Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film

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Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
# 26 / Dezember 2019 / www.filmmuseum-hamburg.de

     Historische
     Kinowerbung
     51 Jahre
     Fernsehturm
    Ohnsorg-Theater
    im Film
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
2   FERNSEHG ESCHICHTE

                                Inhalt

                                04
                                   E DI TO R I A L

                                06
                                   H A M BUR G ER K I NO S
                                		Die Abaton-Story:
                                		Wie alles begann

                                14
                                   H A M BUR G ER K I NO S
                                		Lücke im Kopf:
                                		A baton-Programm

                                15
                                   B UCHR EZENS I O N
                                		Das Kino am Jungfernstieg

                                16 		K I N O G E S C H I C H T E
                                		Mit dem Lasso
                                		auf Zuschauer-Fang

                                24 		F ER NS EHG ES CHI CHTE
                                		Vom Wahrzeichen zum TV-Relikt
                                		51 Jahre Fernsehturm in Hamburg

                                34 		F I L M J O UR NA L I S T HO R S T M A NN
                                		Kurt Franz Siemsen
                                		Curriculum Vitae

                                36 		F I L M J O UR NA L I S T HO R S T M A NN
                                		„Er nennt sich Schriftsteller“
                                		Kurt Siemsen alias Horst Mann

                                39 		A LTE HA M BUR G ER L I CHTS P I EL HÄ US ER
                                  Traumland-/Treffpunkt-Lichtspiele
                                		in der Ahrensburger Straße in Wandsbek

                                42 		S CHM A L F I L M
                                		Flimmern made in Hamburg
                                		Mit 100 Schmalfilm-Projektoren auf Reisen

                                46 		F ER NS EHG ES CHI CHTE
                                		Von der Bühne über das Puschenkino in die
                                		Lichtspielhäuser: Das Ohnsorg-Theater im Film

                                56 		F I L M M US EUM BENDES TO R F
                                		Es war einmal in Bendestorf

                                58 		M ATI NEEN
                                		Historische Filmmatineen im Abaton-Kino
                                		Veranstaltungen 2019/2020

 Das Kaufhaus Brinkmann
 wirbt 1952 für den Baby-Film
                                Der Verein „Film- und Fernsehmuseum
„Ein Geschenk des Himmels“      Hamburg e.V.“ wird unterstützt von der
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
4   EDI
    E D I TORIAL
          TORIAL                                                                                                                                                                                           E DIT ORIA L   5

                                                                                                                                                                          Joachim Paschen,
                                                                                                                                                                          Volker Reißmann,
                                                                                                                                                                          Michael Töteberg

                                                                                                                Liebe Mitglieder, liebe Freunde,
                                                                                                                liebe Leserin, lieber Leser,

                                                                                                                die 26. Ausgabe des Hamburger Flimmern, der         Digitalisierungsmaßnahmen auch im kommenden
                                                                                                                jährlich erscheinenden Zeitschrift des Vereins      Jahr unvermindert fortgesetzt werden müssen).
                                                                                                                Hamburg Film- und Fernsehmuseum, bietet wie-            Im Frühjahr 2019 haben wir im Abaton-Kino
                                                                                                                der vielfältige Beiträge zur Film- und Fernsehge-   vier Matineen mit historischen Hamburg-Filmen
                                                                                                                schichte in Norddeutschland.                        gezeigt. Auf besonderes Interesse stieß der Rück-
                                                                                                                    An dieser Stelle möchte der Vorstand einige     blick auf Hamburg vor 70 Jahren (Januar 2019); gut
                                                                                                                besondere Ergebnisse unserer Arbeit aus dem         besucht waren auch die Programme in Koopera-
                                                                                                                letzten Jahr hervorheben. Wieder konnten diverse    tion mit dem Deutschen Kaffeeverband (Februar)
                                                                                                                Schenkungen von Privatpersonen dankend entge-       und dem Verband der Schullandheime (März); die
                                                                                                                gengenommen werden. So überließ uns Hartmut         seit 1993 laufende Reihe Hamburg im Film wurde
                                                                                                                Mischke einen wertvollen Teil seiner umfang-        im Herbst 2019 mit der Matinee Hamburg aus der
                                                                                                                reichen Sammlung, darunter mehrere Filme im         Luft gesehen und Hamburg und seine Eisenbahn
                                                                                                                16 mm- und im 35 mm-Format, zwei funktions-         fortgeführt.
                                                                                                                tüchtige Studio-Scheinwerfer, zwei Tonabnehmer          Die enge Kooperation mit dem Filmmuseum
                                                                                                                für Vorführgeräte, ein Gerät zu Messung der Länge   Bendestorf wurde fortgesetzt; eine engere Koope-
                                                                                                                von 35 mm-Filmen, einen Umroller für verschie-      ration mit dem Landesfilmarchiv Bremen unter
                                                                                                                dene Filmformate, mehrere Schnittgeräte für das     Leitung von Dr. Daniel Tilgner wird angestrebt.
                                                                                                                16 mm- und 8 mm-Format sowie diverse Druck-         Sicher wird auch nach der Pensionierung des
                                                                                                                schriften, darunter vor allem Anweisungen und       langjährigen Leiters des schleswig-holsteinisches
                                                                                                                Hinweise für Filmvorführer.                         Landesfilmarchivs, Dr. Dirk Jachomowski, die Zu-
                                                                                                                    Von Dieter Beig konnten wir zahlreiche Film-    sammenarbeit mit dem Landesarchiv in Schles-
                                                                                                                hefte sowie Zeitungsausschnitte übernehmen,         wig weiter fortgesetzt werden können.
                                                                                                                die unseren Archivbestand wertvoll ergänzen.            Zum Filmfest Hamburg 2019 gab es Ende Sep-
                                                                                                                Schließlich überließ uns der Elektrotechniker       tember ein Wochenende lang im Hanse-Viertel
                                                                    Foto: AD MISSON GmbH / Anna-Maria Schmidt

                                                                                                                Friedemann Kübler zwei in den 1930er Jahren von     wieder eine Ausstellung mit Exponaten aus unse-
                                                                                                                ihm selbst konstruierte und immer noch funkti-      rem Fundus. Die Anfrage wegen einer Ausstellung
                                                                                                                onstüchtige Geräte, einen Film- und einen Dia­      in den Räumen der Staats- und Universitätsbib-
                                                                                                                projektor.                                          liothek Hamburg ist grundsätzlich positiv beant-
                                                                                                                    Die Erfassung unserer umfangreichen Samm-       wortet worden, kann aber aus Termingründen
                                                                                                                lung von Spiel-, Dokumentar- und Werbefilmen        allerdings wohl leider erst im Jahre 2022 realisiert
                                                                                                                aller Formate wurde ebenfalls fortgesetzt. Gegen­   werden. Ferner wurde mit der neuen Filmreferen-
                                                                                                                wärtig ist folgender Bestand an Titeln zu ver-      tin der Behörde für Kultur und Medien, Frau Nina
                                                                                                                zeichnen: 300 Filme liegen im 35mm-Format, 110      Dreier, im August dieses Jahres ein erstes infor-
                                                                                                                im 16 mm-Format (davon 50 Stummfilme) sowie         matorisches Kennlern-Gespräch geführt.
                                                                                                                rund 300 Umatic-, Beta- und VHS-Videokassetten          Zudem sind ein neuer Flyer sowie die Aktua-
                                                                                                                und rund 1200 DVDs. Ein besonderer Dank für die     lisierung unserer Webseite in Vorbereitung. Auf
                                                                                                                Erfassung der Filme geht wieder an unser Ver-       der Mitgliederversammlung am 3. Juni 2019 sind
                                                                                                                einsmitglied Gerhard Jagow. Die Bemühungen,         zudem einige kleinere Satzungsänderungen be-
                   Bilder des Kinoplakatmalers Kurt Wendt während
                           des verkaufsoffenen Sonntags im                                                      wichtige Filme aus unserem Bestand zu digitali-     schlossen worden, die jedoch eher formelle Dinge
                          Hanse-Viertel am 28./29. September                                                    sieren und so für die Nachwelt nutzbar zu machen    in Zusammenhang mit dem Datenschutz regeln.
                                                                                                                und zu erhalten, bildeten einen weiteren Schwer-    Abschließend ist der erfreuliche Umstand zu ver-
                                                                                                                punkt unserer Arbeit: Auch wenn wir teilweise       melden, dass unsere Mitgliederzahl inzwischen
                                                                                                                dies in Kooperation mit Dritten durchgeführt        auf 66 Vereinsmitglieder angestiegen ist.
                                                                                                                haben, wurden dafür wurden nicht unbeträchtli-
                                                                                                                che Mittel aufgewendet (sicherlich werden diese                    Joachim Paschen i. A. des Vorstands
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
6   HAMBURG E R KINOS                                                                                                                                                                                                          HA MBURGE R KINOS   7

