ZAHNÄRZTEBLATT 06 - SICHERE KOMMUNIK ATION - KZV SH
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ZAHNÄRZTEBL AT T der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein 06 2021 SIC H ER E KOM M U N IK ATION Jet z t für KIM-Dienst anmelden!
Z A H N Ä R Z T E B L AT T INHALT EDITORIAL 3 VV-DELEGIERTE TAGTEN ZUM ZWEITEN MAL ONLINE 4 KO M M U N I K AT I O N I M M E D I Z I N W E S E N 8 KIM: SICHERER E-MAIL- UND DATENAUSTAUSCH ELEKTRONISCHES REZEPT 10 VORBEREITUNGEN IM PLAN? CYBERCRIME IN CORONAZEITEN 11 ALTE METHODEN IN NEUEM GEWAND TÄT I G K E I T S B E R I C H T D E S B U N D E S D AT E N S C H U T Z B E A U F T R A G T E N 14 Herausgeber: PANDEMIEBEKÄMPFUNG UND DATENSCHUTZ Kassenzahnärztliche Vereinigung und – EIN WIDERSPRUCH? Zahnärztekammer Schleswig-Holstein Redaktion: N AT I O N A L E S G E S U N D H E I T S P O R TA L 17 Zahnärztekammer: MIT DVPMG VERSCHAFFT SPAHN Dr. Claudia Stange (verantw.) SICH NEUEN WETTBEWERBSVORTEIL Michael Fischer www.zaek-sh.de BSG: ZAHLUNG DER KRANKENKASSEN Kassenzahnärztliche Vereinigung: AN BZGA VERFASSUNGSWIDRIG 17 Peter Oleownik (verantw.) Kirsten Behrendt KURZNACHRICHTEN 18 www.kzv-sh.de FORTBILDUNGEN WIEDER IN PRÄSENZ verantwortlich für diese Ausgabe: – ZUSAMMENARBEIT MIT UNI KIEL Peter Oleownik Verlag: S Y LT E R W O C H E , T E I L 1 19 Zahnärztekammer Schleswig-Holstein „DIE SICHERHEIT DER PATIENTEN Westring 496 · 24106 Kiel DARF NICHT GEFÄHRDET WERDEN“ Tel. 0431 260926-13 Fax 0431 260926-15 IDH-MEDIENPREIS GESUNDHEIT 24 E-Mail: central@zaek-sh.de EIN AUSGEZEICHNETES PORTRÄT www.zaek-sh.de Design / Layout: EINER TRANSPLANTATIONSBEAUFTRAGTEN Stamp Media GmbH · Kiel PRÄVENTIONS-PREISGELD Agentur für Kommunikation & Design FÜR TEDDYBÄRKRANKENHAUS GESPENDET 24 Druck: Schmidt & Klaunig · Kiel FORTBILDUNG 25 Druckerei & Verlag seit 1869 IST NACH DER VIRALEN VOR Bildnachweise: DER BAKTERIELLEN PANDEMIE? Titel: natali_mis/stock.adobe.com Seite 8: Markus Mainka/stock.adobe.com AUFSTIEGSFORTBILDUNG ZUR ZAHNMEDIZINISCHEN Seite 10: stokkete/stock.adobe.com VERWALTUNGSASSISTENTIN ZMV 25 Seite 11: Jaiz Anuar/stock.adobe.com Seite 15 oben: AA+W/stock.adobe.com A U S Z U B I L D E N D E Z A H N M E D I Z I N I S C H E F A C H A N G E S T E L LT E 26 Seite 15 unten: HNFOTO/stcok.adobe.com EINSCHULUNGSTERMINE UND SCHULTAGE Seite 17: Robert Kneschke/stock.adobe.com DER BERUFSSCHULEN 2021 / 2022 Seite 30: BillionPhotos/stock.adobe.com VERSORGUNGSWERK DER ZAHNÄRZTEKAMMER S-H 27 Namentlich gezeichnete Beiträge geben 38. ÄNDERUNG DER SATZUNG nicht unbedingt die Meinung der Heraus- FÜR DAS VERSORGUNGSWERK geber oder der Redaktion wieder. Das Zahnärzteblatt Schleswig-Holstein NUTZUNG DIGITALER GESUNDHEITSANGEBOTE IM FOKUS 30 erscheint 11-mal jährlich; darunter eine Doppelausgabe; RUNDSCHREIBEN 31 Auflage 3.750; Preis d. Einzelhefts: 4 EUR; EINREICHUNG VON ANTRÄGEN der Bezugspreis ist in den Körperschafts- AN DEN ZULASSUNGSAUSSCHUSS beiträgen enthalten. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. TELEFONVERZEICHNIS DER KZV SCHLESWIG-HOLSTEIN 32 2 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN ED I TO R I A L IS DENN SCHON WIEDER WEIHNACHTEN? 275 Millionen Euro Pandemiezuschlag vernehmlichen Abschluss im Bewer- für die Vertragszahnärzte! Eine neue tungsausschuss für die neuen BEMA- PAR-Richtlinie ab 1. Juli 2021! Gibt es Gebührenpositionen der PAR-Be- jetzt schon Geschenke? Wohl kaum. handlungsstrecke. Neue Kassenleis- tungen für Therapiegespräche, eine Monatelang wurden die Leistungen individuelle Mundhygieneunterwei- der Zahnarztpraxen und ihre Mehr- sung und eine mindestens zweijährige ausgaben in der Zeit der Coronapan- Parodontitisnachsorge mit regelmä- demie von der Öffentlichkeit ignoriert ßiger Reinigung aller Zähne wurden und von der Politik „vergessen“. Jetzt beschlossen. Alles auf dem aktuellen erhalten die Zahnärztinnen und Zahn- Stand der Wissenschaft, um die chro- ärzte das, was ihnen zusteht. Mona- nische Erkrankung dauerhaft und er- telang hatte die Zahnärzteschaft eine folgreich zu behandeln. Der GKV SV pandemiebedingte Zuschlagsposition schätzt die Mehrausgaben auf min- im BEMA für die erheblichen finanzi- destens 800 Millionen Euro. ellen Belastungen durch die Corona- krise gefordert. Der Gesetzgeber war Aber auch hier handelt es sich nicht Foto: Thomas Eisenkrätzer zu einer entsprechenden gesetzlichen um ein Geschenk. Die Patienten er- Regelung nicht bereit. Nun hat die halten ab Juli die PAR-Behandlung, Kassenzahnärztliche Bundesvereini- auf die sie Anspruch haben, und die- gung (KZBV) mit dem GKV Spitzenver- se Leistungen müssen erst noch er- band (GKV SV) eine Vereinbarung zur bracht werden. Abgeltung der besonderen Aufwände während der Pandemie getroffen. Der neue PAR-Status verlangt eine aufwändige Befundung und eine Übrigens: Die schleswig-holsteinischen Klassifikation der Parodontalerkran- Also, meine lieben Kolleginnen und Zahnärzte haben einen deutlichen kungen entsprechend der neuen Leit- Kollegen, genießen Sie Ihren Sommer- Beitrag zum Verhandlungserfolg ge- linie der Deutschen Gesellschaft für urlaub und kommen Sie erholt zurück, leistet. Im März hatten wir eine Um- Parodontologie. Die unterstützende um erfolgreich die zweite Jahreshälfte frage zu den pandemiebedingten Parodontitistherapie (UPT) muss in zu bestreiten. Praxiskosten gestartet und innerhalb den Praxisalltag integriert werden. weniger Tage über 200 Antworten er- Dies erfordert Informations- und Fort- halten. Durch die detaillierten Angaben bildungsanstrengungen des gesam- zu Einmalinvestitionen und fallbeding- ten Teams. Viele Fragen sind zu klären. ten Hygieneaufwendungen konnte der KZBV-Vorstand mit konkreten Zahlen Dennoch, diese neue Behandlungs- in die Verhandlungen mit dem GKV- richtlinie bietet große Chancen und // Dr. Michael Diercks Spitzenverband gehen. Nochmals vie- wird allen Patienten, auch den Men- Vorstandsvorsitzender der KZV len Dank an unsere Praxen! schen mit Beeinträchtigungen und Schleswig-Holstein Pflegebedarf, zugutekommen. Nun soll das Geld nach einem bun- deseinheitlichen Schlüssel gerecht Die Auswirkungen der Pandemie auf verteilt werden. Grundlage soll die die Zahnarztpraxen scheinen sich vor- Praxisgröße, ausgerichtet an der Be- erst abzuschwächen. Nach der Som- handlerzahl, sein. Details müssen merpause werden unsere Patienten noch festgelegt werden. in die Praxen zurückkehren und ein gewisser Nachholbedarf wird zu ver- Anfang Mai vermeldeten KZBV und zeichnen sein, auch bei Parodontalbe- GKV SV den erfolgreichen und ein- handlungen. 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 3
