Herbst 2020 GESCHICHTE LITERATUR- UND SPRACHWISSENSCHAFT MUSIK- UND THEATER WISSENSCHAFT BIOGRAFIEN PHILOSOPHIE - Chronos Verlag
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Herbst 2020 GESCHICHTE • LITERATUR- UND SPRACHWISSENSCHAFT • MUSIK- UND THEATERW ISSENSCHAFT • BIOGRAFIEN • PHILOSOPHIE Chronos Verlag Eisengasse 9 • CH-8008 Zürich Tel. + 41 / 44 / 265 43 43 Fax + 41 / 44 / 265 43 44 info@chronos-verlag.ch www.chronos-verlag.ch
Der zweite Frühling Carsten Goehrke Andreas Kotte Paul Ott Paul Ott Mord iM Unter dem Schirm THEATRUM HELVETICUM Alpenglühen der göttlichen Weisheit der Schweizer Geschichte und Lebenswelten Kriminalroman – des Stadtstaates Groß-Nowgorod geschichte und gegenwart der göttlichen Weisheit Schau Spiel Lust Unter dem Schirm Andreas Kotte Schau Spiel Lust Was szenische Vorgänge bewirken «Mord im Alpenglühen» präsen- Nowgorod war im Spätmittelalter Spiellust im Schauspiel ist das tiert erstmals einen umfassenden nicht nur die zweitgrösste Stadt Geheimnis der Widerständigkeit Überblick über die Schweizer des alten Russland, sondern ver- von Theater im Medienzeitalter. Kriminalliteratur von den frü- mochte auch einen Stadtstaat zu Wem in der deutschsprachigen hen Verbrechensberichten und begründen, der den ganzen Norden Theatergeschichtsschreibung Gerichtsreportagen im 19. Jahr- Russlands einschloss. Gross- und -theorie das Spiel fehlt, findet hundert bis zur heutigen Vielfalt Nowgorod, wie sich dieser Stadt- es in dieser Aufsatzsammlung als des Kriminalromans. Der Autor staat selbstbewusst nannte, wurde Springquell für theaterhistorische, zeigt Entwicklungslinien auf und zum wichtigsten osteuropäischen theatertheoretische und dramatur beschreibt Werke von bekannten Handelspartner der Hanse. gische Überlegungen aus drei oder vergessenen Verfasserinnen Sein politisches System mit einer Jahrzehnten. und Verfassern aus allen Sprachre- Mischung aus demokratischen, Der Autor forschte zur europäischen gionen der Schweiz. monarchischen, oligarchischen und schweizerischen Theaterge- Manche Kriminalromane überzeu- und theokratischen Elementen hat schichte sowie zum Unterschied gen durch Alltagsnähe und Milieu im mittelalterlichen Europa keine zwischen Theater und Medien. Auf treue, andere entweichen unbe- Entsprechung und präsentiert sich der Suche nach den anthropologi- kümmert ins Fantastische. Immer als eine klare politische Alternative schen Wurzeln von Theater stiess transportieren sie Botschaften, und zur späteren Autokratie Moskauer er auf Vorgänge, die er als szenisch nicht selten wird die augenfälligste, Typs. Weil es Moskau gelang, den bezeichnet, weil darin Inszenierung der Kampf des Guten gegen das Stadtstaat Gross-Nowgorod 1478 zu anklingt, Mise en scène. Sie entste- Böse, heimlich unterwandert. Hinter liquidieren, endete diese partizipa- hen immer auf ähnliche Art und den Namen der Autorinnen und tive politische Alternative jedoch in Weise durch hervorhebendes Spiel Autoren verbergen sich spannende einer Sackgasse, und die Zukunft aus dem Lebensprozess. Sie lassen Lebensläufe, unerwartete Zusam- Russlands gehörte seitdem autoritä- sich beschreiben und in Theatrali- menarbeiten werden ans Licht ge- ren Staatssystemen. Das vorliegende tätsgefügen aufeinander beziehen, bracht und Pseudonyme aufgedeckt. Buch ist die bislang einzige auf wobei graduelles Denken das dicho Die Bibliografie enthält über 2000 dem derzeitigen Forschungsstand tomische verdrängt. Und immer Werktitel und biografische Angaben. beruhende Gesamtdarstellung der folgen die Zuschauenden entweder Geschichte Gross-Nowgorods. Konventionen oder persönlichen Vorlieben, wenn sie auswählen, wel- che szenischen Vorgänge sie Theater nennen. Paul Ott Carsten Goehrke Andreas Kotte Mord im Alpenglühen Unter dem Schirm der göttlichen Schau Spiel Lust Der Schweizer Kriminalroman – Weisheit Was szenische Vorgänge bewirken Geschichte und Gegenwart Geschichte und Lebenswelten des Stadtstaates Gross-Nowgorod Mai 2020. Gebunden. 472 S., 2020. Gebunden. 348 S., 36 Abb. s/w. Juni 2020. Gebunden. 608 S., 87 Abb. farbig und s/w. CHF 38 / EUR 38 28 Farbabb., 34 Abb. s/w. CHF 48 / EUR 48 ISBN 978-3-0340-1584-4 CHF 78 / EUR 78 Theatrum Helveticum, Band 20 ISBN 978-3-0340-1568-4 ISBN 978-3-0340-1579-0 ISBN 978-3-0340-1584-4 ISBN 978-3-0340-1568-4 ISBN 978-3-0340-1579-0 9 783034 2 015844 9 783034 015684 9 783034 015790
Jolanda Spirig «Manche Geschichten kann man nicht erfinden, nur finden.» HI NT E R D E M LAD E NT I S C H HINTER Die kleine Martha registriert, was andere übersehen. Sie stellt kritische Fragen und deckt Ungereimtheiten auf. An den kirchli- DEM Fesselnde Geschichte von starken Frauen chen Verkündigungen und gesellschaftlichen Schranken, die Frauen auf den zweiten Platz Rheintaler Bote LADENTISCH verweisen, zweifelt sie früh. «Das meinst du nur», heisst es oft, wenn sie über ihre Wahr- «Eine auf wahren Begebenheiten beruhende fesselnde Ge- nehmungen spricht. Während die Diplomaten Eine Familie zwischen Kolonialwaren schichte, nicht nur über eine Familie, sondern auch von starken und ihre strebsamen Sekretäre im Vatikan und geistlichen Herren Karriere machen, zieht die Detaillistin ihre Frauen. Mit ihrem neusten Werk hat Jolanda Spirig ein kraft- drei schulpflichtigen Töchter nach dem frü- hen Tod des Vaters alleine gross. Mit ihrem volles Zeitzeugnis über eine Familie des unteren Mittelstandes kleinen Lebensmittelladen und ganz ohne geschaffen, die durch die Lehren der katholischen Kirche vorge- kirchliche Rente. Die (Emanzipations-)Ge- schichte spielt sich vor dem Hintergrund der schrieben bekam, was sie zu tun hatte.» wirtschaftlichen, politischen und gesellschaft- lichen Entwicklungen der Vierziger- und Fünfzigerjahre ab. Sie zeigt den Alltag einer Familie des unteren Mittelstandes und die Humorvolles Sittengemälde Der Bund religiöse Prägung beispielhaft auf und wird so zum Zeitzeugnis. «Ein dichtes, humorvoll geschriebenes Sittengemälde über den wirtschaftlichen und sozialen Alltag im Bern der Nachkriegs- zeit – reich an Anekdoten und Details.» Hinter dem Ladentisch steht nicht Lebendig und differenziert erzählt Saiten nur Martha Artho, die Detaillistin. «Eine gründliche historische Recherche, lebendig und differen- Dort steht auch Martha junior, gebo- ziert erzählt. Man liest das gern. Die Lektüre ist spannend und ren 1941. Auf der zweiten Stufe der gleichzeitig lehrreich. [...] Manche Geschichten kann man nicht Treppenleiter verfolgt sie die Ver- erfinden, nur finden: Hinter dem Ladentisch ist so eine.» kaufsgespräche, die keinesfalls unter- Saiten – Ostschweizer Kulturmagazin brochen werden dürfen. Das gewis- senhafte Mädchen wächst zwischen Randvoll von Geschichten SRF 2 Mutters Kolonialwarenladen