                                                                                                                                                                                             Abaton-Gründer Werner Grassmann

                                          Die Abaton-Story:
                                                                                                                 E
                                                                                                                      röff nung am 29. Oktober 1970. „Für   der prominierten Gäste wurden den          wollte sich der Regisseur nicht entgehen
                                                                                                                      Film-Außenseiter“ war die Notiz       Zeitungslesern vorenthalten.               lassen. In der Kulturbehörde hatte der
                                          Wie alles begann                                                            im Hamburger Abendblatt über-
                                                                                                                 schrieben. „Mit abendfüllenden Wein-,
                                                                                                                                                                Natürlich waren die Avantgardisten
                                                                                                                                                            der Film-Coop nahezu komplett erschie-
                                                                                                                                                                                                       filmbegeisterte Senatsdirektor Martin
                                                                                                                                                                                                       Peters es ermöglicht, dass man die Stars
                                                                                                                 Schnaps- und Bierausschank wurde das       nen, auch die etablierte Hamburger Kul-    des internationalen Underground-Kinos
                                                                                                                 neue Abaton-Kino bei der Universität,      turszene, der Schriftsteller Peter Rühm-   nach Hamburg einladen konnte: Aus
                                                 Von Michael Töteberg                                            Von-Melle-Park 17, eröff net. Das Film-    korf wie der Literaturwissenschaftler      Hollywood kam Kenneth Anger, Jonas
                                                                                                                 programm kam dabei ein wenig zu            Prof. Hans Wolfheim, war vertreten. Der    Mekas aus New York, Stephen Dwoskin
                                                                                                                 kurz – Anfangsschwierigkeiten, die         brasilianische Regisseur Carlos Diegues,   aus London.
          Eine Hamburger Institution wird 50: Aus einer ehemaligen Garage direkt am Campus der Universität       durch Beat, Stimmung und Erschei-          der zufällig in der Stadt war, tauchte         Andy Warhol hatte man auch ein-
                                                                                                                 nen zahlreicher prominenter Vertreter      auf, und am späteren Abend Constantin      geladen. Er hatte zugesagt und sich mit
           wurde 1970 das Abaton. In keinem anderen Hamburger Kino gibt es eine solche Programmvielfalt,
                                                                                                                 der Gegenkultur aufgehoben wurden.“        Costa-Gavras, der zur Premiere seines      Brigid Polk, seiner engsten Mitarbei-
       ergänzt um Begleitveranstaltungen und Matineen. Die Filmwelt ist im Abaton zu Gast: Franz Zappa war da,   Noch kürzer kam das Filmprogramm           Films Das Geständnis nach Hamburg ge-      terin in der Factory, auch auf den Weg
            Rainer Werner Fassbinder, Pedro Almodóvar, auch Vanessa Redgrave, Tom Tykwer und natürlich           im Abendblatt selbst: Da wurde kein ein-   kommen war. Die Eröffnung eines poli-      gemacht, war aber unterwegs in einem
                        immer wieder Fatih Akin. An die Anfänge erinnert der folgende Artikel.                   ziger Titel genannt, selbst die Namen      tisch orientierten Underground-Kinos       Pariser Hotelbett gestrandet. „So kam
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
8   HAMBURG E R KINOS                                                                                                                                                                                                                    HA MBURGE R KINOS   9

                         Brigid Polk allein, um mit uns die Ein-       den Hauptteil des Films nehmen doku-
                         weihung des Abaton-Kinos zu feiern“,          mentarisch gefilmte Szenen vom Leben
                         erinnert sich Werner Grassmann. „Sie          in der Kommune, speziell einer sich in
                         stiefelte in unser Büro, sah sich um und      die Länge ziehenden Haschparty ein.
                         fand es trist. Irgendwie war es ihr zu        Es wird im breitesten Bajuwarisch ge-
                         leer: ‚How sad!‘ Sie hatte wohl ein mit       nuschelt bis zur Unverständlichkeit, so
                         Pop vollgestopftes Etablissement erwar-       dass stellenweise nur noch Untertitel
                         tet, mit Bildern, Fotos, Skulpturen, Ge-      helfen. Bei einem konspirativen Treffen
                         mälden, etwas Op-Art und wohl auch            mit Vertretern der Roten Zelle Germa-
                         ein bisschen Film. All das gab es nicht.“     nistik, die sich als Strategen der Revo-
                         Das Büro war fast leer: ein Schrank,          lution gerieren, hantieren die Rocker
Brigid Polk im Abaton
                         ein alter Schreibtisch und zwei wacke-        dekorativ mit Waffen. Am Schluss des
                         lige Stühle, ansonsten kahle Wände.           Films eine minutenlange Motorradfahrt
                         Wirklich ein bisschen trostlos, das fand      der Rocker, unterlegt mit der Musik von
                         Grassmann jetzt auch. Aber „Brigid Polk       Amon Düül II, dazu als politisches Fanal
                         inszenierte für uns ein kleines Happe-        Sätze von dem Gründer der Black Pan-
                         ning und katapultierte uns für ein paar       ther Party Eldridge Cleaver: „Wir wer-
                         Minuten nach New York, in ihre Warhol-        den Menschen sein. Wir werden es sein.
                         Factory. Und das kam so: Auf dem Tisch        Oder wir werden die Welt dem Erdbo-
                         stand ein Stempelkissen. Die Polk ging        den gleichmachen bei dem Versuch, es
                         an den Tisch, zog ihren Pulli hoch, sie       zu werden.“
                         hatte einen sehr, sehr schönen großen             Um 20.00 Uhr sollte der Film begin-
                         Busen, alle staunten, niemand sagte ein       nen. Syberberg, der den Film selbst ver-
                         Wort. Sie nahm das Stempelkissen und          lieh, war aus München angereist. Die
                                                                                                                  Werner Grassmann in dem Film King Kongs Faust von Heiner Stadler (1985). Rechts in einer seiner
                         fing an, ihren Busen damit einzufär-          Vorführung verzögerte sich, doch das       ersten Rollen Leonard Lansink, heute bekannt durch die TV-Reihe Wilsberg
                         ben. Dann ging sie an die weiße Wand          ist bei solchen Events nicht ungewöhn-
                         und drückte ihren Busen dagegen. Ein          lich. Nur Gastgeber Grassmann wusste,
Werbung auf der Straße                 künstlerisch wertvolles Stem-   warum es nicht losging. Probleme mit                                                        seinem fleckigen Arbeitskittel, stürzte          nicht laufen, und befürwortete den An-
am Eröffnungstag                        pelbild entstand an unserer    der Technik, genauer: Es gab es keinen                                                      heran, rief‚ Es geht!‘ und rannte wieder         trag auf eine Finanzhilfe. „Wir wussten
                                        Bürowand.“ Es schmückte        Ton. Ziemlich peinlich bei Eröffnung                                                        davon. ‚Fabelhafte Performance‘, meinte          nicht, dass damals der Kultursenator
                                       viele Jahre die Wand, bis es    eines neuen Kinos. Der Vorführer Herr                                                       Syberberg, der neben mir stand und               herzlich wenig zu sagen hatte – der Fi-
                                      im August 1977 anlässlich ei-    Wischnowski versuchte, in einem Ge-                                                         den Auftritt von Herrn Wischnowski für           nanzsenator sagte einfach: Nein. Wir
                                     ner Renovierung von einem         wirr von Kabeln, Steckern und flackern-                                                     eine gelungene Inszenierung hielt.“ Die          hatten aber unvorsichtigerweise schon
                                    Malermeister einfach überge-       den Röhren den Schaden zu beheben.                                                          Vorführung sei dann astrein gewesen,             angefangen zu bauen und mussten den
                                    pinselt wurde. Seitdem ist die     Dann musste Grassmann ihn im Vor-                                                           stellte Grassmann zu seiner Erleichte-           Ritt über den Bodensee wagen.“ Sie hat-
                                   Wand wieder sachlich und sau-       führraum allein lassen, denn das Ein-                                                       rung fest.                                       ten knapp DM 40.000 Eigenmittel zur
                                   ber, „eben wie in einem an-         treffen des Kultursenators Reinhard                                                             Der zweite Film des Abends war               Verfügung, der Umbau hätte jedoch rund
                                  ständigen Hamburger Büro, und        Philipp wurde gemeldet. „Wir, der Herr                                                      ein Musikfi lm, gedreht von einem Ver-           DM 260.000 gekostet.
                                 nicht wie in einem Künstler-          Senator und ich, tranken ein Glas Bier                                                      treter des Direct Cinema: Monterey Pop               Ihren Kino-Traum verwirklichten sie
                         Office in New York“.                            für die Fotografen und plötzlich, ohne                                                      von D. A. Pennebaker, unterstützt von            weitgehend auf Pump: Die Finanzie-
                                                                       jede Vorankündigung, hub der Herr Se-                                                       den nicht minder berühmten Kol legen             rungslücke schloss die Bank und erhöh-
                                                                       nator zu reden an, pries die kulturelle                                                     Richard Leacock und Albert Maysles an            te, als die Finanzhilfe vom Senat ausfiel,
                                      ERÖFFNUNG
                                                                       Aktivität der Hansestadt und den ham-                                                       der Kamera. Sie dokumentierten das               den Kredit (dessen Rückzahlung jahre-
                         Zur Eröffnung wurden zwei Filme ge-           burgischen Film im Besonderen, be-                                                          legendäre Festival 1967, mitten im „Sum-         lang das Abaton belastete).
                         zeigt: Santo Domingo, eine höchst eigen-      wunderte den Elan der Kinomacher, das                                                       mer of Love“, mit Jimi Hendrix, Janis                Da blieb nichts anderes übrig, als das
                         willige Kleist-Adaption von Hans Jürgen       neue Werk, in dem er jetzt stand (und                                                       Joplin, Eric Burdon, The Who, nicht zu-          neue Kino Second Hand auszustatten.
                         Syberberg, und Monterey Pop, ein Kon-         das immer noch ohne Ton war) – was                                                          letzt Ravi Shankar an der Sitar. Da              Die beiden Projektoren, Baujahr 1953,
                         zertfilm des US-Dokumentaristen D. A.         Senatoren bei solchen Gelegenheiten                                                         konnte nun nichts mehr schief gehen.             stammten aus dem Studio an der Binnen-
                         Pennebaker. Die Mischung war pro-             eben sagen. Dann war die Rede zu Ende,                                                                                                       alster, das gerade seinen Kinobetrieb
                         gram matisch: Neuer deutscher Film            der Herr Senator schüttelte mir die                                                                                                          einstellen musste (mit den Kinomaschi-
                                                                                                                                                                       E I N K I N O -T R A U M A U F P U M P
                         und internationaler Underground.              Hand, wieder und wieder für die Foto-                                                                                                        nen übernahm Grassmann gleich den
                             Santo Domingo war keine werkge-           grafen, und sagte ‚Na, denn woll’n wir     Die ersten                                       Das Abaton war kein Neubau mit allen             Vorführer Wischnowski, der zum Glück
                         treue Literaturverfilmung klassischer         mal!‘ und ging voran ins Kino, das immer   Programmzettel                                   technischen Schikanen. Der Umbau hat-            mit den anfälligen Apparaten umzuge-
                         Machart, das hätte dem Zeitgeist nicht        noch tonlos war. Ich hinterher, eine                                                        te Geld gekostet, das eigentlich nicht           hen wusste). Die Kinostühle – keine
                         entsprochen. Syberberg hatte die in           peinliche Katastrophe befürchtend. Aber                                                     vorhanden war. Grassmann und sein                Sessel, sondern Holzklappstühle – stan-
                         exotischer Kulisse angesiedelte Novelle       kaum durchschritten wir die Tür zum                                                         Kompagnon Wilfried Fedder waren bei              den einst in den Harvestehuder Licht-
                          nicht nur aktualisiert, sondern gleich       Kinosaal, da gab es hinter der Lein-                                                        der Kulturbehörde vorstellig geworden.           spielen sowie in der Kurbel am Nobistor,
                          kurzerhand ins Münchner Rocker- und          wand einen tiefen Bums aus den alten                                                        Die Deputation ließ sich überzeugen:             beides Kinos, die kurz zuvor hatten auf-
                           Hippie-Milieu verpflanzt. Die Ge-           Lautsprechern, gefolgt von einem kra-                                                       Hamburg brauchte ein Kino für jene               geben müssen.
                            schichte wird eher nebenbei erzählt,       tzigen Geräusch. Herr Wischnowski, in                                                       Filme, die im normalen Kommerzkino
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
10   HAMBURG E R KINOS                                                                                                                                                                                                                                  HA MBURGE R KINOS   11

