Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek

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Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Handlungs-
    leitfaden
1:1-Jugend-Mentoring
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
1:1-Jugend-Mentoring

                        Ein Handlungsleitfaden auf der Basis des Know-Hows
                   der Koordinator/-innen des Mentoring-Projektes Hürdenspringer
                                         in Berlin - Neukölln

Gefördert durch:

                                                                                   Stiftung
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Inhaltsverzeichnis
Grußwort6                                                                                             6. Phase II: Die Praxis erfolgreichen 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang Schule – Beruf32
Vorwort 8                                                                                               6.1 Wer sind die Mentees?32
Einleitung10                                                                                            6.2 Wie werden Mentees gewonnen?33
1. Mentoring – eine Performance der Freiwilligkeit12                                                    6.3 Elternkontakte34
2. Mentoring im Jugendbereich am Übergang Schule – Beruf13                                              6.4 Wer sind die Mentorinnen und Mentoren?34
3. Resilienz im Jugendalter – Grundlage des 1:1-Mentoring für sozial benachteiligte Jugendliche14       6.5 Wie werden Mentorinnen und Mentoren gewonnen?36
4. Arten und Formen des Mentorings16                                                                    6.6 Phasen und Bausteine des Mentorings36
5. Phase I: Die Konzeption erfolgreichen 1:1-Jugend-Mentorings für sozial benachteiligte Jugendliche        6.6.1 Qualifizierung der Mentorinnen und Mentoren sowie Mentees37
am Übergang Schule – Beruf17                                                                               6.6.2 Matching – Vermittlung der Tandempartner38
   5.1 Begründung des 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang Schule – Beruf17                                   6.6.3 Tandembegleitung 42
   5.3 Ein Blick auf lokale Ressourcen20                                                                   6.6.4 Tandemabschluss44
   5.4 Bausteine des Konzepts20                                                                         6.7 Flankierende Angebote zum 1:1-Mentoring46
       5.4.1 Zielsetzung22                                                                              6.8 Formate der Qualitätssicherung48
       5.4.2 Prinzipien und Arbeitskultur23                                                             6.9 Öffentlichkeitsarbeit49
       5.4.3 Kernelemente24                                                                           Danksagung52
       5.4.4 Die Aufgaben der Koordinatorinnen und Koordinatoren26                                    Autorinnen52
       5.4.5 Wie sollte ein Koordinations-Team „aufgestellt“ sein?26                                  Anhangsverzeichnis54
       5.4.6 Welche Jugendlichen können Mentees werden?27                                             Anhang56
       5.4.7 Wer kann Mentorin oder Mentor werden?27                                                  Literaturverzeichnis68
       5.4.8 Welche Schulen eignen sich als Kooperationsschulen?28                                    Impressum70
       5.4.9 Zeitstrukturen des Koordinations-Teams29
   5.5 Antragstellung31
   5.6 Finanzierung31

                                                            4                                                                                      5
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jekte zur Verfügung gestellt wird.

                                                                                                                                                                                                      Mein Dank gilt dem UNIONHILFSWERK Berlin und seinen engagierten Mit-
                                                                                                                                                                                                      arbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses Projekt als „best-practice“ initiiert
                                                                                                                                                                                                      und in die zweite Förderperiode des Bundesprogrammes XENOS „Integration
                                                                                                                                                                                                      und Vielfalt“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geführt haben.
                                                                                                                                                                                                      Mein Dank gilt insbesondere auch den 142 Mentorinnen und Mentoren, die
                                                                                                                                                                                                      ihre Zeit, ihr Wissen und ihren Enthusiasmus gespendet haben, um junge
                                                                                                                                                                                                      Menschen nachhaltig zu unterstützen. Desgleichen gilt mein Dank allen weite-
Grußwort                                                                                                                                                                                              ren Beteiligten, die durch ihre Aufgeschlossenheit das Mentoring-Projekt „Hür-
                                                                                                                                                                                                      denspringer“ bereichert und damit ebenso zum Erfolg beigetragen haben: Den
                                                                                                                                                                                                      Eltern, den beteiligten Schulen, kooperierenden Projekten, den Akteurinnen
                                                                                                                                                                                                      und Akteuren aus dem Kiez und dem beruflichen Feld sowie der Moll Marzi-
                     Sehr geehrte Damen und Herren,              Problematisch ist es, wenn im persönlichen Umfeld kein         dass die jungen Menschen gemeinsam mit ihren Mento-                    FeldGmbH,
                                                                                                                                                                                                      pan     sowie dieder   Moll Marzipan
                                                                                                                                                                                                                        die Publikation           GmbH,Handlungsleitfadens
                                                                                                                                                                                                                                        des vorliegenden   die die Publikation finan-des
                     sehr geehrte Unterstützerinnen und          Ansprechpartner mit der Kenntnis verschiedenster Aus-          rinnen und Mentoren auf Augenhöhe tragfähige Perspekti-               ziell ermöglicht hat, sowie  nicht zuletzt den Ko-Finanzierern
                                                                                                                                                                                                       vorliegenden Handlungsleitfadens finanziell ermöglicht hat,   wie dem  Paritäti-
                                                                                                                                                                                                      schen Wohlfahrtsverband Berlin.
                     Unterstützer von Kindern und Ju-            bildungswege zur Verfügung steht. Wenn die Eltern keine        ven für die Zeit im Anschluss an die Schule entwickeln und            sowie nicht zuletzt Ko-Finanzierern wie dem Paritätischen
                     gendlichen,                                 typische Berufsausbildung durchlaufen haben, wenn weder        tatsächlich umsetzen. Das Projekt „Hürdenspringer“ ist mit            Ihr
                                                                                                                                                                                                       Wohlfahrtsverband Berlin.
                                                                 sie noch andere Personen im Umfeld Vorbilder in Sachen         seinen professionellen Rahmenbedingungen ein überaus
                     Übergänge zwischen unterschiedli-           Berufswahl und Karriere sind oder wenn niemand da ist,         gelungenes Beispiel für die individuelle Begleitung von so-
                     chen Lebensphasen und deren Ge-             den man fragen kann, wie man eigentlich eine Bewerbung         zial benachteiligten Jugendlichen beim Berufseinstieg. Ich
                     staltung begleiten uns von frühester        schreibt.                                                      begrüße es daher sehr, dass mit dem vorliegenden Hand-                Ihr
                     Kindheit an. Die Verantwortung, die                                                                        lungsleitfaden, der unter anderem auf den praktisch-en                Dr.Ralf
                                                                                                                                                                                                      Dr.   Ralf Brauksiepe
                                                                                                                                                                                                              Brauksiepe MdB MdB
                                                                                                                                                                                                      Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und So-
wir selbst dabei tragen, wächst mit zunehmendem Alter.           Genau das ist die Situation, in der sich Jugendliche aus       Erfahrungen der Hürdenspringer basiert, Material für ver-             Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin
                                                                                                                                                                                                      ziales
Was den Übergang ins Berufsleben betrifft, so müssen die         Berlin-Neukölln befinden, die am Mentoring-Projekt „Hür-       gleichbare Projekte zur Verfügung gestellt wird.                      für Arbeit und Soziales
meisten Schülerinnen und Schüler trotz aller Hilfestellung       denspringer“ und seinem Nachfolgeprojekt „Hürdensprin-
in sämtlichen Schulprogrammen selbst die Frage nach ih-          ger+“ teilnehmen. Die Hürde zum Berufseinstieg oder zur        Mein Dank gilt dem UNIONHILFSWERK Berlin und seinen
rem beruflichen Weg nach Abschluss der 10. Klasse bezie-         weiterführenden Schule nehmen diese Mädchen und Jun-           engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses
hungsweise dem Abitur beantworten.                               gen mithilfe freiwillig tätiger Mentorinnen und Mentoren,      Projekt als „best-practice“ initiiert und in die zweite Förder-
                                                                 die von einem hauptamtlichen Team professionell qualifiziert   periode des Bundesprogrammes XENOS „Integration und
Unterstützung bei dieser schwierigen Frage bieten an die-        und begleitet werden.                                          Vielfalt“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
ser Stelle nicht nur Orientierungsangebote aus dem schuli-                                                                      geführt haben. Mein Dank gilt insbesondere auch den 142
schen Kontext. Von großer Relevanz sind ebenso Familien-         Die Mentorinnen und Mentoren ergänzen dort, wo die fami-       Mentorinnen und Mentoren, die ihre Zeit, ihr Wissen und
mitglieder und weitere soziale Kontakte, die dabei helfen,       liären Bezugspersonen und das soziale Umfeld der Jugend-       ihren Enthusiasmus gespendet haben, um junge Menschen
Interessen zu fördern und entsprechende Entscheidungen           lichen nicht die an diesem Entwicklungspunkt so essentielle    nachhaltig zu unterstützen. Desgleichen gilt mein Dank al-
zu treffen. Diese Unterstützung aus dem privaten Umfeld          Unterstützung sind.                                            len weiteren Beteilig-ten, die durch ihre Aufgeschlossenheit
leistet einen wichtigen Beitrag beim Erkennen der eigenen                                                                       das Mentoring-Projekt „Hürdenspringer“ bereichert und
Stärken und der Verknüpfung persönlicher Interessen mit          1:1-Jugend-Mentoring ist ein wertvolles Instrument der         damit ebenso zum Erfolg beigetragen haben: Den Eltern,
dem zukünftigen Ausbildungsweg.                                  Übergangsgestaltung, das die etablierte schulische Vor-        den beteiligten Schulen, kooperierenden Projekten, den Ak-
                                                                 bereitung und Beratung sinnvoll ergänzt. Es trägt dazu bei,    teurinnen und Akteuren aus dem Kiez und dem beruflichen

