Handlungs-leitfaden 1:1-Jugend-Mentoring - Vielfalt-Mediathek
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1:1-Jugend-Mentoring Ein Handlungsleitfaden auf der Basis des Know-Hows der Koordinator/-innen des Mentoring-Projektes Hürdenspringer in Berlin - Neukölln Gefördert durch: Stiftung
Inhaltsverzeichnis Grußwort6 6. Phase II: Die Praxis erfolgreichen 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang Schule – Beruf32 Vorwort 8 6.1 Wer sind die Mentees?32 Einleitung10 6.2 Wie werden Mentees gewonnen?33 1. Mentoring – eine Performance der Freiwilligkeit12 6.3 Elternkontakte34 2. Mentoring im Jugendbereich am Übergang Schule – Beruf13 6.4 Wer sind die Mentorinnen und Mentoren?34 3. Resilienz im Jugendalter – Grundlage des 1:1-Mentoring für sozial benachteiligte Jugendliche14 6.5 Wie werden Mentorinnen und Mentoren gewonnen?36 4. Arten und Formen des Mentorings16 6.6 Phasen und Bausteine des Mentorings36 5. Phase I: Die Konzeption erfolgreichen 1:1-Jugend-Mentorings für sozial benachteiligte Jugendliche 6.6.1 Qualifizierung der Mentorinnen und Mentoren sowie Mentees37 am Übergang Schule – Beruf17 6.6.2 Matching – Vermittlung der Tandempartner38 5.1 Begründung des 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang Schule – Beruf17 6.6.3 Tandembegleitung 42 5.3 Ein Blick auf lokale Ressourcen20 6.6.4 Tandemabschluss44 5.4 Bausteine des Konzepts20 6.7 Flankierende Angebote zum 1:1-Mentoring46 5.4.1 Zielsetzung22 6.8 Formate der Qualitätssicherung48 5.4.2 Prinzipien und Arbeitskultur23 6.9 Öffentlichkeitsarbeit49 5.4.3 Kernelemente24 Danksagung52 5.4.4 Die Aufgaben der Koordinatorinnen und Koordinatoren26 Autorinnen52 5.4.5 Wie sollte ein Koordinations-Team „aufgestellt“ sein?26 Anhangsverzeichnis54 5.4.6 Welche Jugendlichen können Mentees werden?27 Anhang56 5.4.7 Wer kann Mentorin oder Mentor werden?27 Literaturverzeichnis68 5.4.8 Welche Schulen eignen sich als Kooperationsschulen?28 Impressum70 5.4.9 Zeitstrukturen des Koordinations-Teams29 5.5 Antragstellung31 5.6 Finanzierung31 4 5
jekte zur Verfügung gestellt wird. Mein Dank gilt dem UNIONHILFSWERK Berlin und seinen engagierten Mit- arbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses Projekt als „best-practice“ initiiert und in die zweite Förderperiode des Bundesprogrammes XENOS „Integration und Vielfalt“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geführt haben. Mein Dank gilt insbesondere auch den 142 Mentorinnen und Mentoren, die ihre Zeit, ihr Wissen und ihren Enthusiasmus gespendet haben, um junge Menschen nachhaltig zu unterstützen. Desgleichen gilt mein Dank allen weite- Grußwort ren Beteiligten, die durch ihre Aufgeschlossenheit das Mentoring-Projekt „Hür- denspringer“ bereichert und damit ebenso zum Erfolg beigetragen haben: Den Eltern, den beteiligten Schulen, kooperierenden Projekten, den Akteurinnen und Akteuren aus dem Kiez und dem beruflichen Feld sowie der Moll Marzi- Sehr geehrte Damen und Herren, Problematisch ist es, wenn im persönlichen Umfeld kein dass die jungen Menschen gemeinsam mit ihren Mento- FeldGmbH, pan sowie dieder Moll Marzipan die Publikation GmbH,Handlungsleitfadens des vorliegenden die die Publikation finan-des sehr geehrte Unterstützerinnen und Ansprechpartner mit der Kenntnis verschiedenster Aus- rinnen und Mentoren auf Augenhöhe tragfähige Perspekti- ziell ermöglicht hat, sowie nicht zuletzt den Ko-Finanzierern vorliegenden Handlungsleitfadens finanziell ermöglicht hat, wie dem Paritäti- schen Wohlfahrtsverband Berlin. Unterstützer von Kindern und Ju- bildungswege zur Verfügung steht. Wenn die Eltern keine ven für die Zeit im Anschluss an die Schule entwickeln und sowie nicht zuletzt Ko-Finanzierern wie dem Paritätischen gendlichen, typische Berufsausbildung durchlaufen haben, wenn weder tatsächlich umsetzen. Das Projekt „Hürdenspringer“ ist mit Ihr Wohlfahrtsverband Berlin. sie noch andere Personen im Umfeld Vorbilder in Sachen seinen professionellen Rahmenbedingungen ein überaus Übergänge zwischen unterschiedli- Berufswahl und Karriere sind oder wenn niemand da ist, gelungenes Beispiel für die individuelle Begleitung von so- chen Lebensphasen und deren Ge- den man fragen kann, wie man eigentlich eine Bewerbung zial benachteiligten Jugendlichen beim Berufseinstieg. Ich staltung begleiten uns von frühester schreibt. begrüße es daher sehr, dass mit dem vorliegenden Hand- Ihr Kindheit an. Die Verantwortung, die lungsleitfaden, der unter anderem auf den praktisch-en Dr.Ralf Dr. Ralf Brauksiepe Brauksiepe MdB MdB Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und So- wir selbst dabei tragen, wächst mit zunehmendem Alter. Genau das ist die Situation, in der sich Jugendliche aus Erfahrungen der Hürdenspringer basiert, Material für ver- Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin ziales Was den Übergang ins Berufsleben betrifft, so müssen die Berlin-Neukölln befinden, die am Mentoring-Projekt „Hür- gleichbare Projekte zur Verfügung gestellt wird. für Arbeit und Soziales meisten Schülerinnen und Schüler trotz aller Hilfestellung denspringer“ und seinem Nachfolgeprojekt „Hürdensprin- in sämtlichen Schulprogrammen selbst die Frage nach ih- ger+“ teilnehmen. Die Hürde zum Berufseinstieg oder zur Mein Dank gilt dem UNIONHILFSWERK Berlin und seinen rem beruflichen Weg nach Abschluss der 10. Klasse bezie- weiterführenden Schule nehmen diese Mädchen und Jun- engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses hungsweise dem Abitur beantworten. gen mithilfe freiwillig tätiger Mentorinnen und Mentoren, Projekt als „best-practice“ initiiert und in die zweite Förder- die von einem hauptamtlichen Team professionell qualifiziert periode des Bundesprogrammes XENOS „Integration und Unterstützung bei dieser schwierigen Frage bieten an die- und begleitet werden. Vielfalt“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ser Stelle nicht nur Orientierungsangebote aus dem schuli- geführt haben. Mein Dank gilt insbesondere auch den 142 schen Kontext. Von großer Relevanz sind ebenso Familien- Die Mentorinnen und Mentoren ergänzen dort, wo die fami- Mentorinnen und Mentoren, die ihre Zeit, ihr Wissen und mitglieder und weitere soziale Kontakte, die dabei helfen, liären Bezugspersonen und das soziale Umfeld der Jugend- ihren Enthusiasmus gespendet haben, um junge Menschen Interessen zu fördern und entsprechende Entscheidungen lichen nicht die an diesem Entwicklungspunkt so essentielle nachhaltig zu unterstützen. Desgleichen gilt mein Dank al- zu treffen. Diese Unterstützung aus dem privaten Umfeld Unterstützung sind. len weiteren Beteilig-ten, die durch ihre Aufgeschlossenheit leistet einen wichtigen Beitrag beim Erkennen der eigenen das Mentoring-Projekt „Hürdenspringer“ bereichert und Stärken und der Verknüpfung persönlicher Interessen mit 1:1-Jugend-Mentoring ist ein wertvolles Instrument der damit ebenso zum Erfolg beigetragen haben: Den Eltern, dem zukünftigen Ausbildungsweg. Übergangsgestaltung, das die etablierte schulische Vor- den beteiligten Schulen, kooperierenden Projekten, den Ak- bereitung und Beratung sinnvoll ergänzt. Es trägt dazu bei, teurinnen und Akteuren aus dem Kiez und dem beruflichen 6 7