Noch ist der Raum leer: Party zum ersten Spatenstich                                                                                      Das Abatinn: Keine Tapeten, Filmplakate an den Wänden

                                                     „Wir hatten zwar kein Geld, aber als    letzten Filmvorführung den Raum in           Das Geständnis, nach Z der neue Polit-
                                                                                                                                                                                                  K I N O P R O G R A M M 19 7 0
                                                 Ausgleich viele Ideen für ein anderes       zwei Hörsäle verwandelte, die von der        Thriller von Costa-Gavras, diesmal ging
                                                 Kino.“ Grassmann wollte Filme zeigen,       HWP, der Hoch schule für Wirtschaft          es um das Opfer eines stalinistischen          Den Hamburger Filmfreunden wurde
                                                 die zum Reden und Mitdenken anregen.        und Politik genutzt wurden.                  Schauprozesses. Der Hauptdarsteller und        ansonsten geboten: Ein Halleluja für
                                                 Das Kino als Ort der Kommunikation,             Die Altbranche begrüßte den Neuzu-       Regisseur Yves Montand stellten ihren          Django! in der Oase auf der Reeperbahn,
                                                 deshalb war dem Kino gleich eine Knei-      gang in Hamburgs Kinolandschaft be-          Film in Hamburg persönlich vor. Der Ufa-       Fünf blutige Stricke, ebenfalls ein Italo-
                                                 pe angegliedert, wo man anschließend        tont reserviert. Es dauerte fast einen Mo-   Palast zeigte das schwülstige Drama Son-       Western, im Cinema Steindamm und
                                                 diskutieren kann. Abatinn hieß das Lo -     nat, bis das offizielle Organ des „Haupt-      nenblumen mit Sophia Loren, die Kurbel         Knopf’s in St. Pauli. Butch Cassidy und
                                                 kal in den ersten Jahren, es war etwas      verbands Deutscher Filmtheater“ vom          am Jungfernstieg die Gangster-Story            Sundance Kid hatte die sechste Woche
                                                 vergammelt, eben Kneipe und nicht           Abaton überhaupt Notiz nahm. Grass-          Cannabis sowie Engel der Gewalt mit Jane       im Filmtheater Dammtor erreicht, wäh-
                                                 Restaurant, schon damals gab es Pizza.      mann hatte bei der Eröff nung verkün-        Birkin und Serge Gainsbourg. Die Barke         rend Mash nun schon 22 Wochen im
                                                 Auch das Mobiliar des Abatinn kam           digt, er werde Filme, die „im normalen       in der Spitalerstraße kündigte die skurri-     Studio an der Binnenalster lief. Im Savoy
                                                 aus zweiter Hand: Grassmann hatte es        Kino nicht laufen können“, zeigen. Nun       le Komödie Magic Christian an. Eine böse       auf dem Steindamm der Schulmädchen-
                                                 im Bierlokal „Tegernsee“ abgestaubt,        habe Hamburg ein Kino „nur für pro-          Satire, geschrieben unter anderem von          Report. Was Eltern nicht für möglich hal-
                                                 einer jener drei Gaststätten am Haupt-      gressive Leute“, erfuhr man im Filmecho,     Monty Python, in der Peter Sellers einen       ten, wobei sie auch von Oswald Kolle
                                                 bahnhof, die Heinz Riech für vier Milli-    ein „Workshop Kino“ für „Hausfrauen,         exzentrischen Briten spielt, außerdem          in der Passage über Dein Kind, das unbe-
                                                 onen zu seinem ersten Kino-Center um-       Arbeiter, Angestellte und natürlich Stu-     Dracula-Darsteller Christopher Lee, Sex-       kannte Wesen aufgeklärt wurden, wäh-
                                                 gewandelt hatte. Im Foyer des Abaton        denten“. Was die kommerziellen Kino-         bombe Raquel Welch und der große               rend sich das Neue Imperial am Millern-
                                                 gab es außerdem einen Shop mit Schall-      betreiber davon hielten, kann man sich       Richard Attenborough mitwirkten. Und           tor der Vollendung der Liebestechnik in
                                                 platten, Zeitschriften, Filmplakaten etc.   denken.                                      Ringo Starr, weshalb der deutsche Ver-         Erstauff ührung widmete. Die größte An-
                                                 Aber es wurde mehr geklaut als gekauft,                                                  leih sich den Untertitel Ein Beatle im         zeige aber – der Film lief in 22 (!) Nach-
                                                 und nachdem dreimal eingebrochen                                                         Paradies ausgedacht hatte. „Die Leute          spielkinos, vom Atlantik am Steindamm
                                                                                                      F I L M K U N S T- K I N O S                                                                                                    Februar 1978: Die ersten
                                                 wor den war, wollte auch keine Ver-                                                      sagen, das sei das Grausamste, Blutrüns-       bis zum Ufer in Wedel – galt dem Film        Hefte der Programmzeitung
                                                 sicherung mehr einspringen: Der Laden       Wie sehr das Abaton aus dem Rahmen           tigste und Schönste, was der deutsche          Wenn die tollen Tanten kommen. „Char-
                                                 wurde schnell wieder geschlossen (und       fiel, zeigt ein Blick auf das Kinopro-       Film je hervorgebracht hat“, warb das          leys Tante“ musste wieder einmal her-
                                                 machte zwei Jahre später Platz für das      gramm der Eröffnungswoche. Es gab            Holi für Jonathan, einen längst in der         halten für einen dümmlichen Travestie-
                                                 Kleine Kino). Eine behördliche Auflage      deutlich mehr Kinos als heute – viele        Versenkung verschwundenen Vampir-              spaß, dessen einzige Originalität daran
                                                 erwies sich dagegen als Einnahme-           von den in den Anzeigen auftauchen-          Film von Hans W. Geissendörfer. Wen            bestand, dass es diesmal gleich zwei
                                                 quelle: Das Kino musste tagsüber an die     den Filmtheatern, Häusern mit großer         das noch nicht überzeugte, den lockte          Tanten gab, gespielt von Rudi Carrell
                                                 Universität vermietet werden, gefordert     Tradition, mussten bald darauf schlie-       das Kino mit einem besonderen Ange-            und Ilja Richter. Dazu gesellten sich ne-
                                                 wurden zwei Hörsäle. Dafür wurde eine       ßen, das Kinosterben hatte bereits ein-      bot: „Trinken und Rauchen während              ben Hubert von Meyerinck und Gunther
                                                 tonnenschwere Schiebetür in der Mitte       gesetzt –, aber interessante Neuheiten       des Films in unserer Komfortloge mit 64        Philipp, den beliebten Chargendarstel-
                                                 des Kinosaals installiert, die nach der     waren rar gesät. In der Esplanade lief       Cockpit-Sesseln.“                              lern von Papas Kino, Graham Bonney,
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
12   HAMBURG E R KINOS                                                                                                                                                                                                                                 HA MBURGE R KINOS             13

                                                                                                                                                                                                                                                                           Foto: Horst Janke
So sah es früher aus: Der Eingang zum Abaton                                                                                            Kleine Pause. Man kann nicht die ganze Zeit auf dem Podest stehen