                                                             6                                                                                                                                    7
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Vorwort
                       Als wir uns im Jahre 2007 entschlos-           geistigen Behinderungen ausgerichtet. Zusätzlich betreiben     mit viel Engagement die hier veröffentlichten Erfahrungen
                       sen, mit dem Projekt „Hürdensprin-             wir eine Reihe von weiteren Tagesstätten, unter anderem        zusammengetragen, gefiltert und in konzentrierter Form
                       ger“ Unterstützung von freiwillig              sieben Kindertagesstätten.                                     verschriftlicht haben.
                       engagierten Mentorinnen und Men-               Mit Hürderspringer konnten wir diese Lücke schließen
                       toren für Jugendliche aus Nord-Neu-            und befinden uns nunmehr in der zweiten Förderperiode
                       kölln auf den Weg zu bringen, hatten           eines Projektes, dass mittlerweile 155 Jugendliche sowie
                       wir bereits langjährige Erfahrungs-            142 Mentorinnen und Mentoren als aktive Teilnehmerinnen
                       werte im Bereich des Freiwilligen-             und Teilnehmer verzeichnen kann. Die Entscheidung, das
                       management auf die wir als Träger              kompakte Projektwissen zusammenzutragen und in Form            Norbert Prochnow
zurückgreifen konnten. Bürgerschaftliches Engagement ist              eines Handlungsleitfadens zu veröffentlichen, ist auch un-     Geschäftsführer
traditionell im UNIONHILFSWERK in vielen Bereichen eine               serem Anspruch an die Transparenz unserer Arbeit und an
wichtige Ergänzung der hauptamtlichen sozialen Arbeit. Wir            die Weitergabe von Erfahrungen an Dritte geschuldet. Ich
wussten also, welcher Umsicht und Vorarbeit es bedarf, um             wünsche mir an dieser Stelle, dass die vorliegenden Seiten
Menschen, die sich freiwillig engagieren möchten, passge-             einen lebendigen Austausch mit allen Interessierten zur Fol-
nau vermitteln zu können. Wir wussten auch, wie wichtig               ge haben. Unsere Hoffnung ist es auch, so neue Impulse für
eine professionelle Begleitung der Freiwilligen ist, damit            weitere Projekte im Bereich Jugend-Mentoring zu erhalten
gute Absichten auch nachhaltig den richtigen Adressaten               und zu setzen – und das es uns dann gelingt, diese Anre-
zu Gute kommt.                                                        gungen ebenfalls erfolgreich auf den Weg zu bringen und
Neu war für uns der Bereich, in dem wir Hürdenspringer                damit wiederum Neues zu schaffen.
platzierten: Jugendliche waren bis dahin keine Zielgruppe             Die Unionhilfswerk Sozialeinrichtungen gemeinnützige
für uns, mit der wir in der alltäglichen professionellen Arbeit       GmbH bedankt sich herzlich bei allen Mentorinnen und
vertraut waren. Neben dem umfangreichen Angebot, dass                 Mentoren, allen Unterstützern und Kooperationspartnern,
das UNIONHILFSWERK mit seinen Gesellschaften im Be-                   die das Mentoring-Projekt „Hürdenspringer“ mit ihrem En-
reich ambulanter und stationärer Hilfe für ältere und pfle-           gagement ermöglichten und auch weiterhin unterstützen.
gebedürftige Menschen hat, sind unsere Angebote darüber               Ein besonderer Dank geht an die Projektleiterin, Stefanie
hinaus auf Menschen mit psychischen Erkrankungen und                  Corogil und die Projektkoordinatorin, Songül Incedal, die

                                                                  8                                                                                                                              9
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Einleitung
In der Entwicklungsphase des Projekts Hürdenspringer                  Standards, was uns zeigte, dass wir auf dem richtigen Weg
flossen von Anbeginn Erfahrungen aus dem Freiwilligen-                waren.
Management des UNIONHILFSWERK ein. Daher konnten                      Aus heutiger Sicht haben wir in den letzten drei Jahren
wir sowohl auf Strukturen aufbauen, die grundlegend für               umfangreiche Projekterfahrungen sammeln können. Bisher
eine professionelle Steuerung, Einbindung und Begleitung              engagierten sich 142 lebenserfahrene Mentorinnen und
freiwillig Engagierter sind, als auch auf der ,Infrastruktur‘         Mentoren im Alter von 25 bis 73 Jahren aus unterschiedli-
eines breit aufgestellten Trägers im Bereich sozialer Einrich-        chen Berufsfeldern bei Hürdenspringer. Mit 90 Prozent un-
tungen (also zum Beispiel seine EDV, sein Qualitätsmanage-            serer Mentees konnten tragfähige Anschlussperspektiven
ment oder seine Personalverwaltung nutzen). Gleichwohl                erarbeitet werden. Zurzeit arbeiten bei uns 63 Tandems. Vor
war die Idee eines 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang                  diesem Hintergrund stellen wir unsere Erfahrungen gerne
Schule – Beruf neu und forderte das ganze Planungsge-                 in Form eines Handlungsleitfadens anderen Projekten im
schick und Engagement des „Entwicklungs-Teams“ heraus.                Bereich des 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang Schu-
Zeitgleich mit unserer Konzipierung entstand auch der Grün-           le – Beruf und weiteren Initiatoren zur Verfügung. Wir wis-
dungsleitfaden für Patenschafts- und Mentoring-Projekte               sen, dass jedes Projekt seine eigene Identität hat und sich
der „Aktion zusammen wachsen“ (www.aktion-zusammen-                   ein Handlungsleitfaden nur sehr begrenzt übertragen lässt.
wachsen.de), an dem wir uns orientieren konnten und der               Trotzdem halten wir einen Wissens- und Erfahrungstransfer
uns immer wieder neu veranlasste, unsere Projektidee an               für sinnvoll und möchten hiermit Orientierung geben und zu
den von der ,Aktion zusammen wachsen‘ vorgeschlagenen                 Diskussion und Austausch anregen. In diesem Sinne ste-
Standards auszurichten.                                               hen wir für Nachfragen gerne zur Verfügung, ebenso wie für
Der Spagat zwischen tatsächlich bestehenden Wünschen                  Hinweise, Ergänzungen, Lob und Kritik.
nach Unterstützung durch freiwillig Engagierte und über-
regionalen Qualitätsansprüchen an Mentoring-Projekte ist
eine Herausforderung. Er erfordert seine Zeit und gelang
in unserem Fall auch deshalb, weil wir uns konsequent an
den unmittelbaren Bedarfen unserer Akteursgruppen ori-
entierten. So näherten wir uns schrittweise den erwähnten