Vorwort Als wir uns im Jahre 2007 entschlos- geistigen Behinderungen ausgerichtet. Zusätzlich betreiben mit viel Engagement die hier veröffentlichten Erfahrungen sen, mit dem Projekt „Hürdensprin- wir eine Reihe von weiteren Tagesstätten, unter anderem zusammengetragen, gefiltert und in konzentrierter Form ger“ Unterstützung von freiwillig sieben Kindertagesstätten. verschriftlicht haben. engagierten Mentorinnen und Men- Mit Hürderspringer konnten wir diese Lücke schließen toren für Jugendliche aus Nord-Neu- und befinden uns nunmehr in der zweiten Förderperiode kölln auf den Weg zu bringen, hatten eines Projektes, dass mittlerweile 155 Jugendliche sowie wir bereits langjährige Erfahrungs- 142 Mentorinnen und Mentoren als aktive Teilnehmerinnen werte im Bereich des Freiwilligen- und Teilnehmer verzeichnen kann. Die Entscheidung, das management auf die wir als Träger kompakte Projektwissen zusammenzutragen und in Form Norbert Prochnow zurückgreifen konnten. Bürgerschaftliches Engagement ist eines Handlungsleitfadens zu veröffentlichen, ist auch un- Geschäftsführer traditionell im UNIONHILFSWERK in vielen Bereichen eine serem Anspruch an die Transparenz unserer Arbeit und an wichtige Ergänzung der hauptamtlichen sozialen Arbeit. Wir die Weitergabe von Erfahrungen an Dritte geschuldet. Ich wussten also, welcher Umsicht und Vorarbeit es bedarf, um wünsche mir an dieser Stelle, dass die vorliegenden Seiten Menschen, die sich freiwillig engagieren möchten, passge- einen lebendigen Austausch mit allen Interessierten zur Fol- nau vermitteln zu können. Wir wussten auch, wie wichtig ge haben. Unsere Hoffnung ist es auch, so neue Impulse für eine professionelle Begleitung der Freiwilligen ist, damit weitere Projekte im Bereich Jugend-Mentoring zu erhalten gute Absichten auch nachhaltig den richtigen Adressaten und zu setzen – und das es uns dann gelingt, diese Anre- zu Gute kommt. gungen ebenfalls erfolgreich auf den Weg zu bringen und Neu war für uns der Bereich, in dem wir Hürdenspringer damit wiederum Neues zu schaffen. platzierten: Jugendliche waren bis dahin keine Zielgruppe Die Unionhilfswerk Sozialeinrichtungen gemeinnützige für uns, mit der wir in der alltäglichen professionellen Arbeit GmbH bedankt sich herzlich bei allen Mentorinnen und vertraut waren. Neben dem umfangreichen Angebot, dass Mentoren, allen Unterstützern und Kooperationspartnern, das UNIONHILFSWERK mit seinen Gesellschaften im Be- die das Mentoring-Projekt „Hürdenspringer“ mit ihrem En- reich ambulanter und stationärer Hilfe für ältere und pfle- gagement ermöglichten und auch weiterhin unterstützen. gebedürftige Menschen hat, sind unsere Angebote darüber Ein besonderer Dank geht an die Projektleiterin, Stefanie hinaus auf Menschen mit psychischen Erkrankungen und Corogil und die Projektkoordinatorin, Songül Incedal, die 8 9
Einleitung In der Entwicklungsphase des Projekts Hürdenspringer Standards, was uns zeigte, dass wir auf dem richtigen Weg flossen von Anbeginn Erfahrungen aus dem Freiwilligen- waren. Management des UNIONHILFSWERK ein. Daher konnten Aus heutiger Sicht haben wir in den letzten drei Jahren wir sowohl auf Strukturen aufbauen, die grundlegend für umfangreiche Projekterfahrungen sammeln können. Bisher eine professionelle Steuerung, Einbindung und Begleitung engagierten sich 142 lebenserfahrene Mentorinnen und freiwillig Engagierter sind, als auch auf der ,Infrastruktur‘ Mentoren im Alter von 25 bis 73 Jahren aus unterschiedli- eines breit aufgestellten Trägers im Bereich sozialer Einrich- chen Berufsfeldern bei Hürdenspringer. Mit 90 Prozent un- tungen (also zum Beispiel seine EDV, sein Qualitätsmanage- serer Mentees konnten tragfähige Anschlussperspektiven ment oder seine Personalverwaltung nutzen). Gleichwohl erarbeitet werden. Zurzeit arbeiten bei uns 63 Tandems. Vor war die Idee eines 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang diesem Hintergrund stellen wir unsere Erfahrungen gerne Schule – Beruf neu und forderte das ganze Planungsge- in Form eines Handlungsleitfadens anderen Projekten im schick und Engagement des „Entwicklungs-Teams“ heraus. Bereich des 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang Schu- Zeitgleich mit unserer Konzipierung entstand auch der Grün- le – Beruf und weiteren Initiatoren zur Verfügung. Wir wis- dungsleitfaden für Patenschafts- und Mentoring-Projekte sen, dass jedes Projekt seine eigene Identität hat und sich der „Aktion zusammen wachsen“ (www.aktion-zusammen- ein Handlungsleitfaden nur sehr begrenzt übertragen lässt. wachsen.de), an dem wir uns orientieren konnten und der Trotzdem halten wir einen Wissens- und Erfahrungstransfer uns immer wieder neu veranlasste, unsere Projektidee an für sinnvoll und möchten hiermit Orientierung geben und zu den von der ,Aktion zusammen wachsen‘ vorgeschlagenen Diskussion und Austausch anregen. In diesem Sinne ste- Standards auszurichten. hen wir für Nachfragen gerne zur Verfügung, ebenso wie für Der Spagat zwischen tatsächlich bestehenden Wünschen Hinweise, Ergänzungen, Lob und Kritik. nach Unterstützung durch freiwillig Engagierte und über- regionalen Qualitätsansprüchen an Mentoring-Projekte ist eine Herausforderung. Er erfordert seine Zeit und gelang in unserem Fall auch deshalb, weil wir uns konsequent an den unmittelbaren Bedarfen unserer Akteursgruppen ori- entierten. So näherten wir uns schrittweise den erwähnten 10
1. Mentoring – eine Performance was es bewirken kann oder soll: Als ehrenamtliche Tätig- 2. Mentoring im Jugendbereich am vielfältige Weise persönlich und beruflich von dieser verant- der Freiwilligkeit keit ist Mentoring Ausdruck von bürgerschaftlichem Ver- Übergang Schule – Beruf wortungsvollen und sinnstiftenden Aufgabe.“ (Ramm 2009, antwortungsgefühl. Gleichzeitig stärkt es die Identität der S. 237) Nach Shea (1994) ist Mentoring ein Prozess, in dem eine Menschen vor Ort, bringt sie zusammen und ermutigt sie, Von diesem Aufschwung profitiert auch das Mentoring im Unser Tipp Person Zeit, Know-how und Anstrengung in die Entwick- ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen und – aus dieser Jugendbereich. Besondere Anerkennung erhält hier das Ar- lung der Persönlichkeit, des Wissens und der Fähigkeiten gestärkten Position heraus – vielleicht selbst Verantwortung beitsfeld Übergang Schule – Beruf, sowohl von Seiten der einer anderen Person investiert. Die Mentoren und Men- zu übernehmen und sich um andere Menschen in ihrem Politik als auch zunehmend aus dem Bereich Bildung und Es ist anzuraten, neben europäischen und bundespoliti- torinnen reagieren auf die kritischen Bedürfnisse im Leben Stadtteil zu kümmern.