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG V V- D EL EG I ER T E TAG T EN Z U M Z W EI T EN M A L O N L I N E „ AN DER VIRUSFRONT“ Am 27. Januar 2020 wurde in Deutschland erstmals eine Infektion mit dem schen Lage können die Delegierten damals noch namenlosen, „neuartigen“ Coronavirus nachgewiesen; einen aus wichtigen Gründen ohne Sitzung Monat später, am 27. Februar 2020, trat der erste COVID-19-Fall in Schles- schriftlich abstimmen, wenn, wie für wig-Holstein auf. Am 11. März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation den aktuellen Termin, der Vorstand WHO COVID-19 als Pandemie ein; ab 16. März wurde das öffentliche Leben bzw. der Hauptausschuss oder ein heruntergefahren. Drittel der VV-Mitglieder dies ver- langen. Zugleich kann der VV-Vorsit- zende die Delegierten in Abstimmung mit dem Vorstand zu einer beratenden Videokonferenz einladen. ZUSAMMENARBEIT „ ZUM WOHLE DER MITGLIEDER “ Der Vorsitzende der Vertreterver- sammlung Dr. Nils Borchers nutzte seinen Bericht vor allem, um auf die im Fotos: Thomas Eisenkrätzer zahnärztlichen Bereich gut funktionie- rende Selbstverwaltung hinzuweisen. So hätten die Vorstände von KZV und Zahnärztekammer Schleswig-Holstein „in engster Zusammenarbeit“ erreicht, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte in- klusive ihrer Mitarbeiter/innen Ende Bereits zum zweiten Mal tagten die Delegierten der KZV-Vertreterversammlung online. Februar gemäß Corona-Impfverord- nung in die Gruppe mit höchster Experten hatten bereits im Januar konferenz ersetzt. Damit tagte die Impfpriorität eingestuft wurden und 2020 gewarnt, es könne schwierig VV nach ihrer Videokonferenz am 9. auch sofort Impftermine vereinbaren werden, das Virus langfristig in den Januar 2021 bereits zum zweiten Mal konnten – ein „Musterbeispiel“ dafür, Griff zu bekommen. Leider haben sie online, um über schriftlich gestellte wie in Schleswig-Holstein die Zusam- recht behalten: Die negativen Folgen Anträge zu beraten. Nach einem noch menarbeit der beiden Schwesterkör- der Corona-Krise sind seit über einem während der Sitzung eingeholten Mei- perschaften „zum Wohle der Mitglie- Jahr in allen Lebensbereichen deut- nungsbild musste die eigentliche Be- lich zu spüren – auch in den Zahnarzt- schlussfassung über die entsprechen- praxen und in den Selbstverwaltungs- den Anträge im Nachhinein in einer organen des Gesundheitswesens. So schriftlichen Abstimmung erfolgen. hatte die KZV Schleswig-Holstein im Die Auszählung der Abstimmungs- letzten Jahr die für April und Novem- unterlagen erfolgte am 7. Mai 2021 im ber geplanten Vertreterversammlun- Hause der KZV durch die Leiterin des gen absagen müssen. Lediglich eine Büros der Selbstverwaltung Dr. Chris- außerordentliche Vertreterversamm- tiane Hennig, Assessor Ralf Bohnsack lung hatte im August als Präsenzver- und Dr. Gerrit Schüßeler als Vertreter anstaltung stattfinden können. der VV. Die für den 28. April 2021 anberaum- Durch eine Satzungsänderung, die te ordentliche Vertreterversammlung die VV im Januar vorgenommen hatte, wurde aufgrund des aktuellen Infek- ist dieses Verfahren inzwischen unab- Dr. Nils Borchers: „Die zahnärztliche Selbst- tionsgeschehens wiederum abgesagt, hängig von gesetzlichen Bestimmun- verwaltung arbeitet auch in schwierigen jedoch durch eine beratende Video- gen möglich. Im Falle einer epidemi- Zeiten hervorragend.“ 4 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN V V- D EL EG I ER T E TAG T EN Z U M Z W EI T EN M A L O N L I N E der“ funktioniere. Noch am selben Tag nung und Respekt von Seiten der seien auf der Homepage der KZV S-H Politik verdient, forderte der VV-Vor- überdies die dafür notwendigen Impf- sitzende. Zugleich verwahrte er sich berechtigungsscheine bereitgestellt gegen staatliche Einmischung in die worden. Ausdrücklich dankte Bor- Selbstverwaltung: Gerade in Pande- chers zugleich dem schleswig-hol- miezeiten zeige sich: Wo der Staat zu steinischen Gesundheitsministerium, viele Aufgaben an sich ziehe, „funk- das ein „offenes Ohr für die guten tioniert es schlecht oder gar nicht“, Argumente von KZV und Zahnärzte- kritisierte er. kammer“ gehabt und dem Anliegen der Zahnärzteschaft letztendlich kurz- Im Gegensatz dazu arbeite die zahn- fristig entsprochen habe. ärztliche Selbstverwaltung gerade auch in „schwierigen Zeiten“ hervor- Nur wenige Wochen später wurde ragend. Als Beispiel auf Bundesebene Dr. Michael Diercks: „Die Umsetzung der bekannt, dass es im Zusammenhang führte er den Erfolg des Vorstands der neuen PAR-Richtlinie wird die Behand- lungsstrecke erheblich ändern.“ mit dem Impfstoff von AstraZeneca Kassenzahnärztlichen Bundesvereini- in seltenen Fällen zu schwerwiegen- gung an, dem es im März gelungen den Nebenwirkungen kommen kann. war, mit dem Spitzenverband Bund Diercks. Erwartungsgemäß dominier- Bei Zahnärzten unter 60 Jahren, die der Krankenkassen für die Zahnärzte te auch hier in vielen Bereichen die bei der ersten Impfung AstraZeneca einen „Pandemiezuschlag“ in Höhe Corona-Pandemie. erhalten haben, wird daher nun im von insgesamt 275 Millionen Euro als Regelfall als Zweitdosis ein mRNA- einmalige Pauschale für „besondere Im Corona-Jahr 2020 war die Zahl Impfstoff verwendet. Für Borchers Aufwände im Rahmen der Behand- der Zahnarztbesuche insgesamt zu- wirft das durchaus Fragen auf: „Von lung von GKV-Versicherten während rückgegangen: Die inzwischen vorlie- uns Ärzten und Zahnärzten wird in al- der Corona-Pandemie“ zu vereinba- genden Abrechnungsdaten belegten, len Bereichen eine wissenschaftliche ren. – Die Einzelheiten zur Verteilung dass die abgerechnete Punktmenge Grundlage und Evidenz verlangt“ werden noch gesondert festgelegt. je Versicherten um 3,5 Prozent ge- – beides fehle aber in Bezug auf die ringer war als im Jahr 2019, zeigte Impfung mit zwei verschiedenen Impf- DIERCKS: HOHE Diercks auf. Dabei seien die Unter- stoffen, gab er zu bedenken. RICHT WERTE FÜR DEN schiede zwischen den verschiede- KO NSER V I ER EN D - nen BEMA-Teilen erheblich. So seien Wichtig war dem VV-Vorsitzenden CHIRURGISCHEN BEREICH etwa in den Bereichen Kieferbruch/ zudem die Feststellung, dass Zahn- Schienen und Kieferorthopädie so- arztpraxen in Deutschland auch nach Über die Arbeit des Vorstandes in gar geringfügige Zuwachsraten zu mehr als einem Jahr Pandemie nicht den gut vier Monaten seit der letzten verzeichnen. Unterschiede gebe es zu einem „Corona-Hotspot“ gewor- beratenden Videokonferenz infor- außerdem bei den Kassengruppen den sind – trotz des naturgemäß sehr mierte der Vorstandsvorsitzende der untereinander. engen Patientenkontakts, der unver- KZV Schleswig-Holstein Dr. Michael meidlichen Produktion von „beacht- lichen“ Aerosolwolken bei der zahn- ärztlichen Behandlung und jährlich vielen Tausenden beruflich beding- ten Kontakten. „Wir stehen in unseren Praxen an der Virusfront“, veranschau- lichte er und verwies zugleich auf be- sonders hohe Hygienestandards, die bewirkten, dass das Infektionsrisiko in Zahnarztpraxen äußerst gering ist. Die Zahnärzte stellten auch in Coro- Screenshot: KZV S-H nazeiten die Versorgung sicher und sorgten für einen störungsfreien Ab- lauf in den Praxen, unterstrich Bor- chers. Dafür habe der Berufsstand – auch nach der Pandemie – Anerken- 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 5
