2 016 Stiftung Bildungspakt Bayern
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Liebe Leserin, lieber Leser, der Leistungsbericht 2016 der Stiftung Bildungspakt Bayern unterscheidet sich von seinen Vorgängern. Er ist im Format handlicher geworden. Aber wichtiger als das neue Layout sind uns die strukturellen Änderungen: Nach den Grußworten finden Sie jetzt ein Schwerpunktthema. In diesem Jahr stellen wir die Digitalisierung als Schwerpunkt der Stiftungs- arbeit vor. Darüber hinaus möchten wir Sie möglichst konkret über unsere weiteren Projekte informieren. Deshalb lassen wir die an den Vorhaben beteiligten Personen in Interviews oder mit einem Statement selbst zu Wort kommen. Bilder sagen oft mehr als Worte. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre! Ihr Team von der Stiftung Bildungspakt Bayern 02 » 03
05 Grußworte 09 Schwerpunkt: Digitalisierung im Bildungsbereich 19 Berichte über laufende Projekte 41 Wirksamkeit der Stiftungsarbeit 49 Projektausblick 53 Stiftung Bildungspakt Bayern
Die Stiftung Bildungspakt Bayern: Ideenschmiede für die bayerische Schulpolitik Bildung ist in der globali- Die Stiftung Bildungspakt Bayern ist ein Think Tank für sierten und zunehmend die bayerische Schulpolitik und ein unverzichtbares digitalisierten Welt der ent- Instrument, um innovative Ideen zu entwickeln und zu scheidende Erfolgsfaktor für erproben. Damit trägt sie zur Sicherung der Zukunfts- die Wettbewerbsfähigkeit fähigkeit des Standorts Bayern bei. unserer Wirtschaft. Um im globalen Wettbewerb be- stehen zu können, muss es gelingen, Wissen und Kom- petenzen der Mitarbeiter für die Unternehmen zu mobili- sieren. Voraussetzung dafür ist, dass jeder Heranwachsende in Vorschule und Schule die Alfred Gaffal bestmöglichen Bildungsangebote erhält. Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Die Stiftung Bildungspakt Bayern leistet hierzu einen un- Ratsvorsitzender der Stiftung Bildungspakt Bayern verzichtbaren Beitrag. Mit ihren vielfältigen Projekten zeigt die Stiftung immer wieder neue Wege zur zukunftsorientier- ten Weiterentwicklung der Schulen. Aktuell entwickelt die Stiftung Bildungspakt Bayern unter anderem mit dem Projekt „Perspektive Beruf für Asylbewer- ber und Flüchtlinge“ innovative und flächendeckend nutzbare Instrumente zur Förderung von jugendlichen Asylbewerbern und Flüchtlingen an der Berufsschule. Das Modellprojekt „TAFF – Talente finden und fördern an der Mittelschule“ verfolgt das Ziel, verborgene individuelle, z. B. musische oder handwerkliche, Talente der Mittelschülerin- nen und –schüler gezielt weiterzuentwickeln. 06 » 07
Individuelle Förderung und Bildungs- gerechtigkeit im Zentrum der Bildungspolitik Bildung ist die wichtigste Mein ausdrücklicher Dank als Ehrenvorsitzender der Voraussetzung für die Stiftung gilt den Stiftern und Förderern, dem Stiftungs- Zukunftsfähigkeit unse- vorstand sowie allen weiteren Beteiligten, die das res Landes. Damit un- Modellprojekt TAFF zur Begabungsförderung, aber auch sere jungen Menschen alle weiteren innovativen Projekte möglich gemacht die Herausforderungen haben. Damit gibt die Stiftung Bildungspakt Bayern einer sich rasch wan- weiterhin tatkräftige Impulse zur Weiterentwicklung des delnden Welt selbstbe- bayerischen Bildungssystems. wusst annehmen und bewältigen können, benötigen sie eine ganzheitliche Bildung. Dazu gehören nicht nur breit gefächerte Kompetenzen, sondern auch ein klares Wertefundament. Dies heißt aber nicht, gleiche Bildung für alle. Dr. Ludwig Spaenle Wir müssen jedem Einzelnen – unabhängig von seiner Staatsminister für Bildung und Kultus, Herkunft – eine optimale Entfaltung seiner Anlagen und Wissenschaft und Kunst Interessen ermöglichen. Das differenzierte und durch- Ehrenvorsitzender der lässige bayerische Bildungssystem trägt dieser Zielset- Stiftung Bildungspakt Bayern zung bestens Rechnung. Aber wir brauchen zudem in allen Schularten eine gezielte Förderung der Talente und Begabungen der Kinder. Dies ist die wirksamste Maßnah- me zur Schaffung von Bildungsgerechtigkeit. Die Stiftung Bildungspakt Bayern setzt mit ihren Modell- projekten auch im Bereich der individuellen Förderung starke Akzente. Der Schulversuch „lernreich 2.0“ zeigt, wie sich individualisiertes selbstgesteuertes Lernen durch den Einsatz digitaler Medien attraktiv gestalten lässt. Ganz besonders wichtig ist mir die Entwicklung von Kon- zepten im Schulversuch „Talente finden und fördern an der Mittelschule“ (TAFF). Jede Schülerin und jeder Schüler hat Stärken. Die Schule spielt eine entscheiden- de Rolle dabei, ob und wie sich diese entfalten und zur Entwicklung einer starken Persönlichkeit beitragen. Das Engagement und die Kreativität der Lehrkräfte an den Modellschulen zeigen, wie sehr ihnen der Erfolg ihrer Schülerinnen und Schüler am Herzen liegt.