“ (Ramm 2009, S. 238) Wissenschaft. (Vgl. Ehlers/Kruse 2007; Freiwilligensurvey schen Förderprogrammen auch vor Ort die lokalen poli- der Mentees und bereiten sie somit auf größere Leistung des BMFSFJ 2005). Als Beispiel sei die für die gegenwärti- tischen Programme zu studieren und Politikerinnen und oder Produktivität in der Zukunft vor. (Vgl. a. Hochschule Ein Blick in andere Länder offenbart eine lange Tradition des ge Berliner Landesregierung gültige Koalitionsvereinbarung Politiker beim Wort zu nehmen. Die politische und wis- Bochum o. J.) Mentoring in Amerika und England. Dort gibt es zahlreiche von 2011 erwähnt. Hier wird ausdrücklich formuliert: senschaftliche Anerkennung des Mentoring sollte sich Mentoring-Programme mit zum Beispiel folgenden Schwer- Jugendliche sind „durch Qualifizierungs- und Begleitungs- auch in seiner finanziellen Unterstützung zeigen; nur so Beate Ramm betont die zivilgesellschaftliche Bedeutung punkten: maßnahmen (z. B. Mentoring, Coaching, Patenmodelle) zu kann seine Anwendung nachhaltig abgesichert werden. dieser Methode und ihrer Ziele: „Wenn wir uns Mentoring • Vorbereitung und Begleitung von Führungskräften begleiten, um Ausbildungsabbrüche und Durchfallquoten in seiner Idealform vorstellen, dann ist es gleichzeitig das, • Unterstützung und Förderung von Frauen zu reduzieren.“ (S. 19). Hervorgehoben werden außerdem • Unterstützung und Förderung sozial benachteiligter die Ziele, jugendlichen Migrantinnen und Migranten gleich- Jugendlicher berechtigte Chancen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu schaffen und dafür vorhandene Netzwerke ehrenamtlicher In Europa sind das Wissen zu, der Umgang und die Erfah- Berufslotsen, Mentorinnen und Mentoren berlinweit auszu- rung mit Mentoring relativ neu – die Praxis und Erfahrung bauen (S. 61). entsprechend geringer. Gleichwohl hat bürgerschaftliches In modernen Bildungskonzepten spielen Mentorinnen und Engagement in Deutschland in den letzten Jahren zuge- Mentoren inzwischen eine wichtige Rolle: „Ein Mentor, nommen und damit auch der Einsatz von Mentoring-Pro- eine Mentorin orientiert sich am einzelnen Kind, an seiner grammen. Hierzulande wird Mentoring mittlerweile von Lebensumwelt und den Menschen vor Ort (...). Er bemüht unterschiedlichen Institutionen als Instrument zur Perso- sich (...) die Bedürfnisse und Potentiale zu erkennen, und Foto: Claudia Pfister nalentwicklung oder zur Förderung von Chancengleichheit schafft Anregungen und Gelegenheiten für neue Lernerfah- Foto: Girtler eingesetzt, beispielsweise von Universitäten, Unternehmen rungen. (...) Gleichzeitig wirkt Mentoring ebenso andershe- und öffentlichen Verwaltungen. rum: Auch die Mentorinnen und Mentoren profitieren auf Tandem bei Hürdenspringer: Gemeinsam an der Anschlussperspektive arbeiten Bewerbungstraining erleichtert den Berufseinstieg 12 13
Hinweis 3. Resilienz im Jugendalter – Entwicklungsverläufe und insbesondere deren personalen Risikofaktoren, die die Entwicklung von Kindern Grundlage des 1:1-Mentoring für sozial Qualitäten und sozialen Ressourcen“ (Wustmann 2005, S. beeinträchtigen: benachteiligte Jugendliche 124). • psychosoziale Risiken Durch Mentoring kann die Resilienz von Jugendlichen Im Ergebnis zeigten zwei Drittel der Risikokinder im Alter • biologische und psychologische Risiken nachhaltig gefördert werden. Der Jugendliche erhält Der Begriff „Resilienz“ ist grundlegend für das Verständ- von zehn Jahren schwerwiegende Lern- und Verhaltensstö- • traumatische Erlebnisse dabei folgende Impulse zur Eigenaktivierung: Zutrau- nis des Jugend-Mentoring, weil er den Blick weg von den rungen, oder sie wurden bis zum 18. Lebensjahr delinquent. en/Zumutung, Achtung und Wertschätzung, klar for- Defiziten und hin zu den Stärken und Widerstandsfähigkei- Aber ein Drittel dieser Risikokinder entwickelte sich trotz Schutzfaktoren, die die psychische Widerstandskraft mulierte Erwartungen, Ermutigung, Aufzeigen wirksa- ten sozial benachteiligter Jugendlicher und zu möglichen massiver multipler Belastungen zu „normalen kompetenten des Kindes fördern: mer Handlungsmöglichkeiten und positives Feedback. Schutzfaktoren lenkt. Gerade diese Gruppe Jugendlicher störungsfreien Personen“. • Charaktereigenschaften der Individuen (Ehlers 2007, S. 70). benötigt ein besonders hohes Maß psychischer und phy- • Eigenschaften der Familie Hinweis sischer Widerstandskraft, um die vielfältigen Probleme in ih- • Eigenschaften der umgebenden Gesellschaft rem sozialen Umfeld bewältigen zu können. (Vgl. ISA 2009, (Vgl. Rhodes 2002, 28) www.iss-ffm.de/projekte). Deshalb weisen wir hier auf Die Studie von Werner und Smith zeigt, dass Kinder wichtige Ergebnisse der Resilienzforschung hin. und Jugendliche ihre Benachteiligungen kompensieren Damit war die Bedeutung nicht verwandter erwachsener In der Biologie bedeutet Resilienz Elastizität, Spannkraft, können, wenn es ihnen gelingt, sich von erwachsenen Bezugspersonen für die Entwicklung von Kindern und Ju- Schwung, Beweglichkeit. In der Psychologie wird darunter Bezugspersonen unterstützen zu lassen. Diese Erkennt- gendlichen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und die Widerstandskraft verstanden, die Menschen befähigt, nis führte zu einem Paradigmenwechsel in Wissenschaft zugleich das Fundament für Mentoring im Jugendbereich Krisen zu meistern und Schwierigkeiten ohne langfristige und Gesellschaft. Im Fokus standen nun nicht mehr Risi- gelegt. (Vgl. Ehlers 2007, S. 70 f.) Beeinträchtigung zu bewältigen. Zentral für die Einführung kofaktoren, sondern die individuellen Schutzfaktoren der des Begriffs in die Psychologie waren die Forschungen von Kinder und entwicklungsförderliche Umweltbedingun- Indikatoren von Resilienz im Jugendalter: Werner und Smith in den 1950er Jahren in Hawaii. (Vgl. Wer- gen (Vgl. Wustmann 2005, S. 123; Ehlers 2007, S. 70). • Erfolg in der Schule und beim Ausbildungsabschluss ner/Smith 1982) Sie untersuchten in einer Längsschnittstu- • soziale Kompetenzenw im Familien-, Freundes- und die 698 Kinder einer armen Gemeinde kurz nach ihrer Ge- Bekanntenkreis burt, im zweiten, zehnten und 18. Lebensjahr. Dabei galten • realistische Zielplanung für Beruf und Ausbildung Foto: Claudia Pfister Kinder, die bis zur Vollendung ihres zweiten Lebensjahres • kompetentes, zuversichtliches, umsichtiges, interes- vier oder mehr psychosozialen Risikofaktoren ausgesetzt siertes Verhalten gewesen waren, als Risikokinder. „Das Forschungsinteresse „Kunst im Raum“: Schülerinnen und Schüler sowie Mentees der Röntgen-Kooperationsschule galt dem detaillierten Ergründen individuell verschiedener präsentieren ihre Kunstwerke im Büro der Hürdenspringer 14 15