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG V V- D EL EG I ER T E TAG EN Z U M Z W EI T EN M A L O N L I N E Überdies seien auch die einzelnen tails beteiligt war. – Eine erste Online- Praxen unterschiedlich stark betrof- Fortbildungsveranstaltung zur neuen fen gewesen. Einen „sehr positiven PAR-Richtlinie mit 554 Teilnehmern Effekt“ hätten die im Sommer 2020 hat die KZV Schleswig-Holstein in- von der VV beschlossenen Sonder- zwischen bereits durchgeführt, eine zahlungen im Rahmen des Honorar- weitere folgt am 16. Juni. verteilungsmaßstabs (HVM) gehabt, stellte Diercks fest. Für 2021 ist er O N L I N E - F O R M AT vorsichtig optimistisch: Die Ergeb- ERSCHWERT POLITISCHE nisse des I. Quartals 2021 wiesen auf DISKUSSION eine weitere Normalisierung des Ab- rechnungsgeschehens hin. Schon seit Der stellvertretende Vorstandsvor- „Online“ erschwert die politische Diskus- dem IV. Quartal 2020 sei festzustellen, sitzende Peter Oleownik ergänzte sion: Delegierte wünschen sich möglichst bald eine Präsenz-VV dass Patienten ihre Zahnärzte wieder den Bericht des Vorstandes um zwei regelmäßiger aufsuchten. Details aus seinen Ressorts. Er ver- wies auf die erfolgreiche Premiere reisen, kann an den Fortbildungen Bezüglich des HVMs seien für das II. des ersten Online-Zahnärztetags, der von zu Hause oder der Praxis aus teil- Quartal 2021 erneut keine Sockel- kurz vor der beratenden Videokonfe- nehmen, kann bundesweite Angebote beträge für die BEMA-Teile KBR und renz mit 849 Teilnehmern stattgefun- wahrnehmen, ist zeitlich flexibel.“ PAR veröffentlicht worden, berichtete den hatte (s. Zahnärzteblätter 4 und Diercks weiter. Die Richtwerte für den 5/2021). Ebenfalls Online hatte die In „normalen“ Zeiten folgen dem konservierend-chirurgischen Bereich KZV Schleswig-Holstein am 3. März Bericht des Vorstandes Diskussions- seien die höchsten jemals für ein II. eine dreistündige Fortbildungsver- beiträge und Anträge der Delegier- Quartal veröffentlichten; und auch der anstaltung zur IT-Sicherheitsrichtlinie ten, die sich mit den gesundheits- Punktwert sei bisher „unerreicht“. angeboten, an der sich gut 600 Teil- politischen Rahmenbedingungen der nehmer aus Schleswig-Holstein und – Berufsausübung auseinandersetzen. Nachdem die KZV S-H mit dem Ver- im Rahmen der Zusammenarbeit der Nun jedoch stellten die VV-Mitglieder band der Ersatzkassen (vdek), dem AG KZVen – aus Niedersachsen über einmal mehr fest, dass das Online-For- BKK Landesverband Nordwest und die neuen Vorgaben informierten mat einer politischen Diskussion ent- der Sozialversicherung für Landwirt- (s. Zahnärzteblatt 4/2021). gegenstehe. Folgerichtig verzichteten schaft, Forsten und Garten (SVLFG) sie daher auch dieses Mal – wie bereits bereits 2020 einen Zweijahresvertrag Oleownik hob hervor, dass „Online- im Januar – darauf, politische Anträ- abgeschlossen hatte, stünden nun Fortbildung in der breiten Zahnärz- ge zu stellen. Um dies baldmöglichst auch die Verhandlungen mit der AOK teschaft angekommen“ sei. Fachliche nachholen zu können, beauftragten Nordwest für 2021 vor einem erfolg- Fortbildung sei für Zahnärzte auch un- sie zugleich einstimmig den Haupt- reichen Abschluss, fuhr Diercks fort. ter Pandemiebedingungen kein Prob- ausschuss, gegenüber dem VV-Vorsit- lem. „Viele schätzen mittlerweile sogar zenden „das Verlangen einer außeror- Zum 1. Juli 2020 werde eine neue die Vorteile, die diese neuen Formate dentlichen Vertreterversammlung als PAR-Richtlinie mit zahlreichen Ände- mit sich bringen: Man muss nicht weit Präsenzveranstaltung“ auszusprechen, rungen in Kraft treten, kündigte er des sobald dies unter Berücksichtigung Weiteren an. – Die Entscheidung über der Pandemielage vertretbar sei. die Bewertung der neuen PAR-Leis- tungen und die Verabschiedung der NEUAUSRICHTUNG IM Behandlungsrichtlinie im Gemeinsa- V O R S TA N D D E R K Z V S - H men Bundesausschuss stand zum Zeit- punkt der beratenden Videokonferenz Unter Ausschluss der Öffentlichkeit kurz bevor und ist inzwischen erfolgt. berieten die Delegierten über eine Personalangelegenheit: Einstimmig Durch die Umsetzung der Richtlinie gaben sie dem Antrag von Vorstands- werde sich die PAR-Behandlungs- mitglied Helmut Steinmetz statt, ihn strecke erheblich ändern und auf von seinem Amt als Mitglied des Vor- über zwei Jahre verlängern, erklärte standes der KZV Schleswig-Holstein Diercks, der als Mitglied der AG PAR zu entbinden. Nach gut 16 Jahren Vor- der KZBV im Bewertungsausschuss an Peter Oleownik: „Online-Fortbildung ist in standstätigkeit ist Steinmetz damit in der Festlegung der Abrechnungsde- der breiten Zahnärzteschaft angekommen.“ seine frühere Funktion als Geschäfts- 6 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN V V- D EL EG I ER T E TAG EN Z U M Z W EI T EN M A L O N L I N E führer der KZV S-H zurückgekehrt. Diese Konstellation rund anderthalb Jahre vor dem Ende der Amtszeit des jetzigen Vorstands biete die Chance, einen Übergang vorzubereiten und bereits jetzt einen Nachfolger einzu- arbeiten, erläuterte Diercks. Dadurch, dass Steinmetz bis zu seinem für 2023 geplanten Eintritt in den Ruhestand weiterhin als Geschäftsführer zur Ver- fügung stehe, gingen „sein Wissen und seine Erfahrung nicht verloren“, betonte er. Steinmetz war im Vorstand Dank für über 16 Jahre Vorstandstätigkeit: Helmut Steinmetz (Mitte) kehrt in seine frühere der KZV Schleswig-Holstein unter Funktion als KZV-Geschäftsführer zurück. anderem für das Personalwesen und die innere Organisation, die Finanz- der Nachwahl von Stellvertretern für der zahnärztlichen Mitglieder des Dis- und Haushaltsplanung sowie Haus- den Disziplinarausschuss. Die VV hat- ziplinarausschusses: und Grundstücksangelegenheiten te die bisherige Regelung, nach der zuständig. jedem Ausschussmitglied ein persön- Dr. Nicola Kühne licher Stellvertreter zugeordnet war, Dr. Hans-Hartwig Cleve Auch wenn es sich ausdrücklich nicht zugunsten einer „Pool-Lösung“ auf- Prof. Dr. Dr. Ingo Springer um einen Abschied handelte, bedank- gehoben. Dr. Yasmin Mokhtari ten sich die beiden verbliebenen Vor- standsmitglieder Dr. Michael Diercks In diesen Pool von Stellvertretern, die // Kirsten Behrendt und Peter Oleownik bei Steinmetz mit flexibel eingesetzt werden können, einem Präsentkorb für seine langjähri- wählten die Delegierten zusätzlich zu ge Vorstandstätigkeit. Mit den Modali- den bereits benannten Stellvertretern täten für die Neubesetzung des laut Satzung der KZV S-H vorgeschriebe- nen dritten Vorstandsposten wird sich nun zunächst der Hauptausschuss aus- BESCHLUSS DER VERTRETERVERSAMMLUNG DER einandersetzen. KZV S-H IM SCHRIFTLICHEN ABSTIMMUNGSVER- FAHREN GEMÄSS § 8 ABS. 13A DER SATZUNG NACHWAHL VON S T E L LV E R T R E T E R N I M DER KZV S-H DISZIPLINAR AUSSCHUSS Die Vertreterversammlung der KZV S-H fordert den Hauptausschuss auf, Eine anlässlich der beratenden Video- sobald er es unter Berücksichtigung des Pandemiegeschehens für vertret- konferenz im Januar 2021 vorgenom- bar hält, gegenüber dem VV-Vorsitzenden das Verlangen nach Einberufung mene Änderung der Disziplinarord- einer außerordentlichen Vertreterversammlung als Präsenzveranstaltung nung begründete die Notwendigkeit auszusprechen. Vorstand, VV-Vorsitzende und die beiden KZV-Juristen waren im Hörsaal der KZV „präsent“, die Delegierten schalteten sich über ein Konferenzprogramm dazu. 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 7
