Hamburg macht Schule Sprachsensibler Fachunterricht Heft 3/2017 2 9. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de

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Hamburg macht Schule Sprachsensibler Fachunterricht Heft 3/2017 2 9. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de
Hamburg macht Schule
Heft 3/2017 • 2 9. Jahrgang • Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte

Sprachsensibler Fachunterricht
BSB Info: Umgang mit Radikalisierung | Experimentieren im Schülerforschungszentrum

      PÄDAGOGISCHE
           BEITRÄGE
    VERLAG
Hamburg macht Schule Sprachsensibler Fachunterricht Heft 3/2017 2 9. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de
HAMBURGER LEHRER-FEUERKASSE
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                                                                                                               Dokumentation · Organisation · Rechtssicherheit

                                                                                                                        Lehrerkalender
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                                                                                                                  klassen- und schülerweise
                                                                                                                    Schülerbeobachtungen
                                                                                                                     Gemeinsames Lernen
                                                                                                               Förderpläne und Dokumentationen
                                                                                                                        Elterngespräche
                                                                                                                         Aufgabenhefte
                                                                                                                        Offener Ganztag

                           Erlebnis
                                                                                                                  www.schulorganisation.com

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Hamburg macht Schule Sprachsensibler Fachunterricht Heft 3/2017 2 9. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de
Editorial

           Liebe Leserin, lieber Leser,

           die Förderung basaler Lese- und Schreibkompetenzen ist ein zentrales Thema schulischen Lernens. Spra-
           che als Lernmedium und als Lerngegenstand erfordert einen sprachsensiblen Fachunterricht. Dabei wird
           deutlich, dass die sprachliche Förderung nicht nur dem Deutschunterricht überantwortet wird, vielmehr
           sind alle Fächer daran beteiligt. »Der inhaltliche Lernpfad muss bewusst durch einen parallel verlaufenden
           sprachlichen Lernpfad ergänzt werden«, so lautet das Fazit von Christine Roggatz in ihrem Basisartikel (S. 9).
           Die Beiträge aus den Schulen zeigen, dass Schülerinnen und Schüler vielfach durchaus ein Problembe-
           wusstsein ihrer eigenen, zum Teil gebrochenen Sprachentwicklung haben. Wenn sie in der Schule die Er-
           fahrung machen, dass sie selbst ihre Lese- und Schreibkompetenz beeinflussen und weiterentwickeln
           können, entsteht auch die Motivation für das fachliche Lernen. Dazu bedarf es der Ermutigung und nicht
           der Hervorhebung von Defiziten. Es bedarf insbesondere einer qualifizierten Rückmeldung zu Lernent-
           wicklungen. Instrumente der Beobachtung von Lernentwicklungen, mit denen Lernfortschritte in komple-
           xen Arrangements sichtbar gemacht werden können, werden seit vielen Jahren in den Schulen genutzt.
           Die Wirksamkeit von sprachlichen Fördermaßnahmen wurde bereits mit Instrumenten aus der Hambur-
           ger Lernausgangslagenuntersuchung (LAU) erforscht, danach gab es Weiterentwicklungen wie KESS und
           heute zeigt KERMIT (S. 42) Wege der Förderung auf. Der Ansatz einer durchgängigen Förderung basaler
           sprachlich-methodischer Kompetenzen ist nach derzeitigem Erkenntnisstand der zentrale Baustein für Be-
           rufseinstieg, Berufsfähigkeit, Studierfähigkeit und gesellschaftliche Teilhabe. Ohne Sprache gibt es keine
           Verständigung in Schule und Gesellschaft. Deshalb sollte gerade im sprachsensiblen Fachunterricht sozi-
           ales und fachliches Lernen miteinander verbunden werden.
           Verschiedene Möglichkeiten für den Einsatz von Sprachförderung im Unterricht werden in dieser Ausgabe
           von HMS vorgestellt: a) über mathematische Probleme sprechen lernen, b) mit gemeinsamen Lesekonfe-
           renzen und individuellen Lesehilfen im Unterricht arbeiten, c) gemeinsam den sprachsensiblen Unterricht
           planen, d) Texte produzieren und ein systematisches Training für das Argumentieren nutzen und e) die
           Drehbuchmethode in den Naturwissenschaften einsetzen. Diese und weitere Varianten zielen alle auf die
           durchgängige Förderung der Sprache als Lernmedium und als Lerngegenstand.
           Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund nimmt weiter zu, deshalb wird dem
           Thema Sprachförderung und Migration zu Recht ein hoher Stellenwert eingeräumt. Die aktuellen schulpo-
           litischen Forderungen rücken dabei die Vergleichbarkeit von Leistungen der Schülerinnen und Schüler in
           den Vordergrund, zugleich sollen die Prozesse des Lehrens und Lernens zunehmend individualisiert werden.
                                Die hier vorgestellten Konzepte zeigen, dass auch unter schwierigen schulischen Be-
                                dingungen und zum Teil gegensätzlichen Anforderungen die sprachliche Förderung
                                der Schülerinnen und Schüler mit Erfolg umgesetzt werden kann.
                                 Weitere Themen in diesem Heft sind das Kooperationsprojekt Schülerforschungs-
                                 zentrum, 10 Jahre Tanzprojekt »STEP by STEP« , die ZSU-Messe 2017 und die Vor-
                                 lage des zweiten Bandes der »Täterprofile« von Peter de Lorent (S. 36 ff.). Bilderge-
                                 schichten und der Familientag runden die Vielfalt der Themen ab.
                                 		           Einen guten Einstieg in den Herbst
                                 		           wünscht Ihnen

                                                                         Prof. Dr. Josef Keuffer
                                                                   Hamburg, im September 2017

Hamburg macht Schule 3|2017
                                                                                                                             3
Inhalt

    Sprachsensibler Fachunterricht
    Moderation: Christine Roggatz

    6    Sprache: Lernmedium und Lerngegenstand …
            … aber auch: Lernvoraussetzung oder Lernhürde

    10 Über mathematische Probleme sprechen lernen
             Fachbegriffe und Satzmuster üben und anwenden

    12 Gemeinsame Lesekonferenzen und individuelle Lesehilfen
             In drei Schritten das Textverständnis verbessern

    14 Sprachsensibles Material entwickeln
             Über den sprachlichen Ausdruck die inhaltlichen Ergebnisse verbessern

    16 Sprache als Thema von Unter­richts- und Schulentwicklung
             Projekte gemeinsam sprachsensibel gestalten

    18 Schreibkompetenz vermitteln
             Wort – Stichwort – Satz – Text

    20 Das Argumentieren systematisch trainieren
             In sechs Schritten von der eigenen Meinung zur begründeten Argumentation

    22 Prozessbeschreibungen in den Naturwissenschaften unterstützen
             Fachtexte mit Hilfe der Drehbuchmethode anschaulich und erlebbar machen

    24 Fachtexte sprachlich entlasten und
       Lernende zum Sprechen bringen
             Wie Dictogloss, Wimmelkarten und FleMo inhaltliches Verstehen
             und fachliches Sprechen unterstützen können

4                                                                                       Hamburg macht Schule 3|2017
Inhalt

                                                                                       3/17
                                                                                       29. Jahrgang

   BSB-Info
   Verantwortlich: Andreas Kuschnereit

   Radikalisierungen und                         Programmieren für Kinder              Herausgeber:
                                                                                       Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB),
   Islamfeindlichkeit –                          und Jugendliche auf der               Prof. Dr. Josef Keuffer, Direktor des Lan-
                                                                                       desinstituts für Lehrerbildung und Schul­
   Angebote zur Prävention                  26   »Code Week«                      39   entwicklung
                                                                                       Felix-Dahn-Straße 3, 20357 Hamburg
                                                 Aktionsprogramm in Hamburg
   Die ›Guten Geister‹ der                                                             josef.keuffer@li-hamburg.de

                                                 vom 7. – 22. Oktober                  Verlag:
   Grundschule Arnkielstraße                29                                         Pädagogische Beiträge Verlag GmbH,
                                                                                       Rothenbaumchaussee 11, Curiohaus,
   Good Practice – kleine und große
                                                 Bildergeschichten als Impulse         20148 Hamburg, Tel.: (040) 45 45 95
   Fundstücke aus dem Alltag der                                                       info@paedagogische-beitraege-verlag.de