                                                                 10
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
1. Mentoring – eine Performance                                                        was es bewirken kann oder soll: Als ehrenamtliche Tätig-        2. Mentoring im Jugendbereich am                                   vielfältige Weise persönlich und beruflich von dieser verant-
     der Freiwilligkeit                                                                     keit ist Mentoring Ausdruck von bürgerschaftlichem Ver-         Übergang Schule – Beruf                                            wortungsvollen und sinnstiftenden Aufgabe.“ (Ramm 2009,
                                                                                            antwortungsgefühl. Gleichzeitig stärkt es die Identität der                                                                        S. 237)
     Nach Shea (1994) ist Mentoring ein Prozess, in dem eine                                Menschen vor Ort, bringt sie zusammen und ermutigt sie,         Von diesem Aufschwung profitiert auch das Mentoring im
                                                                                                                                                                                                                                          Unser Tipp
     Person Zeit, Know-how und Anstrengung in die Entwick-                                  ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen und – aus dieser        Jugendbereich. Besondere Anerkennung erhält hier das Ar-
     lung der Persönlichkeit, des Wissens und der Fähigkeiten                               gestärkten Position heraus – vielleicht selbst Verantwortung    beitsfeld Übergang Schule – Beruf, sowohl von Seiten der
     einer anderen Person investiert. Die Mentoren und Men-                                 zu übernehmen und sich um andere Menschen in ihrem              Politik als auch zunehmend aus dem Bereich Bildung und               Es ist anzuraten, neben europäischen und bundespoliti-
     torinnen reagieren auf die kritischen Bedürfnisse im Leben                             Stadtteil zu kümmern.“ (Ramm 2009, S. 238)                      Wissenschaft. (Vgl. Ehlers/Kruse 2007; Freiwilligensurvey            schen Förderprogrammen auch vor Ort die lokalen poli-
     der Mentees und bereiten sie somit auf größere Leistung                                                                                                des BMFSFJ 2005). Als Beispiel sei die für die gegenwärti-           tischen Programme zu studieren und Politikerinnen und
     oder Produktivität in der Zukunft vor. (Vgl. a. Hochschule                             Ein Blick in andere Länder offenbart eine lange Tradition des   ge Berliner Landesregierung gültige Koalitionsvereinbarung           Politiker beim Wort zu nehmen. Die politische und wis-
     Bochum o. J.)                                                                          Mentoring in Amerika und England. Dort gibt es zahlreiche       von 2011 erwähnt. Hier wird ausdrücklich formuliert:                 senschaftliche Anerkennung des Mentoring sollte sich
                                                                                            Mentoring-Programme mit zum Beispiel folgenden Schwer-          Jugendliche sind „durch Qualifizierungs- und Begleitungs-            auch in seiner finanziellen Unterstützung zeigen; nur so
     Beate Ramm betont die zivilgesellschaftliche Bedeutung                                 punkten:                                                        maßnahmen (z. B. Mentoring, Coaching, Patenmodelle) zu               kann seine Anwendung nachhaltig abgesichert werden.
     dieser Methode und ihrer Ziele: „Wenn wir uns Mentoring                                •   Vorbereitung und Begleitung von Führungskräften             begleiten, um Ausbildungsabbrüche und Durchfallquoten
     in seiner Idealform vorstellen, dann ist es gleichzeitig das,                          •   Unterstützung und Förderung von Frauen                      zu reduzieren.“ (S. 19). Hervorgehoben werden außerdem
                                                                                            •   Unterstützung und Förderung sozial benachteiligter          die Ziele, jugendlichen Migrantinnen und Migranten gleich-
                                                                                                Jugendlicher                                                berechtigte Chancen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu
                                                                                                                                                            schaffen und dafür vorhandene Netzwerke ehrenamtlicher
                                                                                            In Europa sind das Wissen zu, der Umgang und die Erfah-         Berufslotsen, Mentorinnen und Mentoren berlinweit auszu-
                                                                                            rung mit Mentoring relativ neu – die Praxis und Erfahrung       bauen (S. 61).
                                                                                            entsprechend geringer. Gleichwohl hat bürgerschaftliches        In modernen Bildungskonzepten spielen Mentorinnen und
                                                                                            Engagement in Deutschland in den letzten Jahren zuge-           Mentoren inzwischen eine wichtige Rolle: „Ein Mentor,
                                                                                            nommen und damit auch der Einsatz von Mentoring-Pro-            eine Mentorin orientiert sich am einzelnen Kind, an seiner
                                                                                            grammen. Hierzulande wird Mentoring mittlerweile von            Lebensumwelt und den Menschen vor Ort (...). Er bemüht
                                                                                            unterschiedlichen Institutionen als Instrument zur Perso-       sich (...) die Bedürfnisse und Potentiale zu erkennen, und

                                                                                                                                                                                                                                                                                               Foto: Claudia Pfister
                                                                                            nalentwicklung oder zur Förderung von Chancengleichheit         schafft Anregungen und Gelegenheiten für neue Lernerfah-
                                                                            Foto: Girtler

                                                                                            eingesetzt, beispielsweise von Universitäten, Unternehmen       rungen. (...) Gleichzeitig wirkt Mentoring ebenso andershe-
                                                                                            und öffentlichen Verwaltungen.                                  rum: Auch die Mentorinnen und Mentoren profitieren auf
Tandem bei Hürdenspringer: Gemeinsam an der Anschlussperspektive arbeiten                                                                                                                                                      Bewerbungstraining erleichtert den Berufseinstieg

                                                                                    12                                                                                                                                    13
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Hinweis
3. Resilienz im Jugendalter –                                        Entwicklungsverläufe und insbesondere deren personalen        Risikofaktoren, die die Entwicklung von Kindern
Grundlage des 1:1-Mentoring für sozial                               Qualitäten und sozialen Ressourcen“ (Wustmann 2005, S.        beeinträchtigen:
benachteiligte Jugendliche                                           124).                                                         •   psychosoziale Risiken                                                             Durch Mentoring kann die Resilienz von Jugendlichen
                                                                     Im Ergebnis zeigten zwei Drittel der Risikokinder im Alter    •   biologische und psychologische Risiken                                            nachhaltig gefördert werden. Der Jugendliche erhält
Der Begriff „Resilienz“ ist grundlegend für das Verständ-            von zehn Jahren schwerwiegende Lern- und Verhaltensstö-       •   traumatische Erlebnisse                                                           dabei folgende Impulse zur Eigenaktivierung: Zutrau-
nis des Jugend-Mentoring, weil er den Blick weg von den              rungen, oder sie wurden bis zum 18. Lebensjahr delinquent.                                                                                          en/Zumutung, Achtung und Wertschätzung, klar for-
Defiziten und hin zu den Stärken und Widerstandsfähigkei-            Aber ein Drittel dieser Risikokinder entwickelte sich trotz   Schutzfaktoren, die die psychische Widerstandskraft                                   mulierte Erwartungen, Ermutigung, Aufzeigen wirksa-
ten sozial benachteiligter Jugendlicher und zu möglichen             massiver multipler Belastungen zu „normalen kompetenten       des Kindes fördern:                                                                   mer Handlungsmöglichkeiten und positives Feedback.
Schutzfaktoren lenkt. Gerade diese Gruppe Jugendlicher               störungsfreien Personen“.                                     •   Charaktereigenschaften der Individuen                                             (Ehlers 2007, S. 70).
benötigt ein besonders hohes Maß psychischer und phy-                                                                              •   Eigenschaften der Familie
                                                                             Hinweis
sischer Widerstandskraft, um die vielfältigen Probleme in ih-                                                                      •   Eigenschaften der umgebenden Gesellschaft
rem sozialen Umfeld bewältigen zu können. (Vgl. ISA 2009,                                                                              (Vgl. Rhodes 2002, 28)
www.iss-ffm.de/projekte). Deshalb weisen wir hier auf                 Die Studie von Werner und Smith zeigt, dass Kinder
wichtige Ergebnisse der Resilienzforschung hin.                       und Jugendliche ihre Benachteiligungen kompensieren          Damit war die Bedeutung nicht verwandter erwachsener
In der Biologie bedeutet Resilienz Elastizität, Spannkraft,           können, wenn es ihnen gelingt, sich von erwachsenen          Bezugspersonen für die Entwicklung von Kindern und Ju-
Schwung, Beweglichkeit. In der Psychologie wird darunter              Bezugspersonen unterstützen zu lassen. Diese Erkennt-        gendlichen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und
die Widerstandskraft verstanden, die Menschen befähigt,               nis führte zu einem Paradigmenwechsel in Wissenschaft        zugleich das Fundament für Mentoring im Jugendbereich
Krisen zu meistern und Schwierigkeiten ohne langfristige              und Gesellschaft. Im Fokus standen nun nicht mehr Risi-      gelegt. (Vgl. Ehlers 2007, S. 70 f.)
Beeinträchtigung zu bewältigen. Zentral für die Einführung            kofaktoren, sondern die individuellen Schutzfaktoren der
des Begriffs in die Psychologie waren die Forschungen von             Kinder und entwicklungsförderliche Umweltbedingun-           Indikatoren von Resilienz im Jugendalter:
Werner und Smith in den 1950er Jahren in Hawaii. (Vgl. Wer-           gen (Vgl. Wustmann 2005, S. 123; Ehlers 2007, S. 70).        •   Erfolg in der Schule und beim Ausbildungsabschluss
ner/Smith 1982) Sie untersuchten in einer Längsschnittstu-                                                                         •   soziale Kompetenzenw im Familien-, Freundes- und
die 698 Kinder einer armen Gemeinde kurz nach ihrer Ge-                                                                                Bekanntenkreis
burt, im zweiten, zehnten und 18. Lebensjahr. Dabei galten                                                                         •   realistische Zielplanung für Beruf und Ausbildung

                                                                                                                                                                                               Foto: Claudia Pfister
Kinder, die bis zur Vollendung ihres zweiten Lebensjahres                                                                          •   kompetentes, zuversichtliches, umsichtiges, interes-
vier oder mehr psychosozialen Risikofaktoren ausgesetzt                                                                                siertes Verhalten
gewesen waren, als Risikokinder. „Das Forschungsinteresse
                                                                                                                                                                                                                       „Kunst im Raum“: Schülerinnen und Schüler sowie Mentees der Röntgen-Kooperationsschule
galt dem detaillierten Ergründen individuell verschiedener
                                                                                                                                                                                                                       präsentieren ihre Kunstwerke im Büro der Hürdenspringer