                                               Christian Anders, Chris Roberts – es         US-amerikanische Streifen wurde OmU,                                                        hatte dies Helmut Herbst, selbst einer     märchen mit einigen gesellschafts-
                                               handelte sich um einen Schlagerfilm,         im Original mit deutschen Untertiteln,                                                      der Protagonisten des sog. „Anderen        kritischen Nebenbemerkungen“, wie es
                                               und bei diesem Genre ist bekanntlich         gezeigt und begründete damit eine an-                                                       Kinos“. In Hamburg lebten und arbeite-     in einer zeitgenössischen Kritik hieß.
                                               die Handlung gänzlich unwichtig.             dere Abaton-Tradition.                                                                      ten die Regisseure der Film-Coop: Hell-    Eine Kreuzung von „klassischem Kino-
                                                   Das Abaton hatte keine Anzeige ge-           In der dritten Woche dann „zum er-                                                      muth Costard, Bernd Upnmoor, Klaus         Outlaw und aktuellem Drogen-Under-
                                               schaltet, es führte aber dank seines Na-     sten mal in einem Hamburger Kino der                                                        Wyborny, Franz Winzentsen, Werner          ground“, befand der Spiegel, ein Film
                                               mens – die Spekulation war aufgegan-         neue Fassbinderfilm:“ Götter der Pest                                                       Nekes und Dore O. Grassmann gehörte        mit „Sekunden-Spots, gestörter Chrono-
                                               gen – die alphabetisch sortierte Liste der   hatte bereits Anfang April seine Urauf-                                                     dazu, er hatte viele ihrer Filme produ-    logie, unbefangenen Nackt-Einstellun-
                                               Kinos an. Gezeigt wurde in der ersten        führung erlebt, doch in Hamburg muss-                                                       ziert, und nun gab es ein Kino, wo sie     gen und makabrem Dialog“.
                                               Woche täglich ab 14.30 Uhr durchgehend       ten die Cineasten sieben Monate und                                                         auch außerhalb von Festivals liefen. Der       Das neue Kino werde sich auf „Un-
                                               bis 24 Uhr Monterey Pop, dazu 70 Minu-       auf die Eröff nung des Abaton warten,                                                       Normalkonsument konnte nur den Kopf        derground- und Fernsehstreifen“ spezi-
                                               ten Kurzfi lme, Einheitspreis 3 DM. „Auf     bis sie die Novität mit Hanna Schygulla,                                                    schütteln über die Alternativproduktio-    alisieren, meldete das Hamburger Abend-
                                               die Verwirklichung des Abaton-Kinopro-       Harry Baer und Margarete von Trotta                                                         nen: Die Kurzfilme widersprachen allen     blatt. Underground wurde alles genannt,
                                               gramms werden wir noch zurückrufen“,         endlich auch zu sehen bekamen.                                                              konventionellen Sehgewohnheiten, es        was aus dem Rahmen fiel und nicht Esta-
                                               hatte das Abendblatt seinen Artikel über         Stets gehörten 60 bis 70 Minuten                                                        wurden nicht einmal ansatzweise Ge-        blishment war. Der Neue deutsche Film,
                                               die Eröff nung abgeschlossen. Ein paar       Kurzfi lme zum Programm, doch waren                                                         schichten erzählt. Aber frech, witzig,     heute legendäre Klassiker von Fassbinder
                                               Tage später las man in der Zeitung:          dies nicht die üblichen Kultur- oder Zei-                                                   ein fallsreich und provokativ, kurz: un-   oder Wenders, wurde finanziert vom
                                               „Krach im Abaton. Vier Tage nach der         chentrickfi lme. „In Hamburg entstehen                                                      terhaltsam waren sie allemal.              Fernsehen, denn das Kommerzkino, Pro-
                                               Eröff nung drohte dem neuartigen Ham-        seit einiger Zeit beachtenswerte Kurz-                                                                                                 duzenten wie Verleiher, wollten nichts
                                               burger Experimentierkino bereits eine        filme“, konnte man im Editorial der Zeit-                                                                                              mit den Filmemachern zu tun haben.
                                                                                                                                                                                         WEIHNACHTEN MIT MICK JAGGER
                                               einstweilige Verfügung.“ Grassmann           schrift Filmartikel lesen. „Für viele ist                                                                                              Das Abendblatt fügte noch hinzu: „Eine
                                               hatte die Kopie von Monterey Pop über        das eine Neuigkeit: Die Regisseure woh-                                                     Das Weihnachtsprogramm im Abaton           eigene Programm-Redaktion wählt aus
                                               eine Münchner Verleihfi rma erhalten,        nen in Hamburg und nicht in München.                                                        unterschied sich ebenfalls deutlich von    dem internationalen Angebot beson-
                                               die aber keine Rechte an dem Film hat-
                                               te. „In einer telefonischen Blitzkonfe-
                                               renz einigten sich Pennebaker und das
                                                                                            Ohne Stützpunkte in der Leopold- oder
                                                                                            Ainmillerstraße beschäftigen sie sich
                                                                                            mit Filmemachen und leben in Ham-
                                                                                                                                                                                        dem, was rundum von der Konkurrenz
                                                                                                                                                                                        angeboten wurde: Performance mit Mick
                                                                                                                                                                                        Jagger und Anita Pallenberg, Sound-
                                                                                                                                                                                                                                   Kinos war geboren. .
                                                                                                                                                                                                                                   derer Filme.“ Die Idee des Programm-

                                               Abaton auf einen Kompromiß“, vermel-         burg. Das Klima dieser Stadt sorgt dafür,                                                   track u.a. von Mick Jagger, Ry Cooder,
                                               dete die Zeitung: Der Film durfte bis        dass schon aus dem morgendlichen Auf-                                                       Randy Newman. Freitag und Sonntag
                                               zum Programmwechsel weiter laufen.           stehen ein widernatürlicher Willensakt                                                      deutsche Fassung, an den anderen Ta-       „Abenteuer Abaton“ heißt eine Broschüre,
                                               In der zweiten Woche zeigte das Abaton       wird. Vielleicht ist das ein Grund dafür,                                                   gen Originalfassung mit deutschen Un-      in der Werner Grassmann Geschichten
                                               Kurzfi lme von Jonas Mekas und Bruce         dass alle diese Eigenbrötler ihre Filme                                                     tertiteln. Die anderen Kinos mochten       aus der Geschichte des Kinos erzählt.
                                               Connor sowie als Hauptfilm Ice, eine ne-     gegen den kommerziellen Strich bürsten                                                      Weihnachtsmärchen für die ganze Fa-        Diese Broschüre kann für ,0 € im Kino
                                               gative Utopie von Robert Kramer; der         und nicht auf ihm gehen.“ Geschrieben                                                       milie zeigen, im Abaton lief ein „Pop-     erworben werden kann.
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
14   HAMBURG E R KINOS                                                                                                                                                                                                                   BUCHRE Z E NSION   15

                                                                                                                                                                                                                 wo einst die Ufa ihre Hamburger Filiale
Lücke im Kopf:                                                                                                          Buchrezension                                              Micaela Jary
                                                                                                                                                                                                                 hatte und nun die britischen Besatzer

Abaton-Programm
                                                                                                                                                                                                                 residieren. Sie begegnet dort in der Vor-
                                                                                                                                                                                DAS KINO AM                      halle zufällig einem Bekannten. „Er war
                                                                                                                                                                               JUNGFERNSTIEG                     ebenso bescheiden und warm angezo-

                                                                                                                        D
Von Werner Grassmann                                                                                                           er Umschlag signalisiert überdeut-                                                gen wie die meisten Deutschen, aber
                                                                                                                                                                                      Roman
                                                                                                                               lich, dass der Verlag auf die weib-                                               sein attraktives Gesicht zwischen dem
                                                                                                                               liche Leserschaft spekuliert. Da                  Goldmann Verlag                 hochgestellten Mantelkragen und der

