässe, die                                                                                    den Master in Business Ad-
                                                    dem Erfahrungsaustausch                                                                                       ministration (mit Schwer-
                                                    und dem Networking mit                                                                                        punkt in Online Business
                                                    Investoren dienen.                                                                                            und Marketing) und will mit
                                                                                                                                                                  ihrem Kommilitonen und
                                                    Von Kontakten profi-                                                                                          Geschäftspartner Marc De-
                                                    tiert Seit der Lancierung                                                                                     laquis ein Webmagazin zu
                                                    von Smart-up im Sommer                                                                                        Sport, Gesundheit und Er-
                                                    2013 begleitete Smart-up                                                                                      nährung lancieren. Dabei
                                                    über 80 Studierende bei                  Im neu geschaffenen Modul «Business Concept» entwickeln              profitiert sie von ihrer lang-
                                                    der Gründung von rund                              Studierende  ihre Geschäftsidee weiter.                    jährigen Erfahrung in der
                                                    30 Unter­nehmen. Einer da-                                                                                    Kommunikation von Sport­
                                                    von ist Phil Lojacono, der                                                                                    events. Trotzdem liess sie
                                                    soeben sein Master-Studium in Finance          pen, steht vor der Markteinführung.            sich von Anfang an durch Smart-up be-
                                                    and Banking abgeschlossen hat. Ge-             Timon Guggenbühl, der berufsbegleitend         gleiten. «Den Traum von der Selbstständig-
                                                    meinsam mit Philip Kornmann und Stijn          Wirtschaftsinformatik studiert, lancierte      keit hegte ich schon länger, da waren aber
                                                    Pieper führt er die Advanon GmbH. Die          das Unternehmen mit Daniel Moos und            auch Zweifel. Es ist gut, nun jemanden zu
                                                    drei lernten sich während eines Prak-          Gowthaam Yogeswaran, die berufsbeglei-         haben, der unsere Ideen konstruktiv hin-
                                                    tikums bei Google in Dublin kennen.            tend Informatik studieren. Die Geschäfts-      terfragt, uns aber auch moralischen Rück-
                                                    Advanon stellt eine Online-Plattform be-       idee entstand, weil Guggenbühls Mutter –       halt gibt», so Schmidlin. Design und Logo
                                                    reit, auf der Unternehmen ihre offenen         selbst Krippenleiterin – ihren Sohn wie-       des Magazins sind skizziert, derzeit verfei-
                                                    Debitorenrechnungen direkt an Investoren       derholt um Hilfe bat. «Die Krippenadmi-        nern Schmidlin und Delaquis das inhalt-
                                                    verkaufen können. So können sie sofort         nistration war in mehreren, komplizier-        liche Konzept. Ihre Stelle als Beraterin in
                                                    über das Geld verfügen, statt die Zahlun-      ten Excel-Dateien angelegt. Da dachte ich      einer Werbeagentur hat Melanie Schmid-
                                                    gen ihrer Kunden abzuwarten. «Weil das         mir: ‹Das geht doch auch einfacher›», so       lin aufgegeben, um sich neben dem Stu-
                                                    Risiko eines Forderungsausfalls beim Un-       Guggenbühl.                                    dium vermehrt dem Magazin zu widmen.
                                                    ternehmen bleibt, hat der Investor keine           Bei der Entwicklung der Plattform          «Endlich mein eigenes Ding zu machen
                                                    Arbeit mit dem Debitorenmanagement.            legten die Gründer grossen Wert auf eine       und eine Vision zu verfolgen, ist gross­
                                                    Er bekommt sein Geld mit einem geringen        einfache Bedienung und eine gute Perfor-       artig. Es macht Spass!»
                                                    Verlustrisiko und mit Zins zurück», erklärt    mance. «Sind die Personalien der Kinder            Bislang richtete sich Smart-up pri-
                                                    Lojacono. Eine Beta-Version der Plattform,     einmal in Kidesia erfasst, lassen sich damit   mär an Studierende der Departemente
                                                    die in der Schweiz bisher konkurrenzlos        schnell und einfach Platzkapazität, Perso-     Wirtschaft und Technik & Architektur.
                                                    ist, ist seit August online. «Jetzt konzen­    nalbedarf oder Mahlzeiten planen – auch        Ab 2016 soll es auf Informatik, Soziale
                                                    trieren wir uns voll und ganz auf die Ver-     langfristig», erklärt Guggenbühl. Er schätzt   Arbeit sowie Musik und Kunst & Design
Fotos: Hochschule Luzer n, iStockphoto / Peshkova