Globalisierung und Digitalisierung als Herausforderungen für das Bildungssystem Zwei zentrale Herausforde- Für den großen Einsatz im vergangenen Jahr möchte ich rungen des 21. Jahrhunderts allen Stiftern und Zustiftern sehr herzlich danken. Ebenso sind die Globalisierung und bedanken möchte ich mich bei meinen Vorstandskolle- Digitalisierung. Unsere Welt gen, der Geschäftsstelle und allen Lehrerinnen und Leh- wird digitaler, internationa- rern der Modellschulen, die sich den Projekten mit viel ler und kulturell vielfältiger. Kreativität und Einsatzbereitschaft widmen. Diese Entwicklung muss auch unser schulisches Der vorliegende Leistungsbericht bietet Ihnen – in einem Bildungssystem aufgreifen. neuen Layout – einen interessanten Einblick in die vielfäl- tigen Tätigkeitsfelder der Stiftung Bildungspakt Bayern. Eine Vorreiterfunktion hat Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Durchblättern und dabei die Stiftung Bildungs- allen Beteiligten weiterhin viel Erfolg bei ihrer Arbeit. pakt Bayern mit ihren Partnern. Ihr Auftrag ist es, frühzeitig Innovationsfelder zu identifizieren und in Modellprojekten Konzepte zu entwickeln und zu erproben, um Veränderun- gen an Schulen in ganz Bayern auf einer gesicherten Basis zu implementieren. Mit Blick auf diese Herausforderungen beschäftigt sich die Stiftung derzeit mit zwei Projekten: Im Schulversuch „Bilinguale Grundschule Englisch“ erproben wir, wie Kinder bereits ab der ersten Klasse Georg Eisenreich zweisprachig lernen können. Damit wird früh ein Grund- Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium stein gelegt, nicht nur eine Fremdsprache zu erlernen, für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sondern auch interkulturelle Kompetenzen zu erwer- Vorstandsvorsitzender der Stiftung ben. Die deutsche Sprache kommt dabei nicht zu kurz, im Bildungspakt Bayern Gegenteil: Die Wissenschaft bestätigt, dass von früher Mehr- sprachigkeit auch die Muttersprache profitiert. Ein zweites Projekt befasst sich mit der Digitalisierung. Die „Digitale Revolution“ eröffnet ungeahnte Chancen, birgt aber auch Risiken. Deshalb muss der Mensch als selbstbestimm- ter und verantwortungsvoller Nutzer im Mittelpunkt stehen, nicht die Technik. Das gilt ganz besonders für den Bildungs- bereich. Mit dem Schulversuch „Digitale Schule 2020“ setzt hier die Stiftung erneut einen starken Akzent. 08 » 09
Im Schulversuch „lernreich 2.0“ informierte sich Staatssekretär Georg Eisenreich gemeinsam mit Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, beim Schulbesuch an der Mittelschule Weilheim über die Möglichkeiten des digital-unterstützten Übens. 10 » 11
Schulen zwischen „Kreidezeit“ und „smarter“ Welt – Digitalisierung als ein Schwerpunkt der Stiftungsarbeit „Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Digitalisie- Alle Gesellschaftsbereiche sind von der digitalen Revolution rung und deren Einfluss auf Arbeitsweisen und Methoden betroffen, auch das bayerische Bildungssystem. sind von zentraler Bedeutung für den Bildungsauftrag von Schule, Hochschule und Kultur. Damit ist Digitalisierung Die Integration digitaler Medien in Lehr- und Lernprozesse sowohl Gegenstand von Bildung als auch Werkzeug im Bil- ist ein zentrales Anliegen der Stiftung Bildungspakt Bayern. dungsprozess.“ Bereits bei der Gründung der Stiftung 2001 wurde in der Zukunftsstrategie der Bayerischen Staatsregierung: „Digitale Satzung formuliert, dass der „sinnvolle Einsatz von Informa- Bildung in Schule, Hochschule und Kultur“ tions- und Kommunikationstechnologien […] einen wichtigen Beitrag“ zur Verbesserung von Unterrichtsqualität leisten kann. „Wir müssen unsere Schülerinnen und Schüler befähigen, sich Zu Beginn der 2000ner-Jahre begannen sich Schulen für souverän in einer digitalisierten Welt zurechtzufinden. Neben die Möglichkeiten zu interessieren, mit digitalen mobilen Lesen, Schreiben und Rechnen ist der kompetente Umgang Endgeräten Lern- und Arbeitsprozesse zu verbessern. Relativ mit digitalen Medien inzwischen die vierte Kulturtechnik. Da- hohe Kosten sowie technische und organisatorische Fragen bei verändert sich unser Bildungsverständnis aber nicht. Im bedingten, dass Laptop- und Notebook-Klassen eher die Aus- Mittelpunkt steht der Mensch, nicht die Technik.“ nahme als die Regel waren. Inzwischen haben Tablets und Staatssekretär Georg Eisenreich interaktive Tafeln in vielen Schulen Einzug gehalten. Aber im- mer noch stellt die Integration digitaler Medien in der Fläche eine Herausforderung dar. In Kooperation mit dem Staatsministerium für Bildung und „Die smarte Welt wird auf uns zukommen, und deshalb ist es Kultus, Wissenschaft und Kunst unterstützt die Stiftung wichtig, dass wir alle Schüler fit machen für die Zukunft.“ Bildungspakt Bayern mit ihren Modellprojekten Schulen, den Christine Gottschalk, Konrektorin der Grund- und Mittelschule digitalen Wandel anzunehmen. Berching, Teamleiterin im Schulversuch „lernreich 2.0“ Zum Thema „Digitalisierung im Bildungsbereich“ sind im Projektportfolio der Stiftung drei Projekte zu finden: • lernreich 2.0 – üben und feedback digital • Unterricht digital – Lernen mit Videotutorials • Digitale Schule 2020 Zielsetzungen und Arbeitsschwerpunkte dieser Projekte werden auf den nächsten Seiten dargestellt.
Lernen mit digitalen Medien – erfolgsversprechend, oder nicht? Im Interview erklärt Prof. Dr. Frank Fischer, Inhaber des Lehr- Prof. Fischer: Anders als stuhls für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psycholo- manche Schulen sind unse- gie an der LMU München, wie digitale Medien Lernprozesse re Universitäten typischer- verbessern können. weise sehr gut mit digitalen Technologien ausgestattet Stiftung: Wie müssen digitale Medien aus Sicht der Forschung und an ein sehr schnelles eingesetzt werden, damit sie einen Mehrwert entfalten? Netz angebunden. Ideal wäre, wenn die Schule Prof. Fischer: Wir haben kürzlich die Befundlage in einem basale Medienkompetenzen Kurzbericht zusammengefasst. Demnach hängt die Lernför- in den Bereichen Informie- derlichkeit des Medieneinsatzes weniger vom Medium als ren und Suchen, Erstellen, Problemlösen, Zusammenarbeiten von der Lernaktivität der Schülerinnen und Schüler ab. Posi- und Schützen vermitteln würde. Das sind die Kernkompeten- tive Effekte finden sich insbesondere dann, wenn die Lernen- zen, wie sie derzeit etwa in KMK-Verlautbarungen gefordert den konstruktive, kreative und kooperative Prozesse zeigen werden. Damit wären Studierende gut vorbereitet. sollen, statt nur zuzuhören oder mitzuschreiben. Stiftung: Sie haben den Schulversuch „lernreich 2.0 – üben Die vorliegenden Studien weisen auf drei weitere kritische und feedback digital“ wissenschaftlich begleitet. Wie schätzen Erfolgsfaktoren auf anderen Ebenen hin: Sie den Beitrag des Projekts für die Weiterentwicklung von Erstens haben digitale Medien bessere Effekte, wenn sie Unterricht ein? in den Unterricht eingebunden sind und die Lehrkraft in Aufgabenauswahl und Feedbackprozesse eingebunden ist – Prof. Fischer: Der Schulversuch hat meines Erachtens gezeigt, im Unterschied zu Lernsoftware, die unabhängig vom Unter- wie dieses Potenzial beim digital unterstützten Üben in Ver- richt zu Hause eingesetzt wird. bindung mit gutem Feedback realisiert werden kann. Richtig Zweitens ist die technische Ausstattung der Schule natürlich eingesetzt bringen uns die digitalen Technologien ein gutes sehr wichtig, aber mindestens ebenso wichtig ist die medien- Stück weiter, vom Wissen zum Können. didaktische Qualifizierung der Lehrkräfte. Zudem haben wir gesehen, wie viel leichter sich Lehrkräfte Schließlich ist drittens das Commitment der Schulleitung von mit dem gezielten Einsatz digitaler Medien im Unterricht tun, hoher Bedeutung. Die Wahrscheinlichkeit der Nachhaltigkeit wenn ihnen eine robuste, leicht zu bedienende, glatt und zü- von digitalen Medien im Unterricht wächst, wenn Schulleitun- gig funktionierende Infrastruktur mit Computern oder Tab- gen die digitalen Medien priorisieren, deren systematischen lets, Netzwerk und Lernplattform zur Verfügung steht. Einsatz im Unterricht einfordern und die dazu nötigen Rah- Wir haben aber auch gesehen, dass der Austausch des menbedingungen schaffen. Know-hows und der Tools unter den Lehrkräften noch kein Selbstläufer ist. Dabei erscheint mir besonders wichtig, dass Stiftung: Die Digitalisierung ist auch im Hochschulbereich ein es oft eben nicht „die App“ oder das Übungsprogramm per wichtiges Thema. Welche Medienkompetenzen sollten Schul- se ist, das die Kompetenz der Schülerinnen und Schüler vo- abgängerinnen und Schulabgänger für ein erfolgreiches Stu- ranbringt, sondern die Einbettung der dadurch ermöglich- dium mitbringen? ten Lernaktivitäten im Unterricht. Obwohl dieses Wissen gar nicht so leicht weiterzugeben ist, kann es gelingen, digitale Medien in der Breite in den Unterricht zu bringen. 12 » 13
Mehr Freude am Lernen – mit Üben und Feedback digital „Ich möchte nicht sagen, dass ich mehr lerne. Aber ich lerne lieber!“ Mit diesem Satz beschreibt eine Schülerin ihre Erfahrungen in einer Modellklasse im Schulversuch „lern- reich 2.0 – üben und feedback digital“. Seitdem ihre Lehrerin Mitglied des lernreich-Teams an der Schule ist, hat sich einiges im Unterricht verändert, wie die Schülerin beschreibt: „Ich kann mich jetzt mit den interaktiven Übungen in unse- rem mebis-Kursraum besser auf Schulaufgaben vorbereiten. Und durch die automatisierten Rückmeldungen weiß ich ge- nau, was ich richtig und falsch gemacht habe und kann mit der Musterlösung an meinen Fehlern arbeiten. Vor der Schul- aufgabe können wir einen Test machen, um uns selbst einzu- schätzen. Wenn man weiß, wie gut man etwas kann, ist man weniger aufgeregt.“ Den Unterricht mit solchen digital unterstützten Übungsange- boten zu erweitern, mit denen Schülerinnen und Schüler selbst- ständig arbeiten, war der Schwerpunkt der Arbeit im Schul- versuch „lernreich 2.0 – üben und feedback digital“. An den insgesamt 45 Modellschulen kam dabei vor allem die Lernplattform in mebis (Medien – Bildung – Service) des virtuellen Landesmedienzentrum Bayern zum Einsatz. Auf der passwortgeschützten Plattform richteten die teilnehmen- den Lehrkräfte Kursräume für ihre Klassen ein, in denen die Schülerinnen und Schüler mit interaktiven Übungen indivi- duell arbeiten und Wissenslücken schließen konnten. Durch Feedback zu ihrem Vorgehen erfuhren die Schülerinnen und Schüler, ob ihre Lösungen richtig sind oder wie sie die Aufgabe besser lösen können.