und der «‹Hinter dem Ladentisch› ist randvoll von Geschichten aus einer Vatikanischen Botschaft in Bern auf. Zeit, in der auch in der Schweiz viele Menschen improvisieren Der apostolische Garten ist ihr Para- mussten, um sich durchzubringen, und in der viele Menschen, dies. Gepflegt wird er vom Gärtner- ganz besonders Frauen, sozial und politisch gegängelt wurden. Chauffeur der Nuntiatur, ihrem Vater. Vieles hat sich geändert, vieles ist in den Grundstrukturen aber Während die Diplomaten und ihre auch gleich geblieben. Und wer darüber hinaus etwas über die strebsamen Sekretäre im Vatikan Energie und die Unverdrossenheit erfahren möchte, mit der Karriere machen, zieht die Detaillis- unsere Vorfahren allen Widrigkeiten zum Trotz ihr Leben meis- tin ihre drei schulpflichtigen Töch- terten, findet in Jolanda Spirigs neuem Buch Beispiele in Fülle.» ter nach dem frühen Tod des Vaters Neue Sachbücher aus der Schweiz, SRF 2 Kontext alleine gross. Mit ihrem kleinen Lebensmittelladen und ganz ohne kirchliche Rente. Die Geschichte spielt sich vor dem Hintergrund der Stimmungsvoll-detailreich St. Galler Tagblatt wirtschaftlichen, politischen und «Martha Beéry sei, schreibt Jolanda Spirig am Ende ihrer gesellschaftlichen Entwicklungen der stimmungsvoll-detailreichen, ganz in die Welt eines Kindes ein- Vierziger- und Fünfzigerjahre ab. Sie tauchenden Schilderung, während Jahrzehnten ‹mit angezoge- zeigt den Alltag einer Familie des un- ner Handbremse› durchs Leben gegangen, ‹gehemmt durch die teren Mittelstandes und die religiöse Lehre der katholischen Kirche, die von den Frauen Aufopferung Prägung beispielhaft auf und wird so verlangt›.» zum Zeitzeugnis. Jolanda Spirig Jolanda Spirig Hinter dem Ladentisch beschreibt das Leben und dringt in unterschiedliche Eine Familie zwischen Kolonialwaren Gesellschaftsschichten vor. Für ihre eindrücklichen und geistlichen Herren Frauenbiografien, die sie seit 1995 publiziert hat, wurde sie mit dem Rheintaler Kulturpreis 2020. Gebunden. ausgezeichnet. 176 S., 42 Abb. s/w. CHF 29 / EUR 29 ISBN 978-3-0340-1580-6 ISBN 978-3-0340-1580-6 9 783034 015806 3
Eine andere Perspektive Seit den 1950er-Jahren ist keine englisch- CLIVE H. CHURCH RANDOLPH C. HEAD sprachige Schweizer Geschichte mehr erschienen. 2013 legte die Cambridge University Press eine «Concise History of Paradox Schweiz Switzerland» vor. Verfasser sind der Histo- riker Randolph C. Head und der Politologe Eine Aussensicht Clive H. Church. Ihr Werk erscheint nun ak- auf ihre Geschichte tualisiert für eine deutschsprachige Leser- schaft. Die Autoren beschäftigen sich sowohl mit dem histo- rischen Geschehen als auch mit den wechselnden Ge- schichtsbildern im Lauf der Epochen. Ausgangspunkt sind die Veränderungen in Europa, die es den Kommu- nen nach 1200 ermöglichten, zu gedeihen und sich zu verbünden. Zahlreiche dieser Bündnisse verschwanden wieder, im Alpenraum aber hatten einige Bestand und Clive H. Church entwickelten sich zur Eidgenossenschaft. Die Autoren führen die Darstellung ist emeritierter Professor für euro- ihrer Geschichte bis an die Gegenwart heran. Sie zeichnen ein differenziertes päische Studien an der Universität Kent, Canterbury. Bild der Stärken und Schwächen der Schweiz und schliessen in der Überzeu- gung, dass das Land im sich wandelnden Europa weiterhin eine besondere Randolph C. Head ist Professor für europäische Ge- Rolle spielen wird. schichte an der Universität Kalifor- nien, Riverside. Peter Jäger ist selbständiger Übersetzer und Lektor in Chur. November 2020 Clive H. Church, Randolph C. Head Gebunden. ca. 336 S., Paradox Schweiz ca. 20 Abb. s/w. ca. CHF 48 / ca. EUR 48 Eine Aussensicht auf ihre Geschichte ISBN 978-3-0340-1594-3 ISBN 978-3-0340-1594-3 Aus dem Englischen übersetzt von Peter Jäger 9 783034 015943 4
Langer Kampf für das Frauenstimmrecht 1971 war die Schweiz eines der letzten Werner Seitz Länder der Welt, die das Frauenstimmrecht einführten. Die Publikation gibt einen Über- blick über die jahrzehntelangen Auseinan- dersetzungen um das Frauenstimmrecht Der Kampf um die politische Gleichstellung der Frauen in der Schweiz und beleuchtet die Hintergründe, welche seit 1900 die Schweiz im europäischen Vergleich zum «gleichstellungspolitischen Sonderfall» AUF DIE WARTEBANK machten. Abschliessend wird der Einstieg GESCHOBEN der Frauen in die Schweizer Politik und die Entwicklung ihrer Vertretung auf Bundes- und Kantonsebene während der letzten fünf- zig Jahre analysiert. Die bürgerliche Aufklärung postulierte die Gleichheit aller Menschen, doch die Französische Revolution schloss die Werner Seitz Frauen von politischer Partizipation aus. Während das Männerstimmrecht studierte Philosophie, Schweizer in der Schweiz vergleichsweise früh eingeführt wurde, kam man in Sachen Geschichte und Staatsrecht und promovierte zum Thema politische Frauenstimmrecht bis in die 1960er-Jahre nicht vom Fleck. Dies hatte mit Kultur. Er leitete während fast zwan- der konservativen politischen Kultur zu tun, aber auch mit den zuweilen zig Jahren im Bundesamt für Statistik die Sektion «Politik, Kultur, Medien». etwas mutlosen BefürworterInnen und der unwilligen Elite, namentlich dem Bundesrat, der Parlamentsaufträge schubladisierte. Die konservative Mehrheit blockierte das Thema in Bund und Kantonen. Nach der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 ging es im Nationalrat und in den meisten Stadt- und Kantonsparlamenten mit der Frauenver tretung relativ zügig voran. Doch es brauchte mehrfach Druck von aussen: in den frühen 1990er-Jahren den Frauenstreik und den Brunner-Effekt, bei den jüngsten Wahlen den zweiten Frauenstreik sowie weitere Aktivitäten der Zivilgesellschaft. November 2020 Werner Seitz Gebunden. ca. 272 S., Auf die Wartebank geschoben ca. 20 Abb. s/w. ca. CHF 38 / ca. EUR 38 Der Kampf um die politische Gleichstellung ISBN 978-3-0340-1605-6 der Frauen in der Schweiz seit 1900 ISBN 978-3-0340-1605-6 9 783034 016056 5