Unser Tipp 4. Arten und Formen des Mentorings 5. Phase I: Die Konzeption 5.1 Begründung des 1:1-Jugend-Mentorings am erfolgreichen 1:1-Jugend-Mentorings für Übergang Schule – Beruf Es lassen sich vier unterschiedliche Arten und Formen des Das Mentoring-Projekt Hürdenspringer gehört zu den sozial benachteiligte Jugendliche am Über- Mentorings unterscheiden (vgl. Löther 2003): formellen oder programmatischen Formen des Mento- gang Schule – Beruf Die Wirksamkeit des 1:1-Mentorings am Übergang Schule rings, bei denen die Tandembeziehung – im Unterschied – Beruf ist unschwer zu begründen angesichts der gesell- • Beim Gruppen-Mentoring begleitet ein Mentor eine zum informellen Mentoring – in eine Programmstruktur Bei der Konzeption (Phase I) und Durchführung (Phase schaftlichen Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen Gruppe von Mentees. eingebettet ist (Vgl. Popoff 2005, S. 43; Ehlers 2007, S. II) von Mentoring am Übergang zum Beruf müssen viele aus Migrationsfamilien sowohl im schulischen Bildungssys- • Beim Peermentoring organisieren sich die Beteiligten 24; Colley 2003, S. 165). Bedingungen und Prozesse beachtet werden: Mentoring tem als auch beim Berufseinstieg. Ergebnisse empirischer selbst und bilden Gruppen, die sich gegenseitig bera- Nach unseren Erfahrungen bietet sich für sozial be- bedeutet hier die 1:1-Begleitung einer lernenden Person Studien finden sich in den Bildungsberichten 2006, 2008 ten und unterstützen. Hier ist bezeichnend, dass die nachteiligte Jugendliche am Übergang Schule – Beruf (Mentee) durch eine berufserfahrene Person (Mentor) in- und 2010 des Bundesministeriums für Bildung und For- jeweiligen Gruppenmitglieder sowohl die Mentoren- als das klassische 1:1-Mentoring an, das von einem vor- nerhalb eines definierten Zeitraums, um gemeinsam Ziele schung und in den im dreijährigen Turnus durchgeführten auch die Mentee-Rolle übernehmen können. gegebenen Programm ,gerahmt‘ ist: klare Ziele, formale zu formulieren und die dafür erforderlichen Interessen und PISA-Studien. • Beim vernetzten Mentoring wird ein Mentee von meh- Voraussetzungen, unterteilte Abläufe, feste Ansprech- Fähigkeiten zu entwickeln. In der Zielgruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund reren Mentoren betreut. Die jeweilige Mentorenauswahl partner und nachvollziehbare Strukturen. Sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Durchfüh- finden auch 16 Monate nach dem Hauptschulabschluss hängt vom Anliegen des Mentees ab. Bei dieser Form rung dieses anspruchsvollen Programms ist zu beachten, nur 37 Prozent einen Ausbildungsplatz. Bei den Absolven- des Mentoring ist das Augenmerk auf Netzwerkbildung dass die Anregungen des vorliegenden Leitfadens vor der tinnen und Absolventen der Hauptschule ohne Migrations- und Reduzierung der 1:1-Abhängigkeit gerichtet. Übernahme projektbezogen überprüft werden müssen. Vor hintergrund sind es immerhin rund 53 Prozent (Vgl. BMBF • Beim 1:1-Mentoring geht es um die Begleitung eines Beginn eines 1:1-Jugend-Mentorings bedarf es der Rück- 2008). Vor diesem Hintergrund ist die Förderung sozial be- Mentees durch einen Mentor. Diese Form von Bezie- besinnung auf Hintergründe und Klärung der regionalen nachteiligter Jugendlicher sowohl mit als auch und ohne hung zwischen Mentee und Mentor wird auch Tandem Bedürfnisse und Ressourcen. Die detaillierte Planung des Migrationshintergrund eine gesellschaftliche und soziale genannt. Programms für die jeweiligen Zielgruppen und Regionen ist Notwendigkeit. Mentoring kann dafür erfolgreich eingesetzt eine notwendige Voraussetzung. Was muss dabei beachtet werden. Von entscheidender Bedeutung ist ein der Lebens- werden? welt dieser Jugendlichen angepasster1:1-Ansatz. Staatliche Institutionen können diesen Ansatz nicht umsetzen – weder die Schule noch die Einrichtungen der Jugendberufshilfe Foto: Charles Yunck oder beispielsweise die Arbeitsagentur erreichen die Ju- gendlichen mit der Intensität eines 1:1-Jugend-Mentorings. Jugendliche benötigen Unterstützung und Ideen bereits da- 1:1 Mentoring setzt auf klare Ziele und nachvollziehbare Strukturen 16 17
Erfahrung hingehend, wie sie die bestehenden Angebote überhaupt 5.2 Ein Blick auf lokale Problemlagen – Problemfelder in Nord-Neukölln: nutzen können. Hier setzt 1:1-Mentoring an: Die Mentoren das Beispiel Nord-Neukölln • prekäre soziale/wirtschaftliche Lage vieler Familien übersetzen gleichsam die „allgemeinen Informationen“ der „Zunächst hat sie gar nichts gewusst. (...) Sie wollte • Zuzüge aus Südosteuropa institutionellen Einrichtungen über Berufs- und Ausbil- gerne etwas im Büro, gerne auch etwas mit einem Com- In der Konzeptionsphase ist es unabdingbar, die regionalen • Schuldistanz dungsmöglichkeiten für jeden einzelnen Jugendlichen. puter, weniger gern mit Arztpraxis, gar nichts mit Tech- Problemlagen und besonderen Bedürfnisse vor Ort kennen • schulische Defizite der Jugendlichen an der Schwelle nik, weil sie davon gar nichts verstehe. Der Inhalt der zu lernen. Ohne ihre Kenntnis ist es unmöglich, die Notwen- zum Ausbildungsmarkt Erfahrung diversen Berufsbilder war ’ne Blackbox ... Weiße Flecken digkeit von Mentoring mit seiner inhaltlichen Ausrichtung Hinweis auf der Karte waren reichlich.“ (Mentor aus dem Projekt angemessen einzuschätzen. In Nord-Neukölln gab es bei- „Sehr oft wechselt man. Man weiß nie genau was man Hürdenspringer) spielsweise der Bezirksstadträtin für Bildung, Schule, Kultur machen will. Und genau jetzt, in der zehnten Klasse, und Sport, Frau Dr. Giffey, zufolge im Schuljahr 2010/2011 Ein großer Anteil dieser jungen Menschen ist aufgrund kommt man durcheinander: Soll man Schule weiterma- Eine doppelte Benachteiligung beim Übergang in den Be- insgesamt 2.544 Schulabgänger. Von ihnen verließen 19 geringer oder fehlender Bildungsabschlüsse und ge- chen oder Ausbildung? Deshalb sind Mentoren wichtig. ruf erfahren Mädchen mit Migrationshintergrund: Auch Prozent die Schule ohne Abschluss; 17 Prozent hatten den ringerer sprachlicher, kommunikativer und sozialer Kom- Die machen einem klar, was man machen könnte. Man mit guten schulischen Abschlüssen oder besseren als jun- Status „ndH“ (nicht deutsche Herkunft). petenzen vom regulären Arbeitsmarkt und damit grund- kann sich selbst nicht so gut einschätzen. Von außen ge Männer derselben nationalen Herkunftsgruppe, haben sätzlich von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. können Menschen einen besser einschätzen. Mir hat es Mädchen und junge Frauen mit und ohne Migrationshin- Sozioökonomische Daten und soziokulturelle Faktoren sehr geholfen!“ (Mentee aus dem Jugend-Mentoring- tergrund größere Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz in Nord-Neukölln: projekt Hürdenspringer) und anschließend eine berufliche Position zu erlangen • Migrantenanteil: 52 Prozent (Vgl. Boss-Nünning/Karaksoglu 2011, S. 270). • 80 Prozent der unter 18-jährigen Migranten Neuköllns Familie und Geschwister geben natürlich soweit wie mög- leben in Nord-Neukölln lich Unterstützung, jedoch können die Ressourcen hier • Arbeitslosenquote: 36 Prozent begrenzt sein. Nicht nur bildungsferne Eltern haben weder • Anteil der Empfänger von Arbeitslosengeld II: 50 einen Überblick über die zahlreichen Aus- und Weiterbil- Prozent dungsgänge in Deutschland, noch bestehen immer famili- • Befreiung von der Zuzahlung zu Lernmitteln: 69 Pro- äre und/oder soziale Netze, die als ,Türöffner‘ für entspre- zent der Schülerinnen und Schüler chende Ausbildungsbetriebe fungieren können. So bleiben Jugendliche an diesem bedeutenden Übergang mit ihren Wünschen und Vorstellungen oft allein. Hier setzt die Unter- stützung durch Mentorinnen und Mentoren an. 18 19