Mit den Aufgaben arbeiten die lernreich-Klassen zu ihren Text auf. Hinweise, wie gut sie gelesen haben und Hause und in Übungsphasen im Unterricht. Doris Härtel, was sie noch besser machen können, erhalten sie von ihren Lehrerin an der Mittelschule Berching, beschreibt die digital Mitschülern oder von ihrer Lehrkraft, die sich während der unterstützten Übungsphasen so: Übungsphase einzelnen Schülern widmen kann. „Ich arbeite nicht nur mit den Kursen, die ich auf der digitalen In Englisch wiederholen und erweitern die Schülerinnen Lernplattform erstellt habe, sondern wir Lehrer tauschen die und Schüler ihren Wortschatz mit multimedial aufbereiteten Kurse untereinander aus. So können die Schüler individuell Vokabelaufgaben. Wie gut sie das geleistet haben, überprü- an den Themen in den verschiedenen Fächer arbeiten. Und fen sie zu regelmäßigen Zeitpunkten selbstständig mit Tests wenn die Schüler selbstständig arbeiten, dann habe ich im- in ihren Kursräumen. Die Lehrkraft kann den Lernzuwachs mer wieder Zeit, einzelnen Schülern zu helfen, die ein speziel- anhand der Testergebnisse beobachten, gegebenenfalls Pro- les Problem haben.“ bleme auf der Basis der Auswertung ansprechen oder der Lerngruppe zusätzliches Material anbieten. Der Einsatz digitaler Medien in Übungsphasen ist dabei viel- fältig. Niveaugestufte, interaktive Aufgaben mit automati- Die virtuellen Kurse, die im Projekt entstanden sind, spiegeln sierter Auswertung, Tipps für den richtigen Lösungsweg und den Anspruch wider, durch Rückmeldungen zum Lernstand Musterlösungen zum selbstständigen Weiterarbeiten werden Schülerinnen und Schülern passendes Übungsmaterial so- vielfach in Mathematik eingesetzt. Es entstanden unterrichts- wie regelmäßige Möglichkeiten zur Überprüfung des Lern- begleitende Kurse, in denen sich webbasierte Aufgaben für fortschritts anzubieten. Die Auswertung zur Richtigkeit der den gesamten Stoff einer Jahrgangsstufe finden. Oder die Lösung, Dauer der Bearbeitung oder Anzahl der Versuche, Materialien beziehen sich auf Kompetenzbereiche. Im Fach alle Aufgaben richtig zu lösen, helfen den Lehrkräften, ihre Deutsch trainieren Schülerinnen und Schüler beispielswei- Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern. Gleichzeitig zeigt se ihre Lesefähigkeit. Sie suchen sich ihre Texte selbst aus, sie den Lehrkräften, wie lernwirksam ihr Unterricht ist. orientieren sich an einem Lesevorbild und nehmen dann 14 » 15
Die Veränderung der Lernkultur zu einem stärker individuali- Fakten und Zahlen sierten, selbstgesteuerten Lernen setzt voraus, dass Lehrkräf- te einer Klasse oder Jahrgangsstufe gemeinsam die neuen Projektlaufzeit Arbeitsweisen einsetzen. Auch bei der Auswahl und Entwick- Schuljahr 2013/2014 – 2015/2016 lung geeigneter webbasierter Übungsangebote arbeiteten die lernreich-Lehrkräfte in Teams an den Modellschulen und Wissenschaftliche Begleitung in Netzwerken. Prof. Dr. Frank Fischer Ludwig-Maximilians-Universität München Die lernreich-Kurse werden allen Lehrkräften über die Austauschplattform „teachSHARE“ in mebis zur Verfügung Projektleitung gestellt. Eva Stolpmann Wir haben einige Modellschulen besucht, um ihre Arbeit im Projekt zu dokumentieren. Weitere Informationen zum Schulversuch, Materialien und Mit dem QR-Code gelangen Sie direkt zu den Filmen. Publikationen finden Sie unter: bildungspakt-bayern.de/lernreich-2-0 Exklusivpartner: vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Impressionen von der Abschlussveranstaltung „lernreich 2.0“
Video – der neue Text? h lernreic unterricht digital Antworten sucht der Modellversuch „Unterricht digital“ lernen mit videotutorials Lernen mit Videos wird immer beliebter. Es ergänzt mehr und mehr das Buch. Plattformen wie Youtube oder Vimeo bieten inzwischen auch viele Inhalte, die im Schulunterricht behan- Fakten und Zahlen delt werden. Inzwischen ist daher das Kunstwort „Viducation“ aus „Video + Education“ ein gern genutzter Begriff. Projektlaufzeit Wie funktioniert Lernen mit Videos am besten? Um diese 2 Jahre, Schuljahre 2015/2016 – 2016/2017 Frage zu beantworten, arbeitet die Stiftung Bildungspakt Bayern Durchführung in Kooperation mit dem Schulversuch im Modellversuch mit Lehrkräften von Mittel- und Realschulen „lernreich 2.0 – üben und feedback digital“ sowie Gymnasien. Sie haben den Auftrag, die Potentiale interaktiver Videotuto- Projektleitung rials für individualisiertes, selbstgesteuertes Lernen zu iden- Eva Stolpmann tifizieren und Qualitätskriterien für deren Erstellung und Aus- wahl zu entwickeln. Das besondere Augenmerk liegt dabei darauf, wie Frage- oder Quizfolien als interaktive Elemente in Die Ergebnisse aus dem ersten Projektjahr finden sich unter: den Videosequenzen Schülerinnen und Schüler anregen kön- bildungspakt-bayern.de/unterricht-digital nen, sich aktiv mit den Lerninhalten auseinanderzusetzen. Durch die Kombination von instruktiven, interaktiven Videos mit webbasierten Übungsangeboten erhalten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, digital-gestützt individualisiert zu üben. „Untericht digital“ wird deshalb in enger Abstim- mung mit dem Schulversuch „lernreich 2.0“ durchgeführt. Exklusivpartner: vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. 16 » 17
„Zeig‘ uns, was läuft!“ – ein Videowettbewerb für Schüler Videos zum Lernen und Lachen – mit den Augen der Jugendlichen gesehen Videos zu produzieren, als Hobby oder in der Schule für den Unterricht, findet großes Interesse bei Kindern und Ein Video für „Zeig‘ uns, was läuft!“ kam von Anton und Jugendlichen. Sie bewegen sich nicht nur als Konsumenten im Kilian aus Nürnberg, die seit 2014 den YouTube-Kanal „Pom- Internet, sondern produzieren selbst Inhalte und stellen sie melz Fritz“ betreiben und seither fast 65 000 Aufrufe hatten. über Plattformen wie YouTube im Internet zur Verfügung. Neben Lernvideos zu schulischen Themen blödeln die beiden Für „Unterricht digital“ wollten wir wissen, mit welchen Augen selbstironisch über „10 Arten von Schülern“ oder gestalten Jugendliche Lernvideos anschauen. Deshalb hat die Stiftung Medien- oder Musikparodien. in diesem Jahr erstmals den Schülerwettbewerb „Zeig‘ uns, Auf den Wettbewerb sind sie durch einen Lehrer aufmerksam was läuft!