Flecks Fieber – Schicksal eines jüdischen Forschers Andreas Pospischil 1909 gelang Charles Nicolle am Institut Pasteur in Tunis der Nachweis, dass das Ludwik Fleck Fleckfieber von Läusen übertragen wird. Im und das nicht nach ihm Ersten Weltkrieg brach die Krankheit auf benannte dem östlichen Kriegsschauplatz aus. Der Fleckfieber Erreger wurde von Howard Ricketts und Stanislaus von Prowazek isoliert und nach ihnen benannt. Beide Forscher steckten sich bei den Laborarbeiten an und starben. Hier tritt Ludwik Fleck auf, der später als Wissen- schaftstheoretiker bekannt wurde. Der junge jüdische Militärarzt aus dem österreichischen Lemberg arbeitete in einem k. u. k. Militärlabor mit Rudolf Weigl an der Herstellung eines Impfstoffs gegen Fleck- fieber. Für Fleck und andere beteiligte Juden wurde das Fleckfieber zum Schicksal. Als Häftling im KZ Buchen- Andreas Pospischil wald produzierte Fleck in einem SS-Labor Fleckfieberimpfstoff, den er auch emeritierter Professor für Veterinär- Häftlingen gab. Befreit aus Buchenwald und zurück in Polen, konnte er dort pathologie der Universität Zürich. 2009–2016 Fellow am Colle- als Jude nicht wieder Fuss fassen und emigrierte nach Israel, wo man ihm gium Helveticum der Universität vorwarf, mit der SS kollaboriert zu haben. Zürich und der ETH Zürich, an dem das Ludwik Fleck Zentrum Besiegt wurde das Fleckfieber schliesslich durch DDT, das die Überträger, die angegliedert ist. Läuse, vernichtet. Ludwik Fleck (geb. 1896 in Lemberg; gest. 1961 in Israel) war ein polnischer Mikrobio- loge, Immunologe und Erkenntnis- theoretiker. Fleck war im biowissen- schaftlichen Bereich insbesondere als Fleckfieberforscher bekannt. Er beschrieb 1930 den ersten zuverläs- sigen Hauttest zu dessen Nachweis. Sein philosophisches Hauptwerk «Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache» ist ein Klassiker der modernen Wissen- schaftsforschung. September 2020 Andreas Pospischil Gebunden. ca. 200 S., Ludwik Fleck und das nicht nach ihm benannte Fleckfieber ca. 50 Abb. s/w. ca. CHF 32 / ca. EUR 29 ISBN 978-3-0340-1600-1 ISBN 978-3-0340-1600-1 9 783034 016001 6
Ein Leben auf der Überholspur Jakob Wiedmer, geboren 1876: Welches sind Felix Müller Felix Müller die Zukunftsaussichten für einen Bäckers- Rastlos sohn aus Herzogenbuchsee im Oberaargau? Sein Vater stellt sich gegen eine höhere Schulbildung, hält nichts von «Studier Jakob Wiedmer-Stern (1876–1928) grinden». Ganz anders die Dorfbewohner. Sie sehen im heranwachsenden Bäcker-Köbi bereits einen künftigen Gemeinderat, Pfarrer Rastlos oder gar Bundesrat. Von seinen «schwarzen, Das erstaunliche Leben des unglaublich klugen Augen» schwärmt die Archäologen und Erfinders Jakob Wiedmer-Stern (1876–1928) Spielkameradin Maria, die spätere Schrift- stellerin Maria Waser; der Redaktor Ulrich Dürrenmatt ist beeindruckt vom Schreib talent des Jünglings, der sich in seiner Frei- zeit als Archäologe betätigt. Felix Müller Einzig die Ausbildung zum Kaufmann steht dem Vielbegabten offen. Wäh- Prof. Dr. phil., war bis 2015 Vize- rend einer dreijährigen Anstellung in Athen entscheidet sich Wiedmer für die direktor und Leiter der Abteilung Archäologie am Bernischen Histori- Archäologie. Kaum zurück, wird der nun verheiratete Wiedmer-Stern Direktor schen Museum sowie Honorarprofes- des Bernischen Historischen Museums. Sein genialer archäologischer Spür- sor für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie der Römischen Provin- sinn eröffnet der Wissenschaft ganz neue Forschungsmethoden, die ihn in zen an der Universität Bern. der Fachwelt international bekannt machen. Einen nationalen Markstein setzt er mit der Gründung der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte. Im gleichzeitig entstandenen Roman «Flut» erkennt der Feuilletonredaktor im «Bund» Josef Viktor Widmann bereits den Nachfolger von Jeremias Gotthelf. Karriere macht der Tausendsassa weiter unter anderem als Finanzakrobat, Erfinder und Diplomat mit ebenso glänzenden Höhepunkten wie dramati- schen Abstürzen – ständig bedroht von der Folge einer «heissen und stolzen Stunde» seiner Jugendzeit im Orient. Das rastlose Leben des Jakob Wiedmer-Stern ist geradezu das Spiegelbild der turbulenten Wende zum 20. Jahrhundert. Juni 2020 Felix Müller Gebunden. 240 S., 42 Abb. farbig und s/w. Rastlos CHF 38 / EUR 38 Das erstaunliche Leben des Archäologen und Erfinders ISBN 978-3-0340-1599-8 Jakob Wiedmer-Stern (1876–1928) ISBN 978-3-0340-1599-8 9 783034 015998 7
Verurteilt wegen fremden Kriegsdiensts Schweizer Freiwillige im Zweiten Weltkrieg in den Reihen der Alliierten hatten bei der Rückkehr in die Schweiz einen schweren Stand. Obwohl sie auf der Seite der Sie- Peter Huber ger standen, empfing sie die Heimat mit In der Résistance Schweizer Freiwillige Gleichgültigkeit und dem Vorwurf, das Land im Stich gelassen und zu Kriegszeiten ge- auf der Seite Frankreichs (1940–1945) schwächt zu haben. Die Militärjustiz verur- teilte sie wegen fremden Kriegsdiensts zu Gefängnisstrafen. Auf dem Siegerpodest standen ausschliesslich General Guisan, die Armee und die sorgsam konstruierte «wehr- hafte Schweiz». Eine Rehabilitierung und Würdigung dieser Freiwilligen haben Bun- desrat und Parlament ein letztes Mal im Jahr Peter Huber 2008 abgelehnt. ist Privatdozent am Departement Geschichte der Universität Basel. Er publizierte bei Chronos zur Ge- Der Autor zeichnet das facettenreiche Profil der 400 bis 500 Schweizer im schichte der Schweizer Kommunisten französischen Widerstand. Die einen überqueren klammheimlich den Jura in der Sowjetunion (1994). Ein zweiter Forschungsschwerpunkt sind und schliessen sich Gruppen von Widerstandskämpfern an, die den deut- Schweizer, die im Spanischen Bür- schen Besatzungstruppen Hinterhalte legen und Nadelstiche versetzen. Wer gerkrieg, in der Fremdenlegion oder von ihnen dem Feind in die Hände fällt, wird meist ins Reich deportiert und im Zweiten Weltkrieg aufseiten der Alliierten gekämpft haben. erhält von Bern und den Schweizer Vertretungen kaum Unterstützung. Doch die meisten Schweizer Freiwilligen stossen in Nordafrika und in England zur Résistance, wo General de Gaulle ehemalige Fremdenlegionäre für die Befrei- ung Frankreichs gewinnt. Die Gründe für den Anschluss an die Résistance sind vielfältig: oft affektive Verbundenheit mit Frankreich und Antifaschis- mus, vielmals aber auch Abenteuerlust, Freude am militärischen Betrieb und Flucht vor Schwierigkeiten in der Schweiz. Die sorgfältig recherierte Arbeit wertet erstmals zugängliche Akten im Pari- ser Militärarchiv und im Bundesarchiv in Bern aus. Sie versteht sich auch als Beitrag zum Verhalten der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. August 2020 Peter Huber Gebunden. ca. 288 S., In der Résistance ca. 60 Abb. s/w. ca. CHF 38 / ca. EUR 38 Schweizer Freiwillige auf der Seite Frankreichs (1940–1945) ISBN 978-3-0340-1596-7 ISBN 978-3-0340-1596-7 9 783034 015967 8
