Im Fokus Handmade - DAS MAGAZIN FÜR DAS GENOSSENSCHAFTLICHE NETZWERK | 3-2017 - Genossenschaftsverband
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Warum hatte man früher eigentlich Sparstrümpfe zum Sparen? Wir können nicht alles erklären, aber wie Ihre Kunden heute zeitgemäß Geld ansparen können, schon Mit einem Fondssparplan können Ihre Kunden bereits ab 25,– Euro im Monat für große oder kleine Wünsche ansparen. Machen Sie sie auf unsere Prämienaktion aufmerksam: Denn wer bis zum 29. Dezember 2017 abschließt, kann sich eine limitierte Uhr von Kapten & Son sichern! Weitere Informationen und die Teilnahmebedingungen finden Sie im Internet unter www.sparstrumpf.de. n: I h re Kunde ü r ämie f r von Die Pr imitierte Uh Geld anlegen klargemacht Eine l ten & Son Kap Weitere Informationen, die Verkaufsprospekte und die wesentlichen Anlegerinformationen erhalten Sie kostenlos in deutscher Sprache bei Union Investment Service Bank AG, Weißfrauenstraße 7, 60311 Frankfurt am Main, unter www.union-investment.de oder telefonisch unter 069 58998-5450. Stand: 1. September 2017.
EDITORIAL Handgemacht: Liebe zum Detail, hohe Qualität und Identifikation mit dem Produkt. Das hat seinen Preis. Genossenschaften sichern solche Geschäftsmodelle dank effektiver Prozesse und subsidiärer Strukturen. Liebe Leserin, lieber Leser! Mit der Industrialisierung wurden im 19. Jahrhun- was passiert, wenn echte Unternehmer – dert viele Produktionsprozesse automatisiert. Doch in diesem Fall Landwirte – auf Aussteiger handwerkliche Strukturen konnten sich nicht zuletzt treffen, dem sei der Roman „Altes Land“ wegen des Aufbaus genossenschaftlicher Selbsthil- empfohlen. Autorin ist die in Husum le- festrukturen erhalten. Seit einigen Jahren ist eine bende Autorin Dörte Hansen. dritte Produktionsweise entstanden: neudeutsch „Do Apropos Schleswig-Holstein: Es freut it yourself“ genannt. Es ist wie Zukunftsforscher Hol- mich ganz besonders, dass in dieser Aus- ger Glockner in dieser Ausgabe schreibt „Ausdruck gabe das Bundesland-Spezial meiner Hei- des Strebens nach Autarkie und Partizipation, stellt mat gewidmet ist. Und selbstverständlich ökonomisch die reinste Form der Individualisierung kann ich es mir nicht verkneifen, auch dar und ist technologisch durch die neuen Informa- meinen Lieblingsort vorzustellen. tions- und Kommunikationstechnologien vielfach erst Wo erfährt man mehr über eine Re- ermöglicht worden". gion als in Gasthäusern, die Tradition Nicht jedes „Do it yourself“ ist eine Laune über- und Moderne in herzlicher Gastlichkeit spannter Städter, die meinen, die Welt habe auf ihre verbinden? In Schleswig-Holstein ist mein Favorit Asmus Schütt, selbst gekochten Chutneys ge- der Antikhof Bissee, rund 30 Ki- Leiter des Be- wartet. Manches „Do it yourself“ lometer südlich von Kiel. In der reichs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/ bedient Nischen, die nachhaltigen MIT VIEL alten Schmiede werden heute Politische Interes- Geschäftserfolg versprechen. traditionelle Schleswig-Holsteiner HANDARBEIT sensvertretung im In jedem Fall aber erfordert Gerichte angeboten, mitunter et- Genossenschaftsver- nachhaltiges Selbermachen Zu- ECHTE QUALITÄT was modernisiert. So wird in der band – Verband der sammenarbeit. Nur so können LIEFERN. aktuellen Herbstkarte aus dem Regionen. Einzelne, häufig ökonomische „Beer’n, Boh´n un Speck“ „Bir- und unternehmerische Laien, nen, Bohnen und Ziegenkeule“. die Herausforderungen jungen Unternehmertums Warum denn nicht? Das Suurfleesch ist allerdings bewältigen. Und – Hand aufs Herz – war es Mitte völlig unverändert und die karamellisierten Bratkartof- des 19. Jahrhunderts etwas anderes, als Bauern, feln vermitteln auch hier einen Eindruck von dem, was Handwerker und kleine Geschäftsleute sich mit Ge- wir Schleswig-Holsteiner als Broken-sööt-Geschmack nossenschaftsgründungen dem Druck der durch die lieben. Man sitzt urgemütlich auf alten Sofas und das Industrialisierung ausgelösten Globalisierungswelle Schmiedefeuer brennt dazu. Da freut man sich auf entgegenstemmten? Auch sie hatten wenig Wissen einen ordentlichen November mit mannig Schietwet- von dem, was erforderlich war, um in dieser neuen ter. Man muss es halt nur zu nehmen wissen. Welt zu bestehen. Herzlichst Lesen Sie daher in dieser GENiAL-Ausgabe von klassischen und neuen Genossenschaften, die eines eint: mit viel Handarbeit echte Qualität zu liefern. Und wer sich ein bisschen darüber amüsieren möchte, 3-2017 | GENiAL | 3
9 24 30 Handmade 14 Im Fokus: In Kürze Aus dem Verband Im Fokus Höchstpersönlich Handmade – Best Practices I Münster-Marathon Vorstandsmitglieder Go hard or go home 6 Siegfried Mehring und Bäckerei Bärenhecke / René Rothe im Interview 8 Absatzgenossenschaft Unterrieden 16 Japanischer Roboter Wehrwolf gegen Wildschaden 6 Kaffee unterm Zuckerhut 9 Gärtner von Eden / Dachdeckergenossenschaft Rochlitz 17 Raiffeisenjahr 2018 EZB-Studie Bundespräsident Der Mittelstand braucht Welche wirtschaftliche Dimension übernimmt Schirmherrschaft 6 kleine Banken 10 erreicht das Selbermachen? Beitrag von Zukunftsforscher Mit dem Wohnmobil in den Urlaub Verband in Münster zieht Holger Glockner 18 Übernachten erlaubt, campieren nicht 7 in Hafencity um 11 Do it yourself – Schwerer als ein Kleinwagen Niedrigzins die wichtigsten Trends 18 Kürbisse – Horrorgemüse Genossenschaftsbanken mit viel Potenzial 7 steuern dagegen 12 Handmade – Best Practices II Basisgemeinde Wulfshagenerhütten / Winzergenossenschaft Weinbiet 20 Lumland Candle 21 Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner / Das Goldene Vlies 22 Fotos: Mühle und Bäckerei Bärenhecke Raiffeisengenossenschaft, Denkmal!Kunst - KunstDenkmal! /Künstler: Dean Hills, Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, Axel Aßmann, naturgucker.de, Marine Golf Club Sylt, fotolia:duster12, Pixeltheater, Ralf Gosch 4 | GENiAL | 3-2017
INHALT Genossenschaften in Schleswig- Holstein Aus den Regionen Genossenschaft Naturgucker: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer 24 Zweites Zukunftsforum der GenoAkademie 26 Radeln für kranke Kinder 27 Ganz vorn – Raiffeisen-Tankstellen 28 GENiAL berichtet über Genossenschaften R+V-Studie: Angst vor Terror 29 zwischen Nord- und Ostsee, über Fischer und Seebestattungen, Lieblingsorte, Insel- und 32 Volksbanken fördern Kunstfestival 30 Landärzte, Wikinger und Winnetou, Labskaus sowie Windenergie und Golfen am Meer. Aus der Reihe Die Näherinnen von Nokaneng 46 Impressum 44 3-2017 | GENiAL | 5