“ ausgeschrieben. geworden. Jetzt sind sie gespannt auf die Preisverleihung, weil, so Anton im Gespräch, es doch mal ganz interessant sei Er richtete sich an einzelne Schülerinnen und Schüler, Schü- zu sehen, was andere in ihrem Alter für Lernvideos produzieren. lergruppen oder ganze Klassen der Jahrgangsstufen 6 – 11 der Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien. Über 200 Schüle- rinnen und Schüler folgten der Aufforderung, informative und anschaulich gestaltete Lernvideos zu einem Unterrichts- thema zu produzieren und bei der Stiftung einzureichen. Die besten Videos der jeweiligen Kategorie werden im Rah- men einer Veranstaltung im November 2016 ausgezeichnet und über eine Webseite der Stiftung zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Wir hoffen, dass sich viele zur Nach- ahmung inspirieren lassen. Sie beschreiben ihre Aktivitäten selbst so: „Wir haben begonnen Videos für YouTube zu produzieren, weil wir Lust hatten, ein bisschen Comedy zu machen. Für uns sind Videos ein lustiges, aber auch zeitaufwendiges Hobby. Es ist auch toll zu sehen, dass das, was man macht, bei anderen Leuten gut ankommt, die auch anerkennen, dass man sich verbessert. Inzwischen haben wir den Punkt erreicht, wo wir alles umsetzen können, was wir uns im Kopf vorstellen. Jetzt zählt nur noch die Idee!“
Fit für die smarte Welt – digitale Talentförderung an der Mittelschule Mittelschulen stehen beim Aufbau von Medienkompetenz Im Schulversuch „TAFF – Talente finden und fördern“ su- vor besonderen Herausforderungen, wie Dr. Katrin Valentin chen Lehrkräfte nach Wegen, wie sie ihre Schülerinnen und vom Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Friedrich-Alexander- Schüler ermutigen können, sich konstruktiv-kritisch mit den Universität Erlangen-Nürnberg feststellt: Möglichkeiten von Computern auseinanderzusetzen und ihre Medienkompetenz zu erweitern. An der Mittelschule Bau- „Die Berücksichtigung des Second nach in Oberfranken können Schülerinnen und Schüler z. B. Digital Divides im Kontext von schrittweise IT-Zusatzqualifikationen erwerben, um digitale Mittelschulen ist zentral. Damit ist Medien kreativ für Multimediaproduktionen zu nutzen. gemeint, dass zwar ein sehr gro- ßer Anteil der Schülerinnen und Schüler über Zugang zu einem Rudolf Hennemann, Konrektor, be- Computer oder ein eigenes Smart- schreibt die Angebote so: phone verfügt, doch Defizite im in- „Beginnend mit dem Medien- formierten und kritischen Umgang führerschein können die Schüler damit hat. Gerade Mittelschulen ab der 7. Jahrgangsstufe ihr Talent besuchen häufig Schülerinnen und in diesem Bereich vertiefen, indem Schüler, die nicht über das soziale Kapital verfügen, durch das sie sich für die beiden Kurse X-pert I diese Kompetenzen informell vermittelt werden.“ und II (= Expert Europäischer Com- puterpass) und anschließend für das Fach Informatik entscheiden.“ 18 » 19
Berichte über laufende Projekte
Schulbesuch an der Anni- Pickert-Grundschule Poing Fremdsprachenlernen ist kein Widerspruch zum Bildungsauftrag der Grundschule: „Zu den wesentlichen Aufgaben der Grundschule gehört, dass die Schülerinnen und Schü- ler die deutsche Sprache sicher beherrschen. In unserer globalisierten Welt werden zu- nehmend aber auch Fremdsprachenkenntnisse wichtiger. Im Schulversuch wird daher ein frühes bilinguales Lernangebot erprobt, das die individuelle Sprachkompetenz durch Mehrsprachigkeit fördert. Wie die Forschung belegt, werden durch Mehrsprachigkeit und frühes Lernen in einer oder mehreren Fremdsprachen differenzierte Denkprozesse und ein differenziertes Bewusstsein von Sprache besonders gefördert. Damit wird eine wich- tige Grundlage für das spätere Fremdsprachenlernen, aber auch für den kompetenten Gebrauch der deutschen Sprache, gelegt.“ Staatssekretär Georg Eisenreich 20 » 21
In English, please! Lernen in zwei Sprachen an der Grundschule Mit dem Modellprojekt „Lernen in zwei Sprachen – Bilingua- le Grundschule Englisch“ wird ein erstes staatliches Angebot für zweisprachiges Lernen an der Grundschule geschaffen. In unserer zunehmend international geprägten Lebenswelt wünschen sich immer mehr Eltern, dass es für ihre Kinder Darüber hinaus ergreifen die beteiligten Modellschulen Angebote gibt, mehrere Sprachen zu lernen. flankierende Maßnahmen zur Ausgestaltung des Schulprofils Seit dem Schuljahr 2015/2016 wird an insgesamt 21 Grund- „Bilinguale Grundschule Englisch“. Zusätzliche Arbeits- schulen ab der 1. Klasse nicht nur auf Deutsch, sondern auch gemeinschaften in Englisch für die nicht-bilingualen Klassen auf Englisch unterrichtet. gehören ebenso dazu wie Schulpartnerschaften mit Schulen aus englischsprachigen Ländern oder Beschriftungen An jeder Modellschule werden bilinguale Klassen, auf- im Schulhaus auf Englisch und Deutsch. steigend von Jahrgangsstufe 1 bis 4, eingerichtet. Die- se Klassen stehen sowohl Kindern mit als auch ohne Der Gebrauch verschiedener Sprachen Vorkenntnisse in der englischen Sprache offen und wer- wird dadurch zu einem selbstverständ- den von fremdsprachlich qualifizierten Klassenlehrkräften lichen Bestandteil des Schullebens geleitet. Englisch wird dabei nicht in einem eigenen Fach wie und die Schülerinnen und Schüler ent- im Fremdsprachenunterricht vermittelt, sondern kommt wickeln bereits in jungen Jahren eine im Rahmen des regulären Unterrichts (z. B. in den wertschätzende Haltung gegenüber Fächern Mathematik, Kunst oder Musik) bei geeigneten der Vielfalt von Sprachen und Kulturen. Themen zum Einsatz. Der Fremdsprachenerwerb bei den Schülerinnen und Schülern erfolgt dabei überwiegend implizit. In englischsprachigen Phasen des Unterrichts lernen sie zunächst, englische Äußerungen der Lehrkraft zu verstehen. Sie erfassen kurze Sprachmuster und erproben sich ähn- lich wie beim natürlichen Spracherwerb spontan in ersten mündlichen Äußerungen. Zunehmend werden die Schülerin- nen und Schüler dazu angeregt und ermutigt, im Englischen zu kommunizieren und die erworbenen Sprachkenntnisse jeweils situations- und fachbezogen anzuwenden. Die Siche- rung deutscher Fachbegriffe wird im Rahmen der deutsch- sprachigen Unterrichtsanteile gewährleistet. „Ich finde den Unterricht in Englisch cool, weil ich meiner Mama und meiner Oma viel beibringen kann. Das finde ich toll!“ Tim, 1. Klasse