Gründer der modernen Türkei und Architekt des Genozids Dies ist die erste Biografie in westlicher HANS-LUKAS KIESER Sprache über den letzten mächtigen Politi- ker des Osmanischen Reichs. Talât Pascha Talât Pascha (1874–1921) stand 1913–1918 in Istanbul Gründer der modernen einem jungtürkischen Einparteiregime vor, Türkei und Architekt des Armeniergenozids dessen radikale Politik das Zeitalter der Eine politische Biografie Extreme, das Europa der Diktaturen, Welt- kriege und Genozide eröffnete. Das letzte osmanische Jahrzehnt war von Kriegen und innerer Gewalt geprägt, bevor Sultanat und Kalifat nach dem Ersten Weltkrieg abge- schafft wurden. Talâts Regime nahm unter dem Einfluss des Ideologen Ziya Gökalp ein faschistisches Staats-, Gesellschafts- und Geschichtsverständnis vorweg. Es erstrebte einen zen- tralistischen Einparteistaat, der Minderheiten beseitigte Hans-Lukas Kieser und sich alles, auch die Religionen, autoritär unterordnete. Talâts schwer- ist Geschichtsprofessor in Newcastle, wiegendste Tat war der Völkermord an den Armeniern: das Kernstück einer Australien, und Titularprofessor an der Universität Zürich. Er ist Autor extrem gewaltsamen Bevölkerungspolitik, der vor allem osmanische Chris- mehrerer einflussreicher Bücher, ten zum Opfer fielen. darunter «Der verpasste Friede» (Chronos 2000, auf Türkisch mehr- Trotz der Weltkriegsniederlage bereitete seine Politik den Boden für die fach aufgelegt). Kemalisten nach ihm, die fast alle Talâts Partei angehört hatten. Dank deut- schen Behörden fand er 1918 Zuflucht in Berlin. In Absprache mit Kemal Atatürk agitierte er in Europa für den Kampf in Kleinasien. Den Kemalisten gelang es, eine ausschliesslich türkisch-muslimische Herrschaft zu errich- ten und nach dem Vertrag von Lausanne (1923) eine ultranationalistische Modernisierung einzuleiten. Damit ernteten sie anhaltenden Applaus beim vormaligen Bündnispartner Deutschland. Bis ins 21. Jahrhundert leugnete dieser den Völkermord an den Armeniern. November 2020 Hans-Lukas Kieser Gebunden. ca. 480 S., ca. 29 Abb. s/w. Talât Pascha ca. CHF 48 / ca. EUR 48 Gründer der modernen Türkei und Architekt des Armeniergenozids ISBN 978-3-0340-1597-4 Eine politische Biografie ISBN 978-3-0340-1597-4 9 783034 015974 9
Vollender der Reformation in Schaffhausen 1529 schloss sich Schaffhausen, gedrängt Historischer Verein des Kantons Schaffhausen von Zürich, der Reformation an. Doch erst Johann Conrad Ulmer mit der Berufung Johann Conrad Ulmers wur- (1519–1600) den die neuen konfessionellen Verhältnisse Vollender der Reformation in Schaffhausen ab 1566 gefestigt. Als Pfarrer am St. Johann, Dekan, Schulherr und Bibliothekar prägte Ulmer die Kirche des Stadtstaates Schaffhau- sen während mehr als dreier Jahrzehnte. Als bedeutendster Schüler Melanchthons in der Eidgenossenschaft entfaltete er eine rege publizistische Tätigkeit an der Schnittstelle zwischen dem zürcherischen und dem luthe- rischen Flügel der Reformation. Als Student hatte Ulmer in Strassburg Bucer und Calvin gehört, in Wittenberg Luther und Melanchthon, der ihn Rainer Henrich 1543 Graf Philipp III. von Rieneck empfahl. In dessen geb. 1955, lic. theol., war wis- Residenzstadt Lohr am Main sammelte Ulmer Erfahrungen bei der Umset- senschaftlicher Mitarbeiter der Bullinger-Briefwechseledition in zung reformatorischen Gedankenguts. Vom Rat in seine Vaterstadt Schaff- Zürich, bearbeitete die Regesten zum hausen zurückberufen, schlug ihm zuerst das Misstrauen seiner Mitbrüder Briefwechsel von Oswald Myconius und erschloss ab 2016 die in der entgegen, doch gewann er rasch hohes Ansehen. Gegenüber der Obrigkeit Stadtbibliothek Schaffhausen liegen- vertrat er die Haltung der Geistlichkeit, insbesondere wenn es um die konfes- den «Ulmeriana». sionelle Abgrenzung ging. René Specht Dreizehn Beiträge, hervorgegangen aus einer Tagung zum 500. Geburtstag, geb. 1948, Dr. phil., leitete von beleuchten Ulmers Wirken in Lohr und Schaffhausen, seine Korresponden- 1984 bis 2013 die Stadtbibliothek Schaffhausen. Seit 2015 ist er Re- zen mit Bullinger, Beza und anderen Gelehrten des In- und Auslands, seinen daktor der «Schaffhauser Beiträge Katechismus, seine Liedtexte und Bibeldramen, die «Trostschrift für betrübte zur Geschichte», herausgegeben vom Herzen» und die Übersetzung einer Schrift des Kirchenvaters Theodoret. Alle Historischen Verein des Kantons Schaffhausen. Beiträge profitieren von der kürzlich erfolgten Neuerschliessung der «Ulme riana», des Nachlasses des Reformators in der Stadtbibliothek Schaffhausen. November 2020 Rainer Henrich, René Specht (Hg.) Gebunden. ca. 320 S., ca. 60 Farbabb. ca. CHF 48 / ca. EUR 48 Johann Conrad Ulmer (1519–1600) Schaffhauser Beiträge zur Geschichte, Vollender der Reformation in Schaffhausen Band 92, 2020 ISBN 978-3-0340-1595-0 ISBN 978-3-0340-1595-0 9 783034 10 015950
Gebackene Repräsentation Fein geschnittene Model sind seitenver- Honig Cornelia Stäheli Hans-Peter Widmer Hans-Peter Widmer kehrte Negativformen, die zur Prägung Cornelia Stäheli den Armen, von dünnen Marzipanauflagen auf Tor- Marzipan ten und Lebkuchen oder für Anisgebäck Honig den Armen, Marzipan den Reichen den Reichen (Bauernmarzipan) und Honigtirggel Schweizer Gebäckmodel des 16. und 17. Jahrhunderts bestimmt sind. Einer ihrer Ursprünge liegt im Brauchtum, Brot mit Heilszei- chen oder Symbolen zu verzieren, die durch Stempel in Holz oder gebranntem Ton aufgebracht wurden. Des Weiteren dürften die Gebräuche der klösterlichen Oblatenbäckereien eine Rolle gespielt haben, deren Gebäck meist mit religiö- sen Bildern, weihnächtlichen oder öster- lichen Motiven geschmückt war. Cornelia Stäheli Schon im 15. Jahrhundert kamen auch weltliche Motive mit Darstellungen zu geb. 1961, lic. phil., Kunsthistorike- Themen wie Fruchtbarkeit, Liebe, S tände, Berufe, Brauchtum, Wappen sowie rin, ist Verfasserin von Schriften zu kunst- und architekturgeschichtli- Pflanzen und Tiere dazu. Die abgebildeten und detailliert erläuterten Expo- chen Themen sowie Inventarisatorin nate stammen aus dem Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich, aus von Museumsbeständen und karto- grafischen Sammlungen. Seit 2016 dem Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen und weiteren Museen sowie ist sie als Bildarchivarin im Staats Klöstern und Privatsammlungen der Schweiz und des nahen Auslands. archiv Thurgau tätig. Für Liebhaber von Modeln und süssem Gebäck ist das vorliegende Buch Hans-Peter Widmer ebenso unverzichtbares Nachschlagewerk wie für Museen, Kunsthistoriker, geb. 1937, Wasserbauingenieur, Volkskundler und Sammler. Es findet sich darin eine breit gefächerte Über- bildete sich in Geschichte, Kunst- geschichte, Volkskunde und Archi- sicht und Präsentation der weitgehend unentdeckten Bilderwelt von Schwei- tektur weiter. Er inventarisierte die zer Gebäckmodeln der Frühen Neuzeit. Gebäckmodel im Museum Aargau (Schloss Lenzburg) und wirkte als Verfasser von Publikationen sowie als Fachperson für Gebäckmodel- Ausstellungen. Mai 2020 Cornelia Stäheli, Hans-Peter Widmer Halbleinen. 176 S., 410 Abb. farbig und s/w. Honig den Armen, Marzipan den Reichen CHF 48 / EUR 48 Schweizer Gebäckmodel des 16. und 17. Jahrhunderts ISBN 978-3-0340-1556-1 ISBN 978-3-0340-1556-1 9 783034 11 015561