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG KO M M U N I K AT I O N I M M ED I Z I N W E S EN KIM: SICHERER E-MAIL- UND DATENAUSTAUSCH Medizinische Unterlagen versenden Zahnarztpraxen derzeit per Briefpost, Telefax oder E-Mail. Nicht immer sind die Übertragungswege vom Sender bis zum Empfänger dabei sicher und komfortabel. Das wird sich in Zukunft ändern: Mit KIM (= Kommunikation im Medizinwesen) steht innerhalb der Telematikinfrastruktur inzwischen ein Fachdienst zur Verfügung, der einen ebenso einfachen wie auch vertraulichen, datenschutzkonformen Austausch von Nachrichten und Dokumenten zwischen den Akteuren im Gesundheits- wesen gewährleisten soll. Gesetzliche Grundlage dafür ist § 291b Abs. 1e SGB V. Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbeschei- nigung ab 1. Oktober 2021 wird die Nutzung eines KIM-Dienstes für Zahn- arztpraxen Pflicht. WA S UNTERSCHEIDE T K IM Die Konzeption wurde mit dem Bun- nisationen wie Kassenzahnärztliche VON EINER „NORMALEN“ desamt für Sicherheit in der Informa- Vereinigungen und Krankenkassen E- M A I L? tionstechnik (BSI) abgestimmt. einzubinden. Künftig wird KIM damit einrichtungs- und sektorübergreifend Herkömmliche E-Mails sind für den Ursprünglich war das Verfahren – alle Beteiligten im Gesundheitswesen Versand personenbezogener medizini- noch unter dem Namen KOM-LE – für durch ein einheitliches Verfahren ver- scher Daten aus Datenschutzgründen eine sichere Kommunikation zwi- binden. Durch die Möglichkeit, sicher nur bedingt geeignet. Werden sen- schen den „Leistungserbringern“ im und verschlüsselt zu kommunizieren, sible personenbezogene Daten oder Gesundheitswesen, also zwischen bietet KIM zugleich erstmals auch Röntgenbilder per E-Mail verschickt, Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeu- Zahnarztpraxen einen „Mehrwert“ der ist eine umständliche Verschlüsselung ten, Apothekern und Krankenhäusern, gesetzlich verpflichtenden Anbindung nötig. KIM ist zwar auch ein E-Mail-ba- konzipiert worden. Inzwischen ist an die TI. sierter Dienst, greift jedoch auf die jedoch geplant, auch weitere Orga- zertifizierten Komponenten der Tele- matikinfrastruktur (TI) zurück und rich- tet sich damit an einen geschlossenen Nutzerkreis. Das heißt: Nur registrierte FOLGENDE KOMPONENTEN BENÖTIGEN i und verifizierte Nutzer können unter- einander kommunizieren. Berechtigte ZAHNARZTPRAXEN FÜR DEN EINSATZ VON KIM: KIM-Teilnehmer sind in einem Ver- zeichnisdienst der TI – einer Art zen- • E-Health-Konnektor (PTV4) • Einen Vertrag mit einem zugelas- tralem „Adressbuch“ – eingetragen. senen KIM-Anbieter. Von diesem Das gewährleistet, dass Absender • Stationäres E-Health-Kartenter- erhalten Praxen die KIM-Adresse, und Empfänger einer KIM-Nachricht minal die einer E-Mail-Adresse ähnelt eindeutig zugeordnet werden können. Innerhalb der Telematikinfrastruktur ist • Praxis-/Institutsausweis (SMC-B) • „KIM-Client“-Modul (PC-Software) eine Kommunikation mit öffentlichen des KIM-Anbieters Mail-Adressen nicht möglich. • Elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) • Ein aktuelles Virenschutzpro- Die übermittelten Daten werden gramm. Da KIM-Nachrichten auf- bei KIM durch eine „Ende-zu-Ende“- • Aktualisiertes Praxisverwaltungs- grund ihrer Sicherheitsstandards Verschlüsselung geschützt: Nur der system, mit dem KIM-Nachrichten „ Ende-zu-Ende“-verschlüsselt ausgewählte Empfänger kann die versendet und empfangen wer- sind, ist eine Prüfung der Nach- versandte Nachricht öffnen. Auf dem den können; alternativ ein Stan- richt und ggf. ihrer Anhänge auf Weg zwischen Sender und Empfänger dard-E-Mailprogramm Viren durch den Dienstbetreiber kann die Nachricht nicht „abgehört“ nicht möglich. oder unbemerkt verändert werden. 8 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN KO M M U N I K AT I O N I M M ED IZI N W E SEN FAC H D I EN S T K I M A B 1. O K TO B E R F Ü R E AU WEITERE INFORMATIONEN: i BENÖTIGT KIM bei der gematik: REFINANZIERUNG KIM kann direkt in das Praxisverwal- https://www.gematik.de/ tungssystem (PVS) integriert werden. anwendungen/kim Die Pauschalenvereinbarung ge- Aber auch die Nutzung eines externen mäß Anlage 11a zum BMV-Z sieht E-Mail-Programms zur Vorbereitung Die Kassenzahnärztliche Bundes- für die Bereitstellung des KIM-Cli- und zum Empfang der Nachrichten ist vereinigung hat einen Leitfaden ents und die Anbindung an den KIM möglich. Bereits jetzt kann der Dienst zu KIM herausgegeben, der auf Fachdienst eine einmalige Pauscha- beispielsweise für den Austausch von der Homepage der KZV S-H unter le in Höhe von 100,- Euro vor. Die Arztbriefen, Befunden, Labordaten, ht tps://www.k zv-sh.de/fuer-die- Betriebskostenpauschale KIM für Gutachten und Röntgenbildern ver- praxis/telematik/ heruntergeladen zwei E-Mailadressen beträgt mo- wendet werden. Zudem können die werden kann. natlich 16,- Euro. Die Beantragung per KIM bereitgestellten Daten ohne erfolgt über das Serviceportal der Medienbrüche in das PVS übernom- Die aktuelle Liste der KIM-Anbieter KZV Schleswig-Holstein. men werden. stellt die gematik in ihrem Fachportal bereit: https://fachportal.gematik. Die aktuellen TI-Pauschalen kön- Für Thomas Jenzen, Produktmanager de/anwendungen/kommunikation- nen auf der Homepage der KZV bei der gematik, liegen die Vorteile im-medizinwesen Schleswig-Holstein unter www.kzv- von KIM auf der Hand. „Das Einspa- sh.de/fuer-die-praxis/telematik / rungspotential ist enorm“, glaubt er. refinanzierung eingesehen werden. „Pro Jahr werden knapp 80 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, 140 Millionen Arztbriefe und 15 Millio- nen Heil- und Kostenpläne per Post verschickt oder gefaxt. Mit KIM kann Grundsätzlich dient die QES der Auch den Bundeskörperschaften das alles per E-Mail erledigt werden, Rechtssicherheit bei der Übersendung hat der Gesetzgeber die Möglichkeit wodurch alleine schon eine riesige von elektronischen Dokumenten. Sie eingeräumt, ihren Mitgliedern einen Summe an Briefporto und Papieraus- ist der handschriftlichen Unterschrift eigenen KIM-Dienst anzubieten. Die drucken gespart wird.