Stimmen zum Schulversuch Fakten und Zahlen „Kinder, die in jungen Jahren bereits die Möglichkeit erhal- Projektlaufzeit ten eine Fremdsprache zu erlernen, haben gegenüber ihren Schuljahr 2015/2016 – Schuljahr 2018/2019 gleichaltrigen Mitschülern, die einsprachig aufwachsen, ent- scheidende Vorteile. Sie sind kreativer, wenn es um Lösungen Projektpartner von bestimmten Problemen geht. Sie lernen flexibel zu denken Stiftung Bildungspakt Bayern und suchen alternative Lösungsmöglichkeiten. Frühe Fremd- Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, sprachenkenntnisse fördern somit die geistige Entwicklung.“ Wissenschaft und Kunst Stefan Paulus, Bürgermeister der Gemeinde Knetzgau Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation „Wir, die Eltern der ersten bilingualen Klasse hier in Knetzgau, Prof. Dr. Heiner Böttger sind begeistert, mit welchem Wollen und Verständnis unsere Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Kinder diese zusätzliche Aufgabe meistern. Nicht nur, dass sie den ganz normalen Schulstoff lernen, sie sind richtig hungrig Projektleitung darauf, neue englische Begriffe und Wendungen kennenzuler- Ralf Kaulfuß – SBB nen und sie auch außerhalb der Schule einzusetzen. Maria Wilhelm – StMBW Wir sind deshalb sehr froh, dass unseren Kindern die Chance gegeben wird, an diesem Meilenstein der Schulentwicklung Projektkoordination teilhaben zu dürfen.“ Dr. Julia Garhammer – SBB Karina Seubert, Klassenelternsprecherin an der Dreiberg- Cindy Zavrel – SBB Grundschule Knetzgau Stefanie Nägerl – StMBW „Unsere bilinguale Klasse ist für alle Beteiligten ein großarti- Fotos: © Helene Butsch ges Erfolgsmodell. Zudem hat der bilinguale Unterricht auch Auswirkungen auf die übrigen Klassen. So haben wir den Die Modellschulen sowie weitere Informationen finden Sie sprachsensiblen Unterricht als Ziel in unser Schulentwicklungs- unter: programm aufgenommen, was auch Kindern mit Migrations- bildungspakt-bayern.de/lernen-in-zwei-sprachen- hintergrund zugutekommt.“ bilinguale-grundschule-englisch Hannelore Glass, Rektorin der Dreiberg-Grundschule Knetzgau „Ich bin jeden Tag aufs Neue überrascht, wie viel die Kinder schon können und wie schnell sie sich weiter- entwickeln. Ich wusste ja, dass der Schulversuch ein Erfolg wird, dass die Kinder aber so gut sind, damit habe ich nicht gerechnet.“ Silke Greubel-Stevanovic, Lehrerin an der Dreiberg-Grund- schule Knetzgau Exklusivpartner: vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. 22 » 23
Vielfalt als Chance Schulversuch IBB erfolgreich abgeschlossen Inklusion in der beruflichen Bildung ist möglich. Der gemein- same Unterricht von Auszubildenden mit und ohne Behin- derung ist eine Bereicherung für alle. Das ist das zentrale Ergebnis des vierjährigen Schulversuchs IBB. Gemeinsam beschritten Schultandems aus je einer Berufs- Jugendhilfe weitere schule bzw. Berufsfachschule und einer Berufsschule zur Berufsschule bzw. berufliche sonderpädagogischen Förderung innovative Wege. In Koope- Schulen der Region ration mit den dualen Partnern wurden Barrieren bei der Be- Sonderpädagogisches Förderzentrum (SFZ) ... schulung von Auszubildenden mit Förderbedarf im Bereich weitere Berufsschule Kooperationspartner weitere Partner Lernen und sozio-emotionale Entwicklung insbesondere in bzw. berufliche Schulen der (Allgemeine) aus dem Förderschul- bereich (insb. Region der schulischen, aber auch in der betrieblichen Ausbildung Berufsschule Förderberufsschule) weitere Sachaufwandsträger Sachaufwandsträger aufgespürt und überwunden. Die Lehrkräfte der Modelltan- Förderschulen dems probierten neue Formen der Kooperation aus, entwar- weitere Berufsschule fen Unterrichtskonzepte, entwickelten gezielt Ansätze für bzw. berufliche Schulen der IFD Arbeits- individuelle Förderung und unterrichteten phasenweise ge- Region agentur meinsam. So sind die Schulen zu Wegbereitern des inklusiven beruflichen Lernens von Schülerinnen und Schülern mit und Steuergruppe aus allen Akteuren ohne sonderpädagogischem Förderbedarf geworden. Auf den Punkt gebracht – Inklusion ist ein langfristiger Prozess, bei dem alle mitgenom- zentrale Ergebnisse des Schulversuchs men werden müssen und der entsprechender Rahmenbe- • Die Entwicklung eines neuen Verständnisses für dingungen an den Schulen bedarf. Im Schulversuch IBB ist es Umgang mit Heterogenität an den Modellberufsschulen ist gelungen, Voraussetzungen zu schaffen, dass das Erreichte gelungen. gesichert, multipliziert und in der Fläche umgesetzt wird. Im • Die Kooperation Regelberufsschule - Förderberufsschule Einzelnen sind das folgende Maßnahmen: ist als Basis für sonderpädagogischen und fachsystema- tischen Kompetenztransfer unerlässlich. • Einführung des Schulprofils Inklusion für berufliche • Unterrichtskonzepte mit inklusiven didaktisch-methodi- Schulen zum Schuljahr 2017/2018 schen Vorgehensweisen im Fachunterricht wurden ent- • Etablierung einer sonderpädagogischen Zusatzquali- wickelt und können von allen Berufsschulen übernom- fizierung für Lehrkräfte an beruflichen Schulen an den men werden. Universitäten Würzburg und München zur Linderung des • Die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf sind Mangels an Sonderpädagogen durch die inklusive Beschulung erfolgreicher: • Verankerung des Nachhaltigkeitskonzepts Inklusion im • Die Modellklassen haben deutlich geringere Rahmen des Qualitätsmanagements an allen beruflichen Abbrecherquoten. Schulen (QmbS) • Die Erfolgsquote beim Abschluss einer Berufsaus- • Aufbau regionaler inklusiver beruflicher Kompetenznetz- bildung bei Schülern mit besonderem Förderbedarf werke mit IBB-Schulen im Zentrum ist gestiegen