IN KÜRZE JAPAN „Wehrwolf“ gegen Wildschaden 9.200 Läufer beim Volksbank-Marathon Münster Gefährlich sieht er aus – Beute schlagen kann er aber nicht. Die Mitglieder der Agrar- genossenschaft JA-Kisarazu-shi im Südwes- ten Japans hatten es satt, dass Wildtiere ihre Feldfrüchte fraßen. Abhilfe schafft nun ein MÜNSTER-MARATHON: Roboter-Wolf, der Bären, Wildschweine und Vögel von den Reisfeldern verjagd. Go hard or go home! Die Wolfsattrappe mit Fell ist 65 Zentime- ter lang, 50 Zentimeter hoch und kann den Kopf bewegen. Nähert sich ein Tier dem „Su- „Münster ist top“, so urteilte das Läufermagazin per-Monster-Wolf“, lassen Infrarotsensoren Runner´s World und kürte die Domstadt zur Läufer- die Augen rot blinken. Zusätzlich ertönen aus city Nummer 1. Bei der Umfrage war nicht entschei- dem Roboter Wolfsgeheul, Menschenstim- dend, welche Stadt die größte Laufveranstaltung men oder Gewehrschüsse. auf die Beine stellt, sondern wo sich die Läufer am Entwickelt wurde der Roboter von einem wohlsten fühlen. Von 9.200 gemeldeten Läufern in japanischen Unternehmen. Er wird per So- Münster traten 1.824 über die komplette Distanz von larmodul betrieben und kostet etwa 1.500 42,195 Kilometern an. Der nächste Volksbank-Müns- Euro. „Der Roboter-Wolf ist ein voller Erfolg“, ter-Marathon findet am 9. September 2018 statt. Also so Chikao Umezawa, der Chef der Agrarge- die Laufschuhe schnüren und die Vorbereitung star- nossenschaft: „Wildschweine lassen sich ten! seitdem nicht mehr blicken.“ EINGESAMMELT „In einer Zeit tiefgreifender wirtschaftlicher und gesell- schaftlicher Umbrüche hat Friedrich Wilhelm Raiffeisen für seine Mitmenschen Verantwortung übernommen und ge- zeigt, was das Engagement des Einzelnen und die Solidarität vieler gerade in schwierigen Zeiten bewirken können. Das macht für mich seine Idee und sein Wirken so modern. Das Raiffeisen-Jahr 2018 gibt Gelegenheit, uns seine bleibenden Leistungen neu ins Gedächtnis zu rufen.“ BUNDESPRÄSIDENT FRANK-WALTER STEINMEIER, SCHIRMHERR DES RAIFFEISEN-JAHRES 2018 6 | GENiAL | 3-2017
PUMPKIN-TIME Kürbis – nicht nur ein Horrorgemüse Herbst ist Kürbiszeit: Ob als Suppe, Eintopf oder in der süßen Variante als Muffin: Der Kürbis kann so vielfältig eingesetzt werden wie kaum ein anderes Gemüse. Aber neben Gaumenschmaus bietet der Kürbis noch andere Freuden: Auf vielen Höfen gibt es Kürbisfeste mit Wiegemeisterschaften. Hier werden die größten Kürbisse gekürt, von denen einige mehr wiegen als ein Kleinwagen. So hat bei den Europameisterschaften 2016 der Kürbis von Mathias Willemijns (Belgien) sage und schreibe 1.190,5 Kilogramm auf die Waage gebracht. Herbst und Halloween – nicht ohne Kürbis! Aus den orangegelben Fruchtkörpern können die verrücktesten und gruseligsten Gesichter gebastelt werden. Youtube hält hierzu eine Schnitzanleitung bereit: www.dazumehr.de/kuerbis 1,2 Tonnen wog 2016 der schwerste Kürbis. AUF TOUR Übernachten erlaubt, campieren nicht Wenn Urlaubern auf der Wohnmobil-Tour die Au- gen zufallen und kein Campingplatz in der Nähe ist, bleibt oft nur die Übernachtung am Straßenrand. Die R+V Versicherung informiert: Camper müs- sen in Deutschland nicht extra einen Stell- platz suchen. Wohnmobile oder Wohnwa- gen können überall dort parken, wo es die Straßenverkehrsordnung erlaubt. Dabei gibt es jedoch Einschränkungen: Sie dürfen nur bis zu zehn Stunden an ei- nem Platz stehen. Wer mehrmals hinterei- nander am selben Ort nächtigt oder seinen Wohnwagen nach einem Ausflug wieder auf demselben öffentlichen Parkstreifen abstellt, muss mit einer Strafe rechnen. Auch Campen, zum Beispiel der Aufbau von Tisch, Stühlen, Grill oder Zelt, ist ohne Genehmigung verboten. X Wirtschaftstag 9. November 2017 Spannende Gäste hat der diesjäh- 101 rige Wirtschaftstag der Genossen- schaftsbanken in der Jahrhunderthalle Frankfurt zu bieten: von Volker Bouffier, Ministerpräsident des Landes Hessen und Prof. Dieter Kempf, Präsident x des Bundesverbands der Deutschen Schülergenossenschaften Industrie, über Linus Neumann vom haben sich bisher unter Chaos Computer Club bis hin zu dem Dach des Volker Wieker, Generalinspekteur der SAVE THE DATE Genossenschaftsverband Bundeswehr, und Sir Christopher Clark, – Verband der Regionen Geschichtsprofessor der Universität gegründet. Cambridge. Einlass ist ab 11.30 Uhr. Fotos: dpa/Toru Yamanaka, Bundesregierung/Steffen Kugler, Volksbank Münster, fotolia/ Andrey Armyagov und Tierney 3-2017 | GENiAL | 7
AUS DEM VERBAND Höchstpersönlich: Der Vorstand Warum lieben Sie Ihre Heimat, was mögen Sie an Ihrem Job und was machen Sie in Ihrer Freizeit? Die Vorstandsmitglieder Siegfried Mehring und René Rothe im Interview. „Verband der Regionen“ – kein zufällig gewählter Name, und unternehmerischem Handeln bestmögliche Unterstützung sondern Versprechen und Bekenntnis zur regionalen zu leisten, sei es gemeinsam mit meinem operativ tätigen Team, Nähe. Was verbinden Sie persönlich mit Ihrer Heimatre- sei es auf der politischen Ebene oder durch langjährige, vertrau- gion? ensvolle Kontakte zu den Aufsichtsbehörden, zu Organisationen des Berufsstandes und selbstverständlich im gesamten genos- SIEGFRIED MEHRING: Heimat bedeutet für mich Vertrautheit senschaftlichen Verbund. mit Menschen, Orten und Strukturen, bedeutet prägende Er- fahrung. Im Ruhrgebiet als Sohn eines genossenschaftlichen Primärbankers und mit Verwandtschaft mit landwirtschaftlichen Betrieben im Münsterland aufgewachsen, habe ich recht früh Siegfried Mehring, Mitglied des Vorstands des Genossenschafts- verband – Verband der Regionen René Rothe, Mitglied des Vor- stands des Genossenschafts- verband – Verband der Regionen RENÉ ROTHE: Ein hoher Gestaltungsspielraum in einem großen Eindrücke der Genossenschaftswelt gewonnen und die Erfah- Netzwerk. Und die vielen unterschiedlichen Menschen in unse- rung gemacht, dass die Menschen im Ruhrgebiet und in West- ren nunmehr 14 Bundesländern, die ich auf meinen Dienstreisen falen sich durch Offenheit, Verlässlichkeit und Bodenständigkeit kennenlerne. auszeichnen. Nach der Fusion mit dem Genossenschaftsverband Rheinland lernte ich die lebensfrohe rheinische Mentalität ken- Wie entspannen Sie nach einem anstrengenden Fotos: Genossenschaftsverband (2), fotolia/ Pixeltheater und Romolo Tavani nen. Inzwischen lebe ich im Rheinland und fühle mich dort als Arbeitstag? Westfale sehr wohl. SIEGFRIED MEHRING: Entspannen und erholen kann ich mich RENÉ ROTHE: Heimat ist für mich seit zwei Jahrzehnten die sehr gut bei ausgedehnten Spaziergängen, Wanderungen, Rad- Stadt Wismar an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. touren mit meiner Frau und regelmäßigen Work-outs. An den Ich verbinde mit dieser Region das Lebensgefühl im Norden, das Wochenenden treffen wir uns mit Freunden zu Museums- oder Maritime, das Miteinander und die Natur, die dieses Bundes- Konzertbesuchen oder auch einfach zu einem Abendessen und land so einzigartig macht. Geboren bin ich in Berlin, bis heute einem Glas Wein. Zudem sind unsere vier Kinder, auch wenn sie meine zweite Heimat. Nach 37 Jahren Großstadtleben genieße durch Studium oder Job nicht unmittelbar in unserer Nähe woh- ich jetzt aber eher die Lebensqualität in einer Landschaft, in der nen, oft mit ihren Lebenspartnern bei uns zu Besuch. man sonst Urlaub macht. Hier kann ich durchatmen und weiter- denken. RENÉ ROTHE: Nach einem langen Arbeitstag innerhalb der Wo- che genieße ich die Ruhe. Und wenn es sich ergibt, gern auch Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Spaß? gutes Essen und Trinken. In meiner Heimat an der Ostsee ma- che ich zusammen mit meiner Frau regelmäßig lange Spazier- SIEGFRIED MEHRING: Mir macht es Spaß, unseren Mitgliedern gänge bei Wind und Wetter am Strand oder an der Wismarer bei der Gratwanderung zwischen genossenschaftlichen Werten Bucht. 8 | GENiAL | 3-2017
