INDUSTRIEMETROPOLE HAMBURG BERICHT DES INDUSTRIEKOORDINATORS 2021 - Hamburg.de
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Inhalt Abkürzungsverzeichnis.................................................................................................................. 4 Vorwort des Industriekoordinators ............................................................................................ 5 1. Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Industriestandort Hamburg ...................... 7 a. Globale Wettbewerbsfähigkeit ............................................................................................... 7 b. Energie- und Klimapolitik in der EU, im Bund und in Hamburg ....................................... 7 c. Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung der Industrie in Hamburg ...................... 11 2. Initiativen und Schwerpunkte der Hamburgischen Industriepolitik .............................. 13 a. Der Rahmen: Masterplan Industrie und Industriebündnis ............................................... 13 b. Standorte für Industrie und Gewerbe ................................................................................. 13 c. Wirtschaftsstabilisierung als Reaktion auf die Corona-Pandemie ................................ 14 d. Klimaschutz und Energiewende – Industrie als Teil der Lösung.................................... 15 e. Digitalisierung als Schlüssel für weitere technische Fortschritte ................................. 19 f. Innovationen für eine Transformation der Industrie ........................................................ 20 3. Arbeit des Bündnisses für die Industrie der Zukunft 2021 ............................................ 23 a. Funktion und Tätigkeit des Industriekoordinators ........................................................... 23 b. Akzeptanz der Rahmenbedingungen für die Industrie ..................................................... 24 c. Flächen für die Industrie ........................................................................................................ 24 d. Abbau von Investitionshemmnissen .................................................................................... 28 e. Stärkung der Zusammenarbeit von Industrie und Forschung ........................................ 31 4. Ausblick ..................................................................................................................................... 33
Abkürzungsverzeichnis 4 ARIC Artificial Intelligence Center Hamburg e.V. BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucher- schutz BMWK Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BUKEA Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft BWI Behörde für Wirtschaft und Innovation DESY Deutsches Elektronen-Synchrotron EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz EEHH Cluster Erneuerbare Energien Hamburg EU Europäische Union FHH Freie und Hansestadt Hamburg HAW Hamburg Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg HGHH Hamburg Green Hydrogen Hub HH-WIN Hamburger Wasserstoff-Industrie-Netz HIE Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG IFB Hamburgische Investitions- und Förderbank IK Industriekoordinator IPCEI Important Project of Common European Interest IVH Industrieverband Hamburg e.V. KI Künstliche Intelligenz KWKG Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz MRH Metropolregion Hamburg NRL Norddeutsches Reallabor OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung RIS Regionale Innovationsstrategie
5 Vorwort des Industriekoordinators Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wie bereits im vergangen Jahr möchte ich Ihnen wieder einen aktuellen Eindruck von der Lage der Industrie in Hamburg und den Aktivitäten der Stadt für das Jahr 2021 geben. Die Industrie ist weiterhin einer der wichtigsten Grundpfeiler für die Hamburger Wirtschaft. Eine besondere Bedeutung hat dabei die Grundstoffindust- rie, die die Basis für viele weiterverarbeitende Industrien darstellt. Weitere Stärken Hamburgs liegen in der chemischen Industrie, der Lebensmittelindustrie, der Luft- fahrt und dem Maschinenbau. Zum einen geht es mir darum, die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Stand- ort darzustellen. Einen aktuell prägenden Einfluss hatte wie bereits im letzten Jahr die Corona-Pandemie. Kaum zeichnete sich eine leichte Erholung der Wirtschaft in Folge von Lockerungsschritten ab, kam eine neue Krise hinzu, der Krieg in der Uk- raine. Dieser dürfte mindestens ebenso viele Folgen für die Wirtschaft haben, die zum jetzigen Zeitpunkt aber noch gar nicht in vollem Umfang absehbar sind. Sicher ist schon jetzt, dass sich neben außenwirtschaftlichen Beeinträchtigungen die Energiepreise drastisch verteuern und sich auch Fragen der Versorgungssicherheit neu stellen. Dies wiederum hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Wettbewerbs- fähigkeit. Dennoch bleibt selbstverständlich weiterhin der Klimaschutz eine zent- rale Aufgabe. Auch hier haben sich die Rahmenbedingungen auf Ebene der Europä- ischen Union, im Bund und in Hamburg weiterentwickelt. Weiter möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, über die aktuellen Sachstände bei den Hamburger Projekten informieren. Schwerpunkte setzt die Behörde für Wirtschaft und Innovation im Kontext der Industriepolitik bei der Dekarbonisierung durch den Einsatz von Wasserstoff, bei der Digitalisierung und bei der Umsetzung der Innovationsstrategie. Das vergangene Jahr war zudem davon geprägt, die Wirt- schaft branchenspezifisch bei der Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie zu unterstützen. Aber auch der Erhalt und die Suche nach neuen Flächen bleiben nach wie vor aktuell. Besonders wichtig ist mir als Industriekoordinator weiterhin das „Bündnis für die Industrie der Zukunft“. In zahlreichen Gesprächen mit dem Industrieverband Ham- burg und bei Unternehmensbesuchen konnten viele Themen bewegt und neue Ideen
entwickelt werden. Hier seien beispielhaft die Entwicklung konkreter Flächen, Ham- 6 burgs Einflussnahme bei der Gesetzgebung im Bund oder der Start der Akzeptanz- kampagne genannt. Andreas Rieckhof Staatsrat der Behörde für Wirtschaft und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 18. Mai 2022