                                                    marktung», so Lojacono. Die Gründer pro-       es, dass er sich die Angebote von Smart-       ausgeweitet werden. René Zeier: «Unter-
                                                    fitierten besonders von den Kontakten, die     up individuell zusammenstellen konnte.         nehmergeist findet man nicht nur in der
                                                    Smart-up ihnen vermitteln konnte. «Wir         «Wir hatten sehr genaue Vorstellung von        Wirtschaft, sondern überall, wo es Visi-
                                                    konnten uns ein gutes Netzwerk aufbauen.       unserem Produkt, deshalb brauchten wir         onen braucht und jemanden, der sie ver-
                                                    Zudem haben wir bei den Businessplan-          bei der Entwicklung kaum Unterstützung.»       wirklicht.»                   Simona Stalder
                                                    Präsentationen vor Investoren sehr viel        Die Studierenden nutzten lediglich Ar-
                                                    gelernt», so Lojacono.                         beitsplätze, die Smart-up in Luzern und        Mehr Informationen:
                                                                                                   Horw bereitstellt. «Jetzt, wo wir auch zu      www.hslu.ch/smart-up
                                                    Unterstützung bei der Vermarktung              Verkäufern werden wollen, werden wir et-       www.advanon.com
                                                    Auch Kidesia, eine internetbasierte Ad-        was mehr Coaching benötigen», sagt Gug-        www.kidesia.ch
                                                    ministrations-Software für Kinderkrip-         genbühl und lacht.                             www.gurkenwasser.ch (ab November)

                                                                                                                                                                    Hochschule Luzern 3 | 2015 13
GRÜNDERGEIST

                                    So wachsen
                                   der Idee Flügel
                  Wer ein Unternehmen gründen und Geldgeber gewinnen will, braucht
                       einen Businessplan. Doch dieser ist kein Garant für Erfolg.
                   Wie reagieren Start-ups auf die sich schnell verändernden Märkte?
                             Und welche Rolle spielen die Business Angels?

        «If you fail to plan, you are plan­   Rouven Willimann von der Wirtschafts-        gebe es zwar nach wie vor einen ausge-
ning to fail», sagte einmal Benjamin          förderung Luzern.                            prägten Glauben an Planbarkeit. Und ge-
Franklin – eine Warnung, an die in der             Doch weil sich die Zukunft nie ganz     rade Banken, die prinzipiell eher konserva-
Wirtschaftswelt immer wieder erinnert         genau voraussagen lässt, wird der Busi-      tiv denken, erwarten einen ausführlichen
wird. So zeigen Untersuchungen, dass          nessplan heute zum Teil skeptisch betrach-   Businessplan, um eine Finanzierung in
Existenzgründungen oft scheitern, weil        tet. «Auch wenn man einen Businessplan       Erwägung zu ziehen. Parallel dazu lasse
die Gründer zu wenig vorbereitet sind.        sehr detailliert macht: Dadurch werden       sich aber ein Trend zum amerikanisch
«Am häufigsten begegnen mir Business-         die Annahmen nicht zutreffender, es blei-    geprägten Lean Start-up beobachten, bei
pläne, bei denen der Finanzplan vernach-      ben eben Annahmen», sagt Markus Zemp.        dem die Finanzierung durch Risikoka-
lässigt wurde. Es wird zum Beispiel ein       Der Studienleiter des MBA an der Hoch-       pitalgeber, sogenannte Business Angels,
Umsatz ausgewiesen, aber nicht aufge-         schule Luzern sieht deshalb die Bedeu-       erfolgte. «Business Angels wollen in ers-
zeigt, wie viel erst einmal investiert wer-   tung des Businessplans in einem Wandel       ter Linie wissen, ob eine Idee überzeugt,
den muss, um ihn zu erreichen», erzählt       begriffen. In der Schweiz und in Europa      ob ein Markt vorhanden ist und vor allem