K
       aum zu glauben: Früher reichte                                                                                    spielt dann keine Rolle, dass die ge-              Paperback, Klappenbroschur           ledernen Fliegermütze wirkte frisch und
       noch ein einfacher Zettel für das                                                                                 schminkte Dame mit dem kecken Hüt-                         368 Seiten                   weniger sorgenvoll, seine Augen strahl-
       Programm des Abaton-Kinos aus.                                                                                    chen auf dem Umschlag so gar nicht                                                      ten sie an.“ Lili hat im Moment keine
                                                                                                                                                                                   Preis: € 13,00
Die Zeiten sind zum Glück lange vorbei.                                                                                  nach dem Hungerwinter 1946/47 aus-                                                      Zeit, aber sie „schenkte ihm ein Lächeln,
Mit der Oktober-Ausgabe 2019 erschien                                                                                    sieht. Frauenromane gehören nicht zu                                                    von dem sie hoff te, dass es hinreißend
die 588. Ausgabe des Abaton-Monats-                                                                                      meinen bevorzugten Genres, der Name                                                     war“ und folgt dann dem britischen
programms – und sie ist nicht zu ver-                                                                                    der Autorin verleitete mich zum Kauf:                                                   Soldaten ins Büro. „‘Lili!‘, rief Roolfs ihr
gleichen mit dem ersten Programm-                                                                                       Micaela Jary, die Tochter des Filmkom-                                                   nach. ‚Wo fi nde ich dich? Ich wohne in
zettel, den ich meinen Filmemacher-                                                                                     ponisten Michael Jary, hat vor vielen                                                    Bendestorf. Keine Ahnung, warum, aber
Freunden im November 1970 zusteckte.                                                                                    Jahren ein interessantes Buch über den                                                   man hat mich dort zum Bürgermeister
Da war das Abaton schon vier Wochen                                                                                      deutschen Nachkriegsfi lm geschrieben:                                                  gemacht.‘ Sein Lachen hallte durch die
in Betrieb, aber nur wenige wussten das                                                                                 „Traumfabriken made in Germany“.                                                         Eingangshalle“, und wir schmunzeln,
und deswegen war es ziemlich leer. Das                                                                                       Aber dann schreibt sich die Autorin                                                 denn wir wissen, dass „Roolfs“ eigent-
Interesse an unserem tollen Programm                                                                                     frei und man befindet sich mittendrin in                                                lich Rolf Meyer heißt.
hatte ich maßlos überschätzt. Ich hatte                                                                                  einem Unterhaltungsroman, der durch-                                                        Bei anderen Personen und Ereignis-
geglaubt, mit der Verteilung eines Film-                                                                                 aus einen Sog entfaltet. Gewiss, die                                                    sen, die Kulisse der fi ktiven Handlung
Ablaufplans auf einem Blatt würde                                                                                       Figurenzeichnung ist schwarzweiß: Lili                                                   bleiben, hat Micaela Jary es bei den re-
sich eine große Schar von Menschen                                                                                      Paal – unter ihrem Mädchennamen                                                          alen Namen belassen. „Vielleicht gibt es
vor der kleinen Kasse drängeln. Aber                                                                                    Wartenburg in der Filmbranche als Cut-                                                   schon bald ein Kopierwerk in Hamburg“,
nix war. Die paar Leute, die gekommen                                                                                   terin bekannt – ist unsere Heldin, ihre                                                  deutet der Filmoffizier vage an. „Die An-
waren, klopften mir wohlwollend auf                                                                                     Halbschwester Hilde dagegen abgrund-                                                     träge auf Gründung eines Filmbetriebs
die Schulter und hoff ten auf eine Frei-                                                                                 böse und herzlos. Deren raffgieriger                                                    sind nicht mehr zu zählen“, darunter ist
karte, die ich naturgemäß immer zöger-                                                                                  Ehemann will für seine eigenen Hotel-                                                    auch ein Unternehmen namens Atlantik
licher herausgab. Unser Kinotechniker,                                                                                  pläne die Technik aus dem väterlichen                                                    Film. Mit ihrem John Fontaine fährt Lili
Herr Wischnowski, ein alter UFA-Film-                                                                                   Kino akquirieren, auch er Unsympath          die fi ktive Handlung verwoben. Helmut      nach Ohlstedt: „Die Adresse ist Melhop-
vorführer, der bei uns seine Rente auf-                                                                                  durch und durch. Doch dies ist nur ein      Käutner und die Dreharbeiten zu In          weg“, dort soll ein Gasthof sich als Stu-
besserte, tröstete mich mit der Bemer-                                                                                  Nebenschauplatz: Der Hauptplot rankt         jenen Tagen standen Modell für die Fi-      dio eignen. Lili wird sicher bald wieder
kung, dass mit dem tollen Programm                                                                                       sich um die abenteuerliche Suche nach       gur Leon Caspari (wobei die Suche nach      Arbeit als Cutterin fi nden, der Offi zier
das Kino schon irgendwann laufen                                                                                         dem Negativ eines verschollenen Film,       dem versteckten Streifen aus den letz-      empfiehlt ihr, sich unbedingt bei der
werde. Bei den Überlegungen, wie das                                                                                     einem der letzten des „Dritten Reiches“,    ten Tagen des „Dritten Reichs“ mehr an      Real-Film von Walter Koppel und Gyula
sich abzeichnende Disaster abzuwen-                                                                                     von dem man hoff t, ihn zu rekonstruie-      Wolfgang Liebeneiner und Das Leben          Trebitsch zu bewerben: „Hervorragen-
den sei, kam ich bald zu der Erkennt-        Job übernahm eine richtige Druckerei,       Vom Programmzettel zur          ren und als „Überläufer“ ins Kino brin-     geht weiter erinnert). Die Cutterin Alice   des Gespann, sie produzieren gerade
nis, dass die mangelnde Information          jeden Monat hatte der Zettel eine an-       Abaton-Zeitung: Seit Oktober   gen zu können.                               Ludwig stand Patin für Lili Paal. Alice     auf einem alten Kahn eine Komödie.“
                                                                                         2019 erscheint das Programm-
des Publikums über die Existenz des          dere Farbe. Sehr schön, diese fast pro-                                         Die ersten Kapitel wirken etwas höl-    Ludwig war ab 1937 Schnittmeisterin             Weiter im Roman. Dunkle Geheim-
                                                                                         heft im neuen Format. In dem
neuen Kulturtempels und den darin ge-        fessionelle Programmzeitung. Aber der       hier abgedruckten Beitrag,     zern. Kein Frauenroman ohne Liebe. Lili      bei der Berliner Filmgesellschaft Terra.    nisse, ein mysteriöser Todesfall bei Dreh-
zeigten Filmen Schuld sei. Es gab zwar       Platz für die Filmbeschreibungen war        entnommen dem Abaton-Heft,     Paal verliebt sich in den smarten briti-     Eine der letzten Produktionen, die sie      arbeiten, eine ehemalige Nazi-Diva
genügend Filmplakate und Zeitungsan-         immer noch viel zu klein. Ende 1977         erinnert Werner Grassmann       schen Filmoffizier John Fontaine, er hat      dort bearbeiten sollte, war Die Fleder-     (Modell Zarah Leander), Noch mehr
                                                                                         an die Anfänge
zeigen der Kinopaläste („bester, schöns-     kam schließlich ein Frankfurter Ge-                                         sich auch in ihre blauen Augen verguckt,    maus mit Johannes Heesters in der           Liebschaften und Verwicklungen. Noch
ter, tollster Film“), aber über den Inhalt   schäftsmann und Filmliebhaber zu uns                                        doch es gibt Verwicklungen, Missver-        Hauptrolle. In mühsamer Suche fand sie      mehr Drama, Melodrama. Zum Schluss
der Story oder die Absichten der Filme-      mit einer cleveren Idee, wie ich fand.                                      ständnisse … Es kommt, wie es kommen        die in den Kriegswirren verschwunde-        wird die Erzählung seltsam kurzatmig,
macher erfuhr das Publikum so gut wie        Er wollte uns eine Programmzeitung                                          muss, jedenfalls im Roman.                  nen Negative und setzte sie zu dem          das Ende ist unbefriedigend. Kein Wun-
nichts. Es galt, diese Lücke zu füllen.      mit 16 Seiten produzieren und sie um-                                                                                   Spielfi lm zusammen, der 1946 in die Ki-    der: Dies ist ein Cliff hanger, ein zweiter
Ende Oktober 1970 tippte ich auf einer       sonst liefern. Oder fast. Denn er wollte                                                                                nos kam. Später ging sie nach Hamburg       und dritter Band wird folgen. Da wird
                                                                                                                           DIESES KINO GAB ES NICHT
alten Schreibmaschine die erste Film-
information auf eine Wachsmatritze.
Der Vervielfältiger stand in der Uni-
                                             6 Seiten als Anzeigenplatz verkaufen.
                                             Das sollte sein Gewinn sein. Wir müss-
                                             ten nur die Texte liefern. Mir kam das
                                                                                                                        Micaela Jary kennt die Hamburger Film-
                                                                                                                        szene der Nachkriegszeit. Das titelge-
                                                                                                                                                                     und arbeitete für die Real-Film.
                                                                                                                                                                                                                 Jungfernstieg zu lesen sein.  .
                                                                                                                                                                                                                 dann hoffentlich mehr vom Kino am

                                                                                                                                                                        LILI, ROOL FS UND CASPA RI
Poststelle gleich um die Ecke und wurde      komisch vor. Aber schließlich erkannte                                     bende Kino am Jungfernstieg gab es                                                                                Michael Töteberg
nachts nie benutzt, wie mir ein Frei-        ich doch die Gelegenheit noch rechtzei-                                    nicht (sondern erst viele Jahre später,      Die Mischung aus frei Erfundenem
karten-Student zuflüsterte. Deswegen         tig, bevor der Mann wieder verschwand.                                     nach Abzug der Besatzungssoldaten),          und realen Personen bereitet durchaus
konnte die erste „Programmzeitung“           Ich biss an und das war der Beginn ei-                                     die Autorin weist darauf selbst im Nach-     Lesevergnügen. Blenden wir uns ein in
nur nachts gedruckt werden. Das ging
einige Zeit gut, dann flogen wir auf. Den                                  .
                                             nes Projekts, wie es bis heute kein zwei-
                                             tes in der Kinolandschaft gibt.
                                                                                                                        wort hin. Aber viele authentische De-
                                                                                                                        tails, Personen wie Ereignisse, sind in
                                                                                                                                                                     eine Szene: Lili sucht ihren Film Officer
                                                                                                                                                                     in der Rothenbaumchaussee auf, dort
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
16   K INOG E SCHICHTE                                                                                                            KINOGE SCHICHT E   17

Mit dem Lasso
                                                                                                     S
                                                                                                           ahnehäubchen waren in den 50er-Jahren,
                                                                                                           der hohen Zeit des Nachkriegskinos, aller­-
auf Zuschauer-Fang                                                                                         dings die glamourösen Star-Auftritte.
                                                                                                     Große Menschenmassen blockierten die Geh-
                                                                                                     wege und Straßen vor den Lichtspielhäusern,
Von Karl-Heinz Becker
                                                                                                     so 1956 bei dem Besuch von Romy Schneider
                                                                                                     und Regisseur Alfred Weidenmann zum Start
                                                                                                     von Kitty und die große Welt. In den 60ern ging
                                                                                                     die Zahl der glanzvollen Premieren in Ham-
                                                                                                     burg zurück. Aber es gab auch Ausnahmen,
Seit der Frühzeit des Kinos künden Zei-
                                                                                                     darunter der Deutschlandstart von Das war der
tungsinserate den Start neuer Filme an.                                                              Wilde Westen (1963 im Cinerama Grindel) oder
Im Laufe der Zeit wurden die Anzeigen-                                                               die Welturaufführung des Karl-May-Films Der
vorgaben der Verleiher um ausführliche                                                               Schut (1964 in der Barke).
Werberatschläge, Plakate jeder Größe,                                                                    Oft versuchten die Verleiher, das filmische
Aushang- und Pressefotos, Werbe-Dias,                                                                Ereignis mit überdimensionalen Dekorationen
                                                                                                     zu begleiten. Beliebt waren in erster Linie ge-
Handzettel und natürlich Trailer ergänzt.
                                                                                                     malte Großtransparente, die in satten Farben
Mit diesen umfangreichen Werbe- und                                                                  weithin sichtbar über Kinoeingängen erstrahl-
Pressematerialien wurden viele große                                                                 ten. Das war aber nur bei einigen großen City-
Uraufführungen für ein breites Publikum                                                              und Bezirks-Theatern möglich, deren Frontflä-
vorbereitet und gestartet.                                                                           chen dafür eingerichtet waren. Das Savoy, der
                                                                                                     Ufa-Palast und die Urania Filmbühne gehörten
                                                                                                     dazu. Hin und wieder wurden Riesen-Transpa-
                                                                                                     rente auch an nackten Wänden von Mietshäu-
                                                                                                     sern angebracht, die an Verkehrsknotenpunk-
                                                                                                     ten lagen.