1. Rahmenbedingungen für den er- den Hafen spürbar. Es ist generell mit Belastun- 7 folgreichen Industriestandort gen durch steigende Rohstoffpreise und höhere (Transport-) Kosten sowie mit Lieferschwierigkei- Hamburg ten zu rechnen. Für das produzierende Gewerbe stellt sich insbesondere die Frage nach dem Preis und der Verfügbarkeit von Rohstoffen. In der Che- a. Globale Wettbewerbsfähigkeit miebranche beziehen beispielsweise einzelne Un- ternehmen bis zu 50 Prozent ihrer Rohstoffe aus Die Industrie hat in Hamburg einen sehr hohen Russland. Über allem schwebt die Frage nach Stellenwert für den Wohlstand der Stadt. Ham- Energieimporten. burg ist gemessen an der Bruttowertschöpfung Für den Erhalt der hier ansässigen Industrie sind die größte Industriestadt Deutschlands und einer insbesondere verlässliche und wettbewerbsfähige der wichtigsten Industriestandorte Europas. Die Energiepreise Grundvoraussetzung, die jedoch hiesige Industrie ist eng verwoben mit den loka- bereits seit dem 3. Quartal 2021 stark gestiegen len, nationalen und internationalen Wertschöp- sind. Ein Hauptgrund für diese Preisentwicklung fungsketten. So werden im Hamburger Hafen ist die Tatsache, dass die Russische Föderation zahlreiche Rohstoffe zur Weiterverarbeitung an- bereits in 2021 damit begonnen hat, bestehende geliefert. Diese Zwischenprodukte vor allem aus Lieferverträge nur noch im Mindestmaß zu erfül- der chemischen oder Grundstoffindustrie werden len. Dies hatte bereits vor dem Angriff Russlands dann sowohl in Hamburg als auch an anderen In- auf die Ukraine Folgen für den gesamten europä- dustriestandorten weiterverarbeitet. ischen Gasmarkt. Die Auswirkungen dieses an und für sich gesamteuropäischen Problems sind für in Die aktuellen Entwicklungen im globalen politisch Deutschland ansässige Unternehmen allerdings ökonomischen Wettbewerb stellen die Europäi- noch gravierender als für Unternehmen in europä- sche Union (EU), Deutschland und Hamburg vor ischen Nachbarländern. Auch die Auswirkungen wachsende Herausforderungen. Nach vielen Jah- auf die begonnene Transformation der hiesigen ren steigenden grenzüberschreitenden Waren- Industrie hin zur Klimaneutralität könnten erheb- handels wird insbesondere der weltweite Handel lich sein. zunehmend von geoökonomischen und geopoliti- schen Konflikten begleitet und belastet. Außen- Deutschlands Energiepolitik insgesamt steht vor wirtschaftspolitik wird immer häufiger zu einem der Herausforderung, noch schneller als bisher Instrument in geoökonomischen oder geopoliti- geplant bestehende energiepolitische Abhängig- schen Auseinandersetzungen zur Durchsetzung keiten zu Russland zu überprüfen, die eigene politischer Ambitionen. Dieses immer schwieri- Energieversorgung mehr zu diversifizieren und gere internationale politische und wirtschaftliche den Ausbau der erneuerbaren Energien zu be- Umfeld wirkt sich zunehmend auf die international schleunigen. stark verflochtene deutsche und Hamburger Wirt- schaft aus. Für die deutsche Industrie, in der jeder zweite Arbeitsplatz am Export hängt, gilt dies ganz besonders. b. Energie- und Klimapolitik in der EU, im Bund und in Hamburg Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts ist es zu früh, um insbesondere die Auswirkungen Europäische Union des Krieges in der Ukraine seit Februar 2022 auf die Wirtschaft belastbar abschätzen zu können. Die Europäische Kommission hat im Mai 2021 Es dürften sich aber deutlich spürbare und vo- eine aktualisierte Fassung ihrer Industriestrate- raussichtlich auch anhaltende Veränderungen er- gie vorgestellt. Mit der Strategie plant die Kom- geben. Die zum Zeitpunkt der Berichterstellung mission, die Resilienz des Binnenmarktes zu stär- verhängten Wirtschaftssanktionen gegen die ken, die strategische Abhängigkeit von Rohstof- Russische Föderation sind umfassend und lassen fen und technologischen Vorprodukten zu ver- auch in den nicht-sanktionierten Bereichen den mindern und den grünen und digitalen Wandel zu Wirtschaftsaustausch größtenteils zum Erliegen beschleunigen. Schlüsseltechnologien sollen in- kommen. In Hamburg sind die Auswirkungen auf
nerhalb des Binnenmarkts gefördert werden, un- diesem Mechanismus soll zum Schutz hier ansäs- 8 ter anderem durch neugegründete Industrieallian- siger Unternehmen eine Abgabe für Importe aus zen wie die für die Halbleiterproduktion, aber auch Ländern außerhalb der EU erhoben werden, in de- durch die Förderung wichtiger Vorhaben von ge- nen es keinen bzw. einen niedrigeren CO2-Preis meinsamem europäischen Interesse (IPCEI), da- und geringere Klimaanstrengungen gibt als in der runter das IPCEI Wasserstoff, von dem auch der EU. Da als Ausgleich die Gratiszuteilungen von Industriestandort Hamburg vielfach profitiert. Emissionszertifikaten verringert werden sollen, setzt sich der Hamburger Senat für ein ergänzen- Im Juli 2021 hat die EU-Kommission das soge- des Exportinstrument ein, damit auch Unterneh- nannte „Fit-for-55“-Paket vorgestellt, mit dem men geschützt werden, die in der EU produzieren das durch den Green Deal im Vorjahr angekün- und in Drittstaaten exportieren. Dabei setzen wir digte 55 Prozent-CO2-Einsparziel bis 2030 über uns für eine WTO-konforme Ausgestaltung des legislative Einzelmaßnahmen umgesetzt werden CO2-Grenzausgleichs ein, um Handelskonflikten soll. vorzubeugen. Die Vorhaben befinden sich noch im Mit der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie, der laufenden Gesetzgebungsverfahren. Energieeffizienz-Richtlinie sowie der Energiebe- steuerungsrichtlinie wurden drei große Richtli- Weitere legislative Einzelmaßnahmen im Rahmen nienvorhaben im Rahmen des Fit-for-55-Pakets des Green Deal zu Ressourceneffizienz, Recyc- auf den Weg gebracht. Alle Vorhaben befinden lingvorgaben und einer Verzahnung mit Stoff- sich noch in laufenden Gesetzgebungsverfahren. und Produktrecht stehen bevor. Die Kommission Insbesondere bezüglich einer einheitlichen Be- hat Vorschläge zu nachhaltigen Kohlenstoffkreis- steuerung von Energieerzeugnissen auf europäi- läufen, biobasierten, biologisch abbaubaren und scher Ebene ist fraglich, ob die notwendigen kompostierbaren Kunststoffen und Einwegkunst- Mehrheiten erzielt werden. In jedem Fall zeigen die stoffen gemacht. Konkrete legislative Vorschläge Richtlinien den Ansatz der Kommission, die for- zu Industrieemissionen, Abfallverbringungen, Alt- mulierten Klimaschutzziele sektorübergreifend fahrzeugen, Elektroaltgeräten, Bauprodukten, und ganzheitlich erreichen zu wollen. Textilien, Verpackungen, Mikroplastik und der Fortschreibung der Abfallrahmenrichtlinie wurden Mithilfe der Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfe- vorgelegt oder angekündigt. Insbesondere eine leitlinien eröffnet die Kommission den Mitglieds- verstärkte Vermeidung und Wiederverwendung staaten Wege, erneuerbare Energien zu fördern, von Abfällen sowie Recyclingvorgaben (z.B. ohne gegen Beihilferecht zu verstoßen. Schadstoffausschleusung, Quotenvorgaben), Produktanforderungen und Vorgaben zum Re Auch über den Energiesektor hinaus hat die EU- zyklateinsatz stehen im Fokus, um den primären Kommission mit dem Fit-for-55-Paket ein breites Rohstoffverbrauch zu verringern und geschlos- Set an ineinandergreifenden Gesetzinitiativen sene Stoffkreisläufe zu fördern. Auch auf Bundes- zum Klimaschutz vorgeschlagen. Hierzu gehört ebene werden diese Ziele unterstützt und sollen u.a. der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie in eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie über ein System für den Handel mit Treibhaus- münden. gasemissionszertifikaten in der Union. Die Vor- lage zielt auf die Erreichung strikterer Emissions- Mit ihren Vorschlägen vom Dezember 2021 zur reduktionsziele ab, u.a. durch eine stärkere Kür- Revision des dritten Gaspakets – das Paket um- zung der Zertifikatmenge im EU-Emissionshan- fasst die Revision der Erdgasbinnenmarkt-Richtli- delssystem, den Einbezug neuer Sektoren in den nie und der Netzzugangs-Verordnung– will die Emissionshandel und strengere Richtwerte für die Kommission den Gasmarkt fit für erneuerbare kostenlose Zuteilung von Zertifikaten. Auch die Gase (v. a. Biogas, Wasserstoff, Biomethan, syn- nationalen Emissionsziele in Sektoren, die nicht thetisches Methan) machen und Barrieren für de- unter das EU-Emissionshandelssystem fallen, sol- ren Markteintritt abbauen. Zur Unterstützung des len über eine Änderung der Lastenteilungsverord- Markthochlaufs von (nachhaltigem) Wasserstoff nung verschärft werden. Ein weiterer Aspekt ist soll künftig eine H2-Beimischung zum fossilen die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssys- Erdgas von bis zu 5 Prozent im Gastransit gestat- tems für die Sektoren Zement, Eisen, Stahl, Alu- tet werden. Langfristig soll ein reiner Wasser- minium, Düngemittel und den Stromsektor. Mit stoffmarkt ab 2030 wirken. Unter anderem soll