Kaffeezucht unterm Zuckerhut 6.751 Genossenschaften gibt es in Brasilien. Eine davon ist die Kaffeegenossenschaft Coopinhal. Sie war kürzlich Ziel eines einwöchigen Workshops der Verbandsmitarbeiter Bruno F. J. Simmler und Christian Buschfort. D as Genossenschaftswesen Regionalverbands in São Paulo für sieben als Schlüssel, um wirtschaft- Tage aus Deutschland angereist. Ihr An- liche Probleme eines Landes tritt: „Wir haben die Kaffeegenossenschaft zu lösen – das trifft auch auf Coopinhal, der über 300 aktive Kaffee- Brasilien zu. Von der Politik über viele Jah- züchter angehören, strukturell und stra- re massiv kontrolliert und Repressionen tegisch beraten“, so Bereichsleiter Bruno ausgesetzt, wird der genossenschaftliche F. J. Simmler. „Selbstverständlich wurden Sektor in Brasilien seit einigen Jahren wie- unsere Leistungen – wie auch in anderen der offiziell unterstützt. Das spiegelt sich Beratungsprojekten in Deutschland – ho- in beeindruckenden Zahlen wider: Heute noriert.“ gibt es in dem südamerikanischen Flä- Der Bedarf an fachlicher Unterstüt- chenstaat, der etwa 24-mal so groß wie zung durch eine deutsche Genossen- Deutschland ist, 6.751 Genossenschaften Kaffee – das schwarze Gold schaftsorganisation ist jedenfalls groß, in 13 verschiedenen Wirtschaftszweigen, wie die beiden „Kurzzeitexperten“ aus die 12,7 Millionen Mitglieder auf sich ver- Deutschland ist ein Land der Düsseldorf schnell in den simultan über- einigen und 370.000 Menschen in Lohn Kaffeetrinker. Der Kaffeeverbrauch setzten Gesprächen mit dem Präsidenten, und Brot bringen. Genossenschaften spie- (Stand 2015) pro Kopf beträgt 162 dem Geschäftsführer der Coopinhal und len also eine durchaus bedeutende Rolle Liter. Das entspricht 7,2 Kilogramm weiteren Führungskräften erfuhren. Nach Rohkaffee. Damit liegt Deutschland in der Wirtschaft Brasiliens. der gemeinsamen Analyse der wirtschaft- im Ländervergleich vor Italien (5,6 Ein Baustein dieser prosperierenden lichen Daten der Genossenschaft wurden Kilogramm pro Kopf) und den USA genossenschaftlichen Welt in Brasilien, unter anderem Fragen zur Finanzierung, (4,5 Kilogramm). Spitzenreiter ist die seit gut 20 Jahren auch diesseits zur Aufstellung eines Maßnahmenkata- Finnland mit 12,2 Kilogramm pro des Atlantiks vom DGRV in Zusammen- Kopf. Kaffee bringt dem deutschen logs, zur künftigen Ausrichtung und zur arbeit mit dem Bundesministerium für Staat mehr als eine Milliarde an Mitgliederbindung thematisiert. Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Steuern. Mindestens ebenso aufmerksam wie mit zahlreichen Projekten zum Aufbau Kaffee galt lange als ungesund. die Führungskräfte von Coopinhal folgten genossenschaftlicher Strukturen vor Ort Jetzt entdeckten Mediziner, dass die Repräsentanten des brasilianischen gefördert wird, ist die Coopinhal. Das Kür- das Getränk wohl die Herzgefäße Bundesverbands sowie des Regionalver- zel Coopinhal steht für „Cooperativa dos vor Verkalkung schützt. Zudem soll bands den Ausführungen der beiden deut- Cafeicultores da Região de Pinhal“. Sie ist es gegen Übergewicht und Diabe- schen Besucher. Ihr Ziel: lernen, wie man eine Genossenschaft der Kaffeezüchter in tes helfen. als genossenschaftliche Verbandseinrich- 162 Espírito Santo do Pinhal im Bundesstaat tung bei einer Beratung vorgeht, um land- São Paulo. wirtschaftliche Genossenschaften in stan- Coopinhal war kürzlich Ziel eines ein- dardisierten Angeboten sowie in Form wöchigen Aufenthalts von Bereichsleiter eines individuellen Betreuungskonzeptes Bruno F. J. Simmler und Abteilungsleiter dabei zu unterstützen, sich betriebswirt- Christian Buschfort. Die beiden Experten schaftlich effizient, mitgliedernah und dau- vom Genossenschaftsverband – Verband Liter Kaffee trinkt jeder erhaft zukunftsfähig aufzustellen. Deutsche im Jahr. der Regionen waren im Rahmen der be- Bei der Coopinhal haben Bruno F. J. stehenden DGRV-Kooperation und auf Simmler und Christian Buschfort in den Einladung des Dachverbands Organização sieben Workshop-Tagen jedenfalls schon das Cooperativas Brasileiras (OCB) und wichtige Impulse gesetzt – Fortsetzung des zuständigen genossenschaftlichen folgt. 3-2017 | GENiAL | 9
AUS DEM VERBAND Der Mittelstand braucht kleine Banken Eine Studie der EZB bestätigt: In wettbewerbsstarken Märkten sind Firmenkredite billiger. E uropäische Mittelständler profitieren von Kun- erhöhte Zinsen beim Mittelstand durchzusetzen, so die Studie. denbeziehungen zu kleinen Banken – durch ge- „Dies bestätigt unsere Erfahrungen in Deutschland: Auch auf ringere Kreditzinsen. Das zeigt ein aktuelles Ar- dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise blieb die Kreditversorgung beitspapier der Europäischen Zentralbank (EZB). des Mittelstands hierzulande gut, weil wir viele kleine, regiona- „Die Studie bestätigt: Kleinere Kreditinstitute le Banken haben“, ergänzt Bockelmanns Kollege Ralf W. Barkey, sind wichtige Stützen der Wirtschaft. Stark kon- stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschafts- zentrierte Bankenmärkte dagegen schaden dem Mittelstand“, verbands. Leider aber nimmt die Konzentration der Bankenmärk- erklärt Michael Bockelmann, Vorstandsvorsitzender des Genos- te in Europa zu, wie Barkey berichtet. In Spanien stieg der Markt- senschaftsverband – Verband der Regionen. „Dies ist ein wei- anteil der fünf größten Banken zwischen 1998 und 2016 von 34 terer Grund, regionale Banken wie die deutschen Volksbanken Prozent auf 62 Prozent, in Italien von 25 Prozent auf 43 Prozent und Raiffeisenbanken zu stärken, anstatt sie mit überzogenen und in Griechenland sogar von 63 Prozent auf 97 Prozent, wie regulatorischen Vorgaben und Meldepflichten zu belasten.