                                                                                                             ROLLENDE KINO-REKLAME
                                                                                                     Auch das Cinerama Grindel Filmtheater ließ
                                                                                                     sich in seinen besten Jahren nicht lumpen. Für
                                                                                                     die Deutschland-Premiere von Das war der
                                                                                                     Wilde Westen warb es 1963 mit einer aus Holz
                                                                                                     gestalteten Western-Landschaft auf der Über-
                                                                                                     dachung des Eingangsbereichs.
                                                                                                         Ergänzt wurden diese Werbemaßnahmen
                                                                                                     hin und wieder durch rollende Reklame im
                                                                                                     Hamburger Verkehrsgetümmel. Bemalte Stra-
                                                                                                     ßenbahnen trugen den Hinweis auf ein Kino­
                                                                                                     ereignis ebenso durch die Straßen Hamburgs
                                                                                                     wie beklebte Kleintransporter oder bemalte
                                                                                                     Lkw.
                                                                                                         Viele Erstaufführungen mussten jedoch
                                                                                                     ohne Promi-Auftritte auskommen. Dafür wur-
                                                                                                     den zwischen den 1950er- und 80er-Jahren
                                                                                                     häufig mehr oder weniger originelle Reklame-
                                                                                                     aktionen entwickelt, die auf zusätzliche Effekte
                                                                                                     in der Presse und Öffentlichkeit abzielten, um
                                                                                                     die klassische Kino-Werbung zu unterstützen.
                                                                                                         Die meisten Einfälle waren darauf ange-
                                                                                                     legt, simples Aufsehen zu erregen. Gerne wur-
                                                                                                     den Werbekampagnen für neue Filme auch in
                                                                                                     Kooperation mit ortsansässigen Geschäften
                                                                                                     durchgeführt, so fuhren beispielsweise Mitte
                            Anfang Dezember 1963 in der Mönckebergstraße:
                                                                                                     Februar 1952 mehrere Nachmittage lang einige

                                                                                 Foto: Horst Janke
                            Aktion mit laufenden Werbe-Tonnen anlässlich
                            des deutschen Starts des Cinerama-Films                                  Damen und Herren ihren Nachwuchs mit neu-
                            Eine total total verrückte Welt von Stanley Kramer                       en Kinderwagen des Kaufhauses Brinkmann
                                                                                                     durch die Innenstadt spazieren, die mit großen
                                                                                                     Werbeplakaten für den Film dekoriert waren.
Historische Kinowerbung 51 Jahre Fernsehturm Ohnsorg-Theater im Film
18   K INOG E SCHICHTE                                                                                                                               KINOGE SCHICHT E                                   19

                         Filme mit der Schwimm-     Ein Konzept, Aufmerksamkeit mit einladender
                         königin Esther Williams    Information zu verbinden, gab es allerdings
                         hatten in den 1950er-
                                                    selten.
                         Jahren Hochkonjunktur.
                         Erst zwei Jahre vor            Im November 1952 erlebte ein Farbfilm mit
                         Die Venus verliebt sich,   der legendären Schwimm-Nixe Ester Williams
                         kam das bereits 1944       und dem Schauspieler Van Johnson in den
                         gedrehte Aqua-Musical
                                                    Hauptrollen seine Premiere im MGM Waterloo:
                         Die badende Venus in
                         die deutschen Kinos        Die Venus verliebt sich. Die Hoffnung des MGM
                                                    Verleihs, einen der beiden Stars oder wenigs-
                                                    tens den aus Hamburg stammenden und in die
                                                    USA emigrierten Schauspieler Siegfried Arno
                                                    „an Land ziehen zu können“, erfüllte sich nicht.
                                                    In der Not ließ man sich einen Gag einfallen,
                                                    der allerdings nichts mit dem Wasser zu tun
                                                    hatte. Mit intensiver Werbung für den Filmbe-
                                                    such wurde im Ball Paradox auf der Reeper-
                                                    bahn der „Kartoffeltanz“ ausgeschrieben, ein
                                                    Wettbewerb für Paare, die während des Tanzes
                                                    eine Kartoffel zwischen ihren Köpfen balan-
                                                    cieren mussten. Welches Duo dies am längsten
                                                    beherrschte, wurde zum Sieger erklärt.

                                                     MODENSCH AU UND SONDER-POS TA M T
Bellend künden
Collies 1957 im                                     Passender war da schon ein Jahr später der
MGM Waterloo eine
                                                    Einfall des vor allem auf französische Filme
Lassie-Premiere an
                                                    spezialisierten Pallas-Filmverleihs. Um den
                                                    ebenfalls im MGM Waterloo anlaufenden Film
                                                    Der Damenfriseur mit Frankreichs Star Fern-
                                                    andel (der leider keine Zeit hatte, persönlich
                                                    anzureisen) galant zu umwerben, wurde eine
                                                    Verbundaktion mit der Hamburger Friseur-
                                                    Innung und einem Pelz-Modehaus gestartet.
                                                    Acht Mannequins lockten interessierte Damen
                                                    und vor allem zahlungskräftige Herren zu ei-
                                                    ner Haar- und Pelzmodenschau an. Und man-
                                                    chen Friseursalon zierte zudem die Werbung
                                                    für Fernandels charmante Lockenoffensive.
                                                        Wenn man selbst bei einem deutschen
                                                    Spielfilm keinen Regisseur und keine Darstel-
Von Kopf bis Fuß                                    ler zum Filmstart präsentieren konnte, aber
auf Mode eingestellt,                               trotzdem unbedingt auf den neuen Streifen
umrahmen diese
                                                    aufmerksam machen wollte, war es eine gute
Damen 1953 das
Großporträt des Film-                               Idee, in Kooperation mit der Deutschen Bun-
friseurs Fernandel                                  despost ein komplettes „Sonder-Postamt“ in
                                                    einem Kinofoyer einzurichten, bei dem man
                                                    am Tag des Filmstarts die bei Philatelisten be-
                                                    gehrten Sonderbriefmarken erwerben konnte,

                                                                                                                                                                        Foto: Conti-Press-Bildagentur / Staatsarchiv Hamburg
                                                    die dann sogleich mit einem passenden Son-
                                                    derpoststempel versehen wurden.
                                                        Zu den großen vierbeinigen Stars des Ki-
                                                    nos zählt der schottische Collie Lassie. Durch
                                                    Film und Fernsehen vor allem in den USA ein
                                                    Star, eroberte das Tier auch Deutschland.
                                                    Ende 1957 präsentierte das MGM Waterloo den
                                                                                                       Umgarnende Werbung: Zum Start der musi-
                                                    Film Lassies Heimat mit Edmund Gwenn und
                                                                                                       kalischen US-Westernkomödie Cat Ballou 1965
                                                    Janet Leigh. Werbewirksam umrahmt wur-             im City-Kino am Steindamm fangen Cowboys
                                                    de der Start mit einigen Frauchen und Herr-        symbolisch Zuschauer mit dem Lasso ein
                                                    chen, die ihre Collies mitbrachten. Die Idee
                                                    von Klaas Akkermann fand ein positives Echo
20   K INOG E SCHICHTE                                                                                                                                                                                                                         KINOGE SCHICHT E   21

Kinoreklame im rollenden      in der Bildberichterstattung und bescher te          Westernkino Nummer Eins, dem City am Stein-
Einsatz: Links bewegen        Kino und Verleih viele Zuschauer. Verschwie-         damm, die Werbung für die Westernkomödie
sich die Werbetonnen für
                              gen wurde allerdings, dass der Film von 1948         Cat Ballou – Hängen sollst Du in Wyoming mit
das Cinerama-Spektakel
Eine total, total verrückte   stammte und somit neun Jahre bis auf die             Jane Fonda und Lee Marvin ab. Plakatträger,
Welt durch die Hambur-        deutschen Leinwände gebraucht hatte.                 sogenannte Sandwich-Männer, Cowboys und
ger Innenstadt. Rechts            Buchstäblich beliebt als Plakat-„Wände“          ein Lassowerfer sorgten für reges Aufsehen
marschieren die Russen
                              waren in den 1950er- und 60er-Jahren die             unter den Passanten. Für diesen Columbia-Film
am Dammtorbahnhof
auf, Statisten (darunter      Außenflächen großer Mietshäuser. In ihrer            wurde mancher Zuschauer buchstäblich mit
auch Klaas Akkermann)         Nacktheit ragten sie aus Trümmerlücken her-          dem Lasso eingefangen.
in Original-Uniformen         vor und verlangten förmlich nach Gestaltung.
                              Genutzt wurden diese Mauern für eigens ge-
                                                                                       PR FüR EINE BIBELV ERFILMUNG
                              malte Riesen-Transparente zu großen Kinoer-
                              eignissen. Darunter war u.a. das Filmmusical         Einladend und informativ hingegen lief im
                              West Side Story, das im September 1962 seine         Spätsommer 1965 eine großangelegte Werbe-
                              Premiere in der Kurbel am Jungfernstieg er-          und PR-Kampagne der United Artists ab. Im
                              lebte und vor allem unter jüngeren Zuschauern        September stellte sie George Stevens Christus-
                              zu einem Bombenerfolg wurde. Auch für das            Verfi lmung Die größte Geschichte aller Zeiten