Stimmen zum Schulversuch Innerhalb der BMW Group wird ein besonderes Augenmerk kontinuierlich und für die auf die Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit BMW Group erwächst mit Behinderung gelegt, wie Dr. Christoph Anz als Vertreter des der gezielten Steuerung Exklusivsponsors erklärt: von Vielfalt ein Teil des Unternehmenserfolgs. Dies „Vielfalt und die mit ihr verbundenen Chancen sind in den gilt auch bei der beruflichen letzten Jahren sowohl in Bildungseinrichtungen als auch in Inklusion von Menschen mit Unternehmen immer intensiver diskutiert und mit konkreten Behinderung, die nicht zu- Handlungsoptionen versehen worden. Je nach spezifischem letzt durch eine Berufsaus- Zusammenhang werden die einzelnen Aspekte von Vielfalt bildung die Chance auf eine unterschiedlich gewichtet. Ein Teilaspekt ist aber erst über erfolgreiche Teilhabe am einen anderen Ansatz und mit anderer Begrifflichkeit wirtschaftlichen und gesell- verstärkt wahrgenommen worden: Inklusion. schaftlichen Leben erhalten. Die Debatte um die Anerkennung und Wertschätzung von Unabhängig von den zahlreichen wertvollen Erkenntnissen, Diversität im Bildungsbereich ist häufig von allgemeinen die der Schulversuch in den vergangenen Jahren erbracht hat, Postulaten gekennzeichnet. Umso wichtiger ist es daher, bei sehen wir eine Grundüberzeugung bestätigt: Das Zusammen- der Inklusion von Menschen mit Behinderung in der beruf- spiel von Unternehmen und ihren Ausbildern auf der einen lichen Bildung konkrete Erfahrungen zu sammeln und auf Seite mit den Berufsschulen und der sonderpädagogischen empirische Befunde aufbauen zu können. Förderung auf der anderen Seite bildet die Basis für die erfolgreiche Qualifizierung von Menschen mit Behinderung. Darüber hinaus tragen für diesen Bildungsbereich Staat und Unternehmen gemeinsam Verantwortung, sodass berufliche Die dadurch mögliche selbstständige und eigenverantwort- Inklusion nur in der engen Kooperation miteinander gelingen liche Lebensführung beruht somit auf dem gleichen Funda- kann. ment wie die Berufsausbildung insgesamt: die Kooperation zwischen Berufsschule und Unternehmen.“ Vor diesem Hintergrund war es für die BMW Group ein wich- tiges Anliegen, den Schulversuch „IBB – Inklusive berufliche Dr. Christoph Anz, Leiter Bildungspolitik der BMW Group Bildung in Bayern“ als Kooperationspartner und Unterstüt- zer zu begleiten. Diversität erleben wir im Unternehmen 24 » 25
Die Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Berufsschule I Die Modellschulen im Ansbach berichteten über ihre Erfahrungen im inklusiven Unterricht: Schulversuch arbeiteten im Rahmen des Modellprojekts „Jeder hatte die Zeit, die er brauchte, um den Stoff zu lernen.“ „Trägergestützte Inklusive Ausbildung (TINA)“ der Re- „Die Starken haben nicht auf die Schwächeren runtergeschaut.“ gionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit eng zusammen. Die Hinter- Die Lehrkräfte der Staatlichen Berufsschule I Ansbach und Staatl. gründe stellt Klaus Beier dar: Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung Ansbach beschrieben ihre Arbeit im Tandem : „Die Ausbildung gibt dem Leben junger Menschen Ziel „Möglichst allen Schülern gerecht werden – ohne Teampartner und Richtung. Dies gilt vor unmöglich.“ allem auch für junge Men- schen mit Handicaps. Dabei ist ein entscheidender Faktor die „Inklusives Unterrichten – anstrengend und aufwendig, aber Zusammenarbeit von Lehrern, Auszubildenden, Betrieb und (persönlich) gewinnbringend.“ Agentur für Arbeit. Der Schulversuch IBB fördert dieses Zusammenspiel in beson- „Neue Wege gehen – oft ein Wagnis. Gut, dass wir losgelaufen sind.“ derer Weise. Seitens der Regionaldirektion Bayern haben wir mit dieser Initiative positive Erfahrungen im Rahmen unseres bayerischen Modellprojektes „Trägergestützte Inklusive Aus- bildung (TINA)“ gemacht. Bei diesem Projekt geht es darum, junge Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf an den Standorten Augsburg und Regensburg durch eine enge Beglei- tung so betrieblich wie möglich auszubilden. Dies gelingt nach ersten vorliegenden Erkenntnis besonders gut. Der Schulver- such IBB leistete hierbei einen wichtigen Beitrag. Deshalb wünsche ich mir, dass der erprobte Ansatz des Schul- versuchs IBB auch nach dessen Auslaufen bei der Ausbildung der jungen Menschen in Bayern fortgesetzt wird, um so die berufliche Inklusion im Freistaat weiter voranzubringen.“ Klaus Beier Stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit Teambildung an der Berufsschule Ansbach
Stimmen zum Schulversuch Im folgenden Interview fasst Prof. Dr. Roland Stein die wesent- Zugleich müsste die Anschluss- lichen Erkenntnisse aus Sicht der wissenschaftlichen Begleitung fähigkeit des angestrebten beruf- zusammen. lichen Qualifizierungsprozesses, im Hinblick auf eine Integration Stiftung: Was ist für Sie für die zentrale Erfahrung? ins Arbeitsleben, mitbedacht werden. Prof. Stein: Für mich war das große Engagement der beteilig- Und da sich der Schulversuch ten Schulen besonders beeindruckend. Alle Schultandems auf die beiden sonderpädagogi- und beteiligten Lehrkräfte haben enorme Energie für das Unter- schen Förderschwerpunkte emotional-soziale Entwicklung und nehmen aufgebracht, Schüler mit Förderbedarf inklusiv zu Lernen konzentrierte, müssten auch andere Förderbedarfe beschulen, Neues zu erproben, Erfahrungen zu sammeln und in den Blick genommen werden – und damit auch alternative dies zu dokumentieren nötig. Qualifizierungskonzepte zur klassischen beruflichen Bildung. Stiftung: Wie kann es nun weitergehen? Prof. Dr. Roland Stein, wissenschaftliche Begleitung IBB Prof. Stein: Mit einem Viererschritt: Erstens gilt es, sonderpäd- agogisches Basis-Know-how mit den Universitäten München und Würzburg in die Berufsschulen zu bringen. Zweitens ist die Stärkung der Förderberufsschulen durch mehr sonderpädago- gische Expertise nötig. Die Kooperationsstrukturen der Modell- schulversuchstandems zu konsolidieren ist der dritte Schritt. Viertens ist der Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in die weiteren Berufsschulen in Bayern erforderlich. Stiftung: Müsste man nicht gerade in der beruflichen Bildung über die Schulen hinausdenken? Prof. Stein: Ja. Inklusion im Dualen System der beruflichen Bil- dung in Deutschland stellt uns vor ganz eigene Herausforderun- gen. Das längerfristige Ziel wird sein, gemeinsame tragfähige Strategien zwischen den dualen Partnern Schule und Wirtschaft zu entwickeln. Auch hier ist der Modellversuch ein wichtiges Startsignal. Podiumsdiskussion bei der Abschlussveranstaltung im Schulversuch am 14. Oktober 2016 in Regensburg 26 » 27