auch ein Zertifizierungssystem eingeführt werden, Um das Ziel, einen 80-Prozent-Anteil erneuerba- 9 mit dem bestätigt werden kann, ob es sich um er- rer Energien am Bruttostromverbrauch in 2030 neuerbare oder kohlenstoffarme Energiequellen zu erreichen, sind u.a. Änderungen im Erneuer- handelt. Bezüglich der Zertifizierung für erneuer- bare-Energien-Gesetz (EEG) (u.a. Einführung ei- bare Gase wird aber lediglich auf den zum Zeit- ner Photovoltaik-Pflicht), des Energiewirtschafts- punkt der Berichterstellung noch ausstehenden gesetzes und Wind-an-Land-Gesetz notwendig. delegierten Rechtsakt unter der Erneuerbaren- Auch die Ausweitung der Offshore-Energieerzeu- Energien-Richtlinie verwiesen. gung ist durch die Anpassung des Gesetzes zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf Deutschland See vorgesehen. Das Gebäudeenergiegesetz soll ebenfalls novelliert werden, um die Energieeffizi- In Deutschland wurde im Juni 2021 das Bundes- enz der Gebäude noch weiter zu verbessern. Da- klimaschutzgesetz angepasst. Der Novellierung bei sind wettbewerbsfähige Strompreise immer war ein Beschluss des Bundesverfassungsge- eine Handlungsmaxime. Vor diesem Hintergrund richts vorausgegangen, der die Regelungen des wird zum 01.07.2022 die EEG-Umlage auf Null Gesetzes in Teilen für verfassungswidrig erklärt abgesenkt und ihre Finanzierung in den Haushalt hatte. Demnach fehlten im deutschen Klima- überführt werden. Dies sorgt nicht nur für Entlas- schutzgesetz ausreichende Vorgaben für die Min- tungen bei den Verbraucherinnen und Verbrau- derung der CO2-Emissionen ab 2031. Weil chern, sondern auch bei der Wirtschaft. Mit der dadurch die Lasten auf die Zeit nach 2030 ver- Abschaffung der EEG-Umlage sollen die an die be- schoben und so Freiheitsrechte der jüngeren Ge- sondere Ausgangsregelung gekoppelten Umlagen neration verletzt würden, war das Gesetz den (KWKG- und Offshoreumlage) in ein eigenes Ge- Karlsruher Richtern zufolge teilweise verfas- setz überführt werden. Dies soll der Rechtssicher- sungswidrig. Im neuen, verschärften Gesetz ist heit und Planbarkeit für die Unternehmen dienen. nun das nationale Ziel verankert, bis 2045 statt erst 2050 treibhausgasneutral zu werden. Auch Außerdem sollen die rechtlichen und finanziellen das Emissionsziel bis 2030 wird hochgeschraubt. Voraussetzungen für die Bereitstellung von Kli- Deutschland soll nun bis dahin seine Treibhaus- maschutzdifferenzverträgen (Carbon Contracts gasemissionen im Vergleich zu 1990 um mindes- for Difference) geschaffen werden. Zunächst soll tens 65 Prozent senken. Das alte Klimagesetz sah hierzu ein Pilotprogramm aufgelegt werden. Zu- ein Minus von mindestens 55 Prozent vor. dem sollen durch sogenannte „Superabschreibun- gen“ Anreize für Investitionen in klimafreundliche Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsver- Technologien geschaffen werden. Darüber hinaus trag und das Bundesministerium für Wirtschaft kündigt die neue Bundesregierung eine Langfrist- und Klimaschutz (BMWK) in seiner Eröffnungsbi- strategie zum Umgang mit unvermeidbaren Res- lanz Klimaschutz weitere Maßnahmen und För- temissionen an und bekennt sich in diesem Zu- derinstrumente angekündigt, die zum treibhaus- sammenhang auch zur Notwendigkeit technischer gasarmen Umbau der Industrie beitragen sollen. Negativemissionen. Hierzu gehören neben dem Ausbau der erneuer- baren Energien, der Wasserstoff-Kapazitäten und Für den klimaneutralen Industriestandort der Stromnetze auch die Beschleunigung von Ge- Deutschland ist eine grundlegende Transforma- nehmigungsprozessen für die erforderlichen An- tion von industriellen Produktionsprozessen schlüsse an diese Netze. Anfang April 2022 hat notwendig. Sie erfordert den Einsatz von Wasser- das Kabinett das sogenannte Osterpaket verab- stoff vor allem dort, wo keine direkte Elektrifizie- schiedet. Mit dem Osterpaket sollen verschiedene rung möglich ist. Laut Koalitionsvertrag und Er- Energiegesetze umfassend novelliert werden, um öffnungsbilanz des BMWK sollen die Maßnahmen so den Ausbau erneuerbarer Energien zu be- zum Markthochlauf der Wasserstofftechnologie schleunigen. Als Herzstück des Pakets soll der angepasst werden, um die Produktion an grünem Grundsatz verankert werden, dass die Nutzung Wasserstoff gegenüber den bisherigen Plänen zu erneuerbarer Energien im überragenden öffentli- verdoppeln. Hierfür soll kurzfristig die Nationale chen Interesse liegt und der öffentlichen Sicher- Wasserstoffstrategie noch in 2022 überarbeitet heit dient. und zusätzliche Förderprogramme auf den Weg gebracht werden.
10 Abbildung 1. Hamburger CO2-Verursacherbilanz 2003-2019 im Vergleich zu 1990. Quelle: Statistikamt Nord, Stand Oktober 2020. © Bild BUKEA Stand Oktober 2021 Hamburg Hamburg 26,15 Prozent der gesamten CO2- Emissionen (2019). Auch das Hamburger Klimaschutzgesetz soll an die höheren Emissionsreduktionsziele auf Bun- Um die Hamburger Industrie in ihrer Transfor- desebene angepasst werden. Der Prozess zur mation bestmöglich zu begleiten, hat die Be- Fortentwicklung des Gesetzes und zur parallelen hörde für Wirtschaft und Innovation (BWI) die Fortschreibung des Hamburger Klimaplans ist Stabsstelle Wasserstoffwirtschaft eingesetzt, gestartet und wird behördenübergreifend vo- mit der die Unternehmen eine wichtige Schnitt- rangetrieben. stelle zum Senat erhalten haben. Daneben hat Hamburg in konsequenter Weiterführung unse- Die CO2-Emissionen in Hamburg sind von rer erfolgreichen clusterbasierten Wirtschafts- 16.321 Tsd. Tonnen in 2018 auf 15.088 Tsd. politik in 2021 das Segment Wasserstoffwirt- Tonnen in 2019 um ca. 7,6 Prozent zurückge- schaft in dem bereits bestehenden Cluster Er- gangen. Die Pro-Kopf-Emissionen in 2019 lagen neuerbare Energien Hamburg (EEHH) gegrün- damit bei 8,2 Tonnen. Die Reduzierung der CO2- det. Neben der Schaffung eines gemeinsamen Emissionen gegenüber 1990 betrug 27,1 Pro- Ortes des fachlichen Austausches und der Ver- zent. netzung initiiert und unterstützt das EEHH Pro- jekte im Bereich Wasserstoff, entwickelt und be- Im Sektor Industrie sind die Emissionen von treut internationale Kooperationen und berät 4408,5 Tsd. Tonnen in 2018 auf 3945 Tsd. Ton- die Anwender bzw. Verbraucher in Industrie, Lo- nen in 2019 gesunken. Dies entspricht einer Re- gistik, Luft-und Schifffahrt bei der Konzept- und duktion um 10,5 Prozent. Die Minderungen ge- Strategieentwicklung sowie dem Fördermittel- hen zu einem entscheidenden Anteil auf die Ver- management auf Ebene des Bundes sowie der änderung des deutschen Strommixes zurück. EU. Nicht zuletzt organisiert das EEHH für den Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien Bereich Wasserstoffwirtschaft Öffentlichkeits- und den Rückgang der Stromerzeugung aus arbeit und Veranstaltungen. Kohle wird der Energiesektor zunehmend dekar- bonisiert. Gemäß der Sektorenbetrachtung des Zuletzt hat die BWI Anfang März 2022 ihre Im- Statistikamtes Nord verursacht die Industrie in portstrategie: „Green Hydrogen Hub Europe - Hamburg als Drehkreuz für Wasserstoffimporte