“ auf Papier gleichgestellt. Für die QES Kassenärztliche Bundesvereinigung nutzt der Zahnarzt seinen elektroni- (KBV) macht von dieser Möglichkeit Neben der reinen E-Mail-ähnlichen schen Heilberufsausweis (eHBA) in Gebrauch, die Kassenzahnärztliche Funktion sind weitere Anwendungen in Verbindung mit der in den E-Health- Bundesvereinigung hat jedoch nach Planung, die auf KIM basieren. Dazu ge- Konnektor integrierten QES-Funktion. sorgfältiger Abwägung der Vor- und hören das elektronische Antrags- und Die digitale Unterschrift ist so eindeu- Nachteile darauf verzichtet. Genehmigungsverfahren, zum Beispiel tig dem Zahnarzt zugeordnet (s. Zahn- für Heil- und Kostenpläne, sowie die ärzteblatt 2/2021, S. 12 ff.). Auf Wunsch können Zahnärzte neben Übermittlung der Abrechnungsdateien der Praxis-Adresse eine persönliche an die KZV. Auch die Kommunikation VOR AUSSE T ZUNGEN FÜR KIM-Adresse nutzen, die an ihren zwischen Zahnarztpraxis und KZV wird DIE NUT ZUNG VON KIM elektronischen Heilberufsausweis ge- in Zukunft über KIM möglich sein. knüpft ist. Das ermöglicht den Aus- Damit ein E-Mail-Austausch über KIM tausch mit Kollegen oder in Zukunft Bereits ab 1. Oktober 2021 müssen möglich ist, benötigen Zahnarztpra- auch der KZV (z.B. für Honorarbe- Arzt- und Zahnarztpraxen nach der- xen zusätzlich zu ihrem TI-Anschluss scheide), ohne dass das Praxisteam zeitigem Stand Arbeitsunfähigkeits- eine spezielle KIM-Adresse, die von Einsicht nehmen kann. bescheinigungen elektronisch an die einem KIM-Anbieter zur Verfügung Krankenkassen übermitteln. Auch da- gestellt wird. Mittlerweile sind bereits // Kirsten Behrendt für ist KIM die Voraussetzung. Bis da- mehrere KIM-Anbieter zugelassen, hin muss also in jeder Praxis ein KIM- zwischen denen der Nutzer wählen Dienst installiert sein! Elektronische kann. Eine aktuelle Liste stellt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gematik auf ihrer Homepage bereit müssen überdies mit einer Qualifizier- (s. oben). Unterstützung bei der Aus- ten Elektronischen Signatur (QES) ver- wahl leisten die PVS-Anbieter und die sehen werden. Dienstleister vor Ort (DVO). 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 9
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG ELEKTRONISCHES REZEPT VORBEREITUNGEN IM PL AN? Das elektronische Rezept soll am 1. Juli 2021 an den Start gehen; ab stellenden Leistungserbringern“ ste- he die entsprechende Software zum IT-VERBAND: i 1. Januar 2022 soll die Anwendung 1. Juli voraussichtlich noch nicht zur SYSTEM UNTER DRUCK dann bei der Verschreibung von Medi- Verfügung; Softwarehersteller hät- kamenten für gesetzlich krankenver- ten sich offensichtlich den 1. Januar sicherte Patienten Pflicht werden. Die 2022 zum Ziel gesetzt, vermutet er. Auf dem 124. Deutschen Ärztetag Vorbereitungen für das elektronische Dennoch setzt der gematik-Gechäfts- machte Bundesgesundheitsminis- Rezept lägen „im Plan“, teilte die ge- führer darauf, dass es im Verlauf der ter Jens Spahn die Hersteller von matik Ende April mit. Quartale III und IV eine „zügige Ver- Praxisverwaltungs-Software für breitung“ der notwendigen Praxissoft- drohende Verzögerungen beim ware geben werde. Start der elektronischen Patien- tenakte verantwortlich. Nach TESTPHASE IN einem Bericht des Ärzteblatts si- „FOKUSREGION“ cherte er den Ärzten zugleich zu, sanktionsbewehrte Fristen für die Ab 1. Juli beginnt zunächst eine Einführung von TI-Anwendungen Testphase mit ausgewählten Ärzten, auszusetzen, wenn diese von der Apothekern und Patienten in der „Fo- Ärzteschaft unverschuldet nicht kusregion“ Berlin-Brandenburg – der- zu halten seien. Gegenüber den selben Region also, in der seit Anfang Software-Herstellern deutete des Jahres auch der Feldtest für die er an, notfalls mit gesetzlichen elektronische Patientenakte läuft. Schritten für mehr Geschwindig- Die dort gewonnenen Erkenntnisse keit sorgen zu wollen. Die E-Rezept-App, die die gematik sollen nach Angaben der gematik für selbst entwickelt, werde „ohne Ver- die anschließende bundesweite Ein- Der Bundesverband-Gesundheits- zögerung“ zum 1. Juli verfügbar sein, führungsphase des E-Rezepts im IV. IT (bvitg) wies die Vorwürfe zu- versicherte gematik-Geschäftsführer Quartal genutzt werden. rück. Bei der Umsetzung von Dr. Markus Leyck Dieken in einem In- Vorgaben in der Software sei terview mit dem Branchendienst apo- Bisher waren Ärzte, Zahnärzte und Apo- nicht allein die Geschwindigkeit theke adhoc. Die Apotheken würden theker allerdings von einer bundeswei- bei der Programmierung rele- „zu großen Teilen schon im Juli“ ihre ten Einführungsphase ausgegangen. vant. Vielmehr gehe es auch um Vorbereitungen auf das E-Rezept ab- Davon, dass die Erprobung zunächst die Softwarespezifikationen, die geschlossen haben. Die entsprechen- auf eine Modellregion beschränkt den Herstellern „regelhaft“ mit den Konnektoren seien zu diesem würde, war bisher nicht die Rede gewe- großer Verzögerung angeboten Zeitpunkt – oder „kurz darauf“ – eben- sen. Ein Missverständnis? Leyck Dieken würden oder die sich „kurz vor falls „zu großen Teilen“ verfügbar. Und schilderte bei apotheke adhoc, der Test Schluss“ änderten. Viele der poli- auch die Krankenkassen würden bis in einer Fokusregion sei „schon immer“ tisch gewollten Fristen ließen sich dahin „überwiegend“ in der Lage sein, geplant gewesen – andere „Interpretati- nicht ohne weiteres in die Ver- elektronische Rezepte zu verarbeiten. onen“ habe die gematik zunächst auch sorgungsrealität übersetzen. All das heißt aber eben auch: Eine flä- nicht „wahrgenommen“. Wie ein sol- chendeckende Ausstattung mit allen cher „Kommunikationsfehler“ zustande notwendigen Komponenten bei allen gekommen sein könnte, beantwortete geäußerte Kritik an „unrealistischen Beteiligten wird es zum 1. Juli nicht Leyk Dieken selbst auf wiederholtes Fristen“ bei der Digitalisierung des geben. Nachfragen nicht. Gesundheitswesens – unter anderem für die verpflichtende Nutzung des Als Problem beschrieb Leyk Dieken Die Kassenärztliche Bundesvereini- elektronischen Rezepts ab 1. Januar die Verwaltungssysteme bei nieder- gung hat anlässlich ihrer online durch- 2022 – erneuert. gelassenen Ärzten und Zahnärzten, geführten Vertreterversammlung am aber auch in Krankenhäusern: „Aus- 3. Mai unterdessen ihre wiederholt // Kirsten Behrendt 10 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN CYBERCRIME IN CORONAZEITEN ALTE METHODEN IN NEUEM GEWAND