   Schulinspektion – Teil 10                     zur Analyse sprachlicher              Geschäftsführung: Katrin Wolter

                                                 Kompetenzen junger Kinder 40          Verlagsredaktion und -gestaltung:
                                                                                       Dr. Mathias Prange

   Ist das ein Schaf                                                                   Redaktion:
                                                                                       Prof. Dr. Johannes Bastian (verantwortlich),
   oder ein Schwein?                        30   KERMIT unterstützt                    Dr. Andrea Albers, Jan-Hendrik Hinzke, Beate
                                                                                       Proll, Christine Roggatz
   Mehr als 2 000 Besucher informierten          den Rechtschreibunterricht       42   Rothenbaumchaussee 11, 20148 Hamburg
   sich auf der ZSU-Messe 2017                                                         Redaktion für Bildungspolitisches Forum
                                                 Tagungen und öffentliche              und BSB-Info:
                                                                                       Karen Krienke, Andreas Kuschnereit,

   10 Jahre Tanzprojekt                          Veranstaltungen des                   Behörde für Schule und Berufsbildung,
                                                                                       Hamburger Straße 125 a, 22083 Hamburg
   »STEP by STEP«                           32   Landesinstituts                  44   Tel.: (040) 4 28 63 35 49, Fax: –4 27 96 84 33
                                                                                       karen.krienke@bsb.hamburg.de
                                                 November bis Dezember 2017
    Klebstoff aus Pflanzen                                                             Druck: Hartung Druck+Medien GmbH,
                                                                                       Asbrookdamm 38, 22115 Hamburg
    und Roboter, die tanzen?                34                                         info@hartung-online.de

   Forschen, Experimentieren und Erfinden
                                                 14. Hamburger Familientag        45   www.hartung-online.de
                                                                                       Anzeigen: Gabriele Henning
                                                 Unterhaltung und Informationen
   als Freizeitbeschäftigung im Schüler-                                               BSB – Hamburg macht Schule

   forschungszentrum                             für die ganze Familie                 Hamburger Str. 31, 22083 Hamburg
                                                                                       Tel.: (040) 4 28 63–27 62
                                                                                       gabriele.henning@bsb.hamburg.de

   Wie Lehrer, Schulleiter und                   Marktplätze 2017                 46   Erscheinungsweise: 4-mal pro Jahr
                                                                                       Auflage: 15 000

   Verwaltungsbeamte in der                      Personalien                      50
                                                                                       Bilder: W. van Woensel: S. 4, Titel
                                                                                       Alle weiteren Fotografien wurden uns von
   NS-Zeit zu Tätern wurden                 36                                         den Autorinnen und Autoren zur Verfügung
                                                                                       gestellt.
   Zweiter Band der »Täterprofile«               Hamburg macht Schule             50   Bezug: Hamburger Lehrkräfte und Eltern-
   von Hans-Peter de Lorent                      Schwerpunktthemen 2007 – 2017         räte erhalten HAMBURG MACHT SCHULE
                                                                                       kostenlos über die BSB. HAMBURG MACHT
                                                                                       SCHULE kann auch beim Verlag abonniert
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                                                                                       Hamburg macht Schule im Internet:
                                                                                       www.hamburg.de/bsb/hamburg-macht-schule
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                                                                                       Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit
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                                                                                       ISSN 0935-9850

Hamburg macht Schule 3|2017
                                                                                                                                   5
Thema

             Sprache: Lernmedium
Einführung

             und Lerngegenstand …
             … aber auch: Lernvoraussetzung oder Lernhürde

             Der Fachunterricht stellt hohe sprachliche Anforderungen an
             die Schülerinnen und Schüler, da sie viele Sprachen verste-
             hen, sprechen und schreiben sollen: Alltags-, Bildungs- und
             Fachsprache. Vor allem die Bildungssprache ist wesentliches
             Lernmedium und zugleich Lernvoraussetzung. Um nicht zum
             Lernhindernis zu werden, sollte sie auch im Fachunterricht
             gezielt zum Lerngegenstand gemacht werden. Was bedeutet
             das?

             Sprache spielt in allen schulischen Lern-         a)                            b)                            c)
             feldern und Fächern eine zentrale Rolle –
             als gesprochene Sprache, als denkende
             Sprache und als geschriebene Sprache.
             Diese Sprachformen sind der Schlüssel
             zu schulischer Bildung und gelten als eine
             Schlüsselkompetenz für den beruflichen
             Erfolg. Um alle Schülerinnen und Schüler
             in ihrer Sprachentwicklung zu unterstüt-
             zen, gibt es an den Hamburger Schulen
             Sprachlernberaterinnen und Sprachlern-
             berater sowie Konzepte durchgängiger
             Sprachbildung. Und dennoch führt die
             oft nicht hinreichende Sprachkompetenz
             vieler Schülerinnen und Schüler im Fa-
             chunterricht zu Problemen. Es geht hier      Abb. 1: Beschreiben und vergleichen Sie die drei Abbildungen in einer Fremdsprache Ihrer Wahl
             bei weitem nicht nur um die Schwierig-
             keiten von Kindern mit anderen Mutter-
             sprachen, auch wenn diese eine relevante     mit einer sensibilisierenden Übung. Trotz          • Point of intersection
             Gruppe darstellen. Bundesweit sind dies      des theoretischen Wissens, dass eine               • axis of symmetry
             ca. 30 % aller Kinder, in Großstädten wie    sprachbewusste Unterrichtsgestaltung               • circle
             Hamburg oder Berlin ca. 60 % der Erst-       wichtig für den Lernerfolg ist, führt oft          • diameter
             klässler. Auch Schülerinnen und Schü-        erst die Erfahrung der »Sprachbehinde-             • radius
             ler, die mit Deutsch als Erstsprache auf-    rung« im Selbstversuch dazu, die Schwie-           Welche Erfahrungen machen Sie da-
             wachsen, verfügen oft nicht über die not-    rigkeiten zu »sehen« und sich vorzuneh-            bei? Was fällt Ihnen leicht, wo gibt es
             wendigen Sprachregister, um die Lehre-       men, den eigenen Unterricht zukünftig              Schwierigkeiten? In der Regel kann man
             rin bzw. den Lehrer sowie die benutzten      bewusst sprachsensibler zu gestalten.              die Rückmeldungen den folgenden fünf
             Lehrwerke hinreichend zu verstehen und       Deshalb lade ich Sie auch hier zu einem            Bereichen zuordnen (vgl. hierzu auch Pre-
             sich selbst angemessen auszudrücken.         kleinen Experiment ein: Beschreiben und            diger 2016):
                                                          vergleichen Sie die drei Abbildungen in              »Es ist erstaunlich schwierig, obwohl ich
             Ein Selbstversuch                            einer Fremdsprache Ihrer Wahl (Abb. 1).            dachte, dass ich in dieser Fremdsprache
             Viele Fortbildungen zum Thema Sprach-           Wird die Aufgabe mit folgenden Voka-            ganz gut bin.« – Meist wird die Fremd-
             förderung im Fachunterricht beginnen         beln für Sie leichter?                             sprache als Alltagssprache gut be-

   6                                                                                                                            Hamburg macht Schule 3|2017
Sprachsensibler Fachunterricht