14 Hochschule Luzern 3 | 2015
GRÜNDERGEIST

                                         auch: ob der Gründungsinteressierte                                                                  tralschweizer KMU (siehe Box) ent-
                                         und sein Team im persönlichen Auf-                                                                   wickelt, lernen sie auch die Grenzen
                                         tritt überzeugen.» Eine umfassende                                                                   und Tücken solcher Planung kennen.
                                         Dokumentation ist zweitrangig.                                                                       «Man darf sich nicht verleiten lassen,
                                                                                                                                              Dinge oder Zahlen zu beschönigen
                                         Lean Start-up – ein Gegentrend                                                                       – Papier ist geduldig.» Wichtig sei es,
                                         In den USA gibt es etwa drei Millio-                                                                 Widersprüche innerhalb des Busi-
                                         nen Business Angels, in Europa sind                                                                  nessplans zu erkennen, Schwierigkei-
                                         es nicht ganz so viele. Der Verein             Ein Businessplan beruht zwar auf Annahmen,            ten aufzuzeigen und Alternativen zu
                                         Business Angels Switzerland (BAS)              aber er hilft, Informationslücken zu erkennen.        entwickeln, wenn sich Gefahren ab-
                                         zählt derzeit gerade mal 76 Mitglie-                                                                 zeichneten. Ausserdem sei ein Busi-
                                         der. «Dennoch spielen diese Business           Eine prinzipielle Alternative sei das aller-     nessplan ein Prozess, er müsse laufend
                                         Angels bereits eine wichtige Rolle in der      dings nicht. «In einem zweiten Schritt gilt      überprüft und an die Realität angepasst
                                         Schweizer Start-up-Szene», sagt Zemp.          es dennoch, einen detaillierten Business-        werden. Denn der Trend zu einem schlan-
                                         Monatlich veranstaltet der Verein ein Mee-     plan zu entwickeln.» Stäuble unterrichtet        keren Businessplan und einem rascheren
                                         ting, an dem Gründungsinteressierte ein-       und lehrt Studierende, was ein Business-         Markteintritt rührt nicht zuletzt daher,
                                         geladen sind, ihre Geschäftsideen zu prä-      plan abdecken muss: Strategie und Vision,        dass die Märkte heute viel dynamischer
                                         sentieren. In der Regel sind dies Start-ups,   Produkteportfolio, potenzielle Kunden,           und kurzlebiger sind als noch vor ein paar
                                         bei denen es eher um kleinere Investiti-       Konkurrenz, Vermarktung, Produktions-            Jahrzehnten, als es sich noch lohnte, aus
                                         onen zwischen 50’000 und 2 Millionen           technologien, Lohnpolitik, Führungsins-          dem Businessplan eine halbe Doktorar-
                                         Franken geht. Die «Unternehmensengel»          trumente, Risiken, Finanzierung ... Beim         beit zu machen.             Susanne Gmür
                                         unterstützen sie nicht nur finanziell, son-    Entwickeln eines solchen Plans geht man
                                         dern auch beratend und sind bereit, ein        sozusagen mit seinem Geschäft schwan-
                                         grosses Risiko einzugehen. Zemp erklärt:       ger. Untersucht, ob alle Glieder da sind,            Businesspläne für und
                                         «Dafür verlangen sie im Gegenzug auch          beugt möglichen Krankheiten vor und                  mit Zentralschweizer KMU
                                         entsprechend hohe Kapitalrenditen, oft         bereitet den Weg für ein gesundes Wachs-             Im fünften Semester besuchen
                                         kombiniert mit einem im Voraus geplan-         tum. Auch Markus Zemp sieht darin                    alle Wirtschaftsstudierenden der
                                         ten Exit, das heisst dem gewinnbringen-        einen grossen Vorteil: «Man erkennt In-              Hochschule Luzern das Modul
                                         den Verkauf der Firmenanteile.»                formationslücken und kann das Schei-                 «Businessplan-Entwicklung». Hier
                                             Präsentationen an solchen Meetings         tern besser vermeiden – wenn auch nicht              kommt ihr gesamtes zuvor er­-
                                         dauern 10 bis 15 Minuten. Wenig Zeit,          den Erfolg garantieren.» Allerdings, sagt            lerntes Wissen zum Einsatz, denn
                                         um Investoren zu überzeugen – keine            Rouven Willimann, spiele es keine ent-               ein Businessplan deckt alle
                                         Zeit, um einen 50-seitigen Businessplan        scheidende Rolle, ob der Businessplan                wichtigen betriebswirtschaftlichen
                                         vorzustellen. Für Start-ups biete sich das     20 oder 100 Seiten umfasst. «Wesentlich              Themen ab.
                                         «Business Model Canvas» an, sagt Zemp.         ist, dass er konsistent ist und aufzeigt, wie        In Teams entwickeln sie Business-
                                         «Es konzentriert sich auf eine knappe          die Geschäftsidee profitabel umgesetzt               pläne für KMU, die beispielsweise
                                         und einfache Darstellung der wichtigs-         werden kann.»                                        ihr Geschäft erweitern wollen, einen
                                         ten Aspekte: Wer sind die Partner, welches                                                          Partner suchen, die Nachfolge­
                                         Know-how ist da, welcher Wert wird mit         Businessplan als Denkprozess Alle                    planung angehen wollen – egal ob
                                         dem Produkt generiert, auf welchen Kanä-       drei Experten sind sich einig, dass ein              in Industrie, Handel, Verwaltung
                                         len will man wen erreichen, wie wird Geld      Businessplan nicht nur ein Instrument                oder im sozialen Bereich. Der Modul­
                                         generiert und was braucht es für Investiti-    ist, um Banken oder Partner von seinem               leiter Walter Stäuble freut sich
                                                                                                                                             über die nachhaltig grosse Resonanz
Fotos: iStock / Newbird / psphotograph