                                                                14                                                                                                                            15
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Unser Tipp
4. Arten und Formen des Mentorings                                                                                                                      5. Phase I: Die Konzeption                                        5.1 Begründung des 1:1-Jugend-Mentorings am
                                                                                                                                                        erfolgreichen 1:1-Jugend-Mentorings für                           Übergang Schule – Beruf
Es lassen sich vier unterschiedliche Arten und Formen des                           Das Mentoring-Projekt Hürdenspringer gehört zu den                  sozial benachteiligte Jugendliche am Über-
Mentorings unterscheiden (vgl. Löther 2003):                                        formellen oder programmatischen Formen des Mento-                   gang Schule – Beruf                                               Die Wirksamkeit des 1:1-Mentorings am Übergang Schule
                                                                                    rings, bei denen die Tandembeziehung – im Unterschied                                                                                 – Beruf ist unschwer zu begründen angesichts der gesell-
•   Beim Gruppen-Mentoring begleitet ein Mentor eine                                zum informellen Mentoring – in eine Programmstruktur                Bei der Konzeption (Phase I) und Durchführung (Phase              schaftlichen Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen
    Gruppe von Mentees.                                                             eingebettet ist (Vgl. Popoff 2005, S. 43; Ehlers 2007, S.           II) von Mentoring am Übergang zum Beruf müssen viele              aus Migrationsfamilien sowohl im schulischen Bildungssys-
•   Beim Peermentoring organisieren sich die Beteiligten                            24; Colley 2003, S. 165).                                           Bedingungen und Prozesse beachtet werden: Mentoring               tem als auch beim Berufseinstieg. Ergebnisse empirischer
    selbst und bilden Gruppen, die sich gegenseitig bera-                           Nach unseren Erfahrungen bietet sich für sozial be-                 bedeutet hier die 1:1-Begleitung einer lernenden Person           Studien finden sich in den Bildungsberichten 2006, 2008
    ten und unterstützen. Hier ist bezeichnend, dass die                            nachteiligte Jugendliche am Übergang Schule – Beruf                 (Mentee) durch eine berufserfahrene Person (Mentor) in-           und 2010 des Bundesministeriums für Bildung und For-
    jeweiligen Gruppenmitglieder sowohl die Mentoren- als                           das klassische 1:1-Mentoring an, das von einem vor-                 nerhalb eines definierten Zeitraums, um gemeinsam Ziele           schung und in den im dreijährigen Turnus durchgeführten
    auch die Mentee-Rolle übernehmen können.                                        gegebenen Programm ,gerahmt‘ ist: klare Ziele, formale              zu formulieren und die dafür erforderlichen Interessen und        PISA-Studien.
•   Beim vernetzten Mentoring wird ein Mentee von meh-                              Voraussetzungen, unterteilte Abläufe, feste Ansprech-               Fähigkeiten zu entwickeln.                                        In der Zielgruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund
    reren Mentoren betreut. Die jeweilige Mentorenauswahl                           partner und nachvollziehbare Strukturen.                            Sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Durchfüh-             finden auch 16 Monate nach dem Hauptschulabschluss
    hängt vom Anliegen des Mentees ab. Bei dieser Form                                                                                                  rung dieses anspruchsvollen Programms ist zu beachten,            nur 37 Prozent einen Ausbildungsplatz. Bei den Absolven-
    des Mentoring ist das Augenmerk auf Netzwerkbildung                                                                                                 dass die Anregungen des vorliegenden Leitfadens vor der           tinnen und Absolventen der Hauptschule ohne Migrations-
    und Reduzierung der 1:1-Abhängigkeit gerichtet.                                                                                                     Übernahme projektbezogen überprüft werden müssen. Vor             hintergrund sind es immerhin rund 53 Prozent (Vgl. BMBF
•   Beim 1:1-Mentoring geht es um die Begleitung eines                                                                                                  Beginn eines 1:1-Jugend-Mentorings bedarf es der Rück-            2008). Vor diesem Hintergrund ist die Förderung sozial be-
    Mentees durch einen Mentor. Diese Form von Bezie-                                                                                                   besinnung auf Hintergründe und Klärung der regionalen             nachteiligter Jugendlicher sowohl mit als auch und ohne
    hung zwischen Mentee und Mentor wird auch Tandem                                                                                                    Bedürfnisse und Ressourcen. Die detaillierte Planung des          Migrationshintergrund eine gesellschaftliche und soziale
    genannt.                                                                                                                                            Programms für die jeweiligen Zielgruppen und Regionen ist         Notwendigkeit. Mentoring kann dafür erfolgreich eingesetzt
                                                                                                                                                        eine notwendige Voraussetzung. Was muss dabei beachtet            werden. Von entscheidender Bedeutung ist ein der Lebens-
                                                                                                                                                        werden?                                                           welt dieser Jugendlichen angepasster1:1-Ansatz. Staatliche
                                                                                                                                                                                                                          Institutionen können diesen Ansatz nicht umsetzen – weder
                                                                                                                                                                                                                          die Schule noch die Einrichtungen der Jugendberufshilfe
                                                            Foto: Charles Yunck

                                                                                                                                                                                                                          oder beispielsweise die Arbeitsagentur erreichen die Ju-
                                                                                                                                                                                                                          gendlichen mit der Intensität eines 1:1-Jugend-Mentorings.
                                                                                                                                                                                                                          Jugendliche benötigen Unterstützung und Ideen bereits da-
                                                                                  1:1 Mentoring setzt auf klare Ziele und nachvollziehbare Strukturen

                                                            16                                                                                                                                                       17
Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
Erfahrung
hingehend, wie sie die bestehenden Angebote überhaupt                                                                           5.2 Ein Blick auf lokale Problemlagen –                              Problemfelder in Nord-Neukölln:
nutzen können. Hier setzt 1:1-Mentoring an: Die Mentoren                                                                        das Beispiel Nord-Neukölln                                           •     prekäre soziale/wirtschaftliche Lage vieler Familien
übersetzen gleichsam die „allgemeinen Informationen“ der             „Zunächst hat sie gar nichts gewusst. (...) Sie wollte                                                                          •     Zuzüge aus Südosteuropa
institutionellen Einrichtungen über Berufs- und Ausbil-              gerne etwas im Büro, gerne auch etwas mit einem Com-       In der Konzeptionsphase ist es unabdingbar, die regionalen           •     Schuldistanz
dungsmöglichkeiten für jeden einzelnen Jugendlichen.                 puter, weniger gern mit Arztpraxis, gar nichts mit Tech-   Problemlagen und besonderen Bedürfnisse vor Ort kennen               •     schulische Defizite der Jugendlichen an der Schwelle
                                                                     nik, weil sie davon gar nichts verstehe. Der Inhalt der    zu lernen. Ohne ihre Kenntnis ist es unmöglich, die Notwen-                zum Ausbildungsmarkt
         Erfahrung
                                                                     diversen Berufsbilder war ’ne Blackbox ... Weiße Flecken   digkeit von Mentoring mit seiner inhaltlichen Ausrichtung
                                                                                                                                                                                                                Hinweis
                                                                     auf der Karte waren reichlich.“ (Mentor aus dem Projekt    angemessen einzuschätzen. In Nord-Neukölln gab es bei-
 „Sehr oft wechselt man. Man weiß nie genau was man                  Hürdenspringer)                                            spielsweise der Bezirksstadträtin für Bildung, Schule, Kultur
 machen will. Und genau jetzt, in der zehnten Klasse,                                                                           und Sport, Frau Dr. Giffey, zufolge im Schuljahr 2010/2011               Ein großer Anteil dieser jungen Menschen ist aufgrund
 kommt man durcheinander: Soll man Schule weiterma-                 Eine doppelte Benachteiligung beim Übergang in den Be-      insgesamt 2.544 Schulabgänger. Von ihnen verließen 19                    geringer oder fehlender Bildungsabschlüsse und ge-
 chen oder Ausbildung? Deshalb sind Mentoren wichtig.               ruf erfahren Mädchen mit Migrationshintergrund: Auch        Prozent die Schule ohne Abschluss; 17 Prozent hatten den                 ringerer sprachlicher, kommunikativer und sozialer Kom-
 Die machen einem klar, was man machen könnte. Man                  mit guten schulischen Abschlüssen oder besseren als jun-    Status „ndH“ (nicht deutsche Herkunft).                                  petenzen vom regulären Arbeitsmarkt und damit grund-
 kann sich selbst nicht so gut einschätzen. Von außen               ge Männer derselben nationalen Herkunftsgruppe, haben                                                                                sätzlich von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen.
 können Menschen einen besser einschätzen. Mir hat es               Mädchen und junge Frauen mit und ohne Migrationshin-        Sozioökonomische Daten und soziokulturelle Faktoren
 sehr geholfen!“ (Mentee aus dem Jugend-Mentoring-                  tergrund größere Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz     in Nord-Neukölln:
 projekt Hürdenspringer)                                            und anschließend eine berufliche Position zu erlangen       •   Migrantenanteil: 52 Prozent
                                                                    (Vgl. Boss-Nünning/Karaksoglu 2011, S. 270).                •   80 Prozent der unter 18-jährigen Migranten Neuköllns
Familie und Geschwister geben natürlich soweit wie mög-                                                                             leben in Nord-Neukölln
lich Unterstützung, jedoch können die Ressourcen hier                                                                           •   Arbeitslosenquote: 36 Prozent
begrenzt sein. Nicht nur bildungsferne Eltern haben weder                                                                       •   Anteil der Empfänger von Arbeitslosengeld II: 50
einen Überblick über die zahlreichen Aus- und Weiterbil-                                                                            Prozent
dungsgänge in Deutschland, noch bestehen immer famili-                                                                          •   Befreiung von der Zuzahlung zu Lernmitteln: 69 Pro-
äre und/oder soziale Netze, die als ,Türöffner‘ für entspre-                                                                        zent der Schülerinnen und Schüler
chende Ausbildungsbetriebe fungieren können. So bleiben
Jugendliche an diesem bedeutenden Übergang mit ihren
Wünschen und Vorstellungen oft allein. Hier setzt die Unter-
stützung durch Mentorinnen und Mentoren an.