Ablauf Mentoring-Projekt Hürdenspringer unter fachlicher Anleitung/Begleitung der Projektkoordinatoren Unser Tipp Akquirierung von Mentees und Mentoren 5.3 Ein Blick auf lokale Ressourcen Informationsveranstaltung über das Mentoring-Projekt Hürdenspringer In sozialen Brennpunkten trifft man zum Teil auf eine hohe Bei der Kontaktaufnahme mit möglichen Multiplikatoren Auswahl der Mentoren Auswahl der Mentees Erstgespräche Erstgespräche Dichte sozialer Projekte und ihrer Träger: Quartiersma- und Verbündeten sind Ideen und Visionen hilfreich; es nagement, Jugendfreizeiteinrichtungen, Einrichtungen für sollte aber zügig die Handlungsebene erreicht werden. Nachhilfe und Förderunterricht oder Beratungsangebote für Das Vertrauen möglicher Partner wird durch die Realisie- Qualifizierung Familien und junge Erwachsene. Dadurch können einerseits rung verabredeter Angebote gewonnen! gewünschte und hilfreiche Vernetzungen entstehnen. Ande- Mentoren Mentees Umfang 27 Stunden Umfang 6 Stunden rerseits kann mit der Ansiedlung eines Mentoring-Projekts eine Konkurrenzsituation entstehen, etwa wenn an Schulen 5.4 Bausteine des Konzepts Matching Eltern nicht vergessen der Tandems mit Mentoring-Bedarf bereits Projekte mit vergleichbarer Wir können die Kriterien, die wir als Basis für unseren Pro- Zielsetzung arbeiten. Deshalb sollte die Erkundung des jekterfolg identifizierten, stichwortartig in zwei Begriffen zu- lokalen Umfelds eines solchen Projekts immer auch von sammenfassen: Zeitraum: 1 Jahr Mentoring-Vereinbarung Häufigkeit: 1x Woche, 1-1,5 Stunden Mentorat der Frage bestimmt sein, inwieweit das geplante Vorhaben • Struktur und nicht vergessen Ort: in den Projekträumen Beginn der Tandem Arbeit dorthin ,passt‘, welche Synergie-Effekte, aber auch welche • Durchlässigkeit (s. Abbildung 1) Störungen zu erwarten sind. Einerseits ist eine belastbare Struktur Voraussetzung jeden Handelns, das nachhaltig wirken soll und kann unser Projekt Feedbackgespräche mit Tandems Zwischenbilanz Arbeitsschritte auf lokaler Ebene: nur aufgrund seiner Feedbackfragebögen für Mentees • relevante Einrichtungen kennenlernen • hohen individuellen Durchlässigkeit im Sinne von Nach 1 Jahr Abschlussgespräch • Standorte relevanter Kooperationspartner erkunden Mitbestimmung, Abschluss des Mentorats 1 Jahr Verlängerung möglich (insbesondere die entsprechenden Schulen) • Partizipation und • „Kiez“-Erkundungen zur Wahl des eigenen Standorts • Flexibilität • Projekt- und Angebotslücken feststellen der Unterschiedlichkeit und Individualität der Mentee- Evaluation + Auswertung Extern und Intern des Mentoring-Projekt Hürdenspringer • Multiplikatoren ausfindig machen Mentor-Tandems gerecht werden. • Verbündete finden Begleitformate Gruppenaktivitären Flankierende Angebote Mentee: Praxisbegleitung Mentor + Mentee für Mentees z.B. Nachhilfe in den • Mitarbeit in passenden Gremien vor Ort Mentor: Praxisbegleitung z.B.: Kino, Theater, Kernfächern Mathe, Deutsch und • erste Öffentlichkeitsarbeit und Supervision Moscheebesuch Englisch (siehe 6.7.) Abbildung 1: Ablaufdiagramm Mentoring-Projekt Hürdenspringer Berlin 20
5.4.1 Zielsetzung chen eher aus sozial schwachen Familien. Diese sind häufig 5.4.2 Prinzipien und Arbeitskultur auf staatliche Transferleistungen angewiesen und wegen • Berufsorientierung und Berufswahl sind zentrale Be- ihres Migrationsstatus immer wieder strukturellen Diskri- • Sowohl die Mentorinnen und Mentoren als auch die standteile der Jugendphase und sollen vom Mentoring minierungen ausgesetzt. Neben dem großen Ziel der An- Mentees werden als Expertinnen und Experten ihrer unterstützt werden. schlussperspektive werden viele andere Zielsetzungen ver- Lebenswelt gesehen. • Es soll eine tragfähige Anschlussperspektive für folgt, die konzeptionell von Anbeginn mitbedacht wurden: • Zwischen Mentorinnen und Mentoren sowie Mentees Jugendliche mit Migrationshintergrund und aus besteht eine gleichberechtigte Arbeits- und Austau- sozial benachteiligten Familien durch eine 1:1-Beglei- • eine hohe Integrationsleistung, die von den Jugend- schebene. tung beim Übergang Schule – Beruf erarbeitet werden. lichen wie von den erwachsenen Mentorinnen und • Grundsätzlich wird ein ressourcenorientiertes Arbeiten • Es wird sowohl „intergenerational“ als auch „cross- Mentoren erbracht wird praktiziert, das auch als Maxime in den Tandems gilt. cultural“ gearbeitet. • die Eigenaktivierung Jugendlicher, ungeachtet ihrer • Beide Teilnehmer-Gruppen (Mentorinnen und Men- sozialen und/oder ethnischen Herkunft toren sowie Mentees) werden vor ihrer Teilnahme am Während bei Hürdenspringer die freiwillig Engagierten über • Stärkung des Selbstbewusstseins junger Menschen, Projekt qualifiziert, damit dessen Ziele, Inhalte und Ar- langjährige Berufserfahrungen verfügen, beziehungsweise ihrer Resilienz und ihrer Partizipationsmöglichkeit, beitsweise sichergestellt sind und reflektiert werden sich in einem sozialen Umfeld bewegen, in dem Beruf und • Stärkung von Empowerment im Kiez können. Ausbildung selbstverständlich sind, kommen die Jugendli- • Das Projektteam ist multi-professionell ausgebildet und steht als verlässlicher und strukturgebender Partner allen Akteuren des Projekts zur Verfügung (s. Abbil- Unser Tipp dung 2). • Impulse, die in der Projektarbeit entstehen, tragen zur Wir empfehlen, Ziele nicht zu verengen! Nicht nur ein gefundener Ausbildungsplatz ist ein Ziel, sondern auch der Eintritt Weiterentwicklung des Projekts bei. in eine weiterführende Schule, ein Einblick in die Lebens- und/oder Arbeitswelt der Mentorin oder des Mentors, eine verbesserte Schulnote, die ,leibhaftige Erfahrung‘ mit freiwilligem Engagement. Foto: Patricia Kalisch Bei den Hürdenspringern werden sowohl Mentorinnen und Mentoren als auch Mentees für die Projektteilnahme qualifiziert 22 23