nach Deutschland und Europa“ veröffentlicht. Ausrüstungen“ (-26,5 Prozent ggü. 2019), 11 Damit will Hamburg den zu erwartenden Markt- „Sonstiger Fahrzeugbau“ (-35,8 Prozent) und hochlauf von grünem Wasserstoff als Chance „Maschinenbau“ (-36,8 Prozent), während die für den Standort nutzen. Die Importstrategie für Hamburgs Wirtschaft so wichtige „Kokerei u. soll Hamburgs Vorreiterstellung als Wasser- Mineralölverarbeitung“ verhältnismäßig leichte stoffstandort weiter festigen. Sie umfasst einen Rückgänge verkraften musste (-9,1 Prozent). Deutliche Zuwächse gab es hingegen in den Be- Aktionsplan, um dem großskaligen Import von reichen „Herstellung v. chemischen Erzeugnis- Wasserstoff landseitig per Pipeline und auf dem sen“ (+5,3 Prozent) und „Metallerzeugung u. - Seeweg den Weg zu ebnen. Die Strategie sieht bearbeitung“ (+61,1 Prozent). vor, durch Importe in erster Linie die regionalen Bedarfe, z. B. zur Dekarbonisierung der ortsan- Abbildung 2. Steuerbare Umsätze der Industrie sässigen Industrie, aber auch Teile des nationa- nach Wirtschaftszweigen in 2020 (TOP 10) len und europäischen Wasserstoffbedarfs zu be- 0% 20% 40% 60% dienen. Dafür soll Hamburg als internationales Drehkreuz in ein europäisches Wasserstoffnetz Kokerei und Mineralölverarbeitung eingebunden werden. Herst. v. Nahrungs- und Futtermitteln Herst. v. chem. Erzeugnissen c. Wirtschaftliche Bedeutung und Ent- Maschinenbau wicklung der Industrie in Hamburg Herst. v. Papier-, Der industriellen Produktion und ihrer Zulieferer Pappwaren kommt am Standort Hamburg eine besondere Herst. v. elektr. Bedeutung zu. Die 85.973 lokal ansässigen Un- Ausrüstungen ternehmen erwirtschafteten im Jahr 2020 (aktu- Herst. v. pharm. Erzeugnissen elle Veröffentlichungen) insgesamt einen steu- erbaren Umsatz von 425,8 Mrd. Euro. Die rund Herst. v. sonst. Waren dreitausend Industriebetriebe (Wirtschaftsab- H.v.Glas,- schnitte B+C) leisteten dabei, mit einem Anteil waren,Keramik,Verarb… von ca. 31 Prozent (131,9 Mrd. Euro), einen ent- Dienstl. f.d.Bergbau scheidenden Beitrag, wobei davon 98 Prozent u.Gewinnung v.Steinen im verarbeitenden Gewerbe (C) erzielt wurden. Umsatzsteuerstatistik (Voranmeldungen), Anteil am Betrachtet man nur die Industrieunternehmen Gesamtumsatz der Industrie (Abschnitte B+C); mit 20+ tätigen Personen, die in den Jahresbe- Destatis (2022); eigene Darstellung. richten des Statistikamtes Nord statistisch aus- gewiesen werden und bereits vorläufig für 2021 verfügbar sind, so verbleiben noch 445 Betriebe Auch im Hinblick auf die Wertschöpfung, die mit 87.564 tätigen Personen. Hier belief sich der 2021 konsistent nur für das verarbeitende Ge- Gesamtumsatz auf 98,1 Mrd. Euro, wovon ca. werbe (C) vorliegt, sind die bisherigen pandemie- 23,6 Prozent mit dem Ausland (Exportquote) er- bedingten Herausforderungen nicht spurlos an zielt wurden. der Hamburger Industrie vorüber gegangen. Die Corona-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Während der Rückgang des Wirtschaftszweigs Folgen sind jedoch auch an der Industrie nicht im ersten Pandemiejahr noch deutliche -13,8 spurlos vorüber gegangen. Im Vergleich zum Prozent (preisbereinigt) betrug, konnte in 2021 Vorkrisenjahr 2019 ging die Anzahl der Unter- eine leichte Verbesserung festgestellt werden. nehmen in 2021 zwar nur um -0,2 Prozent zu- Trotzdem ging die Wertschöpfung um weitere - rück (+0,5 Prozent in 2020), die tätigen Perso- 1,2 Prozent auf rund 11 Mrd. Euro zurück, was nen schrumpften jedoch um -3,7 Prozent (-1,2 in beiden Jahren hauptsächlich an der Luft- und Prozent in 2020). Beim Umsatz zeigt sich hinge- Schifffahrt aber auch am Bau und der Reparatur gen ein Aufwärtstrend. Hier gingen die Werte in sonstiger Maschinen, wie bspw. Windkraftanla- 2021 zwar um -7,3 Prozent gegenüber dem Vor- gen, lag. Der Charakter der Krise und die in 2021 krisenjahr zurück, in 2020 waren es jedoch noch hinzugekommenen Lieferkettenprobleme bzw. -21,1 Prozent. Besonders betroffen zeigten sich Rohstoffpreisentwicklungen haben der hiesigen im vergangenen Jahr dabei die Wirtschafts- Industrie stärker geschadet, als im Bundes- zweige „Reparatur u. Installation v. Maschinen u. durchschnitt. Mit schätzungsweise 9,7 Prozent
Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung in 12 Hamburg ist die Bedeutung der Branche zumin- dest bei dieser Betrachtungsweise aber auch ge- ringer als im Bund (ca. 21 Prozent). Tabelle 1. Bruttowertschöpfung und Bruttoinlandsprodukt in 2021 Verände- Verände- Anteil an 2021 rung ggü. rung ggü. der BWS Vorjahr Vorjahr Preis- In jeweiligen Preisen bereinigt in Mio. Euro A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 101 14,4% 0,1% -2,7% B-F Produzierendes Gewerbe 16.958 2,1% 14,8% -1,5% Bergbau und Gewinnung von B - x 0,1%* x Steinen und Erden C Verarbeitendes Gewerbe 10.960 1,1% 9,6% -1,2% F Baugewerbe 3.951 12,5% 3,4% 3,0% G-T Dienstleistungsbereiche 97.525 8,2% 85,1% 2,7% Handel, Verkehr und Lagerei, Gastgewerbe, In- G-J 39.025 13,8% 34,1% 2,7% formation und Kommunikation Finanz-, Versicherungs- und Unternehmens- K-N dienstleister; Grundstücks- und Wohnungswe- 36.878 4,6% 32,2% 2,2% sen Öffentliche u. sonst. Dienstleister, Erziehung O-T und Gesundheit, Private Haushalte mit Haus- 21.622 5,3% 18,9% 3,7% personal A-T BWS zu Herstellungspreisen insgesamt 114.585 7,3% 100,0% 2,1% Gütersteuern abzgl. Subventionen 12.125 9,2% 1,7% BIP zu Marktpreisen 126.710 7,5% 2,0% *Abschnitt B nur bis 2019 verfügbar; 1. Fortschreibung 2021; AK Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder (2022)