                                                               18                                                                                                                               19
Ablauf
                                                                                                                                                                                      Mentoring-Projekt Hürdenspringer
                                                                                                                                                                          unter fachlicher Anleitung/Begleitung der Projektkoordinatoren

                                                                             Unser Tipp                                                                                             Akquirierung von Mentees und Mentoren
5.3 Ein Blick auf lokale Ressourcen                                                                                                                                      Informationsveranstaltung über das Mentoring-Projekt Hürdenspringer

In sozialen Brennpunkten trifft man zum Teil auf eine hohe            Bei der Kontaktaufnahme mit möglichen Multiplikatoren                    Auswahl der Mentoren                                                                  Auswahl der Mentees
                                                                                                                                                   Erstgespräche                                                                         Erstgespräche
Dichte sozialer Projekte und ihrer Träger: Quartiersma-               und Verbündeten sind Ideen und Visionen hilfreich; es
nagement, Jugendfreizeiteinrichtungen, Einrichtungen für              sollte aber zügig die Handlungsebene erreicht werden.
Nachhilfe und Förderunterricht oder Beratungsangebote für             Das Vertrauen möglicher Partner wird durch die Realisie-                                                                  Qualifizierung
Familien und junge Erwachsene. Dadurch können einerseits              rung verabredeter Angebote gewonnen!
gewünschte und hilfreiche Vernetzungen entstehnen. Ande-                                                                                              Mentoren                                                                                Mentees
                                                                                                                                                   Umfang 27 Stunden                                                                       Umfang 6 Stunden
rerseits kann mit der Ansiedlung eines Mentoring-Projekts
eine Konkurrenzsituation entstehen, etwa wenn an Schulen          5.4 Bausteine des Konzepts                                                                                                                Matching                                Eltern nicht
                                                                                                                                                                                                                                                    vergessen
                                                                                                                                                                                                           der Tandems
mit Mentoring-Bedarf bereits Projekte mit vergleichbarer          Wir können die Kriterien, die wir als Basis für unseren Pro-
Zielsetzung arbeiten. Deshalb sollte die Erkundung des            jekterfolg identifizierten, stichwortartig in zwei Begriffen zu-
lokalen Umfelds eines solchen Projekts immer auch von             sammenfassen:                                                         Zeitraum: 1 Jahr                                                                                     Mentoring-Vereinbarung
                                                                                                                                        Häufigkeit: 1x Woche, 1-1,5 Stunden                            Mentorat
der Frage bestimmt sein, inwieweit das geplante Vorhaben          •     Struktur und                                                                                                                                                         nicht vergessen
                                                                                                                                        Ort: in den Projekträumen                               Beginn der Tandem Arbeit
dorthin ,passt‘, welche Synergie-Effekte, aber auch welche        •     Durchlässigkeit (s. Abbildung 1)
Störungen zu erwarten sind.                                       Einerseits ist eine belastbare Struktur Voraussetzung jeden
                                                                  Handelns, das nachhaltig wirken soll und kann unser Projekt           Feedbackgespräche mit Tandems
                                                                                                                                                                                                    Zwischenbilanz
Arbeitsschritte auf lokaler Ebene:                                nur aufgrund seiner                                                   Feedbackfragebögen für Mentees
•   relevante Einrichtungen kennenlernen                          •     hohen individuellen Durchlässigkeit im Sinne von
                                                                                                                                        Nach 1 Jahr Abschlussgespräch
•   Standorte relevanter Kooperationspartner erkunden                   Mitbestimmung,                                                                                                        Abschluss des Mentorats
                                                                                                                                        1 Jahr Verlängerung möglich
    (insbesondere die entsprechenden Schulen)                     •     Partizipation und
•   „Kiez“-Erkundungen zur Wahl des eigenen Standorts             •     Flexibilität
•   Projekt- und Angebotslücken feststellen                       der Unterschiedlichkeit und Individualität der Mentee-                                                                    Evaluation + Auswertung
                                                                                                                                        Extern und Intern
                                                                                                                                                                                        des Mentoring-Projekt Hürdenspringer
•   Multiplikatoren ausfindig machen                              Mentor-Tandems gerecht werden.
•   Verbündete finden                                                                                                                      Begleitformate                                        Gruppenaktivitären            Flankierende Angebote
                                                                                                                                           Mentee: Praxisbegleitung                              Mentor + Mentee               für Mentees z.B. Nachhilfe in den
•   Mitarbeit in passenden Gremien vor Ort
                                                                                                                                           Mentor: Praxisbegleitung                              z.B.: Kino, Theater,          Kernfächern Mathe, Deutsch und
•   erste Öffentlichkeitsarbeit                                                                                                            und Supervision                                       Moscheebesuch                 Englisch (siehe 6.7.)

                                                                                                                                     Abbildung 1: Ablaufdiagramm Mentoring-Projekt Hürdenspringer Berlin
                                                             20
5.4.1 Zielsetzung                                                    chen eher aus sozial schwachen Familien. Diese sind häufig   5.4.2 Prinzipien und Arbeitskultur
                                                                     auf staatliche Transferleistungen angewiesen und wegen
•     Berufsorientierung und Berufswahl sind zentrale Be-            ihres Migrationsstatus immer wieder strukturellen Diskri-    •   Sowohl die Mentorinnen und Mentoren als auch die
      standteile der Jugendphase und sollen vom Mentoring            minierungen ausgesetzt. Neben dem großen Ziel der An-            Mentees werden als Expertinnen und Experten ihrer
      unterstützt werden.                                            schlussperspektive werden viele andere Zielsetzungen ver-        Lebenswelt gesehen.
•     Es soll eine tragfähige Anschlussperspektive für               folgt, die konzeptionell von Anbeginn mitbedacht wurden:     •   Zwischen Mentorinnen und Mentoren sowie Mentees
      Jugendliche mit Migrationshintergrund und aus                                                                                   besteht eine gleichberechtigte Arbeits- und Austau-
      sozial benachteiligten Familien durch eine 1:1-Beglei-         •   eine hohe Integrationsleistung, die von den Jugend-          schebene.
      tung beim Übergang Schule – Beruf erarbeitet werden.               lichen wie von den erwachsenen Mentorinnen und           •   Grundsätzlich wird ein ressourcenorientiertes Arbeiten
•     Es wird sowohl „intergenerational“ als auch „cross-                Mentoren erbracht wird                                       praktiziert, das auch als Maxime in den Tandems gilt.
      cultural“ gearbeitet.                                          •   die Eigenaktivierung Jugendlicher, ungeachtet ihrer      •   Beide Teilnehmer-Gruppen (Mentorinnen und Men-
                                                                         sozialen und/oder ethnischen Herkunft                        toren sowie Mentees) werden vor ihrer Teilnahme am
Während bei Hürdenspringer die freiwillig Engagierten über           •   Stärkung des Selbstbewusstseins junger Menschen,             Projekt qualifiziert, damit dessen Ziele, Inhalte und Ar-
langjährige Berufserfahrungen verfügen, beziehungsweise                  ihrer Resilienz und ihrer Partizipationsmöglichkeit,         beitsweise sichergestellt sind und reflektiert werden
sich in einem sozialen Umfeld bewegen, in dem Beruf und              •   Stärkung von Empowerment im Kiez                             können.
Ausbildung selbstverständlich sind, kommen die Jugendli-                                                                          •   Das Projektteam ist multi-professionell ausgebildet und
                                                                                                                                      steht als verlässlicher und strukturgebender Partner
                                                                                                                                      allen Akteuren des Projekts zur Verfügung (s. Abbil-
           Unser Tipp
                                                                                                                                      dung 2).
                                                                                                                                  •   Impulse, die in der Projektarbeit entstehen, tragen zur
    Wir empfehlen, Ziele nicht zu verengen! Nicht nur ein gefundener Ausbildungsplatz ist ein Ziel, sondern auch der Eintritt         Weiterentwicklung des Projekts bei.
    in eine weiterführende Schule, ein Einblick in die Lebens- und/oder Arbeitswelt der Mentorin oder des Mentors, eine
    verbesserte Schulnote, die ,leibhaftige Erfahrung‘ mit freiwilligem Engagement.