                                                                                                                                              Einführung
herrscht, nicht aber auf der fachlichen
                                                         alltagssprachlich typisch                     bildungssprachlich typisch
Ebene.
   »Ich habe viel gezeigt und mit Verweisen      • konzeptionell mündlich                       • konzeptionell schriftlich
wie »here« oder »this« gearbeitet.« – Oft        • situativ und kontextgebunden, viele          • kontextreduziert oder dekontextuali-
fehlen Voraussetzungen für komplexe-               unmittelbare Verweise (hier, das da, …)        siert, abstrakt, expliziter formuliert
re Satzkonstruktionen. So werden Pas-
sivsätze in der Alltagssprache wenig be-         • flexibler Wortgebrauch                       • präziser Wortgebrauch
nutzt, sind aber für allgemeine Beschrei-        • unvollständige und einfache Sätze            • vollständige und komplexe Sätze (kom-
bungen und Erklärungen notwendig.                                                                 plexe Attribute, Konjunktiv, verkürzte
   »Zunächst habe ich nur Linien und Kreise                                                       Nebensätze …)
gesehen, die Vokabelliste hat mich erst auf      • Wiederholungen, Gedankensprünge              • wenig Wiederholungen, kontinuierli-
die mathematische Dimension der Symme-                                                            cher Aufbau
trie gebracht.« – Sprache hat auch eine
                                                 • persönliche, aktive Formen                   • unpersönliche Formen, passiv (man, es
kognitive Funktion, sie macht Dinge
                                                                                                  lässt sich, Nominalisierungen)
sichtbar.
   »Ich habe gar nicht erst versucht in der     Abb. 2: Gegenüberstellung Alltagssprache – Bildungssprache
Fremdsprache zu denken, sondern meine           (nach Meyer/Prediger 2012, Leisen 2016, S. 54 f.)
Ideen übersetzt.« – Es ist normal, die am
besten verfügbare Sprache zum Denken
zu nutzen und diese dann für die Kom-           tert werden. Die Bildungssprache ist die         bunden, sie können beide sowohl münd-
munikation zu übersetzen.                       Sprache der Schulbücher und der fach-            lich als auch schriftlich genutzt werden.
   »Ich war sehr erleichtert, als ich die Vo-   lichen Erklärungen und damit Lernme-             Daher wird im deutschsprachigen Raum
kabelliste gesehen habe, aber ich konn-         dium. Gleichzeitig wird sie auf der Ebe-         oft auch von konzeptioneller Mündlich-
te trotzdem nicht die Sätze bilden, die ich     ne der Sprachproduktion von den Schü-            keit und konzeptioneller Schriftlichkeit
im Kopf hatte.« – Isolierte Vokabeln und        lerinnen und Schüler in Unterrichtsge-           gesprochen (vgl. Quel et al. 2013). Ent-
Fachbegriffe helfen ohne passende Ver-          sprächen oder Prüfungen erwartet und             scheidend für ihre jeweilige Verwendung
ben, Beziehungswörter und Satzbaustei-          ist damit auch Lerngegenstand.                   sind die zeitliche und räumliche Entfer-
ne nicht beim Formulieren, denn wer weiß           Im Kontrast dazu steht das sogenann-          nung zur Situation, die sich auf die Wahl
schon, dass es »symmetrical about an            te alltagssprachliche Register, welches im       der sprachlichen Mittel, die Komplexi-
axis« heißt, wenn man »symmetrisch zu           Spracherwerb zuerst gelernt wird. Auch           tät der Sätze und den Abstraktions-
einer Achse« sagen will?                        Deutschlerner erwerben diese Sprache             grad auswirken – sofern der Sprecher
                                                zunächst. Alltagssprache ermöglicht es,          über ein breites Spektrum an sprachli-
Alltagssprache – Bildungssprache                persönliche Beziehungen zu pflegen und           chen Mitteln aus den unterschiedlichen
Der Versuch macht deutlich, dass                im Hier und Jetzt den Alltag zu gestal-          Registern verfügt. An den sprachlichen
sprachliche Schwierigkeiten nicht durch         ten. Sie ist kontextgebunden und kann            Schritten des folgenden Beispiels lässt
das Üben einzelner Fachbegriffe beho-           auf Gegenstände oder Personen ver-               sich das Kontinuum von der situativen
ben werden können. Für Sprachhandlun-           weisen, ohne sie benennen zu müssen.             Alltagssprache zur kontextreduzier-
gen wie Beschreiben, Erklären, Analysie-        Wörter haben oft eine flexible Bedeu-            ten Bildungssprache gut nachvollzie-
ren, Vergleichen, Begründen etc. sind be-       tung und Sätze können einfach konstru-           hen (vgl. Gibbons 2002, S. 3 f., zit. nach
sondere sprachliche Formate und gram-           iert oder auch unvollständig sein, ohne          Quel et al. 2013, S. 17):
matische Konstruktionen erforderlich,           dass der Inhalt unverständlich wird. Die         1. Ein Kind sagt beim Experimentieren in
die im Alltag oft nicht notwendig sind.         Akteure werden genannt und es über-                 der Kleingruppe und zeigt dabei auf
Zusammengefasst werden diese komple-            wiegen aktive Formen und persönliche                Stecknadeln: »Guck, der bewegt sie.
xen Sprachhandlungen unter dem Begriff          Formulierungen. Dies sind Merkmale ei-              Die da sind nicht hängengeblieben.«
Bildungssprache. Die in geschriebener,          ner sogenannten konzeptionellen Münd-            2. Dasselbe Kind berichtet der Lehre-
aber auch in mündlicher Form vorliegen-         lichkeit, auch wenn die Sprachprodukti-             rin: »Wir haben herausgefunden, die
de Bildungssprache hat Merkmale einer           on schriftlich sein kann wie z. B. in Erleb-        Stecknadeln bleiben an dem Magne-
konzeptionellen Schriftlichkeit wie Pas-        nisberichten oder Textnachrichten (vgl.             ten hängen.«
sivkonstruktionen, Substantivierungen,          dazu u. a. Morek/Heller 2012; Brandt/Go-         3. Das Kind schreibt in einer Versuchs-
präzise Wortbedeutungen und komple-             golin 2016, S. 6 ff.).                              beschreibung: »Unser Experiment
xe Satzgefüge (vgl. Abb. 2). Mit ihr kön-                                                           zeigt, dass Magnete einige Metalle
nen besonders gut allgemeine Zusam-             Sprache im Kontinuum                                anziehen.«
menhänge, abstrakte Prozesse und kom-           zwischen Nähe und Distanz                        4. Aus einem Kinderlexikon: »Magneti-
plexe Sachverhalte personen- und kon-           Bildungssprache und Alltagssprache                  sche Anziehung tritt nur zwischen ei-
textunabhängig dargestellt und erläu-           sind an kein bestimmtes Medium ge-                  senhaltigen Metallen auf.«

Hamburg macht Schule 3|2017
                                                                                                                                                7
Thema
Einführung

                                         Alltagssprache                          Bildungssprache         		 Fachsprache
              Sprachlich                  Lernvoraussetzung                                                                 Lerngegenstand
              Starke

              Sprachlich                  Lernvoraussetzung                   Lerngegenstand
              Schwache

             Abb. 3: Sprache als Lernvoraussetzung und Lerngegenstand
             (verändert nach Prediger 2016)