                                         onen?» Es gehe heute auch darum, schnell       Unternehmen zu überzeugen. «Dieser
                                         auf den Markt zu gehen und zu schauen,         zwingt den Gründer, Ideen gründlich zu               bei allen Beteiligten: «Es ist eine
                                         ob überhaupt eine Nachfrage da sei. Denn:      reflektieren», sagt Willimann. Stäuble er-           Win-win-Situation: Die KMU profi-
                                         «Wer weiss schon, ob eine Idee funktio-        gänzt: «Er dient dazu, Ordnung zu haben              tieren von frischem und preisgünsti-
                                         niert, wenn man sie nicht ausprobiert?»        im Kopf, das Geschäft und seine Chancen              gem Know-how, die Studieren­-
                                             Auch der Dozent Walter Stäuble             und Schwächen zu kennen, Transparenz                 den haben die Möglichkeit, ihr the-
                                         sieht bei Start-ups die Entwicklung            zu schaffen nach innen und nach aussen.»             oretisches Wissen in die Praxis zu
                                         eines schlanken Geschäftsmodells und                Wenn Walter Stäuble mit seinen Bache-           übertragen.»
                                         dessen praxisnahen Test als ersten Schritt.    lor-Studierenden Businesspläne für Zen-              www.hslu.ch/businessplan

                                                                                                                                                        Hochschule Luzern 3 | 2015 15
GRÜNDERGEIST

           Die Brauereigründer Alexander Oleschinsky und Herbert Blum sind beide auch angestellt.

                                          Die Macher
                               Unternehmertum kann viele Facetten haben.
                       Diese Gründerinnen und Gründer berichten, was sie motiviert,
                                  etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.

16 Hochschule Luzern 3 | 2015
GRÜNDERGEIST

                                                                                                            sky, inne. Nur deshalb ist es überhaupt          diums einen Businessplan für die Brauerei.
                                                             Die Teamplayer                                 möglich, das Unternehmen in die Tat um-          Das Wissen über die Braukunst eigneten
                                                                                                            zusetzen, denn die beiden Männer haben           sie sich in stundenlanger Recherche und
                                                             Alexander Oleschinsky und Herbert Blum         eine Vollzeitstelle, die sie auch behalten       in unzähligen Gesprächen mit Fachper-
                                                             trinken gerne ab und zu ein Bier. Nach ih-     wollen: Oleschinsky leitet den Kunden-           sonen an. «Es brauchte viel Mut, den Plan
                                                             rem Geschmack wird ihnen dabei aber            service Pharma bei der UFAG Laborato-            auch wirklich in die Tat umzusetzen», sagt
                                                             viel zu oft Massenware von einem in-           rien AG, Blum ist Produktmanager bei der         der 51-jährige Herbert Blum aus Nottwil.
                                                             ternationalen Konzern serviert. «Lieber        für die Elektronikindustrie tätigen Schur-       «Aber es ist die Gelegenheit, einmal etwas
                                                             würden wir stattdessen unsere Gläser           ter AG. Die Brauerei ist für die beiden ein      ganz anderes zu machen.»
                                                             mit einem ‹charaktervollen› Gerstensaft        zeit­intensives Hobby.                               Dass er im Team ein eigenes Unterneh-
                                                             aus unserer Heimat Sursee füllen», sagt                                                         men aufbauen kann, wertet er als grossen
                                                             Oleschinsky, 35-jährig und dreifacher                                                           Vorteil. «Alleine wäre man wohl schneller
                                                                                                                 «Es ist die Gelegenheit,
                                                             Vater aus Schlierbach. Deshalb gründeten                                                        und flexibler. Wir aber können uns austau-
                                                             die Männer im März dieses Jahres die Soor-
                                                                                                                      mal was ganz                           schen und gegenseitig motivieren.» Den
                                                             ser Bier AG. Für die Brauanlage und die
                                                                                                                  anderes zu machen.»                        Altersunterschied und ihre unterschied-
                                                             Anstellung eines Braumeisters ist zu-               Herbert Blum, Brauereigründer               lichen Charaktere wertet auch Alexander
                                                             sätzliches Kapital nötig, deshalb sind sie                                                      Oleschinsky positiv: «Mit meinem noch
                                                             im Moment auf der Suche nach Investo-          Kennengelernt haben sich die Jungunter-          jugendlichen Elan presche ich oft vor und
                                                             ren. Ziel ist es, im Frühling 2016 das erste   nehmer im MBA Luzern der Hochschule              treibe die anderen an. Herbert weiss es
                                                             eigene Bier auszuschenken.                     Luzern. Gemeinsam mit Kommilitone Sil-           dann, mich mit seiner Reife und Umsicht
                                                                 Die Geschäftsführung hat Karin             van Gut, der ihnen heute als Berater zur         zur richtigen Zeit zu bremsen.»
                                                             Wagemann (32), die Frau von Oleschin-          Seite steht, erstellten sie während des Stu-     www.soobier.ch