Hans Potthof (1911–2003) Stationen der frühen Jahre 1911 geboren in der Chollermühle bei Zug, Schulen in Zürich und Luzern 1925–1928 Lehre als Automechaniker und Volontariat bei Bell in Kriens, Abteilung Konstruktion Seilbahnbau; dazu ein dreimo- natiges Studium an der Kunstgewerbeschule Luzern in der Abteilung Kunstschlosserei. 1929–1933 Studium am Technikum in Winterthur, anfangs in Maschinentechnik, später Wechsel in die Hochbauabteilung. Diplomabschluss als Hochbautechniker. 1933 Die nächsten zwei Jahre arbeitet er auf seinem Beruf, bis er seine Anstellung auf- grund der Weltwirtschaftskrise verliert. 1936 gründet Potthof mit Karl Steichele das Werbegrafik-Atelier Stepo in Zug. 1937 Reise nach Paris an die Weltausstel- lung, er verweilt einige Monate zu Studien- zwecken in der Metropole. 1938 erste Ausstellung im Hotel Löwen in Zug; er nimmt nun regelmässig an Ausstel- lungen in Luzern, Zürich und Zug teil. 1946 Oskar Reinhart (Winterthur) erwirbt drei Werke; es folgen weitere Ankäufe von privaten Sammlern, Museen und kantonalen bzw. städtischen Sammlungen, die den Durchbruch markieren und seine Bekannt- heit auf nationaler Ebene etablieren. 12
Das Neue Sehen auf die Welt Hans Potthof (1911–2003) zählt zu den bedeutenden Kunstmalern des 20. Jahrhunderts in der Schweiz. Etliche Kunst-am-Bau- Projekte und Auftragsarbeiten konstituieren sein Werk in der Öffentlichkeit. Die Arbeiten der 1930er- und frühen 1940er-Jahre zeichnen sich durch progressive Bildfindung und spontane Mal- technik aus. In ihnen entpuppt sich der junge Künstler als inno- vativer Vertreter des Postexpres- sionismus, des Surrealismus und der neuen Sachlichkeit. Georg M. Hilbi Neben seinem malerischen Schaffen betätigte sich Potthof in dieser frühen studierte europäische und ost- Periode auch als Fotograf. Obwohl er mit seinen fotografischen Arbeiten asiatische Kunstgeschichte. Er promovierte zum Thema Transfor- zeitlebens kaum an die Öffentlichkeit gelangte, sind diese künstlerisch von mation, Sublimation und Individu- grossem Wert und im zeitgenössischen Kontext wegweisend. Sie offenbaren ation im modernen Porträt in der Schweizer Malerei um 1900. Zu einerseits die Sicht des Künstlers auf die Welt, auf seine Motive – es kommen seinen Forschungsschwerpunkten Prinzipien und Parameter des neuen Sehens zur Anwendung –, andererseits gehört die Aufarbeitung der Œuvres innovative Techniken wie etwa die Doppelbelichtung, experimentelle Licht- von Hans Potthof (1911–2003), Emil Dill (1861–1938) und Schatten-Kontraste und ungewohnte Perspektiven. Um die gewünschte Bild- Hans Emmenegger (1866–1940). aussage zu erreichen, wählte Potthof innovative Vorgehensweisen, die weit über das dokumentarische Abbilden hinausgehen. Mit dieser Publikation werden der Kunstwelt erstmals das fotografische Werk von Hans Potthof und dessen frühe Malerei vorgestellt. November 2020 Georg M. Hilbi Gebunden. ca. 360 S., ca. 450 Abb. farbig und s/w. Hans Potthof ca. CHF 78 / ca. EUR 78 Frühe Malerei und Fotografie ISBN 978-3-0340-1570-7 ISBN 978-3-0340-1570-7 9 783034 015707 13
Familie, Kindheit und Erziehung im Wandel Der beschleunigte soziale Wandel prägt Susanne Businger, Martin Biebricher nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit, Von der paternalistischen Fürsorge sondern auch die Disziplinen, die sich theo zu Partizipation und Agency retisch und praktisch mit seinen Folgen auseinandersetzen. Soziale Arbeit und Sozialpädagogik haben sich in den letzten hundert Jahren stark verändert. Die vor- liegende Publikation vereint Beiträge von Der gesellschaftliche Wandel im Spiegel Autorinnen und Autoren aus der Schweiz der Sozialen Arbeit und der Sozialpädagogik und aus Deutschland, die verdeutlichen, welchem historischen Wandel Vorstellungen von Familie, Kindheit oder Erziehung unter- worfen waren und wie diese Vorstellungen auf die Professionen zurückwirkten. Im 19. Jahrhundert, als im Zuge der Industrialisierung Susanne Businger die soziale Frage von Öffentlichkeit und Staat aufgegriffen wurde, zielten ist wissenschaftliche Mitarbeiterin Armengesetzgebungen und fürsorgerische Massnahmen noch auf die Diszi- an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Depar- plinierung von «liederlichen Personen» – so wurden Menschen ohne Arbeit tement Soziale Arbeit, Institut für und Perspektive oft genannt. Behörden massen Familien an bürgerlichen Kindheit, Jugend und Familie. Sie forscht zur Kinder- und Jugendhilfe Sittlichkeitsvorstellungen. Kinder und Jugendliche, deren Eltern von Armut und zur Geschichte Sozialer Arbeit. betroffen waren oder dem propagierten Familienideal nicht entsprachen, wurden in Heimen und Anstalten platziert. Der Alltag in den Heimen war von Martin Biebricher ist Dozent an der Zürcher Hochschule harter Arbeit, Körperstrafen und einer rigiden Disziplinierung geprägt. Die für Angewandte Wissenschaften, pädagogischen Ideen der Aufklärung waren weit in den Hintergrund gerückt. Departement Soziale Arbeit, Institut für Kindheit, Jugend und Familie. Er Erst in den 1920er-Jahren professionalisierte sich die Fürsorge durch das lehrt zu Theorien und Methoden der Wirken bürgerlicher Pionierinnen allmählich. Die gesellschaftlichen Re- Sozialen Arbeit. formbewegungen der 1960er-Jahre, besonders die Frauen- und die Jugend bewegung, führten zu einem weiteren Theorie- und Methodenschub und zu tiefgreifenden Veränderungen in der Praxis. August 2020 Susanne Businger, Martin Biebricher Gebunden. ca. 256 S., ca. 5 Abb. s/w. Von der paternalistischen Fürsorge zu Partizipation und Agency ca. CHF 38 / ca. EUR 38 Der gesellschaftliche Wandel im Spiegel der Sozialen Arbeit und der ISBN 978-3-0340-1590-5 Sozialpädagogik ISBN 978-3-0340-1590-5 9 783034 015905 14
Nachdenken über Konflikte Caroline Arni, Delphine Gardey, Sandro Guzzi-Heeb Das Jahrbuch nimmt die aktuelle Konjunktur SJWSG/ASHES • Vol. 33 von Protestbewegungen und Protestereig- Protest! Protestez! nissen zum Anlass für Fragen: Wie sind die Proteste der Gegenwart historisch einzu- ordnen? Welche neuen Fragen können an die Tradition historischer Protestforschung anknüpfen? Lässt sich eine Aktualisierung der Geschichte des Protests nutzen für ein neues Nachdenken über die Schnittstelle von Des textes et des chiffres Sozialem und Politischem? Texte und Zahlen Überall ist Protest. Scheinbar gelöste Konflikte überrum- peln die Gesellschaften der Gegenwart mit neuer Heftig- keit. Frauenstreiks und Klimastreiks mobilisieren Hun- Schweizerisches Jahrbuch für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Annuaire suisse d’histoire économique et sociale derttausende, Black Lives Matter und postmigrantische Kritik konfrontieren ehemalige Sklaverei- und gegenwär- tige Einwanderungsgesellschaften mit der ungebroche- Caroline Arni nen Macht