5.4.3 Kernelemente • fundierte Begleitung der Teilnehmerinnen und Teilneh- Ausbildung der Koordinatorinnen/Koordinatoren mer sowie der Tandems Berufsausbildung Hochschulausbildung Folgende Kernelemente empfehlen wir, in der Projekt- • feste Ansprechpartnerinnen und -partner für die Men- • Werbekauffrau • Berufspädagogin • Gartenbautechnikerin • Erziehungswissenschaftlerin struktur zu verankern, wenn ein formelles Mentoring- torinnen und Mentoren sowie Mentees • Medizinsich technische • Diplom Betriebswirtin Format gewählt wird und verlässliche Zahlen dokmen- • regelmäßige Austauschrunden mit Kooperationspart- Angestellte • Ethnologin tiert werden müssen (finanzielle Förderung bedeutet immer nern • Germanistin • Sozialpädagogin einen hohen Aufwand an Nachweisen): • standardisierte Dokumentation (etwa mittels eigens entwickelter passgerechter Formulare) weibliche und männliche • professionelle Begleitung und Steuerung des Projekts Koordinatorinnen/Koordinatoren durch ein hauptamtliches Koordinations-Team Zusatzqualifikationen • Freiwilligkeit der Mentorinnen und Mentoren sowie • systemisch lösungsorientierte Mentees Familientherapeutin • Verbindlichkeit der Mentorinnen und Mentoren wie • Mediatorin • Fundraiserin Mentees für einen bestimmten Zeitraum • Freiwilligenmanager • individuelle Begleitung und Beratung und Förderung • Berufsorientierung eines Jugendlichen durch eine lebenserfahrene Person weitere Kompetenzen • Projektstandort im Wohnumfeld der Mentees als Basis • Mehrsprachigkeit für die Tandems • Migrationshintergrund • Erfahrung in Projekt- • klare Bausteine und Formate für den gesamten Verlauf arbeit des Mentorings • Interkulturelle Kom- • direkte aufsuchende Ansprache der potentiellen Men- petenzen tees in ihren Schulen • ausführliche Erstgespräche mit potentiellen Teilneh- Multiprofessionalität im Mentoring-Projekt mern und Teilnehmerinnen Foto: Patricia Kalisch Hürdenspringer • Qualifizierung der Mentorinnen und Mentoren sowie der Mentees als Voraussetzung ihrer Teilnahme • Auswahl der Tandempartner durch das Team der Koor- Koordinator/-innen, Mentor/-innen und Mentees empfangen den schwe- Abbildung 2: Multiprofessionalität des Teams Hürdenspringer dinatorinnen und Koordinatoren dischen Integrationsminister, 23.11.2011 24 25
5.4.4 Die Aufgaben der Koordinatorinnen und Qualifikationen im Team sollten den inhaltlichen Anforder- 5.4.6 Welche Jugendlichen können Mentees werden? 5.4.7 Wer kann Mentorin oder Mentor werden? Koordinatoren ungen entsprechen. Sicherlich ist ein geistes-, beziehungs- weise gesellschaftswissenschaftlicher akademischer Hin- Ein Mentee sollte bestimmte Kriterien erfüllen, die sich als Die Mentorinnen und Mentoren können aus einem deutlich • Finanzielle, personelle, räumliche und sächliche Res- tergrund von Vorteil, aber ebenso gefragt kann eine kauf- „kleinster gemeinsamer Nenner“ für diese Arbeit verstehen. größeren Einzugsgebiet kommen als die Mentees. Informa- sourcen organisieren, um Planungssicherheit für alle männische Ausbildung sein. Im Team der hauptamtlichen Es ist wichtig, die Zielgruppe der Mentees daraufhin zu be- tionen über Kiezstrukturen und Lebenswelt(en) der Men- Beteiligten zu gewährleisten. Koordinatorinnen und Koordinatoren von Hürdenspringer urteilen, ob und wie freiwillig Engagierte mit ihnen arbeiten tees können in Qualifikationen vermittelt werden, ebenso die • „Verbündete“ und Mitgestalter vor Ort suchen und mit kommen viele Ausbildungen und Studiengänge zusammen, können. Diese sollen nicht überfordert werden oder Prob- Kenntnis der Schullandschaft und Schulstrukturen vor Ort. ihnen kooperieren: in der Schule, in der Elternschaft, wodurch eine hohe Multiprofessionalität als Basis besteht. leme lösen müssen, für die es einer professionellen Ausbil- Grundsätzlich voraus zu setzen ist bei den Mentorinnen im ,Kiez‘, mit Unternehmen und auf den verschiedenen Die folgende Abbildung veranschaulicht diese Vielfalt (s. dung bedarf. (s. Tabelle 1) und Mentoren ein Interesse an freiwilligem Engagement, Entscheidungsebenen des Bezirks und der Politik. Abbildung 2): das dem Projektinhalt entspricht (hier: Unterstützung sozial • Ausführliche und abwechslungsreiche Einstiegsqua- benachteiligter Jugendlicher im Übergang Schule – Beruf) lifizierung (der Mentorinnen und Mentoren sowie Unser Tipp und die Bereitschaft, die Rahmenbedingungen des Projekts Mentees) mit deutlichen Schwerpunkten, etwa Halt- zu akzeptieren. (s. Tabelle 2) ung im Mentoring, Partizipation, interkulturelle Kompe- tenzen,planen und durchführen. Es sollte ein Team angestrebt werden, in dem beide Ge- • Möglichkeiten der Qualitätssicherung und -steigerung, schlechter in einem angemessenen Verhältnis vertreten Formale Aufnahmekriterien für Mentees Persönliche Aufnahmekriterien für Mentees etwa mittels Evaluation, bedenken und organisieren. sind. Gleiches gilt für einschlägige Migrationshinter- • Schülerin/Schüler einer Kooperationsschule des • Interesse und Bereitschaft, die eigene Zukunft • Laufende Überprüfung des Projekts und seiner Struktu gründe und Sprachkenntnisse. Projekts aktiv zu gestalten ren und gegebenenfalls Anpassung an veränderte Be- dingungen und Bedürfnisse. Zusätzlich empfiehlt es sich, dass sich das Kollegium bedarfs- • keine sozialen Auffälligkeiten • Freude an Kommunikation weise weitere Kompetenzen aneignet. Dies ermöglichen in Deutschland die Angebote der Freiwilligenakademien der • Einverständnis der Eltern • ausreichende Zeitressourcen 5.4.5 Wie sollte ein Koordinations-Team großen Verbände, zum Beispiel zu den Themenkreisen „aufgestellt“ sein? • Arbeit mit Freiwilligen • Teilnahme an Einstiegsqualifizierung • Fähigkeit, Termine zu vereinbaren und einzuhalten • Abrechnung und Dokumentation von Fördermitteln Es bedarf eines multiprofessionellen, flexiblen und belast- • Öffentlichkeitsarbeit • Teilnahme an Projektformaten baren Teams von Koordinatorinnen und Koordinatoren, um diese vielseitigen Aufgaben erfolgreich zu erfüllen. Die Tabelle 1: Formale und Persönliche Aufnahmekriterien für Mentees 26 27