                                                                                                            kundenfreundlicher und vor allem nach-           auch für KMU. Firmen wie McKinsey oder
                                                             Die Wissensdurstige                            haltiger seien. «Denn bei Design Manage-         Accenture setzten bereits vermehrt auf De-
                                                                                                            ment geht es nicht zuletzt um einen sinn-        signkompetenz, so Schmid. Herzblut für
                                                             Drei Jahre ist es her, dass Jessica Schmid     volleren Einsatz von Ressourcen.» Jessica        die Sache und eine unbändige Neugier trei-
                                                             ihr Bachelor-Studium in «Design Manage-        Schmid ist überzeugt, dass in ihrem Fach-        ben sie jeden Tag an. Gebremst wird ihre
                                                             ment, International» an der Hochschule         gebiet enormes Potenzial liegt, besonders        Energie höchstens dann, wenn sie wegen
                                                             Luzern beendete – mit Auszeichnung.                                                                  ihres jugendlichen Alters unterschätzt
                                                             Das habe sie darin bestärkt, direkt                                                                  wird. «Dann wünsche ich mir manch-
                                                             nach dem Abschluss den Schritt in                                                                    mal, erste graue Haare zu haben», sagt
                                                             die Selbstständigkeit zu wagen, sagt                                                                 Schmid lachend. Jemanden von der ei-
Fotos: Beat Brechbühl, Texte: Yvonne Anliker, Simone Busch

                                                             die 25-Jährige. Schmid realisiert mit                                                                genen Arbeit zu überzeugen, gelinge
                                                             ihrer Firma Detailbox Designstrate-                                                                  ihrer Meinung nach nur mit konstant
                                                             gien für Unternehmen – je nach Pro-                                                                  hoher Qualität und Zuverlässigkeit.
                                                             jekt ist der Auftrag gekoppelt mit In-                                                               Ein gutes Netzwerk helfe ebenfalls.
                                                             novationsentwicklung und Marketing.                                                                      Jessica Schmid pflegt ihres unter
                                                                  Der Start ins Unternehmertum                                                                    anderem als Vorstandsmitglied im
                                                             war mit Herausforderungen gespickt.                                                                  Alumniverein der Hochschule Luzern.
                                                             «Ich musste viel Überzeugungsarbeit                                                                  «Ich tausche mich gerne mit anderen
                                                             leisten», so Schmid. Vielen Kunden sei                                                               Menschen aus und möchte mich stets
                                                             nicht bewusst, dass Design weitaus                                                                   weiterentwickeln», so Schmid. Und
                                                             mehr bedeute, als Produkte «gut aus-                                                                 weil der Wissensdurst noch längst
                                                             sehen» zu lassen, sondern auch Pro-                                                                  nicht gestillt ist, startet sie nun noch
                                                             zesse und Dienstleistungen so gestal-          Der Unternehmerin Jessica Schmid fiel der             mit einem Master-Studium in Busi-
                                                             tet werden können, dass sie effizienter,       Schritt in die Selbstständigkeit nicht schwer.        ness Administration. www.detailbox.ch

                                                                                                                                                                              Hochschule Luzern 3 | 2015 17
GRÜNDERGEIST

Die Teilzeit-
Unternehmerin
In einem der schönsten Südtäler
Graubündens, im Puschlav, eröffne-
ten Flurina Paravicini und ihr Mann
1986 in ihrem historischen Bündner-
haus aus dem 16. Jahrhundert eine
kleine Kunstgalerie namens «Galle-

«Im Grunde ist das Ganze
  eine grosse Passion.»
    Flurina Paravicini, Galeristin

ria Periferia». «Aus purer Liebe zur
Kunst», so die 53-Jährige. Sechs Jahre
später gründeten sie den gleichnami-
gen Verlag «Edizioni Periferia». «Wir
waren damals Exoten in diesem Be-
reich und mussten alles von Grund
auf lernen», erinnert sich Flurina
Paravicini. Inzwischen haben sie sich
mit ihrem Verlag einen Namen ge-
macht und bringen jährlich rund
15 Kunstbücher heraus.
     Hauptamtlich ist Flurina Paravi-           Die Kunstgalerie «Periferia» betreibt Flurina Paravicini aus Leidenschaft.
cini mit einem Teilzeitpensum als Do-
zentin an der Hochschule Luzern tätig und
leitet den Bereich Musik & Bewegung. Sie
sieht in beiden Aufgaben durchaus Paralle-
len. «Es geht um die Förderung von Men-
schen und ihrer Berufung.» Viel Freizeit
bleibe bei alldem nicht, so die zweifache                                                          Der Erfahrene
Mutter. «Mein Mann und ich befassen uns
jeden Tag nach unserer eigentlichen Arbeit           «Ich hatte kein Problem                       «Ich habe in meinen 27 Jahren als Un-
noch mit dem Verlag.» Gemeinsam organi-                  mit Autoritäten.                          ternehmer ordentlich geschuftet», sagt
sieren sie Ausstellungen, entdecken neue                Aber die mit mir.»                         Beat Bussmann. Das klingt nicht ar-
Künstler und knüpfen Kontakte zu mög-                     Beat Bussmann, Chef                      rogant, sondern überzeugt. Beat Buss-
lichen Partnern im Kulturbereich. So war              eines Softwareunternehmens                   mann, Chef der Softwarefirma Opacc in
das Finanzielle nie der Antrieb, sich selbst-                                                      Kriens, beschreibt seinen Führungsstil als
ständig zu machen, «die Künstler mit ih-                                                           «menschlich und fordernd». Damit hat er
rem Werk stehen im Vordergrund». Haupt-                                                            es geschafft, im umkämpften Markt der
sache, der Verlag und die Galerie decken                                                           Enterprise Software für ERP, E-Commerce
annähernd ihre Kosten. «Im Grunde ist                                                              und CRM zu bestehen.
das Ganze eine grosse Passion», sagt Flu-                                                               Opacc entstand 1988 und beschäf-
rina Paravicini. «Wertvoller als alle Einnah-                                                      tigt heute 120 Mitarbeitende. Bussmann,
men sind die reichhaltigen Begegnungen,                                                            verheiratet und zweifacher Familienva-
ob mit Künstlern oder dem Publikum.»                                                               ter, erinnert sich an eine Zeit, in der sich
www.periferia.ch                                                                                   die Technik radikal wandelte. Am Anfang