13 2. Initiativen und Schwerpunkte der Industrie und deren Vertretern bewegen zu kön- Hamburgischen Industriepolitik nen hat der Senat vor, den neuen Masterplan en- ger mit dem „Bündnis für die Industrie der Zu- kunft“ zu verzahnen. a. Der Rahmen: Masterplan Industrie und Industriebündnis b. Standorte für Industrie und Gewerbe Der Masterplan Industrie ist eine zentrale Verein- barung zur Hamburger Industriepolitik. Erstmals Die Stadt Hamburg stellt sich weiterhin der Her- verfasst wurde er im Jahr 2007, seitdem wird er ausforderung, ein qualifiziertes Angebot an Ge- regelmäßig fortgeschrieben und somit an aktuelle werbe- und Industrieflächen für Neuansiedlungen Entwicklungen angepasst. Er dient dazu, dass sich und Erweiterungen von Industrieunternehmen zur die Behörde für Wirtschaft und Innovation, die Verfügung zu stellen. Hier konnte der Industrie- Handelskammer Hamburg, der Industrieverband koordinator (IK) in vielen konkreten Fällen vermit- Hamburg und der Deutsche Gewerkschaftsbund teln und unterstützen. Im Einzelnen geht es darum, auf die industriepolitischen Schwerpunkte der Flächen vor einer Umwidmung zu schützen oder nächsten Jahre einigen und ihre enge Zusammen- Nachbarschaftskonflikte zu lösen. Um ein nach- arbeit bei diesen Themen verabreden. Der Mas- haltiges Flächenangebot anbieten zu können, sol- terplan hat viele positive Entwicklungen befördert len regionale Flächenkooperationen gefördert und begleitet, beispielsweise eine konstante Re- werden. Zu den allgemeinen Standortbedingun- serve von 100 ha Gewerbe- und Industrieflächen, gen wird im Übrigen auf den Bericht des IK 2020 den erfolgreichen Abschluss der Fahrrinnenan- verwiesen. passung der Außen- und Unterelbe, erhebliche Die Maßzahl, außerhalb des Hafengebiets rund Treibhausgasminderungen durch die Industrie auf 100 Hektar an kurzfristig verfügbaren städti- Basis freiwilliger Selbstverpflichtung und die Ent- schen Grundstücken für An- und Umsiedlungen wicklung zahlreicher Innovationsprojekte. von Unternehmen vorzuhalten, ist für die Flächen- Auch im Jahr 2022 wird der Hamburger Senat ei- bereitstellung weiterhin die zentrale Vorgabe aus nen neuen Masterplan Industrie verabschieden. In dem Masterplan Industrie. Ziel ist, die Gewerbe- einem umfangreichen Prozess mit den beteiligten flächenbereitstellung im Gleichgewicht mit den Partnern, Fachbehörden sowie Industrieunterneh- Flächenbedarfen für andere Nutzungen in der men wurden die relevanten Zielsetzungen und Stadt, insbesondere für den aktuell sehr ange- Maßnahmen erarbeitet. Dabei hat man sich auf spannten Wohnraumbedarf, zu halten. Die Maß- folgende fünf Handlungsfelder geeinigt: zahl wird seit ihrer erstmaligen Erfassung im Jahr Flächen und Infrastruktur 2014 – gelegentlich mit systembedingt zyklischen Schwankungen – regelmäßig erfüllt. Innovation und Digitalisierung Klima, Energie und Umwelt Im Jahr 2021 waren von den knapp 114,9 Hektar Arbeit, Bildung und Qualifizierung an kurzfristig verfügbaren städtischen Gewerbe- Industrie und Gesellschaft flächen mit 42,52 Hektar knapp die Hälfte explizit Diese Themen sollen im Sinne einer Ermögli- für Industrie geeignet.1 Zu einem großen Teil die- chungskultur für die Industrie bewegt werden, um ser kurzfristig verfügbaren Flächen wird bereits verlässlichere Rahmenbedingungen und ein bes- mit konkreten Kundeninnen und Kunden gespro- seres Investitionsklima zu schaffen. Gestärkt wer- chen; sie sind reserviert, disponiert oder anhand den soll themenübergreifend die Zusammenarbeit gegeben oder befanden sich 2021 wie die Fläche in der Metropolregion. Um die anstehenden wich- Neuland 23 im Interessenbekundungsverfahren. tigen Fragen noch effektiver gemeinsam mit der 1 Gemäß der Potenzialflächenauskunft der Landesplanung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (PAUL) mit Stand vom 01.01.2021
Perspektivisch zeichnet sich zunehmend ab, dass Die Inanspruchnahme durch das verarbeitende 14 das Angebot verfügbarer städtischer Gewerbeflä- Gewerbe ist im Verhältnis zu anderen Branchen, chen grundsätzlich und insbesondere mit Blick auf wie zum Beispiel dem Gastgewerbe, gering und Flächen von mehr als 1,5 Hektar zunehmend variiert stark in Abhängigkeit von den jeweiligen knapper wird. Eine zentrale Aufgabe des IK wird Unterbranchen. So sind in der Überbrückungshilfe es daher sein, weiterhin mit daraufhin zu wirken, 3 beispielweise rund 22 Prozent der an das verar- dass die städtische Gewerbeflächenpotenziale, beitenden Gewerbe ausgezahlten Zuschüsse (ca. die aufgrund diverser Einschränkungen und Vor- 23,2 Mio. Euro) an Unternehmen zur „Herstellung behalte einen langfristigen Entwicklungshorizont von Backwaren“ geflossen. Unternehmen im Be- aufweisen, sich tatsächlich für die Industrie reali- reich „Reparatur und Instandhaltung von Luft- sieren lassen. und Raumfahrzeigen“ erhielten rund 7,2 Prozent der ausgezahlten Förderung. Insgesamt lässt sich Die Hamburg Invest als zentraler Akteur der Ham- eine starke Betroffenheit in Teilbereichen der Le- burger Wirtschaftsförderung konnte 2021 insge- bensmittelindustrie, der Druckindustrie sowie der samt 17,8 Hektar Gewerbefläche an Unterneh- Schiff- und Luftfahrtindustrie erkennen. men vermitteln. Davon waren 6 Hektar private und 11,8 Hektar städtische Flächen. 5,8 Hektar Life Science der städtischen Flächen waren Grundstücke der HIE, die größtenteils im Erbbaurecht vergeben Im Rahmen der Reaktionen auf die Corona-Pande- wurden. Mit 9,6 Hektar wies ein Großteil der städ- mie ist mit dem Krisenreaktionsfonds REACT-EU tischen Flächen eine Industriegebietsausweisung ein Instrument im Zusammenhang mit den EU- auf. Strukturfonds Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäischer Sozialfond (ESF) implementiert worden. Mit den Mitteln aus dem Krisenreaktionsfonds REACT-EU soll die Be- c. Wirtschaftsstabilisierung als Reaktion wältigung der Pandemie und ihrer sozialen Folgen auf die Corona-Pandemie sowie die Vorbereitung einer grünen, digitalen und stabilen Erholung der Wirtschaft in der EU Wirtschaftshilfen unterstützt werden. Zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pande- Der Fonds ist mit einem Budget von 47,5 Mrd. mie für die Wirtschaft hat der Senat ab März EUR für die Jahre 21-22 ausgestattet, 2,4 Mrd. 2020 umfangreiche Maßnahmen, u.a. Steuerhilfen, EUR entfallen hierbei auf Deutschland. Hamburg Zuschuss- und Kreditangebote sowie Beteiligun- erhält aufgrund bundesdeutscher Verteilungsent- gen und Bürgschaften auf den Weg gebracht. Die scheidungen ca. 47 Mio. EUR REACT-EU-Mittel. Instrumente ergänzen insbesondere die beste- 13 Mio. EUR sind für Projekte aus dem Life Sci- henden Hilfsangebote auf Bundesebene, wie z.B. ence Bereich vorgesehen. Zwei bedeutende Bio- das Kurzarbeitergeld. Um der breiten und vielfäl- techunternehmen, Indivumed und Evotec, profi- tigen Corona-Betroffenheit in der Wirtschaft ge- tieren neben Forschungseinrichtungen und Klini- recht zu werden, sind die Hilfsprogramme bran- ken von der REACT-EU-Förderung. Die Förder- chenoffen gestaltet. mittel werden in den Unternehmen für Projekte in der personalisierten Medizin, Wirkstoffentwick- Bisher wurde das verarbeitende Gewerbe (* Bran- lung und Digitalisierung eingesetzt und tragen chenschlüssel 10.00.0 bis 33.20.0) mit Stand vom über das große innovative Potential zur Stärkung 31.12.2021 über Programme der Investitions- des Life Science Standortes Hamburg bei. und Förderbank Hamburg mit insgesamt rund 30,6 Mio. Euro in Form von Zuschüssen, Krediten Luftfahrt und Beteiligungen aus Landesmitteln unterstützt. Die Luftfahrtindustrie gilt nach wie vor als eine Hinzu kommen rund 39,2 Mio. Euro aus den Über- der am schwersten von der Pandemie betroffenen brückungshilfen des Bundes, die bei rund 1.340 Branchen. Erst langsam scheint der „Peak“ über- Anträgen an das verarbeitende Gewerbe ausge- wunden, abzulesen an der beabsichtigten Steige- zahlt wurden.