Ransomware, Identitätsdiebstahl, Phishing: Wie das Bundesamt für Sicherheit AUCH MEDIZINISCHE in der Informationstechnik (BSI) in seinem Bericht für das Jahr 2020 feststellt, EINRICHTUNGEN VON bleibt die IT-Sicherheitslage in Deutschland „angespannt“. Weitere „Befunde“: R ANSOMWARE- ANGRIFFEN Nach wie vor zählte Ransomware zu den größten Bedrohungen für Nutzer von BETROFFEN IT-Systemen. Zudem bedienten sich Angreifer im Internet auch der Corona-Pan- demie für ihre kriminellen Machenschaften. Bereits seit einigen Jahren stellten Ransomware-Angriffe die größte Be- Cyber-Kriminelle, die sich auf Betrug geleitet, die von den Originalseiten drohung für Nutzer von IT-Systemen spezialisiert haben, reagierten in der kaum zu unterscheiden waren“, be- dar, schreibt das BSI in seinem La- Regel schnell auf gesellschaftlich schreibt das BSI. gebericht. Als Ransomware werden relevante Themen und Trends, um diese für „Kampagnen“ zu verwer- Eine Rolle habe in diesem Zusammen- ten, berichtet das BSI. Entsprechend hang auch die Vorspiegelung falscher DIGITALBAROMETER: beobachtet das Amt auch im Zusam- Identitäten gespielt, um Geldüberwei- SCHUTZMASSNAHMEN menhang mit der Corona-Pandemie sungen zu erreichen. Die von „Ängs- Angriffe, die sich die „komplexe Ge- ten, Sorgen und Unsicherheit“ ge- „AUSBAUFÄHIG“ samtsituation rund um COVID-19“ prägte Stimmung in weiten Teilen der zunutze machen. Die verwendeten Bevölkerung könnte die Erfolgsaus- Eine gemeinsame repräsentative Methoden seien dabei nicht neu, wür- sichten solcher Angriffe zwar begüns- Online-Befragung des Bundes- den jedoch mit einem aktuellen Be- tigen – „unerwartet große Häufungen“ amts für Sicherheit in der Informa- zug versehen. Dazu zählten Phishing- seien jedoch nicht aufgetreten, fasst tionstechnik (BSI) sowie der Poli- E-Mails, die „gezielt mit Emotionen das BSI zusammen. Dennoch habe zeilichen Kriminalprävention der spielen und das bestimmende Thema allein die „umfassende, plötzliche Länder und des Bundes bildet die COVID-19 adressieren“: So dienten Mehrnutzung von Digitalisierungs- Basis für das sogenannte Digitalba- beispielsweise die Beantragung von produkten“ im Zuge der Coronakrise rometer. Nach den Umfrageergeb- Soforthilfe und Kurzarbeitergeld als Kriminellen eine „stark vergrößerte nissen aus dem Jahr 2020 war in Vehikel für derartige Angriffe. „Unter Angriffsfläche“ für ihre Aktivitäten Deutschland bereits jeder Vierte Ausnutzung menschlicher Eigenschaf- geboten. Dazu gehören etwa auch schon einmal Opfer von Krimina- ten, wie Hilfsbereitschaft, Vertrauen, betrügerische Online-Shops, die auf lität im Internet. Am häufigsten Angst, Dringlichkeitsempfinden oder die erhöhte Nachfrage nach Schutzbe- kamen Betrug beim Online-Shop- Respekt vor Autorität, wurden Opfer kleidung und Atemmasken abzielen. ping (44 Prozent) und der Fremd- immer wieder auf Phishing-Seiten zugriff auf einen Online-Account vor (30 Prozent). Die Schutzmaßnahmen „bleiben weiterhin ausbaufähig“, stellt das BSI fest. Zwar seien Antivirenpro- gramme (57 Prozent) und sichere Passwörter (48 Prozent) verbrei- tet, würden aber längst nicht um- fassend eingesetzt. Zudem nutze nur ein Viertel der Befragten auto- matische Updates. 37 Prozent in- formierten sich immerhin „hin und wieder“ über Internetsicherheit, jeder Vierte nie. // Kirsten Behrendt 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 11
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG CYBERCRIME IN CORONAZEITEN Ob das allerdings grundsätzlich etwas MEHR CYBERANGRIFFE AUF KLINIKEN: an der Bedrohung durch Malware än- dert, ist fraglich. 43 erfolgreiche Hackerangriffe auf Finanz- und Versicherungswesen, Krankenhäuser registrierte die Bun- der Ernährungssektor, Telekom- Die Gesamtkosten für einen Angriff desregierung zwischen Januar und munikations- und IT-Unternehmen mit Schadsoftware gehen laut BSI weit November 2020. Im gesamten Jahr sowie Staat und Verwaltung. Insge- über das gegebenenfalls gezahlte Lö- 2019 waren es „nur“ 16 gewesen. samt 171 erfolgreiche Angriffe auf segeld hinaus: Die Bereinigung und Das geht aus der Antwort der Bun- Einrichtungen, die zur sogenann- Wiederherstellung von Systemen, Um- desregierung auf eine Kleine An- ten Kritischen Infrastruktur zählen, satzeinbußen, unter Umständen aber frage der FDP-Bundestagsfraktion verzeichnete die Bundesregierung auch ein Reputationsverlust schla- hervor. von Januar bis Anfang November gen ebenfalls zu Buche. Die Schä- 2020. Im Jahr 2019 waren es dem- den durch Lösegeldzahlungen und Betroffen von Hackerangriffen nach 121 Angriffe. Die Bundesre- Wiederherstellungskosten stiegen sind demnach nicht nur Kranken- gierung schätzt allerdings, dass die stetig, da ganze Netzwerke sabotiert häuser, sondern auch Energie- Dunkelziffer hoch ist. würden und unter Umständen hun- und Wasserversorger, Transport- derttausende Menschen geschädigt und Verkehrsunternehmen, das // Kirsten Behrendt seien – zum Beispiel bei der Verschlüs- selung von Patientendaten, warnt das BSI. Die wichtigste Maßnahme gegen die Folgen von Ransomware bestehe Schadprogramme bezeichnet, die Bericht zwischen dem 1. Juni 2019 und in funktionierenden Backups. durch Verschlüsselung den Zugang dem 31. Mai 2020 um rund 117,4 Mil- zu Daten oder Systemen einschrän- lionen zu. Auch medizinische Einrich- Die Bedrohung durch Daten-Leaks ken, um Lösegeld zu erpressen. Häu- tungen, insbesondere Krankenhäuser, habe durch die Offenlegung von Mil- fig verschlüsselten die Angreifer die waren von Ransomware-Angriffen lionen von Patientendatensätzen im Daten inzwischen allerdings nicht nur, betroffen. – Zumindest im Fall der als Internet „eine neue Qualität erreicht“, sondern drohten zugleich mit einer besonders gefährlich eingestuften so das BSI weiter. Dabei bezog es sich Ausleitung aus dem System und einer Malware Emotet gelang es Strafver- auf einen Vorfall im September 2019, Veröffentlichung, um der Lösegeld- folgungsbehörden aus acht Ländern bei dem in Deutschland 15.000, welt- forderung Nachdruck zu verleihen, im Januar 2021, die Infrastruktur der weit Schätzungen zufolge 24,3 Mil- so das BSI. Schadprograme unter ihre Kontrolle lionen Patientendatensätze inklusive zu bringen. Ende April wurde Emotet hochauflösender Röntgenaufnahmen Insgesamt nahm die Anzahl neuer auf noch infizierten Systemen durch betroffen waren. Bei diesem Ereignis Schadprogramm-Varianten laut BSI- ein Update der Ermittler deaktiviert. habe es sich jedoch nicht um Daten- BITKOM: ÜBER 60 PROZENT VON CYBERCRIME BETROFFEN Laut einer repräsentativen Umfrage betrogen; zehn Prozent berichten im Berichtszeitraum verbal massiv des Digitalverbands Bitkom wurden von Betrug beim Online-Banking; angegriffen oder beleidigt. Über im Jahr 2020 61 Prozent der Inter- bei ebenfalls zehn Prozent wurden sexuelle Belästigung im digitalen netnutzer ab 16 Jahre Opfer von Cy- Zugangsdaten zu Online-Diensten Raum klagen 12 Prozent; sechs berkriminalität. Fast die Hälfte (48 ausspioniert. Prozent waren in den letzten zwölf Prozent) der „Onliner“ war 2020 von Monaten mit verfassungswidrigen Schadprogrammen auf dem Smart- Anders als bei Unternehmen spielt Symbolen oder extremistischen Äu- phone oder dem Computer betrof- Ransomware bei den meisten Privat- ßerungen im Internet konfrontiert. fen. 33 Prozent gaben an, dass ihre nutzern keine Rolle: Nur bei zwei Weitere sechs Prozent waren von persönlichen Daten ungefragt an Prozent der Umfrageteilnehmer Identitätsdiebstahl betroffen, bei Dritte weitergegeben wurden. 