Schulbegleiter als Integrationshelfer Fakten und Zahlen Immer mehr Eltern nutzen das Angebot eines Schulbegleiters für ihr Kind mit Förderbedarf. Der Landkreis München starte- Projektlaufzeit te deshalb 2013 das Modellprojekt „Integrationshelfer in der 2012/2013 – 2015/2016 inklusiven Schule“ mit dem Ziel, ein Konzept für die Weiter- qualifizierung von Schulbegleitern zu entwickeln. Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation Prof. Dr. Roland Stein, Julius-Maximilians-Universität Der auf Hilfe angewiesene Schüler soll nicht nur „begleitet“, Würzburg sondern durch einen besonders qualifizierten Helfer in die Lage versetzt werden, möglichst selbstständig zu arbeiten und ESF-Teilprojekt sich in seine Klasse an der Regelschule zu integrieren. Für diese Wissenschaftliche Begleitung zur Evaluationsforschung im anspruchsvolle Aufgabe wurden die Integrationshelfer fachlich Modellversuch IBB aus- und regelmäßig weitergebildet. Projektleitung Die Stiftung Bildungspakt Bayern hat im Projekt die Förderung Andreas Weis der wissenschaftlichen Begleitung übernommen. Das Projekt wurde 2016 abgeschlossen. Publikationen • ISB (Hrsg.) (2016): Leitfaden für inklusiven Unterricht an Die Maßnahmen werden aktuell im Landkreis München imple- beruflichen Schulen. München mentiert. Die Ergebnisse sind im Abschlussbericht von Prof. • Stein, R., Kranert, H.-W. & Wagner, S. (2016): Inklusion an Dr. Reinhard Markowetz (LMU München) zusammengefasst. beruflichen Schulen. Ergebnisse eines Modellversuchs in Sie geben wertvolle Impulse zur Weiterentwicklung der Schul- Bayern. Bielefeld: wbv begleitung in ganz Bayern. • Stiftung Bildungspakt Bayern (Hrsg.) (2016): Inklusive berufliche Bildung in Bayern, Projektdokumentation und Weitere Informationen sowie den Abschlussbericht zum Ergebnisse des Schulversuchs. München Download finden Sie unter: bildungspakt-bayern.de/integrationshelfer-in-der- Die Modellschulen sowie weitere Informationen und Links inklusiven-schule zum Download der ISB- und Stiftungspublikation finden Sie unter: bildungspakt-bayern.de/modellversuch-ibb-inklusive- berufliche-bildung-in-bayern Exklusivpartner
i.s.i. – Auszeichnung für bayerische Schulen Mit dem i.s.i. – Innere Schulentwicklung & Schulqualität In- novationspreis würdigt die Stiftung Bildungspakt Bayern die Leistung und das Engagement bayerischer Schulen. Im Jahr 2016 wurde er zum zehnten Mal vergeben. Der Schwerpunkt lag in dieser Wettbewerbsrunde auf dem Bereich „Lernen und Lehren“. Dr. Hermann Fußstetter, Mitglied im Vorstand der Stiftung Die Preisträger des landesweiten i.s.i. 2016 wurden am 02. Bildungspakt Bayern, erklärt, was i.s.i.-Preisträgerschulen Mai 2016 in einem feierlichen Festakt im Literaturhaus Mün- auszeichnet und wie sie die bayerische Schullandschaft berei- chen bekannt gegeben: chern können: Förderschule „Eine i.s.i.-Preisträgerschule zu werden Sophie-Scholl-Schule, ist alles andere als „easy“. Es ist die Privates Förderzentrum an der Klinik Santa Maria, Oberjoch Anerkennung des dauerhaften Engage- Anne-Frank-Schule, ments eines motivierten Lehrerteams Sonderpädagogisches Förderzentrum Pocking zur Erreichung längerfristig angeleg- ter Ziele. Diese Ziele sind professionell Grundschule auf einen noch besseren Lernerfolg Friedrich-Hegel-Grundschule Nürnberg der Schüler dieser Schule ausgerich- tet. Wenn diese Ziele erreicht werden, Mittelschule dann ist es Anspruch und Verpflich- Mittelschule München Moosach tung zugleich, die Schüler dieser Schule davon profitieren zu lassen, aber auch – wie beispielsweise bei erfolgreichen Realschule Umweltschutzmaßnahmen der Wirtschaft erforderlich – Staatliche Realschule Schonungen durch zügige und bayernweit gut geführte flächendeckende Implementierung der Innovationen alle bayerischen Schüler Gymnasium und ihre Lehrkräfte davon profitieren zu lassen. Das Netz- Max-Born-Gymnasium Germering werk der i.s.i.-Schulen hilft dabei sehr, ersetzt aber natürlich Humboldt-Gymnasium Vaterstetten nicht das Innovationsmanagement des Ministeriums.“ Berufliche Schulen Dr. Hermann Fußstetter Montessori-Fachoberschule München Mitglied im Vorstand der Stiftung Bildungspakt Bayern Zusätzlich zur landesweiten Auszeichnung wurde in der Kategorie der Grundschulen der regionale Grundschul-i.s.i. an folgende Schulen vergeben: Grundschule Eggolsheim (Oberfranken) Grundschule Offenstetten (Niederbayern) Friedrich-Hegel-Schule Nürnberg (Mittelfranken) Grundschule Emersacker (Schwaben) 28 » 29
Preisträger 2016 Fakten und Zahlen Montessori-Fachoberschule München Preisgelder 10.000 € für den landesweiten Sieger aus jeder Schulart 1.000 € für den regionalen Grundschulsieger Gesamtprojektleitung Funda Demir, Cindy Zavrel Projektleitung Grundschul-i.s.i. Dr. Julia Garhammer, Cindy Zavrel Weitere Informationen finden Sie unter: bildungspakt-bayern.de/i-s-i-wettbewerb Exklusivpartner: Max-Born-Gymnasium München vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Geben – Nehmen – Bewirken Schulen des i.s.i.-Netzwerks wollen aktiv mitgestalten und voneinander lernen Ausgezeichnete bayerische Schulen aller Schularten arbeiten auf regionaler und landesweiter Ebene seit über zwei Jahren im i.s.i-Netzwerk zusammen. Auf dem Festakt zur Preisver- leihung des i.s.i. 2016 sprach Moderatorin Jutta Ribbrock mit Martina Zippelius-Wimmer, Leiterin der Grundschule Buben- Erkenntnisse und Erfahrungen in die Bildungsdiskussion ein- reuth in Mittelfranken, und mit Matthias Wermuth, Leiter des bringen und durch den Einsatz erprobter neuartiger Konzep- Gymnasiums Kirchheim bei München. Beide Schulen sind te zur Weiterentwicklung des Schulsystems beitragen. i.s.i.-Preisträger 2014 und im Netzwerk sehr aktiv. Ribbrock: Was Sie beschreiben, ist mit Aufwand und Ressour- Ribbrock: Was ist das i.s.i-Netzwerk und wer arbeitet darin ceneinsatz verbunden. Wie bekommen Sie das gestemmt? mit? Zippelius-Wimmer: In unserer Netzwerkarbeit werden wir Wermuth: Es handelt sich um ein Netzwerk ausgezeichneter tatkräftig unterstützt. Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Schulen, die erfolgreich am i.s.i.-Wettbewerb teilgenommen Wirtschaft e. V., das Kultusministerium und die Stiftung haben. Dies sind Schulen aller Schularten aus allen Regie- Bildungspakt Bayern stellen abwechselnd die nötigen finanzi- rungsbezirken Bayerns. Ziel ist es, Brücken zwischen den ein- ellen Mittel für das Netzwerk zur Verfügung. Dies ermöglicht zelnen Schularten zu bauen und Innovationsarbeit und Qua- beispielsweise die Umsetzung von Schulvorhaben innerhalb litätsentwicklung an Schulen zu unterstützen und zu fördern. des Netzwerkes. Zudem organisiert die Stiftung Fachtagun- gen und ist inhaltlich an den Entwicklungen jeder einzelnen Ribbrock: Wie profitieren Schulen, die sich beteiligen, vom Schule interessiert. i.s.i.-Netzwerk? Fakten und Zahlen: Zippelius-Wimmer: „Geben – Nehmen – Bewirken“ lautet das selbst gewählte Motto des Netzwerkes. Wir wollen geben, das Teilnehmende Schulen heißt, wir möchten gemeinsam mit anderen Schulen an der 58 ausgezeichnete i.s.i.-Schulen Schulentwicklung arbeiten, indem wir diese Schulen an unse- ren Ideen teilhaben lassen und diese gemeinsam weiterent- Projektleitung wickeln. Darüber hinaus wollen wir Schulen auf ihrem Weg zu Manfred Bäuml einer i.s.i.-Bewerbung begleiten. Partner Wermuth: Wir wollen nehmen, indem wir nach Best-Practice- Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Beispielen im Rahmen regionaler sowie überregionaler Wissenschaft und Kunst Netzwerktreffen, offener Hospitationen und bayernweiter vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Fachtagungen suchen. Als Netzwerk von Schulen, die für Innovationen innerhalb der Schulentwicklung ausgezeichnet Weitere Informationen zu den Schulen im i.s.i.-Netzwerk und wurden, wollen wir auch etwas bewirken. Wir wollen unsere Veranstaltungen finden Sie unter: bildungspakt-bayern.de/i-s-i-netzwerk 30 » 31