             Deutlich erkennbar ist, wie aus der situ-       halten zusätzlich entscheidende Infor-      kommunikative Funktion von Sprache.
             ativen Formulierung einer Beobachtung           mationen (vgl. a. a. O.).                   Diese umfasst die Kompetenz, Spra-
             die abstrakte Beschreibung einer allge-                                                     che angemessen zu verstehen und sich
             meingültigen Gesetzmäßigkeit wird. Im           Lernvoraussetzung                           sprachlich richtig auszudrücken, sei es
             ersten Text ist es noch unnötig, alle Ge-       und Lernhürde                               im Gespräch, bei Präsentationen, bei
             genstände genau zu benennen, da alle            Diesen Weg von der Sprache der Nähe         Klausuren oder bei Textaufgaben. Wer
             Beteiligten den gleichen Kontext teilen         zu einer Sprache der Distanz müssen         sprachlich schwach ist, kann anderen im
             und Gegenstände gezeigt werden kön-             auch die Schülerinnen und Schüler in ih-    Gespräch nicht folgen und seine eigenen
             nen. Für den zweiten Text, fehlt diese          rer Sprachentwicklung zurücklegen. Stu-     Vorstellungen und fachlichen Kompeten-
             gemeinsame Verständigungsgrundla-               dien zeigen, dass Kinder aus Einwande-      zen nicht richtig zeigen. Es geht darüber
             ge. Die Bedeutung der Pronomen der,             rungsfamilien und aus sozial benachtei-     hinaus aber auch um die kognitive Funkti-
             sie und die aus dem ersten Satz müs-            ligten Familien zu Hause überwiegend die    on von Sprache: Wer sprachlich schwach
             sen nun explizit benannt werden. Auch           Alltagssprache erwerben und nur weni-       ist, kann Kompetenzen und fachliche
             wird aufgrund der Distanz zum Experi-           ge Elemente der Bildungssprache. Letz-      Vorstellungen in den Verstehenspha-
             ment die Beobachtung durch »Wir ha-             tere ist aber zentrales Unterrichtsmedi-    sen nicht angemessen entwickeln. Be-
             ben herausgefunden …« eingeleitet und           um, in den mündlichen Erklärungen der       reits der Verstehensprozess selbst ist
             eine Nebensatzkonstruktion genutzt. Im          Lehrerinnen und Lehrer, in den Büchern      deutlich erschwert und dies führt zu ei-
             dritten Text fehlt nun der direkte Dia-         und auch Ziel der geforderten eigenen       ner wachsenden Ungleichheit bezogen
             logpartner und auch die räumliche und           Sprachproduktionen. Die Schwierigkei-       auf den schulischen Erfolg (vgl. Prediger
             zeitliche Distanz zum Versuch sind grö-         ten liegen hierbei – wie im Experiment      2016, S. 18).
             ßer, so dass die Formulierung weiter in         dargestellt – nicht nur auf der (Fach-)        Für unsere sprachlich schwachen
             Richtung Schriftlichkeit einzuordnen ist.       Wortebene, sondern vor allem auf Satz-      Schülerinnen und Schüler sind daher
             Der Text wird unpersönlicher, das Expe-         und Textebene. Es überwiegen die text-      neben den fachlichen Inhalten und der
             riment selbst wird – für Fachtexte cha-         linguistischen Hürden. Ergänzt werden       Fachsprache auch die Bildungssprache
             rakteristisch – als Subjekt des Satzes          die Alltags- und die Bildungssprache da-    als Unterrichtssprache ein notwendiger
             zum Akteur, während die im Versuch              bei noch von den jeweiligen Fachspra-       Lerngegenstand, um schulisch erfolg-
             handelnden Kinder lediglich im Posses-          chen, die aufbauend auf die Bildungs-       reich sein zu können (vgl. Abb. 3). Die
             sivpronomen Unser vorkommen. Auch               sprache zusätzlich spezifische Fachbe-      Sprache ist somit zugleich Lernmedium
             wird mit Metalle und anziehen Fachvo-           griffe und charakteristische Formulie-      wie auch Lerngegenstand und fehlende
             kabular genutzt und der Inhalt gleich-          rungen und Satzkonstruktionen nutzen.       sprachliche Kompetenz wird damit für
             zeitig differenziert und verallgemei-           Eine weitere Schwierigkeit für Schülerin-   viele unserer Lernenden zur Lernhürde.
             nert. Dies geschieht durch das Weg-             nen und Schüler ist, dass Begriffe im je-   Dieser »Dreiklang« gilt für alle Fächer.
             lassen des Pluralartikels (Mag­nete) und        weiligen Fach eine exakt definierte Be-        Hier stellt sich die Frage, wie das
             die Verwendung des Oberbegriffs Me-             deutung haben, die sich von der Bedeu-      sprachliche Lernen unserer Schülerin-
             talle bei gleichzeitiger Einschränkung          tung in anderen Fächern oder der All-       nen und Schüler in unserem jeweiligen
             durch einige. Der vierte Satz aus dem           tagsbedeutung unterscheiden kann,           Fachunterricht stärker berücksichtigt
             Kinderlexikon weist eine noch größere           z. B. der Begriff »Körper«. Eine weitere    werden kann. Oft werden vor allem die
             sprachlich Dichte auf. Charakteristisch         Hürde ist, dass zwar einzelne Elemen-       fachlichen Inhalte vorbereitet und dabei
             für Fachtexte ist, dass der gesamte Vor-        te der Fachsprache wie z. B. Fachbegrif-    wird vorausgesetzt, dass die Lernenden
             gang nun sprachlich durch die Nomina-           fe gelernt werden, diese aber auf Grund     die sprachlichen Anforderungen be-
             lisierung Anziehung umgesetzt ist und           (noch) fehlender Bildungssprache nicht      wältigen können oder die noch fehlen-
             mit dem Verb auftreten eine unpersön-           sinnvoll angewendet werden können.          den Sprachmittel im Deutschunterricht
             liche Formulierung gewählt wurde. Die              Bei der Bedeutung von Sprache im Un-     oder irgendwie am Rande des Fachun-
             beiden Adjektive und das Wort nur ent-          terricht geht es aber nicht nur um die      terrichts mitlernen. Dies ist aber in der

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Sprachsensibler Fachunterricht

                                                                                                                                          Einführung
Regel nicht der Fall. Der inhaltliche Lern-   te im Unterricht von allen Schülerinnen     dem DFG-Projekt MESUT zur Wirksam-
pfad muss deshalb bewusst durch einen         und Schülern gemeinsam erarbeitet wer-      keit sprachintegrierter Förderansätze
parallel verlaufenden sprachlichen Lern-      den können.                                 im Mathematikunterricht zeigen viel-
pfad ergänzt werden. In dem Maße, wie            Strukturen und Prozesse zu beschrei-     mehr, dass sprachlich starke Schülerin-
die fachlichen Konzepte und Inhalte im        ben und zu erklären ist eine schwierige     nen und Schüler sogar überproportio-
Unterricht vertieft werden, können auch       (Standard-)Anforderung in allen Natur-      nal von einem sprachsensiblen Fachun-
die Sprachmittel, mit denen diese Inhalte     wissenschaften, die der Bildungsspra-       terricht profitieren (siehe dazu Prediger
beschrieben und erklärt werden, aufge-        che bedarf. Anneke Vogel beschreibt in      2016).
baut werden. Auch hier geht der Weg wie       ihrem Beitrag, wie die Drehbuchmethode
im obigen Beispiel oft von der situativen,    bei der inhaltlichen und der sprachlichen   Literatur
konkreten Alltagssprache zur abstrak-         Bewältigung dieser Aufgabe helfen kann.     Brandt, Hanne/Gogolin, Ingrid (2016):
ten, allgemeineren Bildungs- und Fach-        Andrea Albers stellt dar, wie mit geeig-    Sprachförderlicher Fachunterricht. Er-
sprache. Dabei sind sowohl die Sprach-        neten Aufgabenstellungen und sprach-        fahrungen und Beispiele. FörMig. Müns-
rezeption als auch die Sprachprodukti-        lichen Hilfen nicht nur die sprachlichen,   ter
on für den Unterrichtsgang zu bedenken        sondern auch die inhaltlichen Ergebnis-     Leisen, Josef (2016): Handbuch Sprach-
sowie Phasen der Einzelarbeit als auch        se bei Beschreibungen verbessert wer-       förderung im Fach. Sprachsensibler Fa-
des gemeinsamen Austausches zu nut-           den können.                                 chunterricht in der Praxis. Stuttgart
zen – dies eventuell auch in der jeweiligen      Das Argumentieren ist eine weitere       Meyer, Michael/Prediger, Susanne (2012):
Erstsprache, um sich den neuen Inhalten       Sprachhandlung, die bestimmte Satz-         Sprachenvielfalt im Mathematikunter-
auch in der jeweils am besten verfügba-       muster und einen spezifischen Textauf-      richt – Herausforderungen Chancen und
ren Sprache nähern zu können.                 bau fordert, welche mit den Schülerin-      Förderansätze. In: Praxis Mathematik in
                                              nen und Schülern auch im Fachunterricht     der Schule 54(45)/2012
Die Angebote dieses                           geübt werden kann. Julia Sammoray be-       Morek, Miriam/Heller, Vivien (2012): Bil-
Schwerpunktes                                 schreibt in ihrem Bericht, welchen Bei-     dungssprache – Kommunikative, episte-
Was können wir konkret tun, um die            trag das Fach PGW hierzu leisten kann.      mische, soziale und interaktive Aspekte
sprachlich Schwachen auch im alltägli-           Eine große Herausforderung ist für       ihres Gebrauchs. In: Zeitschrift für an-
chen Fachunterricht immer wieder auch         Schülerinnen und Schüler auch die ei-       gewandte Linguistik 1/2012, S. 67 – 101
sprachlich zu unterstützen und zu för-        gene Textproduktion. Hier werden nicht      Neugebauer, Claudia/Nodari, Claudio
dern? Die Erfahrungsberichte zeigen           nur ein ausreichender Wortschatz, son-      (2012): Förderung der Schulsprache
für unterschiedliche Sprachhandlun-           dern auch grammatikalisches und syn-        in allen Fächern. Praxisvorschläge für
gen in verschiedenen Fachkontexten,           taktisches Wissen benötigt. Wie der         Schulen in einem mehrsprachigem Um-
wie dies mit erprobten Methoden und           Aufbau von Schreibkompetenz auch mit        feld. Bern
Vorgehensweisen gelingen kann – auch          Strategien zum selbstständigen Lernen       Prediger, Susanne (2016): Sprachsensib-
wenn die Kolleginnen und Kollegen kei-        unterstützt werden kann, berichtet Le-      ler Mathematikunterricht – für ein- und
ne Deutschlehrer sind.                        onie Steffen in ihrem Erfahrungsbericht     mehrsprachige Lernende. Vortrag am LI
  Anhand von Beispielen aus der Grund-        aus einer IV-Klasse.                        in Hamburg am 28.11.2016
schulmathematik berichtet Arne ­Pöhls,           Viele dieser Methoden können im          Quehl, Thomas/Trapp, Ulrike (2013):
wie Fachbegriffe mit Wortspeichern            Fachunterricht das sprachliche Ler-         Sprachbildung im Sachunterricht der
verfügbar gemacht und zusammen mit            nen und damit auch das fachliche Ler-       Grundschule. Mit dem Scaffolding-Kon-
Satzmustern und sprachlichen Gerüsten         nen der Schülerinnen und Schüler un-        zept unterwegs zur Bildungssprache.
geübt werden können.                          terstützen. Dieses aber noch zusätzlich     Münster
  Im Unterricht ist es für viele Schülerin-   vorzubereiten ist eine große Herausfor-
nen und Schüler nicht nur schwierig, Tex-     derung, auch, weil es Wissen um die spe-
ten die wichtigen Informationen zu ent-       zifischen Schwierigkeiten und Kenntnis
nehmen, sondern auch über die Texte dif-      von Gerüsten und Werkzeugen voraus-
ferenziert zu sprechen. Im Beitrag von        setzt. Hier bringt die Zusammenarbeit
Ursula Baxmann und Eike Kjaer werden          mit Kollegen und das Nutzen der schul-
nicht nur Verfahren zur Einschätzung der      eigenen Expertise eine große Erleichte-                  Christine Roggatz ist Lehrerin an der
Textschwierigkeit vorgestellt, sondern        rung im Alltag. Wie dies gelingen kann,           Stadtteilschule Bergstedt und Mitarbeiterin
auch unterschiedliche Methoden, Texte         stellen Anna Burg­dorf, Barbara Eckstein             am Landesinstitut für Lehrerbildung und
nach dem Lesen zum Sprechen zu brin-          und Silke Gotha in ihrem Beitrag dar.                                     Schulentwicklung im
gen und so die Inhalte zu vertiefen. Julia       Zum Schluss etwas – wie ich finde –         Referat LIF12: Mathematik an Stadtteilschulen.
Kaufhold gibt mit der Lesekonferenz und       Bemerkenswertes : Ein sprachsensibler                        christine.roggatz@li-hamburg.de
einer mehrschrittigen Lesehilfe konkre-       Unterricht kommt nicht nur den sprach-
te Anregungen, wie grundlegende Tex-          lich Schwachen zu Gute. Ergebnisse aus