                                                                                                                                                                                                  Foto: Patricia Kalisch
                                                                                                                                                                                                                           Bei den Hürdenspringern werden sowohl Mentorinnen und Mentoren als auch Mentees
                                                                                                                                                                                                                           für die Projektteilnahme qualifiziert

                                                                22                                                                                                                                23
5.4.3 Kernelemente                                               •    fundierte Begleitung der Teilnehmerinnen und Teilneh-                                                                           Ausbildung der Koordinatorinnen/Koordinatoren
                                                                      mer sowie der Tandems                                                                                                            Berufsausbildung                       Hochschulausbildung
Folgende Kernelemente empfehlen wir, in der Projekt-             •    feste Ansprechpartnerinnen und -partner für die Men-                                                                           • Werbekauffrau                      •   Berufspädagogin
                                                                                                                                                                                                     • Gartenbautechnikerin               •   Erziehungswissenschaftlerin
struktur zu verankern, wenn ein formelles Mentoring-                  torinnen und Mentoren sowie Mentees                                                                                            • Medizinsich technische             •   Diplom Betriebswirtin
Format gewählt wird und verlässliche Zahlen dokmen-              •    regelmäßige Austauschrunden mit Kooperationspart-                                                                                Angestellte                        •   Ethnologin
tiert werden müssen (finanzielle Förderung bedeutet immer             nern                                                                                                                                                                •   Germanistin
                                                                                                                                                                                                                                          •   Sozialpädagogin
einen hohen Aufwand an Nachweisen):                              •    standardisierte Dokumentation (etwa mittels eigens
                                                                      entwickelter passgerechter Formulare)                                                                                                          weibliche und männliche
•   professionelle Begleitung und Steuerung des Projekts                                                                                                                                                            Koordinatorinnen/Koordinatoren
    durch ein hauptamtliches Koordinations-Team
                                                                                                                                                                                                                        Zusatzqualifikationen
•   Freiwilligkeit der Mentorinnen und Mentoren sowie
                                                                                                                                                                                                                         • systemisch lösungsorientierte
    Mentees                                                                                                                                                                                                                Familientherapeutin
•   Verbindlichkeit der Mentorinnen und Mentoren wie                                                                                                                                                                     • Mediatorin
                                                                                                                                                                                                                         • Fundraiserin
    Mentees für einen bestimmten Zeitraum
                                                                                                                                                                                                                         • Freiwilligenmanager
•   individuelle Begleitung und Beratung und Förderung                                                                                                                                                                   • Berufsorientierung
    eines Jugendlichen durch eine lebenserfahrene Person
                                                                                                                                                                                                                        weitere Kompetenzen
•   Projektstandort im Wohnumfeld der Mentees als Basis                                                                                                                                                                  • Mehrsprachigkeit
    für die Tandems                                                                                                                                                                                                      • Migrationshintergrund
                                                                                                                                                                                                                         • Erfahrung in Projekt-
•   klare Bausteine und Formate für den gesamten Verlauf
                                                                                                                                                                                                                           arbeit
    des Mentorings                                                                                                                                                                                                       • Interkulturelle Kom-
•   direkte aufsuchende Ansprache der potentiellen Men-                                                                                                                                                                    petenzen
    tees in ihren Schulen
•   ausführliche Erstgespräche mit potentiellen Teilneh-                                                                                                                                                                Multiprofessionalität
                                                                                                                                                                                                                       im Mentoring-Projekt
    mern und Teilnehmerinnen

                                                                                                                                      Foto: Patricia Kalisch
                                                                                                                                                                                                                          Hürdenspringer
•   Qualifizierung der Mentorinnen und Mentoren sowie
    der Mentees als Voraussetzung ihrer Teilnahme
•   Auswahl der Tandempartner durch das Team der Koor-
                                                                 Koordinator/-innen, Mentor/-innen und Mentees empfangen den schwe-                            Abbildung 2: Multiprofessionalität des Teams Hürdenspringer
    dinatorinnen und Koordinatoren
                                                                 dischen Integrationsminister, 23.11.2011

                                                            24                                                                                                                                                                    25
5.4.4 Die Aufgaben der Koordinatorinnen und                        Qualifikationen im Team sollten den inhaltlichen Anforder-       5.4.6 Welche Jugendlichen können Mentees werden?                            5.4.7 Wer kann Mentorin oder Mentor werden?
Koordinatoren                                                      ungen entsprechen. Sicherlich ist ein geistes-, beziehungs-
                                                                   weise gesellschaftswissenschaftlicher akademischer Hin-          Ein Mentee sollte bestimmte Kriterien erfüllen, die sich als                Die Mentorinnen und Mentoren können aus einem deutlich
•   Finanzielle, personelle, räumliche und sächliche Res-          tergrund von Vorteil, aber ebenso gefragt kann eine kauf-        „kleinster gemeinsamer Nenner“ für diese Arbeit verstehen.                  größeren Einzugsgebiet kommen als die Mentees. Informa-
    sourcen organisieren, um Planungssicherheit für alle           männische Ausbildung sein. Im Team der hauptamtlichen            Es ist wichtig, die Zielgruppe der Mentees daraufhin zu be-                 tionen über Kiezstrukturen und Lebenswelt(en) der Men-
    Beteiligten zu gewährleisten.                                  Koordinatorinnen und Koordinatoren von Hürdenspringer            urteilen, ob und wie freiwillig Engagierte mit ihnen arbeiten               tees können in Qualifikationen vermittelt werden, ebenso die
•   „Verbündete“ und Mitgestalter vor Ort suchen und mit           kommen viele Ausbildungen und Studiengänge zusammen,             können. Diese sollen nicht überfordert werden oder Prob-                    Kenntnis der Schullandschaft und Schulstrukturen vor Ort.
    ihnen kooperieren: in der Schule, in der Elternschaft,         wodurch eine hohe Multiprofessionalität als Basis besteht.       leme lösen müssen, für die es einer professionellen Ausbil-                 Grundsätzlich voraus zu setzen ist bei den Mentorinnen
    im ,Kiez‘, mit Unternehmen und auf den verschiedenen           Die folgende Abbildung veranschaulicht diese Vielfalt (s.        dung bedarf. (s. Tabelle 1)                                                 und Mentoren ein Interesse an freiwilligem Engagement,
    Entscheidungsebenen des Bezirks und der Politik.               Abbildung 2):                                                                                                                                das dem Projektinhalt entspricht (hier: Unterstützung sozial
•   Ausführliche und abwechslungsreiche Einstiegsqua-                                                                                                                                                           benachteiligter Jugendlicher im Übergang Schule – Beruf)
    lifizierung (der Mentorinnen und Mentoren sowie                           Unser Tipp                                                                                                                        und die Bereitschaft, die Rahmenbedingungen des Projekts
    Mentees) mit deutlichen Schwerpunkten, etwa Halt-                                                                                                                                                           zu akzeptieren. (s. Tabelle 2)
    ung im Mentoring, Partizipation, interkulturelle Kompe-
    tenzen,planen und durchführen.                                     Es sollte ein Team angestrebt werden, in dem beide Ge-
•   Möglichkeiten der Qualitätssicherung und -steigerung,              schlechter in einem angemessenen Verhältnis vertreten                 Formale Aufnahmekriterien für Mentees                                Persönliche Aufnahmekriterien für Mentees
    etwa mittels Evaluation, bedenken und organisieren.                sind. Gleiches gilt für einschlägige Migrationshinter-
                                                                                                                                     •     Schülerin/Schüler einer Kooperationsschule des                   •      Interesse und Bereitschaft, die eigene Zukunft
•   Laufende Überprüfung des Projekts und seiner Struktu               gründe und Sprachkenntnisse.
                                                                                                                                           Projekts                                                                aktiv zu gestalten
    ren und gegebenenfalls Anpassung an veränderte Be-
    dingungen und Bedürfnisse.                                     Zusätzlich empfiehlt es sich, dass sich das Kollegium bedarfs-    •     keine sozialen Auffälligkeiten                                   •      Freude an Kommunikation
                                                                   weise weitere Kompetenzen aneignet. Dies ermöglichen in
                                                                   Deutschland die Angebote der Freiwilligenakademien der            •     Einverständnis der Eltern                                        •      ausreichende Zeitressourcen
5.4.5 Wie sollte ein Koordinations-Team                            großen Verbände, zum Beispiel zu den Themenkreisen
„aufgestellt“ sein?                                                •      Arbeit mit Freiwilligen                                    •     Teilnahme an Einstiegsqualifizierung                             •      Fähigkeit, Termine zu vereinbaren und einzuhalten
                                                                   •      Abrechnung und Dokumentation von Fördermitteln
Es bedarf eines multiprofessionellen, flexiblen und belast-        •      Öffentlichkeitsarbeit                                      •     Teilnahme an Projektformaten
baren Teams von Koordinatorinnen und Koordinatoren,
um diese vielseitigen Aufgaben erfolgreich zu erfüllen. Die                                                                         Tabelle 1: Formale und Persönliche Aufnahmekriterien für Mentees