Perspektive Beruf Modellprojekt gibt Impulse für Berufsintegrationsklassen Berufsintegrationsklassen richten sich überwiegend an berufsschulpflichtige Asylsuchende und Flüchtlinge. Sie sind „Die Berufsintegrationsklas- ein grundsätzlich zweijähriges Vollzeitangebot und in Bayern sen an bayerischen berufli- flächendeckend eingeführt. Unterricht und sozialpädagogi- chen Schulen leisten einen sche Betreuung werden von der Schule meist in Zusammen- wichtigen Beitrag zur erfolg- arbeit mit einem Kooperationspartner durchgeführt. Die reichen Integration junger Schülerinnen und Schüler besuchen zunächst eine Berufs- Asylsuchender und Flücht- integrationsvorklasse (BIK/V) und im Anschluss eine Berufs- linge. Für die bayerische integrationsklasse (BIK). Der Unterricht umfasst sprachliche Wirtschaft ist es von großer Förderung, mathematische, allgemeinbildende und berufs- Bedeutung, diese jungen bezogene Inhalte sowie umfangreiche Betriebspraktika. Menschen gut auf eine Aus- bildung beziehungsweise Das Beschulungsangebot wurde mittlerweile bayernweit stark auf das Berufsleben vorzu- ausgebaut (Schuljahr 2014/15: 260 Klassen, Schuljahr 2015/16: bereiten. Im Modellprojekt 760 Klassen, Planung Schuljahr 2016/17: 1.200 Klassen) und ‚Perspektive Beruf für Asyl- durch ergänzende Klassenformen (Sprachintensivklasse, bewerber und Flüchtlinge‘ werden wirksame Konzepte und In- Berufliches Übergangsjahr) ausdifferenziert. Die Grafik zeigt strumente zur Unterrichtung und Förderung berufsschulpflich- alle Klassenformen mit möglichen Zu- und Übergängen. tiger Asylsuchender entwickelt, erprobt und multipliziert.“ Im Modellprojekt arbeiten 21 Berufsschulen an einer Weiter- Bertram Brossardt entwicklung der Beschulung in Berufsintegrationsklassen und Mitglied im Vorstand der Stiftung Bildungspakt Bayern reagieren so auf den entstandenen Innovationsdruck. Bewähr- Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der te und erfolgreiche Maßnahmen fließen als Best Practice in die Bayerischen Wirtschaft e. V. Integrationsarbeit der anderen beruflichen Schulen ein. Klassenformen zur Berufsintegration mit möglichen Zu- und Übergängen Berufs- Sprach- 1. Jahr der 2. Jahr der Berufliches ausbildung intensiv- Beschulung Beschulung Übergangs- oder klasse (BIK/V) (BIK) jahr anderer (SIK) Ausbildungs- weg
„Spracherwerb ist kein Zauberwerk“ – Interview mit Professor Jörg Roche Das Erlernen der Zweitspra- Stiftung: Welche drei Maßnahmen, die berufliche Schulen für che Deutsch bis zu einem eine gute Sprachförderung in Berufsintegrationsklassen um- Niveau, mit dem eine duale setzen können, sind am effektivsten? Berufsausbildung gemeis- tert werden kann, ist für Prof. Roche: Erstens ist es wichtig, die Schülerinnen und Schü- viele jugendliche Asylbe- ler möglichst bei deren beruflichen Interessen und Vorkennt- werber und Flüchtlinge eine nissen abzuholen. Zweitens sollten stimulierende sprachliche große Herausforderung. Wir Umgebungen geschaffen und genutzt werden. So kann inner- sprachen mit Prof. Dr. Jörg halb und außerhalb der Schule, z.B. über Szenarien, Praktika Roche, dem stellvertreten- und dergleichen, Sprache in unterschiedlichen authentischen den Leiter des Instituts für Rollen entdeckt und vermittelt werden. Drittens: Die Gram- Deutsch als Fremdsprache matik-Fixierung klassischer Sprachfördermaßnahmen soll- an der Ludwigs-Maximilians- te vermieden werden. Ihre Effizienz ist wissenschaftlich gar Universität München über nicht belegt. den Spracherwerb in Berufsintegrationsklassen. Prof. Jörg Roche unterstützt das Modellprojekt durch seine Mitarbeit im Stiftung: Welche Arbeitsschwerpunkte sehen Sie im weiteren wissenschaftlichen Beirat. Verlauf des Modellprojektes? Stiftung: Die Berufsintegrationsklassen sind auf zwei Jahre Prof. Roche: Es gibt viele gute Vorschläge und Vorarbeiten. angelegt. Welche Chance haben die Asylbewerber und Flücht- Diese müssten nun im Sinne der oben genannten Prinzipien linge, in dieser Zeit ein Sprachniveau zu erreichen, mit dem ausgebaut, systematisiert und auch für eine schulübergreifen- eine Berufsausbildung erfolgreich durchlaufen werden kann? de Nutzung von anderen Schulen bearbeitet werden, sodass sie eine größere Nutzergruppe erreichen können. Prof. Roche: Die meisten können oder könnten es schaffen. Wichtig scheint mir auch, die bis jetzt entwickelten Materia- Spracherwerb ist kein Zauberwerk. Wer eine Sprache in ei- lien noch etwas genauer auf die Ausgangsbedingungen der nem reichhaltigen sprachlichen Umfeld, mit interessanten Zielgruppe auszurichten, also stärker wirklich interkulturell und relevanten kommunikativen Aufgaben sowie verständli- zu verfahren. Das hieße, die Lerngewohnheiten der Jugendli- chen Rückmeldungen handelnd erwirbt, der sollte keine un- chen, ihre Perspektive auf Deutschland und ihre Stärken und überwindbaren Schwierigkeiten haben. Berufliche Kontexte Schwächen noch stärker zu berücksichtigen. eignen sich dafür hervorragend. Wichtige Kriterien für erfolg- Wäre es nicht ganz toll für alle Beteiligten und unsere Gesell- reichen Spracherwerb sind neben den genannten Umfeldfak- schaft, wenn wir neben dem Deutsch-Export die Kenntnisse, toren vor allem das eigene Interesse an Sprache und Integra- Talente und Potenziale, die unsere Gäste mitbringen, noch tion, Lernerfahrung und Bildungsnähe. stärker importieren würden? 32 » 33
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