Hamburg macht Schule 3|2017
                                                                                                                                            9
Thema
Grundschule

              Über mathematische
              Probleme sprechen lernen
              Fachbegriffe und Satzmuster üben und anwenden
                                                                                                             sprache zu erwerben bedeutet aber weit-
               Die Verfügbarkeit von (Fach)be-
                                                                                                             aus mehr als neue Vokabeln zu kennen.
               griffen und Sprachmustern ist eine                                      die Einerstelle       Wichtig sind z. B. auch wiederkehren-
               wichtige Voraussetzung für eine                                         die Zehnerstelle      de Satzmuster und sprachliche Struktu-
                                                                                       die Hunderterstelle
               fachliche Verständigung. Wie kann                                       die Tausenderstelle   ren. Die didaktische Schlüsselszene im
               das Üben von Begriffen mit der                                          die Zahl              Beispiel oben liegt in Ad­nans Reaktion:
                                                                                       die Ziffer
               fachgerechten Verwendung von                                                                  »Nicht das gleiche. Fast gleich.« Er zeigt
                                                                                                             dadurch, dass er sprachliche Strukturen
               Satzmustern verbunden werden?
                                                                                                             erkennen und für fachliche Entdeckun-
               Wie lassen sich die Fachsprache                                         die
                                                                                                             gen nutzen kann.
                                                                                       die Summe
               und das inhaltliche Verständnis
               zeitgleich fördern? Die Übungen                                                                Fachwortschatz –
                                                                                                              was gehört dazu?
               zeigen, wie sich ein Bewusstsein
               für Sprachlernen im Mathematik­                                                                Der Bildungsplan für Mathematik an der
                                                                                                              Grundschule weist im Anhang rund 300
               unterricht entwickeln kann.
                                                                                                              zu erwerbende Fachbegriffe aus. Da­
                                                                                                              runter finden sich einzelne Wörter (Un-
              Adnan ist ehemaliger Schüler der IVK.                                                           terschied, zerlegen, Symmetrieachse …),
              Seit neun Monaten besucht er die vier-       Abb. 1: Wortspeicher schriftliche Addition         Wortgruppen (ungerade Zahl, halb so viel
              te Klasse unserer Grundschule in Ham-                                                          …) sowie Symbole und Einheiten (+, -, kg …).
              burg-Billstedt. Er bearbeitet ein Aufga-       L.: »Richtig. Die Tausenderziffer. Was              Einiges an Vokabular, das zusätzlich
              benpäckchen mit fortlaufenden Multi­           ist mit der Tausenderziffer?«                    zu bewältigen ist, ist nicht aufgeführt. Es
              plikationen mit der sogenannten Kapre-         A.: »Immer größer. […] Eins größer.«             fehlen neben weiteren Fachbegriffen auch
              kar-Zahl 1089. In diesen Produkten ver-        L.: »Genau. Die Tausenderziffern wer-           • abgeleitete Begriffe: unterschiedlich,
              birgt sich ein Zahlen-Muster, das er be-       den immer um 1 größer. Schreib das                 Zerlegung …
              schreiben soll. Adnan rechnet schrift-         auf!«                                           • gängige Wortgruppen: sich um … ver-
              lich, notiert die Ergebnisse stellenge-        Adnan notiert: »Die Tausenderziffern               größern, Summe bilden …
              recht und spricht die Lehrkraft an:            werden immer 1 größer.«                         • mathematische Arbeitsmittel: Geo-
                                                             L.: »Die Tausenderziffern werden im-               dreieck, Wendeplättchen, …
                                                             mer um 1 größer.« Adnan ergänzt das             • format-spezifische Begriffe: Zahlen-
                                                             Wort »um«.                                         mauer, Rechendreieck, …
                                                             L.: »Prima! Schreibe vier Sätze.«               • Operatoren: probieren, begründen, be-
                                                           Adnan schaut fragend.                                schreiben, anlegen, …
                                                             L.: »Du hast einen Satz für die Tausen-         • typische Wörter für Textaufgaben: Ra-
                                                             der. Schreibe auch einen für die Hun-              batt, Rate, …
                A.: »Was soll ich schreiben? Hier. Immer     derter, Zehner und Einer.«                      All dies ist aber notwendig, um eine Vor-
              mehr.« L.: »Wo? Wie heißt das?« Am in-         A.: »Vier mal das gleiche?«                      stellung von den mathematischen Be-
              teraktiven Whiteboard ist ein Wortspei-      L. hebt Augenbraue                                 griffen und Konzepten aufzubauen und
              cher zu sehen, auf dem zentrale Fachbe-        A.: »Nicht das gleiche. Fast gleich.«            darüber sprechen zu können.
              griffe rund um die Multiplikation zu lesen   Diese kleine Szene illustriert, wie selbst-
              sind. Adnan schaut auf den Wortspeicher      verständlich Sprachlernen für Adnan                Der Wortspeicher
              und nennt das Wort »Ziffer«.                 im Mathematikunterricht geworden ist.             Fachbegriffe haben in Adnans Klasse ei-
                L.: »Welche Ziffer ist das?«               Zum Erwerb der Fachsprache gehört der             nen kindgerechten Namen. Sie heißen Ma-
                A.: »Vorne.«                               Aufbau eines Fachwortschatzes. Dafür              the-Wörter. Immer wieder wird den Kin-
                L.: »Wie heißt die Ziffer vorne?«          ist in Adnans Klasse der Wortspeicher             dern verdeutlicht, dass die Mathematik
                A.: »Tausend.«                             eingeführt worden. Bildungs- und Fach-            eine eigene Sprache besitzt, die oftmals