                                                              26                                                                                                                                       27
Unser Tipp
5.4.8 Welche Schulen eignen sich als Kooperations-                                                                                      5.4.9 Zeitstrukturen des Koordinations-Teams                                   Die Präsenzzeiten in Räumen der Partnerschulen für Ge-
schulen?                                                                                                                                                                                                               spräche mit den Mentees und den Austausch mit Lehrerin-
                                                                             Es kann sinnvoll sein, mit nur einer Schule als Koopera-   Wegen der Berufstätigkeit der Mentorinnen und Mentoren                         nen und Lehrern liegen in der Regel am Vormittag, können
Zunächst eignen sich die Schulen der Mentees. Abzuwä-                        tionspartner zu beginnen und einen schrittweisen Aus-      und der Schulzeiten der Mentees finden die Tandemtreffen                       aber in Abhängigkeit von der Schulorganisation, insbeson-
gen ist, ob nur eine Schule, mehrere oder sogar alle Schu-                   bau zu verfolgen. In diesem Fall kann das Projekt vom      in der Regel in den Abendstunden statt. Dabei kommt es                         dere bei Ganztagsschulen, auch nachmittags stattfinden.
len eines Gebietes angesprochen werden. (s. Tabelle 3)                       erworbenen Renommee profitieren, die gewonnenen            oftmals zu einer Ansprache der anwesenden Koordinatorin-
                                                                             Erfahrungen in die Zusammenarbeit mit neuen Schulen        nen und Koordinatoren beziehungsweise kurzen Beratun-                          Für einen verbindlichen Austausch mit den Eltern der Men-
                                                                             einbringen und so seine Qualität steigern.                 gen. Es werden auf informeller Ebene organisatorische oder                     tees, den Mentorinnen und Mentoren oder anderer Part-
                                                                                                                                        inhaltliche Hinweise gegeben, Ratschläge eingeholt oder                        nern sowie für die Erledigung der anfallenden Organisa-
                 Formale Aufnahmekriterien                                            Persönliche Aufnahmekriterien                     wichtige Veranstaltungen angekündigt.                                          tions-, Verwaltungs- oder Auswertungsarbeiten in ruhiger
              für Mentorinnen und Mentoren                                            für Mentorinnen und Mentoren

                                                                         •     Interesse und Freude an gleichberechtigter Arbeit mit
 •    Mindestalter 25 Jahre                                                                                                                     Formale Aufnahmekriterien für Schulen                                     Persönliche Aufnahmekriterien für Schulen
                                                                               Jugendlichen

                                                                                                                                        •     Schulen der Zielgruppe                                               •      Das Projekt muss zum Schulprogramm/-profil ,passen‘
                                                                         •     Offenheit und Interesse an jugendlichen Lebenswelten
 •    Erweitertes Führungszeugnis
                                                                               und an kultureller Vielfalt                                                                                                         •      Bereitschaft der Schulleitung zu kontinuierlicher
                                                                                                                                        •     Abschluss eines Kooperationsvertrags
 •    Schriftliches Einverständnis mit den Rahmenbedin-                                                                                                                                                                   Zusammenarbeit
      gungen des Projekts und dem Rahmen der freiwilligen                •     Ausreichende Zeitressourcen
                                                                                                                                                                                                                   •      Bereitschaft von Teilen des Kollegiums zu
      Tätigkeit                                                                                                                         •     Standortsicherung für die Projektlaufzeit
                                                                                                                                                                                                                          kontinuierlicher Zusammenarbeit
 •    In der Regel Berufsabschluss/ Erfahrungen mit
                                                                         •     Fähigkeit, Termine zu vereinbaren und einzuhalten
      Bewerbungen                                                                                                                       •     Verpflichtung, das Projekt in die Selbstdarstellung der              •      Bereitschaft zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit
                                                                                                                                              Schule aufzunehmen                                                          des Projekts
 •    Teilnahme an der Einstiegsqualifizierung des Projekts              •     Interesse am Austausch mit dem Projekt-Team
                                                                                                                                        •     Zusicherung fester Ansprechpartner

 •    Teilnahme an Projektformaten                                                                                                      •     Zuweisung fester Sprechzeiten und Räume

Tabelle 2: Formale und persönliche Aufnahmekriterien von Mentorinnen und Mentoren                                                       Tabelle 3: Formale und Persönliche Aufnahmekriterien von Schulen eines Gebietes

                                                                       28                                                                                                                                        29
Unser Tipp
Atmosphäre ist unser Büro montags bis freitags von 9 bis                                                                                                      die Räume bedarfsangepasst vergrößert/verkleinert werden          ESF-Antrages eine Vorlaufzeit von sechs bis zwölf Monaten
20 Uhr besetzt. Zusätzlich finden manche Aktivitäten, insbe-                                                                                                  können. Hier fließen schließlich Überlegungen zum Umfang          und ein Zeitaufwand von mindestens 130 Stunden zu ver-
sondere Veranstaltungen zur Akquise von Mentorinnen und                                                                                                       des Projekts ein: Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer        anschlagen.
Mentoren oder zur Öffentlichkeitsarbeit, auch außerhalb der                                         Es ist ratsam, das Team so zu organisieren, dass Früh-    soll/wird es haben? Für welchen Zeitraum muss angemietet
Büroräume und/oder an Wochenenden statt.                                                            und Spätdienste wechseln, gerecht verteilt sind und für   werden? Ist eine Vertragsverlängerung vorzusehen? Besteht
                                                                                                    die regelmäßigen Team-Sitzungen gemeinsame Arbeits-       die Möglichkeit, in unmittelbarer Nachbarschaft des vorge-        5.6 Finanzierung
                                                                                                    zeiten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgese-    sehenen Projektbüros zusätzliche Räume zu mieten?
                                                                                                    hen werden. Wir empfehlen, für die Team-Sitzungen                                                                           Es gibt viele Finanzierungsquellen. Für jede Initiati-
                                                                                                                                                                      Erfahrung
                                                                                                    wöchentlich mindestens zwei Stunden zu reservieren                                                                          ve ist es deshalb wichtig, „Türöffner“ zu gewinnen
                                                                                                    und zusätzliche Zeitfenster für kollegiale Beratung und                                                                     oder im Gründungs-Team auch Mitarbeiter (Fundrai-
                                                                                                    Austauschmöglichkeiten sicherzustellen.                    Wir haben bereits erwähnt, dass die räumliche Nähe               ser) zu wissen, für die das Einwerben von Zuwendun-
                                                                                                                                                               des Projektbüros zu Lebenswelt und Wohnorten der                 gen, aber auch von „Zeitspenden“ und Sachmitteln,
                                                                                                                                                               Mentees sinnvoll ist und haben deshalb ausschließ-               eine Herausforderung ist, der sie sich gerne stellen.
                                                                                                5.4.10 Geeignete Räumlichkeiten                                lich im Kiez nach einem Ladenbüro gesucht. Große                 Als hilfreiche Übersicht für die Erschließung finanziel-
                                                                                                                                                               Schaufenster, barrierefreie Zugangsmöglichkeiten und             ler Mittel sei die Publikation „Fördertöpfe für Vereine,
                                                                                                Um geeignete Räume zu finden, ist es hilfreich, sich die       unmittelbare Nachbarschaft können das Entstehen von              selbstorganisierte Projekte und politische Initiativen“
                                                                                                verschiedenen Arbeitsformate klarzumachen, die vor Ort         Schwellenängsten verhindern bzw. abbauen.                        des Netzwerks Selbsthilfe e. V. empfohlen. Danach (11. Auf-
                                                                                                sichergestellt werden sollen:                                                                                                   lage, 2011, S. 16 ff.) lassen sich grob unterscheiden:
                                                                       Foto: Patricia Kalisch

                                                                                                •     Räume für Einzelberatungen                              5.5 Antragstellung                                                •   öffentliche Mittel
                                                                                                •     Räume für Gruppenaktivitäten                                                                                              •   private Mittel wie Eigenmittel, Zuwendungen von
                                                                                                •     abschließbare Büroräume mit verschließbaren Schrän-     Der Aufwand für die Beantragung von Projektmitteln hängt              Sponsoren und Stiftungsmittel
Im Büro der Hürdenspringer werden auch Präsentationen und Veranstal-                                  ken für die Dokumentation                               in hohem Maße von der Wahl des Fördermittelgebers und             •   sonstige Mittel, zum Beispiel aus Wettbewerben,
tungen durchgeführt
                                                                                                •     Toiletten für Teilnehmer                                dessen formalen Anforderungen ab. Wesentliche Kriterien               Förderpreise, Bußgelder der Gerichte zugunsten
                                                                                                •     eine Küche                                              für diese Auswahl sind das benötigte Projektbudget, die               gemeinnütziger Organisationen
                                                                                                                                                              angestrebte Projektlaufzeit, die Ressourcen des Antrag-
                                                                                                Diese Festlegungen implizieren auch Entscheidungen für        stellers und die „einzukaufende“ Förder- und Antragsex-
                                                                                                mobiles Mobiliar, mobile Rechner und die Überlegung, ob       pertise. Erfahrungsgemäß sind für die Entwicklung eines