                                                                                                                                                                                                                                                                       Foto: Horst Janke
                              70mm-Abenteuer Khartoum im Grindel Film-             im Grindel Filmtheater auf attraktive Weise vor.
                              theater griffen die Marketingstrategen 1966 auf      Um dem mit Hollywoodstars prall gefüllten
                              diese Art der Großflächenwerbung zurück.             Film (Charlton Heston, Max von Sydow, Carroll
                              Überformatige Filmplakate wurden auf Last-           Baker, John Wayne) ein einfallsreiches Ambi-
                              kraftwagen montiert, die dann mehre Tage von         ente zu geben, ging der Verleih nicht übers,
                              morgens bis abends durch die Innenstadt fuh-         sondern aufs Wasser. Genauer: auf einen Als-
                              ren, um Aufmerksamkeit für einen neuen Strei-        terdampfer. Am Jungfernstieg-Anleger wurde
                              fen zu erregen – dies war ebenfalls eine be-         ein ganzes Schiff für eine attraktive Ausstel-
                              liebte PR-Maßnahme, die allerdings schon vor         lung mit Fotos, Plakaten und Kurzfi lm zu den          Im Herbst 1966 wurde es dann auf dem           ven und Namen der Hauptdarsteller verklei-        Doppelsinnige Platzierung
                              dem 2. Weltkrieg des Öfteren erfolgreich prak-       Dreharbeiten gemietet. Im Hamburger Abend-         Jungfernstieg gefährlich. Der „Kalte Krieg“ be-    det, warb in Hamburgs Innenstadt für Philippe     eines riesigen Werbe-
                                                                                                                                                                                                                                           aufstellers im Frühjahr
                              tiziert worden war.                                  blatt vom 7. September 1965 hieß es unter an-      fand sich auf dem Höhepunkt, ebenso die Angst      de Brocas Herzkönig mit Alan Bates. Ein nicht
                                                                                                                                                                                                                                           1952 für den Tennessee-
                                  Passend zum Titel der Filmkomödie Eine           derem: „‘Klageweiber stricken Pullover’ – …        im Westen vor den Russen. Das machte sich          einfaches Unterfangen, denn im Vergleich zu       Williams-Welterfolgs
                              total, total verrückte Welt, ließ sich der Verleih   George Stevens’ Verfi lmung des Lebens Jesu        United Artists zunutze. Für die neue Stanley-      US- und britischen Produktionen hatten fran-      Endstation Sehnsucht
                              eine nicht weniger irre Aktion einfallen: Mit        wird zur Zeit als Appetithappen vor der Auf-       Kramer-Produktion Die Russen kommen, die           zösische Filme es beim Publikum schwer.           zwischen Ruinen und
                                                                                                                                                                                                                                           Grundstücksangeboten
                              wandelnden Litfaßsäulen wurde im Dezember            führung am Freitag den Hamburgern schmack-         Russen kommen, in der ein sowjetisches U-Boot          Für den etwas wirren italienischen Agenten-
                              1963 unter den Passanten in der Hamburger In-        haft gemacht: Auf einem Ausstellungsschiff         irrtümlich an der US-Küste auftaucht, ließ Pres-   thriller Matchless gelang es der United Artists
                                              nenstadt für die Auff ührung des     neben dem Alsterpavillon dürfen wir in einem       sepromoter Klaas Akkermann eine Gruppe Sta-        1967, mit Oberschurke Donald Pleasence einen
                                                  70 mm-Spektakels im Grindel      Kurzfi lm über die Dreharbeiten zur Größten        tisten in sowjetischen Militäruniformen den        der Hauptdarsteller (neben Patrick O’Neal und
                                                  Filmtheater geworben. Ob         Geschichte einen Blick hinter die Kulissen tun.    Jungfernstieg entlang spazieren. Mit Filmplaka-    Ira von Fürstenberg) nach Hamburg zu holen.
                                                 diese Aktion der überlangen       Wir sehen, wie in einer Drehpause Gerechte         ten klärten sie schließlich über die Aktion auf.   Im Outfit eines Gentleman-Killers fuhr Plea-
                                                 und überdrehten Gaunerko-         und Ungerechte miteinander Rugby spielen,              Auch in den folgenden Jahren steckte die       sence in einer englischen Limousine vor dem
                                                mödie von Stanley Kramer           die Apostel zusammen mit den Pharisäern            United Artists voller PR-Ideen. Auf vier Rädern    Premierenkino Streit’s vor und posierte dort
                                                geholfen hat, ist nicht über-      friedlich Corned Beef essen oder schwarz ge-       versuchte der Verleih im Sommer 1967 die           für Fotografen und Reporter.
                                               liefert. Stilecht dagegen lief      wandete Klageweiber unter brennender US-           Kinobesucher in die luxuriöse Barke zu locken.         Nach dem Erfolg von Disneys Mary Poppins,
                                               im August 1965 vor Hamburgs         Sonne Pullover stricken.“                          Ein Transporter, an drei Seiten mit Filmmoti-      wollten die Briten 1969 unbedingt auf den Zug
22   K INOG E SCHICHTE                                                                                                                                                                                                                  KINOGE SCHICHT E   23