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Sprachsensibler Fachunterricht

                                                                                                                                            Grundschule
Abb. 2: Satzmuster-Kombination zu Vierecken

                                                                     Abb. 3 (oben): Satzmuster-Kombination zum stellengerechten Rechnen

                                                                     Abb. 4 (links): zugehörige Schulbuchseite auch MiniMax4, Klett

für alle Kinder, unabhängig von ihrer Mut-      Die Wortspeicher werden gemeinsam            Fachbegriffe, Konjunktionen oder Arti-
tersprache und Herkunft, neu ist. Wort-       mit den Kindern generiert. Wenn im Re-         kel. Durch die Kombinationen entstehen
speicher existieren in unserer Klasse im      defluss ein Wort fehlt, kann es durch die      (fast immer) grammatisch richtige Sätze,
Mathematikunterricht für jedes Thema.         Lehrkraft ergänzt werden. Auch neh-            aber nicht immer fachlich richtige Aussa-
Es haben sich einige hilfreiche Gestal-       men wir zunächst kindliche Begriffe wie        gen. Bei diesen Beschreibungen gibt es
tungsmerkmale etabliert. Sie sind nicht       »gleich nur andersherum« auf, die später       mathematisch immer etwas Gleichblei-
nur eine Sammlung einzelner Begriffe,         erst durch den Fachbegriff »achsensym-         bendes und etwas Veränderliches.
sondern enthalten auch Ausdrücke und          metrisch« ersetzt werden.                         Eine zweite Einschleifübung, die hilft
Satzmuster. Zudem werden die Konventi-          Das fortwährende Wiederkehren der            vom Wort zum Satz zu kommen, ist der
onen des Deutschunterrichts wenn mög-         Wortspeicher etabliert die sprachliche An-     Lückentext. Lückentexte eignen sich nur
lich aufgegriffen, z. B. werden Nomen mit     forderung und soll sprachliches Bewusst-       dann zum Einschleifen von Fachsprache,
Artikel genannt und nach Genus rot, blau      sein schaffen. Um die sprachliche Anfor-       wenn es wiederkehrende sprachliche
oder grün gefärbt. Auch werden häufige        derung zu etablieren und ein sprachliches      Strukturen gibt. Man findet in Arbeitshef-
Verbindungen mit anderen Wörtern, so-         Bewusstsein zu schaffen, muss der Wort-        ten oftmals Lückentexte, bei denen das
genannte Kolokationen, aufgenommen.           speicher in allen Phasen des Unterrichts       nicht der Fall ist und lediglich bereits er-
»Summe bilden« oder »erhöhen um« sind         präsent ein. Dazu gehören Nachfragen der       worbenes Wissen abgerufen wird. Hier-
wichtige Beispiele (Abb. 1). Zur besseren     Lehrkraft wie: »Findest du dazu ein Wort       bei muss das Sprachlernen schon abge-
Orientierung sortieren wir die Begriffe       aus unserem Wortspeicher?«.                    schlossen sein. Wir benutzen aber keine
entweder inhaltlich oder nach Wortarten.                                                     Lückentexte zum Abrufen, sondern zum
Die neuen Wörter im Mathematikunter-          Üben: Inhalt und Sprache                       Erwerb und zur Einübung von sprach-
richt unterscheiden sich von den neuen        In mündlichen Produktionen ist das             licher und inhaltlicher Kompetenz. In
Wörtern im Englischuntericht insbeson-        sprachliche Vorbild der Lehrkraft eine         dem Beispiel erhalten die Kinder das Lü-
dere in Hinblick auf den Begriffserwerb.      Hilfe, um fachsprachliche Sätze zu bilden.     cken-Text-Plakat, während sie Papierstrei-
Während im Englischunterricht die Kin-        Für die Textproduktion bieten sich soge-       fen mit Punkte-Anordnungen zerschnei-
der in der Regel schon eine Vorstellung       nannte Einschleifübungen an. Diese Übun-       den. Es geht also um den Begriff des Zer-
von dem Begriff haben und nur noch die        gen sollen zugleich (und gleichberechtigt)     legens und die dazugehörige Fachspra-
Vokabeln lernen müssen, werden im Ma-         die neuen mathematischen Inhalte und Be-       che. Schwachen Kindern kann es schwer-
thematikunterricht Objekte und Konzep-        griffe und die neuen grammatischen Struk-      fallen, die richtige Zerlegung zu nennen
te bezeichnet, die auch inhaltlich noch er-   turen und Satzmuster abrufen und festi-        und sich gleichzeitig an den Mustersatz
schlossen werden müssen. In den Wort-         gen. Mathematik ist die Wissenschaft der       zu halten. Dann ist es sinnvoll, sich auf
speichern unterstützen Abbildungen,           Muster. Immer dann, wenn musterhafte           verkürzte Sätze zurückzuziehen. Sprach-
Pfeil und farbliche Hervorhebungen den        und wiederkehrende Strukturen auftre-          lernen und Mathematik-Lernen bedingen
Begriffserwerb.                               ten, bieten sich solche Übungen zur Text-      sich gegenseitig, sind aber selten gleich
   In Adnans Klasse gibt es in der Regel      produktion an.                                 weit entwickelt.
digitale Wortspeicher. Ein Vorteil der           Ein Werkzeug dafür ist die »Satzmus-
Wortspeicher am interaktiven White­           ter-Kombination.« (Abb. 2 – 4) Satzbau-                              Arne Pöhls ist Lehrer an der
board ist, dass sie über die Schuljahre in-   steine werden »etappenweise geordnet«                             Schule am Schleemer Park und
haltlich und sprachlich mitwachsen und        und kombinierbar zur Verfügung gestellt.                Mitarbeiter am LI in den Bereichen LIF22:
leicht reaktiviert werden können.             Häufig sind die Etappen Satzglieder,               Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                                                                                        und LIF12: Mathematik.
                                                                                                                   arne.poehls@li-hamburg.de
Hamburg macht Schule 3|2017
                                                                                                                                             11
Thema
Grundschule