                                                                                    30                                                                                                                                     31
Unser Tipp
Aus öffentlichen Mitteln finanziert werden Beschäfti-                    6. Phase II: Die Praxis erfolgreichen                                                                                              Checkliste zur Kontaktaufnahme mit den Mentees:
gungsförderung, berufsbezogene Maßnahmen und För-                        1:1-Jugend-Mentorings am Übergang
derprogramme auf regionaler (Verwaltungsbezirk, Kom-                     Schule – Beruf                                                 Wir empfehlen, sich nicht nur an den offenkundig                    99 In Erfahrung bringen, wer die aktuellen Klassenlehrerin-
mune, Land), nationaler (Bund) und europäischer Ebene.                                                                                  „Multiproblem“-Schulen zu orientieren. An vielen Ber-                   nen und Klassenlehrer sind.
Auf europäischer Ebene werden die Förderrichtlinien und                  Wie bereits bei der Konzeption folgt die Beschreibung der      liner Gymnasien sieht der Lehrplan keine Berufsorien-               99 Vorbesprechungstermine mit diesen Lehrkräften ver-
-programme alle sieben Jahre aktualisiert. Die nächste EU-               Durchführungsphase unter Bezugnahme auf die Praxis des         tierung vor, da sie nach wie vor auf eine universitäre                  einbaren.
Förderperiode umfasst den Zeitraum 2014 bis 2020 (Skript                 Projekts Hürdenspringer.                                       Ausbildung (als die auf den Schulabschluss folgende                 99 Mit den Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern festle-
Euroconsult, 2010, Wege durch den Förderdschungel, S. 1                                                                                 berufliche Qualifizierung) orientiert sind. Deshalb haben               gen, wann ein erster Besuch in der Klasse möglich ist.
u. 5). In jedem Fall ist es sinnvoll, Rat einzuholen über die zur        6.1 Wer sind die Mentees?                                      zahlreiche Schülerinnen und Schülern dieser Schul-                  99 Die Lehrkräfte zwei Tage zuvor an den vereinbarten Ter-
eigenen Projektidee beziehungsweise Initiative passende                                                                                 form großen Bedarf an Kenntnissen über mögliche An-                     min erinnern.
Finanzierungsform.                                                       Nahezu alle Mentees des Projekts Hürdenspringer wohnen         schlussperspektiven, wenn a) das Abitur nicht erreicht              99 Am Tag selbst ausreichend Flyer, Visitenkarten und
                                                                         in Nord-Neukölln und sind mit den strukturellen Begeben-       oder b) keine universitäre Ausbildung gewählt wird.                     Schreibunterlagen mitbringen.
Oft ist es ratsam, ein Projekt aus verschiedenen Quellen zu              heiten des Bezirks aufgewachsen. Der überwiegende Teil                                                                             99 Am Tag selbst sicherstellen, dass in der Schule der
finanzieren, die dazu miteinander kombiniert werden. Das                 kommt aus sozial benachteiligten Familien; der Anteil von                                                                              vereinbarte Projektraum für ein Gruppentreffen mit den
verlangen beispielsweise EU-Förderprogramme. Hürden-                     Mentees nichtdeutscher Herkunftssprache liegt bei rund 80     6.2 Wie werden Mentees gewonnen?                                         Mentees tatsächlich zur Verfügung stehen wird.
springer+ wird 33 Monate vom Bundesprogramm XENOS                        Prozent. Bei der ersten Kontaktaufnahme besuchen Men-                                                                              99 Das Projekt zur vereinbarten Uhrzeit in der Klasse kurz
„Integration und Vielfalt“ zu 50 Prozent aus Mitteln des Eu-             tees meist die neunte Klasse einer Sekundarschule bezie-      Die Jugendlichen werden auf Grundlage der zuvor getrof-                  vorstellen und mit den Interessenten den Projektraum
ropäischen Sozialfonds (ESF) und zu 25 Prozent aus Mitteln               hungsweise eines Gymnasiums (dort häufig auch die elfte       fenen Kooperationsvereinbarung direkt in der Schule ange-                in der Schule aufsuchen. Die Schülerinnen und Schüler
des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gefördert.                Klasse).                                                      sprochen. In Abhängigkeit von der Stabilität der aktiven Tan-            verlassen dazu kurz den Unterricht. Alternativ kann mit
Weitere 25 Prozent werden kofinanziert von der Globus-Stif-              Alle Mentees sind sehr an ihrer eigenen beruflichen Zukunft   dems erfolgt diese „Anwerbung“ ein- bis zweimal jährlich.                den Interessenten ein zeitnaher Termin nach dem Un-
tung, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband                  interessiert und dankbar für die Unterstützung, die unser     Die Kontaktaufnahme zu den Jugendlichen ist eine höchst                  terricht vereinbart werden.
Berlin e. V., aus Eigenmitteln des Trägers Unionhilfswerk                Mentoring ihnen bietet. Wir legen Wert darauf, dass die       sensible Projektphase und mitentscheidend für den Erfolg             99 Im Projektraum der Schule erste Fragen beantworten
Sozialeinrichtungen gemeinnützige GmbH und Mitteln der                   formalen und persönlichen Voraussetzungen zur Projektteil-    des Projekts. Sie wird deshalb genauer beschrieben.                      und das Projekt nochmals vorstellen.
Kooperationsschulen (in Form anteiliger Lehrerstunden).                  nahme eingehalten werden.                                                                                                          99 In der Folgewoche erneut diese und eventuell weitere
                                                                                                                                                                                                                Interessenten zur selben Zeit während des Unterrichts
                                                                                                                                                                                                                beziehungsweise nach Unterrichtsschluss in den Pro-
                                                                                                                                                                                                                jektraum bitten. Falls sie weiterhin interessiert sind und
                                                                                                                                                                                                                sich als Mentees beteiligen möchten, füllen sie erste

                                                                    32                                                                                                                                 33
Formulare aus wie den Steckbrief mit Namen, Adres-            6.3 Elternkontakte                                              dagogische Berufshintergründe vertreten. Hürdenspringer
    se, Hobbies, Berufswünschen etc. und die Teilnehmer-                                                                          hat sowohl Mentorinnen und Mentoren, die vor Ort leben,
    Erfassung.                                                    Sehr wichtig ist es, die Eltern der Mentees umfassend über      als auch solche aus besser situierten Stadtbezirken sowie
99 Nach drei, gegebenenfalls vier Wochen die Interessen-          das Mentoring-Projekt zu informieren; sie müssen es von         etliche jüngere Mentoren, die selbst erst vor kurzem nach
    ten (zukünftigen Mentees) nochmals während ihres              A bis Z kennen. Die Eltern sollen den Weg zum Projekt           Berlin gezogen sind. Ein Drittel unserer Mentoren sind
    Unterrichts aufsuchen, um ihnen die Einladungen zur           finden, von ihm mit ,ins Boot‘ geholt werden und erhalten       Männer, zwei Drittel Frauen. Überwiegend haben sie einen
    ersten Einstiegsqualifizierung zu übergeben.                  deshalb von den Projektkoordinatorinnen und -koordinato-        überdurchschnittlich hohen Bildungsabschluss und häufig
                                                                  ren eine Einführung in seinen Ablauf. Üblicherweise bitten      auch ein Studium abgeschlossen. Der Großteil hat keinen
                                                                  wir die Eltern, ihre Kinder nach Abschluss ihres ersten         Migrationshintergrund.
         Unser Tipp
                                                                  Einstiegsmoduls vom Projektbüro abzuholen. Spätestens
                                                                                                                                          Erfahrung
                                                                  aber lernen die Eltern die Koordinatorinnen und Koordi-
 Achtung: Jugendliche neigen zur Konsumentenhaltung.              natoren beim Matching kennen. Sie erfahren dann noch
 Es ist daher wichtig, wiederholt (!) darauf hinzuweisen,         einmal, was Mentoring ist, wer die Mentoren sind, welche         „Warum arbeite ich gern bei Hürdenspringer mit? Weil
 dass Mentorinnen und Mentoren keine Sozialarbeiter               Motive sie haben und was die Teilnahme ihres Kindes am           ich gerne mit Kids zusammenarbeite, weil ich auch
 sind, die an jedem Tag und zu jeder Uhrzeit verfügbar            Projekt bedeutet. Je besser die Eltern informiert sind, desto    durch sie etwas von deren Lebenswelt und -wirklichkeit
 sind.                                                            mehr Möglichkeiten haben die Jugendlichen teilzunehmen.          gespiegelt bekomme. Weil es einen fairen Austausch
                                                                  Während des laufenden Mentorings hält die zuständige             von Kompetenzen und Erfahrungen gibt. Weil auch die
Alle folgenden Termine mit den interessierten Jugendlichen        Projektkoordination den Kontakt zu den Eltern aufrecht.          Kids aus den nicht so begüterten Elternhäusern eine
finden im Projektbüro, außerhalb der Schule statt. In Ein-                                                                         Chance verdient haben und weil sie es auch schaffen
zelgesprächen werden mithilfe von Formularen der fami-                                                                             können.“ (Hürdenspringer-Mentor)
liäre Hintergrund und die vorhandenen Ressourcen jedes            6.4 Wer sind die Mentorinnen und Mentoren?
Jugendlichen erarbeitet (Biografisches Interview, Geno-
gramm, Ressourcenkarte; s. Anhänge 1 bis 3). Außerdem             Die Mentorinnen und Mentoren sind Erwachsene, die sich
finden im Projektbüro die Einstiegsqualifizierungen der           freiwillig für Jugendliche am Übergang Schule – Beruf
zukünftigen Mentees statt.                                        engagieren. Sie kommen aus den unterschiedlichsten

                                                                                                                                                                                              Foto: Patricia Kalisch
                                                                  Berufs- und Lebensphasen, sind sowohl Studierende,
                                                                  Promovierende, Angestellte, Selbstständige als auch Men-
                                                                  schen im Ruhestand. Unterdurchschnittlich sind sozialpä-
                                                                                                                                                                                                                       In Einzelgesprächen werden die vorhandenen Ressourcen der Jugendlichen abgefragt

                                                             34                                                                                                                               35
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