15 waren Geräte damit infiziert. Dafür fünf Prozent wurden unerwünschte Prozent wurden in den vergangenen kam es jedoch zu Straftaten im di- Mails im eigenen Namen versendet. 12 Monaten beim privaten Einkaufen rekten Kontakt mit anderen Inter- oder Verkaufsgeschäften im Internet netnutzern. So wurden 13 Prozent // Kirsten Behrendt 12 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN CYBERCRIME IN CORONAZEITEN diebstahl gehandelt – Ursache für Datendiebstahl und die Verbreitung für habe jedoch die Effektivität von den Datenabfluss waren vielmehr von Schadprogrammen könnten zu- Spam-Mails, die Schadsoftware ver- unzureichend gesicherte oder falsch dem auch durch kritische Schwachstel- teilen, zugenommen, heißt es im Lage- konfigurierte Datenbanken. „Die Viel- len in Softwareprodukten begünstigt bericht außerdem. Ein weiterer Trend: falt und Häufigkeit von Vorfällen, bei werden, listet das Amt auf. Angrei- Angreifer richten ihre Aufmerksamkeit denen immer wieder sensible Daten fer rechneten überdies verstärkt mit immer stärker auf mobile Endgeräte unfreiwillig veröffentlicht werden, dem „Faktor Mensch“ als Einfallstor. wie Smartphones und Tablets. sind besorgniserregend“, resümiert Der Versand unerwünschter Werbe- das BSI. E-Mails (Spam) gehe zwar zurück – da- // Kirsten Behrendt „DR ASTISCHE FOLGEN“ FÜR DIE ZIVILBEVÖLKERUNG Ransomware besitze im Bereich Cy- „skrupellos in Kauf genommen“. Die unbedingt gegen das eigentliche Ziel bercrime das höchste Schadpotenzial, Corona-Pandemie zeige zugleich auch erfolgen müsse. Durch die Verflech- konstatiert – ähnlich wie das Bundes- den „opportunistischen Charakter“ tung von Wirtschaftskreisläufen, IT- amt für Sicherheit in der Informations- von Cyber-Kriminellen: Seit dem III. Systemen und Lieferketten reiche es technik – auch das Bundeskriminalamt Quartal 2020 beobachtet das BKA ver- häufig, jenes Element in diesem Be- (BKA) in seinem im Mai veröffentlich- mehrt Angriffe auf Unternehmen und ziehungsgeflecht zu attackieren, das ten Bundeslagebild Cybercrime 2020. öffentliche Einrichtungen, die für die über die meisten Verbindungen in Attacken auf Kritische Infrastrukturen Bekämpfung der Corona-Pandemie andere Systeme verfügt. (KRITIS) – zum Beispiel Krankenhäuser relevant sind. – belegten, dass erfolgreiche Ransom- Das Gefährdungspotenzial, das von ware-Angriffe „drastische Folgen“ für „STEIGENDE BEDROHUNGS- Cyberangriffen ausgeht, sei „weiter- die Zivilbevölkerung nach sich ziehen L AGE“ FÜR 2021 hin auf einem hohen Niveau“, fasst das und elementare Services des öffentli- BKA zusammen. Die zunehmende Pro- chen Geschehens sabotieren könnten. Für 2021 geht das BKA von einer fessionalisierung auf Täterseite habe „steigenden Bedrohungslage“ aus. die Cybercrime-Bedrohungslage in Ein Beispiel aus dem medizinischen Als besonders „lohnendes“ Ziel iden- Deutschland dabei zusätzlich ver- Bereich: Mitte September 2020 wurde tifiziert es die Impfstoffherstellung schärft: „Die Modi Operandi werden ein Universitätsklinikum in Nordrhein- und -distribution: Immerhin stelle der komplexer und ihr jeweiliges Zusam- Westfalen Opfer eines Ransomware- erfolgreiche Abschluss der Impfkam- menspiel sowie die Art der verwen- Angriffs. Dabei wurden nach Angaben pagne einen wichtigen Meilenstein deten Angriffsvektoren ausgefeilter des BKA 30 Server verschlüsselt und bei der Überwindung der Pandemie und vielfältiger.“ Cybercrime sei in- die Klinik-IT lahmgelegt. Selbst akute dar. Demzufolge besitze der Impf- zwischen ein hochkomplexer „Wirt- Fälle konnten nicht mehr aufgenom- stoff neben seiner primären Funktion schaftszweig“ mit eigenen Wert- men werden. als Vakzin auch einen hohen „sym- schöpfungsketten. bolhaften, sozialen, politischen und Cyberkriminelle griffen zielgerich- ökonomischen Wert“. Mit der Erfor- Das Phänomen „Cybercrime-as-a-Ser- tet dort an, wo es sich aus ihrer Sicht schung, Herstellung und Distribution vice“ (Cyberstraftat als Dienstleitung) finanziell lohnt, resümiert das BKA. des Corona-Impfstoffs steige die ge- nehme einen „enormen Stellenwert“ Besonders wirtschaftlich starke Unter- sellschaftliche, politische, aber auch ein und gewinne stetig an Relevanz. nehmen, KRITIS und öffentliche Ein- wirtschaftliche Bedeutung ganzer In- Zugleich sänken durch dieses Modell richtungen seien „hoch gefährdet“. dustriezweige – die folglich auch für die Eintrittsschranken für die Bege- Ein Angriff auf derartige Einrichtun- Cyber-Kriminelle im Jahr 2021 immer hung von Straftaten im Cyber-Bereich, gen ziele auf deren Relevanz ab, da interessanter würden, warnt die Be- da kaum eigene technische Kenntnisse diese für die Gesellschaft „kritische“ hörde. benötigt würden. Dienstleistungen anbieten. Notlagen, die durch den Ausfall dieser Einrich- Bereits für 2020 hatte das BKA festge- // Kirsten Behrendt tungen entstehen können, würden stellt, dass ein Cyberangriff nicht mehr 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 13
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG TÄT I G K EI T S B ER I C H T D E S B U N D E S DAT EN S C H U T Z B E AU F T R AG T EN PANDEMIEBEKÄMPFUNG UND DATENSCHUTZ – EIN WIDERSPRUCH? „Wie lässt sich verhindern, dass der STELLUNGNAHME gerade einmal vier Stunden Zeit ge- Datenschutz zum prominenten Opfer INNERHALB VON VIER habt, beschrieb der Bundesdaten- der Corona-Pandemie wird?