“ Zahlen der EZB zeigen (siehe Grafik). „In Deutschland besitzen Marktanteil der fünf Anzahl kleiner größten Banken nach Land Banken in der EU in Prozent 97 3.500 3.302 2016 3.233 3.191 1998 3.144 62 63 3.080 3.019 43 46 3.000 41 31 34 2.793 25 2.695 19 2.536 2.500 Deutschland Italien Frankreich Spanien Griechenland 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: EZB Wie das Arbeitspapier der EZB mit dem Titel „Sources of die fünf größten Banken lediglich einen Marktanteil von 31 Pro- the small firm financing premium: evidence from euro area zent. Aber auch diese Quote ist seit 1998 um 12 Prozentpunkte banks“ zeigt, hat die Struktur des Bankenmarktes entscheiden- gestiegen“, stellt Barkey heraus. den Einfluss auf die Kreditkosten des Mittelstands. Kontrolliert „Ein Grund für diesen Konzentrationstrend ist die Bankenre- die kreditgebende Bank in einem bestimmten Land große Teile gulierung in Europa, die zu wenig zwischen großen und kleinen des Marktes, werden Mittelstandskredite – verglichen mit Fi- Instituten differenziert. Dadurch fällt es kleinen Banken immer nanzierungen für Großunternehmen – teurer. Bockelmann wei- schwerer, unabhängig zu bleiben“, kritisiert der stellvertretende Foto: Christian Richter ter: „Das gilt insbesondere in schwachen Konjunkturphasen mit Vorstandsvorsitzende des Genossenschaftsverbands. „Deswe- hohen Arbeitslosenquoten. Die Studienautoren folgern daraus, gen muss Europa dringend die Bankenregulierung proportiona- dass große Banken ihre Marktmacht besonders dann zulasten ler gestalten – um sicherzustellen, dass kleine Banken auch in des Mittelstands ausnutzen, wenn die Wirtschaftslage schlecht Zukunft ihre Aufgabe als faire, verlässliche Finanzierungspartner ist.“ Kleine Institute dagegen versuchten in Rezessionen nicht, des Mittelstands erfüllen können.“ 10 | GENiAL | 3-2017
Genossenschaftsverband geht an Münsters Hafen vor Anker Der Genossenschaftsverband – Verband der Regionen rückt in Münster näher an das Zentrum der Stadt heran. „Alberslo- her Weg 7-13“ lautet ab dem 1. Januar 2018 die neue Adresse der Geschäftsstelle. Sie ist im angesagten Hafenquartier unweit des Hauptbahnhofes. Dank seiner zentralen Lage ist der neue Standort sehr gut an den öffentlichen Personennah- verkehr angebunden. Im Haus der PSD Bank Westfalen-Lippe werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Bereiche künftig einen modernen Arbeitsplatz finden. „Wir sind davon überzeugt, dass regionale Nähe, Modernität und Innovationskraft ihre Entsprechung in einer adäquaten Standortpräsenz finden müssen. Deswegen haben wir uns für die Anmietung der attraktiven und zentral gelegenen Räumlichkeiten am Hafen entschieden“, begründet Ralf W. Barkey, stell- vertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverband – Verband der Regionen und gebürtiger Münsteraner, die Wahl des neuen Standorts. Die wichtigsten Empfänge finden hier statt: Am wichtigsten Ort der Welt. Bau ihn, kauf ihn, renovier ihn. Jetzt den Niedrig-Zins sichern – Beratung bei den Experten fürs Bausparen und für die Wohnwünsche Ihrer Kunden Baufinanzieren in Ihrer genossenschaftlichen Bank und bei Schwäbisch Hall. von heute oder morgen. www.schwaebisch-hall.de
AUS DEM VERBAND Zuversicht trotz Niedrigzins Die Genossenschaften setzen auf Web 4.0 und mehr Kredite, wollen Kosten einsparen und zinsunabhängige Ertragsquellen ausbauen. Zinsen so niedrig wie noch nie in 5.000 Jahren 25 Die Institute 20 im Genossenschaftsverband wollen in den kommenden 15 Jahren ihr Kreditgeschäft deutlich ausweiten und noch 10 stärker als bisher in die Digitalisierung investieren. 5 0 3000 BC 1 1575 AD 1735 1775 1815 1855 1895 1935 1975 2015 Die Kurve zeigt den jeweils niedrigsten bekannten I kurzfristigen Zins auf Basis von historischen Daten, nfolge eines anhaltenden Niedrigzinses erwar- unter anderem aus dem Altbabylonischen Reich, dem ten die Volksbanken und Raiffeisenbanken im antiken Griechenland, dem Römischen Reich, den Genossenschaftsverband – Verband der Regio- Niederlanden, Italien, Großbritannien und den USA. nen bis 2019 einen moderaten Rückgang ihrer Quelle: Bank von England Zinsergebnisse. Die Genossenschaftsbanken sind je- doch zuversichtlich, dass sie dieser Entwicklung durch ein wachsendes Kundenkreditgeschäft, Kostensen- kungen und den Ausbau zinsunabhängiger Ertrags- len die Institute im Genossenschaftsverband bis 2019 quellen wirksam gegensteuern können. Dies zeigen um etwa 13 Prozent erhöhen. „Die engen Beziehun- Auswertungen des Genossenschaftsverbands bei den gen zu mittelständischen Unternehmens- und Privat- Volksbanken und Raiffeisenbanken in den 14 Bundes- kunden vor Ort sind seit jeher die große Stärke der ländern, die zum Verbandsgebiet gehören. Volksbanken und Raiffeisenbanken“, betont Ralf W. „Die Umfrage bestätigt, dass die Zinspolitik der „Die Umfrage be- Barkey, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Europäischen Zentralbank nicht nur die privaten Spa- stätigt, dass die Genossenschaftsverbands. „Dass die Kreditgenos- rer, sondern auch die Volksbanken und Raiffeisen- Zinspolitik der senschaften zuversichtlich sind, mit diesen Pfunden banken vor Herausforderungen stellt“, erklärt Michael Europäischen weiter wuchern zu können, hat die Umfrage klar ge- Bockelmann, Vorstandsvorsitzender des Genossen- zeigt.“ Zentralbank schaftsverband – Verband der Regionen. „Sie zeigt Um die Zukunftsfähigkeit langfristig zu sichern, aber auch, dass sich unsere Verbandsmitglieder stra- nicht nur die seien jedoch Investitionen erforderlich, bekräftigt Bar- tegisch längst auf das veränderte Umfeld eingestellt privaten Sparer, key. „72 Prozent der befragten Banken wollen daher haben.“ sondern auch in den kommenden fünf Jahren mehr Geld als bisher Die befragten Volksbanken und Raiffeisenbanken die Volksbanken für die Verbesserung ihrer digitalen Angebote ausge- prognostizierten im Durchschnitt einen Rückgang ben. Keines der befragten Institute will seine Investi- ihrer Zinsergebnisse um knapp 8 Prozent bis 2019, und Raiffeisen- tionen in diesem Bereich verringern.“ verglichen mit 2016. Beim Ergebnis der normalen banken vor Zugleich werden bis 2019 leicht sinkende Verwal- Geschäftstätigkeit wird im entsprechenden Dreijah- Herausforderun- tungskosten sowie eine spürbare Steigerung des Pro- reszeitraum jedoch nur ein 1,5-prozentiger Rückgang gen stellt." visionsergebnisses, unter anderem im Wertpapier- erwartet. 2020 und 2021 soll das Ergebnis der norma- und Depotgeschäft, angestrebt. Diese Maßnahmen len Geschäftstätigkeit wieder steigen und über dem sind nach Einschätzung der Volksbanken und Raiffei- 2016 erzielten Wert liegen. senbanken Voraussetzungen dafür, dass der erwar- Insbesondere eine Ausweitung der Kundenfinan- tete Rückgang der Zinsergebnisse kompensiert wer- zierungen soll zur Stärkung der Ergebnisse beitragen. den und die solide Eigenkapitalbasis weiter gestärkt Foto: fotolia/pamptys Ihre Kredite für Unternehmen und Privatkunden wol- werden kann. „Das wissen wir seit Längerem, und es entspricht auch den Tendenzen, die sich aus der Niedrigzinsumfrage der Bankenaufsicht ergeben. Die Ergebnisse sind daher für uns keine Überraschung“, erklärt Bockelmann. 12 | GENiAL | 3-2017