rung der Flugzeugproduktion bei Airbus von der- Hintergrund hierfür wiederum seien Überlastun- 15 zeit 40 auf bis Sommer 2023 65 Flugzeuge pro gen und Schließungen in den Häfen sowie be- Monat. Seit dem Jahreswechsel 2020/21 wurden grenzte Schiffskapazitäten, aber auch Handels- mit dem bei der Innovations- und Förderbank konflikte. Hamburg (IFB) während der Krise eingerichteten Luftfahrtfonds und dem vom Luftfahrtcluster „Hamburg Aviation“ moderierten Prozess einer „Task Force Luftfahrt“ gemeinsam mit den Akteu- d. Klimaschutz und Energiewende – In- ren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden dustrie als Teil der Lösung geeignete Maßnahmen und Projekte identifiziert, um in der Krise Beschäftigung zu sichern, den Die Industrie leistet einen wesentlichen Beitrag Luftfahrtstandort zukunftsfest aufzustellen und zur Erreichung der Klimaschutzziele, indem sie auf den Transformationspfad hin zum grünen etwa auf neue Energieträger setzt, Energieein- Fliegen und dem Wasserstoff neu auszurichten. In sparmaßnahmen umsetzt oder Kooperationen im den fünf Arbeitsgruppen „Digitalisierung in der Rahmen von Sektorkopplung eingeht. Im folgen- den Abschnitt soll der Schwerpunkt dabei auf Supply Chain“, „Cabin of the future“, „Wasser- Projekten liegen, in denen sich die BWI intensiv stofftechnologien/Green Aviation“, „Urban Air einbringt. Darüber hinaus gibt es viele weitere Mobility“, „Qualifizierung und Weiterbildung“ der Maßnahmen sowohl in privatwirtschaftlicher wie „Task Force Luftfahrt“ wurden in der Folge zahl- in städtischer Verantwortung, die hier nicht alle reiche Projekte und Fördermaßnahmen entwickelt, aufgeführt werden können. Beispielhaft seien die die im weiteren Verlauf durch die IFB beschieden Programme der Behörde für Umwelt, Klima, Ener- und durch die Projektpartner gestartet wurden. gie und Agrarwirtschaft (BUKEA) im Rahmen von „Unternehmen für Ressourcenschutz“ genannt. Liefer- und Logistikketten Wasserstofftechnologie Ein weiterer Aspekt für die Industrie, dessen Be- deutung durch die Corona-Pandemie noch stärker Einen großen Schwerpunkt auf dem Weg, die zu Tage getreten ist, sind die Liefer- und Logistik- Hamburger Industrie auf Klimaneutralität umzu- ketten. Die Ursache für deren Störung, die mas- stellen, bildet die Wasserstofftechnologie. Hier ist sive Auswirkungen auf die Produktion hat, liegt Hamburg – auch im Bundesvergleich – bereits nicht allein in der Pandemie, wurde aber durch große Schritte vorangegangen. Wichtig ist dabei diese teilweise verstärkt. Vieles ist auch auf struk- u.a. die Zusammenarbeit im Rahmen der nord- turelle Veränderungen, höhere globale Nachfrage, deutschen Wasserstoffstrategie. Deren Umset- Einzelfälle oder Geo-, Außen- bzw. Außenwirt- zung erfolgt länderübergreifend in Zusammenar- schaftspolitik zurückzuführen. beit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Poli- tik in fünf Handlungsfeldern: Wasserstoff HUB-s Auch wenn es sich um Entwicklungen handelt, die & Infrastruktur, Wertschöpfung & Kooperationen, sich weitgehend staatlicher Steuerung entziehen, Richtlinien & Programme, Akzeptanz & Bildung, sind die aktuellen Zeiten der Pandemie und außen- Markthochlauf. Unterstützt wird sie dabei von ei- politischen Spannungen Anlass genug, sich regel- ner von der BWI geleiteten Koordinierungsgruppe. mäßig ein Bild von den Wirtschaftsakteuren ein- Bis zu der 2025 geplanten vollständigen Revision zuholen. der norddeutschen Wasserstoffstrategie wird jährlich eine Berichterstattung der Konferenz der Die erste Abfrage des Senats ergab, dass sich die Wirtschafts- und Verkehrsminister der norddeut- Hauptprobleme durch höhere Einkaufs- und Con- schen Küstenländer vorgelegt. tainerpreise, durch längere Wartezeiten und durch den höheren Planungsaufwand für Unter- Ein wichtiges Instrument ist außerdem das euro- nehmen ergäben. Konkret sei die Verfügbarkeit päische Förderinstrument der Important Projects von Rohstoffen und Vorprodukten, insbesondere of Common European Interest für Wasserstoff- für die Automobil- und die Elektroindustrie sowie technologien und -systeme („IPCEI Wasserstoff“). für den Maschinenbau, weiter stark eingeschränkt Es bringt die künftige Schlüsselrolle zum Aus- und Preise verharrten auf einem hohen Niveau.