“ Vor die- STUNDEN schutzbeauftrage. Beim zweiten und ses Problem sah – und sieht – sich der dritten Bevölkerungsschutzgesetz Bundesbeauftragte für den Daten- In drei Etappen wurde im Jahr 2020 wurden ihm immerhin zwei Tage ein- schutz und die Informationsfreiheit das Infektionsschutzgesetz aufgrund geräumt, für eine veränderte und teil- Prof. Ulrich Kelber gestellt. Dabei hät- der Pandemielage geändert. Die weise ergänzte Fassung des dritten te er – wie sein Tätigkeitsbericht für fachlichen Abstimmungen und die Bevölkerungsschutzgesetzes dann das Jahr 2020 belegt – auch ohne die politischen Beschlüsse wurden dabei allerdings wiederum nur wenige Stun- Pandemie genug zu tun. Erschwert innerhalb „kürzester Zeitspannen“ den. Nach mehreren Monaten Coro- wurde seine Arbeit erneut dadurch, getroffen, „die zum Teil kaum Zeit für na-Pandemie (Oktober 2020) war eine dass die Bundesregierung seiner Prüfung und Beratung ließen“, führt solche Eile aus Kelbers Sicht „nicht an- Behörde für Stellungnahmen zu Ge- Kelber als Beispiel an. Dabei sei durch gemessen“. setzesvorhaben häufig zu wenig Zeit die Ausweitung sowohl der Gründe als einräumte. auch des Umfangs von Meldepflichten Ein weiteres Beispiel für die eher für Erkrankungen und Krankheitserre- kurzfristige Einbindung des Bundes- ger „erheblich“ in das Grundrecht der datenschutzbeauftragten: Die Coro- informationellen Selbstbestimmung na-Datenspende-App, mit der das eingegriffen worden. Transparente Robert-Koch-Institut freiwillig bereit- Begründungen und eine Auseinan- gestellte (Gesundheits-)Daten aus dersetzung mit den datenschutzrecht- Fitnesstrackern analysiert, um die lichen Anforderungen, insbesondere Ausbreitung von COVID-19 besser auch die Darlegung der „Geeignet- vorhersagen zu können. Auch in die- heit“ und „Erforderlichkeit“ der Maß- sem Fall hatte Kelber nur wenige Tage nahmen, vermisste Kelber dabei aller- Zeit für eine Einschätzung. Eine ferti- dings „immer wieder“. Auch während ge Version der Corona-Datenspende- einer Pandemie seien Grundrechte App lag ihm bis zur Veröffentlichung nicht außer Kraft gesetzt, betont er. im April 2020 nach eigenen Angaben Foto: Bundesregierung/Kugler nicht vor. Exemplarisch kommentiert Kelber das parlamentarische Verfahren zum Dazu passt, dass das BMG die dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Be- Bundesdatenschutzbeauftragten in völkerung bei einer epidemischen der Gemeinsamen Geschäftsordnung Lage von nationaler Tragweite“, das der Bundesministerien zugestan- am 23. Mai 2020 in Kraft trat: Der Ab- denen Beteiligungsfristen auch bei lauf habe gezeigt, dass die Pandemie vielen anderen, nicht durch Corona „auch bei der Regierung“ große Un- begründeten Gesetzen und Verord- sicherheit ausgelöst habe: „Dieser nungen häufig unterschritt – ohne Unsicherheit sollte offenbar mit um- erkennbaren Grund. Dieselbe Vorge- fassender, gesetzlich verpflichtender hensweise hatte Kelber auch bereits in bundesweiter staatlicher Erhebung seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr von personenbezogenen Gesund- 2019 kritisiert. heitsdaten“ begegnet werden. Ob auch Alternativen zu „hinreichenden An dieser Problematik – die auch an- Erkenntnissen“ geführt hätten, sei dere Ressorts betrifft – hat sich 2020 nicht diskutiert worden, so Kelber. offensichtlich nichts geändert. Immer einmal wieder werde die in der Ge- Beim ersten Bevölkerungsschutzge- schäftsordnung festgeschriebene setz habe er für eine Stellungnahme Beteiligung des Bundesdatenschutz- 14 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 0 6 | 2021
SCHLESWIG-HOLSTEIN TÄT I G K EI T S B ER I C H T D E S B U N D E S DAT EN S C H U T Z B E AU F T R AG T EN beauftragten sogar „vergessen“, rügt Kelber. Süffisant führt er dieses Vorge- hen auf „unglückliche Zufälle“ zurück, „die grundsätzlich nichts damit zu tun haben, dass Gesetzentwürfe daten- schutzrechtlich etwas problemati- scher sind. Honi soit qui mal y pense.“ Zugleich zeigt Kelber die Grenzen seiner Arbeit auf: Anders als die Mi- nisterien habe er im Rahmen von Res- sortabstimmungen kein Vetorecht: „Sowohl die Bundesregierung als auch erst recht der Gesetzgeber ha- ben die Freiheit, meine Empfehlungen zu ignorieren“, erläutert er. CORONA -WARN - APP: D AT E N S C H U T Z R E C H T L I C H EINWANDFREI sondern müssten auf alternative Pro- ger“ – also beispielsweise direkt in der Als positives Beispiel dafür, wie durch zesse unter Verwendung von „Tele- Arztpraxis – auf Kategorien von Do- die „konsequente Einbindung einer TANs“ zurückgreifen – nach Kelbers kumenten beschränkte Zugriffsrechte Datenschutzbehörde“ im gesamten Dafürhalten ein datenschutzrechtli- erteilen. Alternativ könnten sie einen Entwicklungsprozess ein aus daten- ches Risiko. Vertreter, der mit einem entsprechen- schutzrechtlicher Sicht „hervorragen- den Gerät ausgestattet ist, beauftra- des Produkt“ auf den Markt gebracht PAT I E N T E N D AT E N - gen – müssten diesem dafür jedoch werden konnte, führt Kelber die Co- SCHU T ZGE SE T Z: NICH T alle auf der ePA vorhandenen Gesund- rona-Warn-App an. Die „von vielen DSGVO - KO N FO R M heitsdaten offenbaren. Stellen“ vorgebrachte Behauptung, strenge Datenschutzvorgaben ver- Bereits mehrfach hat der Bundes- Gesetzlich Krankenversicherte ohne hinderten eine Weiterentwicklung datenschutzbeauftragte deutlich ge- eigenes Endgerät hätten „auf Dauer“ der App, lässt er nicht gelten: Oft ba- macht, dass das eingeschränkte Zu- auch keinen Einblick in die von ihnen sierten sie auf Unwissenheit über die griffsmanagement für die elektro- selbst zu führende ePA, beanstandet „bewusst gewählte Zielsetzung und nische Patientenakte (ePA) seiner Kelber außerdem. Sie würden also von die Grenzen der technischen Möglich- Ansicht nach gegen die Datenschutz- einer entsprechenden Nutzung aus- keiten des gewählten Ansatzes“. So sei grundverordnung (DSGVO) und die geschlossen und könnten nicht von etwa ein „Contact-Tracking“ nicht ge- Grundrechte der Versicherten ver- den Vorteilen der ePA in der Gesund- plant gewesen und technisch in der stößt. Aber auch weitere Regelun- heitsversorgung profitieren. „Durch Corona-Warn-App auch nicht um- gen im Patientendatenschutz-Gesetz die Benachteiligung und Ungleich- setzbar. Eine Clustererkennung – die (PDSG), das am 20. Oktober 2020 in behandlung dieser großen Gruppe inzwischen umgesetzt wurde - hält er Kraft trat, kritisiert er in seinem aktu- von Versicherten schafft das PDSG dagegen für sinnvoll. Dabei bedauert ellen Tätigkeitsbericht. eine Zweiklassengesellschaft bei der er allerdings, dass er von vielen Über- ePA“, fasst Kelber zusammen. legungen erst aus der Presse erfahren Erst ab 2022 werden Versicherte hat; eine zeitnahe Einbindung in die den Zugriff ihres Arztes auf einzelne Planungen hätte er da für „geeigne- in der ePA gespeicherte Dokumente ter“ gehalten. beschränken können – allerdings nur dann, wenn sie dazu ein Smartphone Abstriche in der Bewertung gibt es oder Tablet verwenden. Menschen, vom Bundesdatenschutzbeauftragten die kein mobiles Gerät besitzen oder für das „Betriebsumfeld“ der Corona- benutzen wollen, blieben auch wei- Warn-App. So könnten längst nicht terhin in ihrer Patientensouveränität alle Labore den App-Nutzern ihre beschränkt, moniert Kelber: Sie könn- Testergebnisse direkt bereitstellen, ten lediglich beim „Leistungserbrin- 0 6 | 2021 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 15
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