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Handgefertigte Ledertaschen, ausgefallene Brotsorten, selbstgenähte Kleider. Do it yourself, oder kurz DIY, ist in. Aber auch Handgemachtes kaufen macht Spaß. Manufakturen liegen im Trend und „handmade“ ist ein begehrtes Marken- zeichen. Im Gegensatz zu industriellen Massenprodukten ist jedes Stück ein Unikat. GENiAL berichtet über beispielhafte Genossenschaften. Handm 14 | GENiAL | 3-2017
IM FOKUS | HANDMADE made Foto: Mühle und Bäckerei Bärenhecke Raiffeisengenossenschaft 3-2017 | GENiAL | 15
MÜHLE UND BÄCKEREI BÄRENHECKE RAIFFEISENGENOSSENSCHAFT EG Alle wollen Stollen D ie Hände greifen in den Teig und formen einen länglichen Laib. Am Ende wird daraus einer der Erzgebirgsstollen, für die die Bäckerei Bärenhecke besonders bekannt ist. Im September und Oktober ist in der Backstube im sächsischen Müglitztal im Osterzgebirge Hochkonjunktur. Schließlich reift der Stollen nach dem Backen gute zwei Monate in den Räumen der Mühle und Bäckerei Bärenhecke. Zwar helfen Maschinen beim Rühren oder Mischen der Zutaten, doch davon abgesehen ist hier noch alles Handarbeit. Vorstand Roman Seifert ist stolz dar- auf, dass es keine in Linienproduktion hergestellten ABSATZGENOSSENSCHAFT UNTERRIEDEN EG Blechkuchen gibt, sondern runde Kuchen, die von Hand nach alten Rezepten hergestellt werden. Gut Kirschen essen Dabei greift die Bäckerei Bärenhecke auf eine lan- ge Handwerkstradition zurück. „Die Rezepte wurden von Generation zu Generation weitergegeben. So konnten wir den ursprünglichen Geschmack beibehal- D as Werratal rund um Witzenhausen im Werra- Meißner-Kreis gilt mit rund 800 meist familiä- ren Betrieben als das größte zusammenhängende ten und nutzen bis heute nur natürliche Zutaten“, sagt Obstanbaugebiet im Bundesland Hessen. Vor allem Seifert. Die meisten Bestandteile wie das sächsische die Süßkirsche ist hier stark vertreten. Wie die Ap- Qualitätsmehl stammen aus der Region. Das Wasser felbaumblüte im Alten Land bei Hamburg lockt auch zum Backen kommt gar aus der eigenen Quelle und die Witzenhausener Kirschbaumblüte im Frühjahr immerhin ein Drittel der elektrischen Energie produ- zahlreiche Besucher aus nah und fern in die Region. zieren die Backgenossen selbst: mittels Wasserkraft Um nach der Ernte im Juni/Juli bessere Preise und und zwei Turbinen. Verwertungsmöglichkeiten für ihre Früchte zu errei- Im August 1898 gründeten 26 Kleinbauern die chen, gründeten Erzeuger im Jahr 1959 die Absatz- Genossenschaft. Heute sind 20 Mitarbeiter in der genossenschaft Unterrieden eG. Sie kauft die noch Produktion und im Fuhrpark beschäftigt. In den eige- immer von Hand geernteten Früchte von ihren rund nen, insgesamt 17 Filialen verkaufen 50 Mitarbeiter 60 Mitgliedern, produziert selbst Fruchtaufstriche da- der Genossenschaft Brot, Brötchen, Torten, Kuchen von oder lässt sie von externen Betrieben zu Frucht- und Stollen. Dazu gibt es einen Onlineshop. Zur säften, -weinen, -likören, -essig oder Obstbränden, Weihnachtszeit zudem gefragt: Stollen für Firmen als Schokolade, Tee oder Fruchtgummis veredeln. Weihnachtspräsent. So haben die Backerzeugnisse Diese und andere Produkte wie Käse aus einer aus Glashütte-Bärenhecke schon ihren Weg nach Ka- nahegelegenen Käserei, Wurstwaren vom Haus- nada, Japan oder Russland gefunden. schlachter und Honig vom Imker vermarktet die Ge- www.baeckerei-baerenhecke.de/ nossenschaft über einen eigenen Hofladen mit ange- schlossenem Café. Auch auf traditionellen Märkten in Nordhessen und im benachbarten thüringischen Eichsfeld vertreibt sie ihre Produkte, darüber hinaus auch per Onlineshop mit bundesweiter Lieferung frei Haus. www.agu-kirschen.de Die Form und die weiße Zuckerdecke des Stollens erinnern an das in weiße Windeln gewickelte Jesuskind. Fotos: fotolia/Urheber_rdnzl, Mühle und Bäckerei Bärenhecke Raiffeisengenossenschaft, fotolia/S.H.exklusiv, luckat und Tatiana 16 | GENiAL | 3-2017
IM FOKUS | HANDMADE 250.000 Blumenarten gibt es weltweit. zung, Pflege und Beratung rund um die Gestaltung von Privatgärten. „Der Garten gilt heute als verlän- gertes Wohnzimmer und verrät viel über seine Be- sitzer“, weiß Anja König, Vorstand der in Ratingen ansässigen Genossenschaft. Um für ihr Produkt zu werben, geben die Gärtner von Eden unter anderem GÄRTNER VON EDEN EG zweimal im Jahr mit der „GartenArt“ ein eigenes Garten- und Lifestylemagazin heraus. Wer Ideen und Gärtnern wie im Paradies Anregungen für den eigenen Garten sucht, findet diese aber auch im Internet. S ie heißen Gärtner von Eden und ihr Anspruch ist paradiesisch hoch: Mit höchster Kreativität, plane- rischer Individualität und handwerklicher Qualität für www.gaertner-von-eden.de die Gestaltung und Pflege wollen sie Kunden für ihre Gartengestaltung begeistern. Um ihre Spitzenqualität weiterzuentwickeln und langfristig zu sichern, haben sich bundesweit Landschaftsgärtner zur Genossen- schaft Gärtner von Eden zusammengeschlossen. „Wir sind die einzige Marke für anspruchsvolle Gar- tengestaltung“, verkündet das Unternehmen selbst- bewusst auf seiner Homepage. Was die aktuell rund 50 Mitgliedsbetriebe und ihre Inhaber verbindet, ist die Liebe zur Natur und das Interesse an Menschen. „Deswegen sind wir Gärtner geworden“, begründen die selbstständigen Betriebsinhaber ihre Berufswahl in der Unternehmensphilosophie. Zum Leistungs- portfolio jedes einzelnen Gärtner von Eden zählen die detaillierte und anspruchsvolle Planung, Umset- DACHDECKERGENOSSENSCHAFT ROCHLITZ EG Von Biberschwanz und Hohlpfanne BEST PRACTICE D achdeckergenossenschaften in Ostdeutschland sind anders als im Westen: Hier arbeitet niemand für den Chef. Auch bei den Materialien für die Eindeckung gibt es regionale Unter- schiede: Im Süden und Osten greift das Dachdecker-Handwerk gern zum Biberschwanz, im Nordwesten eher zur Hohlpfanne. Daneben gibt es die „Minderheitendächer“ Schiefer und Reet. Was viele nicht wissen: Bei den Dachdeckergenossenschaften sind die angestellten Dachdecker gleichzeitig Mitglieder und Arbeitnehmer. Dagegen sind die Mitglieder bei Dachdeckerein- kaufsgenossenschaften keine Einzelpersonen, sondern Dachde- ckerbetriebe. Die Dachdeckergenossenschaft eG Rochlitz in Sachsen wur- de 1960 als Produktionsgenossenschaft gegründet und 1992 in eine eingetragene Genossenschaft umgewandelt. Andreas Diet- rich führt das Unternehmen seit 2012, das nicht nur in Sachsen, sondern auch bundesweit tätig ist. Im Dachdecker-Handwerk trifft Tradition auf Moderne. Dach- decker arbeiten sowohl mit althergebrachten Eindecktechniken und Werkzeugen als auch mit modernen Maschinen, beispiels- weise bei Metalldächern. www.dachdecker-rochlitz.de 3-2017 | GENiAL | 17