Unser Tipp 5.4.8 Welche Schulen eignen sich als Kooperations- 5.4.9 Zeitstrukturen des Koordinations-Teams Die Präsenzzeiten in Räumen der Partnerschulen für Ge- schulen? spräche mit den Mentees und den Austausch mit Lehrerin- Es kann sinnvoll sein, mit nur einer Schule als Koopera- Wegen der Berufstätigkeit der Mentorinnen und Mentoren nen und Lehrern liegen in der Regel am Vormittag, können Zunächst eignen sich die Schulen der Mentees. Abzuwä- tionspartner zu beginnen und einen schrittweisen Aus- und der Schulzeiten der Mentees finden die Tandemtreffen aber in Abhängigkeit von der Schulorganisation, insbeson- gen ist, ob nur eine Schule, mehrere oder sogar alle Schu- bau zu verfolgen. In diesem Fall kann das Projekt vom in der Regel in den Abendstunden statt. Dabei kommt es dere bei Ganztagsschulen, auch nachmittags stattfinden. len eines Gebietes angesprochen werden. (s. Tabelle 3) erworbenen Renommee profitieren, die gewonnenen oftmals zu einer Ansprache der anwesenden Koordinatorin- Erfahrungen in die Zusammenarbeit mit neuen Schulen nen und Koordinatoren beziehungsweise kurzen Beratun- Für einen verbindlichen Austausch mit den Eltern der Men- einbringen und so seine Qualität steigern. gen. Es werden auf informeller Ebene organisatorische oder tees, den Mentorinnen und Mentoren oder anderer Part- inhaltliche Hinweise gegeben, Ratschläge eingeholt oder nern sowie für die Erledigung der anfallenden Organisa- Formale Aufnahmekriterien Persönliche Aufnahmekriterien wichtige Veranstaltungen angekündigt. tions-, Verwaltungs- oder Auswertungsarbeiten in ruhiger für Mentorinnen und Mentoren für Mentorinnen und Mentoren • Interesse und Freude an gleichberechtigter Arbeit mit • Mindestalter 25 Jahre Formale Aufnahmekriterien für Schulen Persönliche Aufnahmekriterien für Schulen Jugendlichen • Schulen der Zielgruppe • Das Projekt muss zum Schulprogramm/-profil ,passen‘ • Offenheit und Interesse an jugendlichen Lebenswelten • Erweitertes Führungszeugnis und an kultureller Vielfalt • Bereitschaft der Schulleitung zu kontinuierlicher • Abschluss eines Kooperationsvertrags • Schriftliches Einverständnis mit den Rahmenbedin- Zusammenarbeit gungen des Projekts und dem Rahmen der freiwilligen • Ausreichende Zeitressourcen • Bereitschaft von Teilen des Kollegiums zu Tätigkeit • Standortsicherung für die Projektlaufzeit kontinuierlicher Zusammenarbeit • In der Regel Berufsabschluss/ Erfahrungen mit • Fähigkeit, Termine zu vereinbaren und einzuhalten Bewerbungen • Verpflichtung, das Projekt in die Selbstdarstellung der • Bereitschaft zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit Schule aufzunehmen des Projekts • Teilnahme an der Einstiegsqualifizierung des Projekts • Interesse am Austausch mit dem Projekt-Team • Zusicherung fester Ansprechpartner • Teilnahme an Projektformaten • Zuweisung fester Sprechzeiten und Räume Tabelle 2: Formale und persönliche Aufnahmekriterien von Mentorinnen und Mentoren Tabelle 3: Formale und Persönliche Aufnahmekriterien von Schulen eines Gebietes 28 29
Unser Tipp Atmosphäre ist unser Büro montags bis freitags von 9 bis die Räume bedarfsangepasst vergrößert/verkleinert werden ESF-Antrages eine Vorlaufzeit von sechs bis zwölf Monaten 20 Uhr besetzt. Zusätzlich finden manche Aktivitäten, insbe- können. Hier fließen schließlich Überlegungen zum Umfang und ein Zeitaufwand von mindestens 130 Stunden zu ver- sondere Veranstaltungen zur Akquise von Mentorinnen und des Projekts ein: Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschlagen. Mentoren oder zur Öffentlichkeitsarbeit, auch außerhalb der Es ist ratsam, das Team so zu organisieren, dass Früh- soll/wird es haben? Für welchen Zeitraum muss angemietet Büroräume und/oder an Wochenenden statt. und Spätdienste wechseln, gerecht verteilt sind und für werden? Ist eine Vertragsverlängerung vorzusehen? Besteht die regelmäßigen Team-Sitzungen gemeinsame Arbeits- die Möglichkeit, in unmittelbarer Nachbarschaft des vorge- 5.6 Finanzierung zeiten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgese- sehenen Projektbüros zusätzliche Räume zu mieten? hen werden. Wir empfehlen, für die Team-Sitzungen Es gibt viele Finanzierungsquellen. Für jede Initiati- Erfahrung wöchentlich mindestens zwei Stunden zu reservieren ve ist es deshalb wichtig, „Türöffner“ zu gewinnen und zusätzliche Zeitfenster für kollegiale Beratung und oder im Gründungs-Team auch Mitarbeiter (Fundrai- Austauschmöglichkeiten sicherzustellen. Wir haben bereits erwähnt, dass die räumliche Nähe ser) zu wissen, für die das Einwerben von Zuwendun- des Projektbüros zu Lebenswelt und Wohnorten der gen, aber auch von „Zeitspenden“ und Sachmitteln, Mentees sinnvoll ist und haben deshalb ausschließ- eine Herausforderung ist, der sie sich gerne stellen. 5.4.10 Geeignete Räumlichkeiten lich im Kiez nach einem Ladenbüro gesucht. Große Als hilfreiche Übersicht für die Erschließung finanziel- Schaufenster, barrierefreie Zugangsmöglichkeiten und ler Mittel sei die Publikation „Fördertöpfe für Vereine, Um geeignete Räume zu finden, ist es hilfreich, sich die unmittelbare Nachbarschaft können das Entstehen von selbstorganisierte Projekte und politische Initiativen“ verschiedenen Arbeitsformate klarzumachen, die vor Ort Schwellenängsten verhindern bzw. abbauen. des Netzwerks Selbsthilfe e. V. empfohlen. Danach (11. Auf- sichergestellt werden sollen: lage, 2011, S. 16 ff.) lassen sich grob unterscheiden: Foto: Patricia Kalisch • Räume für Einzelberatungen 5.5 Antragstellung • öffentliche Mittel • Räume für Gruppenaktivitäten • private Mittel wie Eigenmittel, Zuwendungen von • abschließbare Büroräume mit verschließbaren Schrän- Der Aufwand für die Beantragung von Projektmitteln hängt Sponsoren und Stiftungsmittel Im Büro der Hürdenspringer werden auch Präsentationen und Veranstal- ken für die Dokumentation in hohem Maße von der Wahl des Fördermittelgebers und • sonstige Mittel, zum Beispiel aus Wettbewerben, tungen durchgeführt • Toiletten für Teilnehmer dessen formalen Anforderungen ab. Wesentliche Kriterien Förderpreise, Bußgelder der Gerichte zugunsten • eine Küche für diese Auswahl sind das benötigte Projektbudget, die gemeinnütziger Organisationen angestrebte Projektlaufzeit, die Ressourcen des Antrag- Diese Festlegungen implizieren auch Entscheidungen für stellers und die „einzukaufende“ Förder- und Antragsex- mobiles Mobiliar, mobile Rechner und die Überlegung, ob pertise. Erfahrungsgemäß sind für die Entwicklung eines 30 31
Unser Tipp Aus öffentlichen Mitteln finanziert werden Beschäfti- 6. Phase II: Die Praxis erfolgreichen Checkliste zur Kontaktaufnahme mit den Mentees: gungsförderung, berufsbezogene Maßnahmen und För- 1:1-Jugend-Mentorings am Übergang derprogramme auf regionaler (Verwaltungsbezirk, Kom- Schule – Beruf Wir empfehlen, sich nicht nur an den offenkundig 99 In Erfahrung bringen, wer die aktuellen Klassenlehrerin- mune, Land), nationaler (Bund) und europäischer Ebene. „Multiproblem“-Schulen zu orientieren. An vielen Ber- nen und Klassenlehrer sind. Auf europäischer Ebene werden die Förderrichtlinien und Wie bereits bei der Konzeption folgt die Beschreibung der liner Gymnasien sieht der Lehrplan keine Berufsorien- 99 Vorbesprechungstermine mit diesen Lehrkräften ver- -programme alle sieben Jahre aktualisiert. Die nächste EU- Durchführungsphase unter Bezugnahme auf die Praxis des tierung vor, da sie nach wie vor auf eine universitäre einbaren. Förderperiode umfasst den Zeitraum 2014 bis 2020 (Skript Projekts Hürdenspringer. Ausbildung (als die auf den Schulabschluss