              Gemeinsame Lesekonferenzen
              und individuelle Lesehilfen
              In drei Schritten das Textverständnis verbessern
                                                           sich die Lehrerin für die in der Klasse be-
               Sinnentnehmendes Lesen und an-
                                                           reits eingeübte Methode der Lesekonfe-         Eine Lesekonferenz setzt sich aus min­
               schließendes Sprechen über die              renz (vgl. Abb. 1) entschieden. Bei dieser     destens vier Lernenden zusammen. Je-
               Textinhalte sind grundlegende               Methode wird, unter Berücksichtigung           der bekommt dabei eine besondere Rol-
                                                                                                          le zugewiesen: Der Zeitwächter achtet
               Kompetenzen für jeden Unterricht.           der Lesestrategien, besonderer Wert auf
                                                                                                          auf die Zeit, der Leisewächter achtet
                                                           das Verstehen des Inhalts, die Aktivie-        auf die Einhaltung der 20-cm-Stimme,
               Diese können aber nicht bei allen
                                                           rung des Vorwissens und das gemeinsa-          der Gruppenwächter moderiert das
               Lernenden vorausgesetzt werden.                                                            Gespräch über den Text und der Lese-
                                                           me Gespräch über das Gelesene gelegt.
               Mit welchen Methoden und Stra-                                                             wächter liest den Text Absatz für Ab-
               tegien kann das inhaltliche Lese-           Die Lesehilfe                                  satz laut vor. Ziel einer Lesekonferenz
                                                                                                          ist, das Textverständnis jedes Lernen-
               verstehen gefördert werden? Wie             Um den Text zu strukturieren, das Gele-        den zu verbessern und die Auseinander-
                                                           sene besser zu verstehen und eigene Ge-        setzung mit dem Text zu intensivieren,
               kann die Formulierung des eigenen
                                                           danken einfacher zu formulieren, nutzen        um so die Anschlusskommunikation im
               Textverständnisses sprachlich un-           die Schülerinnen und Schüler ihre eigene       Klassenverband vorzubereiten und al-
               terstützt werden? Welche Schritte           und individuelle »Lesehilfe« (vgl. Abb. 2).    len die Teilhabe daran zu ermöglichen.
                                                                                                          Dafür bekommt jede Schülerin und jeder
               haben sich bewährt?                         Die Lesehilfe ist ähnlich wie ein Lesefä-
                                                                                                          Schüler den zu lesenden Text ausgehän-
                                                           cher eine Unterstützung zum Erwerb             digt und Aufgabe der Gruppe ist es, den
              »Wir alle sind einzigartig« – heute geht     von Lesestrategien. Dabei konzentriert         Text gemeinsam zu lesen und unter vor-
              es im Deutschunterricht der 4a um die        sie sich auf die Strategien vor, während       gegebenen Fragestellungen zu bearbei-
              Gebärdensprache. Um eine Gesprächs-          und nach dem Leseprozess. Die Lesehil-         ten. Im Kleingruppengespräch über den
              grundlage zu haben, lesen wir einen Aus-     fe leitet jede Schülerin und jeden Schü-       Text übt jede Schülerin und jeder Schü-
                                                                                                          ler ihre/seine Gedanken zu verbalisie-
              zug aus dem Buch »Wir sprechen mit           ler durch den Text, lenkt den Blick auf
                                                                                                          ren, kann die eigene Meinung mit ande-
              den Händen« von Franz-Joseph Huai-           Textstrukturierungsmethoden und hilft          ren Standpunkten vergleichen und setzt
              nigg: Lisa kann seit ihrer Geburt nicht      beim Reflektieren. Jeder hat seine Le-         sich so aktiv mit dem Text auseinander.
              hören und versucht trotz ihres Handi-        sehilfe selbst gebastelt und mit eigenen
                                                                                                         Abb. 1: Methode: Die Lesekonferenz
              caps Freunde zu finden. Die Kinder auf       Merkbildern als Gedankenstütze illus­
              dem Spielplatz stellen fest, dass Lisa       triert. Dadurch gewinnt dieses Hilfsmit-
              eine andere Sprache spricht, die über-       tel an persönlichem Wert. Die einzelnen          Um diese Äußerungen zu unterstützen,
              raschenderweise gar nicht so selten ist,     Schritte wurden im Unterricht jeweils an      hat die Lesehilfe eine zusätzliche »Hil-
              wie sie denken …                             Beispielen eingeführt.                        fe«-Rückseite mit zum Teil individuellen,
                Die 25 Schülerinnen und Schüler der                                                      aber auch vorgegebenen sprachlichen
              Klasse sind am Thema interessiert, sind      Schritt 1: Vor dem Lesen                      Hilfen. Julian nutzt diese im Gespräch re-
              in ihrer Sprachkompetenz aber sehr un-       Die Kinder stellen im ersten Schritt im       gelmäßig, um sicherer zu werden. Chris-
              terschiedlich und benötigen differenzier-    Klassenverbund Vermutungen zum Text           tina hat sich ihre Formulierungshilfen
              te Hilfen, bevor ein solcher Text im Klas-   an. Geleitet durch die Fragen der Lesehil-    aus einer Liste mit unterschiedlichen
              senverband besprochen werden kann.           fe aktivieren sie ihr Vorwissen und bekom-    Satzanfängen selbst zusammengestellt.
              Sina hat Probleme, einen ganzen Text         men einen ersten Eindruck vom Thema.          Außerdem ergänzt sie diese regelmäßig
              sinnverstehend zu lesen. Julian fällt es     Dies eignet sich für alle Kinder der Klas-    mit Formulierungen aus dem Unterricht,
              immer wieder schwer, seine Gedanken          se gleichermaßen, da bis zu diesem Zeit-      die sie für sich als »gut« betrachtet. So-
              nachvollziehbar zu formulieren. Daria,       punkt nur wenig gelesen werden muss.          mit erweitert auch sie ihren Wortschatz
              die erst seit kurzem in Deutschland ist      Die Vorentlastung durch das Betrachten        und hat außerdem eine Zusatzaufgabe.
              und nur wenig Deutsch versteht, ist sehr     der Überschrift und der Bilder schafft
              zurückhaltend. Und Christina ist vielbe-     eine individuelle Verbindung zum Thema        Schritt 2: Während des Lesens
              lesen und oft schon schnell mit Aufga-       und motiviert, sich auf den Text einzu-
              ben fertig. Um möglichst allen Schülerin-    lassen. Wichtig ist, dass alle sinnhaften     Die Klasse wird in Gruppen mit vier Mit-
              nen und Schülern gerecht zu werden, hat      Vermutungen wertfrei gewürdigt werden.        gliedern eingeteilt. Dabei wird besonders

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Sprachsensibler Fachunterricht
                       von

                                                                                                                                                                                  Grundschule
Lesehilfe von
			________________
                                                                                            Abb. 2: Die Lesehilfe               •    Der Text erinnert mich an… (die
    Vor dem Lesen                       1                                                                                            Zeitung; ein Buch…)
                                                                                                                                •    Die Überschrift verrät, dass es um …
                                                                                                                                     geht

                                      Vor dem Lesen
    1. Schaut euch den
                                                                                                                                •    Die Bilder zeigen, dass es um … geht.
      Text an.
    2. Lest die Überschrift.                                                                                                    •    Auf dem Bild sehe ich…
      Was sagt sie euch?
    3. Schaut euch die
      Bilder an.

    Während des Lesens                                2
                                                      2                                                                  Der Text sollte flüssig vorgelesen werden.
                                                      Während des Lesens

    1. Entscheidet, wer den Text                                                                                         • Das wichtigste Wort im Text/Absatz ist…
       Absatz für Absatz laut                                                                                            • Meiner Meinung nach ist… das wichtigste
       vorliest.                                                                                                           Wort im Text/Absatz.
    2. Besprecht, welche Wörter die
                                                                                                                         • Ich denke, dass … das wichtigste Wort im
      wichtigsten im Absatz sind.
                                                                                                                           Text/Absatz ist.
    3. Markiert wichtige Wörter mit
      einem Textmarker.

     Nach dem Lesen                                                         3

                                                                                                                    •   Ich hatte (nicht) Recht, denn/da/weil…
                                                                           Nach dem Lesen

    1. Waren eure Ideen vom Anfang
                                                                                                                    •   Meine Vermutung zur Überschrift hat (nicht)
       richtig? Besprecht euch!
                                                                                                                        gestimmt, denn/da/weil…
    2. Benutzt die Textuhr,
      um über den Text
      zu sprechen.

auf die Zusammensetzung der Gruppe                                   anfänge auf der Rückseite der Lesehilfe                 sprachliche Entlastung und können an
geachtet: Ist eine gute Vorleserin/ein gu-                           für alle eine Hilfe, passende Formulierun-              dem Gespräch selbstbewusst teilnehmen.
ter Vorleser in jeder Gruppe? Sind in je-                            gen zu finden. Gemeinsam können sich
der Gruppe leistungsstarke und -schwa-                               die Gruppenmitglieder bei Verständnis-                  Das Klassengespräch
che Schüler, die einander unterstützen?                              fragen und Unsicherheiten weiterhelfen               Auf Grundlage der Lesekonferenz be-
Können die Kinder zielgerichtet mitein-                              und schüchterne und unsichere Kinder                 ginnt die Klasse 4a nun mit einem Ple­
ander arbeiten?                                                      profitieren häufig von der intimeren At-             numsgespräch. Die gefundenen wich-
  Der Lesewächter liest allen Kindern                                mosphäre der Kleingruppe.                            tigsten Wörter werden von den Gruppen-
der Gruppe den Text laut und Absatz                                                                                       wächtern vorgetragen und mit denen der
für Absatz vor. Wichtig ist hierbei, dass                            Schritt 3: Nach dem Lesen                            anderen Gruppen verglichen. Darauf auf-
die anderen währenddessen mitlesen                                   Nachdem alle Schülerinnen und Schü-                  bauend fokussiert die Lehrerin das The-
und eventuell Notizen machen. Durch                                  ler die wichtigsten Wörter markiert ha-              ma der Stunde – die Gebärdensprache
die Wahl eines erfahrenen Vorlesers hat                              ben, leitet der Gruppenwächter das Ge-              – mit zielgerichteten und interpretatori-
man im Sinne vom »Laut-Lesen-Üben«                                   spräch über den Text. Auch dabei hilft               schen Fragen zum Text. Dank der Vorent-
gute Vorbilder, die allen in der Gruppe                              die Lesehilfe mit den Hilfen, das Gelese-            lastung durch die Lesehilfe und die Lese-
bei einer besseren Textrezeption helfen                              ne mit eigenen Worten wiederzugeben. In              konferenz nehmen auch Sina, Julian und
können. In der 4a übernimmt Christina                                dem moderierten Gruppengespräch be-                  die weiteren Klassenmitglieder aktiv am
sehr gern diese Aufgabe. Sina hingegen                               ziehen sich die Schülerinnen und Schü-               Klassengespräch teil.
übernimmt am liebsten die Rolle der Zeit-                            ler auf ihre anfangs gestellten Vermutun-              Anmerkung: Die Lesehilfe wurde im Rah-
wächterin, so kann sie dem Vorleser gut                              gen zum Text. In der 4a gibt es außerdem             men des Projekts DAZ-im-Fachunterricht
folgen und wird beim Lesen entlastet.                                noch die Aufgabe, sich auf die wichtigs-             von Christina Köpp, Tatjana Teichmann
  Während des Lesens markieren die                                   ten Wörter eines Textes zu einigen. Da-              und Julia Kaufhold am LI erstellt.
Schülerinnen und Schüler wichtige Wör-                               durch entsteht am Ende der Gruppen-
ter der Absätze, um im Anschluss an das                              arbeit oft eine intensive Diskussion, die                                                     Julia Kaufhold ist
Lesen mit ihren Gruppenmitgliedern über                              das Textverständnis aller auf den Prüf-                            Lehrerin an der Schule Grumbrechtstraße
das wichtigste oder die wichtigsten Wör-                             stand stellt. Dank der Lesehilfe haben                         sowie Mitarbeiterin im LI, Referat Deutsch und
ter zu diskutieren. Wieder sind die Satz­                            auch Schüler wie Daria oder Julian eine                                        Fremdsprachen (Grundschule).
                                                                                                                                                            julia.kaufhold@gmx.de