Welche wirtschaftliche Dimension erreicht das Selbermachen? Was ist der quasi-industrielle Aspekt von Do it yourself (DIY)? Hat der Trend zum Sel- bermachen nachhaltige Effekte, und wie integrieren ihn Unternehmen? Der Standpunkt des Zukunftsforschers Holger Glockner. Upcycling „Aufpimpen“ von Kleidung, Accessoires und Deko, die sonst im Müll landen würden Social Do it Yourself gemeinsam basteln, handwer- ken, Ideen austauschen und sich gegenseitig helfen Weben – am liebsten mit veganen Stoffen Indoor-Gärten für Großstädter nach dem Motto Platz dafür ist in der kleinsten Hütte Do it yourself Food Weg von industriell produzierten Nahrungsmitteln und hin zu selbstangebauten Ge- müse, Obst und Kräutern sowie zu selbstkreierten Müsli und Kuchen Studie von Burda Forward: Social Trends Do it yourself V iel wurde in den letzten Jahren bereits über den Trend gewonnen, sondern Schicht für Schicht „gedruckt“. Dadurch kann zum Selbermachen und die Implikationen für Wirt- die Materialintensität gemindert und so die Nachhaltigkeit der schaft und Gesellschaft diskutiert. Unbenommen ist selbstorganisierten Prozesse sichergestellt werden. Dabei gilt dabei, dass es einige Treiber gesellschaftlicher, ökono- es aber, den Fokus nicht nur auf die Produktion, sondern auch mischer und technologischer Natur gibt, die diese Entwicklung auf die damit verbundenen logistischen Prozesse zu unterstützen. DIY ist einerseits Ausdruck des Strebens nach richten. Autarkie und Partizipation, stellt ökonomisch die reinste Form Nachhaltiges Selbermachen erfordert jedoch der Individualisierung dar und ist technologisch durch die neuen Formen des kooperativen Individualismus. Nur in Informations- und Kommunika- Zusammenarbeit, tionstechnologien vielfach erst nicht in Autono- ermöglicht worden. Nur in Zusammenarbeit, nicht mie können Indi- Wie sich dies aber mit- viduen den (Teil-) tel- bis langfristig auf die wirt- in Autonomie können Umstieg in eine schaftlichen Strukturen aus- neue Lebens- wirkt, ist eher unsicher. Wenn Individuen den (Teil-)Umstieg und Wirtschafts- es auch vereinzelt Märkte gibt, kultur ressour- die durch den DIY-Trend maß- in eine neue Lebens- und censchonend bewältigen. Den geblich beeinflusst werden individuellen Lernprozessen, können, wie unter anderem Wirtschaftskultur ressourcen- dem Entfalten von Kreativität die Erzeugung von Medien- und Innovation muss eine Neu- inhalten, Energieerzeugung, schonend bewältigen. konfiguration der Wertschöp- Mode und Design, ist die bis- fungsnetze gegenüberstehen, herige Wirkung in vielen Fällen wodurch sich für (Start-up-)Un- recht überschaubar. Aus ökologischer Sicht bleibt einstweilen ternehmen die Chance bietet, die Schnittstellen zwischen den der Konflikt zwischen dem Ziel der Ressourcenschonung und einzelnen Prozessstufen neu zu definieren und zu besetzen. dem Wunsch nach individualisierten Produkten ungelöst. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich DIY in bestimm- Individualisierung und Personalisierung in Wirtschaftsprozes- ten Nischenmärkten durchsetzen kann. Vor allem aber wird es sen gehen häufig zulasten der Effizienz, der Ressourceneinsatz zu einem Selbermachen mit Anleitung kommen: Individuen wer- wird bei einem gesellschaftlichen Durchbruch zum Selberma- den durch unternehmerische Angebote erst in die Lage versetzt, chen zunächst steigen. Dies könnte sich in Zukunft durch die Dinge und Prozesse selbst zu gestalten. Intelligente Formen der absehbare Killerapplikation des DIY, den 3-D-Druck, ändern: Die Kollaboration sind der entscheidende Erfolgsfaktor für die Mög- neuen Verfahren drehen die bisherigen Konstruktionsprinzipien lichkeiten, neue Technologien dem Selbermachen zur Verfügung um, die Produkte werden nicht mehr aus vorgefertigten Formen stellen. 18 | GENiAL | 3-2017
IM FOKUS | HANDMADE Trends Holger Glockner ist Managing Partner bei Z-punkt, einem in- Die wichtigsten Do-it-your- ternationalen Beratungsunternehmen für strategische Zukunfts- fragen. Er studierte Politikwissenschaft, Soziologie und BWL; self-Plattformen: heute engagiert er sich als Lehrbeauftrager im Master-Studien- gang Zukunftsforschung an der FU Berlin in der Ausbildung des Dawanda | www.dawanda.com Foresight-Nachwuchses. 2007 wurde der größte Onlinemarkt für Selbstge- machtes in Europa gegründet. 360.000 private Hersteller bieten 6 Millionen Pro- dukte dort an. 15.000 neue Produkte werden täglich online gestellt. 200 Mitarbeiter aus 20 Nationen Kriterien für handgemachte Produkte arbeiten für Dawanda. 200 Millionen Mal wird die Website im Monat aufgerufen. 1,2 Millionen Fans Bedeutung der Eigenschaften in Prozent hat Dawanda bei Facebook. Fotos: Z-punkt, rawpixel.com, warloka79, Matthias Bühner, Quelle: Frankfurter Rundschau, 17. September 2017 Kreatives Design 84,3 15,8 Studio Grand Quest und Ingo Bartussek alle fotolia Etsy | www.etsy.com Individualität/ 82,2 Einzigartigkeit 17,8 Etsy wurde 2005 als Onlinemarkt für Selbstgemach- tes gegründet und ist vor allem in den USA sehr Hohe Qualität 81,0 19,0 erfolgreich. 2016 betrug der Umsatz des Unterneh- mens 365 Millionen US-Dollar (Quelle:statista). Handlichkeit/ 79,2 Nützlichkeit 20,9 2014 boten 1,4 Millionen Verkäufer dort 29 Millionen Kostengünstige Waren an. Etsy hat 20 Millionen aktive Käufer. Beim 59,3 Herstellung 40,6 Börsengang wurde Etsy mit 1,8 Milliarden Euro bewertet. sehr wichtig oder wichtig weniger oder gar nicht wichtig Quelle: Spiegel Online, 16. April 2015 Basis n=430 | Quelle: Tomorrow Focus Media 3-2017 | GENiAL | 19
BASISGEMEINDE WULFSHAGENERHÜTTEN EG Stolz auf Holz D ie Basisgemeinde Wulfshagenerhütten eG ist handwerklich und sozial orientiert. Mehr als 50 Menschen, Erwachsene und Kinder, Ledige und Familien unterschiedlichen Alters, Her- kunft und Berufen leben und arbeiten auf dem Gelände eines ehemaligen Kinderheims bei Kiel. Das wichtigste Ziel der Ge- nossenschaft mit Standorten in Wulfshagenerhütten in Schles- wig-Holstein und am Prenzlauer Berg in Berlin ist es, sinnvolle Arbeit für ihre Mitglieder zu schaffen und zu erhalten. Eine alte Scheune wurde hier zu einer modernen Holzwerk- statt mit 25 Arbeitsplätzen ausgebaut. Seit mehr als 30 Jahren werden einheimische Hölzer, hauptsächlich Esche und Buche, zu hochwertigen Spiel- und Bewegungsgeräten verarbeitet. Grund- lage hierfür ist die Bewegungspädagogik zur Entwicklungsför- derung von Emmi Pikler und Elfriede Hengstenberg, nach der Massivholz spielerisch die Bewegungskompetenz fördern kann. Hergestellt werden keine Wegwerfgegenstände, sondern langlebiges Spielzeug, Bewegungsmöbel und Bodenmaterial, reparaturfähig und umweltverträglich. Zu den Kunden gehören Kindergärten, Schulen und therapeutische Einrichtungen, aber auch Privatleute. So entstehen beispielsweise Kippelhölzer, Lei- tern, Hocker und Balancierstangen, mit denen nicht nur Kinder forschen, ausprobieren