18 Hochschule Luzern 3 | 2015
GRÜNDERGEIST

                                                                                                              kann.» Dennoch ist klar: Angestellt zu       «STUcard» geboren, die Studierenden Ver-
                                                                Der Tausendsassa                              sein, ist für ihn keine Option mehr.         günstigungen gewährt. Er bietet mit der
                                                                                                                  Die Firmen, die Kurath gründet, rich-    Jim & Jim AG Marketing zur Gewinnung
                                                                Seine erste Firma gründete Sam Kurath,        ten sich an seine Altersgenossen und nut-    junger Kunden, lässt bei Crowdinvest.ch
                                                                als er im zweiten Jahr Betriebsökonomie       zen die Chancen der Digitalisierung: Er      GmbH Laien Aktien bewerten und for-
                                                                an der Hochschule Luzern studierte. Die       hat mit der Jaywalker GmbH die Idee der      dert mit Heinzelmännchen GmbH die
                                                                Firma existiert noch, aber vor kurzem hat                                                  Reinigungsbranche heraus. Das vernetzte
                                                                er das operative Geschäft an einen Ge-                                                     Denken und die Konsequenzen von An-
                                                                schäftsführer übergeben. «Das hätte ich                «Ein Göttisystem                    passungen, das hat er an der Hochschule
                                                                schon viel eher machen sollen», sagt er –                 wäre ideal.»                     Luzern gelernt. Der Businessplan für
                                                                und seiner Stimme ist die Erleichterung                Sam Kurath, mehrfacher              Jaywalker war 2006 seine Diplomarbeit.
                                                                deutlich anzuhören. Denn Sam Kurath                     Unternehmensgründer                Gefehlt aber hat ihm damals eine Initia-
                                                                weiss genau, was er kann – und was                                                             tive wie «Smart-up», die Studierende
                                                                nicht. Er sprudelt vor Ideen, kann sie                                                         mit der Wirtschaft zusammenbringt.
                                                                umsetzen, kann Menschen zusam-                                                                      Kurath geht noch weiter: Ein Göt-
                                                                menbringen und sie motivieren. Aber                                                            tisystem wäre ideal: Praktiker aus der
                                                                einen gesunden Betrieb am Laufen                                                               Wirtschaft geben Studierenden in fes-
                                                                halten, organisieren, wachsen lassen –                                                         tem Rhythmus Tipps und helfen bei
                                                                das können andere besser. Es tat ihm                                                           Problemen weiter. Kurath konnte da-
                                                                ein wenig weh, an seine Grenzen zu                                                             mals auf das Wissen seines Vaters zu-
                                                                stossen. Aber mit seiner Agilität und                                                          rückgreifen – und hat sehr davon pro-
                                                                seiner Abneigung gegen Hierarchien                                                             fitiert. Das nächste Projekt hat er auch
                                                                ist er in der Aufbauphase einer Firma                                                          schon im Kopf. Er will, frisch verhei-
                                                                stärker als in der Stabilisierungsphase.                                                       ratet, eine Familie gründen. Er wird
                                                                     Es war ohnehin nicht sein Plan,                                                           es auf Kurath’sche Art angehen: agil,
                                                                Geschäftsführer zu werden. «Wenn                                                               ein wenig chaotisch und zielstrebig.
                                                                man eine Firma gründet, wird man                                                                    Und er wird sein grosses Netzwerk
                                                                das ja automatisch», sagt der 34-Jäh-         Sam Kurath hat viele Ideen. Mit 34 Jahren        aktivieren, um zur richtigen Zeit die
                                                                rige, «da fragt keiner, ob man das            hat er bereits vier Unternehmen gegründet.       richtige Unterstützung zu bekommen.