                                                                                                                                                         eine gefangene deutsche U-Boot-Besatzung           vard-Blatt zur Eröffnung des drei Säle umfas-
                                                                                                                                                         aus einem Lager in Schottland auszubrechen.        senden Theaters ein. Stilecht wurde nicht nur
                                                                                                                                                         Angeführt wird sie von ihrem Nazi-Komman-          gejazzt, der Betreiber charterte auch einen Ori-
                                                                                                                                                         danten Schlüter (Helmut Griem), der in Ge-         ginal Doppeldecker aus London und besetzte
                                                                                                                                                         heimdienstmann McConnor (Brian Keith) ei-          ihn mit Komparsen, die sich als Bobbys verklei-
                                                                                                                                                         nen gewieften Gegner hat. Für die Publicity        det hatten.
                                                                                                                                                         zur Hamburg-Premiere im Januar 1970 wurde              1968/69 hatte ein kleiner Wolfsburger
                                                                                                                                                         Hauptdarsteller Griem gewonnen, der sich mit       mit vier Rädern international für Kinofurore
                                                                                                                                                         Marine-­Ve­te­ranen auf der Kommandobrücke         gesorgt, Ein toller Käfer mit Dean Jones am
                                                                                                                                                         des Hadag-­Passagierschiffes Wappen von Ham-       Steuer. Ein Jahrzehnt später nun kurvte der
                                                                                                                                                         burg präsentierte.                                 Käfer Herbie wieder mit Dean Jones am Len-
                                                                                                                                                                                                            ker durch die Welt. Titel diesmal: Herbie groß
                                                                                                                                                                                                            in Fahrt (Herbie Goes to Monte Carlo). Um das
                                                                                                                                                               K URIOSE W ERBEK A MPAGNEN
                                                                                                                                                                                                            Spektakel der Disney-Produktion mit einem
                                                                                                                                                         Stehaufmännchen kennt jeder. Was aber sind         Hauch von weiter Welt zu bewerben, verlegte
                                                                                               Da klingelt es bei vielen                                 „Stehaufmädchen“? Sie lieferten den Titel für      der hauseigene Buena Vista Verleih die Herbie-
                                                                                               Passanten: Markenzeichen                                  den ersten Spielfilm von Skistar und Doku-         Promotion in den Hafenbereich und drapierte
                                                                                               wie Goofy und Pluto ver-
                                                                                                                                                         mentarfilmer Willi Bogner, der im Mai 1970 in      bekannte Disney-Figuren wie Pluto und Goofy
                                                                                               raten, dass es sich bei Herbie,
                                                                                               groß in Fahrt um einen                                    Hamburg anlief. Im Mittelpunkt steht ein           um die Szene.
                                                                                               Disney-Film handeln muss                                  Citroën 2 CV (eine „Ente“), in dem sich Sekretä-       Jahre später gingen diese punktuellen Re-
                                                                                                                                                         rin Eva (Iris Berben) und Freund Eric (Jochen      klameaktionen stark zurück. Die Medienver-
                                                                                                                                                         Richter) Verfolgungsjagden mit dem Mercedes        treter wurden von den Verleihern nun direkt
                                                                                                                                                         von Evas Chef liefern. Gemeinsam mit der agi-      bedient. Dazu gehörten Pressevorführungen
                                                                                                                                                         len Hamburger Morgenpost wurde auf dem Hei-        und Interviewtermine mit Schauspielern und
                         erfolgreicher Märchenmusicals aufspringen:       tember 1969 einen ausgeklügelten Werbe-Feld-                                   ligengeistfeld eine „Stehaufmädchen“-Rallye        Regisseuren. Es wurden Tonträger mit Aus-
                         Tschitti Tschitti Bäng Bäng, ein bonbonfarbe-    zug. Schon zwei Wochen vor der Aufführung                                      ausgeschrieben, an der sich 25 junge Damen         schnitten des Filmtones an Rundfunk-Redakti-
                         nes Musikfeuerwerk um ein fliegendes und         des mit einem gewaltigen Starauf­gebot ge-                                     beteiligten. Die Teilnehmerinnen mussten mit       onen verschickt. Das Fernsehen wurde kosten­
                         schwimmendes Wunderauto, sollte ein großer       drehten britischen Prestigeobjektes, bereiteten                                der „Ente“ einen verzwickten Slalom-Parcour        los mit Making-of-DVDs versorgt, während
                         Publikumsmagnet werden. Die Voraussetzun-        die PR-Agenten den Boden für die Premiere in                                   bewältigen. Das Siegertrio wurde von Regis-        große Verleiher gleichzeitig kurze Trailer fürs
                         gen schienen gegeben. Die literarische Vorla-    der Barke vor. Mittel zum Zweck war der bri-                                   seur Bogner und den beiden Hauptdarstellern        Fernsehen und heute für PC und Handys schal-
                         ge stammte von keinem Geringeren als James       tische Oberst a. D. und spätere Schauspieler                                   ausgezeichnet.                                     teten. Globale Ausmaße nahm bei Großpro­-
                         Bond-Autor Ian Fleming. Das Drehbuch ent-        Peter Townsend. Dank einer Affäre mit der                                          Und noch einmal die MOPO: Für die US-          duktionen schließlich die Verbundwerbung mit
                         wickelte Kultautor Roald Dahl, und finanziert    englischen Prinzessin Margaret war der frü-                                    Krimikomödie Wenn es Nacht wird in Man-            Konzernen oder Fast-Food-Ketten an. Disney-
                         wurde das Werk von Bond-Produzent Albert         here Kampfflieger einem breiten Publikum be-                                   hattan trug sie im Januar 1971 einen weiteren      und Star-Wars-Produktionen nutzten diese
                         R. Broccoli. Der schlug voll zu und holte vom    kannt. Zwei Tage lang hielt Townsend sich in                                   PR-Wettbewerb aus: das „Dollarangeln“. Im          Möglichkeit ebenso wie Michael „Bully“ Herbig
                         erfolgreichen Mary-Poppins-Team die Kompo-       der Hansestadt auf, gab ausführliche Inter-                                    Morgenpost Center und am Hauptbahnhof wa-          für (T)Raumschiff Surprise.
                         nisten-Brüder Robert und Richard Sherman         views, glänzte durch sein Fachwissen und be-                                   ren große, nicht einsichtige Behältnisse mit           Der Reklamerummel geht also weiter, nur
                         und den strahlenden Hauptdarsteller Dick van     suchte bei Uetersen den Luftwaffen-Stützpunkt                                  Filmwerbung aufgebaut. Daraus konnten Pas-         auf anderen Ebenen. Er spielt sich nicht mehr
                         Dyke. Von deutscher Seite kam Gert Fröbe hin-    nebst Luftfahrt-Museum. Zu weiteren PR-Akti-                                   santen echte Dollarnoten angeln. Ob damit tat-     in überschaubaren Regionen ab, sondern über-­
                         zu. Doch in Deutschland floppte das Musik-       onen gehörten eine Modellflugzeug-Anlage,                                      sächlich das Interesse an dem New-York-Krimi       zieht Konsumenten und Liebhaber der Traum-
                         märchen. Den größten Eindruck hinterließ nur     auf der die legendäre Schlacht nachgestellt            Untere Fotoreihen
                                                                                                                                                         gesteigert wurde, darf allerdings bezweifelt       fabrik weltweit auf vielen Kanälen. Unter die-
                         die ausgefeilte Werbekampagne. Eine große        wurde, eine riesige, halbseitige Zeitungsanzei-        auf beiden Seiten:      werden.                                            ser geballten Marketing-Macht leiden so man-
                         Oldtimer Rallye durch die Hamburger City, die    ge zum Filmstart und der Auftritt eines Bun-           Fahrbare Werbe-             Auch das gab es: Im September 1974, als        che Filmfreunde. Kein Wunder daher, wenn
                         bis zum Savoy-Premierenkino am Steindamm         deswehr-Musikkorps am Premierenabend.                  Untersätze erreichten   viele Kinos schon gestorben waren, wurde am        einige von ihnen sehnsuchtsvoll an alte Werbe-
                                                                                                                                 die Umworbenen
                         führte, sorgte für blendendes Aufsehen.              Weitaus geringer, aber nicht unintelligent                                 Steindamm ein neues Lichtspielhaus eröffnet,       „Zeiten“ zurückdenken, als Kinobesucher auf

                                                                                                                                                                                                                        .
                                                                                                                                 nicht nur im Alltags-
                             Für das Militärspektakel Die Luftschlacht    fiel der PR-Aufwand für den Ausbruch der 28            betrieb sondern auch    das Piccadilly. Diesmal sprang die BILD-Zeitung    originelle Weise noch mit dem Lasso eingefan-
                         um England startete die United-Artists im Sep-   aus. In dem britischen Weltkriegsfilm versucht         auf Spaziergängen       auf die PR-Idee auf. 300 Leser lud das Boule-      gen wurden.
FE RNSE HGE SCHICHT E   25

                                                                                                                             Vom Wahrzeichen zum TV-Relikt
                                                                                                                            51 Jahre Fernsehturm in Hamburg

                                                                                                                                                   Von Joachim Paschen

                                                                                                                      Am 11. Mai 1968 wurde Hamburgs höchstes Restaurant von zahlreichen
                                                                                                            Ehrengästen eingeweiht: Es drehte sich in der luftigen Höhe von 127 Metern um den Schaft
                                                                                                                eines 275 Meter hohen Turms, den die Bundespost für den Ausbau ihres Fernmelde-­
                                                                                                          netzes und die Übertragung von Fernseh­sendungen in dreijähriger Bauzeit an der Rentzelstraße
                                                                                                                          errichtet hatte. Fünf Monate später, im Oktober wurde auch der
                                                                                                                                             Sendebetrieb aufgenommen.

                                                                                               G
                                                                                                     etauft wurde der Turm auf den        gleich neben Planten un Blomen an der      die Verbesserung der Fernmeldetechnik
                                                                                                     Namen des 1857 in Hamburg ge-        Rentzelstraße. Er sollte doppelt so hoch   an, des „öffentlich beweglichen Land-
                                                                                                     bo­renen Physikers Heinrich Hertz,   werden wie Hamburgs höchste Kirch-         funkdienstes“, wie er das Telefonieren
                                                                                               dem Entdeckter der Funkwellen. Die         turmspitze von St. Nicolai, die Fernseh­   vom Auto und vom Zug aus nannte. Das
                                                                                               Hamburger Presse feierte den Turm als      türme in Stuttgart und Dortmund weit       Modell zeigte auch die weitere Planung
                                                                                               neues Wahrzeichen und verlieh ihm in       überragen und nur zwei Dutzend Meter       in der Umgebung des Turms: eine breite
                                                                                               Anspielung auf das bisherige Wahrzei-      niedriger als der Eiffelturm sein. Mit-    Brücke zur Verbindung mit Planten un
                                                                                               chen den Namen Telemichel. Die Ein-        geplant wurde von Anfang an ein Aus-       Blomen, eine kreuzungsfreie Hochstra-
                                                                                               führung von Kabel- und Satellitenfern-     sichtsrestaurant in halber Höhe; der       ße neben den Bahngleisen mit Abfahrt
                                                                                               sehen lassen den Turm 51 Jahre danach      Inhaber eines Patents für drehbare         zur Rentzelstraße, eine Kongress- und
                                                                                               wie ein Relikt aus alten Zeiten wirken.    Turmcafés empfahl die Rotation des         eine Sporthalle im Sanierungsgebiet
                                                                                                   Mit der Entwicklung eines zwei-        Gästebereichs um den Turmschaft.           Karoviertel.
                                                                                               ten Fernsehprogramms und regionaler                                                       Offen blieb, ob sich das Restaurant
                                                                                               Fernsehangebote zu Beginn der 1960er                                                  drehen würde. Die Frage sollte Ende
                                                                                                                                                    D ie P lanungen
                                                                                               Jahre wuchsen die Ansprüche an die                                                    1963 ein Gutachten klären, mit dessen
                                                                 Fotos: Staatsarchiv Hamburg

                                                                                               technische Verbreitung durch die Sen-      Anfang 1963 lagen mehrere Entwürfe         Ausarbeitung der ausgewählte Architekt
                                                                                               deanlagen der Bundespost. Als Ersatz       vor: Bundespostminister Richard Stück-     Fritz Trautwein, bekannt durch den Bau
Nach der Fertigstellung der Blick von oben auf den Fernsehturm                                 für den 90 Meter hohen Sendemast des       len gab in Hamburg grünes Licht und        der Grindelhochhäuser, beauftragt wor-
an der Rentzelstraße mit Antennen und Betriebskanzel. Gut
                                                                                               Flakbunkers auf dem Heiligengeistfeld      erläuterte das Modell der aus Kosten-      den war. Er setzte sich der größeren At-­
zu sehen sind die umlaufende Eingangshalle sowie die Fuß­
gängerbrücke nach Planten un Blomen. Im Kreis auf der folgen-                                  wurde an zentraler Stelle des Stadtge-     gründen schlichten Konstruktion einer      traktion wegen für ein Drehrestaurant
den Seite das Modell mit der Andeutung einer Hochstraße                                        biets ein neuer Fernsehturm geplant –      Betonnadel: Ihm kam es vor allem auf       ein, gab aber auch zu bedenken, dass
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