druck, die Wasserstoff im Rahmen der Dekarbo- nicht Teil des IPCEI-Projekts ist, aber von Anfang 16 nisierungsbemühungen übernehmen kann und an mitgeplant wird. wird. b) Gasnetz Hamburg: HH-WIN – Hamburger Im Rahmen der nationalen Vorauswahl zum IPCEI Wasserstoff-Industrie-Netz Wasserstoff konnten sich gleich acht Hamburger Projekte (bundesweit: 62), die von den beteiligten Für eine erfolgreiche Transformation hin zur Kli- Unternehmen in einem sogenannten „Verbundan- maneutralität ist die Versorgung von Industrie trag“ zusammengeführt wurden, durchsetzen. Im und Verkehrssektor mit grünem Wasserstoff not- über alle Projekte gespannten Konzept des Ver- wendig. Ziel des Projektes HH-WIN von Gasnetz bundes greifen Wasserstofferzeugung, -vertei- Hamburg ist es deshalb, bis zum Jahr 2027 eine lung und -abnahme eng verzahnt ineinander. Zu- versorgungssichere Infrastruktur für erste Was- sätzlich wurden mehrere länderübergreifende serstoffbedarfe der Industrie in Hamburg als Teil Projekte mit anteiliger Planung in Hamburg vo- der europäischen Wasserstoffwirtschaft aufzu- rausgewählt, in denen es insbesondere um die bauen. Hierfür soll südlich der Elbe ein Wasser- Umstellung des Schwerlasttransportes auf Was- stoffnetz mit einer Länge von rund 40 km entste- serstoffantrieb und die Versorgung der entspre- hen, welches in Zukunft einen Großteil der dort chenden Fahrzeuge mit grünem Wasserstoff geht. ansässigen Industrieunternehmen sowie Mobili- täts- und Logistikanwendungen mit grünem Was- Im Folgenden sind die Projekte des Hamburger serstoff versorgen kann. Wasserstoffverbundes mit Industriebezug näher ausgeführt. Darüber hinaus gibt Projekte bei- HH-WIN bildet in Anbetracht der gesamten Was- spielsweise mit HHLA und HPA, die eher dem Be- serstoffwertschöpfungskette die Verbindung reich Mobilität zuzurechnen sind. zwischen Verbrauchscluster und regionaler (z.B. durch das Projekt HGHH) sowie überregionaler a) Shell, Mitsubishi, HEnW: HGHH – Hamburg Erzeugung. HH-WIN ist somit ein wesentliches Green Hydrogen Hub Infrastrukturelement für einen europäischen Wasserstoffmarkt. Dieser Wasserstoffmarkt ist Das Projekt Hamburg Green Hydrogen Hub sowohl Grundlage für die europäischen Ambitio- (HGHH) der Projektpartner Shell, Mitsubishi und nen der Dekarbonisierung bei gleichzeitigem Er- HEnW zielt auf den Aufbau einer integrierten grü- halt der Industrie als auch der Erschließung von nen Wasserstoffwertschöpfungskette rund um Wettbewerbsvorteilen auf dem Weltmarkt sowie einen skalierbaren 100-MW-Elektrolyseur am der Ermöglichung von klimaneutralem Verkehr Kraftwerksstandort Moorburg im Hamburger Ha- und Logistik in Europa. HH-WIN soll dabei nicht fen ab. Durch den Großelektrolyseur soll die Ver- nur den in Nord- und Westeuropa produzierten netzung von Industrie und Energiewirtschaft er- grünen Wasserstoff zur Nutzung im Industrie- möglicht und die groß angelegte Dekarbonisie- und Verkehrssektor verteilen, sondern perspekti- rung von Industrie und Verkehr im Hafen voran- visch auch den Weitertransport von über den gebracht werden. Durch die Integration des 100- Hamburger Seehafen importiertem grünen Was- MW-Elektrolyseurs in die bestehende Infrastruk- serstoff zum europäischen Fernleitungsnetz ge- tur des stillgelegten Kohlekraftwerks ergeben währleisten, um deutsche und europäische Be- sich Vorteile, insbesondere aus dem Anschluss an darfe zu decken. die bestehende Strom- und Wasserversorgungs- infrastruktur. c) ArcelorMittal: H2H (H2 für Hamburg)/ H2Ready Die Verteilung des erzeugten Wasserstoffs soll zukünftig u.a. durch die Einspeisung in das ge- ArcelorMittal Hamburg betreibt am Standort plante Wasserstoffnetz im Hamburger Hafen Hamburg ein Stahlwerk auf Basis einer Direktre- (Projekt HH-WIN) erfolgen. Langfristig erwarten duktionsanlage für Eisen zur Produktion von so- die Projektpartner eine steigende Nachfrage nach genanntem „Direct Reduced Iron“ (DRI) zur Erzeu- erneuerbarem Wasserstoff, weshalb eine Erwei- gung von Stahl-Langprodukten. Insgesamt um- terung der Kapazität des Elektrolyseurs zwar fasst das Vorhaben H2 für Hamburg (H2H) zur Umstellung ArcelorMittals auf grünen Stahl vier
Schritte. Für den ersten Schritt H2First konnte 1) Vorbereitung von Schlüsselelementen was- 17 ArcelorMittal mit Unterstützung der FHH bereits serstoffbetriebener Luftfahrzeuge bis zur in- eine Förder-Absichtserklärung über 55 Mio. Euro dustriellen Reife als ein grundlegender Beitrag vom BMU akquirieren, das IPCEI-Projekt H2Ready zur Reduzierung der Emissionen im Flugver- soll als dritter Schritt folgen. kehr, einhergehend mit der pilothaften Um- stellung maßgeblicher Service-Funktionen Die DRI-Bestandsanlage von ArcelorMittal Ham- und Systeme an Flughäfen auf Wasserstoff- burg arbeitet bislang nach einem Verfahren, für technologie; das Erdgas eingesetzt wird. Im Rahmen von H2Ready soll schrittweise die Erdgasmenge redu- 2) Schaffung von Wasserstoffinfrastruktur mit ziert und durch Wasserstoff ersetzt werden. Ziel dem Ziel einer schrittweisen Dekarbonisie- ist es, die CO2-Emissionen während der Erzeu- rung industrieller Prozesse an den Standorten gung zu senken sowie je nach Verfügbarkeit flexi- bezüglich Lagerung, Wandlung und Verteilung bel auf das Wasserstoffangebot reagieren zu von grünem Wasserstoff und damit der Vo- können. raussetzungen für den ersten Baustein. d) Airbus: WIPLiN – Wasserstoff für die Infra- Der Fokus auf Mobilitätsanwendungen als Teil der struktur und Produktion der Luftfahrt in europäischen Luftfahrtindustrie soll deren Wett- Norddeutschland bewerbsfähigkeit weltweit stärken und den Transfer der innovativen Wasserstofftechnologie Das Airbus-Projekt WIPLiN konzentriert sich da- auf Anwendungen in anderen Gebieten der Perso- rauf, die technologischen und industriellen Vo- nen- und Gütermobilität erlauben. WIPLiN soll als raussetzungen zur Anwendung von Wasserstoff Leuchtturm im Bereich der Luftfahrt für die Was- mit der Brennstoffzellentechnologie für die Pro- serstoffaktivitäten in den Metropolregionen Ham- duktion eines „NULL Emission“-Flugzeuges zu burg, Bremen und Stade dienen – in Hamburg liegt schaffen. Das Projekt besteht aus zwei Baustei- dabei ein Fokus auf Integration und Test aller nen, die einen Beitrag zur Umsetzung der Natio- Subsysteme zu einem Brennstoffzellensystem. nalen Wasserstoff-Strategie leisten sollen: Abbildung 3. Schematische Darstellung Hamburger Wasserstoffverbund. Quelle: Hamburg Wärme