rassistischer Klassifizierungen, Austeritätspolitiken treffen auf die ist Professorin für Allgemeine Alternative des Widerstands. Daneben mutiert im Begriff der «Protestwahl» Geschichte des 19. und 20. Jahr- hunderts an der Universität Basel. das institutionelle Getriebe der Demokratie selbst zur Revolte und die Scha- Sie forscht und lehrt in den Feldern blone des «Populismus» scheint sich wie von selbst anzubieten, um Ver- Sozial- und Kulturgeschichte, femi- nistische Geschichtswissenschaft schiebungen der politischen Kräfteverhältnisse nach links wie nach rechts und Wissenschaftsgeschichte. zu beschreiben. In diesem Kontext werden alle Kommentare zu vergangenen Protesten selbst politisch: Sie setzen sich dem Verdacht der Heroisierung oder Delphine Gardey est Professeure d’histoire contem- aber des postumen Urteils aus. Zugleich qualifiziert eine subtile Geschichts- poraine, sociologue et spécialiste politik die Proteste der Vergangenheit als angemessen, um diejenigen der des études de genre à l’Université de Genève à l’Institut des études Genre Gegenwart umso schärfer als Zumutung abwehren zu können – wenn histo- de la Faculté des Sciences de la rischer Wandel nicht gleich ganz ohne Berücksichtigung sozialer und poli- Société de l’Université de Genève. tischer Kämpfe erklärt wird. Das Jahrbuch versammelt Beiträge, die sich von Sandro Guzzi-Heeb dieser Konstellation der Gegenwart zu historischen Fragen anregen lassen. lehrt Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Lausanne. Seine Forschungsgebiete sind die Ge- schichte der Familie, der Verwandt- schaft und der Sexualität sowie die Geschichte sozialer Bewegungen. September 2020 Caroline Arni, Delphine Gardey, Sandro Guzzi-Heeb Broschur. ca. 256 S., ca. 17 Abb. ca. CHF 38 / ca. EUR 38 Protest! Schweizerisches Jahrbuch für Wirtschafts- Protestez! und Sozialgeschichte, Band 35 ISBN 978-3-0340-1606-3 ISBN 978-3-0340-1606-3 9 783034 016063 15
Verbotene Beziehungen Sie hiessen Stanisław und Margrit, Tadeusz und Paula, Franciszek und Yvonne. Mitten im Marie-Isabelle Bill Zweiten Weltkrieg trafen in der Schweiz in- Interniert ternierte polnische Flüchtlinge auf Schweizer Polnisch-schweizerische Familiengeschichten Bürgerinnen – ihre Liebe aber war verboten. Gleichwohl fanden sie zueinander, Kinder Herausgegeben von der Interessengemeinschaft der Nachkommen internierter Polen in der Schweiz wurden gezeugt, mit und ohne Trauschein, mehrere Hundert polnisch-schweizerische Familien entstanden. Mitte Juni 1940 gewährte die Schweiz 12 500 polnischen Soldaten Schutz als Internierte und nahm während des Krieges auch polnische Zwangsarbeiter oder Flüchtlinge aus Nazideutschland auf. Die Einheimischen akzeptierten die Internierten bereitwillig. Trotz eines entsprechenden Verbots entstanden viele polnisch-schweizerische Bezie- hungen und Ehen. Manche scheiterten, viele glückten. Marie-Isabelle Bill Schweizerinnen verloren bei der Heirat mit einem Ausländer ihr Bürgerrecht. geb. 1963, befasst sich neben ihrer Vor den Paaren lag eine ungewisse Zukunft. Sie mussten ausreisen, such- Arbeit als Journalistin BR mit der Aufarbeitung der Geschichten von ten ihr Glück in Frankreich, England oder Übersee, manche in Polen. Einige Menschen unterschiedlichster kehrten in die Schweiz zurück. Andere konnten oder wollten nicht heiraten. Herkunft. So kam es zu unehelichen Kindern, den «Polenkindern». Die Geschichten Die Interessengemeinschaft dieser Familien sind traurig und glücklich, aufregend oder normal. Sie zeigen der Nachkommen internierter die mannigfaltigen Ursprünge polnisch-schweizerischer Verbindungen und Polen in der Schweiz pflegt die Erinnerung an deren die Spuren, die Krieg, Flucht und Internierung im Leben hinterlassen. Geschichte und fördert den Zusammenhalt. Martin Stotzer … und draussen herrschte Krieg Von Alltag und Allnacht in Büren an der Aare während des Zweiten Weltkriegs Martin Stotzer … und draussen herrschte Krieg Von Alltag und Allnacht in Büren an der Aare während des Zweiten Weltkriegs 2016. Broschiert. 192 S., 124 Abbildungen s/w. CHF 38 / EUR 34 ISBN 978-3-0340-1316-1 Oktober 2020 Marie-Isabelle Bill Gebunden. ca. 240 S., ca. 80 Abb. s/w. Interniert ca. CHF 32 / ca. EUR 32 Polnisch-schweizerische Familiengeschichten ISBN 978-3-0340-1589-9 Herausgegeben von der Interessengemeinschaft der Nachkommen ISBN 978-3-0340-1589-9 internierter Polen in der Schweiz 9 783034 015899 16
Hort der Familie Anne Schillig Das Haus ist ein zentraler Faktor für die Reproduktion der Familie. Es beeinflusst die Hausgeschichten Beziehungen ihrer Mitglieder, strukturiert deren Alltagsleben und organisiert demo- graphische Kenngrössen wie Alter oder Geschlecht. Zäsuren im Familienzyklus wie Geburt, Heirat oder Tod manifestieren sich auch materiell. So können bauliche Verän- derungen und Umnutzungen von Häusern Materielle Kultur und Familie in der Schweiz (1700–1900) wechselnde Wohnbedürfnisse abbilden. Dieses Buch untersucht das Verhältnis von Häusern und Familien in der ländlichen Schweiz des 18. und 19. Jahrhunderts. Den Ausgangspunkt bilden die «Bauernhäuser der Schweiz», eine mehr als 30 Bände umfassende Publika- Anne Schillig tionsreihe über ländliche Wohn- und Wirtschaftsbauten aller Regionen des geb. 1986, studierte Geschichte, Landes. Die Autorin nutzt diese umfangreiche Materialsammlung erstmals Germanistik und Ethnologie an den Universitäten Potsdam, Basel und für eine Untersuchung der Beziehungen von materiellen und sozialen Sphä- Luzern. In Luzern promovierte sie ren zwischen 1700 und 1900. Deutlich wird nicht nur, wie ein Grossteil der 2019 mit der vorliegenden Arbeit. Schweizer Bevölkerung während dieser Zeit wohnte, sondern auch, wel- che strukturellen Veränderungen Häuser und die darin lebenden Familien durchliefen. Den zweiten Teil der Arbeit bilden fünf Hausgeschichten, deren Quellen Häuser inner- und ausserhalb des Freilichtmuseums Ballenberg sind. Damit leistet die Arbeit einen methodischen Beitrag zur materiellen Kultur- forschung, die Geschichte mittels Sachquellen zu rekonstruieren versucht. Die Fallbeispiele zeigen, dass ländliches Wohnen in der Schweiz wandelbar und wechselhaft war. Sozial-materielle Grenzen waren nicht in Stein gemeis selt, sondern konnten sich situativ verschieben. Oktober 2020 Anne Schillig Gebunden. ca. 240 S., ca. 50 Abb. Hausgeschichten ca. CHF 38 / ca. EUR 38 Materielle Kultur und Familie in der Schweiz (1700–1900) ISBN 978-3-0340-1604-9 ISBN 978-3-0340-1604-9 9 783034 016049 17