folgende 99 Mit den Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern festle- Euroconsult, 2010, Wege durch den Förderdschungel, S. 1 berufliche Qualifizierung) orientiert sind. Deshalb haben gen, wann ein erster Besuch in der Klasse möglich ist. u. 5). In jedem Fall ist es sinnvoll, Rat einzuholen über die zur 6.1 Wer sind die Mentees? zahlreiche Schülerinnen und Schülern dieser Schul- 99 Die Lehrkräfte zwei Tage zuvor an den vereinbarten Ter- eigenen Projektidee beziehungsweise Initiative passende form großen Bedarf an Kenntnissen über mögliche An- min erinnern. Finanzierungsform. Nahezu alle Mentees des Projekts Hürdenspringer wohnen schlussperspektiven, wenn a) das Abitur nicht erreicht 99 Am Tag selbst ausreichend Flyer, Visitenkarten und in Nord-Neukölln und sind mit den strukturellen Begeben- oder b) keine universitäre Ausbildung gewählt wird. Schreibunterlagen mitbringen. Oft ist es ratsam, ein Projekt aus verschiedenen Quellen zu heiten des Bezirks aufgewachsen. Der überwiegende Teil 99 Am Tag selbst sicherstellen, dass in der Schule der finanzieren, die dazu miteinander kombiniert werden. Das kommt aus sozial benachteiligten Familien; der Anteil von vereinbarte Projektraum für ein Gruppentreffen mit den verlangen beispielsweise EU-Förderprogramme. Hürden- Mentees nichtdeutscher Herkunftssprache liegt bei rund 80 6.2 Wie werden Mentees gewonnen? Mentees tatsächlich zur Verfügung stehen wird. springer+ wird 33 Monate vom Bundesprogramm XENOS Prozent. Bei der ersten Kontaktaufnahme besuchen Men- 99 Das Projekt zur vereinbarten Uhrzeit in der Klasse kurz „Integration und Vielfalt“ zu 50 Prozent aus Mitteln des Eu- tees meist die neunte Klasse einer Sekundarschule bezie- Die Jugendlichen werden auf Grundlage der zuvor getrof- vorstellen und mit den Interessenten den Projektraum ropäischen Sozialfonds (ESF) und zu 25 Prozent aus Mitteln hungsweise eines Gymnasiums (dort häufig auch die elfte fenen Kooperationsvereinbarung direkt in der Schule ange- in der Schule aufsuchen. Die Schülerinnen und Schüler des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gefördert. Klasse). sprochen. In Abhängigkeit von der Stabilität der aktiven Tan- verlassen dazu kurz den Unterricht. Alternativ kann mit Weitere 25 Prozent werden kofinanziert von der Globus-Stif- Alle Mentees sind sehr an ihrer eigenen beruflichen Zukunft dems erfolgt diese „Anwerbung“ ein- bis zweimal jährlich. den Interessenten ein zeitnaher Termin nach dem Un- tung, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband interessiert und dankbar für die Unterstützung, die unser Die Kontaktaufnahme zu den Jugendlichen ist eine höchst terricht vereinbart werden. Berlin e. V., aus Eigenmitteln des Trägers Unionhilfswerk Mentoring ihnen bietet. Wir legen Wert darauf, dass die sensible Projektphase und mitentscheidend für den Erfolg 99 Im Projektraum der Schule erste Fragen beantworten Sozialeinrichtungen gemeinnützige GmbH und Mitteln der formalen und persönlichen Voraussetzungen zur Projektteil- des Projekts. Sie wird deshalb genauer beschrieben. und das Projekt nochmals vorstellen. Kooperationsschulen (in Form anteiliger Lehrerstunden). nahme eingehalten werden. 99 In der Folgewoche erneut diese und eventuell weitere Interessenten zur selben Zeit während des Unterrichts beziehungsweise nach Unterrichtsschluss in den Pro- jektraum bitten. Falls sie weiterhin interessiert sind und sich als Mentees beteiligen möchten, füllen sie erste 32 33
Formulare aus wie den Steckbrief mit Namen, Adres- 6.3 Elternkontakte dagogische Berufshintergründe vertreten. Hürdenspringer se, Hobbies, Berufswünschen etc. und die Teilnehmer- hat sowohl Mentorinnen und Mentoren, die vor Ort leben, Erfassung. Sehr wichtig ist es, die Eltern der Mentees umfassend über als auch solche aus besser situierten Stadtbezirken sowie 99 Nach drei, gegebenenfalls vier Wochen die Interessen- das Mentoring-Projekt zu informieren; sie müssen es von etliche jüngere Mentoren, die selbst erst vor kurzem nach ten (zukünftigen Mentees) nochmals während ihres A bis Z kennen. Die Eltern sollen den Weg zum Projekt Berlin gezogen sind. Ein Drittel unserer Mentoren sind Unterrichts aufsuchen, um ihnen die Einladungen zur finden, von ihm mit ,ins Boot‘ geholt werden und erhalten Männer, zwei Drittel Frauen. Überwiegend haben sie einen ersten Einstiegsqualifizierung zu übergeben. deshalb von den Projektkoordinatorinnen und -koordinato- überdurchschnittlich hohen Bildungsabschluss und häufig ren eine Einführung in seinen Ablauf. Üblicherweise bitten auch ein Studium abgeschlossen. Der Großteil hat keinen wir die Eltern, ihre Kinder nach Abschluss ihres ersten Migrationshintergrund. Unser Tipp Einstiegsmoduls vom Projektbüro abzuholen. Spätestens Erfahrung aber lernen die Eltern die Koordinatorinnen und Koordi- Achtung: Jugendliche neigen zur Konsumentenhaltung. natoren beim Matching kennen. Sie erfahren dann noch Es ist daher wichtig, wiederholt (!) darauf hinzuweisen, einmal, was Mentoring ist, wer die Mentoren sind, welche „Warum arbeite ich gern bei Hürdenspringer mit? Weil dass Mentorinnen und Mentoren keine Sozialarbeiter Motive sie haben und was die Teilnahme ihres Kindes am ich gerne mit Kids zusammenarbeite, weil ich auch sind, die an jedem Tag und zu jeder Uhrzeit verfügbar Projekt bedeutet. Je besser die Eltern informiert sind, desto durch sie etwas von deren Lebenswelt und -wirklichkeit sind. mehr Möglichkeiten haben die Jugendlichen teilzunehmen. gespiegelt bekomme. Weil es einen fairen Austausch Während des laufenden Mentorings hält die zuständige von Kompetenzen und Erfahrungen gibt. Weil auch die Alle folgenden Termine mit den interessierten Jugendlichen Projektkoordination den Kontakt zu den Eltern aufrecht. Kids aus den nicht so begüterten Elternhäusern eine finden im Projektbüro, außerhalb der Schule statt. In Ein- Chance verdient haben und weil sie es auch schaffen zelgesprächen werden mithilfe von Formularen der fami- können.“ (Hürdenspringer-Mentor) liäre Hintergrund und die vorhandenen Ressourcen jedes 6.4 Wer sind die Mentorinnen und Mentoren? Jugendlichen erarbeitet (Biografisches Interview, Geno- gramm, Ressourcenkarte; s. Anhänge 1 bis 3). Außerdem Die Mentorinnen und Mentoren sind Erwachsene, die sich finden im Projektbüro die Einstiegsqualifizierungen der freiwillig für Jugendliche am Übergang Schule – Beruf zukünftigen Mentees statt. engagieren. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Foto: Patricia Kalisch Berufs- und Lebensphasen, sind sowohl Studierende, Promovierende, Angestellte, Selbstständige als auch Men- schen im Ruhestand. Unterdurchschnittlich sind sozialpä- In Einzelgesprächen werden die vorhandenen Ressourcen der Jugendlichen abgefragt 34 35
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