Hamburg macht Schule 3|2017
                                                                                                                                                                                   13
Thema
Stadtteilschule

                  Sprachsensibles
                  Material entwickeln
                  Über den sprachlichen Ausdruck die inhaltlichen Ergebnisse verbessern
                                                               werden? Um gemeinsam Ideen zu dieser       sitionen und Adjektive. Diese bieten wir
                   Beschreiben und erklären sind zwei
                                                               Frage zu entwickeln, haben wir eine Schul- ihnen in einer Wortliste an. Da es den
                   zentrale sprachliche Handlungen,            entwicklungsgruppe gegründet. Zwei Na- Lernenden schwer fällt, beim Beschrei-
                   die im Unterricht von den Lernen-           turwissenschaftslehrerinnen und zwei       ben auch die zeitliche und logische Rei-
                   den verlangt werden. Wie können             Sprachförderkoordinatorinnen haben         henfolge zu beachten, bekommen sie zu-
                   Aufgabenstellungen sprachsensibel           gemeinsam die vorhandenen Materialien      sätzlich Satzanfänge, an denen sie sich
                                                               der Unterrichtseinheit zur Hausmaus un- orientieren können: »Zunächst läuft die
                   konstruiert werden? Welche Mög-
                                                               ter dem Gesichtspunkt der sprachlichen     Maus …«, »Danach …«, »Nach 5 Minuten
                   lichkeiten gibt es, um die Formulie-
                                                               Anforderungen untersucht. Hierbei ist uns …«. Uns ist dabei wichtig, dass die Un-
                   rung von Beschreibungen und Er-             aufgefallen, dass aus den Aufgabenstel- terstützungsangebote nicht dazu führen,
                   klärungen zu unterstützen? Welche           lungen nicht immer deutlich hervorgeht, die sprachliche Anforderung zu senken,
                   Bedingungen sind hilfreich für die          welche sprachliche Handlung von den Ler- sondern Lernende zu befähigen, ihre Ge-
                   Entwicklung und den Einsatz von             nenden verlangt wird. Zudem werden auch    danken ausdrücken zu können. Je nach
                   sprachsensiblen Aufgaben und Ma-            keine sprachlichen Unterstützungen an- individuellem Lernstand werden diese
                                                               geboten, um beispielsweise angemesse- sprachlichen Unterstützungen inner-
                   terialien?
                                                               ne Beschreibungen zu formulieren.          halb einer Aufgabe oder während der
                                                                                                          Unterrichtseinheit langsam abgebaut.
                  Paul, Aylin und Emre aus der 5. Klasse       Aufgabenstellungen                         Zu Beginn bieten wir Wortlisten direkt
                  schauen gebannt, wie sich die Maus auf       operationalisieren                         mit den Aufgaben an. Wenn der Einsatz
                  ihrem Tisch verhält. Läuft sie am Rand des   Die bisherigen Aufgabenstellungen luden    bekannt ist und die Lehrperson nach ers-
                  Tisches oder in der Mitte? Was wird pas-     die Lernenden dazu ein, nur in Teilsätzen  ten Schreib- und Sprachproben den indi-
                  sieren, wenn eine Papprolle auf den Tisch    zu antworten. Auf die Frage »Wohin läuft   viduellen Sprachstand besser einschät-
                  gelegt wird? Während die Lernenden be-       die Maus auf dem Tisch?« war die Antwort   zen kann, werden die Unterstützungsan-
                  geistert die Tierbeobachtung durchfüh-       oft: »In die Rolle«. Damit beantworteten   gebote fakultativ angeboten, z.B. durch
                  ren, fällt die anschließende schriftliche    die Lernenden die Frage zwar inhaltlich    Tipp-Karten. Einige Lernende neigen
                  Beschreibung und Erklärung spärlich aus.     richtig, erfüllten jedoch nicht die inten- dazu die Tipp-Karte zu nutzen, obwohl
                  Überwiegend halten sie ihre Beobachtung      dierte Aufgabe, den Laufweg der Maus       sie diese nicht brauchen. Anderen würde
                  in Halbsätzen wie »Maus in Rolle« oder       genau zu beschreiben. Deshalb nutzen wir   sie im Lernprozess helfen, sie nutzen sie
                  »Maus am Rand« fest. Nach einer Ver-         nun eine kleine Anzahl von Operatoren, allerdings nicht. Kurze Gespräche zwi-
                  suchsbeobachtung zu beschreiben, was         die den Lernenden deutlicher zeigen, wel- schen Lernenden und Lehrperson helfen,
                  man gesehen hat, ist eine typische sprach-   che sprachliche Handlung zu der Aufgabe    den lernförderlichen Einsatz der Karten
                  liche Situationen, die Lernende nicht nur    gehört. Beispielsweise lautet obige Auf- zu sichern, um Lernende sprachlich we-
                  im naturwissenschaftlichen Unterricht be-    gabe nun: »Beschreibe, wohin die Maus      der zu unter- noch zu überfordern.
                  wältigen müssen. Die anschließende Erklä-    auf dem Tisch läuft«. Und aus »Warum ist
                  rung erfordert von ihnen, die einzelne Be-   das wohl so?« wird »Erkläre das Verhalten  Ausreichend Platz zum Schreiben
                  obachtung auf eine Gesetzmäßigkeit zu-       der Maus«. Die Operatoren begegnen den     Bei der sprachlichen Überarbeitung ha-
                  rückzuführen. Wir haben die Erfahrung        Lernenden immer wieder, so dass sie mit    ben wir das Layout der Arbeitsmateria-
                  gemacht, dass unsere Schülerinnen und        der Zeit verinnerlichen, was die Operato- lien anhand zweier Fragen überprüft: In-
                  Schüler oft richtige Zusammenhänge er-       ren für Sprachhandlungen erfordern und     wiefern bietet das Arbeitsblatt ausrei-
                  kennen, dann aber daran scheitern, diese     welche Satzkonstruktionen sie dafür je- chend Platz zum Schreiben und inwiefern
                  verständlich zu formulieren.                 weils nutzen können.                       hat das Arbeitsblatt eine schreib- und
                                                                                                          lernförderliche Struktur? Als Ergebnis
                  Gründung einer                               Sprachliche Unterstützung – so viel        haben wir den Abstand zwischen den
                  Schulentwicklungsgruppe                      wie nötig, so wenig wie möglich            Schreiblinien erhöht und mehr Linien
                  Wie können die Lernenden in diesen           Um den Laufweg der Maus zu beschrei- eingefügt. So können sich die Lernen-
                  sprachlichen Handlungen kompetenter          ben, brauchen Lernende passende Präpo- den bereits an der Anzahl der vorge-

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