Begegnung mit Jean Gebser Der Autor des bewusstseinsphilosophischen Jean Gebser Werks «Ursprung und Gegenwart» hatte EIN MENSCH unter dem Titel «Ein Mensch zu sein» seine ZU SEIN Autobiografie geplant. «Die schlafenden Autobiografische Texte, Notizen und Gedichte Jahre», die am Anfang dieses Bandes zu fin- VOM SPIELENDEN GELINGEN den sind, bilden deren ersten Teil, welcher der einzige ist, den Gebser realisiert hat. Sie geben Einblick in Kindheit und Jugend des Autors, der schon in der allerersten Zeit sei- nes Lebens einer Ungeborgenheit und Hei- matlosigkeit ausgesetzt war, die sein ganzes Leben bestimmen würde. Umso notwendiger war es später für Gebser, innere Sicherheit zu finden. Die Aphorismensammlung «Spie- gelbuch des Hintergrundes» stammt aus Tagebüchern und Notizen und ist dadurch Hintergrundinformation Rudolf Hämmerli eines reichen, bewegten Lebens, zugleich reflektierter, vielschichtiger Kom- Dr. phil., ist promovierter mentar des philosophischen Werks. Die Gedichte schliesslich sind Ausdruck Philosoph und Nachlassverwalter von Jean Gebser. der poetischen Kraft, welche auch die Sprache seiner Schriften und Essays kennzeichnet. «Das Wintergedicht» ist nach eigenen Angaben die Vorform Elmar Schübl Dr. phil., studierte Geschichte und Kurzfassung von «Ursprung und Gegenwart». und Philosophie und ist Für diesen Band wurden Autobiografie, Tagebücher, Notizen und Gedichte Privatdozent für im Originalmanuskript gelesen und frühere Ausgaben durch Neues wesent- Wissenschaftsgeschichte an der Universität Graz. lich ergänzt. Es wurden aus dem Nachlass zudem Texte aufgenommen, die noch unveröffentlicht sind. Die Einführungen von Elmar Schübl und Rudolf Jean Gebser (1905–1973) hat als Dichter, Hämmerli geben dem Band den biografischen und philosophischen Kontext. Übersetzer und Philosoph ein umfangreiches und vielschichti- ges Werk hinterlassen. Es spie- gelt sich darin ein durch tiefgrei- fende Wandlungen geprägtes Jahrhundert wider. Dies gilt auch für Gebsers Leben, das zahlreiche Ortswechsel, ausgedehnte Reisen und Begegnungen mit namhaften Wissenschaftlern, Künstlern und Intellektuellen prägten. September 2020 Jean Gebser Gebunden. ca. 368 S. ca. CHF 48 / ca. EUR 48 Ein Mensch zu sein Jean-Gebser-Reihe (JGR), Band 4 Autobiografische Texte, Notizen und Gedichte ISBN 978-3-0340-1593-6 Herausgegeben und mit Beiträgen von Rudolf Hämmerli und Elmar Schübl ISBN 978-3-0340-1593-6 9 783034 015936 18
Ein streitbarer Intellektueller Thomas Färber Der Schriftsteller Walter Matthias Diggel- mann war in den 1960er- und 1970er-Jahren in zahlreiche wichtige Debatten involviert. Er stritt für eine engagierte Literatur, kon- frontierte die Schweiz mit ihrer «unbewäl- tigten Vergangenheit» und solidarisierte sich mit der protestierenden Jugend. Als Protest mit der einer der Ersten verschaffte er Minderheiten, Schreibmaschine die keine Stimme hatten, Resonanz – unter Walter Matthias Diggelmann in den öffentlichen Debatten anderem über audiovisuelle Medien. der 1960er- und 1970er-Jahre Das Buch nähert sich Diggelmann über biografische «Splitter der Erinnerung». Es liefert neue Einsichten in das politische und kulturelle Klima der damaligen Schweiz. Von Zeitgenossen als Nonkonformist bezeichnet, war er ein ausgesprochen nonkonformer Nonkonformist. Sein Beispiel macht deutlich, dass der Linksintellektuelle der Thomas Färber 1960er- und 1970er-Jahre viele Rollen kannte. Mal betrat er als kritischer Pa- ist Historiker und Journalist. Er triot, mal als anwaltschaftlicher Intellektueller, dann wieder als Schreibhand- promovierte mit der vorliegenden Arbeit an der Universität Luzern. werker die «Kampfarena». Diggelmann hat am Aufbau eines «radio engagée» und einer «télé engagée» mitgewirkt und im Zuge der 68er-Bewegung kre- Walter Matthias Diggelmann 1927 unehelich geboren, Pflegekind. ative, generationenübergreifende Dialogformen gesucht. Obwohl der Autor Nach abgebrochener Uhrmacher- aus seiner Sympathie für den Sozialismus kein Geheimnis machte, blieb er, lehre 1944 Flucht nach Italien was seine Weltanschauung und sein politisches Programm betrifft, bis zuletzt wegen eines Bagatelldiebstahls. Internierung in Süddeutschland. widersprüchlich. 1945 in der Schweiz unter Amts- vormundschaft gestellt und Einwei- Walter Matthias Diggelmann sung in die Heil- und Pflegeanstalt Rheinau für ein halbes Jahr. Danach Die Hinterlassenschaft Gelegenheitsarbeiten und erste schriftstellerische Versuche. Seit 1962 freier Schriftsteller. 1979 starb Diggelmann im Alter von 52 Jahren an Krebs. Walter Matthias Diggelmann Herausgegeben und mit einem Nachwort von Margit Gigerl Die Hinterlassenschaft Herausgegeben und mit einem Nachwort von Margit Gigerl 2020. Gebunden. 328 S., 20 Abb. s/w. CHF 48 / EUR 48 ISBN 978-3-0340-1540-0 November 2020 Thomas Färber Gebunden. ca. 688 S., ca. 20 Abb. s/w. Protest mit der Schreibmaschine ca. CHF 68 / ca. EUR 68 Walter Matthias Diggelmann in den öffentlichen Debatten ISBN 978-3-0340-1564-6 der 1960er- und 1970er-Jahre ISBN 978-3-0340-1564-6 9 783034 015646 19
Selbstbestimmte Töchter «Der doppelte Matthias und seine Töch- Meinrad Lienert ter», 1929 erschienen und 1941 unter der Regie von Sigfrit Steiner verfilmt, ist eine Der doppelte Matthias Brautschaugeschichte unter umgekehrtem und seine Töchter Geschlechtervorzeichen. Fünf eigenwillige Bauerntöchter, die auf dem abgelegenen Hof ihres verwitweten Vaters Matthias Stump aufwachsen, wehren nicht nur schmalbrüs- tige Verehrer ab, sondern mit vereinten Herausgegeben und mit einem Nachwort Kräften auch andere Eindringlinge, die es versehen von Lukas Künzler in Zusammenarbeit mit Eveline Wermelinger wagen, die Marken des Ruchegg-Hofes zu übertreten. Meinrad Lienert gilt als einer der Begründer der Schwei- zer Mundartdichtung. Sein Band über «Schweizer Sagen und Heldengeschichten» (1914) machte ihn zu einem viel gelesenen Dichter. Sein umfangreiches, volkstümliches Lukas Künzler Werk ist allerdings mittlerweile in Vergessenheit geraten. Lienert war aber Dr. phil., geboren 1987, studierte keineswegs ein heimattümelnder Schriftsteller, dessen Werk sich im Kontext Geschichte und deutsche Litera- turwissenschaft. Er ist wissen- einer der Geistigen Landesverteidigung verpflichteten Kulturprogrammatik schaftlicher Mitarbeiter an der ohne Weiteres politisch instrumentalisieren liess. Der Charakter des Protago- Forschungsstelle Jeremias Gotthelf der Universität Bern. nisten wird von ihm bewusst so geformt, dass er die didaktische Stossrich- tung des Werks, die Achtung vor dem Selbstbestimmungsrecht des schollen- Meinrad Lienert verbundenen Bauerntums, überlagert. Nicht zuletzt deswegen lohnt sich eine (1865–1933), Sohn eines Landschrei- bers in Einsiedeln. Rechtsstudium. Lektüre des «Doppelten Matthias» auch heute noch. Ab 1900 als freier Schriftsteller in Zürich, später in Einsiedeln und Küs- nacht. Sein umfangreiches Werk um- fasst Lyrik, Erzählungen und Romane in Hochdeutsch und Mundart. Oktober 2020 Meinrad Lienert Gebunden. ca. 248 S., ca. 25 Abb. s/w. Der doppelte Matthias und seine Töchter ca. CHF 38 / ca. EUR 38 Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Lukas Künzler Schweizer Texte, Neue Folge, Band 57 ISBN 978-3-0340-1598-1 in Zusammenarbeit mit Eveline Wermelinger ISBN 978-3-0340-1598-1 9 783034 015981 20