18 Norddeutsches Reallabor Konkrete Projekte mit der Industrie sind: Das Norddeutsche Reallabor (NRL), ein innovati- Aurubis/HAW Hamburg: Wasserstoffein- ves Verbundprojekt, will neue Wege zur Kli- satz in der Kupferindustrie maneutralität u.a. der Industrie erproben. Hinter dem NRL stehen rund 50 Partner aus Wirtschaft, H&R: Bau einer Power-to-Liquid-Pilotan- Wissenschaft und Politik. Als Energiewende-Alli- lage am Standort Hamburg anz arbeiten sie eng zusammen, um relevante Verbrauchsbereiche mit hohem Energieverbrauch Hansewerk: Bau einer 25 MW-Elektroly- zu erschließen und schrittweise zu dekarbonisie- seanlage/Wasserstoff für Industrieunter- ren. Dazu wird in dem Vorhaben eine Vielzahl von nehmen im Hamburger Hafen innovativen Sektorkopplungsanlagen realisiert, die verschiedene Verbrauchsbereiche sukzessive Projekt der Stadtreinigung Hamburg mit Wasserstoff bzw. dessen Folgeprodukten (Müllverbrennung) sowie BM Bützberg speisen – insbesondere in der Industrie, aber auch in der Wärmeversorgung und dem Mobilitätssek- Hamburger Energiewerke: Bau eines tor. So will das NRL den Transformationspfad für Aquiferspeichers für die Fernwärme unter ein integriertes Energiesystem erproben, mit dem Einbindung industrieller Abwärme es gelingt, die CO2-Emissionen im Norden bis 2035 um 75 Prozent zu reduzieren. Das NRL star- Erweiterungen in Beantragung: u.a. Phoe- tete im April 2020 als Nachfolgeprojekt zu NEW nix/ContiTech Compounding Technology: 4.0 mit einer Laufzeit von fünf Jahren (04/2021- Grüner Sattdampf für die industrielle 03/2026). Das Investitionsvolumen der beteilig- Gummiverarbeitung. ten Partner beträgt 300 Mio. Euro und wird zu- dem mit Fördermitteln aus dem Bund unterstützt. Die sich daraus ableitenden technischen, wirt- schaftlichen und regulatorischen Erkenntnisse Die Modellregion des Norddeutschen Reallabors fließen inhaltlich in die Arbeiten des NRL ein. umfasst die Bundesländer Hamburg und Schles- wig-Holstein, das westliche Mecklenburg-Vor- Nutzung von Abwärme pommern sowie Bremerhaven. Das Projekt bün- delt unterschiedliche Vorhaben für die Sektor- Ein weiteres wichtiges Thema im Kontext der kopplung in geografischen „Hubs“, die sich an der Klima- und Energiewende bei der Industrie ist die Netztopologie des Strom- und des Gasnetzes ori- verbesserte Nutzung von Abwärme. Über das BU- entieren. An leistungsfähigen Knotenpunkten KEA-Programm „Unternehmen für Ressourcen- werden Wasserstoff-Produktionsschwerpunkte schutz“ wurde mit Mitteln aus dem Transformati- geschaffen, um lokale Verbrauchschwerpunkte onspfad „Wirtschaft“ des Hamburger Klimaplans, schrittweise zu dekarbonisieren. Mit den im Pro- für den die BWI die Ressortverantwortung trägt, jektzeitraum geplanten Vorhaben können zwi- die zweite und dritte Ausbaustufe eines Projekts schen 350.000–500.000 t CO2-Emissionen pro für die Industrieabwärme erfolgreich mitfinan- Jahr eingespart werden. Insgesamt trägt das NRL ziert. Dieses Projekt wurde in 2018 begonnen. In somit wesentlich zur Stärkung des Industriestan- den nun anvisierten Ausbaustufen soll über ein dortes Norddeutschland bei. Das Vorhaben zeich- Rückgewinnungssystem Warmwasser mit einer net sich durch seinen gesamtsystemischen An- Gesamtleistung von ca. 40 MW in das Fernwärme- satz aus. Dabei legt es den Fokus auf zwei Tech- netz eingeleitet werden. Das Investitionsvolumen nologiebereiche, die großflächig, technologieof- beträgt dabei unternehmensseitig knapp 85 Mio. fen sowie markt- und realitätsnah erprobt werden Euro. Nach erster Einschätzung könnten auf diese sollen: integrierte Sektorkopplung mit Schwer- Weise bis zu 120.000 t/CO2 durch das Verdrän- punkt Wasserstoff sowie energieeffiziente Quar- gen fossiler Wärme eingespart werden. Damit un- tierslösungen vorrangig im Wärmebereich. terstützt dieses Projekt das Hamburger Vorhaben der schrittweisen Dekarbonisierung der Fern- wärme.
e. Digitalisierung als Schlüssel für wei- wohl hiesige Startups als auch in Hamburg ansäs- 19 tere technische Fortschritte sige, international erfolgreiche (Industrie-) Unter- nehmen bei der Entwicklung der Technologie nach Künstliche Intelligenz vollen Kräften unterstützt werden. Mit der Wei- terentwicklung des ARIC zur einheitlichen Koordi- Der Hamburger Senat versteht Künstliche Intelli- nierungsstelle für das Thema Quantencomputing genz (KI) als strategische Querschnittstechnolo- werden hiesige Unternehmen aktiv bei der Wis- gie, die bedeutsame Chancen für die branchen- sensvermittlung, Vernetzung und Anwendung un- übergreifende Stärkung des Wissenschafts- und terstützt. Wirtschaftsstandortes bietet. Die Entwicklung von KI-Anwendungen und deren verantwortungs- Aufbau eines Cybersecurity Center of Excellence voller Einsatz gerade auch für die Industrie wer- den deshalb ambitioniert gefördert. Mit der Grün- Die pandemiebedingt fortschreitende Digitalisie- dung des Artificial Intelligence Center (ARIC) rung in öffentlichen Unternehmen und der Wirt- wurde 2019 eine branchenübergreifende Initiative schaft (Heimarbeitsplatz, Verfahrensautomatisie- aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik etabliert rung, digitale Innovationen, digitale Verwaltung, mit dem Ziel, ein interdisziplinäres, anwendungs- etc.) birgt ein enormes Potential zur Optimierung nahes Knowhow- sowie Forschungs- und Ent- und Effizienzsteigerung von Abläufen und Ar- wicklungs- (F&E) Center für Künstliche Intelligenz beitsweisen. Die Einführung solcher neuen Ver- (KI) in der Metropolregion Hamburg zu schaffen. fahren bedingt aber auch ein Umdenken und Neu- Industrieunternehmen sind direkt im ARIC einge- ausrichten in der Sicherheitsstrategie der Unter- bunden als Mitglieder, Unterstützer oder Netz- nehmen. Neue Informations- und Kommunikati- werkteilnehmer. Das Format- und Workshopport- onstechnologien bergen neue Sicherheitsrisiken. folio des ARICs umfasst industriespezifische Gesetzliche Anforderungen wie Datenschutz- Events, Webinare und Weiterbildungsangebote. Grundverordnung und Kritische Infrastrukturen Auch veranstaltet ARIC spezielle Fachgruppen, ändern sich stetig. um den interdisziplinären Austausch in der In- dustrie zu fördern und sogenannte Communities Herkömmliche Sicherheitsverfahren und -abläufe of Practice in den spezifischen Bereichen aufzu- waren bisher statisch organisiert und auf eine in bauen. Dies hilft den Industrieunternehmen, das sich geschlossene Umgebung abgestimmt. Diese Thema KI zu verstehen, Use Cases und Prototy- bisherigen etablierten Verfahren sind nicht in der pen zu entwickeln und einzusetzen. ARIC ist auf Lage, den aktuellen Sicherheits-Bedrohungen und Industrie-Fachmessen und ähnlichen Fachforma- gesetzlichen Anforderungen Stand zu halten. Die ten präsent und bietet dort Lectures und Round Bedrohungslage durch Cyberangriffe ist so hoch Tables für die Industrie an sowie Keynotes für wie nie zuvor. Cyberangriffe auf Unternehmen Fachkräfte und Manager. Zukünftig sollen in ei- jeglicher Art haben sich bereits als lukrativer nem European Digital Innovation Hub spezielle In- Markt etabliert, hinter denen strukturierte Orga- dustrie-Beratungs- und Experimentierangebote nisationen stehen mit dem Ziel, Unternehmen und entwickelt werden, um das Thema KI und Digitali- Services geschäftsuntauglich zu machen. sierung schneller adaptieren und anwenden zu Dadurch entstehen rasant wachsende und un- können. überschaubare Cyber-Bedrohungen mit fatalen Auswirkungen auf kritische Unternehmensberei- Quantencomputing che, mit denen einzelne Unternehmen allein nicht mehr Schritt halten können. Dem Thema Quantencomputing kommt in den nächsten Jahren eine herausragende Bedeutung Das Digital Projektmanagement Office (PMO) hat zu, weshalb auch der Hamburger Senat das daher im Quartal 3/2020 von der BWI und die Be- Thema in der Hansestadt intensiv vorantreibt. In hörde für Verkehr und Mobilitätswende den Auf- Forschung und Lehre der Hamburger Hochschu- trag erhalten, eine Bedrohungs-Analyse und len spielen die Quantentechnologien bereits eine Handlungsempfehlung für die FHH zu erarbeiten. bedeutende Rolle. Aber natürlich interessieren Ziel ist es, Konzepte für die FHH für ein realisier- auch die konkreten Anwendungsfälle, weshalb so- bares, an die jeweilige Bedrohungslage adaptier- tes und haushaltsoptimiertes, resistentes und
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