                                                                                                                  musste er die Zukunftsaussichten der     es ja auch. Bussmann wusste schon als
                                                                                                                  Personal Computer beurteilen, heute      Jugendlicher, dass er selbstständig wer-
                                                                                                                  bringt er seine ERP-Software mit         den wollte. Nach Banklehre, Betriebswirt-
                                                                                                                  Webshops und Cloudlösungen zu-           schaftsstudium an der Hochschule Luzern
Fotos: Beat Brechbühl, Texte: Simone Busch, Valer ia Heintges

                                                                                                                  sammen. Bei alldem habe ihm immer        und zwei Jahren in einem Beratungsun-
                                                                                                                  geholfen, zu wissen, «welche Schwie-     ternehmen war die Sache klar. «Ich hatte
                                                                                                                  rigkeiten und Chancen die Kunden         keine Schwierigkeit mit Autoritäten», sagt
                                                                                                                  haben».                                  er, «aber die mit mir.»
                                                                                                                      Das ging und geht nur mit her-            Jetzt muss Bussmann langsam eine
                                                                                                                  vorragenden Entwicklern. Bussmann        Antwort auf die Frage finden, wie und
                                                                                                                  spricht sogar von «begnadeten Mit-       wann er die Verantwortung wieder abge-
                                                                                                                  arbeitenden». Wo aber findet er die?     ben will. Er will eine Lösung, die für Mit-
                                                                                                                  «Bei uns vor der Tür, in der Zent-       arbeitende und Kunden stimmt, «nicht für
                                                                Beat Bussmann kennt die Softwarebranche           ralschweiz», antwortet der 57-Jäh-       mich selbst». Und was rät er dem Nach-
                                                                und die Herausforderungen für seine Kunden.       rige. «Wir wollen die, die nicht nach    wuchs mit Blick auf seine Unternehmer-
                                                                                                                  Zürich abwandern und eine Heraus-        karriere? «Besser ist es, eine durchschnitt-
                                                                                                              forderung suchen. Denn sie wollen etwas      liche Idee sehr gut umsetzen als eine sehr
                                                                                                              bewegen», sagt der CEO – er selbst will      gute Idee durchschnittlich umsetzen.»

                                                                                                                                                                          Hochschule Luzern 3 | 2015 19
GRÜNDERGEIST

                                               Diese «nachhaltige» Kamera entstand
                                                 im FabLab der Hochschule Luzern.

                    Die stärkste Marke
                   heisst hier «Eigenbau»
               Selber machen heisst die Devise im FabLab der Hochschule Luzern – Technik &
                      Architektur. Menschen mit Ideen und Umsetzungsdrang können
                 dort mit hochmodernen Geräten fast alles produzieren. Für Tüftler ist diese
                       Werkstätte auch ein Ort des Austauschs und der Inspiration.

        Die Tür zum FabLab auf dem           zwei Lautsprechergehäuse, aus denen         treffen», sagt er. «Mit den Maschinen, die
Campus Horw steht offen. Das Geräusch        eigenartige Geräusche dringen, und ein      mir hier zur Verfügung stehen, kann ich
einer Fräsmaschine dringt nach draus-        grosser Faustkeil aus Acrylglas.            sehr viel selber machen, ohne dafür tief
sen. Tritt man durch die Tür, wird es erst       An der Fräsmaschine im hinteren Teil    in die Tasche greifen zu müssen.» Sind die
mal bunt. Auf einem Tisch liegen Gegen-      des Labors steht Simon Marfurt. Der Werk-   3-D-Drucker mittlerweile zu erschwing-
stände, die im FabLab hergestellt wurden:    lehrer und Künstler arbeitet an einer Ku-   lichen Preisen zu haben, sind CNC-Fräs-
orange Lampenschirme, blaue Armbän-          gelbahn, die als Wandbild aufgehängt wer-   maschinen und Lasercutter für den Pri-
der und verschiedenfarbige, gefässartige     den kann. Ein privates Projekt, das er im   vatgebrauch zu teuer. Die Benützung der
Objekte. Irgendwo dazwischen stehen          FabLab umsetzt. «Ich bin oft hier anzu-     Maschinen im FabLab wird stündlich abge-