Der Solothurner Gotthelf Alfred Hartmann (1814–1897) galt im Alfred Hartmann 19. Jahrhundert als einer der bedeutends- ten Schweizer Autoren. Seine Zeitgenossen Kiltabend-Geschichten hielten ihn für den solothurnischen Jeremias Gotthelf; mit seinen «Kiltabend-Geschichten» begründete er seinen literarischen Ruf. In seinen vorwiegend im solothurnischen Jura spielen- den Dorfgeschichten bietet er ebenso heitere wie tragi- sche Einblicke in das Leben des Landvolks und berührt viele Facetten von dessen Alltag. Generationenkonflikte, Herausgegeben und mit einem Nachwort Partnersuche der Landjugend, gesellschaftliche Pro von Jesko Reiling bleme wie Armut, Alkoholismus oder soziale Spannungen zwischen Stadt und Land werden geschildert, aber auch humoristische Eskapaden des Soldatenlebens während des Sonderbundkriegs gezeigt oder unheimliche Volks sagen berichtet. Die Neuedition der «Kiltabend-Geschichten» enthält einen Alfred Hartmann Stellenkommentar und ein Nachwort, das die Konstellationen des literarischen (1814–1897), seit den 1830er-Jahren Feldes im 19. Jahrhundert erläutert und die in den 1840er-Jahren rasch popu- schriftstellerisch tätig, Korrespon- dent verschiedener, auch deutscher lär gewordene Gattung der Dorfgeschichte beschreibt. Zudem wird die zeitge- Zeitungen, Herausgeber des weit- nössische Rezeption der Erzählungen vorgestellt. verbreiteten Satiremagazins «Der Postheiri. Illustrirte Blätter für Ge- genwart, Öffentlichkeit und Gefühl». Alfred Hartmann Meister Putsch und seine Gesellen Meister Putsch und seine Gesellen Ein helvetischer Roman in sechs Büchern Alfred Hartmann Meister Putsch und seine Gesellen Herausgegeben und mit einem Nachwort von Ein helvetischer Roman in sechs Büchern Patricia Zihlmann-Märki und Christian von Zimmermann in Zusammenarbeit mit Eveline Wermelinger Herausgegeben und mit einem Nachwort von Patricia Zihlmann-Märki und Christian von Zimmermann 2017. Gebunden. 416 S., 13 Abbildungen s/w. CHF 48 / EUR 48 ISBN 978-3-0340-1368-0 Oktober 2020 Alfred Hartmann Gebunden. ca. 320 S., ca. 86 Abb. s/w. Kiltabend-Geschichten ca. CHF 48 / ca. EUR 48 Herausgegeben und mit einem Nachwort von Jesko Reiling Schweizer Texte, Neue Folge, Band 58 ISBN 978-3-0340-1601-8 in Zusammenarbeit mit Eveline Wermelinger ISBN 978-3-0340-1601-8 9 783034 016018 21
Faszinierender Text Heinrich von Kleists «[…] müssten wir wieder vom Baum der Andreas Kotte Erkenntnis essen, um in den Stand der Un- THEATRUM HELVETICUM schuld zurückzufallen?» Einer der rätselhaftesten Texte Heinrich von Kleists – Über das Marionettentheater (1810) – übt seit Beginn des 20. Jahrhun- derts eine ungebrochene, über Disziplin- grenzen hinausweisende Faszination auf Marcel Behn Schau Spiel Lust Forschende aus. «Aug’ in Auge» Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater Bühnenadaptionen dieses Texts hingegen sind bislang in Theater und Forschung kaum untersucht worden. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Aufführungsanalysen dreier exemplarischer Bühnenadaptionen, die auf ihr Potenzial hin untersucht werden, spezifischen Leerstellen und Missverständnissen der textzentrierten Kleist-Forschung zu begegnen und diese so um neue Perspektiven und Deutungsansätze zu Marcel Behn bereichern: Stéphane Braunschweigs Sur le théâtre de marionnettes (1994), studierte Tanz- und englische Lenz Rifrazionis Über das Marionettentheater (1995) und Laurent Chétouanes Literaturwissenschaft in Erlangen und Bern und promovierte im Considering / Accumulations (2015). In der Gegenüberstellung mit For- Rahmen eines vom Schweizeri- schungsarbeiten zu Kleists Text werden diese Adaptionen als Orte der Pro- schen Nationalfonds geförderten Forschungsprojekts zum Thema duktion diskursiven Sinns ausgewiesen und so als eigenständige Erkenntnis- «Bühnenadaptionen von Heinrich objekte aufgewertet. von Kleists Über das Marionetten- theater». September 2020 Marcel Behn Gebunden. ca. 240 S., ca. 6 Farbabb., 3 Abb. s/w., ca. CHF 38 / ca. EUR 38 «Aug’ in Auge» Materialien des Instituts für Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater in Theater und Forschung Theaterwissenschaft (ITW), Band 18 ISBN 978-3-0340-1588-2 ISBN 978-3-0340-1588-2 9 783034 015882 22
Neue Ausdrucksformen im Tanz Erstmals zieht ein Buch Bilanz über die ästhetische, kulturelle und politische Ge- schichte des zeitgenössischen Tanzes in der Schweiz. Es zeichnet das Hinterfragen her- kömmlicher Tanztechniken nach, das Streben nach einer freieren Gestaltungsweise nach 1968 und den kollektiven Einsatz für gere- gelte Arbeitsplätze und die Anerkennung Anne Davier, Annie Suquet des Berufsstandes. Vieles wurde erreicht, manches ist noch zu leisten. Auch dazu gibt Zeitgenössischer Tanz in der Schweiz, 1960–2010 das Buch wichtige Einblicke. Begleitet wird Zu den Anfängen einer Geschichte die Erzählung von einer Fotoreportage von Steeve Iuncker, der die Probenarbeit von fünfzehn Choreografinnen und Choreografen im Studio dokumentierte. Anne Davier Drei Jahre recherchierten Anne Davier und Annie Suquet in der ganzen leitet die Association pour la danse Schweiz, trafen Tanzschaffende, Lehrpersonen, Veranstaltende und politisch contemporaine in Genf. Seit 2000 ist sie Chefredaktorin des «Journal wie kulturell Entscheidungsbefugte, durchforsteten Archive und wühlten in de l’adc». Erinnerungen. Sie wollten das Engagement und die Einflüsse verstehen, die Annie Suquet zu jener Tanzszene führten, die von 1960 an entschlossen neue Ausdrucks- ist französische Tanzhistorikerin wege suchte. Das Ergebnis der Erkundung: Die Qualität und die Lebendig- und als Researcher in Residence keit des zeitgenössischen Tanzes in diesem kleinen Land erweisen sich als an der Merce Cunningham Dance Foundation in New York tätig. aussergewöhnlich. Steeve Iuncker Genfer Fotograf, stellte unter ande- rem im Muséum national d’histoire naturelle (Paris), im Musée de l’Élysée (Lausanne) und im Musée d’art moderne et contemporain (Genf) aus. Julia Wehren ist Übersetzerin und promovierte Tanzwissenschaftlerin. Oktober 2020 Anne Davier, Annie Suquet Gebunden. ca. 280 S., ca. 53 Abb. s/w. Zeitgenössischer Tanz in der Schweiz (1960–2010) ca. CHF 48 / ca. EUR 48 Zu den Anfängen einer Geschichte ISBN 978-3-0340-1591-2 ISBN 978-3-0340-1591-2 Aus dem Französischen übersetzt von Julia Wehren 9 783034 015912 23
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