und entdecken. Mit den Materialien aus naturbelassenen und hochwertigen Massivholzverbindungen lassen sich auch immer wieder neue Bewegungslandschaften kombinieren. Ist ein Teil beschädigt, kann es ersetzt werden, BEST PRACTICE denn Massivhölzer lassen sich gut reparieren. www.basisgemeinde.de WINZERGENOSSENSCHAFT WEINBIET EG Vom Federweißen zur Mußbacher Eselshaut E s gilt als das längste Weinfest der Welt: Zehn Wo- chen lang, von Ende August bis Anfang Novem- ber, wird in Neustadt an der Weinstraße das „Fest ter des Events ist die Winzergenossenschaft Wein- biet. Mitglieder und Lieferanten des im Jahr 1902 gegründeten Unternehmens sind etwa 60 Winzer. des Federweißers“ gefeiert. Und das schon seit 45 Rund um den Berg Weinbiet, das 554 Meter hohe Jahren. Um den Bitzler, Saußer, Rauscher, Sturm Wahrzeichen der Region, bewirtschaften sie auf einer oder Neie, wie das Vorprodukt des Weines je nach Fläche von 325 Hektar ihre Weinberge. Wichtigste Region genannt wird, zu genießen, kommen die Be- Rebsorte der Winzergenossenschaft mit einem Anteil sucher zum Teil von weither in die Pfalz. Während die von 31 Prozent ist die Rieslingtraube. Weniger bei Winzer auf dem Hof des Kelterhauses ihre Trauben der Lese selbst, aber vor allem bei der Kulturpflege anliefern und den Öchslegrad bestimmen, lassen es der Rebstöcke ist noch viel Handarbeit mit im Spiel. sich die Festbesucher im Weingarten bei frischem Dies gilt auch für die Arbeit im Weinkeller, wenn aus Federweißen, mitgebrachten Speisen oder vor Ort den Trauben so wohlklingende und bekannte Quali- gebackenem Zwiebelkuchen gutgehen. Veranstal- tätsweine wie die „Mußbacher Eselshaut“, die „Gim- Foto: Basisgemeinde Wulfshagenerhütten, Lumland Candle, Winzergenossenschaft Weinbiet 20 | GENiAL | 3-2017
IM FOKUS | HANDMADE LUMLAND CANDLE ESG Aus Europaletten werden Weinregale G ewinn und Stolz aus den Resten von Holz: Nach diesem Motto arbeiten die Schüler der Städtischen Gesamtschule Bockmühle in Essen, die sich zur Lumland Candle eSG zusammenge- schlossen haben. In der Schülergenossenschaft arbeiten rund 15 Jugendliche der 9. und 10. Klas- se. Das Team ist dabei selbstständig für die Ge- staltung, Herstellung, Materialbeschaffung und den Verkauf zuständig. Zum Produktangebot ge- hören Kerzenständer, Stifthalter, Werkzeugkästen und Möbel. In der eigenen Werkstatt auf dem Schulgelände feilen, sägen, bohren und schleifen die Mitglieder an ihren Produkten. Das Material stammt größtenteils aus Holzresten, die beispiels- weise in Schreinereien anfallen. Auch Europaletten verarbeiten Lumland Candle und berichtet, dass seit der Gründung die Schüler. Aus der Transporthilfe entstehen Sitze, Sessel oder vor sechs Jahren bereits mehr als 40 Schüler Teil der Weinregale. Schülergenossenschaft waren. Lumland Candle macht Zum Anfang des laufenden Schuljahres hat sich das Team neu auch den Messeservice bei Schulveranstaltungen, wie gebildet. Vorstandsvorsitzender Dustin Pung hat seinen Schulab- zum Beispiel dem Markt der Berufe. Doch auch außer- schluss gemacht und an die nächste Generation übergeben. „Als halb der Schule sind die Kerzenständer, Stifthalter und Schüler lernt man viel über das Handwerk und ist gut vorbereitet Werkzeugkästen gefragt. Mindestens einmal im Jahr für das Berufsleben“, sagt er. Er absolviert jetzt eine Lehre im gibt es einen Verkaufsstand bei der benachbarten NO- Tischlerhandwerk. „Wir wollen mit der Schülergenossenschaft WEDA. Die Apothekengenosssenschaft hat ihre Zentra- realitätsnah einen Betrieb abbilden und auf die Ausbildung vor- le in Essen und ist Partnergenossenschaft von Lumland bereiten“, sagt Thomas Lipkowski. Er ist Betreuungslehrer der Candle. Federweißer ist ein aus weißen oder roten Rebsorten gepresster Traubenmost, dessen Gärung gerade begonnen hat. meldinger Meerspinne“ oder die „Haardter Herren- letten“ heranreifen. Stichwort Qualität: Diese wurde der Winzergenossenschaft Weinbiet im Spätsommer bescheinigt. Bei den Prämierungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) erhielten gleich sieben Weine eine Goldmedaille. „Weine sollen Spaß machen und individuelle Handschrift tragen“, lautet das Credo der Winzergenossen. www.wg-weinbiet.de 3-2017 | GENiAL | 21
IM FOKUS | HANDMADE GENOSSENSCHAFT KÖLNER FRIEDHOFSGÄRTNER EG ten. „Früher wurde häufig nur eine bepflanzte Schale in die Mitte des Grabes gestellt und rundherum alles Kreativ statt gruselig mit Tannengrün abgedeckt“, erklärt Stefan Ploeger, Friedhofsgärtner bei Grün an Melaten: „Heute wird G räber sind die letzte Ruhestätte geliebter Menschen und ein Ort der Erinnerung. Viele Angehörige und Freunde des Ver- storbenen wünschen sich eine schön gestaltete Grabstätte, kön- das komplette Beet mit unterschiedlichen Blumen bepflanzt und individuell gestaltet.“ Die Gärtnerei Grün an Melaten ist Mitglied bei nen sich aber oft nicht selbst darum kümmern. Da kommen die der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner, die eine Friedhofsgärtner ins Spiel: Mit kreativer Ader und viel Handarbeit lange Tradition hat: Sie wurde vor fast 60 Jahren von kümmern sie sich um die Bepflanzung. Und natürlich kommen 15 Kölner Friedhofsgärtnern gegründet. Heute sind heute längst nicht mehr nur Stiefmütterchen oder Heidekraut in 44 Betriebe Mitglied der Genossenschaft. „Jeder die Erde. Vielmehr überlegen die Friedhofsgärtner gemeinsam kann schon zu Lebzeiten mit einem Mitgliedsbetrieb mit den Angehörigen und Freunden, welche Blumen gut zur Per- der Genossenschaft einen Vertrag abschließen, in sönlichkeit des Verstorbenen passen könn- dem er für die Grabpflege eine Gesamtsumme auf das Treuhandkonto der Genossen- schaft einzahlt. Die Genossenschaft verwaltet treuhänderisch das ein- gezahlte Geld und überwacht die spätere Grabpflege“, sagt Dirk Klein, geschäftsführender Vorstand der Ge- nossenschaft. Unabhängig davon, ob ein Gärtnereibetrieb in zehn oder 20 Jahren noch existiert, garantiert die Genossenschaft, dass man sich später auch um das Grab kümmert. www.friedhofsgaertner-koeln.de www.bestattungsgaerten.de BEST PRACTICE 3,4 4 bis Kilogramm Wolle liefert ein Schaf pro Schur. DAS GOLDENE VLIES EG indirekt zur Erhaltung der alten Landschaftsrasse beizutragen. Außerdem legen wir viel Wert auf regionale Erzeugung. Unsere Wolle vom Feinsten Produkte sollen möglichst ökologisch und sozial verträglich her- gestellt sein.