20 Hochschule Luzern 3 | 2015
GRÜNDERGEIST

                                          rechnet, der 3-D-Drucker kostet                                                                            was herzustellen. Nach gut einer
                                          fünf Franken pro Stunde, Fräsma-                                                                           Stunde Einführung seien selbst
                                          schine und Lasercutter je 20 Fran-                                                                         Schulkinder in der Lage, die Ma-
                                          ken. Am Mittwoch ist die Benüt-                                                                            schinen mit Daten zu füttern und
                                          zung jeweils gratis.                                                                                       einen Gegenstand zu produzie-
                                              Ins FabLab kommen Leute                                                                                ren. Viel genutzt wird das FabLab
                                          aller Altersgruppen, von der                                                                               laut Obrist von Architekturstu-
                                          Schülerin bis zum Pensionär.                                                                               dierenden, die Modelle anferti-
                                          Sei es, um einen neuen Griff für                                                                           gen. Doch auch die Abteilung
                                          den Wasserhahn zu produzieren,                                                                             Maschinenbau stellte schon Teile
                                          weil der alte kaputt ist, oder um                                                                          für Roboter im FabLab her. Und
                                          etwas herzustellen, das es vor-                                                                            natürlich suchen auch externe
                                          her noch nicht gab. Die Werk-                                                                              Besucher wie Simon Marfurt, die
                                          stätte in Luzern gehört zur Fab-                                                                           eine Idee umsetzen wollen, die
                                          Lab-Bewegung, einem globalen                                                                               Werkstätte auf. «Ein Hobbymu-
                                          Netzwerk, das Erfindungen för-                                                                             siker hat bei uns beispielsweise
                                          dert, indem es Werkzeuge für                                                                               mit dem Laser lederne Gurte für
                                          eine digitale Fertigung zugäng-                                                                            seine Gitarre zugeschnitten und
                                          lich macht. Eine Charta legt die                                                                           graviert», erzählt Obrist. Simon
                                          Regeln fest. So müssen sich die                                                                            Marfurt freut sich über diese Viel-
                                          Nutzer beispielsweise gegensei-              Der Werklehrer und Künstler Simon Marfurt ist oft             falt an Ideen, auf die er im FabLab
                                          tig Zugang zu ihren Ideen und                    im FabLab, um seine Ideen umzusetzen.                     trifft: «Ich schätze es sehr, dass ich
                                          Produkten gewähren. Kommer-                                                                                hier mit anderen Menschen in
                                          zielle Aktivitäten darf man wohl                                                                           Kontakt komme, die selber etwas
                                          im FabLab starten, eine «Massenproduk-        gerät. Zudem ist das Gehäuse so gestaltet,         herstellen wollen. Durch den Austausch
                                          tion» ist aber nicht erlaubt, weil die Ma-    dass die Blende manuell eingestellt wer-           erhalte ich neue Inputs für meine nächste
                                          schinen sonst zu lange besetzt wären.         den kann – eine wichtige Funktion für              Eigenproduktion.»           Daniel von Känel
                                                                                        einen ambitionierten Fotografen.
                                          Das zweite Leben der Einwegkamera
                                          Marfurt wendet sich von der Fräsma-           Nach einer Stunde die Technik im
                                          schine ab, die er eben für weitere Kugel-     Griff FabLab-Manager Chris Obrist                       FabLab on Tour
                                          bahnelemente programmiert hat, und            holt ein USB-Ladegerät mit Solarzellen                  Das FabLab Luzern plant, künftig
                                          erzählt von seinem letzten Projekt. «Ich      für Mobiltelefone und Tablets hervor, das               mit einer mobilen Werkstatt
                                          habe mir überlegt, wie man das Innen-                                                                 auf Tour zu gehen. Mit einem Bus,
                                          leben der Einwegkameras weiter nutzen                                                                 ausgestattet mit den FabLab-
                                                                                        «Die Maschinen sind einfach
                                          könnte», erklärt der Fotografie-Enthusi-                                                              typischen Geräten, besucht es ver-
                                                                                         zu bedienen – Schulkinder
                                          ast. «Ich wollte ein Gehäuse kreieren, bei                                                            schiedene Orte in der Deutsch­-
                                          dem man den Film wechseln kann.» Die
                                                                                        können mit ihnen arbeiten.»                             schweiz. Damit will das Labor die
                                                                                              Chris Obrist, FabLab-Manager
                                          Idee der Kamera «Marke Eigenbau» war                                                                  Möglichkeiten der digitalen Pro­
                                          geboren. Mittlerweile ist der Prototyp ge-                                                            duktion vorstellen und der Öffent-
                                          baut, das Gehäuse hat Marfurt mit dem         er vor Ort produziert hat. «Der Bauplan                 lichkeit den Eigenbaugedanken
                                          Lasercutter aus einer Holzfaserplatte ge-     stammt aus dem Internet, das Lademodul                  des FabLabs vermitteln. Der Tour-
Fotos: Simon Marfur t, Daniel von Känel

                                          fertigt. Und: Seine Kamera funktioniert.      kann man dort ebenfalls bestellen», sagt er.            Start wird auf www.fablab-luzern.ch
                                          «Weil der Film manuell weitergespult wer-     Die Gehäuseteile habe er selber konstru-                angekündigt.
                                          den muss, eignet sie sich beim jetzigen       iert und mit dem Lasercutter ausgeschnit-
                                          Entwicklungsstand vor allem für expe-         ten, die Solarzellen über ein Elektrofach-
                                          rimentelle Fotografie», sagt er lachend.      geschäft bezogen. «Für einen Workshop,                          Gitarrengurte, Plastiktiere,
                                          Man müsse erahnen, wann das nächste           beispielsweise mit einer Schulklasse, eig-                      Lampenschirme …
                                          Negativ ungefähr in der richtigen Position    net sich der Bau eines solchen Geräts sehr                      Neugierig, was im FabLab
                                          sei. Marfurts Gehäuse verfügt sogar über      gut», so Obrist. Es sei generell ziemlich ein-                  schon entstanden ist?
                                          einen «Blitzschuh» für ein externes Blitz-    fach, mit den Maschinen im FabLab et-                           www.hslu.ch/mz2001

                                                                                                                                                            Hochschule Luzern 3 | 2015 21
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