“ Mit Erfolg, denn die Genossenschaft wurde 2017 D as Coburger Fuchsschaf ist ein besonderes Schaf. Die rotbraunen Lämmer sehen niedlich aus. Einzigartig ist die Wolle der ausgewachsenen vom Bundesumweltministerium für ihr zukunftsweisendes und nachhaltiges Engagement in ländlichen Räumen ausgezeichnet. Das Goldene Vlies, eine Gruppe von Fuchsschafhaltern, nimmt Tiere mit ihrem goldenen Schimmer, nach dem die die Weiterverarbeitung und Vermarktung geschorener Wolle seit Genossenschaft das Goldene Vlies genannt wird. mehr als 15 Jahren in die eigene Hand. Über 70 Mitglieder zwi- Susanne Korte ist Mitgründerin und erste An- schen Schleswig-Holstein und Österreich, Dresden sprechpartnerin der „Woll-Genossenschaft“ im nord- und der Eifel arbeiten an der Entstehung hochwer- hessischen Willingshausen, die sich 2001 ge- tiger Schafwollprodukte in kleinen Manufakturen: gründet hat. Mit viel Liebe zu den angefangen bei Strickwolle und warmen Socken, mehr als 100 verschiedenen verschiedenen Pullovern, Westen, Jacken und Fuchsschafwollprodukten, Decken über Einlegesohlen, Pantoffeln, Taschen die die Genossenschaft und Sitzauflagen aus Filz bis hin zu Babyartikeln anbietet, kümmert sie sich und Unterbetten aus weichem Wollflor. Verkauft gemeinsam mit weiteren werden die unterschiedlichen Wollprodukte an Mitgliedern um diese vom Wiederverkäufer und Endverbraucher. Aussterben bedrohte Nutz- Schönes aus Wolle zu Weihnachten? Alle tierrasse. "Unser wichtigs- Bezugsquellen finden sich hier: tes Anliegen ist die Verwer- www.das-goldene-vlies.de tung der Wolle, um damit Fotos: Marco Stepniak, Das goldenen Vlies 22 | GENiAL | 3-2017
IHR PLUS: KFZ-VERSICHERT NACH IHREM GESCHMACK. Service und Leistungen so individuell wie Sie. se n ten las Jetzt b e ra en. e b e rechn onlin o d er Ihr Auto ist für Sie nicht einfach nur ein Auto. Deshalb bieten wir auf Sie zugeschnittene Versicherungslösungen und Beratung, passend zu Ihren Wünschen und Bedürfnissen. Erfahren Sie mehr bei einem persönlichen Gespräch in den Volksbanken Raiffeisenbanken, R+V-Agenturen oder auf www.ruv.de
Feldhase Grauspecht Bekassine Laubfrosch Feldlerche Gefährdete Tierarten Der Europäische Laubfrosch | Foto: Birgit Emig/naturgucker.de Der Feldhase | Foto: Axel Aßmann/naturgucker.de Der Apollofalter | Foto: Rüdiger Sachtler/naturgucker.de Die Bekassine | Foto: Janis Sieberichs/naturgucker.de Der Grauspecht | Foto: Marc Oliver Gutzeit/naturgucker.de Der Fischadler | Foto: Gabriela Dienst/naturgucker.de Die Feldlerche | Foto: Axel Aßmann/naturgucker.de Apollofalter Fischadler 24 | GENiAL | 3-2017
AUS DEN REGIONEN BUNDESWEIT Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer D Futter- ienstag, 12. September 2017, Rohrwie- tipp Bevölkerung keine lange Tradition zur Naturbeobach- sen: 200 Uferschwalben, 200 Mehl- tung gibt, blickt naturgucker.de auf eine beachtliche schwalben und 30 Rauchschwalben auf Erfolgsgeschichte zurück. Über 36.000 Aktive, 8,26 dem Zug nach Süden“, meldet Falk P. aus Immer mehr Millionen Naturbeobachtungen und über eine Million Rheindürkheim unter der Rubrik „Vögel Zug“ auf der Menschen füttern erfasste Bilder (Stand: September 2017) sind für Vor- Internet-Plattform naturgucker.de. Beobachtungen die heimischen stand Stefan Munzinger beeindruckende Zahlen. Bis wie diese lassen viele Menschen unberührt. Natur- Wildvögel das zu 150.000 Menschen klicken jährlich die Webseite liebhaber oder Vogelkundler indessen können sich für gesamte Jahr naturgucker.de an. Pro Besuch bleiben sie etwa zehn solche Nachrichten begeistern. Mit naturgucker.de hindurch. So sieht Minuten auf den Internetseiten der Plattform. der Beobachter gibt es ein soziales Netzwerk, in dem Naturfreunde „Jede veröffentlichte Naturbeobachtung ist eine dann bei der ihre Beobachtungen aus der Tier- und Pflanzenwelt gute Nachricht aus der Natur und kann andere für Winterfütterung mitteilen und austauschen können. Naturbeobachtungen begeistern“, so die Netzwerk- nicht nur die „Naturgucken schafft Wissen und macht Spaß“ – betreiber. Zentraler Bestandteil der Webseite ist Altvögel, sondern so lautet das Motto der gemeinnützigen Genossen- deshalb der freie Zugang zu allen veröffentlichten auch im Frühling schaft naturgucker.de. Unter ihrem Namen betreibt und Frühsommer Naturbildern und Beobachtungsgebieten weltweit. die in der südniedersächsischen Kreisstadt Northeim Jungtiere. Das bedeutet: Jeder Besucher der Webseite kann ansässige Genossenschaft ein soziales Netzwerk für diese Daten frei anschauen, filtern und zitieren. Ein- alle Tier-, Pflanzen- und Pilzbeobachtungen weltweit. Die meisten zige Ausnahme sind die aus Artenschutzgründen ge- Wichtigstes Ziel von naturgucker.de: mehr Menschen jungen Wildvögel schützten Beobachtungen. für das Naturbeobachten und für die Natur zu begeis- benötigen in der Wer dagegen seine Naturbeobachtungen über tern. Nestlingsphase das Netzwerk anderen Naturfreunden mitteilen oder Weil naturgucker.de die ganze Welt in Planquadra- Insekten, die andere Beiträge kommentieren möchte, muss sich te eingeteilt hat, können die von den Nutzern erfass- ihnen die Eltern- zuvor offiziell und kostenlos als Nutzer registrie- ten Beobachtungsdaten kleinräumig Lebensräumen vögel suchen. So ren lassen. Danach stellen ihm netzgucker.de und zugeordnet werden. Zugleich werden die Daten für ist es wichtig, in auch die internationale Version enjoynature.net ein Naturschutz, Bildung und Forschung zugänglich ge- der Phase der persönliches Datenzentrum bereit, in dem er seine macht, beispielsweise für wissenschaftliche Untersu- Jungenaufzucht Beobachtungen und Naturbilder der umliegenden chungen zum Klimawandel. Damit ist naturgucker.de Insektenfutter zu Region, aber auch von seinen Urlaubsreisen in alle auf der einen Seite eine Online-Community und auf reichen und im Welt zusammenfassen und verwalten kann. Über der anderen Seite ein Projekt ehrenamtlicher Natur- warmen Sommer eine Freunde-Funktion können sich Nutzer mit aus- forscher. kein Fettfutter gewählten Mitbeobachtern zusammenschließen, sich anzubieten, weil Die Idee zu naturgucker.de stammt aus der zwei- austauschen und viele Funktionen von naturgucker.de es schmelzen ten Jahreshälfte 2006. Sie geht zurück auf jahrzehn- gemeinsam nutzen. oder sehr schnell telange Erfahrung der Gründer mit der Thematik Na- Ein wichtiges Thema für Betreiber und Nutzer verderben würde. turbeobachtungen und Naturschutz. Ein Jahr später der Plattform ist die Plausibilität der Daten. Mit etwa wurde die Genossenschaft gegründet, und im Febru- 98 Prozent gilt sie als sehr gut. Ähnlich wie bei der aus: www.voegel- ar 2008 ging die Alpha-Version von www.naturgucker. Internet-Lexikothek Wikipedia können somit auch die am-futterhaus.de de an den Start. Heute, knapp zehn Jahre später, ist Nutzer von naturgucker.de davon ausgehen, dass naturgucker.de im deutschsprachigen Raum das füh- Beobachtungen und Artzuordnungen bei Bildern mit rende soziale Netzwerk für Naturbeobachter und An- großer Wahrscheinlichkeit korrekt sind. laufpunkt für alle Naturliebhaber. Obwohl es in Deutschland – anders als beispiels- weise in England oder den USA – in der breiten 3-2017 | GENiAL | 25
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